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Bundesratsbeschluss betreffend

die Waldnutzung oberhalb und in der Nähe der Eisenbahn Montreux-Berner Oberland.

(Vom 28. August 1906.)

Der s c h w e i z e r i s c h e Bundesrat in der Absicht, den Betrieb der Eisenbahn Montreux-Berner Oberland gegen die durch die Waldnutzung oberhalb und in der Nähe dieser Linie drohenden Gefahren sicher zu stellen ; nach Anhörung der Regierungen von Waadt, Freiburg und Bern, beschliesst:

Art. 1.

Für die Nutzung der auf beifolgender Liste verzeichneten, in einer Zone von 50 Meter oberhalb und 15 Meter unterhalb der Axe der Eisenbahn Montreux-Berner Oberland (horizontal gemessen) auf Gebiet der Gemeinden Châtelard, Albeuve, Montbovon. Rossinières, Château-d'Oex, Saanen und Zweisimmen gelegenen Waldungen gelten folgende Bestimmungen : a. Nach Anzeichnung des Schlagholzes und der auszurodenden Stöcke haben die Waldeigentümer dem Bahningenieur zu richtiger Zeit von dem Standorte und der Quantität des zu schlagenden Holzes, sowie von dem Zeitpunkt, auf welchen die Berechtigten zum Beginn der Waldarbeiten ermächtigt sein werden, Kenntnis zu geben. Überdies haben sich die Eigentümer zum voraus mit

493 dem Bahningenieur über die Wahl und möglichst richtige Instandstellung der zu benutzenden Holzriesen, sowie Über das Wegschaffen der Steine zu verständigen, welche ins Rollen geraten und die Sicherheit der Bahnlinie gefährden könnten.

b. Ist die in lit. a erwähnte Kenntnisgabe geschehen, so haben die Berechtigten von den vorzunehmenden Waldarbeiten, wie Fällen, Ziehen, Schleifen, Riesen von Holz oder Roden von Wurzelstöcken, dem Bezirksbahnmeister oder dem nächstwohnenden Stationsvorstand wenigstens 24 Stunden zum voraus Anzeige zu machen. In der Anzeige ist auch über das Sortiment des Holzes (Langholz oder Klafterholz), sowie über das annähernde Quantum, Auskunft zu geben.

Erst nach Verständigung mit dem Bahnmeister auf Grund der Vorschriften des gegenwärtigen Erlasses darf mit dem Fällen, Ziehen, Roden oder Riesen begonnen werden.

Die Arbeiten sind ohne unnötige Unterbrechung und mit möglichster Beschleunigung durchzuführen.

c. 15 Minuten vor Durchfahrt eines Bahnzuges ist das Fällen, Ziehen, Schleifen von Holz, sowie das Roden von Wurzelstöcken einzustellen. Dagegen kann das Riesen nur zwei bis drei Tage in der Woche stattfinden; dasselbe ist jeweilen wenigstens eine halbe Stunde vor der Durchfahrt eines Zuges einzustellen.

Alle diese Arbeiten stehen unter der Überwachung eines besondern, dem Bahnwärter beigegebenen Wärters, der von der Bahnverwaltung für die ganze Dauer der Arbeiten mit diesem Dienste betraut ist.

Die mit den Holzarbeiten beschäftigten Personen haben sich den Anordnungen des Wärters unbedingt zu fügen. Letzterer soll sich durch Signale mit denselben verständigen, wenn sie ihre Arbeiten einzustellen haben, und wenn sie sie wieder beginnen können.

In Fällen, wo die Verständigung zwischen Bahnwärter und Holzarbeitern nich mehr möglich ist, wie zum Beispiel bei Sturm, kann der erstere das Fällen, Ziehen oder Riesen von Holz und das Roden von Wurzelstöcken für eine Zeitlang einstellen.

Ist ein Extrazug signalisiert, dessen Durchfahrtszeit nicht genau hat angezeigt werden können, so ist das Fällen, Ziehen und Riesen von Holz und das Roden von Wurzelstöcken bis nach Durchfahrt des Zuges einzustellen.

d. Wenn nach ,den örtlichen Verhältnissen das Fällen, Ziehen und Riesen von Holz und das Roden von Wurzelstöcken bei ge-

494 frorenem Boden gefährlich ist, so kann die Bahnverwaltung nach Rücksprache mit den Waldeigentümern diese Arbeiten provisorisch untersagen.

Ebenso kann das Eisenbahndepartement Arbeiten dieser Art an Orten, wo sie mit zu starker Gefährdung der Bahnlinie verbunden wären, verbieten, unter Vorbehalt von Art. 2 hiernach.

e. Auf den Lagerplätzen oberhalb der Bahn oder längs des Geleises darf nicht mehr Holz aufgehäuft werden, als der ordentliche Betrieb es erfordert und die Sicherheit der Bahn es zulässt.

Es ist überhaupt dafür zu sorgen, dass das Fällen von Holz in unmittelbarer Nähe der Bahnlinie oder oberhalb derselben, sowie das Ziehen und Riesen von solchem unter Beobachtung grösster Vorsieht und stets derart betrieben wird, dass Beschädigungen der Linie und Störungen des Betriebes vermieden werden.

Im übrigen hat die Eisenbahngesellschaft die erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit allfällige, trotzdem vorkommende Beschädigungen der Bahnlinie stets mit der notwendigen Raschheit wieder ausgebessert werden können.

Art. 2.

Soweit die Vorschriften des Art. l hiervor über die Bestimmungen des Bahnpolizeigesetzes vom 18. Februar 1878 hinausgehen, und soweit durch dieselben eine Einschränkung von Privatrechten stattfindet, bleiben den Berechtigten die ihnen gesetzlich zustehenden Ansprüche' vorbehalten.

Art. 3.

Die Bahnveiwaltung erhält den Auftrag, gemäss Art. 32 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 die zur Vollziehung des vorliegenden Beschlusses nötigen Réglemente zu erlassen und die sonst erforderlichen Massregeln zu treffen, namentlich auch die mit der Ausführung betrauten Beamten nach Art. 12 des Gesetzes über die Bahnpolizei zu bezeichnen.

Die Bahnverwaltung ist verpflichtet, den Eigentümern der in Betracht fallenden Waldungen oberhalb der Bahn und in der Nähe derselben in den Gemeinden Chatelard, Montbovon, Albeuve, Rossinières, Château-d'Oex, Saanen und Zweisimmen, welche durch den vorliegenden Beschluss berührt werden, diesen letztern schriftlich auf amtlichem Wege bekannt zu geben.

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Art. 4.

Dieser Beschluss, welcher den Bundesratsbeschluss betreuend den Forstbetrieb oberhalb der Eisenbahn Montreux-Montbovon vom 13. Juni 1904 (E. A. S. XX, 122) aufhebt, wird den Regierungen der Kantone Waadt, Freiburg und Bern mit dem Ersuchen mitgeteilt, denselben zur öffentlichen Kenntnis und, soweit ·dieses Sache der kantonalen Behörden ist, zur Vollziehung zu bringen.

Art. 5.

Das eidgenössische Eisenbahndepartement wird mit den weiteren Vollziehungsanordnungen beauftragt.

B e - r ? , den 28. August 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Porrer.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

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Bundesratsbeschluss betreffend die Waldnutzung oberhalb und in der Nähe der Eisenbahn Montreux-Berner Oberland. (Vom 28. August 1906.)

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