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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeits Vertrages für die schweizerische Goldleistenund Rahmen-Fabrikation (Vom 12. März 1952)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 8, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom 15. Dezember 1947/2. Juli/l. Dezember 1951 für die schweizerische Goldleisten- und Bahmenfabrikation werden die nachstehend wiedergegebenen Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

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Art. 2 Die Allgemeinverbindlichkeit gilt für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

2 Sie gilt für alle Betriebe, die Kehlleisten, fertige Goldleisten, Bilder- und Photorahmen herstellen und mindestens drei Arbeiter beschäftigen.

3 Sie erfasst alle gelernten, angelernten und ungelernten Arbeiter.

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Art. 3 Die gemäss Ziffer 18, Absatz 2, des Gesamtarbeitsvertrages eingehenden Beträge von 25 Prozent der Nachzahlungen sind zur Deckung der Kosten der Allgemeinverbindhcherklärung sowie für die Kontrolle über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu verwenden.

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Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat das Hecht, jederzeit in die Kasse der paritätischen Berufskommission der schweizerischen Goldleisten- und Eahmen-Fabrikation Einsicht zu nehmen und zu kontrollieren, ob die Nachzahlungen den Arbeitern richtig überwiesen werden und ob die 25 Prozent der Nachzahlungen ausschliesslich für die vorgeschriebenen Zwecke Verwendung finden,

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Art. 4

Dieser Beschluss tritt mit seiner amtlichen Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1953.

Bern, den 12. März 1952.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Kobelt 646

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

580 Beilage

Gesamtarbeits vertrag vom 15. Dezember 1947/2. Juli/l. Dezember 1951 ür die schweizerische Goldleisten und Rahmen-Fabrikation abgeschlossen zwischen dem Verband der schweizerischen Goldleisten- und Rahmenfabrikanten, dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband und dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen Arbeitszeit

Aufräumungsarbeiten

Arbeitslohn

Ziffer l Die normale Arbeitszeit beträgt 48 Stunden in der Woche. Die Einteilung bleibt den einzelnen Betrieben überlassen, in der Regel soll jedoch eine Mittagspause von wenigstens einer Stunde eingehalten werden.

Ziffer 2 Das Aufräumen des Arbeitsplatzes und das Versorgen des Werkzeuges haben innerhalb der Arbeitszeit zu erfolgen, sofern diese Verrichtungen dem betreffenden einzelnen Arbeiter obliegen.

2 Die übrigen allgemeinen Aufräumungsarbeiten können von Handlangern und Hilfsarbeitern ausserhalb der Arbeitszeit verrichtet werden und sind nicht zuschlagspflichtig.

Ziffer 3 1 Die Mindestlöhne sind unter Einschluss der bisher gewährten Lohnaufbesserungen und Teuerungszulagen wie folgt testgesetzt: 0, 33 Franken pro Stunde n i für Berufs- und Facharbeiter .

2 08 » b. für angelernte Arbeiter . . .

» » 1 86 » o für Handlanger und Hilfsarbeiter » » d. für Anfänger 1 36 » » » 1 66 » für angelernte Arbeiterinnen » » für Handlangerinnen und Hilfsarbeiterin» nen, welche das 20. Altersjahr erreicht haben 1.50 » » Handlangerinnen und Hilfsarbeiterinnen g. für 1 46 » unter 20 Jahren » » h. für Arbeiter und Arbeiterinnen unter 18 Jahren nach einer Anlernzeit von 2 Monaten 1.25 » » » 2 Die Minimallöhne für Handlangerinnen und Hilfsarbeiterinnen haben Gültigkeit nach Ablauf einer Anlernzeit von 3 Monaten.

3 Als Berufs- und Facharbeiter gelten diejenigen Arbeiter, welche qualifizierte Arbeit in der Leisten- oder Rahmenfabrikation verrichten und selbständig arbeiten können.

4 Als angelernte Arbeiter gelten diejenigen Arbeiter, die Berufs- oder Facharbeit verrichten, nicht mehr Anfänger sind, die Qualifikation des Berufs1

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f.

581 oder Facharbeiters jedoch noch nicht erreicht haben. Als Anfänger gelten diejenigen Arbeiter, die in die Berufsarbeiten eingeführt werden, das Alter von 20 Jahren noch nicht erreicht haben und noch nicht 2 Jahre im Betriebe tätig sind.

6 Als angelernte Arbeiterinnen gelten diejenigen Arbeiterinnen, welche Berufs- oder Facharbeit verrichten.

6 Schwächliche und minderleistungsfähige Arbeitnehmer fallen bezüglich der Mindestlohnansetzung ausser Betracht; sie haben dagegen Anspruch auf die volle, im Betriebe ausgerichtete Teuerungszulage ihrer Kategorie.

7 Für Arbeitnehmer, die im Akkord beschäftigt werden, wird|der Stundenlohn garantiert; massgebend ist der Durchschnittslohn zweier aufeinanderfolgender Zahltagsperioden.

Ziffer 5 1 Überzeit-, Nacht-, Samstagnachmittags-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist Lohnzuschläge nur in nachweisbar dringenden Fällen zulässig.

^ 2 Als Nachtarbeit gilt die Arbeit, die zwischen 20 Uhr und 6 Uhr, als Samstagnachmittagsarbeit diejenige, die am Samstag von 12 Uhr an, als Sonn- und Feiertagsarbeit diejenige, die an den betreffenden Sonn- und Feiertagen zwischen 00.Uhr und 24 Uhr verrichtet wird'. Die übrige Arbeit, die ausserhalb der normalen Arbeitszeit ausgeführt wird, gilt als Überzeit.

3 Wird Arbeit im Sinne von Absatz l verrichtet, so sind folgende Lohnzuschläge zu entrichten: a. für Überstunden und Arbeit an Samstagnachmittagen . . 25 Prozent &. für Nachtarbeit 50 » c. für Sonntagsarbeit und Arbeit an gesetzlichen Feiertagen 100 » Ziffer 6 Die Auszahlung des Lohnes findet alle 14 Tage, an einem Werktag Lohnzahlung mit Ausnahme des Samstags, innerhalb der normalen Arbeitszeit statt.

2 Als Standgeld dürfen nicht mehr als drei Taglöhne zurückbehalten werden.

Ziffer 7 1 Ferien Die Arbeitnehmer haben je nach Dienstalter Anspruch auf bezahlte Ferien. Die Dauer der bezahlten Ferien beträgt nach Ablauf des 1. Dienstjahres.

6 Arbeitstage des 5. Dienstjahres 9 » des 10. Dienstjahres.

12 » des 16. Dienstjahres, jedoch erst nach Zurüoklegung des 40. Altersjahres 15 » 2 Ein Ferientag wird zu 8 Stunden bezahlt.

3 Als Stichtag für die Berechnung der Dienstjahre gilt der 30. Juni. Jeder Arbeiter und jede Arbeiterin, die mindestens 3 Monate im Betrieb beschäftigt sind, haben schon im 1. Dienstjahr Anspruch auf bezahlte Ferien, und zwar einen halben Tag pro Monat der
Beschäftigungsdauer.

4 Bei Auflösung des Dienstverhältnisses hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Ferien pro rata vom I.Juli an.

5 Bei Betriebseinschränkung oder bei Arbeitsausfall durch Selbstverschulden von mehr als 2 Monaten besteht nur ein Anspruch pro rata auf Ferien.

6 Eine Barentachädigung an Stelle von Ferien ist nicht gestattet.

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582 Schwarzarbeit

Bezahlte Feiertage

Krankenversicherung

Ziffer 8 Es ist dem Arbeitnehmer untersagt, während seiner Frei- oder Ferienzeit Berufsarbeiten für Dritte auszuführen.

Ziffer 9 Die Arbeitgeber sind gegenüber ihren Arbeitnehmern zur Entschädigung von jährlich 6 Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, verpflichtet. .

2 Die Feiertage, für welche eine Entschädigung bezahlt werden soll, sind im voraus durch Verständigung zwischen Arbeitgeber und Belegschaft festzusetzen.

3 Als Feiertagsentschädigung kommen im allgemeinen folgende Pausohalansätze zur Auszahlung: a. an verheiratete Arbeiter 18 Franken b. an ledige Arbeiter und alle Arbeiterinnen, die daS'20. Altersjahr erreicht haben 12 » c. an ledige Arbeiter und Arbeiterinnen unter 20 Jahren . .

8 » 4 Im Maximum wird der effektive Lohnausfall vergütet, den der Arbeitnehmer bei Annahme normaler Arbeitszeit am betreffenden Tage erleidet.

Die Feiertagsentschädigung ist den Arbeitnehmern jeweils mit dem laufenden Zahltag auszurichten.

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Ziffer 10 Die Arbeitgeber sind verpflichtet, sämtlichen Arbeitnehmern einen Beitrag an die Krankenkassenprämie zu verabfolgen. Dieser bemisst sich auf Fr. l. 60 wöchentlich.

2 Vorbehalten bleiben Sonderabkommen einzelner Betriebe mit ihrer Arbeiterschaft.

3 Jeder Arbeiter hat sich angemessen gegen den Verdienstausfall infolge Krankheit zu versichern, wobei die wöchentliche Prämie mindestens Fr. 2.40 zu betragen hat.

4 Durch die vorerwähnte Beitragsleistung werden die Arbeitgeber von den Verpflichtungen aus Artikel 335 OR befreit.

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Zifferll Absenz* Den Arbeitnehmern sind in den hiernach aufgeführten Fällen folgende entschädigung Entschädigungen zu entrichten: a. % Tagesentschädigung bei militärischen Inspektionen; 6. l Tagesentschädigung bei Todesfall des Ehegatten, der Eltern oder eigener Kinder; c. l Tagesentschädigung bei Geburt eigener Kinder.

2 Die Entschädigung richtet sich nach dem Lohnausfall.

Ziffer 12 1

Kündigung

Die ersten 2 Wochen nach der Anstellung gelten als Probezeit, innert welcher das Dienstverhältnis täglich auf das Ende des Arbeitstages gelöst werden kann.

2 Nach der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist, auch im überjährigen Dienstverhältnis, 14 Tage. Sie muss an einem Zahltag oder Samstag ablaufen.

583 Ziffer 18 Die von den Berufsverbänden eingesetzte Paritätische Kommission der Goldleisten- und Bahmenfabrikation kann Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen durchführen.

2 Bei festgestellter Nichtbezahlung der allgemeinverbindlich erklärten Löhne, Teuerungszulagen, Ferien, Lohnzuschläge, Feiertage, Beiträge an die Krankenkassenprämien und Absenzentschädigungen hat der Arbeitgeber diese sofort in vollem Umfange nachzuzahlen bzw. nachzugewähren ; überdies hat er 25 Prozent der geschuldeten Nachzahlung in die Kasse der Paritätischen Berufskommission für die schweizerische Goldleisten- und Bahmenfabrikation einzuzahlen. Die Nachzahlungen an die Arbeiter haben ebenfalls in die obige Kasse zu erfolgen und werden den Arbeitern direkt von der Paritätischen Berufskommission überwiesen.

3 Zum Inkasso und, wenn nötig, zur rechtlichen Geltendmachung des vorerwähnten Betrages von 25 Prozent sind die vertragschliessenden Verbände berechtigt, welche diesen für die paritätische Berufskommission als Anspruchsberechtigte einziehen.

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1952

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20.03.1952

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