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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Gewährleistung der Abänderung der Artikel 40, 42, 43, 45, 83, 84 und 85 der Staatsverfassung des Kantons Neuenburg vom 21. November 1858.

(Vom 16. Oktober 1906.)

Tit.

Mit Schreiben vom 11. September 1906 hat uns der Staatsrat des Kantons Neuenburg mitgeteilt, dass in der Volksabstimmung vom 11. und 12. August 1906 das Dekret des neuenburgischen Grossen Rats vom 12. Juli 1906, soweit es die Artikel 40, 42, 43 und 45 der Staatsverfassung abändert, mit 2030 gegen 605 Stimmen, soweit es die Artikel 83, 84 und 85 der Staatsverfassung abändert, mit 2002 gegen 544 Stimmen angenommen worden sei. Gleichzeitig hat der Staatsrat zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch gestellt, es möchte diesen Verfassungsänderungen die eidgenössische Gewährleistung erteilt werden.

Die abgeänderten Artikel 40, 42, 43 und 45 der Verfassung bestimmen, dass die fünf Mitglieder des Staatsrats, statt wie bisher durch den Grossen Rat, durch das Volk gewählt werden.

Die neuen Bestimmungen geben zu keinen weitern Bemerkungen Anlass.

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Die neuen Artikel 83, 84 und 85 setzen fest, in welcher Weise inskünftig die Verfassung abgeändert werden kann. Während nach den frühem Bestimmungen kein wesentlicher Unterschied zwischen dem Verfahren bei totaler und demjenigen bei partieller Verfassungsrevision bestand, wird durch dio neuen Artikel ein solcher Unterschied gemacht: 1. Eine totale Verfassungsrevision kann vom Grossen Rat oder von wenigstens 5000 Stimmberechtigten verlangt werden.

ITI der Volksabstimmung über das Revisionsbegehren ist auch die Frage zu entscheiden, ob die Totalrevision durch einen Verfassungsrat oder durch den Grossen Rat vorzunehmen sei.

2. Eine partielle Revision kann von mindestens 3000 Stimmberechtigten oder von einem Mitglied des Grossen Rats oder vom Staatsrat verlangt werden. Die partielle Revision kann in der Annahme neuer, oder in der Änderung oder Aufhebung geltender Verfassungsbestimmungen bestehen. Das Initiativbegehren kann in der Form einer allgemeinen Anregung oder eines ausgearbeiteten Entwurfs gestellt werden.

Ist der Grosse Rat mit der allgemein gehaltenen Anregung der Partialrevision einverstanden, so arbeitet er einen Entwurf im angeregten Sinne aus, über welchen das Volk abzustimmen hat. Pflichtet der Grosse Rat der allgemein gehaltenen Anregung nicht bei, so stimmt das Volk über das Initiativbegehren ab.

Wird dieses angenommen, so arbeitet der Grosse Rat einen entsprechenden Entwurf aus.

Ein ausgearbeiteter Initiativentwurf, dem der Grosse Razustimmt, wird der Volksabstimmung unterstellt. Stimmt dor Grosse Rat dem ausgearbeiteten Initiativentwurf nicht bei, so kann er einen ändern Vorschlag ausarbeiten, oder vom Volk dio Verwerfung des Initiativentwurfs verlangen und seinen Gegent entvvurf der Volksabstimmung unterbreiten, oder gleichzeitig über seinen Verwerfungsvorschlag und den Initiativentwurf abstimmen lassen. ,, Über jede Verfassungsänderung müssen in einem Abstand von mindestens einem Monat im Grossen Rat zwei Abstimmungen stattfinden.

In der Volksabstimmung über sämtliche Verfassungsänderungen entscheidet das absolute Mehr der gültigen Stimmen.

Da das Verfassungsdekret des Kantons Neuenburg vom 12. Juli 1906 nichts enthält, das dem Bundesrecht widerspräche,

891 so beantragen wir Ihnen, Tit., demselben die nachgesuchte Gewährleistung in der Form des beiliegenden Beschlussentwurfs zu erteilen.

B e r n , den 16. Oktober 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die eidgenössische Gewährleistung der Abänderung der Artikel 40, 42, 43, 45, 83, 84 und 85 der Staatsverfassung des Kantons Neuenburg vom 21. November 1858.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft des Bundesrates vom 16. Oktober 1906, betreffend die eidgenössiche Gewährleistung der Abänderung der Artikel 40, 42, 43, 45, 83.

84 und 85 der Staatsverfassung des Kantons Neuenburg vom 2l. November 1858 ; in Anbetracht : dass die abgeänderten Artikel nichts enthalten, das den Vorschriften der Bundesverfassung widerstreitet; dass die abgeänderten Artikel in der Volksabstimmung vom 11. und 12. August 1906 von der Mehrheit der stimmenden Bürger angenommen worden sind; in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschliesst: Den abgeänderten Artikeln 40, 42, 43, 45, 83, 84 und 85 der Staatsverfassung des Kantons Neuenburg wird die eidgenössische Gewährleistung erteilt.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Gewährleistung der Abänderung der Artikel 40, 42, 43, 45, 83, 84 und 85 der Staatsverfassung des Kantons Neuenburg vom 21. November 1858. (Vom 16. Oktober 1906.)

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17.10.1906

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