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I. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1952) (.Vom 1. Mai 1952)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen unter Vorlage der Akten über 43 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

Gemäss Bundesgesetz über das Zollwesen sind bestraft worden: !.. Eugenia Adami, 1897, Angestellte, Cassarate (Tessin), verurteilt durch Straf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 11. August 1949 wegen Zollhehlerei zu 505,60 Pranken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Frau Adaini brachte eine Bekannte aus der Innerschweiz, die sich für geschmuggelte Textilwaren interessierte, mit einer Mitbeschuldigten in Verbindung, von der sie wusste, dass sie sich mit derartigen Geschäften befasste. Sie erklärte sich in der Folge mit der vorübergehenden Einlagerung der von der Mitbeschuldigten bestellten Ware in ihrer Wohnung einverstanden und versandte später selbst einen Teil davon in die Iimerschweiz. ·-- Im Vollzug liess es Frau Adami nach Zahlung eines kleinen Teilbetrages zur Betreibung und zur Ausstellung eines Verlustscheines kommen.

Die Zolldirektion Lugano stellte den Unrwandlungsantrag und der Gerichtspräsident von Lugano-Land wandelte den noch ausstehenden Bussenbetrag, nachdem die Verurteilte doch noch 800 Franken beigebracht hatte, am 18. Dezember 1951 in 16 Tage Haft um.

Frau Adami ersucht um Begnadigung. Sie macht geltend, alles ihr nur Mögliche zur Tilgung der Schuld unternommen zu haben. Die letzte Zahlung von 300 Franken habe sie nur durch den Verkauf aller ihrer Schmuckstücke

10 und Andenken beschaffen können. Seit Jahren habe sie mit ihrer alten, bettlägerigen Mutter zusammengelebt. Ihre Tage seien mit dem Haushalt und der Pflege der Mutter ausgefüllt gewesen; während der Nacht habe sie auswärts Nachtwachen übernommen, um die Arzt- und Arzneikosten, sowie die Mittel für den Unterhalt zusammenzubringen. Nun sei die Mutter 87jährig gestorben, was wohl eine Entlastung darstelle ; dagegen sei sie nun selbst in einer derartig schlechten körperlichen und seelischen Verfassung, dass sie sich in Spitalpflege begeben müsse, um wieder zu Kräften zu kommen.

Die Angaben der Gesuchstellerin treffen nach den von den Zollbehörden angestellten Nachforschungen zu. Selbst lungenkrank und gesundheitlich durch die Überanstrengung erschöpft, ist Frau Adami vorderhand nicht mehr in der Lage, einem Erwerb nachzugehen. Seitens ihres Bruders, der selbst magenkrank ist,.kann sie mit keiner Hilfe rechnen. Dass der abgeschiedene, im Ausland lebende Ehemann, der seine ihm vom Gericht auferlegten Unterhaltungspflichten bisher vernachlässigte, nun plötzlich Zahlungen leisten würde, ist ebenfalls nicht zu erwarten. Vermögen ist keines vorhanden.

Nach Ansicht der Zollbehörden als Straf- und Vollziehungsinstanz für die Busse herrscht übereinstimmend die Auffassung, Frau Adami habe in der Tat alles ihr Mögliche unternommen, um die Busse wenigstens teilweise zu tilgen und damit ihre Verfehlung zu sühnen. Da die mittellose Verurteilte ausserdem nicht aus Gewinnsucht, sondern nur aus Gefälligkeit gehandelt hat, lasse sich ein Entgegenkommen verantworten. Wir können uns dieser Beurteilung des ^Falles anschliessen und beantragen mit der Oberzolldirektion den b e d i n g t e n Erlass der noch zu verbüssenden Umwandlungsstrafe von 16 Tagen, unter Ansetzung einer Probezeit von 8 Jahren.

2. Alfred Bertschinger, 1902, Geschäftsmann, Zürich, verurteilt durch S traf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 27. Januar 1950 wegen Ausfuhrbannbruchs zu 1829,34Franken Busse und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu einer solchen von 406,67 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Untersdehung. Bertschinger hat in verschiedenen Schmuggelfahrten, die er jeweils mit dem Flugzeug ausführte, Goldstücke (Vreneli) nach Frankreich verschoben. Ferner verschaffte er einem
Dritten 200 Goldmünzen, wobei er wusste, dass diese ebenfalls zur verbotenen Ausfuhr nach Frankreich bestimmt waren. Beschwerden gegen diese Strafverfügungen wurden nicht erhoben. Dagegen richtete Bertschinger ein Gesuch um Herabsetzung der Bussenbeträge an den Bundesrat.

Mit Entscheid vom 20. Dezember 1951 ist dieser darauf nicht eingetreten, hat jedoch Bertschinger auf die Möglichkeit hingewiesen, seinen Fall noch in Form eines Gnadengesuches der Vereinigten Bundesversammlung zu unterbreiten.

Der Verurteilte ersuchte daraufhin um Begnadigung, wobei er geltend macht, sich in einer finanziellen Notlage zu befinden, die auf langjährige Krankheit seiner .Angehörigen zurückzuführen sei. Seine Ehefrau leide aii schwerer Arthritis, sei arbeitsunfähig und sollte wiederum küren; die Tochter habe vom

11 Schulbesuch wegen Blutarmut dispensiert werden müssen und sei ebenfalls erholungsbedürftig. Sein gegenwärtiges Einkommen reiche knapp für den Unterhalt der Familie aus. Jede Kürzung müsste sich zum Nachteil seiner Angehörigen auswirken.

Bertschinger hatte in früheren Jahren verschiedene Stellen als Mechaniker, Dreher und Chauffeur inné ; während 8 Jahren war er bei einer grösseren Firma Lagermeister. Da er in seiner Jugend keine eigentliche Berufslehre bestanden hatte, war er offenbar, trotzdem er als geschickter und flinker Arbeiter mit vielseitigen technischen Kenntnissen bezeichnet wird, mit Bezug auf den Lohn immer etwas benachteiligt. Nach Aufgabe seiner letzten Stelle konstruierte er einen verstellbaren Kinderstuhl, den er patentieren Hess. Die Einzelteile dazu lässt er herstellen; er selbst befasst sich heute nur noch mit der Montage und dem Vertrieb dieses Möbels.

Nach den Erhebungen, die die Vollzugsbehörde durchführte, ist der Gesuchsteller in dritter Ehe verheiratet. Er hat offenbar nur noch für seine heutige Ehefrau und die aus dieser Ehe hervorgegangene 15jährige Tochter aufzukommen. Zuzutreffen scheint, dass die früheren Heilungskosten für die Ehefrau erheblich gewesen sind. Heute soll sich der gesundheitliche Zustand wesentlich gebessert haben. Die Kosten für den Kuraufenthalt der Tochter hat zum grössten Teil die Krankenkasse übernommen. Ferner hat sich gezeigt, dass mit Bezug auf die finanzielle Lage gute Aussicht auf eine Besserung besteht. Der vom Gesuchsteller konstruierte und vertriebene Kinderstuhl sei ein sehr praktisches Möbel, für das die Nachfrage dauernd steige.

Unter diesen Umständen kann die Lage des Gesuchstellers nicht als verzweifelt bezeichnet werden. Er wird voraussichtlich in absehbarer Zeit sehr wohl in der Lage sein, seinen Verpflichtungen nachzukommen, wenn ihm entsprechende Zahlungserleichterungen eingeräumt werden. Bertschinger hat sich bis jetzt nicht einmal bemüht, seinen guten Willen zu zeigen. Seine Verfehlungen sind überdies nicht leicht zu nehmen ; sie wurden in vollem Bewusstsein der Eechtswidrigkeit, ohne Not, fast goworbsrnässig und mit einem erheblichen Aufwand begangen. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchabweisung. Die Vollzugsbehörde erklärt sich jedoch bereit, den Strafvollzug der Leistungsfähigkeit des
Verurteilten weitgehend anzupassen und Härten zu vermeiden, unter der Voraussetzung allerdings, dass dieser seinen guten Willen unter Beweis stellt.

3. Pius Bischoff, 1910, Landwirt, St. Margrethen (St. Gallen), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 12. Februar 1948 wegen Zollübertrötung in Verbindung mit Hinterziehung der Warenumsatzsteuer und wegen Ausfuhrbannbruchs zu Bussen von 721,07 und 860 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Bischoff hat im Frühjahr 1946 für Dritte, versteckt in seinem Jauchefass, 3 Schreibmaschinen illegal in die Schweiz gebracht und in gleicher Weise Saccharin, Tabak und Schnaps im Werte von 360 Franken ausgeführt. -- Die Vollziehungsbehorde

12 stundete Bischoff zunächst den geschuldeten Betrag. In dor Folge wurden in regelmässig eingehenden Teilzahlungen 551,57 Pranken abgetragen.

Mit Zustimmung des Verurteilten ersucht dessen Ehefrau um Brlass des Bussenrestes. Sie weist auf die grossen Schwierigkeiten hin, die die Aufbringung des restlichen Bussenbetrages bereite. Der Mann besorge don "kleinen landwirtschaftlichen Betrieb und sie führe ganz allein die Haushaltung mit 6 Kindern sowie die dem Betrieb angeschlossene kleine Wirtschaft. Sie hätten bisher durchzuhalten vermocht, jedoch nur auf Kosten der Gesundheit. Durch die dauernde Überanstrengung sei sie mit den Nerven gänzlich heruntergekommen, müsse aber trotzdem von früh bis spät arbeiten, da sie den Kindern weder am Essen noch an der Erziehung etwas abgehen lassen möchte.

Die Angaben im Gesuch treffen zu, -- Bischoff ist seinerzeit wegen seiner schwierigen finanziellen Lage dor Versuchung erlegen, auf dem genannten unerlaubten Weg etwas zusätzlich verdienen zu können, Zusammen mit seiner Ehefrau hat er seither unter grossen eigenen Verzichten wieder gutzumachen versucht. Frau Bischoff ist kränklich und überanstrengt, weshalb sie sich wiederholt in Spitalpflege gegeben musste. Auch mit den Kindern hatten die Gesuchsteller Sorgen. Eine Tochter erlitt vor Jahren einen schweren Schädelbruch mit bleibendem Nachteil; diesen Winter verunfallte der Sohn beim Skifahren und zog sich einen schweren Beinbruch zu, der wochenlangen Spitalaufenthalt erforderte. Da sich Bischoff seit dem Jahre 1946 nichts mehr hat zuschulden kommen lassen und über einen guten Leumund verfügt, glaubt die Oberzolldirektion, in Berücksichtigung der geschilderten Verhältnisse und im Hinblick auf das Bestreben des Verurteilten und seiner Ehefrau, den Verpflichtungen auch unter eigenen Opfern nachzukommen, einen Gnadenakt befürworten zu können. Wir schliessen uns dieser Beurteilung des Falles an und b e a n t r a g e n mit der Oberzolldirektion den Erlass des Bussenrestes.

4. Pierino Boldini, 1918, Musiker, Arzo (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 11. Februar 1948 zu Bussen von 2165, 84 Franken wegen Zollhehlerei mit Pelzmänteln, Seidenhemdon, Salami, Speck, Branntwein und Schraubenschlüsseln und 226,66 Franken wegen Gehilfenschaft beim Ausfuhrbannbruch mit Saccharin. Ausserdem verfügte
am 19; Februar 1948 die Eidgenössische Alkoholverwaltung in gleichem Zusammenhang eine Busse von 667 Franken wegen Widerhandlung gegen das Alkoholmonopol, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die gegen die drei Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 4. Juni 1948-abgewiesen; ebenso ein anschliessend daran eingereichtes Begnadigungsgesuch durch die Vereinigte Bundesversammlung (vgl. Antrag 162 des Berichtes vom l I.November 1948; BEI, III, 746). -- Die in der Folge eingeleitete Betreibung endete mit einem Verlustschein. Trotzdem zahlte Boldini in Teilbeträgen nach und nach 640 Franken ein, die seinem Wunsche gemäss zur Deckung der kleineren Zollbusse und als Anzahlung an die Alkoholbusse verwendet wurde. Heute stehen somit von

13 der Alkoholbusse noch 253,66 Pranken aus, sowie die ganze Zollbusse von 2165, 84 Franken, die vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio ani 17. Mai 1951 in drei Monate Haft umgewandelt wurde. Das Justizdepartement des Kantons Tessili gewährte Boldini hernach einen Aufschub von 6 Monaten, den es nach Einreichung des Gnadengesuches bis zum Entscheid der Bundesversammlung verlängerte.

Boldini ersucht um Begnadigung, Er sei angesichts der Unmöglichkeit der Erfüllung seiner grosson Verpflichtungen aus diesen Strafverfügungen von einer moralischen Depression erfasst worden, die ihm keine Euhe mehr lasse. Er habe mit grösster Mühe einen erheblichen Betrag abgeliefert. Mehr zu leisten, sei er im Hinblick auf die Erkrankung seiner Ehefrau und die Unterstützungspflichten gegenüber seiner Muttor nicht in der Lage gewesen und er sehe auch keine Möglichkeit, weitere Zahlungen zu leisten. Der Gedanke an die Haftverbüssung und die Trennung von seiner Familie sei ihm jedoch unerträglich. Bei allfälliger Haftverbüssung musate er zudem nach aller Voraussicht mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen. Er habe sich seinerzeit in seiner finanziell schwierigen Lage von schlechten Freunden zu diesen Verfehlungen verführen lassen, was er seither schwer bereut habe. Man möge ihm und seiner Familie den Frieden wieder geben.

Die Oberzolldirektion meldet auf Grund der Erhebungen der Kreiszolldirektion Lugano, dass die Vorbringen Boldinis den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Der Gesuchsteller arbeitet seit drei Jahren als Schreiner in Mendrisio. Auch die Ehefrau geht dem Erwerb nach, obschon sie gesundheitlich dazu eigentlich gar nicht in der Lage wäre. Trotzdem ist der Familienverdienst, aus dem die Eheleute Boldini mit ihrem Kind, sowie zum Teil auch die Mutter des Gesuchstellers leben müssen, äusserst gering. Die Zollkreisdirektion Lugano kommt nach Abklärung des Falles zum Schluss, dass die Folgen der Haftverbüssung für Boldini und seine Familie schwerwiegend sein würden-und dass diesem heute wohl nur noch die Begnadigung helfen könne. Im Mitbericht der Oberzolldirektion vom 7. Mär? 1952 wird darauf hingewiesen, der Gesuchsteller habe sich seinerzeit tatsächlich aus Not vergangen, es handle sich bei ihm nicht um einen Gewohnheitsvorbrecher und in den letzten 5 Jahren habe er sich nichts mehr zuschulden kommen
lassen. Er sei auch gemeinrechtlich nicht vorbestraft, geniesse einen guten Euf und gelte als fleissigor Arbeiter und musterhafter Familienvater, der ein sparsames und ehrenhaftes Leben führe.

Wir glauben unter diesen Umständen, namentlich im Hinblick auf die Erkrankung der Ehefrau, den seitherigen Familienzuwachs, sowie den inzwischen gezeigten-Sühnewillen, einen Gnadenakt empfehlen zu dürfen. Wir beantragen mit der Eidgenössischen Alkoholverwaltung und der Oberzolldirektion den Erlass des noch ausstehenden Bestes von 253, 70 Franken der Alkoholbusse, sowie den bedingt en Erlass der U m w a n d l u n g s s t r a f e von 3 M o n a t e n ; letzteren unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren.

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5. Jeanne Broquet, 1921, Hausfrau, Mailand (Italien), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 31. Juli 1947 zu 8401, 67 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie sich im Jahre 1946 an einem umfangreichen Handel mit geschmuggelten Seidenstrümpfen beteiligte! Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 13. November 1947 abgewiesen. Da die Verurteilte von den ihr eingeräumten vorteilhaften Zahlungserleichterungen keinen Gebrauch gemacht hatte, wurde die Busse am 14. November 1950 vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio in drei Monate Haft umgewandelt. -- Ein erstes Begnadigungsgesuch, in welchem Jeanne Broquet den der Strafverfügung zugrunde gelegten, von ihr seinerzeit protokollarisch anerkannten Sachverhalt zu bestreiten versuchte und die Strafverfügung als «Infamie» gegenüber der Familie Broquet bezeichnen liess, hat die Vereinigte Bundesversammlung in der Junisession 1951 \mter Hinweis auf die vollständige Einsichtslosigkeit der Gesuchstellerin abgewiesen (vgl. Antrag 20 des Berichtes vom 9. Mai 1951; BEI. II, 81).

Frau Broquet erneuerte ihr Gesuch in einem undatierten, bei der Bundeskanzlei am 8. April 1952 eingegangenen persönlichen Schreiben. Sie kommt wiederum zurück auf die Umstände der Tatbegehung, macht bescheidene finanzielle Verhältnisse geltend und erklärt sich erneut bereit, Opfer auf sich zu nehmen, unter der Voraussetzung jedoch, dass ihr Gelegenheit zu Teilzahlungen gegeben werde.

Die Gesuchstellerin kann wohl kaum erwarten, dass ihr erneut Zahlungserleichterungen eingeräumt werden, nachdem sie während Jahren das ihr gezeigte Entgegenkommen ungenützt liess. Nachdem die Zolldirektion Lugano Frau Broquet am 24. Januar 1948 die Möglichkeit zur monatlichen Tilgung der Busse in Betreffnissen von 200 Franken eingeräumt hatte, liess sie bis zur Einreichung des ersten Gesuches überhaupt nichts mehr von sich hören. Auch seit dessen Abweisung hat sie sich nicht um die Tilgung ihrer Schuld gekümmert ; nicht die bescheidenste Zahlung ist bisher eingegangen und nicht der geringste Beweis guten Willens liegt vor. Da die Verurteilte im neuen Gesuch auch keine Kommiserationsgründe geltend zu machen vermag und sich namentlich ihre finanzielle Lage seit Ausfällung der
Strafverfügung offenbar nicht verschlechtert hat, beantragen wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

Ist es der Verurteilten mit ihrem behaupteten Sühnewillen, entgegen den bisherigen langjährigen Erfahrungen, .ernst, so kann sie Zahlungen immer noch an das Justizdepartement des Kantons Tessin leisten, die dann als kantonale Vollzugsbehörde darüber entscheidet, ob solche nach erfolgter Umwandlung der Busse in Haft noch entgegengenommen werden können. Anderseits rechtfertigt es sich, der Verurteilten eine Frist von drei Jahren im Sinne von Artikel 895, Absatz 8, anzusetzen, um sie an der weiteren missbräuchlichen Einreichung von Gnadengesuchen zu hindern.

.6. Fritz Burri, 1920, Tramangestellter, Genf, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 27. Juli 1949 wegen Zollübertretung,

15 Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 2 971.84 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung; Burri hat im Jahre 1948 die illegale Einfuhr von Canadienne-Jacken, Handschuhen, Baskenmützen, Schuhen, Parfüm, eines Fahrrades und eines Ledermantels organisiert. Nachdem die geschuldeten Abgaben entrichtet und an die Busse 654,20 Franken bezahlt waren, ersuchte Burri um gnadenwpise Herabsetzung der Busse auf 1200 Franken. Die Vereinigte Bundesversammlung verweigerte ein Entgegenkommen in der Dezembersession 1950 mit dem Hinweis auf die Schwere der aus Gewinnsucht begangenen strafbaren Handlungen und das Fehlen von Kommiserationsgründen (vgl. Antrag 80 des Berichtes vom 2. November 1950; BEI. III, 333). Inzwischen hat Burri in monatlichen Teilzahlungen weitere 967,44 Franken, insgesamt somit 1621,64 Franken getilgt.

Der Verurteilte ersucht erneut um Begnadigung. Er macht geltend, die monatlichen Teilzahlungen belasteten ihn sehr. Seine persönliche und finanzielle Lage, wie er sie bereits im ersten Gesuch umschrieben habe, sei unverändert geblieben. In seinem Alter möchte er auch ans Heiraten denken; doch könne davon keine Eede sein, solange er von dieser drückenden Verpflichtung nicht befreit sei.

Es darf dem Gesuchsteller geglaubt werden, dass ihm die bisherigen Zahlungen an die Busse nicht immer leicht gefallen sind. Bei aller Anerkennung seiner Leistungen lassi sich jedoch ein Gnadenakt mit seinem Sühaewillen .

allein nicht begründen. Da nach seinen eigenen Angaben die persönlichen Verhältnisse sich nicht verschlechtert haben, nach dem eingeholten Steuerausweis seither sogar eine Einkommenserhöhung eingetreten ist, fehlen Kommiserationsgründe, die einen Gnadenakt rechtfertigen könnten. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung mit dem Hinweis auf die Bereitschaft der Vollzugsbehörde, dem Verurteilten wie bis anhin angemessene Zahlungserleichterungen zu gewähren.

7. Gilbert Clerc, 1920, Vertreter, Genf, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 27. April 1950 wegen Ausfuhrbannbruchs und Gehilfenschaft hiebei zu 3677,50 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Clerc führte zusammen mit einem Dritten 2164 Baar Nylonstrümpfe nach Frankreich aus. Bei der vierten Fahrt
wurde er am 31. Oktober 1949 von der französischen Polizei erwischt und in Haft gesetzt, wo er bis zum 20. Februar 1950 verblieb. -- Die Strafverfügung der Oberzolldirektion wurde Clerc am 10. Mai 1950 eröffnet. Am 3. Juni 1950 erhob er beim Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement Einsprache und verlangte die gerichtliche Beurteilung. Diesem Begehren konnte nach der rechtsgültig erfolgten, vorbehaltlosen Unterziehung nicht entsprochen werden.

Eine Beschwerde an den Bundesrat wurde am 3. März 1951 abgewiesen. ·-- Clerc bezahlte nichts, so dass die Betreibung durchgeführt werden musste, die mit einem Verlustschein endete. Dem Antrag der Zollbehörden auf Um-

16 Wandlung hat der Staatsanwalt des Kantons Genf entsprochen. Der Verurteilte hat die Smonatige Haftstrafe am 12. Januar 1952 angetreten.

Am 5. März ersuchte Clerc durch einen Eechtsanwalt um Begnadigung.

Er verweist auf seine Verurteilung in gleicher Sache durch die französischen Behörden, seine Familienpflichten und einen langen Spitalaufenthalt der Ehefrau. Er sei nicht vorbestraft und habe sich freiwillig zum Strafantritt gestellt. -- Dem Gesuch liegt eine Bescheinigung des Kantonsspitals bei, wonach Frau Clerc wahrend 11 Tagen in der Maternité geweilt und eine Rekonvaleszenz von 14 Tagen benötigt habe.

Die Bundesanwaltschaft hat dem Gnadengesuch Clercs mit Verfügung vom 24. März entgegen dem Antrag der Oberzolldirektion aufschiebende Wirkung erteilt, "Wenn auch im vorliegenden Fall keine Kommiserationsgründe vorliegen, die nach der bisherigen Praxis ein Entgegenkommen rechtfertigen könnten, wollte sie das Gesuch der Begnadigungsbehörde nicht entziehen. Das wäre geschehen, wenn die aufschiebende Wirkung verweigert worden wäre.

Keinen Grund für einen Gnadenakt bildet der Umstand der Verurteilung Clercs in Frankreich, mit der dieser von Anfang an hat rechnen müssen, wobei er auch über die Schwere der dort verhängten Strafsanktionen als Grenzbewohner durchaus im klaren sein musste. Damit lässt sich der schweizerische Strafanspruch nicht abgelten. Um so weniger, als Clerc sich ohne Not aus blosser Gewinnsucht verging. Eine Verschlechterung der finanziellen Lage seit Ausfällung der Strafverfügung ist nicht eingetreten. Wenn die Ehefrau während der Zeit des Haftvollzuges gewissen Schwierigkeiten begegnet, so ist dies eine Erscheinung, die beim Vollzug von Freiheitsstrafen sehr oft zu beobachten ist. Wollte man beginnen, mit diesen Folgen der Strafvollstreckung jeweils einen Gnadenakt zu begründen, so könnte sehr bald ein Grossteil der Strafen überhaupt nicht mehr vollzogen werden. Der-Nachweis, dass Frau Clerc tatsächlich in eine Notlage geraten wäre, ist übrigens nicht einmal erbracht. Es fehlen somit Kommiserationsgründe, die uns erlauben würden, einen Gnadenakt zu befürworten, weshalb wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung beantragen.

8. Federigo Colombo, 1909, Metzger, Lugano (Tessin), durch Strafverfügung der Oberzolldirektion, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser
Ünterziehung, wie folgt verurteilt: Am 27. Mai 1947 wegen Zollhehlerei zu 728 Franken Busse, weil er im November 1946 einem Dritten behilflich war, Schinken und Wurstwaren, die, wie er wusste, unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden waren, in Lugano abzusetzen. Ferner am 9. April 1947 zu 2105 Franken Busse, weil er im Dezember 1946 Beis und Wurstwaren, die von italienischen Schmugglern illegal über die Grenze gebracht worden waren, mit einem Auto ins Landesinnere verbrachte, bzw. zu verbringen versuchte und sich gleichzeitig bereit erklärte, einen Abnehmer für die Ware zu finden. Mit Entscheid vom 28. Juni 1947 des Eidgenössischen Finanz- und

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ZoUdepartements wurde auf die gegen die erste Strafverfügung eingereichte Beschwerde wegen Fristversäumnis nicht eingetreten und die Beschwerde gegen die zweite Busse abgewiesen. Da Colombo trotz Einräumung von Erleichterungen nur ganz ungenügende Zahlungen leistete (insgesamt nur 187, 50 Franken) und die Betreibung mit der Ausstellung eines Verlustscheines endete, wandelte der Gerichtspräsident von Mendrisio die Bussen am 17. Juni 1949 in 66 Tage und drei Monate Haft um. Das erste mit ungünstigen Arbeitsverhältnissen und der inzwischen erfolgten Heirat begründete Gnadengesuch wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1949 abgewiesen mit dem Hinweis auf den fehlenden Zahlungswillen, die gewinnsüchtigen Motive der ohne Not erfolgten Tatbegehung, sowie auf die Abweisung der Begnadigungsgesuche verschiedener Mitbeteiligter (vgl. Antrag 18 des Berichtes vom 14. November 1949;.BEI. II, 912).

Durch einen Eechtsanwalt ersucht Colombo erneut um Begnadigung oder sonst irgendeine Erleichterung im Strafvollzug, damit ihm die Verbüssung einer Gefängnisstrafe erspart bleibe. Seit Abweisung des ersten Gesuches habe er mit äusserster Anstrengung, trotz der Krankheit und dem Tode der Ehefrau und der aus diesem Unglück entstandenen Kosten 900 Franken an die beiden Bussen bezahlt und damit das in seiner Lage äusserst Mögliche geleistet. Er sei nun wieder zur Verbüssung der Haftstrafe von 3 Monaten aufgefordert worden, da ein weiterer Strafaufschub nicht mehr gewährt werden könne.

Man möge seine traurige Lage wohlwollend berücksichtigen.

Colombo hat trotz der ihm aus der Krankheit und dem Hinschied seiner Ehefrau erwachsenen erheblichen Kosten 900 Franken an die Bussen bezahlt.

Diesen Verpflichtungen nachzukommen scheint ihm nach der Darstellung der Zollbehörden wegen seines geringen Lohnes nur mit Hilfe von Angehörigen möglich gewesen zu sein. Da dem Verurteilten an der rechten Hand drei Finger fehlen, ist er beruflich behindert und er wird deshalb schwerlich je ein wesentlich höheres Einkommen erzielen. Unter diesen Umständen und im Hinblick auch auf die guten Auskünfte über Colombo seitens der Ortspolizeibehörden und der Arbeitgeber, empfiehlt die Oberzolldirektion eine Teilbegnadigung. -- Wir anerkennen den vom Gesuchsteller bezeugten Sühnewillen ebenfalls, müssen jedoch festhalten,
dass die Tilgung einer Busse auch bei erheblicher Anstrengung und selbst unter persönlichen Opfern für sich allein keinen Gnadenakt zu begründen vermag, sondern lediglich auf die erhöhte Begnadigungswürdigkeit hinweist. Ein Entgegenkommen könnte nach der bisherigen Praxis der Begnadigungsgesuche einzig in Betracht fallen, wenn auch eigentliche Kommiserationsgründe vorhegen würden, so z. B. wenn sich die Lage des Verurteilten seit dem Urteil unverschuldet, ganz wesentlich verschlechtert hätte. Eine solche hier ins Gewicht fallende Verschlechterung ist jedoch nicht nachgewiesen. Zwar hat Colombo für die angelaufenen Verpflichtungen im Hinblick auf sein monatliches Einkommen von 450 Franken voraussichtlich die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen müssen. Immerhin fällt auf, dass er sich selbst dazu nicht äussert; die gegenwärtigen Schulden durften demzufolge 2 Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. IL

18 nicht sehr hoch sein. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der Gesuchsteller heute als Witwer ohne Unterstützungsverpflichtungen in finanzieller Hinsicht besser dasteht als zuvor. Wir halten unter diesen Umständen dafür, dass Kommiserationsgründe für einen Gnadenakt heute fehlen. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung, immerhin mit dem Hinweis an die Vollzugsbehörde, dass es Colombo zu ermöglichen sei, seine Busse auch weiterhin in angemessenen Teilzahlungen abzutragen, unter der Voraussetzung allerdings, dass er den ihm auferlegten Zahlungsplan peinlich genau einhalte.

9. Marcel Currat, 1905, Bankbeamter, Genf, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 11. Juli 1951 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Gold und Anstiftung dabei zu einer Busse von 86 111,20 Franken, ohne Nachlass, da rückfällig. Der Wert des in diesem Zusammenhang illegal verschobenen Goldes belief sich auf rund l 800 000 Pranken. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Bundesrat am 21. November 1951 abgewiesen. -- Da die Zahlungsaufforderungen erfolglos blieben, wurde die Betreibung eingeleitet, die noch hängig ist.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um erhebliche Herabsetzung der Busse, die in keinem Verhältnis stehe zu dem, was ihm zur Last gelegt werde. Nicht nur sei dem Umstand nicht Eechnung getragen worden, dass er den Wert des durch seine Hände gegangenen Goldes nicht genau gekannt habe, sondern die Busse trage auch seiner finanziellen Lage in keiner Weise Eechnung. Überdies sei,er bereits kriegswirtschaftlich gebüsst worden.

Er bekleide nur eine bescheidene Stelle auf einer Bank und habe für 4 Kinder aufzukommen. Da Vermögen fehle, sei es augenscheinlich, dass er die Busse nie werde bezahlen können.

Die Ausführungen im Gnadengesuch charakterisieren sich weitgehend als Eekurs gegen den letztinstanzlichen Beschwerdeentscheid des Bundesrates.

Der Gesuchsteller übersieht dabei, dass die Vereinigte Bundesversammlung keine Oberrekursbehörde ist und es von jeher abgelehnt hat, rechtskräftige Urteile einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. Tatsachen, mit denen sich eine Begnadigung begründen liesse, bringt Currat nicht vor. Zwar versucht er, unter Hinweis auf seine bescheidene Stellung als i Bankbeamter und auf seine
Unterhaltspflichten gegenüber seiner Familie, den Anschein zu erwecken, er befinde sich in einer prekären Lage, Die Überprüfung der Verhältnisse des Verurteilten ergab indessen, dass er in durchaus geordneten Verhältnissen lebt und ohne weiteres in der Lage wäre, wenigstens ansehnliche Teilzahlungen an seine Bussenschuld zu leisten. Dass er nicht einmal die Zahlungsaufforderungen beachtete, es zur Betreibung kommen liess und nun meint, im Wege der Begnadigung um seine Strafe herumkommen zu können, lässt auf Uneinsichtigkeit und fehlenden Sühnewillen schliessen; beides sind Umstände, die ihn eines Entgegenkommens zum vornherein wenig würdig erscheinen lassen. Dazu kommt nun aber noch, dass Currat in den Jahren 1944-1946 nicht weniger als dreimal wegen gleichartiger Verfehlungen mit hohen Bussen hat belegt werden

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müssen. Es handelt sich somit beim Gesuchsteller um einen unverbesserlichen Goldschieber, der überhaupt keine Gnade verdient. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion entschieden die Gesuchsabweisung.

10. Rémy Défago, 1919, Handelsvertreter, Monthey (Wallis), verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom 11. Februar 1950 wie folgt: Wegen Mittäterschaft bei Ausfuhrbannbrueh von Nylonstrümpfen im Werte von 4800 Franken zu 2866,67 Franken Busse, wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Goldstücken zu 208,34 Franken Busse, wegen Zollübertretung und illegaler Einfuhr von Autobestandteilen zu 98,40 Franken Busse und endlich wegen Einfuhrschmuggels von Schuhen zu 81,20 Franken Busse, wobei die letzten beiden Strafen nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Gnadengesuches bilden. In allen Fällen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden. -- Den Verurteilten erreichte die Straferöffnung im Zuchthaus. Da keine Zahlungen eingingen und die Betreibung mit einem Verlustschein endete, wurden die vier Bussen vom Gerichtspräsidenten von Monthey am SO. August 1950 in 125 Tage Haft umgewandelt. Um seinem Sohn das Absitzen der Haftstrafe zu ersparen, machte der Vater eine erste Zahlung von 1000 Franken und verpflichtete sich überdies bis zur Abtragung der Bussen monatlich 120 Franken zu überweisen. Derart sind bis jetzt insgesamt 2680 Franken bezahlt worden; mit andern Worten, es sind die letztgenannten drei Bussen gänzlich getilgt und von jener im Betrage von 2866,67 stehen noch 519,61 Franken aus, bzw. es sind noch 52 Tage Haft zu verbüssen.

Défago ersucht um Erlass des Bussenrestes. Er macht geltend, sich nach bestem Können angestrengt zu haben, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Leider sei es ihm trotz aller Mühe nicht gelungen, alles zu bezahlen.

Sein 72jähriger Vater habe für ihn grosse Opfer gebracht, so dass heute nur noch ein Best von 600 Franken ausstehe. Für sich und seinen alten Vater erßuche er um Gnade.

Der Verurteilte führt überhaupt keine Kommiserationsgründe an, die einen Gnadenakt zu begründen vermöchten. Wie aus seinem Gesuch entnommen werden muss, hat er aus eigenen Mitteln an seine Busse überhaupt nichts bezahlt. Er ist überdies wegen unerlaubter Entfernung militärgerichtlich und wegen Betruges und Diebstahls gemeinrechtlich
vorbestraft. So sehr auch zu wünschen wäre, dass dem betagten Vater die für seinen Sohn übernommene Last abgenommen werden könnte, so darf auch hier für den Entscheid über das Gesuch ausschliesslich von den Verhältnissen des Verurteilten ausgegangen werden. Dieser ist aber nach dem oben Gesagten eines Gnadenaktes nicht würdig.

Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

11. Jakob Egli, 1922, Transportunternehmer, Niederteufen (Appenzell A.Eh.), verurteilt durch StrafVerfügung der Oberzolldirektion vom 14. Juni 1950 wegen wiederholter Zollübertretung, Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatz- und Luxussteuer zu 8037, 78 Franken Busse, unter Nachlass

20 eines Drittels wegen vorbehaltloser ünterziehung. Egli beauftragte im Jahre 1948 einen Dritten, zwei Schnellganggetriebe und eine Einspritzpumpe für Automobile illegal von Deutschland nach der Schweiz zu verbringen und verkaufte dieses Material nachher in der Schweiz. Im selben Jahr schmuggelte er selbst, in seinem Lastwagen versteckt, weitere vier Einspritzpumpen, l Pelzmantel, 2 Photoapparate, l Belichtungsmesser und 40000 Nähnadeln in die Schweiz ein. Eine gegen diese Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 14. September 1950 abgewiesen. Egli beachtete zunächst die Zahlungsaufforderungen überhaupt nicht. Im Betreibungsverfahren erhob er sogar Bechtsvorschlag, den er jedoch vor der richterlichen Rechtsöffnung zurückzog. Die Vollzugsbehörde ging in der Folge auf sein Angebot monatlicher Teilzahlungen von 500 Franken ein, die jedoch nur unregelmässig erfolgten. Es stehen heute immer noch 1457,18 Franken aus.

Egli ersucht um Herabsetzung des Bussenrestes auf 300 bis 500 Franken.

Er macht geltend, im November des vergangenen Jahres infolge Steuerbruchs mit seinem Lastwagen verunfallt zu sein, was ihm, da eine Kaskoversicherung nicht bestand, ausserordentlich hohe Beparaturkosten verursacht habe. Er habe bisher bezahlt was ihm möglich gewesen sei.

Der Gesuchsteller war in den Jahren 1946/47 in einem Transportgeschäft in St. Gallen als Chauffeur tätig und machte sich dann selbständig. Dabei erwarb er gleich zwei Lastwagen, von denen er den einen jedoch bald wieder verkaufen musste. Obschon der Auftragsbestand vom Jahre 1949 hinweg offenbar auch für einen einzigen Lastwagen ungenügend war, scheint sich Egli versteift zu haben, selbständig zu bleiben, was ihn dann in Schwierigkeiten brachte. Dazu kam der von ihm erwähnte Unfall, der nach den zu den Akten gelegten Unfallphotographien ganz erhebliche Keparaturkosten nach sich ziehen musste.

Dem Mitbericht der Oberzolldirektion zufolge findet Egli auch bei der Gemeindebehörde von Teufen keine eindeutig gute Beurteilung. Es wird ihm dort Eenitenz zu Last gelegt. Trotzdem er oft längere Zeit keine Transportaufträge erhält, lehnt er es offenbar ab, einen andern Broterwerb zu suchen.

Hat er keine Aufträge, so arbeitet er eben nichts. Diese Auskünfte lassen den ledigen und mit Unterstützungspflichten
unbelasteten Gesuchsteller, der sich fast gewerbsmässig dem Schmuggel verschrieben hatte und dem es andrerseits am Willen fehlt, um jeden Preis Arbeit zu finden, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können, eines Gnadenaktes wenig würdig erscheinen. Wir sind mit der Oberzolldirektion der Auffassung, dass es Egli bei ernsthaftem Willen möglich ist und auch zugemutet werden darf, seine Büssenschuld zu tilgen. Wir b e a n t r a g e n deshalb die Gesuchsabweisung, wobei es dem Ermessen der Vollzugsbehörde anheimgestellt ist, dein Verurteilten weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen zu gewähren.

12. Eduard Erne, 1918, österreichischer Staatsangehöriger, Kupferschmied, Bregenz (Österreich), verurteilt durch S traf Verfügung der Oberzolldirektion

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vom 3. März 1950 wegen wiederholter Zollübertretung, Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 987,94 Franken Busse, sowie wegen wiederholter Zollhehlerei zu 62,60 Franken Busse, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Erne übernahm es, für einen Dritten verschiedene Autobestandteile in die Schweiz einzuschmuggeln und dort abzusetzen, sowie bereits in der Schweiz befindliches Schmuggelgut zu verkaufen.

Erne hat in Teilzahlungen bisher 653,49 Franken bezahlt.

Der Verurteilte ersucht um Brlass des Bussenrestes, nachdem er annähernd die Hälfte bezahlt habe. Als Begründung fügte er erst einige Monate später bei, er sei sich zwar durchaus der Unzulässigkeit seines Verhaltens bewusst gewesen, habe jedoch aus Nächstenliebe gehandelt, da das Kind des Auftraggebers angeblich krank gewesen sei.

Soweit die Zollbehörden die Verhältnisse dieses im Ausland lebenden Gesuchstellers überprüfen konnten, gelangen sie zum Schlüge, dass ihm die weitere Tilgung der Busse in Teilzahlungen zugemutet werden könne. Die Überweisung der einzelnen Betreffnisse ist ohne weiteres über die Verrechnungsstelle möglich, wenn Erne von der bis anhin geübten Zahlungsweise abzugehen wünschen sollte. Da der Verurteilte Kommiserationsgründe überhaupt nicht geltend macht und solche auch nicht bekannt sind, beantragen wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

18. Carlo Gavazzini, 1908, Spengler, Euvigliana (Tessin), 14. Ernilio Gavazzini, 1908, Spengler, Cassarate (Tessin), durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom 4. März 1947 wie folgt verurteilt: Carlo Gavazzini zu einer Busse von 5015,60 Franken, weil er im Herbst 1946 mit italienischen Schmugglern die illegale Einfuhr von Waren in die Schweiz vereinbarte und sich verpflichtete, das Schmuggelgut bis zum Abruf bei sich aufzubewahren. Ferner weil er in Italien auf eigene Eechnung gekaufte Waren durch die gleichen Schmuggler illegal in die Schweiz einzuführen versuchte.

E mi li o Gavazzini zu Bussen von 4557.81 und 8150 Franken, weil er seinen Bruder Carlo bei den oben angeführten Vergehen unterstützte und weil er ferner, wie sich in der Untersuchung herausstellte, bereits in den Jahren 1944 und 1945 mit italienischen Schmugglern in Verbindung stand, von denen er verschiedene Waren gegen Zigaretten eingetauscht hatte. Die gegen
die StrafVerfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom Eidgenössischen Finanzund Zolldepartement abgewiesen.

Ein erstes Gnadengesuch der beiden Verurteilten wurde in der Junisession 1948 unter Hinweis auf den trotz geordneten finanziellen Verhältnissen völlig fehlenden Zahlungswillen und die Bückfälligkeit beider Gesuchsteller abgewiesen (vgl. Anträge 285 und 286 des Berichtes vom 26. Mai 1948; BBÌ II, 560). In der Folge entschlossen sich die Verurteilten erst zu Zahlungen, nachdem die Vollzugsbehörde die Betreibung eingeleitet hatte. Die geschuldeten Bussensummen belaufen sich heute noch auf 1802, 55 Franken für Carlo und 4594,46 Franken für Emilio Gavazzini.

22 Im März reichten die Verurteilten, ein gemeinsames Gesuch um Erlass der Bussenreste ein. Sie machen missliohe finanzielle Verhältnisse und grosse Familienlasten geltend, sowie Unterhaltspflichten gegenüber ihrer Mutter. Die bisherigen Zahlungen seien ihnen nicht leicht gefallen. Seit der auf eine Notlage zurückzuführenden Tatbegehung hätten sie sich wohlverhalten.

Die finanzielle Lage der beiden Gesuchsteller ist nach wie vor geordnet und es lässt sich damit eine Begnadigung nicht begründen. Beide verfügen über ein Berufseinkommen, das sie befähigt, mit der Abtragung der Bussen fortzufahren. Zudem sind sie Gesamteigentümer der ungeteilten Erbschaft ihres Vaters. Seit Abweisung des ersten Gesuches haben sich die Verhältnisse der Brüder Gavazzini nicht verschlechtert. Andererseits haben die Verurteilten den Schmuggel gewerbsmässig betrieben und von einer Notlage im Zeitpunkt der Tatbegehung war nach den Feststellungen der Oberzolldirektion so wenig die Rede wie heute eine solche vorliegt. Beide Gavazzini sind überdies wegen Zollhehlerei vorbestraft. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, unter Ansetzung einer Frist von drei Jahren im Sinne des Artikel 395, Absatz 8, StGB.

15. Albert Giacobino, 1895, Kaufmann, Genf, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 27. April 1950 wegen Ausfuhrbannbruchs zu 4418 Franken Busse, ohne Nachlass, da rückfällig. Giacobino hat, angeblich weil er in Frankreich eine Schuld zu tilgen hatte, die Finanzierung eines Schmuggels mit 2800 Nylonstrümpfen (Wert 8829 Franken) nach Frankreich übernommen, deren Verkaufserlös für die Tilgung der Schuld hätte dienen sollen. Ein allfälliger Überschuss war zur Teilung zwischen Giacobino und seinem Partner im Verhältnis 1:2 vorgesehen. Der Schmuggel wurde von den französischen Behörden entdeckt und die Ware beschlagnahmt. -- Die Straf eröffnung kam mit dem Vermerk «nicht abgeholt» zurück; ebenso die Zahlungsaufforderung. Es wurde deshalb das Betreibungsverfahren eingeleitet, in welchem der Verurteilte Eechtsvorschlag erhob. Dieser wurde im EechtsÖffnungsverfahren beseitigt, worauf Giacobino nachträglich die gerichtliche Beurteilung verlangte. Auf dieses Begehren ist das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement nicht eingetreten, da die Straf Verfügung der Oberzolldirektion
rechtskräftig war. Eine Lohnpfändung brachte 200 Franken ein, worauf der Verurteilte die Stelle verliess und der Vollzugsbehörde ein Verlustschein ausgestellt wurde. Auf das Umwandlungsbegehren hin setzte der Staatsanwalt des Kantons Genf dem Verurteilten eine neue Zahlungsfrist von 3 Monaten und forderte ihn dann zur Erstehung der Umwandlungsstrafe von drei Monaten auf, dem Giacobino indessen keine Folge leistete.

Durch einen Kechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Begnadigung. Er macht geltend, er habe seinerzeit einem Mitbeschuldigten den Betrag von 8800 Franken übergeben, um für ihn in Frankreich eine Schuld zu bezahlen.

Statt diesen Auftrag auszuführen, habe der Dritte Nylonstrümpfe gekauft und diese nach Frankreich geschmuggelt. Er habe dabei unterlassen, eine echwei-

23 zerische Ausfuhrbewilligung einzuholen, weshalb die Zollbussen ausgesprochen worden seien. Diese Ausfuhrbewilligung wäre indessen ohne weiteres erhältlich gewesen, und überdies sei das Ausfuhrverbot für diese Ware einige Monate später aufgehoben worden. Ihm selbst sei es, wie gesagt, nur darum zu tun gewesen, seine Schuld in Frankreich zu bezahlen, und nicht darum, ein Zolldelikt zu begehen und einen Gewinn zu machen. Er sei nun aber sogar strenger bestraft worden als jene, die die Ware über die Grenze geschmuggelt hätten.

Er lebe in schwierigen finanziellen Verhältnissen, habe seine Stelle verloren, und es sei ihm nicht gelungen, wieder eine feste, anständig bezahlte Anstellung zu finden. -- Dem Gesuch ist vom Bundesanwalt am 2. Februar 1952 aufschiebende Wirkung erteilt worden.

Die Vorbringen des Gesuchstellers vermögen in keiner Weise zu überzeugen und ·widersprechen zum Teil auch seinen Angaben in dem von ihm unterzeichneten Zollprotokoll vom 2. März 1950. Danach hat Giacobino von Anbeginn an mit seinem Partner verabredet, die Zahlung 'der Schuld in Frankreich müsse gleichzeitig für ein einträgliches Nebengeschäft iu Form eines Schmuggels benutzt werden. Das auf den Verurteilten als Organisator und Hauptverantwortlichen zur Anwendung gebrachte Strafmass ist deshalb durchaus angemessen.

Die finanzielle Lage des gesundheitlich nicht starken Gesuchstellers ist nicht gut; doch lässt sich nicht übersehen, wieweit dieser Umstand selbstverschuldet ist. Jedenfalls wird gemeldet, Giacobino habe das von seinen Eltern Ererbte durohgebracht. Die von der Oberzolldirektion mit ihrem Mitbericht vom 29. Januar 1952 vorgelegten Akten zeigen ferner, dass der Verurteilte wenig vertrauenswürdigt ist. Er wird dort geschildert als haltloser Mensch und Gelegenheitsdelinquent, der schon morgen wieder mit den Gesetzen in Konflikt geraten könne, wenn sich ihm eine lohnend scheinende Gelegenheit biete. Er ist denn auch zollreohtlich früher schon wegen versuchten Ausfuhrbannbruchs mit Gold zu einer hohen Busse verurteilt worden. Kriegswirtschaftlich bestehen zwei Urteile, die je auf Gefängnis und Busse lauten, und ein weiteres, das ihn mit einer Busse von 800 Franken belegt. Die Eidgenössische Steuerverwaltung musste ihn wegen Hinterziehung der Luxussteuer für Goldchronometer mit einer Busse von 5000 Franken
belegen. Wir sehen unter diesen Umständen keine Möglichkeit, einen Gnadenakt zu empfehlen; weder liegen Kommiserationsgründe vor, noch ist Giacobino eines Entgegenkommens würdig. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

16. Kurt Hauser, 1923, Keisender, Zürich, verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom 10. Juni 1948 wegen Ausfuhrbannbruchs, begangen mit Gold und Golduhren, zu 749,34 Franken Busse und wegen Anstiftung zu Zollübertretung, Hinterziehung der Warenumsatzsteuer und Bannbruchs, begangen durch die illegale Ein- und Ausfuhr eines in Italien gekauften Automobils, zu 3120 Franken Busse, je unter Naohlass eines Drittels wegen

24 vorbehaltloser Unterziehung. Das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement hat am 15. Oktober 1948 eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde und am 11. April 1949 ein Bevisionsgesuch abgewiesen. -- Die Zahlungsaufforderungen blieben erfolglos, so dass die Betreibung eingeleitet werden musate, die der Gesuchsteller durch die Erhebung des Bechtsvorschlages hemmte. Die Vollzugsbehörde erklärte sich in der Folge entgegenkommende'rweise nochmals bereit, Teilzahlungen entgegenzunehmen, die jedoch nur ganz unregelmässig und mühsam eingingen. Im Laufe von rund drei Jahren hat Hauser 1270 Franken an die beiden Bussen bezahlt, wodurch der Straf fall betreffend die illegale Ausfuhr von Gold und Uhren erledigt wurde. Von der zweiten Busse sind noch 2602 Franken zu tilgen. Dem Verurteilten wurde am 11. Februar 1952 eröffnet, dass er bei weiterer Säumnis unwiderruflich mit der Bussenumwandlung zu rechnen habe, worauf dieser ein Gnadengesuch einreichte.

Hauser ersucht um Begnadigung. Er befinde sich in grossen finanziellen Schwierigkeiten. Weil er als Vorbestrafter keine gut bezahlte Stelle erhalten könne, sei er einfach nicht mehr in der Lage, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Die finanzielle Lage des Gesuchstellers ist nach den Erhebungen der Zollbehörden tatsächlich schlecht. Indessen ist sie selbst verschuldet und deshalb nicht geeignet, als Grundlage für einen Gnadenakt zu dienen. Hauser musste im Mai 1950 vom Obergericht des Kantons Zürich wegen wiederholter Einfuhr und wiederholten Inumlaufsetzens falscher Banknoten, wiederholten Betruges und wegen Veruntreuung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt werden. Wir sind der Auffassung, dass der ledige und mit Unterstützungspflichten nicht belastete Gesuchsteller, wenn er wirklich den richtigen Sühne- und Arbeitswillen hätte, auch angesichts der Belastung, die das genannte Urteil bei der Stellensuche bildet, einen anständigen Arbeitsplatz finden könnte. Nur musste er sich dazu entschliessen, sein Brot unter Umständen auch durch seiner Hände Arbeit zu verdienen. An diesem unbedingten Willen zur Arbeit und zur Wiedergutmachung um jeden Preis scheint es aber Hauser zu fehlen; sonst könnte ihm nicht das Zeugnis ausgestellt werden, er treibe sich ganz im Gegensatz zu seinen Verhältnissen als nobler Herr in den Baren herum. Bei dieser
Sachlage stellen wir mit der Oberzolldirektion die Unwürdigkeit des Gesuchstellers für einen Gnadenakt fest und beantragen mit dieser die Gesuchsabweisung.

17. Hedwig Hutmacher, 1918, Hausfrau, Zürich, verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 10. Dezember 1948 wegen Ausfuhrbannbruchs mit 1358 Uhren im Gesamtwert von rund 28 000 Franken zu 3724, 67 Franken Bussei unter Nachläse eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. -- Der Verurteilten wurden auf Zusehen hin monatliche Teilzahlungen von 100 Franken bewilligt. Bis zum Monat August 1950 waren 800 Franken bezahlt, worauf Frau Hutmacher nichts mehr von sich hören liess. Die Aufenthaltsnachforschungen blieben zunächst erfolglos, ergaben

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dann aber, dass die Familie Hutmacher die ganze Wohnungseinrichtung verkauft und nach Südamerika ausgewandert sei. Das Bezirksgericht Uster wandelte in. der Folge die Busso in S Monate Haft um und veröffentlichte diesen Entscheid im Bundesblatt (1951, III, 121).

Durch einen Bechtsanwalt ersucht die Verurteilte um Begnadigung. Sie weist auf ihre äusserst missliche finanzielle Lage zur Zeit der Tatbegehung hin.

Es sei dies der Grund, weshalb sie sich habe zum Schmuggel verleiten lassen.

Im übrigen sei die erhaltene Belohnung von 500 Franken lächerlich gering gewesen. Unter grössten Opfern habe sie bis Herbst 1948 800 Franken bezahlt, sei dann mit ihrem Mann und den beiden Kindern nach Südamerika ausgewandert, wo sie indessen das Klima nicht ertragen habe. Ihr Mann habe sie deshalb in die Schweiz zurückgeschickt, wo sie bei der Ankunft sogleich verhaftet worden sei, jedoch gegen das Versprechen, monatlich 125 Franken an die Busse zu zahlen, vorderhand wieder freigelassen wurde. Nachdem sie das erste fällige Monatsbetreffnis überwiesen habe, müsse sie feststellen, dass ihr weitere Zahlungen angesichts ihrer Mittellosigkeit einfach nicht mehr möglich seien. Von den Kindern möge man sie nicht wegnehmen. Es liege hier ein Härtefall vor, der sicher Milde verdiene.

Frau Hutmacher, die mit ihren beiden Kindern allein von. Argentinien zurückkehrte, ist gänzlich mittellos und auf die Unterstützung durch die selbst von einer Tochter in Persien unterstützte Schwiegermutter und eine Schwägerin angewiesen. Sie bemühe sich, eine Stelle zu finden, was aber im Hinblick auf ihr Alter und die Fürsorge für ihre beiden Mädchen nicht leicht sei. Überdies meldet die Vollzugsbehörde, es sei mit dem Gesundheitszustand Frau Hutmachers nicht zum besten bestellt.

Die Gesuchstellerin hat die Verfehlungen begangen, als es ihr finanziell nicht gut ging; eine eigentliche Notlage bestand damals jedoch nicht. Frau Hutmacher muss ferner zum Vorwurf gemacht werden, dass sie, nachdem ihr von der Zollbehörde in sehr entgegenkommender Weise Zahlungserleichterungen eingeräumt worden waren, von Zürich wegzog, ohne sich irgendwie mit dieser zu verständigen. Sie hat sich dadurch die Schwierigkeiten, in denen sie sich heute befindet, namentlich aber auch die Umwandlung der Busse in Haft und ihre Festnahme bei der Bückkehr, selbst
zuzuschreiben. Demgegenüber darf zu ihren Gunsten wohl festgehalten werden, dass sowohl für die Tatbegehung wie auch für ihren heimlichen Wegzug weitgehend ihr Ehemann die moralische Verantwortung wird übernehmen müssen.

Der StrafsaoheHdienst Zürich der Eidgenössischen Zollverwaltung hat die Verhältnisse der Gesuchstellerin einlässlich geprüft und diese selbst einvernommen. Die Nachforschungen ergaben die Eichtigkeit aller Angaben. Frau Hutmacher wird als.pflichtbewußte Hausfrau geschildert, die einen guten Leumund geniesst. Die Zahlung von 925 Franken erfolgte unter schwierigen Verhältnissen und verdiene Anerkennung. Weitere Leistungen seien Frau Hutmacher wohl auf lange Zeit hinaus nicht mehr möglich. Wird doch der Ehemann, wenn

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er in die Schweiz zurückkehrt, zunächst die ihm für seine eigene nichtbezahlte Busse auferlegte Haftstrafe von drei Monaten verbüssen müssen. Wir können uns bei dieser Sachlage der Empfehlung auf Gutheissung des Gesuches durch die Oberzolldirektion ansohliessen und beantragen den bedingten Erlass der für den Bussenrest ausgesprochenen Haftstr,afe von 8 Monaten, unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

·18. Jakob Hutter, 1906, Hilfsarbeiter, Widnau (St. Gallen), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 14. Juli 1947 wegen fortgesetzt, begangenen Ausfuhrbannbruchs zu 5733,84 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels, weil er im Frühjahr 1947 zusammen mit einem Dritten, in Nichtbeachtung des bestehenden Ausfuhrverbotes, grosse Mengen Saccharin unter Umgehung der Zollkontrolle nach Österreich verschoben hat. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement ain 18. Oktober 1947 abgewiesen; ebenso ein erstes mit dem Vorliegen finanzieller Schwierigkeiten begründeten Begnadigungsgesuch. Die Bundesversammlung liess sich dabei von der Überlegung leiten, eine Notlage bestehe nicht, und es wäre Hutter ohne weiteres möglich gewesen, Zahlungen an die Busse zu leisten. Ausserdem sprachen eindeutig gegen den Verurteilten die Bereicherungsabsicht bei der Tatbegehung und die Vorstrafen (vgl. Antrag 292 des Berichtes vom 26. Mai 1948; BEI II, 568). -- Die nach Abweisung des ersten Gesuches an den Verurteilten gerichtete Zahlungsaufforderung wurde von diesem nicht beachtet, so dass die Betreibung eingeleitet werden musste.

Aus der Lohnpfändung ergab sich der Betrag von 512,90 Franken; sie fiel dahin, als Hutter seme Stellung aufgab. Auf Grund des Verlustscheines erfolgte alsdann am 30. August 1949 die Umwandlung der Bestbusse in drei Monate Haft durch das Bezirksgericht Unterrheintal. Angesichts der drohenden Haftvollstreckung zahlte Hutter in der Folge noch 2546,10 Franken, so dass sich die gesamten Leistungen an die Busse auf 8059 Franken belaufen ; ausstehend sind demnach noch 2674,84 Franken.

Hutter ersucht um Erlass des Bussenrestes. Er macht geltend, seine Familie mit acht Kindern erheische heute mehr denn je grosse finanzielle Opfer.

Die älteste Tochter habe sich verheiratet, und die Hochzeit einer weiteren stehe bevor, Aussteuern
müssten bereitgestellt werden. Ein Sohn werde in die Eekrutenschule einrücken müssen, was wiederum einen Ausfall an Familieneinkommen bedeute. Die drei jüngsten Kinder seien noch schulpflichtig. Aus der Zeit, da es der Familie finanziell schlecht gegangen sei, müssten überdies noch Schulden abgetragen werden. Nachdem er die Hälfte der Busse bezahlt habe, erinnere er an. die ihm seinerzeit von der Zollverwaltung gegebene Zusicherung, wonach bei hälftiger Tilgung der Bussenrest erlassen werde.

Vorweg ist festzustellen, dass die Oberzolldirektion die Behauptung des Gesuohstellers, es seien ihm hinsichtlich eines Teilerlasses Zusicherungen gemacht worden, bestreitet. Die in Betracht fallenden, auch früheren Beamten der Zollkreisdirektion Chur wurden hiezu ausdrücklich befragt und stellten in

27 aller Form in Abrede, derartige Versprechungen abgegeben zu haben. Es scheint sich bei der Behauptung Hutters demnach um ein Missverständnis zu handeln.

Die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers haben sich seit der Abweisung des ersten Gesuches nicht wesentlich verändert. Zwar hat Hutter seine Stelle als Arbeiter einer Viskosefabrik aus Gesundheitsrücksichten aufgeben müssen, so dass ihm anscheinend nur noch die unbeständigere Arbeitsmöglichkeit als Hilfsarbeiter auf Baustellen und bei Meliorationen bleibt. Demgegenüber sind aber die Familienpflichten des Gesuchstellers seit dem Urteil und der Abweisung des ersten Gesuches wesentlich zurückgegangen, so dass sich hier ein Ausgleich ergeben dürfte. Auch darf hervorgehoben werden, dass die Ehefrau des Verurteilten nach wie vor aus ihrer Tätigkeit als Hebamme einen eigenen Verdienst hat. Sie ist überdies Eigentümerin des Hauses, in dem die Familie wohnt. Es handelt sich hier um das Objekt, an dem im Jahre 1947 bauliche Veränderungen vorgenommen worden sind, die Hutter aus dem Erlös seines fortgesetzten Schmuggels glaubte finanzieren zu können, -- Es steht fest, dass sich der Gesuchsteller zur Zeit der Tat nicht in Not befunden, sondern dass er . den Schmuggel aus reiner Gewinnsucht organisiert und durchgeführt und zugleich noch einen Bekannten dazu angestiftet hat. Bei dieser Sachlage und bei Berücksichtigung der zahlreichen Vorstrafen erscheint Hutter eines Gnadenaktes nach wie vor als wenig würdig. Die Oberzolldirektion spricht sich deshalb für die erneute Abweisung des Gesuches aus, sie ist davon überzeugt, dass Hutter durchaus in der Lage wäre, auch in Zukunft Teilzahlungen zu leisten und so seine Schuld abzutragen, wobei sie allerdings zugibt, die Strafe sei wirklich hart gewesen.

Die Beurteilung des Falles durch die Oberzolldirektion dürfte zutreffend sein, und ihr Antrag entspricht der Praxis der Begnadigungsbehörde in ähnlich gelagerten Fällen. Eine nachträgliche Herabsetzung der Busse im Wege der Begnadigung vermag auch der Umstand nicht zu begründen, dass das Strafmass bei Ausfuhrbannbruch mit Saccharin, wie die Oberzolldirektion in ihrem Mitbericht ausführt, einige Monate nach der Verurteilung des Gesuchstellers auf ungefähr die Hälfte herabgesetzt worden ist. Eine nachträgliche Berücksichtigung dieser Tatsache würde einer
Korrektur des Urteils gleichkommen, wie sie von der Begnadigungsbehörde seit jeher abgelehnt wurde, und zugleich eine Ungerechtigkeit gegenüber den zahlreichen, nach dem schärferen Massstab Verurteilten bilden, die ihren Verpflichtungen nachgekommen sind.

Wären die Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen Würdigkeit des Gesuchstellers gegeben, so hätte mit dem Hinweis auf die bisherigen, wenn auch unter Zwang geleisteten, so für einen einfachen Arbeiter doch sehr erhebliehen Zahlungen wohl ein Teilerlass beantragt werden können. Durch eine Herabsetzung des noch ausstehenden Bussenrestes um 1000 Franken oder auf die Hälfte wäre Hutter in die Lage versetzt worden, die Eestschuld innert nützlicher Frist abzutragen und so die fortbestehende Drohung des Vollzugs der Haftstrafe von drei Monaten zu beseitigen. Unter den oben geschilderten Verhältnissen lässt sich jedoch ein derartiges Entgegenkommen, ohne dass dadurch

28 eine schwere Bechtsungleichheit gegenüber all den unter gleichen Voraussetzungen wegen Unwürdigkeit Abgewiesenen geschaffen würde, unseres Erachtens nicht verantworten. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweiaung, wobei es der Vollzugsbehörde überlassen bleiben muss, zu entscheiden, ob die weitere Hinausschiebung des Haftvollzuges verantwortet und dem Verurteilten weiterhin Gelegenheit zur Tilgung des Bussenrestes in Teilzahlungen gegeben werden kann.

19. Max Jegge, 1919, Fabrikarbeiter, Sisseln (Aargau), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 6. Juli 1949 wegen wiederholter Zollübertretung, in Verbindung mit Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 2578.42 Franken Busse, weil er 1947 gegen Belohnung zwei Kunstwabenmaschinen und im Jahr 1948 unter verschiedenen Malen ein Motorrad, zwei Fahrräder sowie einen Elektromotor in die Schweiz geschmuggelt hatte. Wegen vorbehaltloser Unterziehung konnte ihm ein Bussendrittel nachgelassen werden.

Eine gegen die Strafverfügung erhobene Beschwerde wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 29. September 1949 abgewiesen. -- Jegge hat an die Busse regolmässige Teilzahlungen geleistet, die nach Anrechnung eines Verwertungserlöses von 56,10 Franken insgesamt den Betrag von 1806,10 Franken ausmachen.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des sich noch auf 767,82 Franken belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, bei diesen Schmuggelgeschäften selbst nichts verdient und nur aus Gutmütigkeit gehandelt -KU haben. Er habe trotz geringen Einkommens und Unterhaltspflichten gegenüber Frau und Kind ganz erhebliche Zahlungen geleistet. Die Bestschuld drücke ihn schwer.

Der Umstand, dass Jegge bisher seiner Zahlungspflicht im Rahmen der ihm von der Vollzugsbehörde entgegenkommenderweise eingeräumten Erleichterungen nachgekommen ist, bildet noch keinen Grund zu einer Begnadigung. Es darf vielmehr angenommen werden, dass er bei gutem Willen auch den Eestbetrag in gleicher Weise abzutragen in der Lage sein wird. Wenn auch Jegge in bescheidenen Verhältnissen lebt, so kann er auf keine Sonderbehandlung Anspruch erheben. Er befand sich weder zur Zeit der Tatbegehung in einer Notlage, noch ist dies heute der Fall. Seine Verfehlungen hat der Verurteilte, entgegen seiner Behauptung im Gesuch, mindestens zum Teil gegen Entschädigung begangen, was er
anlässlich seiner Einvernahme vom 23. September 1948 ausdrücklich eingestanden hat. Wir sehen unter den geschilderten Umständen keine Tatsachen, auf die sich ein Gnadenakt stützen liesse und beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, unter Einräumung von Zahlungserleiohterungen durch die Vollzugsbehörde wie bis anhin.

20. Ernst Kuchen, 1899, Metzger, Carouge (Genf), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 19. Oktober 1946 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Goldstücken im Werte von 196 965 Franken und Chronographen im Werte von 7000 Franken

29 zu 6798,84 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser ünterziehung. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Bundesrat am 10. Januar 1948 abgewiesen.

Kuchen hat zunächst freiwillig nichts bezahlt. Nachdem Lohnpfändungen 1840 Franken eingebracht hatten, stellte er ein erstes Gnadengesuch, das die Vereinigte Bundesversammlung in der Dezembersession 1950 abwies (vgl.

Antrag 16 des Berichtes vom 2. November 1950; BEI. III, 321). Vom Dezember 1950 bis Juni 195Ì überwies der Verurteilte in der Folge insgesamt 880 Franken, so dass heute noch ein Bussenrest von 4628, 84 Franken ausstehend ist.

Für den Verurteilten ersuchte dessen Ehefrau am 26. Mai 1951 erneut um Begnadigung. Sie macht geltend, ihr Mann habe im Schlachthaus einen Unfall erlitten, den er der Versicherung nicht meldete, weil er sich selbst habe behandeln wollen. Wegen unsachgemässer Pflege habe sich daraus eine Verkrümmung der Wirbelsäule ergeben. Seit Beginn des Jahres habe Kuchen die Arbeit aussetzen müssen.

Nach den durch die Oberzolldirektion angeordneten Erhebungen veränderten sich die Verhältnisse Kuchens seit Abweisung des ersten Gesuches nicht wesentlich. Zwar hatte der Gesuchsteller nach seinem Unfall offenbar einen grösseren Verdienstausfall. Dass indessen ein Berufswechsel erfolgen müsse, welche Folge der Arzt in seinem Zeugnis als möglich darstellte, hat sich inzwischen nicht bestätigt. Kuchen arbeitet heute wieder wie zuvor in seinem Beruf; das Zuwarten mit der Behandlung des zweiten Gesuches hat sich somit gerechtfertigt. -- In den finanziellen Verhältnissen des Verurteilten ist ebenfalls keine wesentliche Verschlechterung eingetreten. Angebliche Heilungskosten konnten den mit der Überprüfung der Verhältnisse betrauten Zollorganen gegenüber weder für die in Ausübung des Berufes erfolgte und dann durch eigenes Verschulden sich komplizierende Verletzung noch für eine inzwischen offenbar durchgemachte Banginfektion belegt werden. Andere Schulden sind nicht vorhanden und die Eheleute Kuchen verfügen über ein Einkommen -- die Ehefrau ist ebenfalls erwerbstätig und das einzige Kind steht in der deutschen Schweiz in einer Volontärstelle mit freier Station und Verpflegung --, das ihnen weitere Zahlungen ohne weiteres erlaubt. Wir gelangen in Übereinstimmung mit der Oberaolldirektion zu der
Auffassung, es seien Kuchen weitere Zahlungen zuzumuten. Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung, wobei die Vollzugsbehörde die bisher eingeräumten zuvorkommenden Zahlungserleichterungen auch weiterhin gewähren wird.

21. Eiccardo Lama, 1913, Maurer, Magliaso (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 12. Februar 1949 wegen Ausfuhrbannbruchs zu 3120 Franken Busse, ohne Nachlass, da rückfällig, weil er für einen Schmuggel mit 54 gebrauchten Strikkereimaschinen im Wert von 24 960 Franken sein Boot zur Verfügung stellte und beim Verladen und bei der Überfahrt behilflich war. -- Da Zahlungen

30 nicht eingingen und die Betreibung mit einem Verlufitschein endete, wurde die Busse vom Gerichtspräsidenten von Lugano-Land in S Monate Haft umgewandelt. Ein daraufhin eingereichtes erstes Begnadigungsgesuch wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Junisession 1951 unter Hinweis auf den fehlenden Zahlungswillen, die nicht nachgewiesene Verschlechterung der Verhältnisse, die Bückfälligkeit sowie die abschlägige Behandlung von Gnadengesuchen Mitverurteilter abgewiesen (vgl. Antrag 6 des Berichtes vom 9. Mai 1951; BEI. II, 67). Seither hat Lama, nachdem das Justizdepartement des Kantons Tessin seinem Gesuch um weitere Aufschiebung des Haftvollzuges Folge gegeben hatte, 1500 Franken bezahlt, so dass er heute noch 1620 Franken schuldet.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der Busse auf 2000 Franken.

Er habe unter grossen Schwierigkeiten 1500 Franken einbezahlt und hätte, wäre er nicht durch die Erkrankung seiner Ehefrau und die ihm dadurch entstandenen erheblichen Kosten gehindert worden, sein Versprechen auf Zahlung von 2000 Franken auch eingehalten. Er habe wirklich alles ihm nur Mögliche unternommen, um seine Schuld BÖ weitgehend als möglich zu tilgen und bitte deshalb um nochmalige wohlwollende Überprüfung seines Falles, Die restlichen 500 Franken verpflichte er sich so rasch als möglich noch beizubringen.

Die Verhältnisse des Gesuchstellers haben sich seit der Abweisung des ersten Gesuches ohne sein Verschulden verschlechtert. Durch die offenbar sehr ernste Krankheit seiner Frau, die nach dem ärztlichen Gutachten auf unabsehbare Zeit in Behandlung bleiben muss, entstehen ihm fortlaufend ganz erhebliche Kosten. Trotzdem hat er sich in anerkennungswerter Weise bemüht, Zahlungen an die Busse zu leisten und seine frühere Säumnis wieder gutzumachen. Die Oberzolldirektion kommt deshalb in "Übereinstimmung mit der Zollkreisdirektion Lugano, der die Verhältnisse Lamas aus der Nähe bebannt sind, dazu, ein weitgehendes Entgegenkommen zu empfehlen. Wir haben unsrerseits gegen einen Gnadenakt bei aller Anerkennung der Einsicht, die der Verurteilte seit der Abweisung des ersten Gesuches gezeigt hat, gewisse Bedenken. Einmal bleibt nach wie vor die Tatsache bestehen, dass, Begnadigungsgesuche von Mitbeschuldigten abgewiesen worden sind. Will man darüber hinwegsehen, weil jeder Fall individuell
behandelt werden muss, so verbleiben immer noch die bei der Abweisung des ersten Gesuches ebenfalls erwähnten beiden Zollvorstrafen. Zwar weist die Kreiszolldirektion Lugano im Verein mit der Oberzolldirektion darauf hin, das Verschulden Lamas sei bei diesen beiden Verurteilungen nicht sehr gross gewesen. Die Tatsache der Bückfälligkeit bleibt jedoch bestehen und es fällt uns deshalb nicht leicht, der gutheissenden Empfehlung der Oberzolldirektion beizupflichten. Wenn wir es trotzdem tun, dann nur im Hinblick auf die besondern Umstände des Falles und mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass damit die Praxis der Begnadigungsbehörde, wonach bei Begnadigung Bückfälliger äusserste Zurückhaltung am Platze ist, keineswegs geändert werden soll. In diesem Sinne beantragen wir den bedingten Erlass der Umwandlungsstrafe von drei Monaten Haft unter

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Aneetzung einer Probezeit von drei Jahren und der besonderen A u f lage, daga Lama innerhalb von 2 Jahren nach Eröffnung des Entscheides der Bundesversammlung einen Drittel des noch ausstehenden Bussenbetrages, d.h. 540 Franken abträgt.

22. Franz Lasser, 1919, Feinmechaniker, Diepoldsau (St. Gallen), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 6. September 1948 zu 7287, 50 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Überziehung, weil er österreichischen Schmugglern fortgesetzt Saccharin im Werte von insgesamt 14 576 Franken lieferte. Eine gegen die S traf Verfügung gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesrat am 12. Dezember 1948 abgewiesen. -- Auf die Zahlungsaufforderung der Vollzugsbehörde hin hat sich der Verurteilte erboten, die Busse in monatlichen Betreffnissen von 35 Franken abzutragen. Dieses Angebot wurde von der Vollzugsbehörde deshalb nicht angenommen, weil sich sonst die Tilgung der Busse über volle 17 Jahre hingezogen hätte. Im Betreibungsverfahren erhob der Verurteilte Eechtsvorschlag mit der Begründung, er habe ein Begnadigungsgesuch eingereicht. Dieses mit bescheidenen finanziellen Verhältnissen begründete Gesuch wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession .1949 unter Hinweis auf den fehlenden Zahlungswillen des Gesuchstellers abgewiesen (vgl. Antrag 8 des Berichtes vom 14. November 1949; BEI. II, 904). In der Folge zahlte Lasser nach und nach den Betrag von 2571,80 Franken.

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Für den Verurteilten ersucht mit dessen Zustimmung seine Ehefrau erneut um Begnadigung, Sie macht geltend, Teilzahlungen von 50 Franken zu leisten sei dem Verurteilten mit seinem Einkommen und den bestehenden Lasten einfach unmöglich. Die bisherigen Leistungen seien nur mit grosser Anstrengung und unter persönlichen Entbehrungen möglich gewesen. Auch sie selbst habe durch Heimarbeit den Verdienst zu steigern gesucht. Die Vereinigte Bundesversammlung möge der Familie die schwere Bürde, die wie ein Alpdruck auf ihr laste und das Familienglück zugrunde zu richten drohe, etwas erleichtern.

Die Angaben im Gesuch treffen im wesentlichen zu. Zwar haben sich die Einkommensverhältnisse seit Abweisung des ersten Gesuches eher etwas gebessert. Indessen sind heute zusätzlich noch zwei Kinder zu ernähren und überdies der alte Vater
zeitweilig zu unterstützen. Nach der von den Zollbehörden gelieferten Aufstellung verfügt die Familie bei knapper Budgetierung der laufenden Ausgaben monatlich über einen Betrag für Unvorhergesehenes von 60 Franken, aus welchem neben ausserordentlichen Auslagen auch die Bussenschuld abzutragen ist. Es steht überdies fest, dass Lässer wegen Er~ krankung im Jahre 1950 einen Lohnausfall erlitten und wegen Krankheit der beiden Kinder ins Gewicht fallende ausserordentliche Auslagen gehabt hat.

Bei dieser Sachlage gelangen wir entgegen der abweisenden Begutachtung des Gesuches durch die Oberzolldirektion, jedoch in Übereinstimmung mit der

32 Auffassung der Zollkreisdirektion Chur, zum Schiusa, ein Teilerlass der Busse lasse sich gerechtfertigen. Der gut beleumdete und als arbeitsamer und solider Arbeiter geschilderte Verurteilte hat seit Abweisung des ersten Gesuches offenbar das ihm Mögliche getan, um die Busse abzutragen. Dass das erst zu etwas mehr als einem Drittel gelungen ist, darf ihm angesichts seiner finanziellen Verhältnisse nicht zur Last gelegt werden. Lässer hat den ihm bei Abweisung des ersten Gesuches gemachten Vorwurf fehlenden Zahlungswillens beherzigt und Versäumtes wieder gut zu machen versucht. Damit entfällt aber auch der Hauptgrund für die seinerzeitige Gesuchsabweisung; heute erscheint zudem eine ins Gewicht fallende unverschuldete Verschlechterung der. Verhältnisse nachgewiesen. Keine befriedigende Lösung lässt sich erreichen, wenn, wie die Oberzolldirektion es tut, einfach auf die Möglichkeit der weiteren Tilgung der Busse in monatlichen Betreffnissen von 25 Franken verwiesen, wird. Bei solchem Vorgehen würde die gänzliche Tilgung der Bussenschuld über 15 Jahre auf sich warten lassen, was die Oberzolldirektion in ihrem Antrag zum ersten Gesuch richtigerweise selbst als eine Unmöglichkeit bezeichnet hat. Wir beantragen deshalb die Herabsetzung der Busse auf die H ä l f t e , so dass Lässer nach Anrechnung der bisherigen Zahlungen statt 4715,70 Franken nur noch 1071, 95 zu zahlen bleibt.

28. Mario Lura, 1910, Maurer, Mendrisio (Tessin), verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion wie folgt: Am 22. März 1946 zu 900 Franken Busse wegen widerrechtlicher Ausfuhr von 150 kg Pfeffer, wobei es bei 45 kg beim Versuch blieb ; am 9. Juli 1946 zu Bussen von 54, 50 Franken wegen Zollhehlerei mit geschmuggelten Damenpullovern und von 545 Franken wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Uhren. Für alle Bussen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden. Nachdem Lurà durch regelmässige Teilzahlungen die beiden ersten Bussen getilgt hatte, reichte er sein erstes Gnadengesuch ein, mit dem Hinweis auf die Unmöglichkeit weiterer Zahlungen wegen" seiner Unterhaltspflichten gegenüber Mutter, Frau und zwei Knaben. Das Gesuch wurde durch die Vereinigte Bundesversammlung bei aller Anerkennung des gezeigten Zahlungswillens abgewiesen.

Die geltend gemachte Verschlechterung der Lage sei
nicht genügend nachgewiesen, der bewiesene Zahlungswille stelle für sich allem keinen Kommiserationsgrund dar, und .überdies sei Lura gemeinrechtlich vorbestraft (vgl.

Antrag 49 des Berichtes vom 2. November 1950; BEI. III, 348). Seither hat der Verurteilte keine Zahlungen mehr geleistet, so dass die Busse vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio am 21. Dezember 1951 in 54 Tage Haft umgewandelt wurde.

Lurà ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht geltend, seine Lage habe sich seit Abweisung des ersten Gesuches verschlechtert. Er sei immer noch als Maurer tätig und müsse mit seinem Monatslohn von 480 Franken seine Familie mit zwei Knaben erhalten und seine alte kranke Mutter unterstützen. Dabei sei er bestrebt, besonders den beiden Knaben alles zuzuhalten, was sie zu ihrer

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Entwicklung nötig hätten. Da er wegen Krankheiten in der Familie erhebliche Auslagen gehabt habe, seien ihm weitere Zahlungen an die Busse einfach nicht möglich gewesen. Am guten Willen habe es nicht gefehlt.

Die Angaben im Gesuch haben sich bestätigt. Um über den Gesundheitszustand Luràs und seiner Ehefrau ein genaues Bild zu erhalten, wurde eine amtsärztliche Untersuchung veranlagst, die ergab, dass der Gesuchsteller an einem Magengeschwür leidet, das zur Zeit seine Arbeitsfähigkeit allerdings nicht einschränkt. Frau Lurà ist herzkrank und an einem Ohr nahezu taub; sie wird für Hausgeschäfte als arbeitsfähig bezeichnet..

Die Zollkreisdirektion Lugano beurteilt den Verurteilten günstig, wie sie denn auch bereits boim ersten Gesuch ein Entgegenkommen befürwortet hat.

Lurà lebe sparsam, bescheiden und anständig und habe sich in den letzten Jahren nichts zuschulden kommen lassen. Die gemeinrechtliche Strafe, die als Hindernis für eine Begnadigung betrachtet worden sei, habe inzwischen im Strafregister gelöscht werden können. Die Oberzolldirektion weist ihrerseits darauf hin, die Verhältnisse des Gesuchstellers hätten sich seit Abweisung des ersten Gesuches erheblich verschlimmert, und es sei für diesen bei dem ausgewiesenen Verdienst schlechterdings unmöglich gewesen, an die Busse noch etwas abzuzahlen; jedenfalls könne ihm die Nichtzahlung nicht als schlechter Wille ausgelegt werden. -- Wir können uns heute der Empfehlung der Oberzolldirektion auf Gutheissurig des Gesuches anschliessen, nachdem sich durch die Erhebungen der Vollzugsbehörde eindeutig eine Verschlimmerung der Lage und die Unmöglichkeit weiterer Zahlungen ergeben hat. Anschliessen können wir uns auch der Auffassung der Oberzolldirektion, wonach die im Antrag zum ersten Gesuch erwähnte und damals für die Abweisung besonders ins Gewicht fallende gemeinrechtliche Vorstrafe, nachdem deren Löschung im Strafregister erfolgt ist, der Vergessenheit anheimgegeben werden darf, wenn der Gesuchsteller keine neuen Delikte mehr begeht. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion den b e d i n g t e n Erlass der H a f t s t r a f e von 54 Tagen, unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren.

24. Hans Mächler, 1912, Kaufmann, Marchtrenk (Österreich), verurteilt durch S traf Verfügung dos Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes
vom 19. Januar 1950 wegen Zollübertretung und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 2827, 50 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er als Eückwanderer verschiedene zollfrei in die Schweiz verbrachte Maschinen, trotz der am 10. Juli 1947 eingegangenen Verpflichtung,., dieses Gut innert 5 Jahren in der Schweiz nicht zu veräussern, bereits am 17. Juh 1947 an eine Zürcher Firma verkaufte. -- Mächler zahlte nichts. Zur Begleichung seiner Schuld aufgefordert, ersuchte er am 22. Juni 1950 um einen 12monatigen Zahlungsaufschub, da er wiederum nach Österreich zurückgekehrt sei und sich dort zunächst eine Existenz aufbauen müsse.

Dem Gesuche Mächlers wurde entsprochen mit dem Hinweis indessen, dass bèi Nichtzahlung nach Ablauf der Frist die Umwandlung beantragt werde.

Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. II.

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Diese wurde in der Folge, nach nochmaliger ergebnisloser Zahlungsaufforderung durch die Zollkreisdirektion Schaffhausen, vom Bezirksgericht Zürich am 24. Oktober 1951 ausgesprochen. Das Obergericht des Standes Zürich bestätigte diesen Entscheid mit dem Beifügen, der geltend gemachten schweren Krankheit könnte allenfalls nur im Gnadenwege Eechnung getragen werden.

Mächler ersuchte daraufhin um Begnadigung. Er macht geltend, die Zahlung der Busse sei nur wegen der Devisenvorschriften nicht möglich gewesen.

Er selber habe sich in verschiedener Weise bemüht, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Unter anderem habe er auch mit unserer Gesandtschaft in Wien Fühlung genommen; sein Angebot, die Busse rechtsgültig in Schilling an die Gesandtschaft zu bezahlen, sei aber abgelehnt worden. Er leide in hohem Masse an angina pectoris, so dass er die Haft gesundheitlich ohnehin nicht erstehen könnte; die Begnadigungsbehörde möge sie deshalb wiederum in Busse rückwandeln.

Die Begnadigungsbehörde hat seit langem den Grundsatz vertreten, dass Gesuche um Erlass von Freiheitsstrafen von im Auslando weilenden Verurteilten keine Aussicht auf Erfolg haben können, bevor sich der betreffende Gesuchsteller der Vollzugsbehorde gestellt habe. Das hat um so mehr da zu gelten, wo zum vornherein wenig Aussicht für einen Gnadenakt besteht. -- Was vorweg die geltend gemachte Krankheit anbetrifft, so hat es Mächler trotz ausdrücklicher Aufforderung der Vollzugsbehörde unterlassen, der Begnadigungsbehörde eine ärztliche Bescheinigung über seinen Gesundheitszustand zugehen zu lassen. Das Obergericht des Kantons Zürich, das Mächler an die Begnadigungsbehörde gewiesen hat, übersah zudem völlig, dass nach ständiger Praxis der Vereinigten Bundesversammlung in Gnadensachen der angegriffene Gesundheitszustand von zu Freiheitsstrafen Verurteilten nicht als Kommiserationsgrund anerkannt wird. Auch wenn sich Mächler somit über das tatsächliche Bestehen der behaupteten Krankheit ausgewiesen hätte, wäre es ausschliesslich Sache der Strafvollzugsbehörde, auf Grund des Gutachtens des Amtsarztes über die Hafterstehungsfähigkeit des Verurteilten zu befinden. Hiezu müsste er sich aber vorerst in der Schweiz einfinden. Auch die Angaben Mächlers über seine Bemühungen, die Busse zu bezahlen, wurden nicht belegt. Trotz besonderer Aufforderung hat der
Gesuchsteller es unterlassen, das Doppel seines Gesuches an die österreichische Nationalbank um Transferierung des Bussenbetrages und den abschlägigen Bescheid dieser Stelle der Vollzugsbehörde zugehen zu lassen. Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass diese Schriftstücke überhaupt bestehen. Sind doch nach Auskunft der schweizerischen Verrechnungsstelle derartige Forderungen nach dem Staatsvertrag auf Gesuch hin ohne weiteres transferierbar. Die Gesandtschaft in Wien meldete auf Anfrage hin, Mächler habe tatsächlich einmal vorgesprochen, wobei man sich jedoch nicht mehr an den Inhalt der Unterredung erinnern könne ; eine Korrespondenz in dieser Sache sei jedoch nicht geführt worden. Soweit im Ausland Erkundigungen über Mächler eingezogen werden konnten, lauten diese nicht eben günstig; wir verweisen auf den Mitbericht der Oberzolldirektion vom 17. April

35 1952 zu diesem Gesuch, In der Schweiz hatte sich der Verurteilte 1950 überdies wegen eines widerrechtlich eingeführten Automobils zu verantworten ; er wurde dafür mit einer weiteren Zollbusse belegt, die jedoch nicht Gegenstand dieses Gesuches bildet. Da im vorhegenden Gesuch keine Kommiserationsgründe geltend gemacht werden und Mächler auch in persönlicher Hinsicht die strengen Voraussetzungen für einen Gnadenakt nicht zu erfüllen vermag und es ihm überdies eindeutig am Sühnewillen fohlt, beantragen wir mit der Oberzolldirektion entschieden die Gesuchsabweisung, wobei es sich im Sinne der Empfehlung der Oberzolldirektion rechtfertigen dürfte, dem Verurteilten eine Sperrfrist von 3 Jahren, gemäss Artikel 395, Absatz 8, anzusetzen.

25. Felix Me B serii, 1907, Vertreter, Zürich, verurteilt durch Straf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 19. Februar 1951 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu 10 946,67 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Messerh übernahm es, für Dritte Nylonstrümpfe im Gesamtwert von 32 840 Franken unter Umgehung des Ausfuhrverbotes ins Ausland verbringen zu lassen. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 13. September 1951 abgewiesen. -- Ein Gesuch Messeriis um Bewilligung zum Abtragen der Busse in monatlichen Teilzahlungen von Franken 50 musste abgewiesen werden, da der Vollzug sich über rund 18 Jahre hingezogen haben würde. Es wurden dem Verurteilten Baten von 250 Franken vorgeschrieben, welche jedoch nicht eingingen. Messerli überwies lediglich am 3. Januar 1952 einen Betrag von 100 Franken und reichte dann ein Gnadengesuch ein.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um Erlass oder doch weitgehende Herabsetzung der Busse. Er ergeht sich in Kritik hinsichtlich des der. Straf Verfügung und dem Beschwerdeentscheid dos Bundesrates zugrunde gelegten Tatbestandes und fügt eine Bechtsbelehrung bei, um am Schiusa noch ganz kurz darauf hinzuweisen, es sei ihm bei seinem bescheidenen Einkommen nicht möglich, die hohe Busse innert nützlicher Frist zu bezahlen, insbesondere auch deshalb nicht, weil er das Gefühl habe, zu hart und in unangemessener Weise bestraft worden zu sein.

Auf das Gesuch ist nicht einzutreten, soweit sich die Begründung auf Tatbestand und
Verschulden bezieht. Diese Fragen können hier nicht erneut überprüft werden. Was die finanzielle Lage des in kinderloser Ehe lebenden Gesuchstellers anbetrifft, so ist nach seinen eigenen Aussagen seit dem Urteil gegenüber den Angaben im Gnadengesuch eine eindeutige Besserung eingetreten.

Wird berücksichtigt, dass der Verurteilte sich bisher noch überhaupt nicht ernstlich angestrengt hat, seiner Sühnepflicht nachzukommen und die Schuld zu tilgen, so kann auch bei Berücksichtigung seines sonst guten Kufes an einen Gnadenakt nicht gedacht werden. Da Kommiserationsgründe fehlen, beantragen wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, wobei die Vollzugsbehörde auch weiterhin Zahlungserleichterungen gewähren wird, wenn der Verurteilte wirklich bereit ist, seinen Sühnewillen unter Beweis zu stellen.

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26. Gilbert Meylan, 1908, Karosseriemaler, Genf, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 10. September 1949 zu 1400 Franken Busse, ohne Nachlass da rückfällig, weil er im April 1949 850 Paar Nylonstrümpfe für einen Dritten nach Frankreich geschmuggelt hat. -- Nach erfolgter Umwandlung in drei Monate Haft wurden von Meylan in Teilzahlungen 823, 35 Franken geleistet, worauf er ein erstes Gnadengesuch einreichte. Wir haben in unserem Antrag zu diesem Gesuch (vgl. Antrag 25 des Berichtes vom 9. Mai 1951 ; BEI. II, 85) dargelegt, unter welch schwierigen Verhältnissen und mit welchen Opfern der Verurteilte Beine Zahlungen geleistet hatte. Wir gelangten jedoch zu einem abweisenden Antrag wegen der zollrechtlichen und gemeinrechtlichen Vorstrafen. Obschon Meylan, so legten wir damals dar, ohne eigenes Verschulden weitere Zahlungen nicht mehr möglich waren und obschon es in der Tat für den Verurteilten eine Härte darstellte, dass er trotz all seinen bisherigen Anstrengungen möglicherweise doch noch eine Haftstrafe verbüssen müsse, könnten wir einen Gnadenakt deshalb nicht empfehlen, weil nun einmal die Voraussetzungen in persönlicher Hinsicht nicht erfüllt seien. Die Vereinigte Bundesversammlung beschloss in der Folge auf Antrag ihrer Kommission die «derzeitige» Gesuchsabweisung und fügte bei, Meylan habe vor der Erreichung einos allfälligen neuen Gesuches mindestens weitere 200 Franken zu leisten.

Nachdem der Verurteilte die ihm bei Abweisung des ersten Gesuches gesetzte Bedingung erfüllt hat, ersucht er erneut um Begnadigung. Wie in seinem ersten Gesuch weist er darauf hin, dass er durch seine Zahlungen alles verloren habe: Anstellung, Wohnung und Möbel, Er habe heute für ein zweijähriges Kind und seine kranke Frau aufzukommen.

Die Zollbehörden haben die Verhältnisse des Gesuchstellers erneut überprüft. Diese haben sich seit der Abweisung des ersten Gesuches nicht.verändert.

Er lebt in ärmlichen Verhältnissen. Seine Ehefrau steht immer noch in ärztlicher Behandlung. Nachdem die Bundesversammlung bei der Abweisung des ersten Gesuches dem Verurteilten indirekt ein Entgegenkommen in Aussicht gestellt hat, b e a n t r a g e n wir angesichts des erneut bekundeten Zahlungswillens mit der Oberzolldirektion den bedingten Er la s s der durch die bisherigen Zahlungen noch nicht verbüssten H a
f t s t r a f e von 38 Tagen, unter Ansetzung einer P r o b e z e i t von 8 Jahren.

27. Paul Minder, 1919 Chauffeur, St. Gallen, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 14. Juni 1950 wegen Zollübertretung, Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatüsteuer zu 1793,34 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er sich im Jahre 1948 durch das Drängen eines Dritten verleiten liess, gegen Belohnung zwei Schnellgänge und eine Dieseleinspritzpumpe für Automobile unter verschiedenen Malen unter Holzfuhren versteckt über die Grenze in die Schweiz zu schmuggeln. Beschwerden gegen diese Strafverfügung wurden vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement, wie letztinstanzlich am 4. Januar 1951 auch vom Bundesrat abgewiesen. -- Minder suchte um Gewährung

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von Zahlungserleichterungen nach, die ihm bewilligt wurden. Es sind bis aphin 710 Franken eingegangen.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er befinde sich in grössten finanziellen Schwierigkeiten. Die bisherigen Zahlungen habe er nur erbringen können durch Aufnahme eines Darlehens, das er nun wieder verzinsen und in Baten monatlich abtragen müsse.

Die einlässlichen Erhebungen der Vollzugsbehörde haben gezeigt, dass Minder durch den Zusammenbruch des Geschäftes seines Vaters, wo er arbeitete, unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten ist, in der er seinerzeit den Lockungen des wegen des Schmuggels an ihn herangetretenen Dritten nicht zu widerstehen vermochte. Er hat in der Folge nicht nur die versprochene Belohnung nicht erhalten, sondern kam durch die ihm auferlegte hohe Busse noch mehr ins Unglück. -- Aus dem Mitbericht der Oberzolldirektion vom 7. März 1952 geht jedoch hervor, dass sich Minder von seinem Missgoschick nicht unterkriegen liess, sondern unterstützt von seiner Ehefrau bis jetzt einen erheblichen Teil der Busse abgetragen hat und sich auch bemühte, seinen übrigen Gläubigern, die ihn immer wieder bedrängten, Eechnung zu tragen. Er selbst lobe mit seiner Familie äussorst bescheiden und es bedürfe, so meldet der Zolluntersuchungsdienst, bei den Einkoramensverhältnissen einer fast übermenschlichen Anstrengung Minders, um allen Forderungen gerecht zu worden. Es trifft namentlich auch zu, dass der Gesuchsteller bei einer Privatperson ein Darlehen aufgenommen hat, um Zahlungen überhaupt leisten zu können. Dabei macht es fast den Anschein, dass seine Notlage noch ausgenützt worden ist, soll doch der neben den monatlichen Bückzahlungen zu erlegende Zins nicht weniger als 10 Prozent betragen! Wir gelangen in Übereinstimmung mit der Zollkreisdirektion Chur und der Oberzolldirektion zum Schiuse, dass dem nicht schlecht beleumdeten Verurteilten unter den geschilderten Umständen ein gnadenweises Entgegenkommen gezeigt werden darf und beantragen die H e r a b s e t z u n g der Busse auf die Hälfte. Für den noch zu tilgenden Bestbetrag von 186,65 Franken sieht die VoUzugsbehörde die Gewährung kleiner Teilzahlungen und, wenn nötig, vorübergehende Stundung vor.

28. Ezio Morello, 1912, italienischer Staatsangehöriger, Früchtehändler, Chiasso (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der
Oberzolldirektion vom 22. November 1948 wegen Zollübertrotung und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 8780 Franken Busse, ohne Nachlass, da rückfällig, weil er für einen Dritten nach und nach 900 Seidenfouferds aus Italien in die Schweiz schmuggeln liess und diese jeweils unter seinem Namen gegen Nachnahme an den Abnehmer nach Zürich sandte, bzw. senden liess. Den aus der Ware erzielten Erlös leitete er wiederum an die italienischen Lieferanten. Beschwerden gegen diese Strafverfügung wurden am S.März 1949 vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldeparteraent und lotztinstanzlich am 20. Mai 1949 vom Bundesrat abgewiesen.

Danach wandte sich Morello, ohne sich um die Bezahlung der Busse zu kümmern, mit dem Gesuch um Begnadigung an die Bundesversammlung, die ihm jedoch

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in der Wintersession 1949 ein Entgegenkommen verweigerte; dies namentlich unter Hinweis auf die wegen Zollhehlerei und Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch ausgesprochenen Vorstrafen aus den Jahren 1945/46 (vgl. Antrag 18 des Berichtes vom 14. November 1949, BEI. II, 909). -- In der Folge überwies Morello in Teilbeträgen 370 Franken, stellte alsdann aber die Zahlungen wieder ein, so dass das Umwandlungabegehren gestellt werden musste, dem der Gerichtspräsident von Mendrisio am 21. Dezember 1951 durch Umwandlung der Restbusse in 8 Monate Haft entsprach.

Der "Verurteilte ersucht um Erlass oder Herabsetzung der Busse auf 1000 Franken, welchen Betrag er sofort bezahlen würde, oder doch wenigstens um Gewährung der Möglichkeit, die Restbusse in monatlichen Teilzahlungen von 50 Franken abzutragen, wobei bei Verzug die sofortige Verhaftung erfolgen könnte. Er macht geltend, ein Opfer zerfahrener Familienverhältnisse geworden und von seinem Stiefvater zu den Vergehen verleitet worden zu sein. Seitdem der Stiefvater die Familie verlassen habe, könne ihm nichts mehr vorgeworfen werden, obschon er sich bei seiner schwierigen finanziellen Lage aufs äusserste habe einschränken müssen. Er selbst sei körperlich behindert, dazu habe er ein chronisches Blasenleiden. Aber auch seine Ehefrau sei lange Zeit krank gewesen und eines der beiden Kinder hätte in den Jahren 1950 und 1951 Lungenentzündungen durchgemacht. Auch sei die Mutter, für deren Unterhalt er aufkomme, kränklich und könne nicht mehr im Geschäft mithelfen. Auslagen zur Linderung ihrer Altersbeschwerden, Lohn und Unterhalt für eine Verwandte, die er als Hilfe im Geschäft habe einstellen müssen, sowie endlich die Geburt des zweiten Kindes bedeuteten ebenfalls erhebliche neue Lasten. Sich selbst gönne er nichts; er suche sich vielmehr als Samariter und als Chauffeur für den Krankentransport zugunsten der Öffentlichkeit nützlich zu machen.

Morello ist verheiratet und Vater zweier Kinder. In seinem Haushalt lebt auch die alte, arbeitsunfähige Mutter, die eine AHV-Rente bezieht, und eine Schwester der Ehefrau, die im Gemüsehandel Morellos mithilft. Die Einnahmen aus dem Geschäft sind gering, so dass der Gesuchsteller in einem ähnlichen Unternehmen eine Stelle angenommen hat, währenddem die Angehörigen den Verkauf im eigenen Geschäft besorgen. Morello hat eine
4-Zimmerwohnung inné.

Seine Gattin ist kränklich und besorgt anscheinend nur mühsam die Hausgeschäfte. Der Gesuchsteller hinkt infolge einer frühern Hüftgelenktuberkulose.

Er führe, so melden die Zollbehörden, ein zurückgezogenes Leben und bemühe sich ernsthaft, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Nach Auffassung der Vollzugsbehörde haben sich die Verhältnisse der Familie namentlich durch die vom Gesuchsteller erwähnten Krankheiten und den Familienzuwachs verschlechtert.

Morello- hat seit Abweisung des ersten Gesuches in bescheidenem Umfang Zahlungen geleistet, was indessen noch keinen Grund für eine Begnadigung darstellt. An den Verumständungen, die zur Abweisung des ersten Gesuches führten, hat sich überhaupt nichts geändert. Morello ist rückfällig, wobei seine Verfehlungen auch insofern schwer wiegen, weil er als Ausländer das ihm ge-

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·währte Gastrecht missbraucht hat. Es ist überdies eigenartig, dass sich der Verurteilte nun hinterher, wo es um die Verbüssung der Haftstrafe geht, anheischig macht, die Busse notfalls in Teilzahlungen von 50 Franken doch noch zu tilgen. Hätte er früher im Sinne dieses Zahlungsversprechens gehandelt, so wäre es gar nicht zur Umwandlung gekommen. Auszugehen ist hier übrigens ausschliesslich von der Umwandlungsstrafe, die zu erlassen wir keine zwingenden Gründe sehen, weshalb wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung beantragen. Wenn es dem Verurteilten indessen mit seinem nachträglichen Zahlungsversprechen tatsächlich ernst ist, kann er sich immer noch an die kantonale Vollzugsbehörde wenden, die nach der bisher allgemein geübten Praxis wahrscheinlich trotz erfolgter Umwandlung regelmässig geleistete Teilzahlungen noch entgegennehmen würde.

29. Pierre Nallet, 1904, Buchhalter, Genf, verurteilt durch Stra/verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 81. März 1948 wegen Anstiftung zu Ausfuhrbannbruch, begangen in fortgesetztem Delikt, zu 6087,34 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Nallet hat im Juni 1946 zusammen mit einem Dritten die Ausfuhr von Goldchronographen und Gold im Gesamtwert von 45 655 Franken organisiert. Eine Beschwerde gegen diese Straf Verfügung wurde vom Bundesrat am 12. August 1948 abgewiesen --· Da jede Zahlung ausblieb und die Betreibung mit einem Verlustschein endete, verlangte die Vollzugsbehördo die Umwandlung der Busse in Haft, worauf Nallet ein Bevisionsgesuch einreichte mit dem Begehren um Herabsetzung des Bussenbetrages. Dieses Gesuch wurde vom Bundesrat am 22. September 1950 abgewiesen Unter dem Druck der bevorstehenden Umwandlung bat der Verurteilte, die Busse in monatlichen Betreffnissen von 100 Franken abtragen zu dürfen, was ihm vom Staatsanwalt bewilligt wurde, mit der Auflage, dass er die Zahlungsfristen peinlich genau einhalte. Nachdem durch die Polizei mühsam 650 Franken eingetrieben worden waren, reichte Nallet ein Begnadigungsgesuch ein.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung des Bussenrestes auf 2000 Franken wobei er einen Freund erwähnt, der ihm möglicherweise die Tilgung dieses Betrages ermöglichen würde. Er verweist im übrigen auf seinen schlechten Gesundheitszustand und die ihm aus
der dauernden ärztlichen Behandlung entstehenden Kosten. Er ersucht seiner Mutter und seinen beiden Kindern die Schande zu ersparen, den Sohn und Vater wie einen gemeinen Verbrecher eingesperrt zu sehen.

Nallet ist zweifellos nicht auf Bösen gebettet. Bereits im Jahre 1943 aus gesundheitlichen Gründen pensioniert, bezieht er eine bescheidene Rente ; sein Einkommen sucht er durch buchhalterische Arbeiten zu ergänzen. Der Gesundheitszustand ist offenbar nicht besser geworden, wenn der Verurteilte offenbar auch nicht eigentlich krank ist. -- Nallet ist in dritter Ehe verheiratet. Von den beiden Kindern aus den ersten Ehen, die beide von ihren Müttern aufgezogen wurden, ist das eine verheiratet, das andere steht in einer Berufslehre; keines

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ist in der Lage, dem Vater beizuspringen, Zur Zeit wohnt Nallet in einem gemieteten Zimmer, da er sich mit der Familie überwerfen habe.

In dem bei den Akten liegenden, sich auf die Erhebungen ihrer Organe stützenden Mitbericht vom 8. Dezember 1951 stellt die Oberzolldirektion fest, der Gesuchsteller gemesse keinen guten Euf. Charakterlich sei er wenig vertrauenswürdig, so dass seine Angaben mit grösster Vorsicht aufgenommen werden müssten. Belege für seine Vorbringen hat er auch nachträglich nicht beigebracht. Unter diesen Umständen fiele es schwer einen Gnadenakt zu befürworten, auch wenn tatsächlich Begnadigungsgründe vorliegen würden. Es bestehen aber auch nach den Angaben im Gesuch keine Anhaltspunkte, dass sich die Lage des Gesuchstellers nach seiner Verurteilung verschlechtert hätte.

Mit dem Hinweis der Schande, die mit der Verbüssung einer anfälligen Umwandlungshaft verbunden wäre, lässt sich ein Gnadenakt nicht begründen. Da zwingende Kommiserationsgründe fehlen und die Begnadigungswürdigkeit des Gesuchstellers fraglich erscheint, b e a n t r a g e n wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

SO, Marco Ponti, 1909, Bäcker, Salorino (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzoüdirektion vom 6. August 1947 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu 260 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wogen vorbehaltloser Unterziehung, weil er in den Jahren 1946/47 Schmugglern Zigaretten lieferte, obschon er wusste, dass die Ware widerrechtlich nach Italien verschoben wurde. --· Ponti zahlte nicht. Aus einem vom Verurteilten abgeschlossenen Nachlassvertrag, an dem die Volkugsbehörde sich beteiligte, ergaben sieh 54 Franken ; der Best wurde, da weitere Zahlungen nicht mehr eingingen, vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio am 21. Dezember 1951 nach längerem Zuwarten in 21 Tage Haft umgewandelt.

Ponti ersucht um Erlass der Umwandlungsstrafe. Er habe geglaubt, seine Bussenschuld sei durch die Auszahlung der Nachlassdividende getilgt. Nun sei aber die Eestsumme umgewandelt worden. Wegen seiner schweren Familienlasten und des Fehlens der nötigsten Mittel für den Unterhalt der Familie, einschliesslich der Schwiegermutter, sei es ihm nicht möglich gewesen, Zahlungen zu leisten.

Der Gesuchsteller betreibt in Salorino eine Bäckerei, einen Kolonialwarenladen sowie eine Wirtschaft. Die
durchgeführten Erhebungen zeigten, dass seine Lage durchaus nicht den von ihm im Gesuch geltend gemachten ärmlichen Verhältnissen entspricht; sie wird vielmehr als gut bezeichnet. Das von seinen Eltern ererbte Vermögen habe er im Jahre 1948 auf seine Ehefrau überschreiben lassen. Ebenso .würden ein kleineres Lieferauto für die Bäckerei, sowie ein Personenwagen «Sinica Modell 1950», den er vor einigen Monaten gekauft habe, als Eigentum der Ehefrau ausgegeben. Die Behauptung des Verurteilten, die Schwiegermutter lebe in seinem Haushalt, muss auf Grund der Erhebungen der Zolldirektion Lugano als gänzlich unwahr bezeichnet werden. Die 62jährige Mutter der Ehefrau des Gesuchstellers wohne in Italien und halte sich nur

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selten und nur für kurze Zeit bei ihren Kindern in der Schweiz auf. Angesichts dieser wahrheitswidrigen Angaben ist Ponti eines Gnadenaktes unwürdig.

Überdies fehlt es an Kommiserationsgründen. Wir beantragen mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung. Ausserdem ist dem Verurteilten eine auf 3 Jahre zu bemessende S p e r r f r i s t im Sinne von Art. 395, Abs. 8, StGB anzusetzen.

81. Antonio Foretti, 1912, Sattler, Lugano (Tessin), verurteilt durch Strafverfügungen der Oberzolldirektion vom 27. Februar 1948 und 5. Mai 1948 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch und wegen Gehilfenschaft bei versuchtem Ausfuhrbannbruch von Zigaretten zu Bussen von 4142, 22 Franken und 693, 34 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wogen vorbehaltloser Unterziehung. In beiden Fällen ist Poretti als Organisator und Vermittler des Schmuggelgutes aufgetreten. -- Poretti beachtete die Zahlungsaufforderungen nicht; erst nach eingeleiteter Betreibung zahlte er in Teilbeträgen insgesamt 850 Franken, stellte seine Zahlungen dann jedoch wieder ein, so dass die Betreibung zu Ende geführt werden musste. Sie endete mit einem Verlustschein für den Eestbetrag der an erster Stelle aufgeführten Busse, die vom Gerichtspräsidenten von Lugano am 18. Dezember 1951 in drei Monate Haft umgewandelt wurde.

Poretti ersucht um Erlass des Bussenrestes. Er macht geltend, er habe seine bisherigen Zahlungen im Hinblick auf die ihm aus der Scheidung und Wiederverheiratung erwachsenen Kosten nur mit grösster Mühe und unter Eingehung von Schulden leisten können. Auch sei ihm inzwischen aus zweiter Ehe ein Sohn geboren worden. Müsse er die noch ausstehende Zollbusse auch noch tilgen, so sei er gezwungen, neue Schulden einzugehen, was sich füHhn sehr nachteilig auswirken würde. Er bitte die Vereinigte Bundesversammlung, für seine Lage Verständnis aufbringen zu wollen.

Der Gesuchsteller arbeitet im Geschäft seiner Mutter, an dem er beteiligt ist. Er wohnt in einer 3-Zimmerwohnung in einem der seiner Mutter gehörenden Miethäuser. Wir sind mit der Oberzolldirektion der Auffassung, dass die Verhältnisse Porettis keineswegs so schlecht sind, wie er sie darzustellen sich bemüht. Aber auch wenn eine Verschlechterung der persönlichen und finanziellen Lage seit dem Urteil tatsächlich zu verzeichnen wäre, müssten wir uns gegen ein gnadenweises
Entgegenkommen aussprechen. Nicht nur hat der Gesuchsteller sich allein aus Gewinnsucht dem Schmuggel hingegeben, sondern, was besonders schwer ins Gewicht fallt, er hat nur einen Monat nach Ausfällung der ersten Busse die illegale Ausfuhr der Bauchwaren organisiert, die Gegenstand der zweiten Busse bildeten. Es lässt dies auf eine Hemmungslosigkeit und Uneinsichtigkeit schliessen, die jedes gnadenweise Entgegenkommen verunmöglicht.

Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

82. Ernesto Baselli, 1921, Chauffeur, Le Prese-Poschiavo (Graubünden), verurteilt durch Straf Verfügungen der Oberzolldirektion vom 26. Dezember 1945 wegen Zollhehlerei und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu

42 Bussen von 2846,67 Franken und 1910 Franken, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Easelli hat im Laufe des Sommers und Herbstes 1945 von italienischen Schmugglern grosse Mengen Lebensrnittel, Kleidungsstücke und Haushaltartikel entgegengenommen, obschon er wusste, dass die Waren unter Umgehung der Zollkontrolle in die Schweiz verbracht wurden. Als Gegenwert üborgab er denselben Schmugglern Jagdwaffen, Gewürze und Tabakwaren im Gesamtwert von 1918 Franken. Beschwerden gegen diese Straf Verfügungen wurden am 21. März 1946 vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement abgewiesen, Ebenso abgewiesen wurde in der Wintersession 1946 ein erstes Begnadigungsgesuch, wobei namentlich das trölerische Verhalten Easelhs hervorgehoben wurde (vgl. Antrag des Berichtes vom 15. November 1946; BB1 III, 1022). -- Bis zum 27. Juli 1951 wurde die Busse von 1910 Franken getilgt und die andere bis auf 1989,92 Franken abgetragen. Auf erneute Zahlungsaufforderung hin überwies der Verurteilte zweimal 50 Franken und stellte das Gesuch um Tilgung der Bestschuld durch monatliche Teilzahlungen von 50 Franken, dem jedoch angesichts der bisherigen langen Dauer des Vollzugs nicht entsprochen werden konnte. Vielmehr verlangte die Vollzugsbehörde die Bezahlung des Bussenrestes in drei Baten bis Ende dieses Jahres.

Easelli ersuchte daraufhin um Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages. Er verweist auf sein bescheidenes Einkommen, aus dem er nun auch noch Frau und Kind erhalten müsse. Er sei vermögenslos und habe auch keine Anwartschaft. Er sei ein einfacher Handlanger, ohne feste Stelle und ohne Beruf, so dass er von einem Tag auf den andern ohne Beschäftigung dastehen könne.

Wenn sich der Verurteilte in seinem Gesuch als Handlanger bezeichnet, so wird er damit seiner tatsächlichen beruflichen Stellung nicht gerecht. Easelli ist heute vielmehr ein freierwerbender kleiner Transportunternehmer mit eigenem Jeep und Anhänger. Mit diesen Fahrzeugen -- den Jeep hat er im August 1951 gegen Eintausch des frühern altern Modells neu gekauft -- übernimmt er Lohnfuhren. Dabei lässt sich sein effektives Einkommen nur schwer feststellen. Er befindet sich aber auf jeden Fall nicht in einer Notlage. Wir sind mit der Vollzugsbehörde der Auffassung, dass es ihm überhaupt nicht so schlecht geht, -wie er vorgibt. Jedenfalls
lässt der Umstand, dass er neben dem für die Transporte bestimmten Motorfahrzeug noch einen Personenwagen für sein Vergnügen hält, darauf schliessen, dass er über Mittel verfügen muss. Es fehlt unter diesen Umständen an Gründen für eine Begnadigung. Gegen ein Entgegenkommen spricht ausserdem das Verhalten im Strafvollzug. Er hat, wie die Oberzolldirektion meldet, sein trölerisches Verhalten, das ihm bereits bei Abweisung des ersten Gesuchs zum Vorwurf gemacht wurde, konsequent beibehalten und den Strafvollzug mit allen nur möglichen Mitteln erschwert und verschleppt. Ausser den Ende des verflossenen Jahres überwiesenen 100 Franken habe Easelli alle seine Zahlungen nur unter äusserem Druck geleistet.

Jede Einsicht in das Verwerfliche seines Tuns wird ihm abgesprochen. Unter diesen Umständen und angesichts des Fehlens von. Kommiserationsgrün'deu

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lässt sich ein gnadenweises Entgegenkommen nicht rechtfertigen, weshalb wir mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung beantragen, unter gleichzeitiger Ansetzung einer Sperrfrist von 3 Jahren im Sinne von Artikel 895, Absatz 8, StrGB.

88. Carolina Saladin, 1898, Hausfrau, Cassarate (Tessin), verurteilt durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 10. November 1949 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu 599 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Die Verurteilte vermittelte einer Drittperson gegen Entschädigung 2,3 kg zur illegalen Ausfuhr bestimmten Golddraht im Werte von 8985 Franken. -- Frau Saladin hat in Teilzahlungen bisher 240 Franken der Busse abgetragen. Die nach dem Ausbleiben weiterer Leistungen eingeleitete Betreibung endete mit der Ausstellung eines Verlustscheines, weshalb der Gerichtspräsident von Lugano den noch ausstehenden Bussenrest von 460,15 Franken am 18. Dezember 1951 in 46 Tage Haft umwandelte.

Die Verurteilte ersucht unter Hinweis auf ihren Gesundheitszustand und unter Vorlage eines Arztzeugnisses um Brlass des Bussenrestes. Sie stehe seit 1949 wegen einer Herzkrankheit in ärztlicher Behandlung, und ihr Leiden habe sich durch den bei einem Automobilunfall erlittenen Schock noch verschlimmert.

Der behandelnde Arzt erklärt sie als arbeitsunfähig.

Frau Saladin ist nicht erwerbstätig. Sie lebt bei ihrem ledigen Sohn, dem sie die Haushaltung besorgt. Sie verfügt über kein Vermögen und bezieht eine AHV-Bente von monatlich 50 Franken. Der Sohn ist in fester Stellung und lebt in geordneten Verhältnissen; jedenfalls besitzt er ein Automobil angeblich neueren Modells, mit dem sich offenbar auch der Unfall der Mutter zugetragen hat.

-- Es ist nach unserer Auffassung dem Sohn durchaus zuzumuten, der Mutter bei der Bussenzahlung beizustehen, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie ihm durch die Besorgung des Haushalts auch eine Gegenleistung bietet. Für einen Begnadigungsakt liegen unseres Erachtens keine Kommiserationsgründe vor.

Einmal ist zu berücksichtigen, dass Frau Saladin sich, ohne in Not zu sein, nur.

wegen der Entschädigung auf diese verbotene Goldvermittlung eingelassen hatte, obschon ihr klar war, was sie im Falle der Entdeckung zu gewärtigen habe. Im Hinblick auf die der Tatbegehung zugrunde
hegende Gewinnsucht, das Fehlen einer Verschlechterung der finanziellen Lage seit dem Urteil und in Berücksichtigung des Umstandes, dafis nach der Praxis der Begnadigungsbehörde bei erfolgter Umwandlung der Busse in Haft dem Gesundheitszustand eines Verurteilten von der Vollzugsbehörde (auf Grund eines amtsärztlichen Berichtes) durch allfälliges Hinausschieben des Strafvollzuges von Amtes wegen Rechnung zu tragen ist, vermögen wir einen Gnadenakt nicht zu befürworten.

Wir beantragen deshalb die Gesuchsabweisung. Sollte die Verurteilte den noch geschuldeten Betrag mit Hilfe ihres Sohnes doch aufbringen, so steht es ihr frei, sich mit dem für die Vollstreckung der Umwandlungsstrafe zuständigen Justizdepartement des Kantons Tessin in Verbindung zu setzen, das die nach-

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trägliehe Erlegung des restlichen Bussenbetrages entsprechend der bisherigen Praxis voraussichtlich entgegennehmen würde.

84, Guglielmo Sgroy, 1904, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, letzter bekannter Wohnsitz in Marchirolo (Italien), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 15. Februar 1949 wegen Anstiftung und Mittäterschaft bei Ausfuhrbannbruch mit gebrauchten Wirkmaschinenzu4688Franken .Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung.

Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 14. April 1949 abgewiesen. -- Der Verurteilte hat die Busse in verschiedenen Teilzahlungen bis auf 354, 05 Franken abgetragen.

Sgroy ersucht um Erlass des Bussenrestes mit dem Hinweis auf seine durch schlechten Geschäftsgang und harte Bestrafung durch die italienischen Behörden in der gleichen Sache misslich gewordene wirtschaftliche Lage. Diese erlaube ihm weitere Zahlungen an die in der Schweiz gegen ihn ausgefällte Busse nicht mehr, so dass mit der Umwandlung gerechnet werden inüsste, und all seine bisherigen grossen Anstrengungen nutzlos gewesen wären.

Die Zollbehörden teilen mit, dass das Gnadengesuch des früher in Marchirolo (Italien) wohnhaft gewesenen Sgroy von Campione aus datiert und abgesandt wurde, dass aber der heutige Wohnort des Gesuchstellers nicht bekannt sei.

Infolgedessen habe zum vornherein keine Möglichkeit bestanden, die Angaben des Gesuchstellers irgendwie zu überprüfen, oder auch nur allgemeine Erkundigungen über seine heutige Lage einzuziehen. Die Frage bleibt somit offen, ob der Verurteilte, der bisher in anerkennenswerter Weise Zahlungen geleistet hat, heute tatsächlich ausserstande ist, den an sich -bescheidenen Bussenrest zu tilgen. Bei dieser Sachlage und bei Berücksichtigung des ümstandes, dass Sgroy den Ausfuhrschmuggel nach Italien mit aller Planmässigkeit vorbereitet und auch einen Schweizer dazu angestiftet hat, lässt sich unseres Erachtons ein Gnadenakt nicht rechtfertigen. Kein Kommiserationsgrund stellt ferner die vom Gesuchsteller angeführte nachträgliche Bestrafung durch die italienischen Behörden dar. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, Sgroy wird bei der Vollzugsbehörde angesichts seines bisher bewiesenen Zahlungswillens mit
einem Gesuch um weitere Zahlungserleichterungen sicher Verständnis finden.

85. Ernst Sieber, 1911, Metzger, Basel, verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 28. Juli 1949 wegen Zollübertretung, Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatz- und Luxussteucr zu 2178,16 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung.

Sieber hat in den Jahren 1948/49 vorerst allein, dann mit einem Mitverurteilteri zusammen zum Teil im Zwischengelände, zum Teil mit seinem Automobil, in dessen Benzintank er eigens zu Schmuggelzwecken ein Versteck hatte einbauen lassen, Waren aller Art illegal in die Schweiz eingeführt und hier abgesetzt.

Das Automobil wurde als Schmuggelwerkzeug zum Zollpfand erklärt und mit einem Verfügungsverbot belegt. Ebenso konnten verschiedene Waren beschlag-

45 nahmt werden. -- In mühsamem Vollzug ist die Busse heute durch Teilzahlungen und die Anrechnung von Verwertungserlösen bis auf rund die Hälfte (974, 72 Franken) abgetragen worden.

Sieber ersucht um Herabsetzung der Busse, da sich weitere Zahlungen auf seine Familie mit zwei Kindern schädigend auswirken müssten. Er verfüge über kein Vermögen und müsse Zahlungen an die Busse aus seinem bescheidenen Arbeitseinkommen aufbringen, das ohnehin kaum für den Unterhalt seiner Familie ausreiche.

Sieber ist gelernter Metzger. Seinen eigenen Betrieb hat er 1939 im Zusammenhang mit dem Aktivdienst aufgeben müssen. Seither hat er sich nicht mehr zu einer geregelten Arbeit in seinem Beruf zurückfinden können, obschon er dort sein Auskommen finden würde. Zurzeit vermittelt er Landwirten alte Automobile und führt kleine Autoreparaturen durch. Ob diese Scheu vor einer geregelten und anständig bezahlten Arbeit, die dem gesundheitlich gut dastehenden Sieber zweifellos offenstehen würde, auf die Befürchtung zurückzuführen ist, die Gläubiger könnten dann auf seinen Lohn greifen (eine Vermutung, die von der Zollkreisdirektion Basel geäussert wurde), oder ob es sich um eine gewisse Unlust, geregelter Arbeit gegenüber handelt, wie die Oberzolldirektion vermutet, kann dahingestellt bleiben. Sicher ist, dass der Verurteilte solange er sich nicht bemüht, seine Verdienstmöglichkeiten voll auszuschöpfen, mit einer Begnadigung nicht rechnen kann. Da sich Sieber überdies auch nicht bereit fand, den Beamten der Zollkreisdirektion Basel über seine persönhchen und finanziellen Verhältnisse vorbehaltlos Auskunft zu geben, b e a n t r a g e n wir mit der Oberzolldirektion die G e s u c h s a b w e i s u n g , wobei sich die Vollzugsbehörde nach wie vor bereit erklärt, der gespannten Lage, in der sich Sieber befindet, weiterhin durch Gewährung angemessener Zahlungserleichterungen Rechnung zu tragen.

36. Walter Sigg, 1921, Mechaniker, Schaan (Fürstentum Liechtenstein), verurteilt durch S traf Verfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 30. Juni 1950 wegen Zollhehlerei zu 1300 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Sigg. hat im Jahr 1948 19 500 Kugellager, von denen er wusste, dass sie unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden waren, übernommen und sich mit der
Zuleitung der Ware an den Besteller befasst. Ein Wiedererwägungsgesuch ist von der Oberzolldirektion am 2. August 1950 abgewiesen worden. -- Da Sigg der Zahlungsaufforderung durch die Vollzugsbehörde keine Folge leistete, musste die Betreibung eingeleitet werden, die indessen ergebnislos verlief. Auf Gesuch hin bewilligte die Zollbehörde dem Verurteilten in der Folge monatliche Abschlagszahlungen von 50 Franken, die jedoch nur unter dauerndem Druck eingingen. Nach erneuter ergebnisloser Betreibung wurde Sigg die Bestschuld bis zum Oktober 1951 gestundet; die auf Grund erneuter Entgegenkommen der Vollzugsbehörde alsdann fällig werdenden monatlichen Betreffnisse blieben nach zwei Zahlungen wiederum aus. Heute sind noch 789,05 Franken zu tilgen.

46 Sigg ersucht um Erlass eines Teils seiner Schuld, sowie um Aufschub für den verbleibenden Bestbetrag, Er sei trotz guten Willens nicht in der Lage gewesen, den Zahlungsaufforderungen der Vollzugsbehörde nachzukommen. Er verfüge über kein Vermögen und sein Arbeitseinkommen als Arbeiter benötige er für den Unterhalt seiner Familie mit zwei Kindern und zur Bezahlung seiner dringendsten Schulden, die er während seiner Arbeitslosigkeit und wegen Krank heit (Lungentuberkulose) habe eingehen müssen.

Der Verurteilte wohnt seit mehreren Jahren im Gebiete des Fürstentums Liechtenstein. Er ist verheiratet und hat für Frau und zwei Kinder aufzukommen. Im Jahre 1944 erkrankte Sigg an Lungentuberkulose und stand während mehrerer Jahre in ärztlicher Behandlung (Pneumothorax). Heute gibt sein Gesundheitszustand zu keinen Klagen mehr Anlass ; auch die übrigen Familienangehörigen sind gesund.

Wie die Erhebungen der Zollbehörden ergaben, ist Sigg vor 1949, dorn Zeitpunkt des Antritts seines heutigen Arbeitsplatzes, durch den Umgang mit zweifelhaften Elementen auf die schiefe Bahn geraten. Er soll mit seiner Frau gut gelebt haben, ohne zu arbeiten. Sein Ruf hat dadurch gelitten ; heute sind überdies erhebliche Schulden angelaufen. Indessen wird ihm von seinem Arbeitgeber für die Zeit seit 1949 ein gutes Zeugnis ausgestellt. Sigg wird als zuverlässig, willig und als guter Arbeiter geschildert. Im Eahmen seiner Möglichkeiten gibt er sich heute offenbar Mühe, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Wir können uns unter diesen Umständen der Auffassung der Vollzugsbehörde anschliessen, es dürfe dem Gesuchsteller, trotz seinem nicht gerade als Empfehlung dienenden Verhalten in früheren Jahren, ein gewisses Entgegenkommen gezeigt werden. Entsprechend dem Gesuch, das in einsichtiger Beschränkung nur einen Teilerlass des noch ausstehenden Betrages verlangt, und in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Zollkreisdirektion Chur beantragen wir den Erlass eines Bussendrittels, so dass Sigg nach Anrechnung der bezahlten 510,95 Franken noch 855,70 Franken zu tilgen bleiben, für welche ihm die Oberzolldirektion weiterhin angemessene Zahlungserleichterungen einräumen wird.

87. Samuel Sonnenblick, 1913, staatenlos, Kaufmann, Nizza (Frankreich), verurteilt wie folgt: a. Durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und
Zolldepartements vom 16, Dezember 1946 wegen Mittäterschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Gold und Anstiftung hiebei zu 7268 Franken Busse. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Bundesrat am I.April 1948 abgewiesen.

l. Durch Strafverfügung des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements vom 18. Mai 1947 wegen Mittäterschaft bzw. Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Gold und Golduhren, letztere z. T. ausgeführt in Liebesgabenpaketen und versteckt in « Sauerkrautkonserven», zu 14 288,67 Franken Busse. Die gegen die Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 26. November 1947 abgewiesen.

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c. Durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 18. Mai 1947 wegen Zollhehlerei und Gehilfenschaft hiebei zu 96 Franken. Bei allen drei Bussen konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden.

Sonnenblick wurde im Herbst 1947, in einem Zeitpunkt, in dem die ersten beiden Strafverfügungen noch nicht rechtskräftig waren, durch die eidgenössische Fremdenpolizei des Landes verwiesen. Aber auch die Zahlungsaufforderung für die von der Oberzolldirektion ausgesprochene Strafe erreichte Sonnenblick nicht mehr. Da die Adresse des Verurteilten nicht ausfindig gemacht werden konnte -- auch die Ausschreibung im Pqlizeianzeiger blieb erfolglos -- wurden die drei Bussen durch das Bezirksgericht Uster nach Anrechnung kleiner Verwertungseriöse, am. 2. Juli 1949 in zweimal 90 und 3 Tage Haft umgewandelt.

Sonnenblick ersucht um Begnadigung. Er sei an den ihm zur Last gelegten Schmuggelhandlungen überhaupt nicht beteiligt gewesen und zu Unrecht verurteilt worden. Die Strafprotokolle habe er nur unterzeichnet, um aus der Haft entlassen zu werden. Er wolle nun nach Übersee auswandern und benötige dazu ein Führungszeugnis; ein solches würde ihm jedoch nichts nützen, wenn es den Eintrag einer Haftstrafe von 188 Tagen enthielte. Er bitte deshalb um Begnadigung.

Auf das Gesuch ist nicht einzutreten, soweit es sich auf das Tatbeständliche und die Verschuldensfrage bezieht. Die bei den Akten liegenden Straf Protokolle sind in dieser Beziehung durchaus eindeutig und lassen die Vorbringen des Verurteilten als blosse Ausreden erscheinen.

Sonnenblick hat seinen Wohnsitz heute im Ausland, und es ist deshalb nicht möglich, über seine gegenwärtige wirtschaftliche Lage Erhebungen durchzuführen. Dass sich seine Verhältnisse seit dem zwangsweisen Verlassen der Schweiz verschlechtert haben, ist nicht nachgewiesen. Der Gesuchsteller hat an seine Bussenschuld überhaupt nichts bezahlt, obschon er zweifellos in der Lage gewesen wäre, wenigstens seinen guten Willen zu zeigen. Unter Missbr'auch des Gastrechtes, das er in der Schweiz genoss, hat er sich zum Mittelpunkt einer Schmuggelorganisation gemacht und hat fortgesetzt gegen die Gesetze verstossen. Von einem auch nur teilweisen Gnadenerlass kann unter diesen Verhältnissen nicht die Eede sein. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.
38. Karl Teufel, 1910, deutscher Staatsangehöriger, Kaufmann, Dangstètten (Deutschland), 89. Franziska T e u f e l , 1910, deutsche Staatsangehörige, Hausfrau, Dangstetten, verurteilt durch Straf Verfügungen der Oberzolldirektion vom 15. September 1947 wie folgt: a. Karl Teufel wegen Ausfuhrbannbruchs, Anstiftung dazu, sowie wegen Gehilfenschaft bei Zollübertretung und Anstiftung hiezu zu Bussen von 500 Franken und 3891,60 Franken, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung; &. Franziska Teufel wegen An-

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Stiftung zu Ausfuhrbannbrucb und wegen fortgesetzter Gehilfenschaft bei Zollübertretung und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu Bussen von 346, 67 Franken und 2041, 20 Franken. Auch hier konnte wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Bussendrittel nachgelassen werden. Die Verurteilten haben sich an Schmuggelhandlungen über den Ehein, zwischen Deutschland und der Schweiz, teils selbst beteiligt, teils sind sie als Auftraggeber und Organisatoren in Erscheinung getreten. Das Schmuggelgut bestand aus Lebens- und Genussmitteln, sowie aus Textilwaren. -- Da die Eheleute Teufel die Zahlungsaufforderungen der Zollkreisdirektion Schaffhausen überhaupt nicht beachteten, erfolgte am 18. August 1948 die Umwandlung der Bussen durch das Bezirksgericht Zurzach in 50 Tage und 8 Monate Haft für Karl Teufel und in 35 Tage und 3 Monate Haft für dessen Ehefrau.

Karl Teufel stellt für sich und seine Ehefrau Franziska das Gesuch um Begnadigung. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die Bussen zu zahlen, und aus beruflichen Gründen habe er auch die Haftstrafe nicht verbüssen können.

Solange diese Strafsache nicht erledigt sei, könnten er und seine Frau nun aber nicht mehr in die Schweiz kommen, ohne sogleich verhaftet zu werden. Das sei angesichts seiner verwandtschaftlichen Beziehungen in der Schweiz sehr bedauerlich. Es sei aber namentlich deshalb peinlich für ihn, weil er als Vorstand des Männergesangvereins schon wiederholt von Schweizer Nachbarvereinen eingeladen worden sei und weil von seinem Verein für dieses Jahr überdies ein Ausflug nach der Schweiz beschlossen wurde. Aus diesen Gründen ersuche er um Erlass der Haftstrafen. Die Verfehlungen hätten er und seine Frau aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus begangen, um sich einige Lebensmitteln zu verschaffen.

Die Gesuchsteller haben ihren Wohnsitz im Ausland, weshalb ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse nicht näher untersucht werden konnten.

Festzustehen scheint jedoch, dass sich die Familie Teufel weder zur Zeit der Tatbegehung in einer Notlage befunden hat, noch dass heute eine solche vorliegt. In seinem Gesuch gibt Teufel selbst an, seit 18 Jahren bei den LonzaWerkeh in Waldshut/Baden als Leiter einer Expeditionsabteilung tätig zu sein.

Die Zollkreisdirektion Schaffhausen stand nach der persönlichen Anhörung der Eheleute Teufel ganz eindeutig
unte* dem Eindruck, es fehle diesen am Sühne" willen. Jedenfalls wären Teilzahlungen möglich gewesen. Die Verurteilten haben sich jedoch um die Tilgung ihrer Schuld in keiner Weise bemüht. Unzutreffend ist auch der Hinweis im Gesuch auf verwandtschaftliche Beziehungen in. der Schweiz. Diese bestanden vor Jahren, bevor der Bruder der Gesuchstellerin am 29. Mai 1945 wegen nationalsozialistischer Umtriebe vom Bundosrat, gestützt auf Artikel 70 der Bundesverfassung, aus der Schweiz ausgewiesen worden ist.

Bleibt als für die Begnadigung geltend gemachten Umstand noch die vom Männergesangverein beabsichtigte Schweizerreise, die Teufel als Vorstand sollte mitmachen können. Es versteht sich von selbst, dass sich damit ein Gnadenakt nicht begründen lässt. Wir halten es vielmehr für eine Unverfroren-

49 heit, die Vereinigte Bundesversammlung mit einem derartigen Gesuch überhaupt zu bemühen. Einem Verurteilten, der einen Gnadenakt mit dem Hinweis auf die Belustigungsfahrt eines Gesangvereins, an der er sich beteiligen möchte, begründet, fehlt es zum vornherein an der für ein gnadenweises Entgegenkommen unerlässhehen Einsicht und Ernsthaftigkeit, Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

40. Hans Thill, 1904, Zahntechniker, Rorschach (St. Gallen), verurteilt durch Strafverfügung der Oberzolldirektion vom 30. August 1949 wegen Zollübertretung und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 409,16 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er in voller Kenntnis der Strafbarkeit seines Verhaltens 2 Motorräder und 2 Fahrräder, die er als Umzugsgut zollfrei in die Schweiz eingeführt hatte, innerhalb des für dieses Gut festgelegten fünfjährigen Veräusserungsv'erbotes verkaufte, ohne die darauf lastenden Zöllbeträge und Abgaben nachzuzahlen. -- Der Vollzug der Busse gestaltete sich mühsam; es stehen heute noch 884,16 Franken aus.

Thill ersucht um Erlass des Bussenrestes. Er sei nach 25 Jahren Ausländsaufenthalt 1946 mittellos in die Schweiz; zurückgekehrt. Als es ihm in der Folge im Jahre 1948 schlecht gegangen sei, habe er keinen andern Ausweg gewusst, als seinen "letzten Besitz zu verkaufen. Wohl sei ihm klar gewesen, dass er zunächst die Zollabgaben und die Steuern hätte nachzahlen müssen, doch habe er befürchtet, diese würden zuletzt mehr ausmachen als der Erlös.

Thill gelang es nicht, sich nach seiner Bückkehr in der Schweiz wieder eine Existenz aufzubauen, trotzdem ihm die Bückwandererhilfe mit einem Darlehen beigesprungen ist. Seine Versuche mit einer Hühnerfarm und einer Sumpfbiberzucht endeten beide mit Verlusten. Vorübergehend war der Verurteilte auch krank und arbeitslos. Seine finanzielle Lage ist demzufolge heute schlecht und es kann ihm geglaubt werden, dass er zurzeit weitere Zahlungen an die Busse .aus eigenen Mitteln kaum aufzubringen vermag.

Trotzdem können wir einen Gnadenakt nicht empfehlen. Nach einem Urteil der Strafkammer des Kantonsgerichtes St, Gallen vom 20. Februar 1951 musste Thill wegon Unzucht mit Kindern zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, was ihn eines Gnadenaktes gänzlich unwürdig erscheinen
lässt. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung, wobei es der Vollzugsbehörde überlassen bleiben musa, zu entscheiden, ob mit der Stellung des Umwandlungsbegehrens nochmals zugewartet und dem Verurteilten erneut Gelegenheit zu Teilzahlungen gegeben werden kann.

41. Otto Türkisch, 1906, österreichischer Staatsangehöriger, Schneider, Genf, verurteilt durch Strafyerfügung des Eidgenössischen -Finanz- und Zolldepartementes vom 11. Juli 1951 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu.7797, 83 Franken Busse, unter Nachlass eines Viertels wegen nachträglicher Unterziehung, weil er anfangs 1949 für Marcel Currat (vgl. Antrag 9 dieses Berichtes) insgesamt 33 600 Vreneli und 3 Goldbarren zu je l Kilogramm anBundesblatt. 104. Jahrg. Bd. II.

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50 lässlich verschiedener Reisen gegen Belohnung von Genf nach Bern und Basel verbrachte und dort den Schmugglern übergab. Der Waren-wert des beförderten Goldes belief sich auf l 089 710 Franken. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vorn Bundesrat ara Ï9. November 1951 abgewiesen. ·-- Da Zahlungen nicht eingingen, wurde die Betreibung eingeleitet, die noch hängig ist.

Durch einen Rechtaanwalt ersucht Türkisch um erhebliehe Herabsetzung der Busse. Der Bussenbetrag sei, wie bereits in der Beschwerde geltend gemacht wurde, übertrieben und berücksichtige nicht, dass sich seine Tätigkeit lediglich darauf beschränkt habe, das Gold von Genf nach Bern und Basel zu bringen, Er hoffe, dass die Begnadigungsbehörde semer schlechten finanziellen Lage Rechnung tragen werde.

Türkisch ist im Jahre 1938 von Wien in die Schweiz eingereist und erhielt für sich und seine Ehefrau die Aufenthaltsbewilligung lediglich zur Vorbereitung der Auswanderung. Diese erfolgte im Jahre 1950 nach Kanada. Der Gesuchsteiler ertrug jedoch, wie die Oberzolldirektion mitteilt, das dortige Klima nicht und erkrankte, weshalb er nach Genf zurückkehrte. Er lebt mit seiner Erau von Unterstützungen, die ihm seine drei in Kanada lebenden Brüder regelmässig zukommen lassen.

Die Vorbringen Türkischs im Gesuch bestehen im wesentlichen in der Kritik am Eekursentscheid des Bundesrates. Wie im Fall Currat muss indessen festgestellt werden, dass im Wege der Begnadigung eine Überprüfung rechtskräftiger Entscheide nicht möglieh ist und dass es die Begnadigungsbehörde wiederholt abgelehnt hat, gleichsam als Oberrekursinstanz zu walten.

Türkisch hat in der Schweiz jahrelang Unterschlupf und Auskommen gefunden. Er wurde auch nach seiner Rückkehr aus Kanada wieder aufgenommen, obschon er in diesem Zeitpunkt wohl ohne weiteres wieder nach Österreich hätte zurückkehren können, da die Ursache seiner Flucht längst weggefallen ist. War seine finanzielle Lage nie gut, so besteht andrerseits auch kein Anhaltspunkt für das Bestehen einer Notlage im Zeitpunkt der Tatbegehung oder für eine wesentliche Verschlechterung der Verhältnisse seit dem Urteil.

Wir halten vielmehr dafür, Türkisch habe durch sein Verhalten das ihm gewährte Gastrecht ausgesprochen schlecht gelohnt. Da Kommiserationsgründe nicht nachgewiesen sind, beantragen wir mit der
Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

42. Michele Villa, 1900, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Castelveccano (Italien), verurteilt durch Straf Verfügung der Oberzolldirektion vom 13. Mai 1950 wegen fortgesetzter Mittäterschaft bei Zollübertretung und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 2954, 67 Franken Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Villa hat unter verschiedenen Malen Gummilitzen aus Italien in die Schweiz schmuggeln lassen. -^~ Der Verurteilte hat als Ausländer eine Kaution von 1800 Franken geleistet. Aus der Zollpfandverwertung konnten ihm weitere 499, 75 Franken an die Busse angerechnet werden. Für den Best von 1154,92 Franken wurde das Umwandlungs-

5l begehren gestellt. Anlässlich, der Verhandlung vor Gericht liess Villa durch seinen Anwalt 800 Pranken sofort bezahlen und die Tilgung des Bestes in monatlichen Betreffnissen von 100 Franken versprechen. Von der Umwandlung wurde daraufhin Umgang genommen.

Villa ersucht um Erlass des heute noch ausstehenden Bussenbetrages von 654,92 Franken. Er macht geltend, die Einhaltung des anlässlich der Umwandlungsverhandlung abgegebenen Zahlungsversprechons überschreite seine Kraft, Er sei durch eine schwere Operation daran gehindert zu arbeiten und zu verdienen. Andrerseits -habe er durch seine bisherigen Zahlungen doch seinen Sühnewillen unter Beweis gestellt.

Da der Gesuchsteller im Ausland wohnt, konnten eigene Erhebungen über die Verhältnisse, in denen er und seine Familie leben, nicht durchgeführt werden.

Indessen weisen alle Anhaltspunkte darauf hin, dass die Angaben im Gesuch der Wahrheit entsprechen. Zunächst liegt ein Arztüeugnis vor, nach welchem Villa sich vor Jahresfrist einer schweren Operation unterziehen musste, von der er sich heute noch nicht erholt zu haben scheint. Einer Bescheinigung des Sindaco von Castelveccano ist ferner zu entnehmen, dass Villa Vater von 6 Kindern ist, die ihm mit Ausnahme des ältesten Sohnes, noch alle zur Last fallen. Im Haushalt lebt überdies die Schwiegermutter. Der Verurteilte muss seine Vertretertätigkeit nach diesem Bericht aus Gesundheitsgründen oft wochenlang einstellen. Der heute 52jährige habe sich in den letzten Jahren zweimal schworen chirurgischen Eingriffen unterziehen müssen, was jedesmal die langandauernde vollständige Unterbrechung der Erwerbstätigkeit zur Folge hatte. Die finanziellen Verhältnisse der in einer ländlichen Mietwohnung lebenden Familie seien schwierig. Zurzeit arbeite die Ehefrau, soweit ihr die Haushaltspflichten dies erlaubten, in einem Wirtshaus der Nachbarschaft. Villa selbst gemesse den Euf eines ehrenwerten und untadeligen Mannes.

Die Zollbehörden erachten sowohl den Arztbericht als auch die Auskunft durch die Wohnsitzgemeinde Villas als wahrheitsgemäss und sachlich richtig; sie empfehlen deshalb den Erlass des Bussenrestes, Wir können uns dieser Auffassung anschliessen. Auch bei Ansetzung des strengen Maßstabes, der bei der Beurteilung von Gnadengesuchen von Ausländern, die sich gegen unsere Zollgesetzgebung verfehlen,
regelmässig zur Anwendung gelangt, scheint sich gegenüber Villa, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den gezeigten Sühnewillen, ein Entgegenkommen rechtfertigen zu lassen. Wir beantragen deshalb mit der Oberzolldirektion den Erlass des Bussenrestes von 654, 92 Franken.

48. Karl Wetzstein, 1907, deutscher Staatsangehöriger, Lokomotivheizer, Singen (Deutschland), verurteilt durch S traf Verfügung der Oberzolldirektion vom 1. November 1948 wegen Zollübertretung, Bannbruchs und Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu 871,67 Franken Busse, unter Nachläse eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Wetzstein hat für einen Dritten gegen Belohnung unter verschiedenen Malen zahlreiche Gegenstände im Warenwert von rund 1100 Franken in der Lokomotive versteckt in die Schweiz

52 geschmuggelt. Der Verurteilte hat an eigenen Zahlungen, 223, 50 Franken geleistet, so dass der noch ausstehende Bussenrest sich nach Anrechnung eines Teils dieser ohne besondere Zweckbestimmung bezahlten Summe auf die geschuldeten Eingangsabgaben noch auf 168,12 Franken beläuft.

Wetzstein ersucht um Begnadigung. Er macht finanzielle Schwierigkeiten geltend und fuhrt an, die Eltern unterstützen zu müssen.

I)a der Gesuchsteller seinen Wohnsitz im Ausland hat, konnte eine einiässliche Prüfung seiner persönlichen und finanziellen Lage an Ort und Stelle nicht durchgeführt werden. Immerhin hat sich die Zollkreisdirektion Schaffhausen mit diesem Fall eingehend bofasst und sich nach Anhörung Wetzsteins in ihrenrBericht vom 12. März 1952 sehr einlässlich ausgesprochen. .Sie kommt nach gewissenhafter Abwägung aller Faktoren und in Kenntnis der Lébensverbältnisso jenseits der Grenze zum Schluss, dass dem Verurteilten trotz seinem für schweizerische Begriffe zahlenmässig bescheidenen Lohne und trotz den angeblichen Unterstützungspflichten die gänzliche Tilgung der Busse zugemutet werden könne, wenn ihm wie bis anhin monatliche Teilzahlungen von 10 Franken bewilligt werden.

.. Im übrigen hat der Verurteilte seine Verfehlungen ohne Not nur wegen der Belohnung begangen. Er hat dabei das ihm schweizerischersoits als deutschem Bahnangestellten entgegengebrachte erhöhte Vertrauen missbraucht. Nicht genug damit, wurde er wenige Tage nach der ersten Einvernahme in dieser Zollstrafsache wiederum erwischt, als er versuchte, Kaffee und Seife ausEuschmuggeln. Wir halten dafür, Wetzstein habe sich durch dieses Verhalten eines Gnadenaktes unwürdig gemacht und beantragen die Gesuchsabweisung, unter Zubilligung von weiteren Zahlungserleichterungen nach Ermessen der Vollzugsbehörde.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 1. Mai 1952.

703

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräaident : Kobelt Der Bundeskanzler: Ch. Oser

53

Anhang Verzeichnis der in diesem Bericht unterbreiteten Begnadigungsgesuche

1.

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Adami Eugenia, 1897, Angestellte, Cassarate (Tessin), Bertschinger Alfred, 1902, Geschäftsmann, Zürich, Bischoff Pius, 1910, Landwirt, St. Margrethen (St. Gallen), Boldini Pierino, 1918, Musiker, Arzo (Tessin), Broquet Jeanne, 1921, Hausfrau, Mailand (Italien), Burri Fritz, 1920, Tramangestellter, Genf, Clerc Gilbert, 1920, Vertreter, Genf, Colombo Federico, 1909, Metzger, Lugano (Tessin), Currat Marcel, 1905, Bankbeamter, Genf, Défago Rémy, 1919, Handelsvertreter, Monthey (Wallis), Egli Jakob, 1922, Transportunternehmer, Niederteufen (Appenzell A.Rh.), Erne Eduard, 1913, österreichischer Staatsangehöriger, Kupferschmied, Bregenz (Österreich), 13. Gavazzini Carlo, 1908, Spengler, Ruvigliano (Tessin), 14. Gavazzini Emilio, 1908, Spengler, Cassarate (Tessin), 15. Giacobino Albert, 1895, Kaufmann, Genf, 16.Hauser Kurt, 1923, Reisender, Zürich, 17. Hutmacher Hedwig, 1913, Hausfrau, Zürich, 18. Hutter Jakob, 1906, Hilfsarbeiter, Widnau (St. Gallen), 19. Jegge Max, 1919, Fabrikarbeiter, Sisseln (Aargau), 20. Kuchen Ernst, 1899, Metzger, Carouge (Genf), 21. Lama Riccardo, 1913, Maurer, Magliaso (Tessin), 22. Lässer Franz, 1919, Feinmechaniker, Diepoldsau (St. Gallen), 23. Lurà Mario, 1910, Maurer, Mendrisio (Tessin), 24. Machler Hans, 1912, Kaufmann, Marchtrenk (Österreich), 25. Messerli Felix, 1907, Vertreter, Zürich, 26. Meylan Gilbert, 1908, Karrosseriemaler, Genf, 27. Minder Paul, 1919, Chauffeur, St. Gallen, 28. Morello Ezio, 1912, italienischer Staatsangehöriger, Früchtehändler, Chiasso (Tessin), 29. Hallet Pierre, 1904, Buchhalter, Genf, 30. Ponti Marco, 1909, Bäcker, Salorino (Tessin), 31. Poretti Antonio, 1912, Sattler, Lugano (Tessin), 32. Raselli Ernesto, 1921, Chauffeur, Le Prese-Poschiavo (Graubünden),

54 S8. Saladin Carolina, 1898, Hausfrau, Cassarate (Tessin), 34. Sgroy Guglielmo, 1904, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, letzter bekannter Wohnsitz in Marchirolo (Italien), 35. Sieber Ernst, 1911, Metzger, Basel, 36. Sigg Walter, 1921, Mechaniker, Schaan (Fürstentum Liechtenstein), 37. Sonnenblick Samuel, 1913, staatenlos, Kaufmann, Nizza (Prankreich), 38. Teufel Karl, 1910, deutscher Staatsangehöriger, Kaufmann, Dangstetten (Deutschland), 39. Teufel Franziska 1910, deutsche Staatsangehörige, Hausfrau, Dangstetten, 40. Thill Hans, 1904, Zehntechniker, Korschach (St. Gallen), 41. Türkisch Otto, 1906, Österreichischer Staatsangehöriger, Schneider, Genf, 42. Villa Michele, 1900, italienischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Castelveccano (Italien), " 43. Wetzstein Karl, 1907, deutscher Staatsangehöriger, Lokomotivheizer, Singen (Deutschland).

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I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1952) (Vom 1. Mai 1952)

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