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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Engros-Möbelindustrie (Vom 25. Februar 1952)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 8, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung yon Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst :

Art. l 1

Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom 15. Dezember 1947/1. Juli 195l/ 1. Dezember 1951 für die schweizerische Engros-Möbelindustrie werden die in der Beilage wiedergegebenen Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

Art. 2 1

Die Allgemeinverbindlichkeit gilt für das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft.

2 Sie erstreckt sich auf alle gelernten, angelernten und ungelernten Arbeiter, mit Ausnahme der Lehrlinge.

3 Als Betriebe der Engros-Möbelindustrie gelten alle dem Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverband angeschlossenen Finnen sowie diejenigen Betriebe, welche Grossmöbel, Kleinmöbel, Tische, Sitzmöbel, Polstergestelle oder Polstermöbel herstellen, sofern sie mindestens acht Arbeiter beschäftigen und ihre Erzeugnisse in der Hauptsache an Wiederverkäufer absetzen.

4 Ausgenommen sind diejenigen Betriebe, die vom Gesamtarbeitsvertrag vorn 1.. Dezember 1950 für die Schreinerei, Zimmerei, Möbelschreinerei und Möbelfabrikation, des Kantons Freiburg erfasst werden.

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Art. 3 Die gemäss Ziffer 10, Absatz 4, des Gesamtarbeitsvertrages eingehenden Beträge von 25 Prozent der Nachzahlungen sind zur Deckung der Kosten der Allgemeinverbindlicherklärung sowie für die Kontrolle über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu verwenden.

2 Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat das Recht, jederzeit in die Kasse der paritätischen Berufskommission der schweizerischen EngrosMöbelindustrie Einsicht zu nehmen und zu kontrollieren, ob die Nachzahlungen den Arbeitern richtig überwiesen werden und ob die 25 Prozent der Nachzahlungenausschliesslichh für die vorgeschriebenen Zwecke Verwendung finden.

Art. 4

:

Dieser Beschluss tritt mit seiner amtlichen Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1953: Bern, den 25. Februar 1952.

814

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Kobelt Der Bundeskanzler: Ch. Oser

494 Beilage

Gesamtarbeitsvertrag vom 15. Dezember 1947/1. Juli 1951/1. Dezember 1951 für die schweizerische Engros-Möbelindustrie abgeschlossen zwischen dem dem dem dem

Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverband, Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz und Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter.

Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen Arbeitszeit

Ziffer l 1 1 normale Arbeitszeit beträgt 48 Stunden in der Woche. Die Einteilung der Arbeitszeit bleibt den einzelnen Betrieben überlassen, in der Regel soll jedoch eine Mittagspause von einer Stunde eingehalten werden.

2 Das Aufräumen des Arbeitsplatzes und Versorgen des Werkzeuges erfolgt, wo dies der betreffende Arbeiter zu besorgen hat, innerhalb der : Arbeitszeit.

3 Überzeit- und Nachtarbeit sowie Arbeit an Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und Samstagnachmittagen ist nur ausnahmsweise und in dringenden Fällen zulässig. In der Abgrenzung der Tagesarbeit wird auf Artikel 43 des Fabrikgesetzes abgestellt.

' Ziffer 2

Arbeitslohn

1

Die Mindestlöhne werden für jeden Betrieb wie folgt festgesetzt: Fr. pro Stunde

Für gelernte und selbständige Berufsarbeiter l. 50 Für angelernte Arbeiter ] .22 Für junge, frisch aus der Lehre entlassene Arbeiter bis zum Ablauf von 4% Jahren (inkl. Lehrzeit) l. 27 Für Handlanger l. -- 2 Für jugendliche Arbeitnehmer unter 18 Jahren beträgt der Mindestlohn die Hälfte des Gesamtlohnes (Mindestlohn zuzüglich Teuerungs-zulage) für Handlanger,

495 3

Zu den Mindestlöhnen kommen die Teuerungszulagen. Diese bctragen: .

.

.

85Rappen pro Stunde für verheiratete Arbeiter; 79 Eappen pro Stunde für ledige Arbeiter und alle Arbeiterinneu, die das 20. Altersjahr erreicht haben: 75 Eappen pro Stunde für ledige Arbeiter und Arbeiterinnen unter 20 Jahren.

.

.

4 Als angelernter Arbeiter oder angelernte Arbeiterin gilt, wer normalerweise während zwei Jahren eine Maschine bedient oder handwerkliche Berufsarbeit ausgeführt hat und mindestens 20 Jahre alt ist.

In Zweifelsfällen entscheidet die Berufskommission.

6 Schwächliche und minderleistungsfähige Arbeitnehmer fallen bezüglich der Mindestlohnansetzung ausser Betracht; sie haben dagegen Anspruch auf die volle Teuerungszulage ihrer Kategorie..

: · . , . 6 Für Arbeitnehmer, die im Akkord beschäftigt werden, wird der Stundenlohn garantiert; massgebend ist der,Durchschnitt zweier aufeinanderfolgender Zahltagsperioden.

Ziffer 3

:

;

Die Lohnzahlung erfolgt regelmässig alle 14 Tage, jedoch nicht an einem Samstag, und soll bei Arbeitsschluss beendet sein. Mehr als 3 bis 5 Taglöhne dürfen nicht als Standgeld zurückbehalten werden.

,

:

'

Zahltag

:

Ziffer 4

Für Überstunden, für Nachtarbeit sowie für Arbeiten an Sonntagen, Lohnzuschläge gesetzlichen Feiertagen und an Samstagnachmittagen werden folgende Lohnzuschläge bezahlt: Für Überstunden und Arbeit an Samstagnachmittagen . . .

25% Für Nachtarbeit .

50% Für Sonntagsarbeit und Arb'eit an gesetzlichen Feiertagen . 100% ·Ziffer 5

,

'

1

Die Kündigungsfrist beträgt 14 Tage, auch bei überjährigem Dienst- Kündigung Verhältnis.

2 Die Kündigung muss auf einen Zahltag oder Samstag erfolgen.

Die ersten zwei Wochen nach Arbeitsantritt gelten als Probezeit, während ,.

: welcher das Arbeitsverhältnis jederzeit gelöst werden kann.

Ziffer 6 1

!

'

Die Arbeitnehmer haben je nach Dienstalter Anspruch auf bezahlte Ferien, Die Dauer der bezahlten Ferien beträgt nach Ablauf ;

Ferien

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des 1. Dienstjahres 6 Arbeitstage des 5. Dienstjähr es 9 'Arbeitstage des 10. Dienstjahres , 12 Arbeitstage des 16. Dienstjahres, jedoch erst nach zurückgelegtem 4.0. Altersjahr 15 Arbeitstage 2 Ein Ferientag wird zu 8 Stunden bezahlt.

3 Als Stichtag für die Berechnung des Dienstjahres gilt der 80. Juni.

Jeder Arbeiter und jede Arbeiterin, die mindestens 8 Monate im Betrieb beschäftigt sind, haben schon im ersten Dienstjahr Anspruch auf bezahlte Ferien, und zwar einen halben Tag pro Monat der Beschäftigungsdauer.

4 Bei Auflösung des Dienstverhältnisses hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Ferien pro rata vorn 1. Juli an.

5 Bei Betriebseinschränkung oder bei Arbeitsausfall durch Selbstverschulden von mehr als zwei Monaten besteht nur ein Anspruch pro rata auf Ferien.

6 Eine Barentschädigung an Stelle von Ferien ist nicht gestattet.

Während der Ferien und der Freizeit dürfen keine Berufsarbeiten für Drittpersonen ausgeführt werden.

Ziffer 7 1

Bezahlte Feiertage

,

1

Die Arbeitgeber sind gegenüber ihren Arbeitnehmern zur Entschädigung von jährlich sechs Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, verpflichtet.

2 Die Feiertage, für welche eine Entschädigung bezahlt werden soll, sind im voraus durch Verständigung zwischen Arbeitgeber und Belegschaft festzulegen.

3 Als Feiertagsentschädigung kommen im allgemeinen folgende Pauschalansätze zur Auszahlung: Fr.

An verheiratete Arbeiter . 18.--· An ledige Arbeiter-und allo Arbeiterinnen, die das 20. Altersjahr erreicht haben 12.-- An ledige Arbeiter und Arbeiterinnen unter 20 Jahren . . . .

8.-- 4 Im Maximum wird der effektive Lohnausfall vergütet, den der Arbeitnehmer bei Annahme normaler Arbeitszeit am betreffenden Tage erleidet. Die Feiertagsentschädigung ist den Arbeitnehmern jeweils mit dem laufenden Zahltag auszurichten.

Ziffer 8

Krankenversicherung

1

Die Arbeitgeber sind verpflichtet, sämtlichen Arbeitnehmern einen Beitrag an die Krankenkassenprämie zu zahlen. Dieser bemisst sich auf Fr. 1.60 wöchentlich.

.

:

497

2

Vorbehalten bleiben Sonderabkommen einzelner Betriebe mit ihrer Arbeiterschaft.

: 3 Jeder Arbeitnehmer hat sich angemessen gegen denVerdienst-ausfall infolge Krankheit zu versichern, wobei die wöchentliche Prämie mindestens Fr. 2.40 zu betragen hat.

4 Durch die vorerwähnte Beitragsleistung werden die ; Arbeitgeber von den Verpflichtungen aus Artikel 385 OR befreit.

Ziffer 9 1

Den Arbeitnehmern sind in den hiernach aufgeführten Fällen folgende Entschädigungen zu entrichten: a. 1/2 Tagesentschädigung bei militärischen Inspektionen; b. l Tagesentschädigung bei Todesfall des Ehegatten, der Eltern oder eigener Kinder; ; c. l Tagesentschädigung bei Geburt eigener Kinder.

2 Die Entschädigung richtet sich nach dem Lohnausfall.

Absenz-enschädigungen

Ziffer 10 Zur Durchführung und Kontrolle der Vertragsbestimmungen wird Kontrolle, eine paritätische Berufskommission gebildet. Jede Partei ordnet 4 Ver- Sank tionen treter in diese Kommission ab. Die Kommission hat jedes Jahr ihren Präsidenten zu wählen; im übrigen organisiert sie sich selbst.

2 Sie fasst ihre Beschlüsse mit absolutem Mehr der vertretenen ; Stimmen.

, , , .

3 Die paritätische Kommission kann Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen durchführen.

4 Bei festgestellter Nichtbezahlung der allgemeinverbindlich erklärten Löhne, Teuerungszulagen, Lohnzuschläge, Ferien, bezahlten Feiertage, Beiträge an die Krankenkassenprämien und Absenzentschädigungen hat der Meister den Arbeitern diese sofort in vollem Umfange nachzuzahlen bzw. nachzugewähren. Überdies hat er 25 Prozent der geschuldeten Nachzahlung in die Kasse der paritätischen Berufskommission der schweizerischen Engros-Möbelindustrie, Postcheckkonto, VIII 24703, einzuzahlen. Nachzahlungen an die Arbeiter haben ebenfalls in obige Kasse zu erfolgen und werden den: Arbeitern direkt von der paritätischen Berufskommission überwiesen.

: 5 Zürn Inkasso und, wenn nötig, zur rechtlichen Geltendmachung des vorerwähnten Betrages von 25 Prozent sind die vertragschliessenden ; Verbände berechtigt, welche diesen für die paritätische Berufskommission als anspruchsberechtigt einziehen.

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06.03.1952

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492-497

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