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Schweizerisches Bundesblatt.

58. Jahrgang. III.

Nr. 22.

30. Mai 1906.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 5 Franken.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern.

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Bericht der

Kommission des Nationalrates über

die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1905.

(Vom 26. Mai 1906.)

Herr Präsident, Herren Nationalräte !

Wir beehren uns, in nachfolgendem Ihnen die Bemerkungen zu unterbreiten, zu welchen die Prüfung der Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1905 uns Veranlassung gibt.

Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. III.

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Geschäftsführung des Bundesrates.

L Allgemeine Verwaltung.

Bundeskanzler 4-. Drucksachen.

1. Die Kommission des Ständerates hat in ihren Bemerkungen zur Geschäftsführung des Bundesrates im Jahre 1904 der Meinung Ausdruck gegeben, es dürften sich im Interesse des besseren Verständnisses und der grösseren Übersichtlichkeit empfehlen, den Text sämtlicher noch hängigen Postulate in den Geschäftsbericht aufzunehmen. Der Anregung ist im Geschäftsbericht 1905 nicht Folge gegeben worden, und zwar wie uns mitgeteilt wurde, aus dem Grunde, um den ohnehin grossen Umfang des Geschäftsberichtes nicht zu mehren. Unter der Voraussetzung, dass die Postulatensammlung noch leichter erhältlich gemacht wird, als dies bisher der Fall war, namentlich durch eine genügende Ausrüstung der Handbibliotheken in den Kommissionsvorzimmern der Räte, dürfte unseres Erachtens die Aufnahme des Textes sämtlicher noch hängigen Postulate in die Geschäftsberichte unterbleiben.

2. Zum Geschäftsbericht 1900 hatte die ständerätliche Kommission den Wunsch ausgesprochen, es möchten künftig die Gesetzesbände statt in losen Bogen dem Bundesblatt beigelegt, den Mitgliedern der eidg. Räte broschiert zugestellt werden. Wir möchten diesen Wunsch, dem bislang nicht Rechnung getragen

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worden, wieder aufgreifen. Seit Beginn 1904 (Inkrafttreten der Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Geschäftsverkehr der eidg. Räte betreffend die Veröffentlichung und den Beginn der Wirksamkeit der Gesetzesbeschlüsse) findet nun diese Veröffentlichung nummerweise als Beilage zum Bundesblatt statt, und werden die Gesetzesbände jahrgangweise abgeschlossen. Die Veröffentlichung der Gesetzesbeschlüsse als Beilage zum Bundesblatt ist notwendig, weil dieselbe in der Regel massgebend ist für den Zeitpunkt des Beginns der Wirksamkeit der Gesetze und Beschlüsse. Dem Wunsche kann daher nur in der Weise entsprochen werden, dass neben der Mitteilung der Gesetze in Form loser Nummern als Beilage zum Bundesblatt nach Jahresschluss noch der gesammelte Band den Mitgliedern der Räte zugestellt wird.

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IL Departemeute, Politisches Departement.

VI. Vertretung der Schweiz im Auslande.

B. Konsulate.

Es soll hin und wieder vorkommen, dass Konsuln für längere Zeit ihren Wohnsitz ausserhalb des Sitzes der Vertretung verlegen und die Konsulatsgeschäfte durch einen Stellvertreter besorgen lassen. Es wird im einzelnen Falle zu untersuchen sein, ob dies ohne Schaden für die Besorgung der Konsulatsgeschäfte gestattet werden kann. Im allgemeinen wird auch hier der Satz gelten, dass zur Würde die Bürde o^ gehört.^

VII. Bewilligungen zur Erwerbung eines Gemeindeland Kantonsbürgerrechts.

Gegenüber dem Vorjahr erzeigt die Zahl dieser Bewilligungen eine Erhöhung um 188 und die Zahl der Personen, auf welche sich diese Bewilligungen erstrecken, eine Erhöhung um 611. Es mag diese Erhöhung der Wirkung des am 1. Januar 1904 in Kraft getretenen Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes zugeschrieben werden, wiewohl gleichzeitig konstatiert werden muss, dass im Berichtsjahr die Zahl der in den Kantonen erfolgten Einbürgerungen (846) gegenüber dein Vorjahr (905) um 59 zurückgegangen ist. Es bestätigen diese Zahlen die Meinung, dass die Zustände in dieser Richtung erst bessere werden dürften, wenn diejenigen Kantone, in welchen die Zahl der Ausländer sich andauernd mehrt und in ein ungesundes Verhältnis zur Zahl der Schweizerbürger tritt, die Bedingungen für die Einbürgerung noch mehr erleichtern und insbesonders auch vom Recht der Zwangseinbürgerung Gebrauch machen, wie es im Art. 5 des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes vorgesehen ist.

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VIII. Wiedereinbürgerungen.

Wiedereinbürgerungen gemäss Artikel 10 des Bundesgesetzes betreffend Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes sind im Berichtsjahr 218 bewilligt worden gegenüber 156 im Vorjahr, somit eine Vermehrung um 62 Fälle. Da die grundsätzliche Frage durch die Motion Caflisch und Konsorten beim Bundesrat hängig ist, enthalten wir uns kritischer Bemerkungen. Doch wollen wir immerhin der Meinung Ausdruck geben, dass die Ursache der grossen Zahl dieser Bewilligungen und des Anwachsens dieser Zahl zum Teil darin gefunden werden dürfte, dass sich die Fälle vor Erlass des Bundesgesetzes gestaut hatten und dass nach Erledigung dieser Fälle die Zahl der Bewilligungen ohne weiteres zurückgehen dürfte.

X. Auswanderung.

Wir entnehmen dem Geschäftsbericht über das Auswanderungswesen als ein Punkt von allgemeinem Interesse, dass nicht nur die auswandernden Schweizerbürger und Bewohner der Schweiz in bezug auf ihre Klagen über Umgehung des Auswanderungsgesetzes und Anstände im Auswanderungsverkehr die Rechtshülfe unseres Auswanderungsamtes in Anspruch nehmen, sondern auch diejenigen Ausländer, welche zum Zwecke ihrer Auswanderung unser Land bloss transitieren und an einem inländischen Grenzort rasch ihren Auswanderungsvertrag abschliessen. Im Berichtsjahre sind 46 Beschwerden erledigt worden. 26 sind von Schweizern eingereicht worden und 20 . von Ausländern. Bei der andauernden Zunahme des Auswanderertransites dürften künftig die Fälle, welche solche bloss durchreisende Ausländer betreffen, sich noch mehren. Die Veranlassung zu diesem grossen Auswanderertransit soll im wesentlichen darin liegen, dass die Regelmässigkeit des schweizerischen Auswandererverkehrs viele ausländische Agenturen veranlasst, Auswanderer unter Mitwirkung der hierseitigen Agenten durch die Schweiz zu befördern.

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Departement des Innern.

Die Geschäftsführung des Departementes des Innern hat der Kommission keinen Anlass geboten zu irgendwelchen wesentlichen Bemerkungen ; wir können uns deshalb darauf beschränken, die folgenden Punkte kurz zu erwähnen :

II. Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischen Gesetze.

1. Ausführung des Art. 27 der Bundesverfassung, sowie des auf denselben sich gründenden Bnndesgesetzes vom 25. Juni 1903 betreifend die Unterstützung der öffentlichen Primarschule.

Das Bundesgesetz vom Jahre 1903 betreffend die Unterstützung der öffentlichen Primarschule gelangte im Berichtsjahre zum ersten Male in allen seinen Bestimmungen zur. Anwendung ; die dem Departement des Innern übertragene Kontrolle über die Verwendung der Subvention durch die Kantone und den Gesamtbetrag ihrer Ausgaben für die Primarschule ist in normaler Weise durchgeführt worden.

Die für die Primarschule im Jahre 1904 zu gewährenden und von der eidgenössischen Staatskasse auszurichtenden Beiträge hätten sich nach den auf Grund der im Gesetze vorgesehenen Ansätze gemachten Berechnungen auf Fr. 2,084,167. 80 belaufen sollen. In Wirklichkeit sind den Kantonen Fr. 2,083,508. 83 ausbezahlt worden. Die Differenz, Fr. 658. 97, rührt von Abzügen her, die auf den Beiträgen dreier Kantone gemacht wor° den sind ; die Gründe dieser unbedeutenden Abzüge sind im Berichte des Bundesrates angegeben.

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In Ausführung des Gesetzes hat der Buadesrat, auf Antrag des Departementes des Innern, eine Vollziehungsverordnung erlassen, welche die Zwecke, für die der Bundesbeitrag verwendet werden darf, festsetzt und näher umschreibt, das bei der Prüfung der von den Kantonen vorgelegten Rechnungen zu beobachtende Verfahren bestimmt und die Grundsätze feststellt, nach denen die in Art. 3 des Gesetzes vorgeschriebene Kontrolle über die durchschnittlichen ordentlichen Ausgaben der Kantone für die Primarschule, im Vergleiche zu dem Durchschnitt der Jahre 1898 bis 1902 (die letzten fünf Jahre vor dem Inkrafttreten des Gesetzes) durchgeführt werden soll.

Dieses Reglement, das in seinen allgemeinen Linien von der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren gutgeheissen worden ist und einigen in den Jahren 1904 und 1905 gemachten Erfahrungen Rechnung trägt, ist vom 17. Januar 1906 datiert. Seine weitherzigen, von dem gleichen Geiste wie das Gesetz durchdrungenen Bestimmungen sind geeignet, die laut gewordenen Befürchtungen einer kleinlichen und chikanösen Einmischung der Bundesbehörden in die Verwaltungsangelegeuheiten der Kantone zu zerstreuen.

3. Mass und Gewicht.

Die mit der Frage der Reorganisation der eidgenössischen Eichstätte betraute Kommission ist im Berichtsjahre nicht untätig geblieben. Aus ihren Beratungen ist ein Entwurf zu einer Revision des Bundesgesetzes über Mass und Gewicht vom 3. Juli 1875 hervorgegangen, deren Notwendigkeit wohl kaum mehr in Frage gestellt werden dürfte.

Zur Orientierung heben wir hervor, dass dieser Gesetzesentwurf, den wir eingesehen haben, von dem Gedanken ausgeht, dass durch die neue Organisation dieses Dienstes in der Schweiz die den Kantonen zustehenden Rechte nicht geschmälert und doch die unentbehrliche einheitliche Leitung gesichert werden soll.

Die kantonalen Eichmeister würden auch in Zukunft die Abstempelung der gebräuchlichsten Längen-, Körper- und Hohlmasse, sowie der Gewichte besorgen ; die eidgenössische Eichstätte würde die Prüfung, Kontrollierung und Abstempelung derjenigen Instrumente und Apparate vornehmen, die eine besondere Einrichtung oder eine grössere Genauigkeit erheischen.

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Neben den Längen-, Flächen-, Körper- und Hohlmassen und den Gewichten, die einzigen, welche das Gesetz von 1875 kennt, werden in das revidierte Gesetz auch die Temperatur-, Pressions- und elektrischen Masseinheiten aufgenommen werden.

Wir hoffen, dass durch die Vorlage des revidierten Gesetzesentwurfes und seine Annahme in den Räten, denjenigen, die eine strenge und einheitliche Anwendung der einschlägigen Bestimmungen befürworten, beförderlichst entsprochen werde.

III. Gesetzgebung.

Dem Berichte des Departementes des Innern zufolge hat das vom Nationalrat am 10. Juni 1904 angenommene Postulat betreffend Ausdehnung der Bundesunterstützung auf andere als die bildenden Künste noch nicht erledigt werden können, weil das Departement durch anderweitige dringende Arbeiten in Anspruch genommen war.

Durch die von den eidgenössischen Räten bewilligte Dotation von Fr. 50,000 an die schweizerische Schillerstiftung ist jedoch ein erster Schritt zur Lösung der durch das Postulat gestellten Aufgabe getan worden.

Das Departement wird die vollständige Lösung desselben im Auge behalten und stellt eine bezügliche Vorlage für das laufende Jahr in Aussicht.

Wenn auch der Bericht des Bundesrates mit bezug auf die Anwendung des Konkordates über den Motor- und Fahrradverkehr in der Schweiz keine Angaben enthält, so hat das Departement sich doch mit der Angelegenheit zu befassen gehabt.

Das Konkordat, dem fast alle Kantone beigetreten sind, überlässt es bekanntlich den Kantonen, die Strafbestimmungen festzustellen und die Anwendung des Konkordates im einzelnen zu regeln.

Die Notwendigkeit der Vereinheitlichung der Strafbestimmungen hat sich aber bald fühlbar gemacht, und das Departement) des Innern hat dieser Vereinheitlichung namentlich dadurch die Wege geebnet, dass es den Kantonsregierungen einen Fragebogen zugestellt hat. In einer Konferenz, die am 30. April in Bern unter dem Vorsitze von Herrn Bundesrat Ruchet stattgefunden hat und der Vertreter der Mehrzahl der Kantone bei-

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wohnten, ist eine ganze Reihe von Wünschen formuliert worden, deren Verwirklichung jedenfalls die durch die Zirkulation der Automobile geschaffene Lage verbessern und auch zur Besserung der etwas gespannten Beziehungen zwischen der Bevölkerung und den Automobilisten beitragen würde, Es geht nicht an, einheitliche Strafbestimmungen oder Sicherheitsmassregeln zu erlassen, da die Rechte der Kantone nicht angetastet werden dürfen, es sollte aber danach getrachtet werden, dass den Automobilisten überall die gleiche Behandlung zu teil wird. Im Einverständnis mit den Kantonsbehörden wird das Departement des Innern, innerhalb der ihm gesteckten Grenzen, dafür Sorge tragen, dass das Konkordat und die daraus sich ergebenden Massnahmen auf die beste Art und Weise durchgeführt werden.

VI. Polytechnische Schule.

Die im Berichte des Bundesrates enthaltenen Zahlen sind ein Beweis der Lebenskraft und des stetigen Aufschwunges unserer höheren Lehranstalt. Aber der Platz ist ihr zu eng geworden ; es fehlt an den nötigen Räumlichkeiten. Die Genehmigung des zwischen dem Bundesrat und dem Kanton und der Stadt Zürich abgeschlossenen Aussonderungsvertrages wird gestatten, in dieser Hinsicht Abhülfe zu schaffen.

Die Frage der Reorganisation der Anstalt, die vor zwei Jahren durch eine Eingabe des schweizerischen Schulrates aufgerollt worden ist, harrt noch der Lösung : der Bundesrat ist bis jetzt nicht in der Lage gewesen, sich über die ihm unterbreiteten Anträge auszusprechen. Das Departement des Innern wird aber das Studium der Angelegenheit wieder aufnehmen.

Wir wollen nicht unterlassen, auf den grossen Erfolg der Feier des fünfzigjährigen Bestehens der polytechnischen Schule hinzuweisen. Diese Feier ist so recht geeignet, darzutun, welche hervorragende Stellung unsere höhere Lehranstalt einnimmt und welches Ansehens sie sich im In- und Auslande erfreut.

VIII. Statistisches Bureau.

Das statistische Bureau hat im Jahre 1905 die Aufarbeitung der Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1900

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fortgesetzt. Band II der Ergebnisse ist im Berichtsjahre erschienen und die Zusammenstellungen für Band III wurden so weit gefördert, dass derselbe im Laufe des Jahres wird ausgegeben werden können.

In den ersten Monaten des Jahres 1905 mussten auch die Vorbereitungen für die von den eidgenössischen Räten beschlossene Betriebszählung getroffen, die Fragebogen ausgearbeitet, die Spedition der Drucksachen besorgt und die Instruktionen für das Zählpersonal erlassen werden, was auch ein grosses Mass Arbeit erforderte. Die Betriebszählung fand am 9. August statt, und Mitte Oktober konnte mit der Verifikation der Formulare begonnen werden. Gegenwärtig sind nicht weniger als 40 Beamte und Gehülfen mit der Aufarbeitung der Zählkarten beschäftigt, und es herrscht in den zahlreichen Bureaux dieses Dienstzweiges eine lebhafte Tätigkeit. Ein erster Band, der die nach den hauptsächlichsten Berufen geordneten Industrien enthält, wird voraussichtlich noch dieses Jahr veröffentlicht werden können.

Das statistische Bureau befasst sich auch noch mit ändern Arbeiten, die im Berichte des Departementes des Innern aufgeführt werden. Die Statistik wird je länger je mehr in Anspruch genommen.

X. Schweizerische Landesbibliothek.

Die Geschäftsprüfungskommissionen haben je und je auf die erschreckend grosse Zahl der von der Landesbibliothek gesammelten Drucksachen aufmerksam gemacht, und letztes Jahr hat die Kommission des Ständerates ausdrücklich bemerkt, dass es sich empfehlen dürfte, nur Schriften, die einen bleibenden Wert haben, in die Bibliothek aufzunehmen. Es ist ja zweifelsohne schwierig, eine Wahl zu treffen, da die Eingänge im Jahre 1905 mit 22,100 Nummern und 34,000 Stück diejenigen des Vorjahres in erheblichem Masse übersteigen. Da die Geschenke gut drei Viertel der neuen Werke ausmachen, ist es natürlich nicht leicht, dem Zuwachs der Bibliothek, der im Berichte selbst als ein abnormer bezeichnet wird, zu steuern. Es ist nur zu wünschen, dass der Zuwachs nicht allzu grosse Dimensionen annehme und nicht vor der Zeit ein Mangel an Platz sich fühlbar mache.

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Das ,,Kartenzimmer", das infolge des Ankaufes der prächtigen Staubschen Sammlung eine Vermehrung von 24,300 Blättern erfahren hat und zurzeit nahezu 40,000 Stücke -- Kunstblätter, Karten und Pläne -- zählt, bildet unstreitig einen der Anziehungspunkte der Bibliothek.

XII. Oberbauinspektorat.

A. Allgemeines.

Die wichtige Frage der gesetzlichen Regelung der Wasserrechte und der Verwendung der Wasserkräfte in der Schweiz ist beim Bundesrate im Jahre 1905 durch eine Petition des Zentralkomitees der demokratischen Partei des Kantons Zürich anhängig gemacht worden. Das Departement fügt in seinem Berichte bei, dass die weitere Behandlung dieses Geschäftes ins Jahr 1906 falle. Es besteht also kein Anlass, uns mit demselben zu befassen. Das Problem der Verwendung der Wasserkräfte hat schon zu verschiedenen Malen die Behörden beschäftigt und wird sie auch fernerhin noch in Anspruch nehmen.

Wenn wir auch zum vorneherein auf eine Erörterung verzichteten, so haben wir doch mit grossem Interesse von den im Berichte des Oberbauinspektorates enthaltenen Angaben über die Ergebnisse der auf diese Angelegenheit bezüglichen Untersuchungen und Studien Kenntnis genommen.

In der letzten Märzsession ist übrigens den Räten von Herrn Bundesrat Ruchet über den Stand der vom Oberbauinspektorat auf diesem Gebiete ausgeführten Vorarbeiten eingehend Aufschluss erteilt worden.

XIII. Direktion der eidgenössischen Bauten.

A. Allgemeines.

Das Postulat vom 22. Juni 1904, wodurch der Bundesrat eingeladen worden ist, die Frage zu prüfen, ob nicht das Verfahren betreffend die Vergebung öffentlicher Arbeiten einheitlich zu ordnen sei, ist noch nicht erledigt, der Bericht des Bundesrates stellt aber eine Lösung der Frage für das laufende Jahr in Aussicht.

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G. Beschaffung von Bureaulokalen für die eidgenössische Zentralverwaltung und Hausdienst.

In den Jahren 1903 und 1904 haben die jeweiligen Geschäftsprüfungskommissionen auf die enormen Kosten aufmerksam gemacht, welche durch die elektrische Beleuchtung der Bundeshäuser und der übrigen Verwaltungsgebäude verursacht werden. Die eidgenössische Baudirektion, welche die Frage geprüft und im Jahre 1905 auf der Grundlage eines Einheitspreises von 80 Cts. per Kerze mit der Stadt Bern ein provisorisches Abkommen abgeschlossen hafy schätzt die daraus sich ergebende Ersparnis auf Fr. 13,500 zirka. Sie ist der Meinung, dass durch die Einführung eines Strommessers, wobei nur die effektiv verbrauchte Kraft bezahlt würde, sich eine weitere Ersparnis von Fr. 13,500 erzielen Hesse. Es lohnt sich also, die Unterhandlungen mit der Stadt Bern behufs Abschlusses eines definitiven Vertrages, durch welchen dem Bunde die gleiche Behandlung wie den übrigen Abonnenten zugesichert würde, fortzusetzen.

XIV. Forstwesen, Jagd und Fischerei.

A. Forstwesen.

Das Departement befasst sich mit dem Projekte der Gründung einer Hülfskasse für das schweizerische Forstpersonal, der alle Forstbeamtcn der Kantone, Gemeinden und Korporationen beitreten könnten, soweit die auf die Zusicherung von Bundesbeiträgen an die Besoldungen des Forstpersonals bezüglichen Bestimmungen des Gesetzes auf sie Anwendung finden.

Ein solches Institut würde zweifellos gute Dienste leisten.

o1B. Jagd und Vogelschutz.

Zu dem am 1. Januar 1905 in Kraft getretenen Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz ist am 18. April 1905 eine Vollziehungsverordnung erlassen worden. Die Ausführung des Gesetzes hat auch die Revision der Mehrzahl der kantonalen Bestimmungen über diese Materie zur Folge gehabt ; die kantonalen Gesetzgebungen mussten mit dem Bundesgesetze in Einklang gebracht werden, und der Bundesrat ist in den Fall gekommen, den von fast allen Kantonen ausgearbeiteten Verordnungen und Gesetzen seine Genehmigung zu erteilen.

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Justiz- und Polizeidepartement.

A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

I. Bundesgesetzgebniig.

1. S c h w e i z e r i s c h e s Z i v i l g e s e t z b u c h . Die parlamentarischen Beratungen über das Zivilgesetzbuch nehmen einen raschen und befriedigenden Verlauf, so dass zu hoffen ist, es werde dieses grosse Werk längstens irn Jahre 1907 fertiggestellt.

2. B e s o l d u n g de r B u n d e s r i c h t e r. Der Bundesrat hat den eidgenössischen Räten im Berichtsjahre den Entwurf eines Gesetzes betreffend die Erhöhung der Besoldung der Mitglieder des Bundesgerichts vorgelegt. Im Nationalrat hat diese Vorlage vorläufig ihre Erledigung gefunden, indem auf dieselbe z u r z e i t nicht eingetreten wurde. Der Ständerat hat einen Beschluss noch nicht gefasst.

3. S c h w e i z e r i s c h e r V e r w a l t u n g s g e r i c h t s h o f . Der Bundesrat hat die Vorarbeiten zur Einführung der eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbarkeit so weit gefördert, dass er glaubt, im Laufe dieses Jahres den eidgenössischen Räten eine Vorlage unterbreiten zu können. Es ist zu erwarten, dass diese dringliche und wichtige Angelegenheit bald eine befriedigende Lösung finden wird.

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II. Internationales Recht.

Die Haager Übereinkünfte betreffend die Eheschliessung, dio Ehescheidung und die Trennung von Tisch und Bett und die Vormundschaft über Minderjährige, welche am 16. Juni von der Bundesversammlung genehmigt wurden, bedürfen nach dem Bericht des Bundesrates in einigen Punkten noch der Ergänzung durch besondere Verständigungen zwischen den einzelnen Vertragsstaaten. Solche Konventionen zwischen einzelnen Staaten sind immer eine schwierige Sache, namentlich dann, wenn die Vertragsstaaten über die im Vertrag vorgesehenen Benachrichtigungen nicht Gegenrecht halten. Es ist zu hoffen, dass es dem Bundesrat gelingen wird, diese schwierige Materie zu einem glücklichen Abschluss zu bringen.

V. Zmlstand und Ehe.

1. Die Erstellung eines Nachtrages zum Handbuch für die schweizerischen Zivilstandsbeamten musste neuerdings verschoben werden, bis die Verhältnisse betreffend die Haager Übereinkünfte etwas besser abgeklärt sind. Die Kommission spricht die bestimmte Erwartung aus, dass der Nachtrag nun in diesem Jahre zur Ausgabe gelangt.

2. In diesem Abschnitt schreibt der Bundesrat, dass die verhältnismässig kleine Zahl (1298) der aus dem Auslande eingegangenen Zivilstandsakten dort wohnhafter Schweizer beweise, dass das Ausland uns bis dahin nur in geringem Masse Gegenrecht hält. Ja selbst aus denjenigen Staaten, mit denen wir diesbezügliche Verträge besitzen (namentlich Italien und Österreich), sind Zivilstandsakten von Schweizern oft nur auf Reklamationen hin erhältlich.

Diese Tatsache ist für unser Land sehr bemühend. Die Kommission spricht den Wunsch aus, der Bundesrat möchte die diplomatischen Vertreter des Auslandes dringend ersuchen, dahin zu wirken, dass die auswärtigen Staaten uns etwas mehr entgegenkommen, als dies bisanhin geschehen ist.

YII. Rechtspflege.

m. Begräbniswesen und Konfessionelles.

2. K o n g r e g a t i o n e n . Auf eine bezügliche Anfrage beim eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement teilte uns dieses

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IV. Politische Stünmberechtigung.

Die beim Departement eingereichten fünf Beschwerden stammen alle aus dem Kanton Wallis. Offenbar ist in der dortigen Gesetzgebung das Stimmrecht der Aufenthalter nicht genau geordnet, und wäre es wünschenswert, wenn der Kanton Wallis seine diesbezügliche Gesetzgebung einer Revision unterstellen würde.

B. Polizeiwesen.

I. Verträge und Konventionen.

Es wird als ein nennenswerter Fortschritt bezeichnet werden dürfen, wenn die Auslieferungsverträge mit den beiden amerikanischen Südstaaten, Argentinien und Paragua}', zu stände kommen werden. Wenn auch die Fälle, in denen die Verträge zur Anwendung kommen sollen, nicht zahlreich sein werden, so wird es sich in der Regel um die Verfolgung schwerer Verbrechen handeln, die durch das Bestehen der Verträge sicher gestellt werden soll.

IY. Heimschaffungen.

Aus einzelnen, hier mitgeteilten Vorgängen geht hervor, dass die Heimschaffung französischer und italienischer Staatsangehöriger in Fällen von Krankheit und Hülfsbedürftigkeit immer noch Weiterungen begegnet. Das Justiz- und Polizeidepartement ist daher nur zu unterstützen, wenn es hier tatkräftig auf Ordnung dringt.

Zuzugeben ist, dass, was Italien anbetrifft, die formlose Abschiebung hülfsbedürftiger Italiener mit Recht als unzulässig getadelt wird. Allein die Verschleppung der Entscheidung in Heimschaffungsangelegenheiten durch die italienischen Behörden mag eine Entschuldigung für eine allfällige ungeduldige Abschiebung kurzei1 Hand abgeben. Wenn nach dieser Richtung eine wirkliche Besserung erzielt werden kann, so wird dies mancherorts als Wohltat empfunden werden.

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VI. Zentralpolizeibureau.

Das Zentralstrafenregister wurde, wohl den Wünschen der Mehrheit der Kantone nachgebend, in bezug auf die Strafmitteilungen in seinem Umfange reduziert. In Zukunft kommen nur diejenigen Strafen, indessen ohne Rücksicht' auf deren Höhe, zur Eintragung, welche wegen Verbrechen und Vergehen, wie sie in Art. 3 des Auslieferungsgesetzes angeführt sind, ausgesprochen wurden. Die Änderung ist vielleicht, der Form nach, etwas kurzer Hand verwirklicht worden. Die Erfahrung wird lehren, ob nun die richtige Grundlage gefunden worden ist.

E. Amt für geistiges Eigentum.

Es ist zuzugeben, dass die Verhältnisse die Revision der Patentgesetzgebung in erste Linie rücken mussten. Immerhin ist der Erwartung Ausdruck zu geben, dass die Durchführung der Revision der Gesetzgebung über das Urheberrecht darum nicht allzusehr in Rückstand gerate.

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Militärdepartement, L Allgemeines.

Dem Berichte des Militärdepartementes ist zu entnehmen, dass die kurze Dauer der R e k r u t e n s c h u l e n sich auf allen Gebieten der Ausbildung fühlbar mache. Das Ziel, feldtüchtige Soldaten, Unteroffiziere und dienstgewandte Kompagnieund Bataillonskommandanten heranzubilden, könne nur unvollständig erreicht werden.

Auch die R e g i m e n t s w i e d e r h o l u n g s k u r s e des I. A r m e e k o r p s finden keine günstige Beurteilung.

Bei vielen Truppenkommandanten mache sich Mangel an Gewandtheit in bezug auf Anordnung, Leitung und Besprechung von taktischen Übungen inklusive der Schiessübungen geltend.

Der Erfolg in der Ausbildung der Unterführer und der Mannschaft habe dem Zeitaufwande nicht entsprochen. Bei vielen Einheiten sei es mit dem Betrieb des innern Dienstes und, damit im Zusammenhang, mit der Disziplin mangelhaft bestellt.

Es fehle die gleiche ernste Auffassung des Dienstbetriebes wie in den Rekrutenschulen, die unerlässlich sei, wenn die Truppe im Felde die Probe bestehen solle.

Mit bezug auf die O f f i z i e r b i l d u n g s s c h u l e n wird erwähnt, dass die kurze Dauer zur vollständigen Schulung des angehenden Offiziers bei weitem nicht ausreiche.

Wir machen auf diese Bemerkungen des Berichtes aufmerksam, weil sie einen Einblick gewähren in den Stand der Ausbildung unseres Heeres und uns zeigen, dass wir trotz allen bisherigen Anstrengungen den notwendigen Grad der Feldtüchtigkeit unserer Armee nicht erreicht haben und bei der gegenwärtigen Militärorganisation auch nicht erreichen können. Sie weisen uns hin auf die Dringlichkeit einer neuen Organisation.

Wir konstatieren mit Befriedigung, dass der Bundesrat diesem hochwichtigen Gegenstand im Berichtsjahre wiederum seine volle Aufmerksamkeit zugewendet und die Vorarbeiten Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. III.

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derart gefördert hat, dass im Laufe dieses Frühjahres der Entwurf zur neuen Militärorganisation den eidgenössischen Räten unterbreitet werden konnte. Mit Genugtuung nehmen wir davon Vormerkung, dass die zahlreichen, Differenzen, die zwischen dem Vorentwurf des Militärdepartements und dem Entwurfe der höhern Truppenführer anfänglich bestanden haben, in der gemeinsamen Langnauer Konferenz vom Mai 1905 beseitigt und der auf Grund der Beratungen in Langnau nochmals durchgearbeitete Entwurf von der Landesverteidigungskommission einstimmig angenommen wurde.

Dieses Ergebnis der Vorarbeiten hat im ganzen Lande die Befürchtungen über das Schicksal der neuen Militärorganisation, die man angesichts der Divergenz in den Anschauungen der massgebenden militärischen Kreise gehabt hatte, beseitigt. Wir geben dem Wunsche Ausdruck, dass das Gesetz trotz der vermehrten Opfer, die es von der Gesamtheit und besonders von den Offizieren und Unteroffizieren erheischt, sowohl bei den eidgenössischen Räten als beim Volke eine gute Aufnahme finden werde.

Tl. Unterricht.

Dem Berichte des Militärdepartementes ist zu entnehmen, dass d i e P r ü f u n g d e r p h y s i s c h e n L e i s t u n g s f ä h i g k e i t d e r S t e l l u n g s p f l i c h t i g e n i m Jahre 1905 erstmals auf sämtliche Stellungspflichtige sich erstreckt hat. Das Departement spricht sich über diese Neuerung in günstigem Sinne aus, zumal die Durchführung derselben sich leicht und ohne Störung der übrigen Arbeiten der Rekrutierung vollziehen lasse. Wir gehen mit dem Departement in der Auffassung einig, dass die Prüfung auf die körperliche Leistungsfähigkeit von wesentlichem Einfluss auf die turnerische Tätigkeit der Jungmannschaft vor ihrem Eintritt in den Wehrdienst sein wird. Zudem ist sie geeignet, die zweckmässige Einteilung der Rekruten in die ihnen entsprechenden Waffengattungen zu fördern und bei richtiger Ineinklangsetzung mit der sanitarischen Untersuchung zu rechtzeitiger Zurückweisung untauglicher Elemente zu führen.

In Würdigung der grossen Bedeutung, die dem T u r n w e s e n für unsere Armee zukommt, lässt der Bundesrat demselben auf allen Gebieten reiche Förderung zu teil werden. Er unterstützt die Veranstaltungen des eidgenössischen Turnvereins

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zur Heranbildung von Turnlehrern und Vorturnern und subventioniert in weitgehender Weise die Turnrepetitionskurse für die Lehrerschaft, wo solche von den Kantonen eingerichtet werden. Wir sind mit diesen Bestrebungen des Bundesrates in vollem Umfange einverstanden. Die wünschbare Förderung des Turnunterrichtes, eine Entwicklung desselben auf breiter Basis im schulpflichtigen Alter der heranwachsenden Jugend, kann in der Hauptsache nur durch energische Tätigkeit der Lehrerschaft erzielt werden.

Mit Recht wird im Berichte auch darauf hingewiesen, dass d i e Turnschule auch f r e i e , k ö r p e r l i c h e Ü b u n g e n empfiehlt und die wohltuende Wirkung derselben gegenüber allzu reichlicher Geistesschulung überall da erkannt wird, wo die Lehrerschaft für sie einsteht.

Im Berichtsjahre hat ein Kurs für höhere Offiziere des IV. Armeekorps im Kanton Graubünden stattgefunden. Laut Bericht des Bundesrates sind die als S c h i e d s r i c h t e r für d i e nachfolgenden M a n ö v e r d e s II. A r m e e k o r p s bezeichneten Teilnehmer dieses Kurses unmittelbar nach Schluss desselben zum Schiedsgericht und zur Manöverleitung übergetreten. Tatsächlich waren alle Kursteilnehmer, soweit sie den kombattanten Waffengattungen angehörten, zum Schiedsgericht abkommandiert worden, mit alleiniger Ausnahme der Regimentskommandanten der Infanterie.

Wir können diese Zurücksetzung der Infanterie nicht billigen, erlauben uns vielmehr, den Wunsch zu äussern, es möchten in Zukunft auch die Kommandanten der Infanterieregimenter gleich wie diejenigen der übrigen Waffengattungen als Schiedsrichter Verwendung finden.

Im Jahre 1905 sind die ersten Versuche für d r a h t l o s e T é l é g r a p h i e und mit e l e k t r i s . c h e n S c h e i n w e r f e r n gemacht worden. Dieselben haben noch kein befriedigendes Resultat ergeben. Wir möchten aber den Bundesrat ermuntern, diese Versuche fortzusetzen und zu einem baldigen Abschlüsse zu bringen. Die hohe Bedeutung dieser technischen Hülfsmittel im modernen Kriege ist genügend bekannt, um uns zu überzeugen, dass auch unsere Armee dieselben nicht entbehren kann.

Das f r e i w i l l i g e S a n i t ä t s w e s e n hat auch im Berichtsjahre erfreuliche Fortschritte gemacht. Wir nennen als einen solchen namentlich die vom Roten Kreuz getroffene

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Organisation von freiwilligen S a n i t ä ü s h ü l f s k o l o n n c n , die dazu bestimmt sind, den Transport der Verwundeten ab den Truppenverbandplätzen nach den rückwärts gelegenen Lazaretten und Spitälern zu unterstützen, eventuell selbständig zu besorgen. Die Bestrebungen, unser Sanitätswesen auf dem breiten Boden der Freiwilligkeit immer weiter auszubauen, verdienen volle Anerkennung, und möchten wir den hohen Bundesrafc nur ermuntern, diese Bestrebungen nach jeder Richtung hin zu unterstützen.

Beim W i e d e r h o l n n g s k u r s d e s L a n d w e h r b a t a i l l o n s 132 I. Aufgebot rückten ungefähr 45 % der Pflichtigen nicht ein. Die Untersuchung hat ergeben, dass hiervon kaum der zehnte Teil die Abwesenheit mit Urlaub rechtfertigen konnte. Alle übrigen waren ohne Urlaub abwesend oder führten ihr Wegbleiben auf ganz ungenügend befundene ärztliche Zeugnisse zurück. Die Tendenz, sich der Wehrpflicht absichtlich und in böswilliger Weise zu entziehen, liegt hier offen zu Tage. Besonders bedauerlich ist es, dass es viele Gemeindeärzte zu geben scheint, die dieser Tendenz ohne Skrupel Vorschub leisten. Es ist zu begrüssen, dass das Müitärdcparte-· ment eine genaue Untersuchung angeordnet hat und auf strenger Bestrafung aller Fehlbaren besieht.

IX. Pferdestellung.

Wir gehen mit dem Bundesrate einig, dass die PferdeStellung bei unseru grösseru Friedensmanövern immer noch ein wunder Punkt ist. Seit Jahren hat wohl keine Mobilisierung grösserer Truppenkörper, stattgefunden, an der nicht wegen verspätetem Eintreffen der Zugpferde Friktionen enstanden sind.

In allen Kursberichten wird über diese Verspätung geklagt, und alle Jahre wiederholen sich die alten Fehler. Wir sind uns zwar wohl bewusst, dass es ungemein schwierig hält, die Pferdestellung zu Friedensmanövern so durchzuführen, dass sie überall klappt. Sie nach den allgemeinen Regeln der Mobilisierung vorzunehmen geht nicht wohl an, weil dadurch ganze Landesteile von ihrem Pferdematerial für längere Zeit gänzlich entblösst und infolgedessen enorm geschädigt würden. Beim gegenwärtigen System der Einmietung steht man aber vielfach den Lieferanten machtlos gegenüber.

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Immerhin glauben wir, diese Übelstände sollten sich beseitigen lassen, und bitten wir deshalb den Bundesrat, diesem Dienstzweige seine volle Aufmerksamkeit schenken zu wollen.

XIII. Kriegsmaterial.

Die Artillerie des I. und II. Armeekorps wurde im Berichtsjahre mit dem neuen Feldgeschütz 7,5 cm. ausgerüstet und die Mannschaft in besondern Einführungskursen m den Dienst dieser neuen Geschütze eingeführt. Dieser raschen und schneidigen Durchführung der Neubewaffnung unserer Artillerie können wir unsere Anerkennung nicht versagen.

Bei der Infanterie sind die Versuche mit neuartigen Uniformen fortgesetzt worden. Wir können nicht umhin, der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass diese Versuche bald zu einem befriedigenden Abschlüsse gebracht werden möchten.

Im Berichtsjahre ist das Zeughaus in Langnau durch Brand zerstört worden. Gebäude und Material waren gegen Brandschaden versichert. Bei der Regulierung des Schadens durch die Versicherungsgesellschaft weigerte sich dieselbe, das Material zum vollen deklarierten Versicherungswerte zu entschädigen. Sie berief sich darauf, dass die versicherten Gegenstände infolge Abnutzung durch Gebrauch nicht mehr den vollen Wert besessen hätten, eine Tatsache, die allerdings zutreffend sein mag", die die Gesellschaft aber nicht hinderte, während einer Keihe von Jahren und bis zum Augenblick, wo sie zur Gegenleistung herangezogen werden musste, die Prämie des vollen Wertes einzuheimsen. Das Vorkommnis hat dem Militärdepartement Veranlassung gegeben, die Frage der Selbstversicherung des Kriegsmaterials durch den Bund zu prüfen und dem Bundesrat einen dahinzielenden Antrag zu unterbreiten.

Wir sind mit diesem Vorgehen durchaus einverstanden.

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Finanz- und Zolldepartement, A. Finanzverwaltung.

Gesetzgebung.

Die Geschäftsführung des Finanzdepartementes steht in engem Zusammenhang mit der Staatsrechnung, deren Prüfung der ständigen, mit der Kontrollierung der finanziellen Ergebnisse, des Kassenverkehrs und der Inventare betrauten Kommission obliegt.

Ihre Kommission muss sich daher auf allgemeine Bemerkungen über die vom Bundesrate gemachten Angaben administrativer Natur beschränken.

Infolge der Annahme des Gesetzes über die schweizerische Nationalbank durch die Räte und der demnächstigen Betriebseröffnung dieses Institutes, haben die statistischen Tabellen des Berichtes zum grossen Teil nur mehr einen retrospektiven und dokumentarischen Wert.

Da durch den Bau des neuen Gebäudes, die Herstellung der Postwertzeichen in den eigenen Lokalitäten der Münzverwaltung möglich geworden ist, hat das Departement mit Recht eine neue Verordnung erlassen, welche den Zweck verfolgt, diese Herstellung, die übrigens mit einer Staatsdruckerei nichts gemein hat, wie auf Grund ungenauer und unvollständiger Erkundigungen irrtümlicherweise behauptet worden ist, sowohl hinsichtlich der Ausführung als der Kontrollierung auf die beste Art und Weise zu organisieren.

Postulate.

Wir nehmen davon Akt, dass die Frage der Reiseentschädigungen für den Bereich der Bundesverwaltung (Postulat Nr. 588) nächstens durch eine neue Verordnung geregelt werden soll.

Angesichts des negativen Resultates der Beratung im Ständerate betreffend die Entschädigungen der Bundesbehörden, ist es

747

allerdings nicht angezeigt, die Lösung dieser Frage noch länger zu verschieben.

Der Bundesrat hat mit Recht angenommen, dass das Postulat Nr. 636, betreffend Dienstverhältnis der ganz oder teilweise invaliden Beamten, zugleich mit der Frage der Errichtung einer Alters- und Invalidenkasse seine Erledigung finden werde.

Münzwesen.

Wir werden noch Gelegenheit haben, auf die Resultate der Münzenquete vom 23. Januar 1905, die auf diejenige vom Jahre 1892 gefolgt ist, namentlich mit Bezug auf die Prägung von Scheidemünzen, zurückzukommen.

II. Finanzkontrolle.

Wir haben uns " überzeugen können, dass die Massregeln, welche getroffen worden sind, um eine ständige, finanzielle Kontrolle der verschiedenen Abteilungen der Bundesverwaltung und die Revision ihrer Rechnungen zu ermöglichen, ein befriedigendes Resultat ergeben haben, und an Vollständigkeit nichts zu wünschen übrig lassen, was die Kontrollierung der Verzinsung und Tilgung der Staatsanlehen sowohl als die Revision der Kassenbestände, der Inventare und der Wertschriften betrifft.

Durch die vom Finanzdepartement im Jahre 1905 auf Grund der bei der Revision der Rechnungen gemachten Wahrnehmungen getroffenen Massnahmen, sind die in Frage stehenden Punkte in richtiger Weise geregelt worden.

III. Banknotenkontrolle.

Wie wir schon bemerkt haben, hat der lange Bericht des Banknoteninspektorates infolge der Errichtung der Nationalbank zum grossen Teil nur noch einen dokumentarischen Wert. Doch kann er noch ein gewisses Interesse beanspruchen, weil er Angaben enthält, die für die Entwicklung des neuen Institutes nutzbringend verwendet werden können.

Das Total der bewilligten Emission, Fr. 244,750,000, ist im Jahre 1905 durch die effektive Emission erreicht worden, was seit zehn Jahren nicht der Fall gewesen ist, und als Beweis

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gelten mag, dass die Banknote stets das am meisten gebrauchte und am weitesten verbreitete Zahlungsmittel bildet.

Die Zunahme der effektiven Notenemission entspricht dein ökonomischen Aufschwung unseres Landes und der stetigen Entwicklung unseres Handels.

Das Inspektorat scheint zu bedauern, dass die Emissionsbanken nicht öfter von dem ihnen vertraglich zustehenden Recht, während gewissen Perioden die effektive Zirkulation ihrer Noten zu beschränken, Gebrauch gemacht haben.

Wir stellen dagegen fest, dass, trotzdem der Gesamtbetrag der bewilligten Notenemission in Zirkulation gesetzt worden war, zu verschiedenen Malen Mangel an Noten, und zwar auch der grossen Abschnitte, geherrscht hat.

Der Bedarf an Zahlungsmitteln steigt jeweilen der Zunahmo der Geschäfte entsprechend, und es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass unsere Notenemission ungenügend geworden ist.

Die bevorstehende Betriebseröffnung der Nationalbank wird hoffentlich diesem bedauerlichen Zustande ein Ende machen.

Wie bekannt, hat sich der Bundesrat sofort mit der Vollziehung des am 16. Januar abhin in Kraft getretenen Gesetzes befasst.

Er hat den Kantonen und den Emissionsbanken die ihnen reservierten dreissig Millionen zur Zeichnung angeboten. Dieses Angebot hat ein durchaus befriedigendes Resultat ergeben, das reservierte Kapital ist ganz gezeichnet worden, ohne dass ein Kanton von dem Vorschlage des Finanzdepartements, ihm das nötige Kapital bis zum 31. Dezember nächsthin zum Zinsfusse von 4 °/o vorzuschiessen, hätte Gebrauch machen müssen.

Die öffentliche Zeichnung auf die dem Privatkapital zur Verfügung gestellten zwanzig Millionen wird nächstens eröffnet werden, und es ist nicht daran zu zweifeln, dass sie ebenfalls von Erfolg begleitet sein wird.

Die konstituierende Versammlung der Bank wird unter diesen Umständen voraussichtlich im Monat Juli einberufen werden können.

Die vorbereitenden Massnahmen zur gedeihlichen Betriebseröffnung der Bank sind somit auf durchaus zufriedenstellende Art und Weise getroffen worden, und man kann sicher sein, dass unser neues Kreditinstitut zu Anfang des nächsten Jahres seinen normalen Betrieb eröffnen wird.

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IY. Staatskasse.

MUnzauswechslungsdienst.

Der Bericht stellt, nachdem er sich über den durch diesen Dienst bedingten bedeutenden Verkehr verbreitet hat, einen Mangel an Scheidemünzen fest, der die Staatskasse zu einer Reduktion der Auswechslungsbegehren genötigt hat.

Aus der Münzenquete und der beigegebenen Statistik geht hervor, dass unsere Silberscheidemünzen von 34 auf 65 °/o und die in der Schweiz zirkulierenden französischen 'Münzen von 13 auf 27°/o gestiegen sind ; infolge des Rückzuges der italienischen Silbermünzen unter Fr. 5 ist aber ein Stock verschwunden, der im Jahre 1892 49 °/o der Gesamtzirkulation betrug.

Der Bericht des Finanzdepartementes sucht den Nachweis zu erbringen, dass die Menge der schweizerischen Münzen dem öffentlichen Bedürfnis genügen sollte, und stellt zu diesem Zwecke eine Statistik auf, wonach die Schweiz Fr. 12. 90 per Kopf ihrer Bevölkerung geprägt hat, während Frankreich nur Fr. 11. 60, Belgien und Italien sogar nur Fr. 6. 85 und Fr. 9. 50 aufweisen.

Die sich ergebenden Differenzen finden aber ihre Erklärung darin, dass in der Schweiz Banknoten und Kassenscheine in Abschnitten von weniger als Fr. 50, welche die Münzzirkulation namentlich in Italien und Belgien ergänzen, fehlen.

Wenn auch anerkannt werden muss, dass der Umzug der Münzverwaltung in ihre neuen, noch nicht vollständig eingerichteten Räumlichkeiten, während mehr als drei Monaten die Prägung neuer Münzen verunmöglicht hat, so sprechen wir doch den Wunsch aus, dass der Bund alle gesetzlichen Mittel zur Anwendung bringe, um die Zirkulation von Silberscheidemünzen in der Schweiz zu vergrössern.

V. Wertschriftenverwaltung.

Nationalbahngarantieschuld.

Im Verfolge der von den eidgenössischen Räten am 7./2l. Dezember 1904 beschlossenen Reduktion des Zinsfusses der Nationalbahngarantieschuld von 2]/2 auf l'/2°/o unterbreitete der Bundesrat den Beteiligten einen neuen Amortisationsplan, der auf die Tilgung

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der Schuld bis zum 31. Mai 1935 abstellte. Die im Jahre 1884 für den Kanton Aargau auf Fr. 56,000 und für den Kanton Zürich auf Fr. 28,000 festgesetzten Annuitäten wurden auf Fr. 48,000 und Fr. 24,000 herabgesetzt. Der Regierungsrat des Kantons Zürich erklärte sich mit dem neuen Plane einverstanden, der Regierungsrat des Kantons Aargau dagegen, der die Vorlage von einem Experten hatte prüfen lassen, gab die Erklärung ab, dass er den neuen Vorschlag nicht annehmen könne und dass die Annuitäten auf Fr. 44,080 für den Kanton Aargau und Fr. 22,044 für den Kanton Zürich reduziert werden rnüssten.

Diese Rechnungsdiflerenz rührt davon her, dass die aargauische Regierung einerseits die von den eidgenössischen Räten beschlossene Reduktion des Zinsfusses von 2*/2 auf lYs% zur Grundlage nahm, es aber ablehnte, die gleiche Reduktion auf dem für die jährliche Amortisationsquote in Betracht fallenden Zinsfuss eintreten zu lassen. Indem er sich auf die unanfechtbare Tatsache stützte, dass die Staatspapiere mindestens 31/« % Zins abwerfen, verlangte der genannte Kanton die Anwendung des frühern Zinsfusses auf die von ihm behufs Tilgung der Schuld jährlich bezahlten Summen.

Das Finanzdepartement übermittelte das Schreiben der aargauischen Regierung den Herren Nationalräten Speiser und Heller und Ständerat Munzinger mit der Bitto um ihre motivierte Ansichtsäusserung. Die Antwort wird teilweise im Berichte des Departementes wiedergegeben und schliesst mit dem Antrag, es sei dem Begehren des Kantons Aargau zu entsprechen.

Durch Beschluss vom 18. August 1905 hat sodann der Bundesrat die beiden Amortisationspläne auf der Grundlage einer jährlichen Amortisation von Fr. 44,088, beziehungsweise Fr. 22,044 abgeändert.

Er sucht nun in seinem Berichte über die Geschäftsführung im Jahre 1905 die Genehmigung dieses Beschlusses durch die eidgenössischen Räte nach.

Ihre Kommission ist zu den gleichen Schlüssen gelangt wie die vom Bundesrat konsultierten Ratsmitglieder und beantragt Ihnen daher die Genehmigung des neuen Amortisationsmodus.

Sie hält dafür, dass es sich nicht um eine Revision des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1883 zum Zwecke einer noch günstigem Behandlung der Garantiestädte handle, sondern dass es recht und billig sei, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Zwecks Tilgung der Schuld in die eidgenössische Staatskasse zurückfliessenden Summen jedenfalls mehr als l */t °/o Zins abwerfen werden.

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VII. Bureau für Gold- und Silberwaren.

Der Bundesrat hat, indem er vom 7. Februar 1905 ab das eidgenössische Bureau für Gold- und Silberwaren, das bis dahin eine Abteilung des Handelsdepartementes gebildet hatte, dem Finanz- und Zolldepartement zuteilte, einen Entscheid getroffen, dessen Zweckmässigkeit ausser Zweifel steht.

Die Kommission hat mit Genugtuung von den vergleichenden Übersichten der Arbeiten dieses Bureaus Kenntnis genommen.

Diese Statistik beweist die Nützlichkeit desselben und ermöglicht es, festzustellen, dass die Zahl der im Jahre 1905 kontrollierten Uhrgehäuse gegenüber dem Durchschnitt der 10 letzten Jahre eine Zunahme von 85,300 Stück aufweist.

Sie konstatiert damit den erfreulichen Aufschwung einer der Hauptindustrien unseres Landes.

B. Zollverwaltung.

I. Gesamtergebnisse.

Bei einer budgefcierten G-esamteinnahme von 53 Millionen ist im Jahre 1905 eine Summe von Fr. 63,545,715 eingegangen.

Wenn dem Überschusse noch eine auf den Ausgaben erzielte Ersparnis von zirka Fr. 260,000 hinzugefügt wird, so ergibt sich gegenüber dem Voranschlag ein Mehrertrag von Fr. 10,805,401.40.

Die in Aussicht gestandene Anwendung der neuen Zolltarife hat zweifellos einen grossen Einfluss auf den Betrag der Einnahmen ausgeübt, was durch den ganz ausserordentlichen Zudrang der durch die Eisenbahn beförderten Waren in den letzten Tagen des Jahres zur Genüge dargetan wird.

H. Gesetze, Verordnungen, Verträge.

7. R u h e t a g e und U r l a u b des Zollpersonals.

Das vom Nationalrat am 23. März 1905 angenommene Postulat, wodurch der Bundesvat eingeladen wurde, die Frage der Anwendung der Bestimmungen des Ruhetagsgesetzes der Verkehrsanstalten auf das Zollpersonal und des Erlasses eines diesbezüglichen Regulativs zu prüfen, hat den Bundesrat veranlasst, am 15. Juni 1905 einen Beschluss zu fassen, der am 1. Januar 1906 in Kraft getreten ist.

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Da dieser Beschluss im allgemeinen den berechtigten Forderungen des Zollpersonals gerecht wurde, betrachtete der Ständerat das Postulat des Nationalrates als erledigt.

Wir sind ebenfalls dieser Meinung.

Tl. ZollgeMetsdirektionen und Zollämter.

Wir gehen mit dem Bundesrat darin einig, dass eine befriedigende Anwendung des neuen Zolltarifes, infolge der darin enthaltenen subtilen Unterscheidungen, auf grosse Schwierigkeiten stösst ; wir empfehlen aber der Verwaltung in dieser Materie, im wohlverstandenen Interesse von Handel und Industrie, die grösste Sorgfalt und Schonung walten zu lassen.

Die Streitigkeiten entstehen wegen der allzugrossen Leichtigkeit, mit der das System der Klassifikationen, den Interessen des Fiskus entsprechend, gewechselt wird.

Die Klassifikation stellt bald auf die Beschaffenheit der zollpflichtigen Gegenstände, bald auf den Gebrauch ab, der davon gemacht wird ; zudem gestattet der dem Gesetz beigegebene erklärende Text oft eine belästigende Anwendung desselben.

Handel und Industrie verlangen, dass die Zolldirektion die Entscheide, durch welche frühere Interpretationen des Tarifs abgeändert werden, veröffentliche und zur Kenntnis des Publikums oder doch mindestens der Handelskammern bringe.

Es kommt öfters vor, dass Kaufleute von einem Tag zum ändern und ohne dass eine Anzeige erfolgt wäre, höhere Zölle bezahlen müssen, als sie bisher für den nämlichen Artikel entrichtet haben.

In den Fällen, wo eine frühere, amtliche Interpretation des Tarifes oder die bisherige konstante Praxis dieses oder jenes Bureaus durch einen heuen Beschluss abgeändert wird, sollte derselbe jeweilen erst nach Ablauf einer gewissen Frist und nachdem er den Interessenten in gehöriger Form bekannt gegeben worden ist, zur Anwendung gelangen.

Die Kommission empfiehlt dem Zolldepartement, sich nicht durch bureaukratische und fiskalische Rücksichten davon abhalten zu lassen, die in den letzten Jahren getroffenen lobenswerten Massnahmen, welche den Zweck verfolgen, den Besuchern unseres Landes die Zollabfertigung zu erleichtern, noch weiter auszudehnen. Insbesondere sollte überall, wo es angeht, wie in den Nachbarländern die Revision des Gepäckes in den Zügen vorgenommen werden.

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Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement.

I. Abteilung.

Handel.

I. Handelsverträge und auswärtige Zollverhältnisse.

Nachdem die Handelsverträge mit, Deutschland und Italien, sowie mit Österreich, wieder erneuert wurden und für mehr als 10 Jahre Gültigkeit haben, ist es wünschenswert für unseren Handel, dass wir auch mit F r a n k r e i c h zu einer neuen Regelung unserer Handelsbeziehungen gelangen. Wenn immer möglich, sollte dieser neue Vertrag mit Frankreich ebenfalls bis 1917 Gültigkeit bekommen und sollte unserer Industrie ermöglichen, ihre Produkte nach Frankreich zu verkaufen. Ein Vertrag, der uns nur Prohibitivzölle bietet und unseren sehr bescheidenen Zollansätzen keine Rechnung trägt, ist für uns wertlos. Einem solchen Vertrag müssen wir den vertraglosen Zustand vorziehen. Allerdings muss dann dieser vertraglose Zustand auch schützen gegen den Import derjenigen Waren, die von dem Lande uns offeriert werden, mit dem wir keinen Vertrag abschliessen konnten.

Die Kommission wünscht sehr, dass der Bundesrat unter voller Wahrung unserer Interessen Frankreich entgegenkommt.

Sollten jedoch von Seiten Frankreichs unsere Anerbietungen keine Beachtung finden und sollte Frankreich die schweizerischen Waren derart hoch belasten, dass wir dort keine Käufer mehr finden, so wird der Bundesrat gut tun, gegen Frankreich zurückhaltend zu sein und eventuell sogar die Verhandlungen abzubrechen.

Da S p a n i e n einer unserer grössten Lieferanten von Weinen und anderen landwirtschaftlichen Produkten ist, dürfte es möglich sein, auch mit diesem Lande einen annehmbaren Vertrag zu erhalten.

754 Die Kommission ist der Meinung, der Bundesrat sollte sieb angelegen sein lassen, unseren Produkten in Spanien Eingang zu verschaffen. Unsere Industrie produziert viele Gegenstände, deren Abnehmer Spanien werden kann.

Seit dem Jahre 1895 bis Ende des Berichtsjahres hat sich der Import um 469 Millionen, d. h. um über 50 % vermehrt ; der Export dagegen ist nur um 310 Millionen, d. h. um weniger als 50 % grösser geworden. Auch unsere Unterbilanz ist infolgedessen grösser geworden.

Diese Zahlen mahnen uns zur Aufsicht. Sie zwingen uns, Mittel und Wege zu suchen, durch welche wir unsere Wirtschaft verbessern können. Die Kommission glaubt, dass wir mit dem neuen Generaltarif den richtigen Weg beschritten haben.

Die Erfahrungen, die wir damit machen werden, werden uns lehren, ob wir nach 10 Jahren einen neuen weiteren Schritt auf dieser Bahn gehen dürfen.

II. Internationale Ausstellung.

Mailand 1906.

In Mailand stellen zurzeit an der internationalen Simplonausstellung zirka 600 schweizerische Firmen aus. Es ist sehr zu begrüssen, dass so viele unserer Industriellen die Einladung angenommen haben. Es liegt nicht allein in unserem Interesse, sondern auch in demjenigen unserer Nachbarstaaten, wenn wir danach trachten, mit diesen in regem Geschäftsverkehr zu bleiben.

Hoffen wir deshalb, dass der neue Verkehrsweg beiden Völkern von Nutzen sei, und dass dadurch das freundschaftliche Verhältnis gefördert werde.

III. Kommerzielles Bildungswesen.

an an an an an an

Der Bund bezahlt für diesen Bildungszweig Handelsfachschulen Fr.

höhere Handelsschulen ,, kaufmännische Fortbildungsschulen . . . . ,, Lehrlingsprüfungen ,, Fortbildungskurse für Handelslehrer . . . ,, Stipendien ,, Total Fr.

29,644 287,563.

178,608 5,310 1,500 12,575515,200

755 Auch im Berichtsjahr sind die Summen um ein Namhaftes grösser als im vorangegangenen Jahre, und dürfen wir hoffen, dass unser Handelsstand mit dem Fortschritte anderer Staaten Schritt halte.

IY. Handelsamtsblatt.

Im Berichtsjahr ist die Abonnentenzahl um 151, auf 4261 gestiegen. Die Einnahmen sind um zirka Fr. 6700 und die Ausgahen um zirka Fr. 6800 grösser als im Vorjahre. Der Ahonnementspreis ist immer noch gleich hoch wie Anno 1885 (Fr. 6 per Jahr).

Alle ändern Buchdruckerzeugnisse sind inzwischen im Preise erhöht worden. Würde man hier ein Gleiches tun, so würde der Gewinn, der heuer zirka Fr. 16,700 beträgt, angemessen erhöht.

Es wurden zirka 2000 Gratisexemplare ausgegeben, eine Zahl, die nicht wohl wird vermindert werden können.

Der Jahresgewinn auf dem Handelsamtsblatt oder ein Teil desselben sollte Verwendung finden für Honorierung nützlicher Berichte über Handelsverhältnisse fremder Staaten und über neue Absatzgebiete für unsere Ekportindustrien.

V. Handelsreisende.

Patenttaxen werden verlangt von allen Handelsreisenden, die direkt an die Konsumenten verkaufen (§ 2 des Gesetzes vom 24. Juni 1892). Diese Bestimmung gilt auch dann, wenn der Geschäftsreisende die Waren mit sich führt und sie dem Kunden beim Kaufe übergibt. Alle anderen Geschäftsreisenden bezahlen keine Patenttaxen ; sie erhalten einen unentgeltlichen Reiseausweis.

Ausländer sind gleich zu halten wie Inländer, wenn der ausländische Staat mit der Schweiz ein diesbezügliches Abkommen getroffen hat. Solche Geschäftsreisende bezahlen, wenn sie Inländer sind, Fr. 150 pro Jahr, sind sie Ausländer, so ist die Gebühr Fr. 300 pro Jahr. Reisende, die Waren mit sich führen, bezahlen als Inländer Fr. 300 und als Ausländer Fr. 500. Alle Geschäftsreisende haben eine Legitimation bei sich zu tragen. Infolge der vorstehend angeführten

756

Bestimmungen mussten an 27,170 Personen Gratiskarten und an 2983 Personen Taxkarten abgegeben werden. Davon entfallen auf schweizerische Reisende 20,372 Gratiskarteu und 2767 Taxkarten. Der Rest entfiel auf Ausländer.

Von den 7078 ausländischen Reisenden kommen 4838 auf Deutschland allein.

Die Gesamteinnahmen für die Taxkarten betrugen im Berichtsjahre Fr. 428,205.

Wegen Übertretungen des Gesetzes sind dem Departement 216 Urteile und Bussenerkenntnisse mitgeteilt worden.

Die Geldbussen betrugen Fr. 4415.

II. Abteilung.

Industrie.

I. Allgemeines.

Über die Vollziehung des Bundesbeschlusses betreffend die Mitwirkung des Bundes bei Institutionen für Arbeitsnachweis und für Schutz gegen Arbeitslosigkeit vom 6. Juni 1905, sind zwei Herren ersucht worden, Berichte über Art. 2 und 3 einzureichen. Die Berichte sind eingegangen, sind aber noch nicht weiter behandelt worden. Infolgedessen ist hierüber heute nichts weiter mitzuteilen.

Es ist Ihnen bekannt, dass vor Erlass eines Gesetzes über das Gewerbewesen dem Bunde die Kompetenz hierzu erteilt werden muss. Eine Botschaft des Bundesrates liegt vor und wird von den Räten behandelt werden. Da wir zurzeit noch kein Gewerbegesetz haben, so musste die schweizerische Sektion des internationalen Verbandes der Köche mit ihrem Gesuch um Einreihung der Köche in das Handwcrksverzeichnis und um gesetzliche Vorschriften für Lehrlings- und Arbeiterprüfungen abgewiesen werden.

Die Bestrebung nach internationaler Regelung des Arbeiterschutzes schreitet, wenn auch langsam, doch immer vorwärts

757

II. Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.

In der Angelegenheit des Arbeiterinnenheims der Spinnerei Murg A.-G. (St. Gallen) hat der Bundesrat sich inkompetent erklärt. Infolgedessen hat er der Anregung des Arbeitersekretariates keine weitere Folge gegeben.

Ebenso ist das Gesuch der Gemer Laternenanzünder um Unterstellung unter das Fabrikgesetz abgewiesen worden, weil ein Laternenanzünder mit der Fabrikation von Gas nichts zu tun habe und täglich nur kurze Zeit und nie in geschlossenen Räu-, men arbeite, daher kein Fabrikarbeiter sei.

III. Nacht-, Sonntags- und Hülfsavbeit.

Unter dieser Überschrift werden eine Anzahl weniger wichtiger Reklamationen und deren Erledigung durch das Departement aufgeführt, die mit Ausnahme der letzten keine Veranlassung zu Bemerkungen geben können. Dieser letzte Fall betrifft die Lehrlingsarbeiten der Handwerker. Hier wird die Frage aufgeworfen, ob eine Lehrlingsarbeit nach Schluss der gesetzlichen Arbeitszeit gemacht werden dürfe oder nicht.

Das Departement legt dieser Sache eine so grosse Wichtigkeit bei, dass es sioh veranlasst sieht, zu sagen, es werde beim neuen Entwurf des Fabrikgesetzes auf diesen Fall Bedacht nehmen.

Die Kommission findet, dass eine Arbeit, die im Mittel nur zirka 4--10 Arbeitstage erfordert und überhaupt im Leben nur einmal vorkommt, in einem Gesetz nicht reguliert zu werden braucht. Es ist Tatsache, dass viele Arbeitgeber die Lehrlingsarbeiten in der normalen Arbeitszeit zu machen bewilligen und der Ausnahmen wegen lohnt es sich nicht, gesetzgeberisch vorzugehen.

Wenn man alle Kleinigkeiten im Leben eines Volkes durch Gesetze regulieren wollte, dann würde die Gesetzgebung zur Chikane. Wir glauben, dass es wichtigere Dinge gibt, die gesetzlich geordnet zu werden verdienten.

IV. Verschiedenes.

Die Regierung von Baselstadt richtete an die Bundesbehörde die Anfrage, ob kantonale Bestimmungen über die Arbeit von Lehrlingen zulässig seien. Der Bundesrat antBundesblatt. 58. Jahrg. Bd. III.

50

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wertete hierauf mit Nein für die Lehrlinge, die dem Fabrikgesetz unterstellt sind. Er weist darauf hin, dass Art. 34 der Bundesverfassung einheitliche Bestimmungen verlange. Die Kantone dürfen also das Gesetz weder erweitern noch einschränken ; es ist ihnen untersagt, über die Arbeit der dem Fabrikgesetz unterstellten Arbeiter zu legiferieren. Die bereits bestehenden kantonalen Gesetze über die Sache haben daher beschränktes Geltungsgebiet.

Über die Arbeiten für die Revision des Fabrikgesetzes ist nichts zu bemerken, da die bundesrätlichen Arbeiten einen normalen Verlauf nehmen.

Y. Haftpflicht und deren Ausdehnung.

Wir sind mit dem Entscheide des Bundesrates einverstanden, wonach die mechanische Wäscherei eines Hotels nicht unter das Fabrikgesetz gestellt werden solle.

Auch den Entscheid im Falle Heinrich Sterk, angestellt bei der Firma Gebr. Renold in Frauenfeld, halten wir für richtig. Das Abladen von Heu gehört nur dann unter die Haftpflicht, wenn der Geschäftsinhaber infolge der Natur seines Geschäftsbetriebes unter das Haftpflichtgesetz gestellt ist. Das war bei der Firma Renold nicht der Fall. Die Firma Renold war ein Handelshaus und hatte keinen Fabrikbetrieb, deshalb arbeiteten die Arbeiter auch nicht in geschlossenen Räumen.

Auch das erweiterte Haftpflichtgesetz reiht die Firma Renold nicht unter die haftpflichtigen.

Ebenso sind wir einverstanden mit den Entscheiden im Falle Spinnler-Kiefer und B. Zemp gegen P. Mayer. Die Entscheide in Sachen des P. Marchino und der Unternehmung Panfique frères in Lyon halten wir ebenfalls für richtig.

Tl. Kranken- und Unfallversicherung.

Die Arbeiten des Bundesrates über diese Sache nehmen einen befriedigenden Verlauf. Wir glauben deshalb, die Hoffnung aussprechen zu dürfen, der Bundesrat werde in angemessener Frist in der Lage sein, der Bundesversammlung die geeigneten Vorlagen zu unterbreiten.

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VII. Gewerbliche und industrielle Berufsbildung.

Dem Berichte des Industriedepartementes sind mehrere Tabellen über die Bundesbeiträge an berufliche Schulen beigegeben. Aus diesen ist ersichtlich, dass die Bundesbeiträge jährlich grösser und zahlreicher werden.

Während im Jahre 1884 die Kantone zusammen an gewerbliche Schulen nur Fr. 304,700 bezahlten, zahlten sie im Jahre 1904 Fr. 2,253,500. In der gleichen Zeit wuchsen die jährlichen Bundesbeiträge von Fr. 42,600 auf Fr. 1,083,500.

Im ganzen wurde in diesen 21 Jahren die ansehnliche Summe von Fr. 44,826,370 bezahlt. Hierzu kommen noch die eingenommenen Schulgelder und der Erlös für erstellte Arbeiten etc.

Im Jahre 1884 gab es 43 subventionierte Bildungsanstalten, im Jahre 1904 gab es deren 318. Die Stipendien betrugen im ganzen die Summe von Fr. 31,232.

III. Abteilung.

Landwirtschaft.

Landwirtschaftliches TJnterrichtswesen.

Unter Beobachtung des Prinzipes der gleich hohen Leistung der Kantone wurden an 14 Schüler der landwirtschaftlichen Abteilung des Polytechnikums Stipendien im Betrage von Fr. 4225 ausgerichtet. Mit Einschluss der 3 Reisestipendien 7 Stipendien mehr als im Vorjahre. Das landwirtschaftliche Bildungswesen, besonders das mittlere, hat entschiedene Fortschritte zu verzeichnen.

Die t h e o r e t i s c h - p r a k t i s c h e n A c k e r b a u s e h u l e n und die l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n W i n t e r s c h u l e n weisen eine steigende Frequenz auf; dieser entsprechend, sind auch die Ausgaben dafür grösser geworden.

Die Befürchtung, dass mit der Einführung der landwirtschaftlichen Winterschulen, die sich rasch eingelebt haben, die theoretisch-praktischen Ackerbauschulen beeinträchtigt werden könnten, hat sich nicht erfüllt. Bei den Schüleraufnahmen kann dem Andränge nicht überall entsprochen werden.

Die Jahresschulen zählten im Berichtsjahre 157 Schüler, im Vorjahre 143. Die Winterschulen nunmehr 12, neu Genf und Langenthal, 636 Schüler im Vorjahre 475.

760

Die Differenzen in den Ausgaben für Lehrkräfte und Lehrmittel in den verschiedenen Lehranstalten geben die Veranlassung, diese Unterschiede festzustellen.

Auf den ein/einen Zögling berechnet, wird zu genanntem Zwecke an der einen Jahresschule Fr. 994 verausgabt, an einer ändern Fr. 488. 06. Bei den landwirtschaftlichen Winterschulen ist die Maximalausgabe per Schüler Fr. 860, die Minimalausgabe Fr. 46.95. In der Hauptsache rühren diese Differenzen her von der Ungleichheit der Zahl der Schüler an den verschiedeneu Lehranstalten ; allein auch bei annähernd gleicher Schülerzahl ergeben sich auffallende Unterschiede.

Die M o l k e r e i s c h u l e n R u t t i , Bern, P é r o l l e s , Freiburg und M o u d on zählten 65 Schüler im Berichtsjahre. Der Bundesbeitrag beträgt Fr. 25,340. 59. Durch die Tätigkeit der Molkereischulen ist entschieden die Sicherheit im Käsereibetriebe gefördert worden. Ausschussware geringster Qualität wird weniger fabriziert als früher.

Die bestehenden 6 W e i n b a u s c h u l e n und W e i n b a u v e r s u c h s a n s t a l t e n entfalten eine rege Tätigkeit.

Die gemachten Ausgaben bewegen sich auf vorjähriger Höhe.

In Lausanne und Auvernier werden die einheimischen Reben nunmehr durch amerikanische Unterlagen ersetzt. Die Versuche der letztern Anstalt haben sehr befriedigende Ergebnisse geliefert.

Die Qualität des Ertrages der neuen Reben zeigte sich derjenigen des Produktes der alten Reben überlegen. Die Anstalt liefert fortwährend den zahlreichen Rebschulbesitzern echte amerikanische Unterlagen.

Nach dem heutigen Stand der Gesetzgebung ist für die Ausgaben dieser Versuche die gesetzliche Grundlage vorhanden, nicht aber für diejenigen der eigentlichen R e k o n s t r u k t i o n der R e b b e r g e . Wie uns mitgeteilt wurde, sind die Vorarbeiten für eine hierauf bezügliche Gesetzesvorlage im Gange.

Für den G a r t e n b a u speziell besteht eine k a n t o n a l e S c h u l e in G e n f , die in 3 Klassen 47 Schüler zählt. Es wurde ein Bundesbeitrag von Fr. 12,930 ausgerichtet.

Für landwirtschaftliche W a n d e r v o r t r ä g e und S p e z i a i k u r s e wurden an Bundesbeiträgen Fr. 40,688.02 verausgabt und damit der budgetierte Kredit überschritten, aber diese Mehr-

761 ausgäbe ist für diese, teils von den Kantonen, teils von den landwirtschaftlichen Hauptvereinen veranstalteten Kurse und Vorträge wohl angebracht. Durch diese wird die notwendigste Fachbildung in die weiten Schichten der Bevölkerung getragen.

la. Landwirtschaftliches Versuchswesen.

Das l a n d w i r t s c h a f t l i c h e V e r s u c h s w e s e n wird besorgt durch die V e r s u c h s - und U n t e r s u c h u n g s a n s t a l t e n des Bundes, an deren Kosten die Kantone nichts beitragen.

Neben den S a m e n k o n t r o l l s t a t i o n e n Zürich und Lausanne und den a g r i k u l t u r c h e m i s c h e n A n s t a l t e n Zürich, Bern und Lausanne besitzen wir zur Erforschung spezieller Branchen der Landwirtschaft die m i l c h w i r t s c h a f t l i c h e V e r s u c h s a n s t a l t und das b a k t e r i o l o g i s c h e L a b o r a t o r i u m in Bern, ferner die V e r s u c h s a n s t a l t für Wein-, Obst- und G a r t e n b a u i n W ä d e n s w e i l und 6 W e i n b a u Versuchsanstalten.

Die Tätigkeit der Samenkontrollstationen der agrikulturchemischen Anstalten steigert sich von Jahr zu Jahr, worin die zunehmende Fachbildung der Landwirte und die Entwicklung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens zu erkennen ist.

Im Kranze dieser segensreich wirkenden Anstalten fehlt noch ein e i d g e n ö s s i s c h e s b a k t e r i o l o g i s c h e s I n s t i t u t zur E r f o r s c h u n g von T i e r k r a n k h e i t e n , welche alljährlich die Landwirtschaft schwer schädigen. Es gibt Krankheiten der landwirtschaftlichen Nutztiere, die man noch nicht kennt, und andere, die nicht erfolgreich bekämpft werden können, weil sie nicht genügend erforscht sind, wie z. B. die Druse und die Brustseuche bei den Pferden, die Kopfkrankheit und die Diphtherie beim Rindvieh und speziell beim Weidevieh die Ruhr.

Wir erachten die Prüfung der Frage, ob es nicht angezeigt sei, zur Erforschung von Tierkrankheiten behufs erfolgreicher Bekämpfung ein eidgenössisches bakteriologisches Institut zu errichten, von so grosser Bedeutung, dass wir ein bezügliches Postulat einbringen, dessen Annahme wir Ihnen empfehlen.

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II. Förderung der Tierzucht.

A. Hebung der Pferdezucht.

1. Anerkennung und Abgabe von Zuchthengsten.

Durch die Verminderung der Hengste des Zugschlages im Depot sind diejenigen Pferdezüchter, welche solche Hengste benützen wollen, darauf angewiesen, sie zu beschaffen und um deren Aufnahme in das eidgenössische Hengstenregister besorgt zu sein.

Die Vorführung von Zuchthengsten behufs Musterung durch die eidgenössische Hengsteuanerkennungskommission findet nun alljährlich statt. Im Dezember des Berichtsjahres wurden von 23 präsentierten, meistens im Inland gezüchteten, dem Juraschlage angehörenden Zuchthengsten 2 anerkannt und eingeschätzt. Demnach scheint die eidgenössische Anerkennung von Zuchthengsten nicht so leicht erhältlich zu sein, obschon sie das Pferdezuchtbudget des Bundes erheblich entlastet. Die Stuten des Juraschlages werden allseitig und auch von den Funktionären des Bundes als die beste Grundlage für unsere Pferdezucht anerkannt, weshalb die Ausmerzung des männlichen Zuchtmaterials dieses Schlages nicht als eine unanfechtbare Massnahme erscheinen müsste.

In betreff dieser Verfügungen gehen die Wünsche der Züchter dahin, mehr gehört zu werden.

2. Eidgenössisches Hengsten- und Fohlendepot.

Nachdem die Zucht des Reitpferdes einerseits und die Zucht des Zugpferdes anderseits als Zuchtziele angenommen worden waren, schritt das Landwirtschaftsdepartement, einem Antrage der eidgenössischen Pferdezuchtkommission Folge gebend, zur Abgabe, nach den gesetzlichen Bestimmungen, einer Anzahl der im Depot stationierten Hengste des Zugschlages an Pferdezuchtgenossenschaften und an Privat-Hengsthalter. Dabei waren zwei Momente leitend. Einmal, um die Hengste des Zugschlages ausser der Beschälperiode ihrer Bestimmung entsprechend mehr, als dies im Hengstendepot der Fall sein konnte, zur Arbeitsleistung verwenden lassen zu können, und zum ändern, um mit der Herausnahme dieser Hengste aus dem Depot die grossen Betriebsdefizite dieser Anstalt zu reduzieren.

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Die Reduktion des Hengstenbestandes in Avenches blieb nicht ohne Einfluss auf das Betriebsergebnis. Das Defizit im Berichtsjahre, Fr. 224,195. 05, steht mit Fr. 120,366. 87 unter demjenigen des Vorjahres. Eine weitere Reduzierung des Betriebsdefizites dürfte realisierbar sein durch Nichtankauf von Hengstfohlen geringerer Qualität. Der Bestand des Hengstfohlenhofes war bei Beginn des Jahres 79 Fohlen, am Ende des Berichtsjahres 96 Fohlen.

Das Hengstendepot enthielt zu Anfang des Jahres 103 Hengste, am Ende desselben 78 Hengste. Zuwachs während des Jahres 7 Hengste. Abgang 10 Hengste durch Verkauf an Pferdezuchtgenossenschaften und Private, 18 Hengste durch Kastration, 4 Hengste durch Abschlachtung und Tod.

Unter den 12 kastrierten Hengsten des Zugschlages befanden sich Freibergerhengste, die im Jahr 1902 im Jura gekauft und sodann auf den Deckstationen gut benützt worden waren.

3. Prämiierung von Stutfohlen und Zuchtstuten.

Um auf dem Kredit für diese Prämiierung Ersparnisse zu machen, deren Ergebnis zu Prämien für die Zuchtbestände der Pferdezuchtgenossensohaften bestimmt sein sollte, gelangte an den eidgenössischen Fohlenschauen im Frühjahr 1905 ein strengerer Massstab als früher zur Anwendung in der Beurteilung, was im Ergebnis dieser Schauen zum Ausdruck gelangt. Die Zahl der prämiierten Fohlen beträgt 577, d. h. 242 Stück weniger als im Vorjahre (nicht 222 wie im Bericht angegeben), und der Betrag der zugesicherten Prämien ist um Fr. 36,440 niedriger.

Von der verbleibenden Restanz wurden für 182 Zuchtstuten und 66 Fohlen der Zuchtbestände der Pferdezuchtgenossenschaften Prämien im Betrage von Fr. 23,611 zugesichert. Damit soll die schon längst postulierte Zuchtstutenprämiierung durchgeführt werden, wobei auch solche Stuten konkurrieren, die nicht von eidgenössisch anerkannten Hengsten abstammen.

B. Bindviehzucht.

1. Auszahlung der Beiprämien für Zuchtstiere.

Von den im Jahr 1904 zuerkannten eidgenössischen Beiprämien für Zuchtstiere sind 3610 mit Fr. 274,415 gleich 95,i %

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zur Auszahlung gelangt. Im Berichtsjahre wurden 3754 Prämien im Betrage von Fr. 297,534. 80 zugesichert.

Von den zugesicherten Beiprämien für Kühe und Rinder Fr. 112,582. 65 wurden Fr. 76,454. 60 ausbezahlt. Von diesen fliesst ein noch grösserer Teil des Betrages als von den Zuchtstierprämien an den Bund zurück. Der grösste Prozentsatz wird jeweils ausbezahlt von den Prämien für die Zuchtbestände und Zuchtfamilien. Im Berichtsjahre 99,s %.

D, Förderung der Schlachtviehproduktion.

Der Beitrag von Fr. 10,000 für S c h l a c h t v i e h m ä r k t e wurde nach Mitgabe des Lebendgewichtes der aufgeführten und prämiierten Tiere auf vier Märkte verteilt.

III.

Bodenverbesserungen.

Von den seinerzeit zugesicherten Bundesbeiträgen konnten im Laufe des Berichtsjahres Fr. 478,930. 07 ausgerichtet werden.

An dieser Summe partizipieren 21 Kantone. Neu zugesichert wurden für 308 Projekte Fr. 870,031. 99, die sich ebenfalls auf 21 Kantone verteilen.

In der Behandlung der Alpwegprojekte hat sich die Praxis herausgebildet diese in der Genehmigung und der Zusicherung von Bundesbeiträgen gegenüber den Güterwegprojekten aus tiefern Lagen in den Vorrang zu stellen.

Auf das Gesetz vom 22. Dezember 1893 kann sich diese Praxis nicht stützen ; Art. 9 bestimmt: y/Der Bundesrat unterstützt Unternehmungen, welche eine Verbesserung des Bodens oder die Erleichterung seiner Benutzung zum Zwecke haben."· Diesem Wortlaut nach sollten Projekte für Alpwege und solche für Guterwege in gleicher Weise berücksichtigt werden.

IV. Viehseuchenpolizei.

Im Berichtsjahre fand eine Invasion der Maul- und Klauenseuche statt hauptsächlich in den Kantonen Tessin und Wallis.

Laut den kantonalen Berichten sind acht Einschleppungen dieser Seuche aus Italien zur Anzeige gelangt, ebenso 100 Fälle

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der Schweineseuche. Dank der wirksamen Handhabung der Viehseuchenpolizei konnte der weitern Verbreitung vorgebeugt werden.

Durch die Eevision einzelner Bestimmungen der Viehseuchenpolizeigesetzgebung könnten noch eingreifendere Massnahmen ermöglicht werden. Es fehlt auch noch die neue Regelung der Entschädigungsfrage zwischen Bund und Kantonen. Der Bund ordnet an, welche Massnahmen die Kantone zur Bekämpfung der verschiedenen Seuchen zu treffen haben für deren Kosten dieseaufkommen müssen. Er nimmt nur Beiträge an die Kantone in Aussicht für Viehverluste durch Seuchen, die in der Schweiz nicht vorkommen. Die Kantone dagegen leisten Beiträge an Viehverluste in ändern Seuchenfällen.

Eine Neuordnung der Seuchenentschädigungsfrage zwischen Bund und Kantonen und damit auch zwischen Kantonen und Viehbesitzern läge im Interesse der Viehversicherung.

Mit dem Einnahmenüberschuss von Fr. 127,371, den die Viehseuchenpolizei an der Grenze erzielt, ist der eidgenössischeV i e h s e u c h e n f o n d s auf Fr. 2,015,948. 22 angewachsen und hat damit eine Höhe erreicht, die gestatten dürfte, denselben für Beiträge an Viehbesitzer bei Seuchenschaden in Anspruch zu nehmen.

Eine Gefahr zur Verbreitung von Viehseuchen, besonders der Maul- und Klauenseuche, birgt der Transport auf Eisenbahnen von frischen und gesalzenen, u n v e r p a c k t e n Häuten und Fellen, was ausserdem auch das ästhetische Empfinden beleidigt.

Auf den Rampen der Bahnhöfe sieht man oft rohe Häuteliegen, die vielfach von italienischen Ochsen herrühren, zwischen denen ausgeladenes Vieh passieren muss.

Ferner fehlen auf den meisten kleinern Bahnhöfen die Einrichtungen, um den Vorschriften entsprechend die Reinigung von Viehwagen durchzuführen, besonders wenn es solche betrifft, in welchen sich seuchenverdächtiges Vieh befand ; in solchen Fällen, sollte verfügt werden, die Reinigung der Wagen auf Stationen, wo die Einrichtungen dazu vorhanden sind, vorzunehmen.

Die erstere Aussetzung betreffend möchten wir die Prüfung der Frage anregen, ob es nicht angezeigt sei, eine angemessene Verpackung der rohen Häute und Felle für deren Transport auf Eisenbahnen vorzuschreiben.

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V. Massiialinieii gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

A. Phylloxéra, In den von der Reblaus bedrohten Weinbaugegenden beschäftigt man sich mit der Frage, ob die Bekämpfung der Reblaus aufgegeben und dagegen die Rekonstruktion der Rebberge durchgeführt werden soll. Bei der Entscheidung in letzterem Sinne inüsste, wie schon vorerwähnt, für die Leistung des Bundesbeitrages die gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

B, Hagelversicherung, Die Hagelversicherung wird immer mehr gewürdigt. Die Zahl der Polizzen beträgt im Berichtsjahre 52,223 und ist gegenüber dem Vorjahre um rund 2400 gestiegen ; demgemäss hat sich auch die Versicherungssumme erhöht, und zwar von Fr. 47,375,942 pro 1904 auf Fr. 50,407,425.

Der Bundesbeitrag belief sich auf die Summe von Fr, 166,358.

G. Viehversicherung.

Im Berichtsjahre hatten 12 Kantone die Viehversicherung, sei es im ganzen Kantonsgebiet oder in einzelnen Teilen desselben eingeführt.

Der Beitrag des Bundes beträgt Fr. 63,075. 06 mehr als im Vorjahre und beziffert sich auf Fr. 463,182. 30.

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Post- und Eisenbakdepartement.

L Eisenbahnwesen.

C. Technische Kontrolle.

1. Bahnanlagen nnd feste Einrichtungen.

Als ein wichtiges Moment im Eisenbahnwesen unseres Landes darf hier auch von dem am 24. Februar erfolgten Durchschlag des Simplontunnels und der Fertigstellung auf Ende des Jahres 1905 Erwähnung getan werden mit dem aufrichtigen Wunsche, dass sich die an diese grosse Verkehrslinie gestellten Erwartungen im Transitverkehre wie in der Entwicklung unseres eigenen Handels verwirklichen mögen.

In dieses Berichtsjahr fällt auch der Vertrag mit der Firma Brown, Boveri & Cie. über den elektrischen Bahnbetrieb zwischen Brig und Iselle. Wenn auch allgemein bekannt war, dass das Departement das Studium des elektrischen Betriebes energisch verfolgte, so kam die Mitteilung über diesen Vertrag doch ebenso überraschend als erfreulich.

Bahnhöfe und Stationen.

Eine ganze Reihe von grossen und kleinern Bahnhöfen harrt wegen der gewaltigen Vermehrung des Verkehrs auf Erweiterung.

Wenn wir auch wohl wissen, dass man aus finanziellen Gründen nicht allzu viel verlangen darf, so müssen wir doch wünschen, dass mit der Ausführung beschlossener und bereits im Umbau begriffener Bahnhöfe ein etwas rascheres Tempo angeschlagen werde.

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Ausbau auf zweite Spur.

Derselbe steht im natürlichen Zusammenhang mit der Verkehrszunahme, und da diese eine ganz grossartige ist, kann nicht verwundern, dass auf den grossen Durchgangslinien und in dichten Industriegebieten der Ausbau der zweiten Spur immer dringender wird.

Wir sind uns der grossen Kosten wohl bewusst, dagegen wird die Bewältigung des Verkehrs diese Anlagen eben verlangen und vorläufig aus ökonomischen Gründen dem vorsorglichen Landerwerb rufen.

b, Bahnunterhalt, Die Kontrolle über den Bahnunterhalt ist eine gute und anhaltende, was auf den Zustand der Bahnanlagen sehr günstig einwirkt.

2. Rollmaterial.

Der vermehrte Personenverkehr verlangt immer noch grössere Anschaffungen an Personenwagen, und nehmen wir gerne davon Notiz, dass auch pro 1907 und 1908 weitere grosse Anschaffungen der Bundesbahnen in Aussicht genommen sind. Wünschenswert wäre es, dass man einige ganz alte Typen von Personenwagen 2. und 3. Klasse, die man auf einzelnen Linien noch verwendet, als wirklich veraltet, ganz ausschalten würde.

3. Bahnbetrieb.

a. Fahrplanwesen, Der Bericht bemerkt, dass sich die Zahl der Begehren zu den Fahrplanentwürfen immer vermehre, dass man aber bei Prüfung dieser Begehren sofort zur Erkenntnis komme, dass viele davon nicht einem Bedürfnis entspringen, sondern mehr als Wünsche, die ja nichts kosten, aufzufassen seien.

Die Kommission kann sich dieser abfälligen Auffassung nicht anschliessen. Einzelne Begehren von Kantonsregierungen scheinen ihr doch nicht ganz unbegründet zu sein, und spricht

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sie deshalb die Erwartung aus, dass das Eisenbahndepartement diese berechtigten Begehren in wohlwollendem Sinne prüfen werde.

b. Kontrolle der Dienstvorschriften.

Die periodischen Prüfungen des Betriebspersonals gemessen bei demselben oft nicht das nötige Verständnis und werden ebenso oft nicht in der richtigen Weise vorgenommen. Die Betriebssicherheit einerseits und anderseits der Umstand, dass unsere Bahnen einen ausserordentlich entwickelten Fremdenverkehr aufweisen, lassen es als nötig erscheinen, dass ein wohlausgebildetes Betriebspersonal vorhanden ist, wozu richtig vorgenommene periodische Prüfungen gewiss nur günstig einwirken.

Gegen Ende des Berichtsjahres wurden verschiedene grosse Grenzstationen, besonders Genf, wegen Inkrafttreten des neuen Zolltarifs ausserordentlich mit Gütern überfüllt. Es ist anerkennend zu bemerken, dass sich die Beförderung ohne wesentliche Verzögerung vollzog.

D. Administrative Kontrolle.

b. Transportwesen.

Nach langen Verhandlungen wurde zwischen den beteiligten deutschen und schweizerischen Bahnverwaltungen in bezug auf die Gültigkeitsdauer der Retourbillets eine Einigung in dem Sinne erzielt, dass für den Verkehr mit den von der schweizerischen Grenze weiter abliegenden Stationen Retourbillets von 45 Tagen Gültigkeit abgegeben werden, während für Elsass-Lothringen, Baden, Württemberg und Bayern die bisherigen Retourbillets bestehen bleiben. Damit wurde einem entschiedenen Übelstande im Fremdenverkehre mit der Schweiz abgeholfen.

2. Rechnungswesen, d. Vollziehung des HUIfskassengesetzes.

Der Bericht teilt mit, dass bei den Bundesbahnen die einheitliche Pensionskasse noch nicht habe geschaffen werden können, weil die Vorarbeiten immer noch fortgesetzt werden.

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Es wäre wünschenswert, wenn die von vielen Organen ersehnte einheitliche Pensionskasse bald in Wirksamkeit treten könnte.

II. Postverwaltung.

I. Allgemeines.

Die eidgenössische Postverwaltung hat ein sehr günstiges finanzielles Ergebnis zu verzeichnen.

Der Reinertrag beträgt Fr. 4,496,117. 96. Gegenüber der Rechnung pro 1904 ergibt dies einen Mehrertrag von 1,118,513. 87 Franken und gegenüber dem Voranschlag einen solchen von Fr. 1,687,117. 69.

Dieses Resultat ist wohl der Erwähnung wert, denn es ist seit der Übernahme der Post durch den Bund noch nie erreicht worden.

Alle Rubriken sind an der Zunahme beteiligt ; die Wertzeichen allein weisen gegenüber dem Vorjahre einen Mehrertrag von Fr. 1,573,000 auf.

Angesichts dieser erfreulichen Zunahme des Ertrages des Postregals ersucht die Kommission den Bundesrat, den Räten den Gesetzesentwurf über die Organisation der Postverwaltung mit möglichster Beförderung vorzulegen.

Sie spricht diesen Wunsch aus, in der Meinung, dass das neue Gesetz eine Ermässigung der Posttaxen bringen werde.

Die Kommission stellt jetzt schon ein auf die Reduktion der Zeitungstransporttaxen hinzielendes Postulat auf (s. am Schluss dieses Berichtes).

Die Frage der Herabsetzung der Zeitungstransporttaxen hat schon im Jahre 1897 zur Aufstellung eines Postulates Anlass gegeben.

In ihrer letzten Dezembersession haben die eidgenössischen Räte beschlossen, das Geschäft bis zur Beratung des Posttaxengesetzes zu verschieben.

Dessen ungeachtet stellt die Kommission den Antrag, es sei die Prüfung dieser speziellen Frage wieder aufzunehmen, ohne die Vorlage über die Reorganisation der Postverwaltung; abzuwarten.

7T1 Das Gesetz über die Posttaxen vom 23. März 1876 setzte die Transporttaxe für die Zeitungen im Abonnement auf % Rappen fest.

Wenn das Gesetz vom 26. Juni 1884 diese Taxe auf l Rappen erhöht hat, so geschah dies aus fiskalischen Gründen und mit Rücksicht auf die finanzielle Lage des Bundes.

Die Kommission hat die befriedigende finanzielle Lage nicht nur des Bundes im allgemeinen, sondern auch der Postverwaltung konstatieren können und hält deshalb dafür, es sei nun an der Zeit, die ursprüngliche Taxe wieder herzustellen,, um so mehr, als die Erhöhung nur in der Meinung bewilligt worden ist, dass es sich um eine vorübergehende Massregel handle.

Die Tagespresse fristet ein kümmerliches Dasein und doch gehört sie zu den Elementen, welche den Behörden gestatten, erzieherisch auf das Volk einzuwirken. Eine Unterstützung derselben erscheint deshalb wohl angebracht.

X. Kursdienst.

Die Fahrplanentwürfe der Eisenbahnen und Dampfschifffahrtunternehmungen werden den Kantonen jeweilen zur Begutachtung unterbreitet und erst nach einer Konferenz, zu der Vertreter der Kantone und der beteiligten Gesellschaften zugezogen werden, definitiv festgestellt.

Die Kommission ladet den Bundesrat ein, die Frage zu prüfen, ob es sich nicht empfehlen würde, mit bezug auf die Postkurse, welche die Verwaltung zurzeit von sich aus und ohne vorherige Konsultation definitiv festsetzt, in gleicher Weisezu verfahren.

Die Fahrpläne wären den Kantonen vorzulegen und allfällige Vorschläge derselben an der Fahrplankonferenz zu prüfen-

III. Telegraphenverwaltung.

1. Allgemeine Bemerkungen.

Die Telegraphen- und Telephonverwaltung weist ebenfalls' ein über Erwarten günstiges Resultat auf.

Während die Rechnung von 1904 ein Defizit von Fr.

638,146. 27 zu verzeichnen hatte, schliesst diejenige von 1905mit einem Überschusse von Fr. 415,999. 91 ab.

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Das Rechnungsergebnis pro 1905 stellt sich somit um Fr. 1,099,146. 18 günstiger als dasjenige des Vorjahres. Gegenüber dem Voranschlage ergibt sich ein Überschuss von Fr.

1,376,698. 91.

Dieses Ergebnis ist auf die Zunahme des internen und internationalen Telegraphenverkehrs, sowie die Entwicklung des Telephonverkehrs zurückzuführen.

Angesichts der günstigen Lage stellt die Kommission das nachstehende Postulat auf (s. am Schluss dieses Berichtes), das den Zweck verfolgt, die kleinen Gemeinden zu entlasten und die Installation von Telegraphenbureavux wie auch die Ausdehnung des Telephonnetzes zu erleichtern.

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Geschäftsführung des Bundesgerichts.

A. Allgemeiner Teil.

1. Der Ständerat hat im Dezember 1904 folgendes Postulat zum Beschluss erhoben : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob es nicht zweekmässig wäre, das Justiz- und Polizeidepartement zu beauftragen, die Vorsehläge zum Budget und die Rechnung des Buudesgerichts direkt entgegenzunehmen, um sie nachher dem Finanzdepartemente zu übermitteln."

Das Bundesgericht, vom Justiz- und Polizeidepartement zur Vernehmlassung hierüber eingeladen, hat das genannte Departement um ergänzende Erklärungen bezüglich verschiedener Punkte ersucht und, nachdem ihm diese Auskunft erteilt worden war, beschlossen, dem Postulate zuzustimmen. Demgemäss werden Budget .und Jahresrechnung des Bundesgerichts in Zukunft direkt .dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zugestellt.

2. Das Bundesgericht erklärt in seinem Berichte, dass es über eine Eingabe des schweizerischen Anwaltsverbandes betreffend bundesgesetzliche Regulierung des Fähigkeitsausweises für Anwälte sich in einem zu Händen des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements erstatteten Gutachten ausgesprochen habe.

Wir haben von diesen Akten Einsicht genommen und erachten es als unsere Pflicht, dem Rate das Wesentliche davon zur Kenntnis zu bringen : Die Bundesverfassung vom 19. April 1874 bestimmt in Art. 5 der Übergangsbestimmungen, dass Personen, welche den wissenschaftlichen Berufsarten angehören und welche bis zum Erlasse der in Art. 33 vorgesehenen Bundesgesetzgebung von einem Kantone oder von einer mehrere Kantone repräsentierenden Konkordatsbehörde den Ausweis der Befähigung erlangt Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. III.

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haben, belugt sind, ihren Beruf in der ganzen Eidgenossenschaft auszuüben. Gestützt auf diese Verfassungsbestimmung hat der Vorstand des schweizerischen Anwaltsverbandes dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement folgende Vorschläge unterbreitet : a. Die eidgenössischen Befähigungsausweise sollen dem Erwerber das Recht verleihen, den Anwaltsberuf in der ganzen Schweiz auszuüben, ohne dass er dafür andere Bedingungen zu erfüllen hat, als diejenigen, welche das betreffende Bundesgesetz selbst vorschreibt.

b. Der Befähigungsausweis soll vom schweizerischen Buudesgerichte erteilt werden und soll demselben überhaupt die oberste Aufsicht über die schweizerischen Anwälte zugeteilt werden.

c. Mit bezug auf die Requisite, von deren Erfüllung die Erteilung des Befähigungsausweises abhängig zu machen ist, gehen die Vorschläge dahin : 1. Der Kandidat muss sich über das schweizerische Aktivbürgerrecht und über einen guten Leumund ausweisen.

2. In wissenschaftlicher Beziehung ist folgendes zu verlangen : a. der Kandidat muss das Maturitätsexamen eines humanistischen Gymnasiums mit Erfolg bestanden haben oder einen gleichwertigen Ausweis besitzen ; o. er muss während mindestens zwei Jahren bei einem praktizierenden schweizerischen Anwalte anhaltend praktisch gearbeitet haben ; c. er muss das theoretische Examen mit Erfolg bestanden haben und d. er muss ebenfalls mit Erfolg das praktische Schlussexamen bestanden haben.

Als Voraussetzung zum Zulass ans theoretische Examen wäre der Nachweis zu erbringen, dass der Kandidat während mindestens drei Jahren an einer juristischen Fakultät .studiert hat und während dieser Zeit regelrecht immatrikuliert war.

Das praktische Schlussetxamen soll umfassen : Die Abfassung eines Gutachtens über eine Rechtsfrage und diejenige verschiedener Rechtsschriften, sowie ein mündliches Examen über die Anwendung des positiven, in der Schweiz geltenden Rechts.

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Das Bundesgerichfr ist zu folgendem Gutachten gelangt : Art. 33 der Bundesverfassung, der einem Bundesgesetze über die Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten für das Gebiet der Eidgenossenschaft rufe, finde allerdings auch Anwendung auf die Advokatur. Allein der Grundgedanke eines Bundesgesetzes über einen eidgenössischen Befähigungsausweis für die Ausübung der Advokatur müsse, der Tendenz der Verfassung entsprechend, der sein, die Freizügigkeit möglichst zu gewährleisten. Allein der Entwurf des Anwaltsverbandes halte sich nicht in diesem Rahmen und müsse deshalb als verfassungswidrig abgelehnt werden. Wenn aber ein bezügliches Bundesgesetz sich streng in den Schranken des Art. 33 der Bundesverfassung halten würde, so wäre davon auszugehen, dass ein eidgenössischer Befähigungsausweis vornehmlich vom Bestehen einer Prüfung über allgemeine Rechtslehre und eidgenössisches Recht werde abhängig gemacht werden müssen. Ein solches Esamen würde sich aber zurzeit noch auf einem relativ kleinen, beschränkten Gebiete bewegen. Da nun die Vereinheitlichung des1 Zivil- und des Strafrechts vor der Thüre stehe, scheine es wohl richtiger, mit einem Bundesgesetz über einen eidgenössischen Befähigungsausweis für Anwälte zuzuwarten bis nach Erlass der grossen eidgenössischen Kodifikationen, des eidgenössischen Zivil- und des eidgenössischen Strafgesetzbuches.

Die Kommission schliesst sich den Ausführungen des Bundesgerichtes voll und ganz an und verneint die Frage der Opportunität zum Erlass eines solchen Bundesgesetzes für den gegenwärtigen Zeitpunkt.

3. Das Bundesgericht macht auf die grosse Anzahl der Expropriationen (630) aufmerksam, von denen 158 Fälle sehr geringfügiger Natur waren, da es sich um Entschädigungen wegen Legung elektrischer Schwach- und Starkstromleitungen handelte.

Es knüpft daran die Bemerkung : ,,Es ist nicht zu verkennen, dass der Streitwert in den meisten dieser Fälle in einem gewissen Missverhältnis zu dem zur Erledigung derselben in Bewegung gesetzten Apparate steht ; indessen ist diese Art der Erledigung in Art. 54 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1902 ausdrücklich vorgeschrieben."

Die Kommission fühlt sich verpflichtet, neuerdings die Revision des eidgenössischen Expropriationsgesetzes anzuregen, welche schon im Jahre 1900 vom Nationalrate beschlossen wurde.

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IV. Oberaufsicht über das Schuldltetreibungs- und Koukurswesen.

Die Sclmldbetreibungs- und Konkurskammer hat im Lauto, des Berichtsjahres in einer grössern Zahl von Kantonen bei den Aufsichtsbehörden über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen und bei den Konkursämtern Inspektionen vorgenommen.

Es ist im Nationalrate seinerzeit bei Anlass der Behandlung der Nachtragskredite pro 1905 die Ausgabe für solche Inspektionen kritisiert worden, da eine solche Kontrolle im Gesetze gar nicht begründet sei.

Das Bundesgericht spricht sich nun in einem einlässlichen Berichte an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement über diese Frage folgendermassen aus : ,,Die gesetzliche Kompetenz zur Vornahme der Inspektionen wird auf Art. 15 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes gestützt. Durch das Übertragungsgesetz vom 28. Juni 1895 ist das Bundesgericht als Oberaufsichtsbehördc im gesamten Zwangsvollstreckungswesen gemäss Art. 15 des Schuldbetreibungsund Konkursgesetzes an Stelle des Bundesrates eingesetzt worden und hat für gleichmässige Anwendung des Gesetzes zu sorgen. Dieses allgemeine Oberaufsichtsreeht schliesst die Kompetenz in sich zu jeder Massnahme, welche die richtige Durchführung des Gesetzes auf dem Verwaltungswege zum Zwecke, hat. Voraussetzung jeder richtigen Verwaltungsmassnahme ist aber die genaue Kenntnis der Vorgänge in dem zu ordnenden Verwaltungszweige. Weder durch die Geschäftsberichte der Aufsichtsbehörden noch durch die einzelnen Rekursfällc erlangt das Bundesgericht die erforderliche Detailkenntnis des Ganges der Verwaltung in den einzelnen Kantonen. Diese genaue Dotailkenntnis kann man sich nur verschaffen durch eine Einsichtnahme bei den einzelnen Amtsstellen, welche mit der Durchführung des Gesetzes betraut sind.

,,Die kantonale Organisation der Betrcibungsbehörden und ihre hierarchische Gliederung bleibt unberührt und die Bundesaufsichtsbehörde beansprucht namentlich keine direkte Befehlsgewalt gegenüber den untern kantonalen Amtsstellen. Dagegen haben die obern kantonalen Aufsichtsbehörden den Bemerkungen und allfälligen Weisungen, zu denen die Oberaufsichtsbehörde, gestützt auf das Ergebnis ihrer Inspektionen, sich veranlasst sieht, durch der Sachlage entsprechende Massnahmen Rücksicht zu tragen.

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,,Auch der Bundesrat, als frühere eidgenössische Aufsichtsiiistanz, hat an der gesetzlichen Zulässigkeit der in Frage stehenden Inspektionen nicht gezweifelt, denn in einer Reihe von Geschäftsberichten (pro 1892, S. 349, pro 1893, S. 622, pro 1894, S. 458) wird die Nichtvornahme solcher mit Zeitmangel gerechtfertigt. Wenn das Bundesgericht bisher ebenfalls keine Inspektionen vorgenommen hatte, so lag der Grund darin, dass die Mitglieder dieser Kammer durch ihre richterliche Tätigkeit in derselben und daneben in den ändern Abteilungen des Gerichtshofes zu sehr in Unspruch genommen waren."

Die Geschäftsprüfungskommission schliesst sich mit bezug auf die Kompetenz zur Vornahme solcher Inspektionen den Ausführungen des Bundesgerichtes an. Sie hat sich erlaubt, von den einzelnen Inspektionsberichten Einsicht zu nehmen und kann nur konstatieren, dass diese Inspektionen sich geradezu als sehr zweckmässig und notwendig erweisen. Nur durch diese Inspektionen erlangt das Bundesgericht von vorhandenen Missständen und irrtümlicher Auffassung und Anwendung gesetzlicher Vorschriften zuverlässige Kenntnis und stärkt auch bei den kantonalen Betreibungs- und Aufsichtsbehörden das Bestreben nach richtiger Erfüllung der Amtspflicht und das Verantwortlichkeitsgefühl. Wir verweisen in dieser Beziehung auf den Bericht des Bundesgerichtes selbst. Zur mehreren Beruhigung können wir jedoch mitteilen, dass bei der grossen Mehrzahl der Kantone, in denen bis jetzt die Inspektionen bei den Aufsichtsbehörden und Konkursämtern stattgefunden haben, zum Teil ganz wenige, untergeordnete Aussetzungen zu machen waren, zum Teil ' haben dieselben gar keine Veranlassung zu Bemerkungen gegeben.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Nationalrates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichtes im Jahre 1905. (Vom 26. Mai 1906.)

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