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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Zweisimmen nach Lenk.

(Vom 23. März 1906.)

Tit.

L Mittelst Eingabe vom 12. Januar 1906 stellte der Verwaltungsrat der M o n t r e u x - B o r n e r O b e r l a n d - B a h n in Montreux das Gesuch, es möchte dieser Gesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn, teilweise Strassenbahn, von Zweisimmen nach L e n k , erteilt werden.

Der allgemeine Bericht, der das Konzessionsgesuch begleitete, weist darauf hin, dass mit der Eröffnung des letzten Teilstückes der Montreux-Berner Oberland-Bahn eine gewaltige Zunahme des Verkehrs durch das Simmental eingetreten sei. Insbesondere treffe dies für das Lenkertal zu, das bis jetzt, obschon es nur durch die Post bedient werde, eines beträchtlichen Zuspruches von seilen des Touristenpublikums sieh erfreue und in letzter Zeit den ganzen Sommer durch zahlreiche Kurgäste in seinen Hotels und Privatchalets beherbergte. Die Verlängerung der Montreux-Berner Oberland-Bahn bis Lenk entspreche daher einer direkten Notwendigkeit. In der jüngsten Zeit hätten sich Zweisimmen und Lenk

318 auch als Winterstationen eingerichtet, was das Gedeihen der Bahn in günstigem Sinne beeinflussen werde.

Der technische Bericht enthält folgende Angaben : Die Liuie habe ihren Ausgangspunkt im Bahnhofe Zweisimmen, wo sie Geleiseanschluss an die gegenwärtige Anlage der MontreuxBerner Oberland Bahn besitze. Vom Bahnhof Zweisimmen weg laufe die Linie bis zur korrigierten Strasse mit den Geleisen der Montreux-Berner Oberland Bahn parallel, um dann mit einer Kurve von ziemlich kleinem Radius in die Leukerstrasse einzubiegen und dieser von da an in der Hauptsache zu folgen, wobei das Tracé sich seitwärts zur Kantonsstrasse, deren Gebiet nur teilweise bedeckend, hinziehe. Über dio Simme werde rechts der Strasse eine ueue Brücke für die Bahn nötig. Nach Wiedervereinigung der Linie mit der Strasse folge sie letzterer bis nach Bettelried-Blankenburg, wo eine Haltestelle mit Gütergeleise vorgesehen sei. Von hier falle das Tracé auf eine Länge von 580 fileter, um alsdann unter steter Vermeidung der Maximalrampe gegen Lenk hin allmählich anzusteigen. Die Höhe über Meer des Bahnhofes Zweisirnmen sei 945 Meter, diejenige des Endpunktes Lenk 1075 Meter.

Die Höhendifferenz zwischen Anfangs- und Endstation sei als» 130 Meter. Da die Totallänge der Linie 12.soo Kilometer betrage, resultiere hieraus eine mittlere Steigung von 10,s °/oo. Die Maximalsteigung solle 50 °/oo betrugen, der normale Minimalradius 80 Meter; für die Einfahrt in Zweisimmen werde aber ein Radius von 40 Meter notwendig sein. Die Spurweite des Geleises sei i Meter. Zur Geleiseanlage sollen Vignolschienen verwendet werden. Die ganze Linie sei einspurig mit Ausnahme der Ausweichstellen in Blankenburg, St. Stephan, Matten und der Endstationen Zweisimmen und Leuk. Als Betriebskraft solle Elektrizität verwendet werden, die der Umformerstation der Montreux-Oberland-Bahn bei Altenried ob Zweisimmen entnommen würde. Das gegenwärtige Rollmaterial der Montreux-Oberland-Bahn könne auch auf dem neuen Teilstück Zweisimmen Lenk verkehren. Dies sei wichtig, weil ein beträchtlicher Teil des Personenverkehrs für diese Linie von der durch die Montreux-Oberland Bahn bedienten Gegend herrühren werde, und weil grosse Gütertransporte, hauptsächlich Holz, nach und von dem Leukertal ihren Weg über die Montreux-OberlandBahn nehmen. Die Kreuzungsstationen seien mit
den Endstationen durch Telephon verbunden. Als Gebäude seien vorgesehen: Aufnahmsgebäude mit Güterschuppen in Lenk, Blankenburg und St. Stephan, und die nötigen Wartehäuschen an den Haltestellen.

Als Rollmaterial werden die Typen der Montreux Oberland Bahn angenommen, jedoch sei vorgesehen, vorläufig das Rollmaterial der Montreux-Oberland-Bahn für den Zeitpunkt der Eröffnung der

319 Liuie Zweisimmen-Lenk nur durch Anschaffung eines PersonenAutomobils zu verstärken. Die Linie solle während des ganzen Jahres von der Montreux-Oberland Bahn betrieben werden.

Der summarische Kostenvoranschlag enthält folgende Hauptposten : Allgemeine Vorstudien, Ausarbeitung der Pläne etc. Fr. 30,000' Geldbeschaffungskosten ,, 25,000 Expropriationen ,, 100,000 Bahnbau : Unterbau Fr. 125,000 Oberbau ,, 249,000 Gebäude ,, 40,000 Kontaktleitungsanlage . . . . ,, 120,000 Telephon und Beleuchtung . . ,, 6,000 ,, 540,000 Rollmaterial: l Automobil ,, 50,000 Mobiliar und Gerätschaften ,, 3,000 Unvorhergesehenes ,, 52,000 Total

Fr. 800,000

oder per Kilometer Fr. 62,500.

II.

Das Eisenbahndepartement legte der Direktion der Montreux Oberland-Balm naht:, sie möchte mit diesem Konzessionsgesuche zugleich ein Gesuch um Zusammenlegung der Konzessionen Montreux-Monthovon (E. A. S. XV, 10ö), Montbovon-Zweisimmen (E. A. S. XV, 858) und Zweisimmen-Leuk verbiuden, und ersuchte sie ferner, Studien darüber anzustellen, ob die Bahn nicht auf eigenem Tracé erstellt werden könnte.

Unterm 12. Februar dieses Jahres teilte hierauf die Direktion mit, dali die Beschlußfassung über die Zusammenlegung der Konzessionen in der Kompetenz der Aktionärversammlung liege. Um die Erteilung der Konzession für die neue Strecke nicht zu verzögern, ersuche sie, die Konzession Zweisimmen-Lenk separat zu erteilen. Sie wurde dann der Aktionärversammlung die Frage der Verschmelzung aller drei Konzessionen in eine einzige bei Gelegenheit der Änderung der Konzession in bezug auf die Erhöhung der Taxen für den Vieh transport, vorlegen. Hierbei setze sie als selbstverständlich voraus, dass eine Verschmelzung der 3 Konzessionen die Gesellschaft in keiner Weise mehr belasten oder ungünstiger stellen würde, und dass insbesondere die kon/essionsmässigen Taxen für Personen, Gepäck und Güter die gleichen bleiben würden.

320 Der Regierungsrat des Kantons Bern empfahl mittelst Vernehmlassung vom 26. Februar dieses Jahres das Konzessionsgesuch zur Berücksichtigung unter dem von der Gemeinde Zweisimmen gestellten Vorbehalte, dass die Ortschaft Bettelried-Blankenburg, Amtssitz des Obersimmentales, nicht abgefahren werde. Dieser Vorbehalt wird im Plangenehmigungsverfahren seine Erledigung finden.

Die in der Vernehmlassung der Regierung erwähnten 2 Konkurrenzprojekte der Herren Cuttat, Architekt in St. Gallen, und B. Emch, Ingenieur in Bern, wurden zurückgezogen und fallen daher nicht weiter in Betracht.

Mittelst Eingabe vom 26. Februar dieses Jahres teilte die Direktion der Montreux Oberland Bahn mit, sie beabsichtige, auf die Strassenbenützung nach Möglichkeit zu verzichten. Immerhin werde es an gewissen Stellen, zum Beispiel bei der Ausfahrt in Zweisimmen, kaum ohne allzugrosse Kosten möglich sein, die Strasse nicht zu benutzen, so dass sie ersuche, im Titel den Zusatz (teilweise Strassenbahn) aufzunehmen. Es solle dies indessen den Sinn haben, dass die Benutzung der Strasse mehr als Ausnahme zu betrachten sei. Die Erstellung eines eigenen Tracés auf der grossten Strecke werde eiue gewisse Erhöhung des Baukapitals zur Folge haben. Die Mehrkosten werden Fr. 195,000 betrauen, so dass die gesamten Baukosten ungefähr auf total Fr. 995,000 zu stehen kommen.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 16. März 1906 in Bern statt.

Man einigte sich dahin, den Titel unverändert zu lassen, dns heisst, den verlangten Zusatz "teilweise Strassenbahn" wegzulassen, da die Strasse nur auf eine Länge von zirka 100 Meter bei der Ausfahrt von Zweisimmen benutzt werden solle. Zu Art. 22 wurde auf Wunsch der Vertreter der Bahn von den Vertretern des Eisenbahndepartements anerkannt, dass die jetzige Feststellung der Taxen für den Transport lebender Tiere, die den Taxen der Konzession Montbovon-Zweisimmen entsprechen, kein Hindernis bilden solle für das in Aussicht gestellte Gesuch urn Erhöhung dieser Taxen.

Mit der Zusammenlegung der Konzessionen im Sinne von Abschnitt II des Beschlussesentwurfes erklärten sich die Vertreter der Bahnverwaltung prinzipiell einverstanden, nachdem die Vertreter des Eisenbahndepartements die Zusicherung gegeben hatten, dass eine Reduktion der in den bisherigen Konzessionen enthaltenen Taxen nicht beabsichtigt sei.

321 Wir bestätigen hier ausdrücklich diese Erklärung.

Zu weitern Bemerkungen sehen wir uns nicht veranlasst.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme, und benützen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 23. März 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. II.

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(Entwurf.)

ßundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Zweisimmen nach Lenk.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. dreier Eingaben des Verwaltungsrates und der Direktion der Montreux-Berner Oberland-Bahn, vom 31. Januar, 12. und 26. Februar 1906; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 23. März 1906, beschließt: I. Der Gesellschaft der M o n t r e u x - B e r n e r O b e r l a n d Bahn in Montreux wird die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von Z w e i s i m m e n nach L en k unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

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Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Montreux, Gemeinde Châtelard.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 18 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den revidierten Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe

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zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, daß Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlaß zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens fünfmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt wei-den, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt ·worden sind.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, daß alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und z war auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft kann für die Beförderung von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze beziehen : . in der zweiten Wagenklasse 20 Rappen, in der dritten Wagenklasse 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

325 Für Kinder unter vier Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht 'wird, keine Taxe, für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen. Der Bundesrat kann eine angemessene Ausdehnung der zur Hälfte der Taxe berechtigenden Altersgrenze verlangen.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 4 Rappen und deren niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

326 Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 2 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen zu bewilligen, welche vom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen sind Taxen zu beziehen, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 24 Rappen per Stück und Kilometer für die höchste und 4 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40°/o erhoben werden.

Art. 23. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Hegel nicht er-

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hoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungs.gütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für ·eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 -als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird dieselbe auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens «inen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so .ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht ·erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder

328 dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche sich aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften ergeben.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

&. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

329 d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der "Wahl des Rückkaufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II. Die Gesellschaft ist gehalten, spätestens auf den Zeitpunkt der Leistung des Finanzausweises für die Linie Zweisimmen-Lenk bei den Bundesbehörden um Zusammenlegung der Konzessionen Montreux-Montbovon (E. A. S. XV., 108), Montbovon-Zweisimmen (E. A. S. XV, 858) und;Zweisimmen-Lenk nachzusuchen.

III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 15. April 1906 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Gewährleistung der Abänderung der Artikel 33 und 34 der Staatsverfassung des Kantons Bern vom 4. Juni 1893.

(Vom 23. März 1906.)

Tit.

Mit Schreiben vom 14. März 1906 hat uns der Regierungsrat des Kantons Bern mitgeteilt, dass in der Volksabstimmung vom 4. März 1906 die durch Volksbegehren verlangte Abänderung der Artikel 33 und 34 der Staats Verfassung vom 4. Juni 1893 mit 38,331 gegen 10,936 Stimmen angenommen worden ist. Der Regierungsrat stellt zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch, es möchte der Verfassungsänderung die eidgenössische Gewährleistung erteilt werden und zwar, wenn möglich, schon im Verlauf der am 19. März 1906 beginnenden Session der eidgenössischen Räte, da die neuen Verfassungsbestimmungen erstmals am 6. Mai 1906 zur Anwendung kommen sollen.

Nach den bisherigen Artikeln 33 und 34 der bernischen Staatsverfassung wählte der Grosse Rat mit Berücksichtigung der Vertretung der Minderheit die neun Mitglieder des Regierungsrates

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Zweisimmen nach Lenk. (Vom 23. März 1906.)

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28.03.1906

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