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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abnahmepreise für Inlandgetreide der Ernte 1952 (Vom 4. November 1952)

!

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

:

Wir beehren uns, Ihnen mit, nachfolgender Botschaft den Entwurf zu einem Beschluss der Bundesversammlung über die Abnahmepreise, für Inlandgetreide der Ernte 1952 zu unterbreiten.

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·

'i.

Gemäss Artikel 3 des Beschlusses der Bundesversammlung vom 3. Oktober 1950 über die Abnahmepreise für Inlandgetreide der Ernte 1950 ist der Bundesrat ermächtigt, bis zum Inkrafttreten des revidierten Getreidegesetzes, längstens aber bis und mit der Ernte 1952, für das Inlandgetreide die gleichen Preise wie für die Ernte 1950 festzusetzen, sofern die Verhältnisse sich nicht wesentlich ändern. Bei der Bestimmung der Abnahmepreise für das Inlandgetreide der Ernte 1951 konnte der Bundesrat von dieser Ermächtigung Gebrauch machen. Er musate nun vorerst prüfen, ob in bezug auf die Ernte 1952 .seit dem letzten Jahr und seit 1950 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei oder nicht. Je nachdem ergab sich die Kompetenz des Parlaments oder des Bundesrates zur Preisfestsetzung.

IL !

· . ' ' · ' Der Schweizerische Bauern verband verlangte in einer Eingabe vom 20. Mai 1952 für das Inlandgetreide der Ernte 1952 gegenüber dem Vorjahr eine Preiserhöhung um 5 Franken je q. (Die gleichzeitig postulierte Erhöhung der Mahlprämienansätze um Er. 4.-- je q, deren Verwirklichung eine Revision von Art. 9 des Getreidegesetzes bedingt, bildet Gegenstand einer besondern Botschaft.)

Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. III.

39

542 Zur Begründung dieser Begehren wurde vor allem darauf hingewiesen, dass «eine vernünftige Produktionspolitik» nur möglich sei, wenn für die verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse bestimmte Preisparitäten eingehalten werden. Das Prinzip der Einzelkostendeckung könne nur dann angewandt werden, wenn nicht nur beim Getreide, sondern auch bei allen andern Positionen so vorgegangen würde. In diesem Fall müsste zum Beispiel entsprechend den nachweisbaren Produktionskosten ein Milchpreis von nicht nur 38 Eappen, sondern von 41 oder 42 Eappen je' Liter in Eechnung gestellt werden. Im weitern wurde geltend gemacht, dass der gesamte Getreideertrag trotz etwas grösserer Anbaufläche geringer sei als im Jahre 1951, da viel leichte Ware geerntet werde. Die Kostenklemme, in der sich die Landwirtschaft befinde, sei trotz der Pestsetzung des Milchpreises auf 38 Eappen nicht behoben worden, indem die Barlöhne für die familienfremden Arbeitskräfte um weitere ca. 5 Prozent und auch die Bau-, Geräte- und Maschmenkosten wesentlich gestiegen seien. Lediglich bei den Pflanzenschutzmitteln und gewissen Kraftfuttermitteln sei eine kleine Kostensenkung zu verzeichnen. Nicht zu übersehen sei dagegen der Preisrückgang bei Schlachtvieh und Schweinen. Auf jeden Fall müsse das landwirtschaftliche Einkommen in diesem Jahr noch eine Korrektur nach oben erfahren, die nur noch beim Getreidepreis und allenfalls in bescheidenem Masse bei den Kartoffelpreisen möglich sei.

Im Sinne von Artikel 6, Absatz 4, des Getreidegesetzes besprach die Getreideverwaltung in einer Konferenz vom 28. Juli 1952 mit den Vertretern des Schweizerischen Bauernverbandes und des Schweizerischen Saatzuchtverbandes die vorstehend summarisch dargelegten Begehren. An dieser Besprechung, welcher auch der Direktor der Abteilung für Landwirtschaft sowie Delegierte der Finanzverwaltung und der Preiskontrollstelle beiwohnten, hielten die Vertreter der Landwirtschaft an ihren Preisbegehren fest.

III.

Zur Frage, wie die Verhältnisse im Vergleich zu den letzten Jahren heute zu beurteilen sind und, zu den in Abschnitt II wiedergegebenen Preisbegehren im einzelnen nehmen wir wie folgt Stellung: 1.'Während im Jahre 1950 überall viel Lagerfrucht festgestellt werden müsste, war dies heuer so gut wie nirgends der Fall. Auch war 1952 das Erntewetter in den Hauptanbaugebieten überaus günstig. Aus diesen Gründen wurden die Erntearbeiten gegenüber den beiden letzten Jahren fühlbar erleichtert. Der Anbau von neuen Hochertragssorten hat sich weiter ausgedehnt. Der durchschnittliche Körnerertrag je Flächeneinheit ist aber auch deshalb angestiegen, weil sich seit dem Wegfall der Anbaupflicht der Getreidebau zur Hauptsache wieder in die Gebiete zurückgezogen hat, welche für ihn hinsichtlich Klima, Boden usw. genügend günstige Voraussetzungen erfüllen, um eine .angemessene Eendite zu gewährleisten. Für die Beurteilung der Eentabilität des Getreidebaues bilden die Ernteerträge ein wichtiges Element. Gestützt auf die Ablieferungen

543 von Brotgetreide an den Bund, die für die Selbstversorgung bestimmten Mengen, sowie die Erhebungen über die Anbauflächen, berechnet jeweils das Schweizerische Bauernsekretariat die mittleren Erträge von Brotgetreide. Diese betrugen in q je ha: · 1941-1945 = 23,9 1946 = 21,4 1947 = 20,7 1948 = 22,9 1949 i = 29,8 1950 = 25,6 i 1951 = 26,1 Schätzung 1952 == 25,2 Diesen Zahlen ist zu entnehmen, dass die mittleren Jahreserträge ziemlich grosse Schwankungen aufweisen, wie auch zwischen den einzelnen Getreidearten und von Gegend zu Gegend oft erhebliche Unterschiede festzustellen sind. Besonders günstig war das Jahr 1949, während die Jahre 1946-1948 weniger befriedigten. Vom Jahr 1952 darf gesagt werden, dass es trotz etwelcher Dürreschäden im Landesdurchschnitt einen guten Mittelertrag brachte. Tm weitem ist bei der Abwägung der Verhältnisse zu berücksichtigen, dass letztes Jahr die Getreideproduzenten die vom Bundesrat bewilligten Übernahmepreise nicht voll ausbezahlt erhielten, weil fast auf der ganzen Linie wegen Qualitätsmängeln, besonders wegen zu hohen Feuchtigkeitsgehaltes, die in der Getreidegesetzgebung vorgesehenen Abzüge gemacht werden mussten. Dieses Jahr ist nun, nachdem die Ernte unter sehr günstigen Verhältnissen eingebracht werden konnte, mit Abzügen kaum zu rechnen. Es ist vielmehr zu erwarten, dass weitgehend Zuschläge für hervorragende Qualität ausgerichtet werden können, wie dies auch in früheren Jahren unter ähnlichen Ernteverhältnissen der Fall war. Damit dürfte der vom Produzenten-realisierbare Gesamtertrag aus der Ernte 1952 sich jenem von 1950 stark annähern und nicht wesentlich hinter ihm zurückstehen.

Die Eichtigkeit dieser Überlegungen scheint uns ihre augenfällige Bestätigung durch den bisherigen Ablauf der diesjährigen Getreideübernahmen zu finden: Bis zum 11. Oktober 1952 wurden 6559 Wagen zu 10 t Getreide zur Ablieferung angemeldet. Auf der bereits abgerechneten bzw. bei der Übernahme bewerteten Menge erzielten 20,8 Prozent den Normalpreis ; 72,4 Prozent konnten mit Preiszuschlägen für hervorragende Qualität bedacht werden, und bloss bei 7,3 Prozent mussten Abzüge wegen Minderwertes ( Qualitätsmängeln) vorgenommen werden.

Die Vertreter der Landwirtschaft machen indessen, wie bereits erwähnt, iKostensteigerungen namentlich bei Maschinen, Geräten, Düngemitteln und
Bauten sowie höhere Arbeitslöhne geltend. Der vom Schweizerischen Bauernsekretariat berechnete Gesamtindex für landwirtschaftliche Produktionsmittel, in welchem die wesentlichsten Produktionselemente erfasst werden, betrug im Mittel Januar/August 1952 105,1 gegenüber 102,2 Jahresmittel 1951 (Basis 1948 = 100). Danach haben sich die Produktionsmittel innert eines Jahres um 2,9 Prozent verteuert.

544

2. Demgegenüber wurde indessen von landwirtschaftlicher Seite nicht behauptet, die Produktionskosten für Getreide würden unter Beibehaltung der letztjährigen Übernahmepreise, ausgenommen vielleicht in gewissen Übergangsgebieten und in Berglagen, nicht mehr gedeckt. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Publikation auf S. 383 des Landwirtschaftlichen Jahrbuches der Schweiz 1952 verwiesen, wonach die Berechnung der Preisrelationen für das Jahr 1951 ergibt, dass gegenüber den drei Hauptzweigen der tierischen Produktion (Milch, Fleisch, Nutzvieh) der Weizen- und Kartoffelbau preislich immer noch begünstigt waren. Bei der Weizen- und Milchproduktion besteht im grossen Durchschnitt die gleiche Eendite, wenn der q Weizen das l,5fache des Preises von 1001 Milch beträgt. In den für den Getreidebau weniger günstigen Gebieten rechnet man mit einer Verhältniszahl von 1,7. Der derzeitige Weizenpreis dürfte im schweizerischen Durchschnitt das l,58fache des Milchpreises ausmachen; mit einer Erhöhung des Weizenpreises um 2 Franken je q\ würde die 1951 bestandene Preisrelation zum mindesten wieder hergestellt.

3. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich, dass von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Getreidebau gegenüber dem letzten und vorletzten Jahr nicht wohl gesprochen werden kann. Der Getreidepreis, wie er für 1950 und 1951 Geltung hatte, dürfte deshalb in den guten Lagen auch dieses Jahr die Produktionskosten gut decken. Etwas weniger günstig liegen aber Gebiete, in denen der Getreidebau unter der Trockenheit gelitten hat.

4. Im Eahmen unseres Berichtes dürften ein paar Angaben über die gegenwärtigen Einstandspreise des Importweizens interessieren. Dabei ist festzuhalten, dass die Schweiz mit einer Jahresquote von 175 000 t Weizen, entsprechend ungefähr der Hälfte der jährlichen Einfuhrmenge, an dem noch bis Mitte 1953 laufenden Internationalen Weizenabkommen beteiligt ist, während die andere Hälfte am freien Markt eingedeckt werden muss. Als Lieferanten stehen, nach dem Ausscheiden von Argentinien als Exportland, fast ausschliesslich die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada zur Verfügung. Die Preise der für unsern Bedarf in Betracht fallenden Hauptsorten dieser beiden Bezugsländer stellten sich anfangs Oktober 1952 je q franko verzollt Schweizergrenze auf: Weichweizen Manitona Nr. 2 atl.

Hardwinter Nr. 2 Gulf 1 IWA ) frei IWAl) frei Fr.

!ffr.

Er.

Fr.

40.60

47.60

40.48

49.85

Hartweizen Canada Western Amber-Durum Nr. 2 IWAl) frei Fr.

Fr.

40.60

49.24

Vergleichsweise seien auch noch die V e r k a u f s p r e i s e hier angeführt, welche die Getreideverwaltung als Monopolstelle im gleichen Zeitpunkte bei der Weitergabe der Ware an die Mühlen erzielt: *) IWA = Internationales Weizen-Abkommen.

545 Für Herstellung von Halbweissmehl

Inlaiidweizen Typ I und Dinkelkerne . . .

Inlandweizen Typ I I . ' . : , Inlandweizen Typ III Inlandroggen Inlandmischel . . . . . . . . . i Auslandweizeu (Einheitspreis) Ausland-Hartweizen (Rohstoff für Teigwaren)

Für Herstellung von Ruchmehl

Fr.

Fr.

47.85 48.35 48.85 43.35 45.60 49.--

36.90 37.40 37.90 32.40 34.65 38.05

!

: Fr. 47.25

l. Den vorstehenden Erwägungen sind aber noch solche allgemeiner Natur hinzuzufügen, welche bei der Pestsetzung des Brotgetreidepreises ebenfalls in Betracht zu ziehen sind. Dabei ist in erster Linie die Bedeutung unseres einheimischen Brotgetreidebaues im Rahmen der Versorgung des Landes abzuklären.

Rückschauend sei daran erinnert, dass vor dem ersten Weltkrieg die gesamte inländische Jahresproduktion den Brotbedarf unseres Landes bloss für etwa anderthalb Monate zu decken vermochte, eingerechnet das von den Landwirten im eigenen Betrieb verbrauchte Getreide. Für mehr als zehn Monate mussten das Brotgetreide und für das ganze Jahr fast sämtliches Futtergetreide aus dem Ausland eingeführt werden. Dank der Massnahmen zur Förderung ;des Anbaues wäh'rend des ersten Weltkrieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit gelang es, nach und nach dem so weitgehend vernachlässigten landwirtschaftlichen Betriebszweig erneut Beachtung zu verschaffen und den Getreidebau, wenn auch mit grosser Mühe und entsprechendem Aufwand an Geld und Arbeit, neu in Gang zu bringen. Die Getreidegesetzgebung,, die provisorisch im Jahre 1929 und definitiv im Jahre 1933 in Kraft trat, brachte schliesslich dem einheimischen Brotgetreidebau den notwendigen, bleibenden Schutz, unter welchem er sich dann auch bald wieder so zu entfalten vermochte, dass er schon beim Ausbruch des zweiten Weltkrieges namhafte Beiträge an die Brotversorgung leisten konnte. Die Tabelle auf der letzten Seite zeigt, wie sich der Anteil der bäuerlichen Produktion am gesamten Brotgetreideverbrauch während des letzten Krieges und in. der · Nachkriegszeit entwickelt hat. Es geht daraus hervor, dass in den Perioden gestörter Importe unser einheimischer Getreidebau in der Lage ist, Erträge hervorzubringen, die für die Sicherimg unserer Landesversorgung mit Brot wesentlich, unter umständen sogar entscheidend ins Gewicht fallen. Durch eine zweckmässige Preispolitik soll deshalb angestrebt werden, den Anteil der einheimischen Produktion am !gesamten Brotgetreidebedarf, der bereits wieder von 60,8 Prozent im Jahre 1944 auf 50,9 Prozent im Jahre 1951 zurückgegangen ist, nicht weiter absinken zu lassen. Es muss leider festgestellt 'werden, dass sich seit dem Wegfall der Anbaupflicht der Getreidebau besonders in den Rand-

546 gebieten erheblich vermindert hat. Dies zeigt mit aller Deutlichkeit, dass die gegenwärtigen Übernahmepreise für das Inlandgetreide nicht genügt haben, um in jenen Gebieten, wo mit erschwerten Produktionsverhältnissen gerechnet werden muss, den Getreidebau im bisherigen Umfang zu erhalten, geschweige denn eine Ausdehnung zu erreichen.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass eine angemessene einheimische Getreidefläche einen alljährlich wiederkehrenden Ertrag hervorbringt, während die grössten Vorräte nur einmal verbraucht und in Notzeiten nur mit erheblichen Schwierigkeiten oder überhaupt nicht mehr ersetzt werden können. Indessen darf man sich betreffend die Auswirkung einer Getreidepreiserhöhung auf die Ausdehnung der Anbaufläche auch keinen Illusionen hingeben, indem vielfach in den hauptsächlichsten Getreidebaugebieten das Optimum bereits erreicht ist.

Aus diesen Überlegungen ist der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass trotz der in Abschnitt III hiervor erwähnten Tatsachen eine gewisse Erhöhung des Übernahmepreises für den, Weizen gerechtfertigt sei. In seiner Sitzung vom 9. September 1952 fasste er deshalb -den Beschluss, Ihnen eine Erhöhung von 2 Franken je q zu beantragen. Der Bundesrat möchte damit erneut zum Ausdruck bringen, wie sehr ihm an der Erhaltung des einheimischen Getreidebaues gelegen ist. Sein Entschluss, den Preisbegehren der Getreideproduzenten wenigstens teilweise zu entsprechen, wurde ihm durch die verständnisvolle Haltung erleichtert, welche die Landwirtschaft im letzten Frühjahr bei der Milchpreisregelung eingenommen hat, indem sie sich auf den dringenden Wunsch des Bundesrates mit l Bappen Milchpreiserhöhung pro Liter abfand. Die Verhütung eines grösseren Aufschlages lag, da der Milchpreis die Lebenshaltungskosten direkt beeinflusst, im Interesse unserer gesamten Wirtschaft.

Betreffend die Übernahmepreise für die übrigen Getreidearten gestatten wir uns folgende Bemerkungen: Der Preis des Dinkels ist, wenn wir bloss den Mahlwert berücksichtigen, im Verhältnis zum Weizen schon jetzt etwas zu hoch. Der Anbau von Dinkel weist trotzdem eine rückläufige Tendenz auf, und zwar auch in Gebieten, wo er von allen Brotgetreidearten die sichersten und deshalb auf lange Dauer die grössten mittleren Erträge verspricht. Der Weizenbau ist ein wenig zur Modesache geworden,
obschon sich der Dinkel immer wieder als die robusteste Getreideart bewährt hat, die sich ganz besonders für schwere, nasskalte Böden und niederschlagsreiche, starken Winden ausgesetzte Höhenlagen eignet, wo sie oft in Konkurrenz zum weniger erwünschten Boggen steht. Im Interesse der Landesversorgung, aber auch im Hinblick auf einen zweckmässigen Fruchtwechsel möchten wir dem Dinkel, der ja früher die Hauptgetreideart der deutschen Schweiz war, nochmals eine vermehrte Stützung zuteil werden lassen.

Nach unserer Auffassung sollte deshalb auch der Dinkelpreis um 2 Franken je 100 kg erhöht werden. Der Dinkel zählt übrigens botanisch zu den Weizenarten (triticum spelta bzw. iriticum vulgäre).

547

Beim Boggen haben wir folgende Lage: ·Nach den Grundsätzen der Getreidegesetzgebung sollte der Eoggenpreis gegenüber dem Weizenpreis unter Berücksichtigung seines Mahlwertes abgestuft werden. Von. dieser Begel nmsste man unter dem Zwang der kriegswirtschaftlichen Verhältnisse vom Jahre 1940 hinweg abgehen. Vor allem ergab sich damals, irn Bahmen unserer kriegswirtschaftlichen Planung und Vorsorge,, die Notwendigkeit, den Produzenten die Erfüllung der Anbau- und Ablieferungspflicht für das Inlandgetreide so weit wie nur möglich zu erleichtern. Ausserdem musste, wieder im Interesse einer möglichst hohen Getreideablieferung an den Bund, durch einen lohnenden Boggenpreis der Verfütterungsgefahr begegnet werden. Eine bestimmte Mindestanbaufläche an Boggen war ferner zur Ermöglichung eines zweckmässigen Fruchtwechsels unerlässlich. Schliesslich spielte der Boggenanbau für die Beschaffung von Stroh für die Armee eine wesentliche Bolle. Alle diese Gründe führten dazu, dass sich der Boggenpreis im Laufe der letzten Kriegsjahre mehr und mehr dem Weizenpreis näherte.

Während der Boggenpreis vor dem Krieg im Einvernehmen mit der Landwirtschaft jeweilen etwa 25 Prozent niedriger als der Weizeupreis festgesetzt worden war, schrumpfte der Preisunterschied schliesslich auf weniger als 5 Prozent zusammen. Die Höherbewertung des Boggens im Bahrnen der Massnahmen zur Verstärkung unserer Landesversorgung während der letzten Kriegswirtschaft förderte sichtbar die Produktion dieser Getreideart, mengenmässig und auch in bezug auf die Qualität. 'In jener Epoche war der Boggen, der unter normalen Friedensverhältnissen von der Müllerschaft wegen seines nachteiligen Einflusses auf die Backfähigkeit des Mehls selbst zu billigem Preis wenig begehrt ist, verhältnismässig leicht zu verwerten. Leider hielt die Verwendung des Bbggens zur Selbstversorgung der Landwirtschaftsbetriebe nicht Schritt mit der zunehmenden Erzeugung. Die Produzenten gingen mehr und mehr dazu über, den Bbggen angesichts des günstigen Preises an den Bund abzuliefern und für den Eigenbedarf entsprechend mehr Weizen zurückzubehalten, so dass der Getreideverwaltung schliesslich, Verwertungsschwierigkeiten entstanden. Um einer weitern Verschlechterung des Verhältnisses der Ablieferungsmengen von Boggen und Weizen vorzubeugen, sahen wir uns daher im Jahre 1949
gezwungen, grundsätzlich einen schrittweisen Abbau des Boggenpreises zu beschliessen, mit dem Ziele, nach und nach wieder ein normales Verhältnis zwischen Boggen- und Weizenpreis herzustellen. In diesem Sinne wurde 1949 die Spanne zwischen dem Boggenpreis und dem Preis für den Weizen Typ I von 2,50 Franken auf 4,50 Franken und im Jahre 1950 auf 6,50 Franken erweitert. Damit betrug der Boggenpreis immer noch 89,6 Prozent des Weizenpreises, gegenüber früher 75 Prozent. Wir sind der Auffassung, dass heute in der Korrektur des Preisverhältnisses Weizen - Boggen ein weiterer Schritt getan werden muss, indem der Boggenpreis auf der bisherigen Höhe belassen wird. Auch so bestehen die Voraussetzungen zu einem lohnenden Boggenanbau, i wo er nach Boden und Klima und im Bahmen einer zweckmässigen Fruchtfolge hingehört.

548 Der Preis für den Mischel (Gemenge von Weizen und Eoggen) wurde von jeher ungefähr als arithmetisches Mittel zwischen dem Preis für Weizen Typ I und Eoggen berechnet. Pflichten die eidgenössischen Bäte unserem Antrag bei, den Weizenpreis um 2 Franken zu erhöhen und den Eoggenpreis auf bisheriger Höhe zu belassen, so wäre nach der bis jetzt üblichen Praxis der Preis des Mischeis um l Franken je q zu erhöhen.

Für die Gebirgsgegenden besteht seit dem Jahre 1941 eine Sonderregelung der Übernahmepreise für das Inlandgetreide. Bekanntlich liegen in den noch für den Getreidebau in Betracht fallenden Berglagen die Produktionskosten merklich höher als im Flachland. Geringern und weniger sichern Erträgen stehen dort ein höherer Saatgutbedarf und ein bedeutend grösserer Arbeitsaufwand gegenüber, da infolge ungünstiger Bodengestaltung wenig maschinelle Arbeit verrichtet werden kann und der Weg vom Feld zur Scheune oft weit und beschwerlich ist. Zudem verursachte der nach Kriegsbeginn verfügte Mehranbau gerade in Gebirgsgegenden, wo vielfach bis dahin kein Getreidebau getrieben worden war, zusätzliche Ausgaben für Geräte und Lagerräume. Diese Gründe Hessen es seinerzeit, als der Mebranbau verfügt werden musste, angezeigt erscheinen, die im Getreidegesetz enthaltenen Vorschriften über die Abnahmepreise von Inlandgetreide gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten zu ergänzen. Der Bundesrat beschloss daher am 3. Oktober 1941, dass zusätzlich zu den normalen Übernahmepreisen für Inlandgetreide aus Gebirgsgegenden, d. h. aus Gebieten von über 800 m ü. M., erstmals für die Ernte 1941 ein Gebirgszuschlag auszurichten sei. Er wurde wie folgt bemessen: 801-900 m ü. M 901 m und mehr

l Franken, 2 Franken je q.

Mit Bundesratsbeschluss vom 20. September 1948 wurden diese Gebirgszuschläge auf 2 bzw. 3 Franken je q Inlandgetreide heraufgesetzt, in welcher Höhe sie in den folgenden Jahren beibehalten und auch durch den Beschluss der Bundesversammlung vom 3. Oktober 1950 über die Abnahmepreise für Inlandgetreide der Ernte 1950 bestätigt wurden. Ebenso liess der Bundesrat durch seinen Beschluss vom 8. September 1951 über die Abnahmepreise für Inlandgetreide der Ernte 1951 diese Zuschläge unverändert. Heute besteht kein Anlass, hier eine andere Eegelung zu treffen. Insbesondere Hesse sich eine Erhöhung dieser Zuschläge nicht rechtfertigen, da ja, wie wir weiter oben ausgeführt haben, in erster Linie im Hinblick auf diese Eandgebiete eine Erhöhung des Grundpreises für das\ Inlandgetreide vorgenommen werden soll.

Wir möchten in diesem Zusammenhang erwähnen, dass bei der Festsetzung der Verkaufspreise für feldbesichtigtes- und anerkanntes Saatgut von Weizen, Eoggen und Dinkel, die die Getreideverwaltung gemäss Artikel 27 der Vollziehungsverordnung zum Getreidegesetz unter Mitwirkung der Abteilung für Landwirtschaft mit dem Schweizerischen Saatzuchtverband vereinbart und die wir zu genehmigen haben, die gleichen Höhenzuschläge von 2 Franken bzw.

3 Franken, wie man sie für das an den Bund abgelieferte Inlandgetreide bisher

549 ausgerichtet hat, auch für das Saatgut wieder beschlossen worden sind. Es wäre nun nicht wohl angängig, die Zuschläge für das dem Bund abgelieferte Inlandgetreide zu erhöhen und damit den Saatgntproduzenten bei gleichen Voraussetzungen schlechter zu stellen als den gewöhnlichen Brotgetreideproduzenten. Im übrigen wird das Problem der Preiszuschläge für Getreide aus Höhenlagen im Bahmen der im Gange befindlichen Bevision der Getreidegesetzgebung erneut zu erörtern sein.

2. Schliesslich möchten wir auch auf die finanzielle Tragweite der vorgeschlagenen Erhöhung der Getreidepreise aufmerksam machen: Jeder Franken Erhöhung je q Getreide bedeutet, berechnet auf die gesamte Ablieferungsmenge, für den Bund Mehrausgaben von mindestens 11/2 Millionen Franken im Jahr, weil bekanntlich nach unserer Getreidegesetzgebung die Bundeskasse den Überpreis zu tragen hat und er nicht etwa auf den Brotkonsurnenten über den Weg erhöhter Verkaufspreise des Getreides an die Müller abgewälzt werden kann. Man darf dabei nicht übersehen, dass die Ausgaben des Bundes für die Getreideversorgung des Landes ohnehin sehr hoch sind (Bechnung 1951 : Defizit zu Lasten des Bundes 48,9 Millionen Franken ; Voranschlag 1952: 60,3 Millionen Franken).

Mit der Preisregelung, wie wir sie im vorhergehenden Abschnitt : vorschlagen, sollte sich die Landwirtschaft zufrieden geben können. Man darf Schliesslich nicht vergessen, welche Vorteile unsere Getreideordnung dem Produzenten auf lange Sicht bietet. Was besonders in Betracht fällt, ist die Tatsache, dass der Bauer für die Verwertung der Brotgetreidemengen, welche den Bedarf für seine Selbstversorgung übersteigen, aller Mühe und jeden Eisikos der Yemmrktung, wie sie ihm z. B. bei Kartoffeln, Obst, Vieh usw. erwachsen, enthoben ist. Gerade letztes Jahr hat sich in augenfälliger Weise gezeigt, was die gesetzliche Verpflichtung des Bundes zur Übernahme des inländischen Brotgetreides zu einem Vorzugspreis in schlechten Erntejahren für den Produzenten bedeutet. Es wird leider allzuoft übersehen, welche Aufwendungen der Getreideverwaltung aus der Verwertung einer solchen Ernte entstehen. Bekanntlich war das übernommene Inlandgetreide letztes Jahr durchschnittlich viel feuchter als in normalen Jahren. Dieses naturbedingte überschüssige Wasser, für das natürlich auch der: Übernanmepreis bezahlt worden war, musste dem Getreide in mühsamer Arbeit entzogen werden, damit die Ware in einen lagerfähigen Zustand gebracht werden konnte. Nur die Mehraufwendungen für das Trocknen und die Wartung des letztjährigen Inlandgetreides beliefen sich für die Getreideverwaltung auf 2% Millionen Franken. Eine ähnliche Situation bestand auch im Jahre 1948. Daran sollte der Getreideproduzent in guten Erntejahren denken. Man weiss übrigens aus Erfahrung, dass es in unseren Klimaverhältnissen durchschnittlich auf fünf Jahre zwei gute, zwei mittlere und eine schlechte Getreideernte trifft. Wir haben deshalb immer die Auffassung vertreten, es hege

550

im Interesse des Bauern wie der Landesversorgung, die eine möglichst gleichbleibende Anbaufläche erstrebt, dass die Abnahmepreise für mehrere Jahre in gleicher Höhe festgesetzt werden. Diese Frage wird auch anlässlich der Eevision des Getreidegesetzes zu prüfen sein. Wir möchten aus den gleichen Überlegungen beantragen, dass das Parlament den Bundesrat ermächtigt, bis zum Inkrafttreten des revidierten Getreidegesetzes, längstens aber noch .für die Inlandgetreideernten 1953 und 1954, die gleichen Preise festzusetzen wie dieses Jahr, sofern die Verhältnisse sich nicht wesentlich ändern.

VI.

Wir schlagen Ihnen vor, die Festsetzung der Abnahmepreise für das Inlandgetreide der Ernte 1952, wie dies früher schon der Fall war, wieder in die Form eines Beschlusses der Bundesversammlung zu kleiden. Da das Getreidegesetz in Artikel 6, Absatz 5, bei ausserordentlichen Verhältnissen die Befugnis zur abschliessenden Eegelung der Abnahmepreise der Bundesversammlung ohne Keferendumsvorbehalt delegiert, kann der Beschluss sofort in Kraft tretend Gestützt auf unsere vorliegende Botschaft empfehlen wir Ihnen die Genehmigung des beiliegenden Entwurfes zu einem Beschluss der Bundesversammlung über die Abnahmepreise für Inlandgetreide der Ernte 1952.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 4. November 1952.· Im Namen des" Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Kobelt Der Bundeskanzler: Ch. Oser

551 (Entwurf)

Beschluss der Bundesversammlung über

die Abnahmepreise für Inlandgetreide der Ernte 1952 Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 6, Absatz 5, des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1932 über die Getreideversorgiuig des Landes, nach Einsicht in eine Botschaft des Buudesrates vorn 4. November 1952, beschliesst: Art. l Für das durch den Bund zu übernehmende Inlandgetreide der Ernte 1952 werden folgende Normalpreise festgesetzt : Weizen, Typ I. . .

64,50 Franken Weizen, Typ II 66,-- » Weizen, .Typ III. . .

67,-- » Mischel aus Weizen und Boggen. . . . . 60,25 » Eoggen 56,-- , » Dinkel, nicht entspelzt 60,--· » Diese Preise verstehen sich für je 100 Kilogramm netto Ware, bahnverladen Abgangsstation oder franko in ein Lagerhaus oder in eine Mühle der Umgebung geliefert.

; ; Art. 2 In Gebirgsgegenden werden zu den in Artikel l festgesetzten Normalpreisen folgende Zuschläge gewährt: In Höhenlagen von 801 bis 900 m ü. M. : 2 Franken, In Höhenlagen von 901 m und mehr: 3 Franken je 100 Kilogramm.

Massgebend ist die Höhenlage des Wohnsitzes des Produzenten.

Art, 3 Der Bundesrat wird ermächtigt, bis zum Inkrafttreten des revidierten Getreidegesetzes, längstens aber noch für die Inlandgetreideernten 1953 und 1954, für das Inlandgetreide die gleichen Preise festzusetzen, sofern die Verhältnisse sich nicht wesentlich ändern.

Art. 4 Dieser Beschluss ist in der Gesetzsammlung zu veröffenthoben und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

931

Zeitabschnitt

1.7.1941-30.6.1942 1. 7. 1942-30. 6. 1943 1.7.1943-30.6.1944 1. 7. 1944-30. 6. 1945 1.7.1945-30.6.1946 1. 7. 1946-30. 6. 1947 1. 7. 1947-30. 6. 1948 1. 7. 1948-30. 6. 1949 1.7.1949-30.6.1950 1.7.1950-30.6.1951 1. 7. 1951-30. 6. 1952 1

Von der EGV als Monopolstelle abge- Von der BrotEGV Selbstgebenes Brotgetreide getreideabgever(Amerikaner Mehl in Saatgut Weizen umgerechnet), gebenes aus bäuer- sorgung Brot- licher ProBrotinkl. Industrieware getreide- duktion 2) getreide 1) und vereinzelte saatgut Havarieposten für Futterzwecke t

t

341 849 353 974 357 774 344 513 355 668 351 595 395 018 421 585 402 271 398 022 406 398

1568 2533 1400 5284 1734 2880 1639 1760 510 1423 708

t 18197

t

90031 19493 100 058 21325 101 093 14806 101 403 18585 98370 16208 91198 16412 85396 15751 82008 17264 81362 16428 78035 17 4633) 77 400 3)

Total Brotgetreideverbrauch

t

451 645 476 058 481 592 466 006 474 357 461 881 498465 521 104 501 407 493 908 501 969

Total InlänAnteil der dische BrotSelbst- bäuerliche bäuerBrotBrotgetreideProvergetreide- lichen getreide- saatgut duktion sorgung produktion Abliefe- aus bäueram Brotrungen licher Pro- getreide 1) (ohne Gesamtan den duktion 2) Dreschabgang) verbrauch Bund 1) t

t

121 631 18 197 124 363 19493 167 887 21 325 166 893 14806 110 105 18585 115 969 16208 97347 16412 180 739 15751 182 738 17264 163 523 16428 160 646 17 4633)

) Dinkel umgerechnet in Nacktfrucht.

) Saatgutverbrauch, berechnet mit 150 kg je ha Anbaufläche im nachfolgenden Jahr.

3 ) Schätzungen.

EGV = Eidgenössische Getreideverwaltung.

2

t 90031 100 058 101 093

t

229 859 243 914 290 305 101 403 283 102 98370 227 060 91 198 223 375 85396 199 155 82008 228 498 81 362 281 364 78035 257 986 77 4003) 255 509

%

50,9 51,2 60,3 60,8 47,9 48,4 40,0 43,8 56,1 52,2 50,9

552

Anteil der inländischen Produktion am Brotgetreideverbrauch in den VersorgungsJahren 1941/42 bis 1951/52

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abnahmepreise für Inlandgetreide der Ernte 1952 (Vom 4. November 1952)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1952

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

47

Cahier Numero Geschäftsnummer

6321

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.11.1952

Date Data Seite

541-552

Page Pagina Ref. No

10 038 082

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