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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bestätigung eines Vollmachtenbeschlusses über den Schutz von Stauanlagen (Vom 5. September 1952)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

In unserer Botschaft vom 13. Mai 1952 über die Bestätigung einzelner "Vollmachtenbeschlüsse haben wir der Hoffnung Ausdruck gegeben, das abgeänderte Wasserbaupolizeigesetz könne in Kraft treten, wenn der Vollmachtenbeschluss, den es ersetzen soll -- Bundesratsbeschluss vom 7. September 1943 über den Schutz schweizerischer Stauanlagen -^ gemäss dem Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1950 über die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates dahinfallen werde. Als wir am 29. August letzthin den eidgenössischen Bäten eine zweite Botschaft über die Bestätigung weiterer Vollmachtenbeschlüsse zugehen liessen, waren wir uns zwar schon bewusst, dass das abgeänderte Wasserbaupolizeigesetz auf den 1. Januar 1953 noch nicht in Kraft treten könne. Trotzdem verzichteten wir darauf, Ihnen die Bestätigung des Beschlusses vom 7. September 1943 vorzuschlagen, da ein Unterbruch von ungefähr drei Monaten in der Begelung des Gegenstandes unseres Erachtens keine bedeutenderen Schwierigkeiten mit sich bringen sollte. Nachdem nun aber die ständerätliche Kommission am 30. August beschlossen hat, über die Gesetzesnovelle erst in der Dezembersession Bericht zu erstatten, scheint uns ein Bestätigungsbeschluss doch noch nötig. Es wäre allzu gewagt, sich während mehr als drei Monaten der rechtlichen Handhaben zu berauben, die der Bundesratsbeschluss vom 7. September 1943 bietet. Beim Bestehen einer Lücke zwischen dem Dahinfallen des Vollmachtenbeschlusses und dem Inkrafttreten des Gesetzes könnte vor allem die Behandlung der hängigen Projekte von Stauanlagen eine unerwünschte Verzögerung erfahren. Es wäre zudem möglich, dass wegen Fehlens der erforderlichen Eechtsgrundlagen die notwendigen Sicherheitsmassnahmen nicht angeordnet werden könnten.

65 Wir sind aus diesen Überlegungen heraus zur Ansicht gekommen, die Vorschriften von 1943 sollten vorübergehend doch in Kraft bleiben. Der Bestätigungsbeschluss hat den gleichen Wortlaut wie die bisherigen, mit dem Unterschied allerdings, dass er den Vollmachtenbeschluss teilweise abändert. Artikel l des Vollmachtenbeschlusses sieht vor, dass die vorn Eidgenössischen Militärdepartement 'näher zu bezeichnenden Stauanlagen und Akkumulierbecken unverzüglich mit Seilsperren, Fangnetzen und Tarnanstrichen zu versehen sind, dass die Kraftwerke das notwendige Verbindungsnetz für die rasche Alarmierung der zum Werkschutz eingesetzten Flab bereitzustellen haben und dass das zur Werkbewachung erforderliche Personal -- soweit es dem Betrieb entnommen werden kann -- bereitzustellen und die nötige Unterkunft für weitere Flab- und Bewachungsmannschaften zur Verfügung zu stellen ist.

Diese Vorschrift ist zu eng gefasst. Den zuständigen. Behörden muss es überlassen werden, bei ihrer Anwendung gewisse Erleichterungen zu gewähren.

Deshalb beantragen wir Ihnen, in den Bestätigungsbeschluss eine -- übrigens mit der vom Bundesrate heute geübten Praxis übereinstimmende -- Vorschrift aufzunehmen, wonach der Bundesrat ermächtigt wird, Erleichterungen in der Anwendung des Bundesratsbeschlusses über den Schutz schweizerischer Stauanlagen zuzubilligen, wobei jedoch alle Vorbereitungen zu treffen sind, damit die Massnahmen über die Abwehr von Zerstörungen und den Schutz der Unterlieger jederzeit rasch betriebsbereit gemacht werden können.

Nachdem die Beratung des zum Ersatz des Vollmachtenbeschlusses bestimmten Gesetzes schon so weit fortgeschritten ist, verzichten wir auf die Festlegung eines letzten Termins, an dem der Vollmachtenbeschluss ausser Kraft treten muss, auch wenn das Gesetz keine Eechtskraft erlangen sollte.

Wenn Sie aber den 31. Dezember 1953 als solchen Termin im Bestätigungsbeschluss festlegen wollen, haben wir nichts dagegen einzuwenden.

Wir haben die Ehre, Ihnen die Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes zu 'empfehlen und benützen die Gelegenheit, ;Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, erneut unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 5. September 1952.

;.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Kobell Der Bundeskanzler: Ch. Oser

66 (Entwurf)

Bimdesbaschluss betreffend

die Bestätigung des Bundesratsbeschlusses über den Schutz schweizerischer Stauanlagen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 24 der Bundesverfassung, in Anwendung von Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 18. Dezember 1950 über die Aufhebung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 5. September 1952, beschliesst: Art. l Der Bundesratsbeschluss vom 7. September 1943 über den Schutz schweizerischer Stauanlagen bleibt anwendbar bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Ergänzung des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei.

Der Bundesrat wird ermächtigt, Erleichterungen in der Anwendung des in Absatz l erwähnten Beschlusses zuzubilligen. Er hat aber alle Vorbereitungen zu treffen, damit die Massnahmen über die Abwehr von Zerstörungen und den Schutz der Unterlieger jederzeit rasch betriebsbereit gemacht werden können.

Art. 2

Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

67 Beilage

Bundesratsbeschluss über

den Schutz schweizerischer Stauanlagen (Vom 7. September 1943)

Der Schweizerische

Bundesrat,

.gestützt auf Artikel 3 des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität (AS 55/769), ; : beschliesst:

. : . i ' Art. l Die vom Eidgenössischen Militärdepartement näher zu bezeichnenden Stauanlagen und Akkumulierbecken sind durch deren Eigentümer entsprechend den Weisungen des Armeekommandosx) unverzüglich mit Seilsperren, Fangnetzen und 'Tarnanstrichen zu versehen.

Die Kraftwerke haben das notwendige Verbindungsnetz für die rasche Alarmierung der zum Werkschutz eingesetzten Flab bereitzustellen.

Sie haben ferner das zur Werkbewachung erforderliche Personal -- soweit es ihren Betrieben entnommen werden kann -- bereitzustellen und die nötige Unterkunft zur Unterbringung zusätzlicher vom Armeekommando*) abkommandierter Flab- und Bewachungsmannschaften zur Verfügung zu stellen.

Art. 2 Die Einteilung der Stauanlagen in die Gefahrenklassen I, II und III und die Wäs'serspiegelhöhen, welche den Bereitschaftsgraden l und 2 entsprechen,: werden in einer Tabelle festgelegt, welche vom Eidgenössischen Militärdepartement im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement aufzustellen ist.

Vor Ausbruch von Feindseligkeiten ist nur der Bundesrat zuständig, eine vorsorgliche Absenkung der Stauseen zu beschliessen. Im Falle drohender Kriegsgefahr kann er vorerst für die Werke der Gefahrenklasse I die Absenkung in den Bereitschaftsgrad 2 verfügen.

· l

) Zurzeit das Eidgenössische Militärdepartement.

68

Sobald Feindseligkeiten ausgebrochen sind, ist das Armeekommandox) ermächtigt, die in die Gefahrenklassen I und II eingereihten Stauseen bis in den Bereitschaftsgrad l absenken zu lassen und nötigenfalls auch für die in Gefahrenklasse III eingereihten Stauseen von Fall zu Fall entsprechende Massnahmen zu treffen.

Die Absenkungsbefehle werden den einzelnen Kraftwerken in jedem Fall, also auch wenn der Bundesrat die vorsorgliche Absenkung beschliesst, durch das Armeekommando x) erteilt.

Art. 3 Kraftwerke, welche gemäss Artikel 2 die Absenkung ihrer Stauseen vorzunehmen haben, sind, gehalten, mit den unten liegenden Wasserkraftwerken sowie den kantonalen und eidgenössischen Aufsichtsorganen die Regelung des Wasserabflusses für den Fall der vorsorglichen Absenkung unverzüglich vorzubereiten und den dazu notwendigen Meldedienst zu organisieren.

Ein Beauftragter des Eidgenössischen Militärdepartementes überwacht diese Massnahmen und kann verbindliche Weisungen erteilen.

Art. 4 Die Kraftwerke sind verpflichtet, alle vom Armeekommando x) und vom Beauftragten des Eidgenössischen Militärdepartementes angeordneten Massnahmen unverzüglich durchzuführen und namentlich den Absenkungsbefehlen sofort nachzukommen.

Bei Säumnis können die erforderlichen Massnahmen auf Kosten des betreffenden Werkes ausgeführt werden.

Art. 5 Die Kraftwerke haben keinerlei Anspruch auf Vergütung ihrer Aufwendungen für die ihnen durch diesen Beschluss überbundenen Massnahmen; ebenso wird keine Entschädigung für den aus der Absenkung entstandenen Einnahmenausfall oder andern Schaden geleistet.1 Dritte, die infolge einer gemäss Weisungen des Armeekommandos *) durchgeführten Absenkung geschädigt werden, haben ebenfalls keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Art. 6 1

Das Armeekommando ) trifft alle erforderlichen Massnahmen zur Organisation des Wasseralarms für die bei Zerstörung von Stauanlagen gefährdeten Gebiete und ordnet nötigenfalls die Evakuation an.

*) Zurzeit das Eidgenössische Militärdepartement.

..

.

·

69 Die zivilen Behörden des Bundes, der Kantone und Gemeinden sind ver^ pflichtet, die hierfür vom Armeekommando1) angeordneten vorsorglichen Massnahmen unverzüglich zu treffen sowie bei Auslösung des Wasseralarms die befohlenen Anordnungen durchzuführen.

Die Kraftwerke haben die zur Auslösung des Wasseralarms notwendigen Telephon- und Signaleinrichtungen in unmittelbarer Umgebung der Stauanlagen bereitzustellen bzw. einzurichten.

Art. 7 Personen, die diesem Beschluss und den gestützt; darauf getroffenen AusführungsmassnahiTien zuwiderhandeln oder deren Vollzug erschweren, verzögern oder verhindern, unterstehen der Militärgerichtsbarkeit.

Die Widerhandlungen werden mit Gefängnis oder Busse, in schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. In leichteren Fällen kann eine disziplinarische Strafe ausgesprochen werden.

Bei. der Festsetzung der Bussen ist der Eichter an keinen Höchstbetrag : gebunden.

; Strafbar ist auch die fahrlässige Begehung.

Die allgemeinen Bestimmungen des Militärstrafgesetze.s vorn 13. Juni 1927 sind anwendbar.

Wird die Zuwiderhandlung im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für ;sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person oder der Gesellschaft für die Bussen und Kosten.

· .< '

Art. 8

,

Dieser Beschluss tritt ani 7. September 1943 in Kraft.

Bern, den 7. September 1943.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der 873 a

Bundespräsident: Celio

Der Bundeskanzler: G. Bovet

) Zurzeit das Eidgenössische Militärdepartement.

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1952

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11.09.1952

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