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Bundesblatt 104. Jahrgang

Bern, den 29. Mai 1952

Band II

Erscheint wöchentlich Frei» 30 Franken im. -Jahr, 16 franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft de»

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verlängerung der Mitgliedschaft der Schweiz in der Europäischen Zahlungsunion (Vom 20. Mai 1952) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit eine Botschaft betreffend die Verlängerung der Mitgliedschaft der Schweiz in der Europäischen Zahlungsunion (EZU) vorzulegen.

I.

Der Eintritt der Schweiz in die Europäische Zahlungsunion und seine Auswirkungen

Am 25./26. Oktober 1950 genehmigten der Nationalrat mit 185 gegen 5 Stimmen und der Ständerat einstimmig das am 19. September 1950 in Paris unterzeichnete Abkommen über die Errichtung einer Europäischen Zahlungsunion und ermächtigten den Bundesrat, dieses Abkommen zu ratifizieren und damit den Beitritt der Schweiz zur Zahlungsunion, welcher sich schon 17 andere Staaten vorgängig angeschlossen hatten, zu vollziehen. Mit einiger Verspätung, d. h. mit der dritten Monatsverrechnung der neuen Zahlungsunion für den November 1950 konnte unser Land erstmals als vollberechtigtes Mitglied an diesem grossen europäischen multilateralen Verrechnungsinstitute teilnehmen.

Bereits früher hatte die Schweiz als Mitglied der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECE) imRahmenn des multilateralen Zahlungs- und Kompensationsabkommens von 1948 als «membre occasionnel» von Fall zu Fall und unter jeweiliger ausdrücklicher Zustimmung an verschiedenen Verrechnungen von Zahlungssalden mit europäischen Ländern mitgewirkt.

Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. II.

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222 1. Die A.uswirkungen auf den Warenverkehr, den Tourismus una aie übrigen Dienstleistungen.

Wie hat sich dieser Beitritt zur Europäischen Zahlungsunion, die Umgestaltung unseres bisher auf bilaterale Zahlungsbilanzen abstellenden Wirtschafts- und Zahlungsverkehrs auf eine multilaterale Verrechnungsbasis mit Ländern der Europäischen Zahlungsunion ausgewirkt ? Welche Bedeutung der Frage zukommt, erhellt allein schon der Hinweis, dass die Schweiz etwa 60 Prozent ihres Aussenhandels mit den europäischen und den mit ihnen verbundenen überseeischen in der Zahlungsunion zusammengefassten Währungsgebieten abwickelt. Das Volumen des gebundenen, d. h. durch Zahlungsabkommen kontrollierten Zahlungsverkehrs mit den Ländern der Europäischen Zahlungsunion (Einzahlungen und Auszahlungen zusammen) erreichte pro 1951 den Betrag von 8613 Millionen Franken.

Die Ergebnisse der Zahlungsunion waren für die gesamte Ausgenwirtschaft unseres Landes und von ihr auf alle Zweige der Inlandswirtschaft ausstrahlend überwiegend positiv. Es lohnt sich, diese Auswirkungen für die einzelnen Sparten einer Würdigung zu unterziehen, was in den nachfolgenden Abschnitten geschehen soll.

a. Allgemein verdient festgehalten zu werden, dass die Umorientierung unserer Aussenhandelspolitik, die vor unserm Beitritt zur Zahlungsunion sich auf dem Boden der bilateralen Zahlungsbilanz unter Ausnützung unserer bilateralen Import- und Kreditkraft bewegte, auf das multilaterale System der Zahlungsunion die Feuerprobe bestanden hat, trotz den unausweichlich in Kauf zu nehmenden Kinderkrankheiten der neuen Ordnung. Diese Feststellung ist um so bemerkenswerter, als die bisherigen Eesultate eines wohlausgebauten und seiner Verteidigungswaffen sich durchaus bewussten «Bilateralismus» zu unablässigen Vergleichen herausforderte. Damit soll keineswegs gesagt sein, dass die Vorteile der Zahlungsunion mit Bezug auf einzelne Länder nicht auch durch Nachteile, die es in andern Zusammenhängen in Kauf zu nehmen hiess, bezahlt werden mussten. Ein zutreffender Vergleich ist indessen nur möglich, wenn die Gesamtheit der Ergebnisse der bilateralen Handelspolitik der Vorunionszeit dem durch die multilaterale Formel der Zahlungsunion erzielten Gesamtresultat gegenübergestellt wird. Dabei ist es vor allein die multilaterale Verwendbarkeit der Erlöse, die unsere
Handelspartner für ihre Waren und Dienstleistungen in andern Ländern erzielen und die zur Bezahlung von Schweizerwaren und -leistungen herangezogen werden können, die sich günstig ausgewirkt hat. So kann beispielsweise Dänemark Mittel aus seinem landwirtschaftlichen Export nach England verwenden, um in der Schweiz zu kaufen.

Die grossen Überschüsse, die die Waldwirtschaft und die Grubenindustrie Schwedens in andern Ländern erbringen, können ebenfalls in der Schweiz ausgegeben werden, die ihrerseits für die schwedischen Waldprodukte und Erze nur einen kleinen oder gar keinen Markt zur Verfügung stellen kann. Da keine Notwendigkeit einer Anpassung des Austausches von Waren und Dienst-

223 loistuiigen an die jeweilige, oft zufällige oder unglücklich gelagerte bilaterale Zahlungsbilanz besteht, kann das Volumen des Leistungsaustausches auf einer optimalen Gesamthöhe unter Ausnützung der effektiven Marktverhältnisse gehalten werden. Demgegenüber wohnt dem auf die jeweilige bilaterale Zahlungsbilanz abstellenden Austauschvolumen die Tendenz der Anpassung nach unten inné. Nicht immer finden wir dort unsere Verkaufsmärkte, wo wir kaufen, und nicht immer sind unsere grossen Kunden auch unsere grossen Lieferanten mit ausreichenden, in der Schweiz verfügbaren Erlösen.

Bereits vor der Europäischen Zahlungsunion, in der Zeit der bilateralen «Accords de paiements» sah sich die Schweiz gezwungen, angesichts des seit der Krise der dreissiger Jahre zerstörten und seit Kriegsende nicht wieder aufgerichteten internationalen Kreditapparates ihren Partnern Währungskredite einzuräumen, um deren zufolge Goldmangels ungenügend gewordene Zahlungsfähigkeit in der Schweiz zu verbessern. Die Währungssysteme der meisten europäischen Länder sind bis heute zu schwach geblieben, um aus eigener Kraft den Transfer sämtlicher Zahlungsverpflichtungen aus dem sichtbaren und unsichtbaren Warenverkehr gegenüber andern Ländern sicherzustellen. Die Europäische Zahlungsunion, die vornehmlich als Instrument zur Uberbrückung dieser internationalen Transferschwierigkeiten geschaffen wurde, leistet hier eine äusserst wertvolle Hilfe, indem sie die nach der multilateralen Verrechnung verbleibenden Salden im Kahmen der Quoten eines jeden Mitgliedstaates zu überweisen gestattet. Zur praktischen Durchführung dieser Hilfeleistung an die Länder mit schwacher Währung musste allerdings ein Teil der für jedes Land festgesetzten Quote von den Gläubigerstaaten durch Kredite, die sie der Zahlungsunion gewähren, aufgebracht werden. Der auf diese Weise an Stelle der bisherigen bilateral gegen bestimmte Gegenkonzessionen gewährten Länderkredite (insgesamt 600 Millionen Schweizerfranken) tretende Globalkredit der Schweiz an die Zahlungsunion von rund 650 Millionen Franken erlaubte zwar nicht, besondere Konzessionen von den künftigen Schuldnern einzuhandeln. Dagegen wurde die Diskriminierung des Schweizerfrankens als Hartwährung grundsätzlich aufgehoben und die schwerwiegenden Konsequenzen, die sich aus dieser Diskriminierung für die
schweizerische Warenausfuhr und ihre Zusammensetzung, die Zulassung des Tourismus nach der Schweiz und die Bezahlung unsichtbarer schweizerischer Dienstleistungen ergeben hatten, konnten eher überwunden werden. Zudem ist der der Zahlungsunion eingeräumte Kredit gegen Abwertungen kursgesichert, währenddem beispielsweise für den der Bank von England im Zahlungsabkommen vom Jahre 1946 eingeräumten Währungskredit von 15 Millionen Pfund (damals 260 Millionen Schweizerfranken) trotz allen Bemühungen eine solche Garantie nicht erhältlich war.

Der an Stelle der bilateralen Aushandlung von Ein- und Ausfuhrkontingenten getretene generelle Grundsatz der Nichtdiskriminierung und das Gebot, 60 und später 75 Prozent der Einfuhr autonom zu liberahsieren, haben sich in der Praxis nicht allzu schlecht bewährt. Dabei sind allerdings ausser-

224 ordenMich bedauerliche temporäre Suspendierungen der Liberalisierung durch Länder notwendig geworden, die trotz den über die Union gewährten Kreditmöglichkeiten ihre Zahlungsfähigkeit in transfermässiger Beziehung nicht aufrecht erhalten konnten. Derartige Bückschläge hätten sich natürlich auch iin bilateralen Verkehr ausgewirkt.

Ohne den Einzelheiten über die Auswirkungen der Liberalisierung des Handels für den schweizerischen Export und die schweizerische Einfuhr vorzugreifen, sei bezüglich der Einfuhr landwirtschaftlicher Konkurrenzprodukte auf folgendes hingewiesen: Anlässlich der Beitrittsdebatte in den eidgenössischen Katen wurde der Befürchtung Ausdruck gegeben, unsere Landwirtschaft könnte durch den Liberalisierungssatz von 60 Prozent für Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Produkte benachteiligt werden. Die damaligen Erklärungen des Bunderates, nicht über diesen Satz hinauszugehen, haben viel zur Beruhigung beigetragen. Im kontingentiert verbliebenen Einfuhranteil (für landwirtschaftliche Produkte 40 Prozent) konnten, wie vorausgesehen, die legitimen Schutzbedürfnisse der schweizerischen Landwirtschaft berücksichtigt werden.

Die eidgenössischen Bäte hatten dem Beitritt der Schweiz zur Europäischen Zahlungsunion in der Hoffnung ihre Zustimmung erteilt, dass dadurch ein wesentlicher Schritt zur Überwindung der internationalen Handelsschranken getan werde. Zusammen mit der Erleichterung des Zahlungsverkehrs sollten die im Anhang zum Statut der Europäischen Zahlungsunion vorgesehenen Liberalisierungsmassnahmen zu diesem Ziele führen. Inwieweit war diese Hoffnung berechtigt und was hat sich aus der Mitgliedschaft der Schweiz für unsere Wirtschaft im einzelnen ergeben ? Zur Beantwortung dieser Frage ist die auf dein Sektor des Warenverkehrs, des Tourismus und der übrigen unsichtbaren Exporte eingetretene Entwicklung einer Würdigung zu unterziehen.

b) Die Liberalisierung des Warenverkehrs aa) Die Auswirkungen im allgemeinen Die Liberalisierung des Handels ist schon'in der Grundkonvention vom 16. April 1948 als einer der zentralen Programmpunkte der OECE erklärt worden. Das Abkommen über die Errichtung einer europäischen Zahlungsunion, das sich auf die genannte Konvention stützt, hat der Union die gleiche Aufgabe übertragen, indem das durch die Union verwirklichte Zahlungsregime zur
Liberalisierung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen soll. Die Liberalisierung ist demnach das gemeinsame Ziel der OECE und der Europäischen Zahlungsunion und stellt damit einen der Eckpfeiler der Politik der europäischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit dar.

Bei der Entwicklung der Liberalisierung können folgende Etappen unterschieden werden: Schon am 2. November 1949 beschloss der Bat der OECE die I. Liberalisierungsetappe von 50 Prozent, die am 16. Dezember gleichen Jahres in Kraft trat. Danach waren die Mitglieder der OECE verpflichtet, 50 Prozent

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ihrer Wareneinfuhren aus den übrigen Mitgliedstaaten und ihren überseeischen Gebieten ohne jede Beschränkung zuzulassen. Bei der Berechnung dieses Prozentsatzes durften zum vornherein die unter Monopol oder monopolähiilichen Gebilden getätigten Einfuhren in Abzug gebracht werden. Die Einfuhrwerte des Jahres 1948 bildeten die Berechnungsgrundlage. Leider stand es den einzelnen Ländern frei, die Liste der ihrerseits der Liberalisierung unterstellten Waren einzelnen Staaten gegenüber überhaupt nicht oder nur teilweise zur Anwendung zu bringen. Dadurch war den verschiedenartigsten Diskriminierungen Tür und Tor geöffnet, ein Umstand, der sich gerade auf die Schweiz sehr nachteilig auswirkte. Nur durch bilaterale Kontingentsabmachungen konnten die ärgsten Härten solcher Diskriminierungen gemildert werden.

Die II. Liberalisierungsetappe trat auf Grund der im Kodex der Eatsbeschlüsse über die Liberalisierung des Handels vom 18. August 1950 (sog.

«Code de la libération») zusammengefassten Regeln 14 Tage nach der am 19. September 1950 erfolgten Unterzeichnung des Abkommens über die Errichtung einer Europäischen Zahlungsunion, d. h. am 4. Oktober 1950, in Kraft.

Demgemäss hatten die der Europäischen Zahlungsunion angeschlossenen Länder 60 Prozent ihrer wiederum auf den Einfuhrwerten des Jahres 1948 berechneten privaten Einfuhren, und zwar getrennt für die drei Kategorien der landwirtschaftlichen Produkte, der Rohstoffe und der Fertigfabrikate von jeglichen Einfuhrbeschränkungen zu befreien. Der Umstand, dass sie dabei den G r u n d satz der Nichtdiskriminierung anzuwenden hatten, stellte einen wesentlichen Fortschritt dar, der sich zweifellos besonders günstig auf den Warenverkehr unter den OECE-Staaten ausgewirkt hat. Dass dabei gewisse Ausnahmen sowohl mit Bezug auf die Nichtdiskriminierungspflicht als auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Erreichung dieser und der nächsten Liberalisierungsetappe im Liberalisierungskodex festgelegt werden mussten, haben wir bereits in der Botschaft vom 22. September 1950 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Abkommen über die Errichtung einer Europäischen Zahlungsunion einlässlich dargelegt. Nach mehrmaligen Fristerstreckungen waren bis zum 30. April 1951 diese 60 Prozent auf den drei genannten Warenkategorien zu konsolidieren, d.h.

von diesem Zeitpunkte an stand
es den Mitgliedern nicht mehr frei, den Einfuhrstatus für diejenigen Produkte noch zu ändern, für die sie eine völlig freie Einfuhr zugesichert hatten.

Die Durchführung der III. Liberalisierungsetappe von 60 Prozent auf 75 Prozent begegnete vor allem deshalb besondern Schwierigkeiten, weil einzelne Länder zum vornherein erklärten, diesen Schritt nicht mehr mitmachen zu können. Es handelte sich dabei um vorwiegend landwirtschaftlich orientierte Staaten.

Dazu kommt, dass auf Grund einer französischen Anregung der Gedanke Anklang fand, die weiteren Liberalisierungsbestrebungen zu verbinden mit dem Versuch, für eine ganze Reihe von Waren die Liberalisierung durch alle Länder zu verlangen, was schliesslich zur Aufstellung einer gemeinsamen Liberalisierungslisto («liste commune») führte, die am 81. Juli 1951 durch

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den Rat der OECE definitiv genehmigt und auf den 15. August in Kraft gesetzt werden konnte. Infolgedessen ist auch die 75prozentige Liberalisierungsetappe praktisch erst mit dem Inkrafttreten der «liste commune» wirksam geworden.

Diese besteht fast ausschliesslich aus industriellen Fertigprodukten und industriellen Rohstoffen, wobei vor allem das Textilgebiet eine überragende Eolie spielt. Die Landwirtschaft ist darin mit verhältnismässig wenigen Produkten vertreten.

Angesichts der erwähnten Schwierigkeiten wurde auf Antrag der Schweiz von vornherein darauf verzichtet, die zusätzliche Liberalisierung von 15 Prozent der III. Etappe zu konsolidieren oder gar zu verlangen, dass auf den drei Sektoren der landwirtschaftlichen Produkte, der Rohstoffe und der Fertigfabrikate je 15 Prozent über die 60 Prozent hinaus zu befreien seien. Die III. Liberalisierungsetappe ist also global und provisorisch in dem Sinne, dass jede Regierung das Recht behält, einzelne Produkte auszuwechseln und die 15 Prozent aus den drei Warenkategorien beliebig zusammenzustellen.

In der Anwendung der Liberalisierungsbeschlüsse sind yon Anfang an in den verschiedenen OECE-Staaten grosse Unterschiede zutage getreten. Dies zeigte sich schon bei der I. Etappe von 50 Prozent, vor allem aber bei den weitern Etappen von 60 und 75 Prozent und nicht zuletzt auch in bezug auf die Liberalisierung im Rahmen der «liste commune». Die Grundlage dafür bildete die Ausweichklausel des Artikel 3 des Liberahsierungskodex betreffend die zulässigen Ausnahmen von der Liberalisierungspflicht. So wurden Österreich und Griechenland wegen ihrer schwierigen Finanz- und Wirtschaftslage von vornherein von jeglicher Liberalisierungspflicht entbunden. Österreich hat wohl gemäss den OECE-Beschlüssen eine Liberalisierungsliste aufgestellt. Für die auf dieser Liste aufgeführten Waren werden zwar Einfuhrbewilligungen automatisch verabfolgt; die Erteilung der Devisenbewilligungen bleibt jedoch in allen Fällen vorbehalten. Griechenland hat seine .vor einiger Zeit ins Auge gefasste SSprozentige Liberalisierung wieder aufgehoben. Dänemark und Island sind ebenfalls bis auf weiteres von der Liberälisierungspflicht enthoben. Dänemark hat indessen durchschnittlich 65 Prozent liberalisiert (landwirtschaftliche Produkte 60%, Rohstoffe 86%, Fertigfabrikate 50%) und beabsichtigt,
weitere Liberahsierungsmassnahmen bis auf 75 Prozent zu ergreifen. Der autonome Liberalisierungsprozentsatz für Island beträgt 41 Prozent, und für" Norwegen wird er demnächst voraussichtlich von 44,7 Prozent auf 75 Prozent ansteigen. Dieses Land hat jedoch auf den 1. Januar 1952 auf wichtigen Positionen beträchtliche Zollerhöhungen in Kraft gesetzt.

Die II. Liberalisierungsetappe von 60 Prozent mit Konsolidierung haben ursprünglich erreicht Belgien, Luxemburg, Irland, Italien und Xriest, Portugal, Schweden, die Schweiz, die Niederlande, Westdeutschland, Frankreich und Grossbritannien, also 12 von insgesamt 18 OECE-Mitghedern, die zusammen 86 Prozent der Qxioten der Europäischen Zahlungsunion auf sich vereinigen.

Bei den drei letztgenannten Ländern sind bekanntlich Rückschläge, zum Teil vorübergehender Natur, eingetreten. So hat Westdeutschland die am

227

4. Oktober 1950 in Kraft gesetzte Liberalisierung bereits eine Woche später durch interne Massnahmeh eingeschränkt und daraufhin anlässlich seiner ersten Zahlungskrise vom November 1950 sogar aussor Kraft gesetzt. Die deutscherseits wiederholt unternommenen Versuche zur Wiederaufrichtung der Liberalisierung scheiterten an der zweiten Zahlungskrise vom Februar 1951.

Infolge der erheblichen Verbesserung der deutschen Position in der Europäischen Zahlungsunion konnte dieses Land jedoch ab 1. Januar 1952 im Eahmen einer neuen Freiliste wiederum auf einen durchschnittlichen Liberalisierungssatz von 54 Prozent gelangen (landwirtschaftliche Produkte 51,3%, Eohstoffe 60,0%, Fertigfabrikate 51,6%). Diese Reliberalisierung ist am I.April 1952 sogar auf 75 Prozent gebracht worden. Grossbritannien hat mit Wirkung ab 8. November 1951 weittragende Einfuhrbeschränkungen angeordnet und seither verschärft, so dass die Liberalisierung dieses Landes heute durchschnittlich nur noch 46 Prozent, für Fertigfabrikate sogar nur 28 Prozent beträgt. Schliesslich hat Frankreich am 4. und 19. Februar 1952 in zwei Etappen alle Liberalisierungsmassnahmen rückgängig gemacht, so dass heute die gesamte Einfuhr dieses Landes der Beschränkung unterstellt ist. In diesem Zusammenhang wäre zu erwähnen, dass die Niederlande auf den 1. Dezember 1951 ihre Liberalisierung von 75 auf 60 Prozent herabsetzten, im März dieses Jahres aber wiederum auf 75 Prozent erhöhen konnten.

Daraus folgt, dass heute die 60prozentige konsolidierte Liberalisierung nur noch von 11 OECE-Staaten (mit 54% der Europäischen Zahlungsunion-Quoten), nämlich Belgien, Luxemburg, Irland, Italien und Triest, Portugal, Schweden, der Schweiz, Westdeutschland, den Niederlanden und Norwegen zur Anwendung gebracht wird. Die Türkei hat zwar auch 60 Prozent ihrer Einfuhr liberalisiert, sich jedoch unter Berufung auf Artikel 3 des Liberalisierungskodex ausserstande erklärt, bis zu 75 Prozent zu liberalisieren. Sie hat sogar eine Herabsetzung des bisherigen Liberalisierungsprozentsatzes angekündigt.

Die III. Etappe von 75 Prozent haben ursprünglich 10 OECE-Mitglieder (mit einem Quotenanteil an der Europäischen Zahlungsunion von insgesamt 65%) erfüllt, nämlich Belgien, Luxemburg, Frankreich, Irland, Italien und Triest, Portugal, Schweden, die Schweiz und Grossbritannien. Mit
Ausnahme einiger Agrarprodukte, die für die Schweiz nicht von Bedeutung sind, haben Belgien und Luxemburg überhaupt alle Waren liberalisiert. Ebenso haben Italien und Triest autonom nahezu 100 Prozent befreit. Dasselbe gilt für Portugal. Die Schweiz hat bekanntlich autonom etwas über 85 Prozent ihrer Wareneinfuhr befreit. Sie steht mit diesem Ansatz demnach nicht mehr an der Spitze. In der Zwischenzeit sind, wie bereits ausgeführt, Frankreich und Grossbritannien von der Liste der Staaten mit 75prozentiger Liberalisierung zu streichen. Dafür treten neu hinzu die Niederlande, Westdeutschland (allerdings mit erheblichen Vorbehalten) und ab 1. Mai 1952 auch Norwegen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass heute 11 OECE-Mitglieder mindestens eine 75prozentige Liberalisierung anwenden, nämlich Belgien, Luxemburg, Irland, Italien und Triest, Portugal, Schweden, die Schweiz,

228

Westdeutschland, die Niederlande und Norwegen. Allerdings kann diese rein numerische Erhöhung der Länder mit mindestens 75 Prozent Liberalisierung um ein Land den Ausfall der beiden wichtigsten Staaten, nämlich Frankreichs und Grossbritanniens, bei weitem nicht wettmachen. (Der Quotenanteil dieser Ländergruppe beträgt nur noch 54%). Es ist also bei der TSprozentigen Liberalisierung wie auch bei der 60prozentigen Liberalisierung mit Konsolidierung, die von den gleichen Staaten durchgeführt wurde, in den letzten Monaten ein Eückschritt festzustellen.

Dasselbe gilt mit Bezug auf die Anwendung der «liste commune». Bekanntlich waren nur die Länder verpflichtet, die sich auf der «liste commune» befindlichen Waren zu befreien, welche ebenfalls gehalten waren, 75 Prozent zu liberalisieren. Zu Beginn betraf dies 10, heute 11 Länder, die sich im Juli letzten Jahres ausdrücklich mit der Anwendung der «liste commune» einverstanden erklärt hatten. In der Praxis wurden aber die «liste commune»Waren schon letzten Herbst in vollem Umfange nur von zwei Ländern, nämlich von Italien inklusive Triest und der Schweiz liberalisiert. Sehr weitgehend war die «liste commune »-Liberalisierung noch von Belgien und Luxemburg, Irland sowie Portugal befolgt worden, wogegen erhebliche Ausnahmen von Frankreich, Grossbritanhien und vor allem von Schweden verlangt worden waren. Frankreich und Grossbritannien haben sodann im Zuge ihrer Einfuhrbeschränkungsmassnahmen auch ihre schon ursprünglich sehr mangelhafte «liste commune»Liberalisierung vollständig abgebaut bzw. in erheblichem Umfange herabgesetzt.

Diese Tatsachen führten zu einer Krise der gesamten Liberalisierungsbestrebungen.

Um dieser verhängnisvollen Entwicklung Einhalt zu gebieten, hat der Hat der OECE Ende März 1952 beschlossen, durch entsprechende Veränderungen der bisherigen Liberalisierungsvorschriften und durch organisatorische Massnahmen zum mindesten wesentliche Teile des ganzen Liberalisierungsgebäudes zu retten. Daher wird im Rahmen der OECE ein Komitee für Handelspolitik («comité de direction des échanges») eingesetzt werden, dem weitgehende Befugnisse zur Überwachung und Kontrolle der tatsächlichen Anwendung der Liberalisierung durch die einzelnen Länder erteilt werden sollen. Es wird das Gegenstück bilden zum Direktionskomitee der Europäischen Zahlungsunion
und soll mit diesem --- angesichts der Verflechtung der Waren- und Zahlungsfragen -- aufs engste zusammenarbeiten.

Mit Bezug auf diese Eeformbestrebungen hat die schweizerische Delegation zu wiederholten Malen die Erklärung abgegeben, dass schweizerischerseits so lange nicht darauf -- namentlich auch nicht auf eine Abänderung der «liste commune» -- eingetreten werden könne, als nicht vorgängig sämtliche Länder, die sich schon längst auf die «liste commune» verpflichtet haben, alle Waren der genannten Liste ohne Einschränkungen und ohne Reserven unbegrenzt zur Einfuhr zulassen. Anlässlich der Ende März 1952 abgehaltenen Sitzung des Rates der OECE hatte der Chef des Eidgenössischen Politischen Departements Gelegenheit, diesen Standpunkt zu bestätigen.

229 Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass sich die Liberalisierung im Bahmen der OECE im allgemeinen und für die Schweiz im besonderen trotz der erwähnten Eückschläge gunstig ausgewirkt hat. Das OECE-Sekretariat hat für den Umfang des Handels innerhalb der OECE, unter Zugrundelegung einer Indexzahl von 100 für das IV, Quartal 1948 -- bei Annahme gleicher Preise -- in den IV. Quartalen der Jahre 1949, 1950 und 1951 die Indices 142, 208 bzw. 194 (provisorisch), ausgerechnet. Sie spiegeln die grosse Steigerung des intereuropäischen Handels in den letzten Jahren wider, wobei allerdings das IV. Quartal 1951 bereits die durch verschiedene Deliberalisierungsmassnahrnen verursachte Abbremsung des Anstieges zum Ausdruck bringt.

Die Eückschläge, die namentlich in den letzten Monaten in Kauf genommen werden mussten, haben deutlich gezeigt, dass vielen Ländern auf dem Gebiete der Liberalisierung infolge ihrer schwierigen Finanz- und Wirtschaftslage reale Grenzen gesetzt sind. Es wäre daher zweifellos vorteilhafter, von allen Partnern das Ausserste an Liberalisierung auf jenen Gebieten zu verlangen, wo sie tatsächlich mit Aussicht auf eine gewisse Dauer liberalisieren können, statt alle Bestrebungen darauf auszurichten, möglichst viele Warenkategorien in eine gemeinsame Liberalisierungsliste hineinzupressen, ein Unterfangen, das schon im Hinblick auf die verschiedenen Wirtschaftsstrukturen der einzelnen europäischen Länder den wirklichen Gegebenheiten zu wenig Kechnung trägt. Mit Eecht haben verschiedene Delegationen -- u. a.

auch die schweizerische -- bei den jüngsten Diskussionen in Paris darauf hingewiesen, dass auf dem Liberalisierungsgebiet vor allem eine gewisse Stabilität angestrebt werden muss, weil nur dann die beteiligten Wirtschaftskreise in den OECE-Staaten in ihren Dispositionen auf klaren Grundlagen aufbauen können.

bb) Die A u s w i r k u n g e n auf den W a r e n v e r k e h r mit den einzelnen Ländern Um einen zahlenmässigen Überblick darüber zu ermöglichen, in welchem Ausrnass sich die Liberalisierung auf unsernWarenaustausch mit den der Europäischen Zahlungsunion angeschlossenen Ländern günstig ausgewirkt hat, wird nachstehend die schweizerische Gesamtausfuhr nach jedem einzelnen dieser Länder für die Zeit vor und nach dem Beitritt der Schweiz zur Europäischen Zahlungsunion in
Vergleich gesetzt. Wir beschränken diese Gegenüberstellung auf die ersten 10 Monate der Jahre 1950 und 1951, um eine richtige Vergleichsbasis zu erhalten, indem davon auszugehen ist, dass sich die Liberalisierung in der Begel bereits mit dem auf den 1. November 1950 erfolgten Beitritt der Schweiz zur Union auszuwirken begann. Die Verhältnisse der beiden letzten Monate 1950 entsprechen daher nicht mehr dem früheren Begime, und somit müssen auch die gleichen Monate 1951 ausser Betracht gelassen werden. Dieser Vergleich der schweizerischen Gesamtausfuhr in der Zeit vom 1. Januar bis 81. Oktober 1950 mit jener im entsprechenden Zeitraum des Jahres 1951 ergibt für die einzelnen Länder auf Grund der durch die schweizerische Handelsstatistik ausgewiesenen Zahlen folgendes Bild:

230 10 Monate (in Millionen Franken) 1950 1051

Belgien/Luxemburg . . . . .

Dänemark Westdeutschland . . . .

Grossbritannien 1) Frankreich Griechenland Italien 2) Niederlande 3) Österreich Portugal Türkei

.

Total aller Länder der Europäischen Zahlungsunion. .

241,5 44,6 269,2 216,1 328,8 7,2 239,6 4) 102,8 20,4 64,8 42,1 44,8 15,5 1686,9

Prozentuale Steigerung bzw. Verminderung: Prozent

244,9 54,1 336,2 459,3 360,8 7,3 288,8 190,8 26,6 102,6 88,8 127,0 34,2

1,4 21 24,5 113,9 9,5 1 .

21 87 80 59 -8,9 188 120

2270,4

38,7

1

) Und übriges Sterlinggebiet, ausgenommen Honkong.

3

) Einschliesslich Triest.

) Einschliesslich Indonesien.

4) Ausschliesslich 168,3 Millionen Franken Goldexporte.

3

Gesamthaft betrachtet hat die schweizerische Ausfuhr nach den der Europäischen Zahlungsunion angeschlossenen Ländern in den ersten 10 Monaten 1951, verglichen mit dem entsprechenden Zeitraum vor dem Beitritt unseres Landes zur Union, um rund 634 Millionen Pranken zugenommen, was eine Steigerung von durchschnittlich 38,7 Prozent ergibt. In absoluten Zahlen gerechnet, steht dabei die Zunahme der schweizerischen Ausfuhr nach Grossbritannien und dem übrigen Sterlinggebiet an erster Stelle, während prozentual unsere Ausfuhr nach Schweden die grösste Steigerung erfuhr.

Die in der Vergleichsperiode im Verkehr mit den einzelnen Ländern verzeichnete Entwicklung der schweizerischen Ausfuhr bedarf folgender Erläuterungen.

Dass im Verkehr mit Belgien/Luxemburg nur eine verhältnismässig bescheidene Ausfuhrzunahme von 1,4 Prozent erzielt wurde, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Einfuhr schweizerischer Waren in dieses Währungsgebiet schon vor dem Beitritt der Schweiz zur Europäischen Zahlungsunion in sehr liberaler Weise zugelassen worden ist, so dass sich die auch in Belgien/ Luxemburg gemäss den Beschlüssen der OECE durchgeführte, jedoch im Grunde genommen bereits bestehende Liberalisierung auf unsere Ausfuhr nach diesen Ländern nicht weiter auswirken konnte. Im Verkehr mit Dänemark hat die Liberalisierung bis anhin keine besonders-grosse Erhöhung unserer Ausfuhr (21%) zur Folge gehabt, obwohl heute wertmässig ungefähr 70 Prozent des schweizerischen Exportes nach diesem Lande von der dänischen Freiliste erfasst

231 ·werden. Auch im Verkehr mit Westdeutschland konnte sich die Liberalisierung aus den bereits dargelegten Gründen auf die schweizerische Ausfuhr im letzten Jahr noch nicht besonders auswirken. Immerhin ist in der Vergleichsperiode gleichwohl eine Zunahme um 67 Millionen Franken oder 24,5 Prozent eingetreten; gleichzeitig hat sich aber auch der Passivsaldo der schweizerischen Handelsbilanz gegenüber Deutschland vergrössert. Die Ausdehnung der von den verschiedenen Gebieten des Sterlingblockes den sogenannten Weichwährungsländern zugestandenen Einfuhrerleichterungen auf die Schweiz sowie die Liberalisierung gaben dem schweizerischen Export nach Grossbritannien und dem übrigen Sterlinggebiet, einen starken Auftrieb, so dass sich eine beträchtliche Ausfuhrzunahme uin 243,2 Millionen Franken oder 118,9 Prozent ergab. Wie oben erwähnt, sind jedoch Ende 1951 von verschiedenen Staaten der Sterlingarea, die sich zum Hauptschuldner der Europäischen Zahlungs-, union entwickelt hatte, einschneidende Einfuhrbeschränkungen erlassen worden, die auch die Schweiz empfindlich treffen. Die relativ bescheidene Steigerung unserer Ausfuhr nach Frankreich, die lediglich 81,5 Millionen Franken oder 9,5 Prozent betrug, muss vorwiegend dem Umstand zugeschrieben werden, dass in Frankreich schon Ende 1949 eine 50 prozentige Liberalisierung der Einfuhr erfolgt war, die sich bereits auf die Ausfuhr im Jahre 1950 günstig ausgewirkt hatte. Das Jahr 1951 brachte nur noch die heute bereits wieder hinfällig gewordene Ausdehnung der Liberalisierung bis auf 75 Prozent, wovon der schweizerische Export keinen weitern Nutzen mehr ziehen konnte. Im Hinblick auf die schon bald nach dem Inkrafttreten erfolgte Aufhebung der griechischen Liberalisierungsliste, die jedoch für die Schweiz deshalb keine fühlbaren Auswirkungen hatte, weil die Freiliste für unsern Export ohnehin nur von geringem Interesse war, konnte sich auch unsere Ausfuhr nach Griechenland nicht weiter entwickeln. Die im Verkehr mit Italien erzielte Ausfuhrsteigerung um 21 Prozent ist vor allem auf die bereits seit einiger Zeit bestehende Gesamtliberalisierung der Einfuhr in Italien zurückzuführen. Die schweizerische Ausfuhr nach den N i e d e r l a n d e n und der Guldenarea hat sich trotz der glücklicherweise nur vorübergehenden Herabsetzung der Liberalisierung, die
neuerdings sogar auf 75 Prozent gebracht wurde, in der Vergleichsperiode um 88,5 Millionen Franken oder 87 Prozent erhöht. An dieser beachtlichen Ausfuhrstoigerung, die weitgehend als Folge der Liberalisierung gelten kann, ist vor allem auch Indonesien beteiligt. Die schweizerische Ausfuhr nach Norwegen konnte dagegen insbesondere infolge der diesem Lande auf dem Gebiete der Liberalisierung eingeräumten Sonderstellung nur um 80 Prozent ansteigen. Die Zunahme der schweizerischen Ausfuhr nach Österreich um 87,8 Millionen Franken oder 59 Prozent dürfte weniger auf die Auswirkung der österreichischen Liberalisierung als auf die Erhöhung der schweizerischen Einfuhr aus diesem Lande im Jahre 1951 zurückzuführen sein. Die auf diese Weise Osterreich angefallenen vermehrten Mittel ermöglichten die volle Ausnützung der bilateral vereinbarten Ausfuhrkontingente. Von allen Ländern weist in der Vergleichsperiode lediglich unsere Ausfuhr nach Portugal eine kleine Verminderung (8,9%) auf,

232

obschon dieses Land autonom nahezu 100 Prozent seiner Einfuhr liberalisiert hat. Diese Ausfuhrverminderung erklärt sich hauptsächlich daraus, dass Portugal schon vor seinem Beitritt zur Europäischen Zahlungsunion die gesamte Wareneinfuhr äusserst liberal behandelte. Dagegen ist die im Verkehr mit Schweden erfolgte Ausfuhrsteigerung um 82,2 Millionen Franken oder 183 Prozent in wesentlichem Masse nur dank der Liberalisierung zustande gekommen, entfallen doch vom schweizerischen Export nach diesem Lande wertmassig rund 70 Prozent auf den liberalisierten Sektor. Die starke Zunahme unserer Ausfuhr nach der Türkei um 18,7 Millionen oder 120 Prozent ist zum Teil die Folge einer vermehrten türkischen Nachfrage nach schweizerischen Waren, zum Teil aber auch das Ergebnis der Liberalisierung.

Die nachstehende Tabelle vermittelt einen Überbück über den Umfang 'der Beteiligung der einzelnen Warengruppen an der Steigerung unserer Ausfuhr nach den Ländern der Europäischen Zahlungsunion in der Vergleichsperiode (in Millionen Franken) : 1950

Nahrungs- und Gemissmittel (Zollpos, l a/131) Häute und Felle, Leder, Lederwaren, Schuhe (Zollpos. 172/202) Papier und graphische Erzeugnisse . . . .

(Zollpos. 288/3406) Textilien (Zollpos. 341/584) Maschinen und -teile sowie Fahrzeuge. . .

(Zollpos. 879/9240) Instruinente und Apparate (Zollpos. 937/965) "Uhren (inklusive Bestandteile) (Zollpos. 925/86^) Chemikalion, Drogen usw (Zollpos. 966/11436) Übrige Waren (restliche Zollpos.)

10 Monate 1951

Prozentuale Steigerung Prozent

85,1

112,5

32,2

28,8

38,2

32,6

30,4

40,8

34,2

334,0

465,1

39,8

445,0

488,9

9,8

124,7

148,4

19,0

148,8

297,1

99,7

250,0

395,7

58,3

190,1

283,7

49,2

1636,9

2270,4

38,7

Diese Gresamtübersicht beleuchtet vor allem die wichtige Tatsache, dass an der beträchtlichen Steigerung der schweizerischen Ausfuhr nach den Ländern der Europäischen Zahlungsunion auch die Kategorie der von unsern Handelspartnern als nicht lebenswichtig betrachteten Güter («non-» oder «lessessentials») in einem erheblichen Umfange beteiligt ist. Im Verkehr mit einzelnen Ländern der Europäischen Zahlungsunion hat sich sogar ein noch

233 grösserer prozentualer Anteil dieser Waren am Gesamtexport ergeben, so dass durch eine gewisse Verschiebung in der Zusammensetzung der schweizerischen Ausfuhr nach diesen Staaten die frühere Diskriminierung der «non-essentials» wieder ausgeglichen werden konnte. Gesamthaft gesehen kann festgestellt werden, dass gerade für die Gruppe der Textilien die schweizerische Ausfuhr nach den Ländern der Europäischen Zahlungsunion in der Vergleichsperiode eine noch knapp über dem Gesamtdurchschnitt stehende prozentuale Steigerung um 89,8 Prozent aufweist, während diese Steigerung bei den Uhren nahezu 100 Prozent erreicht.

Wenn auch aus den vostehenden Darlegungen hervorgeht, dass die beträchtliche Zunahme der schweizerischen Ausfuhr nach den Ländern der Europäischen Zahlungsunion neben andern Ursachen weitgehend auf die Liberalisierung zurückgeführt werden kann, so ist indessen nicht zu verkennen, dass unsere Ausfuhr nach einzelnen dieser Länder im vergangenen Jahr auch ohne unsere Mitgliedschaft in der OECE und Europäischen Zahlungsunion eine Ausweitung erfahren hätte, und zwar vor allem dank einer ausserordentlich starken Steigerung unserer Einfuhr und der damit in Zusammenhang stehenden Vermehrung der Mittel in den einzelnen bilateralen Zahlungsverkehrsbeziehungen.

Angesichts dieser erhöhten Clearingahmentierung wäre es der Schweiz wohl auch möglich gewesen, gegenüber dem einen oder dem andern Partner der Europäischen Zahlungsunion auf rein bilateraler Basis eine bessere Berücksichtigung der traditionellen Struktur ihres Exportes durchzusetzen. Dennoch darf aber abschliessend festgestellt werden, dass die Liberalisierungsbestrebungen der OECE und die Multilateralisierung des Zahlungsverkehrs durch die Europäische Zahlungsunion von ausschlaggebendem Einfluss waren auf die günstige Gestaltung unseres Exportes seit dem Beitritt der Schweiz zur Europäischen Zahlungsunion.

c. Liberalisierung des Tourismus Der Zahlungsverkehr entwickelte sich seit Kriegsende zur eigentlichen Schicksalsfrage für den Auslandsektor des schweizerischen Tourismus. Bis zum Beitritt zur Europäischen Zahlungsunion mussto in den Wirtschaftsverhandlungen der Schweiz mit dem Ausland mühsam um die Zulassung des Tourismus zum Zahlungsverkehr gerungen werden, da die kriegsgeschädigten Staaten ihre beschränkten finanziellen Mittel in
erster Linie für die Beschaffung von Gütern für ihren Wiederaufbau einsetzten und Devisenabgaben zu touristischen Zwecken zu vermeiden trachteten. Die ausländischen Währungsabwertungen verschärften diese Tendenz, indem die Weichwährungsländer bei der Zuteilung von Schweizerwährung für die als unwichtig oder minder wichtig erachteten touristischen Leistungen der Schweiz (die ebenfalls in die Kategorie der «non-» bzw. «less-essentials» fallen) noch grössere Zurückhaltung übten.

Gleichzeitig gingen die von der Schweiz gewährten u. a. der touristischen Finanzierung dienenden Kredite der Erschöpfung entgegen. Die Verhältnisse im Auslandsektor des schweizerischen Fremdenverkehrs waren daher vor dem Beitritt

234 der Schweiz zur Europäischen Zahlungsunion, wenn nicht ausweglos, so doch in höchstem Masse beunruhigend geworden.

Die Liberalisierung des Zahlungsverkehrs durch die Europäische Zahlungsunion war für die d'evisenmässige Dotierung des Fremdenverkehrs von entscheidender Bedeutung, und die Mitgliedschaft der Schweiz befreite den schweizerischen Tourismus von einer Beihe einschränkender Massnahmen und führte zu einer erfreulichen Steigerung des Fremdenverkehrs aus den der Zahlungsunion angeschlossenen Staaten.

Die folgenden günstigen Auswirkungen verdienen besonders hervorgehoben zu werden: Die bereits bestehenden Diskriminierungen in der Eeisedevisenzuteilung und die Gefahren der Verwirklichung weiterer derartiger Massnahmen fielen dahin. Dadurch wurde der skandinavische Markt neu erschlossen, indem z. B.

Schweden, das die Schweiz bei der Zuteilung von Eeisedevisen überhaupt nicht berücksichtigt hatte, einen Betrag von 750-1000 Kronen für Beisen nach der .Schweiz einräumte. Ferner wurden für eine Beihe wichtiger Einzugsgebiete die Globalquoten, d. h. die Höchstbeträge, die auf dem Wege bilateraler Vereinbarungen auf den gesamten Touristenverkehr während einer bestimmten Periode festgelegt worden waren, aufgehoben. Die Zahl der Touristen, die eine Beisedevisenzuteilung erhalten konnten, unterlag somit keiner Beschränkung mehr. Diese Erleichterung wurde von derart wichtigen. Gebieten wie Grossbritannien, Frankreich und Holland eingeführt. Andere Staaten wie z. B. die Bundesrepublik Deutschland wurden erst jetzt überhaupt in die Lage versetzt, den Touristenverkehr nach dem Ausland richtig zu dotieren. Für den nichtgeschäftlichen Beiseverkehr nach OECE-Ländern während der Sommersaison 1951 und Wintersaison 1951/52 sind von Deutschland Globalkontingente von 7 Millionen Dollars und 6,5 Millionen Dollars ausgesetzt worden.

Diese Quote ist für den Sommer 1952 auf 12 Millionen Dollars erhöht worden.

Durch den Liberalisierungskodex vom 20. Juli 1951 ist schliesslich das Obligatorium der Devisenzuteilung für Touristenreisen verwirklicht worden.

Allerdings geschah dies vorläufig nur in eingeschränkter Form, und zwar einmal insofern, als man die Verpflichtung lediglich solchen Ländern auferlegte, die jeweils 75 Prozent ihres Warenverkehrs liberalisiert haben, während zugleich der bis dahin auf 150 Dollar
festgesetzte Maxiiaalbetrag der Einzelzuteilung eine Ermässigung auf 100 Dollar erfuhr. Anderseits wurden die Zahlungen für Kurund Heilkosten voll liberalisiert.

Der Auftrieb, der sich nach dem Beitritt der Schweiz zur Europäischen Zahlungsunion im Beiseverkehr aus dem Auslande zeigte, ist zur Hauptsache diesen zahlungsmässigen Erleichterungen im Zuge der Liberalisierung des Zahlungswesens der Mitgliedstaaten der Europäischen Zahlungsunion zu verdanken, wenn er auch noch durch andere Faktoren, wie die Verbesserung der Konjunktur- und Transportverhältnisse ,die Angleichung der Preise zwischen der Schweiz und ihren touristischen Konkurrenzgebieten und die Vereinfachung der Pass- und Grenzübertrittsformalitäten, wirksam unterstützt

235 wurde. An den Logiernächten gemessen, ergibt sich dafür das nachstehende ziffermässige Bild: Gesamtübernachtung«{+>bzw.**· 1950 1951 absolut In % v. 1950

OECE-Länder Übriges Ausland

5497,193 7100076 l 481165 l 419 152

Auslandverkehr total . . .

6 978 358 8 519 228

+ 1602883 -- 62 018 + l 1540870

+29,16 -- 4,19 + 22,08

Von Portugal abgesehen, war für alle OECE-Länder eine Zunahme der Logiernächte in einem erheblichen Umfange zu verzeichnen. Die Zunahme war am grössten prozentual bei Deutschland und absolut bei Grossbritannien. Auch kommt den OECE-Ländern im Reiseverkehr nach der Schweiz eine überragende Stellung zu, indem ihr Anteil an den Übernachtungen ausländischer Gäste im Jahre 1950 insgesamt 78,77 Prozent und 1951 sogar 88,84 Prozent betrug.

Zudem geben diese Verhältniszahlen die Auswirkungen der Mitgliedschaft der Schweiz in der Europäischen Zahlungsunion nicht vollständig wieder, weil die beiden letzten Monate der ersten Vergleichsperiode (November/Dezember 1950) bereits unter das Eegime der Zahlungsunion fallen, und, wie oben bemerkt, bei diesen Berechnungen ausser Betracht gelassen werden sollten.

Die erhöhten Devisenzuteilungen führten nicht nur zu einer grösseren Übernachtungszahl, sondern auch zu einem stärkeren Aufwand des einzelnen Beisenden. Die Auszahlungen im Eeiseverkehr über die Europäische Zahlungsunion stiegen von 149 Millionen Franken pro 1950 auf 848 Millionen Franken pro 1951 (ohne Belgien/Luxemburg). Diese starke Zunahme ist aber auch darauf zurückzuführen, dass im Jahre 1950 vielfach Reisezahlungsmittel in freien Devisen beschafft werden mussten, so dass die statistische Erfassung unvollständig blieb. Anderseits haben die Erleichterungen der Devisenzuteilungen für den Tourismus auch eine missbräuchliche Verwendung der in der Schweiz ausbezahlten Reisegelder ermöglicht. Darüber u n d über d i e getroffenen Gemessen an der bisherigen Entwicklung und zur Überwindung der verschärften Konkurrenz devisenschwacher Länder hegt ein Weiterbestand der Europäischen Zahlungsunion unter der Mitbeteiligung der Schweiz zweifellos auch im Interesse des schweizerischen Fremdenverkehrs.

d. Die Liberalisierung des übrigen Dienstleistungsverkehrs aa. Allgemeines. Gleichzeitig mit der Liberalisierung der Wareneinfuhr und des Eeiseverkehrs hatte sich die OECE von Anfang an auch eine Auflockerung des zwischenstaatlichen Transfers für die übrigen Dienstleistungen zum Ziele gesetzt, die einschliesslich derjenigen im Eeiseverkehr als «Invisibles» (hu Gegensatz zum physisch greifbaren Warenverkehr) bezeichnet werden. Wie nachstehend näher ausgeführt, werden unter diesem Sammelbegriff unsichtbare Leistungen der verschiedensten Art verstanden, denen als Entgelt eine Zahlung

236 baw. im gebundenen Zahlungsverkehr eine Überweisung gegenübersteht. Dazu gehören insbesondere folgende Kategorien: Die F i n a n z z a h l u n g e n . Diese haben ihren Ursprung in xinsern vielgestaltigen internationalen Finanzbeziehungen. Für die Schweiz steht dabei der Transferdienst aus schweizerischen Anlagen im Ausland im Vordergrund, wie sie sich aus Beteiligungen, Krediten, Darlehen, dem Erwerb ausländischer Wertpapiere, vor allem auch durch Zeichnung in der Schweiz aufgelegter Auslandsanleihen ergeben. Diesen Finanz-Invisibles kam gerade im Verhältnis zu den der Europäischen Zahlungsunion angeschlossenen Ländern von jeher eine ausgeprägte Bedeutung zu, die vornehmlich in der gesamtwirtschaftlichen Verflechtung mit einzelnen dieser Länder, dann ebenfalls in besondern Aiüagemöglichkeiten begründet liegt. Ferner sahen sich schweizerische Unternehmen oft zur Errichtung eigener Tochtergesellschaften oder zu Beteiligungen an ausländischen Konzernen veranlagst. Wesentlich ist zudem die Punktion des Kapitalexportes zur langfristigen Finanzierung schweizerischer Warenexporte und industrieller Anlagen, Genannt seien schliesslich Überweisungen für Bechnung von Auslandschweizern und Bückwanderern aus Ersparnissen und ihrer Tätigkeit im Ausland. Anderseits ergibt sich für uns auf diesem Gebiete insofern eine Lage eigener Art, als die Schweiz bekanntlich keine Devisenbewirtschaftung kennt und infolgedessen der Finanzverkehr nach dem Ausland grundsätzlich frei ist. Gleichzeitig erklärt dies den beachtlichen Anteil an den Gesamtauszahlungen, bzw. in der Gegenrichtung die relativ bescheidene Alimentierang des gebundenen Zahlungsverkehrs durch Finanzüberweisungen nach dem Ausland.

Eine besondere Gruppe umfasst die Abwicklung des internationalen Versicherungs- und Bückversicherungsvorkehrs, in dem die Schweiz eine bedeutsame Tätigkeit entfaltet. Eng mit dem Warenverkehr und dessen Behandlung verknüpft sind die sogenannten Nebenkosten dos Warenverkehrs, so zum Beispiel Kommissionen, Frachten, Warenversicherung und Transithandelsgewinne. Weitere Gruppen betreffen Begiespesen, Lizenzgebühren, den gewerblichen Bechtsechutz, Courtage- und Bankspesen, Steuern, Schadenersatzleistungen, Saläre und Honorare, Alimente und Unterstützungszahlungen, Benten etc. Unter den Beiseverkehr fallen ausser dem eigentlichen
Tourismus Geschäftsreisen sowie Studien-, Kur- und Sanatoriumsaufenthalte.

Endlich kommen hinzu die Transferbedürfnisse ausländischer Staaten für ihre offiziellen Vertretungen in der Schweiz, desgleichen für ihre Beiträge an internationale Organisationen und Konferenzen in der Schweiz.

bb. Die verschiedenen Liberalisierungsetappen: Unter dem bilateralen Begime galt es jeweils im Bahmen nur beschränkt verfügbarer Zahlungsmittel einen angemessenen Ausgleich zwischen den verschiedenen schweizerischen Wirtschaftszweigen zu finden. Gleichzeitig musste versucht werden, für einzelne die Schweiz besonders interessierende Gruppen, vom Partnerland entsprechende Berücksichtigung zu erreichen. Dies konnte oft nur. mühsam und schrittweise erzielt werden, vielfach mit von Land zu Land verschiedenen

237

Ergebnissen. So variierten denn auch die schweizerischerseits im einzelnen zu erfüllenden Auszahlungsbedingungen, wie das entsprechende Kontrollsystem.

Demgegenüber hatte sich die OECE schon vor der Schaffung der Europäischen Zahlungsunion um eine möglichst einheitliche Behandlung auch der Invisibles bemüht. Dies hatte bereits am 81. Januar 1950 zu einer Konsolidierung der zu jenem Zeitpunkt bestehenden Liberalisierung geführt (sog.

«Standstill»); dadurch wurden die der Europäischen Zahlungsunion angeschlossenen Länder gehalten, die damals zugelassenen Überweisungen keinen neuen Beschränkungen zu unterwerfen. Am 8. Mai 1950 folgte ein Eatsbeschluss über eine erste gemeinsame Befreiungsliste für eine Eeihe von Invisibles-Überweisungen, der allerdings weitgehend nur den Charakter von Empfehlungen zukam. Mit der Verwirklichung der Europäischen Zahlungsunion wurden die Arbeiten im sogenannten «Comité mixte des échanges et des paiements» fortgesetzt. Sie führten zur Einbeziehung der Invisibles in den Liberalisierungskodex vom 20. Juli 1951. Angestrebt wurde die einheitliche Behandlung der Invisibles. Allerdings wird zwischen Kategorien mit verpflichtender und fakultativer Liberalisierung unterschieden; anderseits haben verschiedene Partnerländer zudem gewisse Vorbehalte angebracht.

Der Mechanismus der Europäischen Zahlungsunion ist grundsätzlich auf die sogenannten l a u f e n d e n Zahlungen beschränkt, d. h. auf Überweisungen des laufenden Verkehrs, im Gegensatz zu eigentlichen Kapitalzahlungen ; letztere sind grundsätzlich nur in besonders vereinbarten Fällen vorgesehen. Trotzdem ergaben sich, zufolge ihrer besondern Währungsverhältnisse, gerade für die Schweizin der Behandlung von Überweisungen mit Kapitalcharakter gewisse Probleme. Wohl hat sich die Schweiz schon unter dem bilateralen Eegime nach Möglichkeit auch um die Hereinnahme einzelner Kapitalkategorien bemüht, u. a. Zahlungen für Eückwanderer, dann solche aus Erbschaften, Heiratsgut, desgleichen, wenn es sich um ausgesprochene Härtefälle handelte. Pur andere Kapitalüberweisungen dagegen erweist sich der gebundene Zahlungsverkehr in der Eegel als zu begrenzt. Dazu kommt als weiterer Umstand eine gewisse Einseitigkeit in der Interessenlage: zufolge der bestehenden Währungs- und Kursverhältnisse, insbesondere auch der Möglichkeit zur freien
Konvertibilität des Schweizerfrankens in andere Währungen, kann ein starkes Interesse bestehen, derartige Zahlungen nach der Schweiz zu Lasten des gebundenen Zahlungsverkehrs abzuwickeln, während Zahlungen von der Schweiz nach dem Ausland überwiegend ausserhalb dea gebundenen Zahlungsverkehrs erfolgen.

Eine besondere Sachlage ergibt sich dabei mit Bezug auf die sogenannten vertraglichen Amortisationen, d.h.auf die Eückzahlung von Anlagen aller Art im Ausland in Form gestaffelter, zum voraus vereinbarter Tilgungen. Die der Europäischen Zahlungsunion innewohnenden Kreditmöglichkeiten wie auch deren vorläufige Begrenzung auf zwei Jahre konnten nämlich für das Ausland den Anreiz aufkommen lassen, massive und frühzeitige Kapitalrückzahlungen über das System der Europäischen Zahlungsunion vorzunehmen, ohne sich dafür freie Devisen beschaffen zu müssen. Da eine Eeihe von Partnerländern Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. II.

17

238

auch nach Inkrafttreten der Europäischen Zahlungsunion weiterhin Interesse am Erwerb freier Schweizerfranken haben konnte, u.a. zur Verwendung gegenüber dem Dollarraum, während anderseits die vertraglichen Amortisationen generell in die Liberalisierung einbezogen wurden, ergab sich aua dieser Lage für die schweizerische Quote in der Europäischen Zahlungsunion die Gefahr einer übermässigen Beanspruchung, dies um so mehr, als auf Grund des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 nur Anleihen von über zehn Millionen Franken und mit einer Laufzeit von über 12 Monaten einer behördlichen Genehmigung unterstehen, zudem vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der Währungsverhältnisse und des Kapitalmarktes. Diese Situation führte zum Erlass des Bundesratsbeschlusses vom 1. Dezember 1950 über den Kapitalverkehr mit Ländern des gebundenen Zahlungsverkehrs, durch welchen unsere Kontrolle bzw. Mitwirkung bei der Beanspruchung des gebundenen Zahlungsverkehrs durch Überweisungen mit Kapitalcharakter -- einschliesslich der Zulassung vertraglicher Amortisationen -- sichergestellt wurde. Entsprechend sahen wir uns bei der Aufstellung des obgenannten Liberalisierungskodex veranlasst, für den Transfer vertraglicher Amortisationen eine Abgrenzung durchzusetzen, d. h. vorzeitige Bückzahlungen oder aufgelaufene Bückstände grundsätzlich auszuschliessen. Das schweizerische Verhalten stiess zwar anfänglich in Paris auf etwelchen Widerstand. Schliesslich setzte sich jedoch die Erkenntnis durch, dass diese .dem Schutze der schweizerischen Quote dienende Massnahme nicht zuletzt auch im Interesse der Europäischen Zahlungsunion begründet war, indem sie mithalf, eine ungebührliche Beanspruchung des Systems der Europäischen Zahlungsunion zu verhindern. In der Folge wurden einzelnen Ländern, deren Kreditquote sich vorzeitig erschöpfte, vom Direktionskomitoe der Europäischen Zahlungsunion ähnliche Mässnahmen empfohlen.

co. Die A u s w i r k u n g e n der L i b e r a l i s i e r u n g auf die einzelnen Invisibles-Gruppen.

Die von den Partnerländern der Europäischen Zahlungsunion zur Überweisung nach der Schweiz zugelassenen Zahlungen haben zweifellos eine Zunahme erfahren. Jedenfalls hat das System der Europäischen Zahlungsunion eine entsprechende Ausweitung gefördert und die Abwicklung des zum Teil
konjunkturbedingten Mehrbedarfs erleichtert.

Über die Entwicklung der Auszahlungen im F i n a n z t r a n s f e r im eng e r e n Sinne, d.h. für Erträgnisse, Amortisationen und Kapitalzahlungen, mit den wichtigsten Partnerländern der Europäischen Zahlungsunion gibt nachstehende Tabelle Aufschluss. Dabei sind allerdings eine Eeihe besonderer Faktoren zu berücksichtigen, so die jeweiligen Fälligkeitstermine, die Abgeltung aufgelaufener Eückstände, gelegentliche Überweisungen einmaligen Charakters; der Vergleich mit 1948 zeigt u. a. die Auswirkungen der im Herbst 1949 stattgefundenen Abwertungen.

239 1943

Total des Finanztransfers im engeren S , , d E ··· h Sinne aus Landern der Europäischen Zahlungsunion worunter: Frankreich Sterlinggebiet Holland Norwegen Dänemark 2) . .

Schweden Italien (Finanztransfer geregelt seit 14. Mai 1949) Belgien 4)

1940

1950

1961

(in Millionen Franken)

287,8

180,5

171,4

239,7

42,5 134,1 40,7 9,5 16,4 3,8

35,9 90,3 19,9 8,9 11,9 4,1

42,4 73,1 21,8 10,2 9,8 2,8

88,8 1) 90,2 20,7 12,4 10,1 8,7

-- 38,5

5,0 17,5

7,8 --

11,93) 8,0

1) Worin Zahlungen einmaliger Natur mit rund 21 Millionen Sohweizerfranken.

2 ) Einschliesslich Amortisationen und Zinszahlungen von jährlich rund 6-7 Millionen3 Pranken im Zusammenhang mit einem Warenkredit.

) Vermehrung bedingt durch die Wiederaufnahme des Zahlungsdienstes italienischer Auslandsanleihen.

4 ) Bei Belgien ist generell zu berücksichtigen, dass vom 12, November 1949 bis l. November 1951 der freie Zahlungsverkehr bestand,

Das prozentuale Verhältnis der Auszahlungen im Finanzsektor zu den Gesamtauszahlungen, berechnet auf die Länder der Europäischen Zahlungsunion, betrug 1948 9,8 Prozent, in den Jahren 1949-1951 bewegte es sich zwischen 6-7 Prozent. Dabei ist allerdings die starke Zunahme der Gesamtauszahlungen zu berücksichtigen, während der Transfer bedarf der Finanzzahlungen, in absoluten Zahlen, in der Regel geringeren Schwankungen unterliegt.

In obigen Zahlen Inbegriffen sind die im Rahmen des erwähnten Bundesratsbeschlusses vom 1.Dezember 1950 zugelassenen Kapitalüberweisungen, welche sich für die Zeit vom 1. Dezember 1950 bis 81, Dezember 1951 aus den Ländern der Europäischen Zahlungsunion auf 84,3 Millionen Schweizerfranken belief en. Als Hauptposten fallen darunter die Rückzahlung der französischen 3% Prozent-Anleihe von 1989 mit 18,9 Millionen Schweizerfranken, sowie weitere einmalige Bereinigungen und Eückstände aus verschiedenen Ländern mit 12,4 Millionen Sohweizerfranken.

Die internationale Verflechtung des Versicherungs- und BückVersicherungsverkehrs brachte es mit sich, dass auch das Auslandsgeschäft der schweizerischen Assekuranz sich zu grosser Bedeutung entwickelt hat. Die Auszahlungen auf diesem Sektor betrugen 1948

1949 1950 (In Millionen Franken)

1951

37,8

43,0

49,4

28,4

240

Darin Inbegriffen sind Überweisungen auf Grund von Sozialversicherungsabkoininen, wie sie in zunehmendem Ausmass mit dem Ausland abgeschlossen wurden. Diese Zahlungen erfolgen an die Schweizerische Ausgleichskasse der freiwilligen Alters- und Hinterbliebenenversicherung. Die angeführten Zahlen enthalten ebenfalls Transfers, welche auf Versicherungsbeziehungen zwischenPrivaten und ausländischen Gesellschaften, bzw. Ausländern und schweizerischen Gesellschaften (z. B. Lebens-, Eenten- und Haftpflichtversicherungen) beruhen, und die den Berechtigten direkt zugutekommen. Die Erhöhung der Auszahlungen im Jahre 1951 ist vornehmlich darauf zurückzuführen, dass die Liberalisierung des Versicherungszahlungsverkehrs praktisch erst in diesem Jahre verwirklicht werden konnte, und zudem mit gewissen Ländern auch die Überweisung von Bückständen umfasste. Schliesslich wurde erst durch die Wiederaufnahme des gebundenen Zahlungsverkehrs mit Belgien auch der Assekuranztransfer mit diesem Land statistisch erfasst; dadurch ergab 'sich eine entsprechend vermehrte Belastung.

Im Unterschied zum Finanz- und Eeisezahlungsverkehr besteht für schweizerische Versicherungsleistungen nach dem Ausland grundsätzlich die Einzahlungspflicht. Überweisungen aus der Schweiz müssen demnach im gebundenen Zahlungsverkehr vorgenommen werden, was eine entsprechende Entlastung der Auszahlungsseite zur Folge hat. Im Jahre 1951 sind auf diese Weise 14,6 Millionen Franken auf Abkommenskonten einbezahlt worden. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass die schweizerischen Versicherungsgesellschaften ihre im Ausland fälligen Verpflichtungen in erster Linie aus frei verfügbaren ausländischen Keserven bezahlten. Dies hatte wohl verminderte Einzahlungen zur Folge ; die Auf nung solcher Beserven entlastete aber wiederum die Auszahlungsseite des gebundenen Zahlungsverkehrs, Eine ähnliche Entwicklung ist bei den übrigen Invisibles festzustellen.

Unter den Nebenkosten des Warenverkehrs zeigen die Auszahlungen und Verrechnungen für Transportkosten im Land-, Fluss-, See- und Luftverkehr die folgende Entwicklung: 1949

1950

1951

(in Millionen Franken)

247,5

223,7

808,4

Nicht Inbegriffen in diesen Zahlen sind die Transportkosten, die mit den Warenwerten fakturiert und bezahlt worden sind. Die Zunahme der Auszahlungen unter dem Eegime der Europäischen Zahlungsunion erklärt sich ohne weiteres aus der Parallelität der Warennebenkosten mit der Entwicklung des Warenverkehrs. Eine ähnliche Steigerung haben denn auch die Auszahlungen für die übrigen Warennebenkosten, umfassend Provisionen, Kommissionen, Veredlungs- und Beparaturkosten und Transithandelsgewinne, erfahren, wie die folgenden Zahlen zeigen: 1949

1950

1951

(in Millionen Franken)

47,4

48,8

94,7

241 An der Steigerung von 1950 auf 1951 sind die Transithandelsgewinne mit 22 Millionen Franken beteiligt. Die Liberalisierung der Invisibles ermöglichte eine stärkere Beteiligung schweizerischer Firmen am internationalen Traneithandel. Zudem wurden in früheren Jahren stehengelassene Gewinne heimgeschafft.

Eine ansehnliche Steigerung erfuhren auch die Überweisungen von Eegiespesen, Lizenzen und Urheberrechtsentschädigungen, für die folgende Auszahlungen erfolgten: 1040

Zahlungen aus Ländern der Europäischen Zahlungsunion für Eegiespesen Zahlungen aus Ländern der Europäischen Zahlungsum'on für Lizenzen Zahlungen aus Ländern der Europäischen Zahlungsunion für Urheberrechtsentschädigungen. . . . .

1950

1951

(in Millionen Franken)

14,8

12,0

18,2

47,1

06,4

88,0

1,6

2,1

3,2

Was die Zahlungen im Eeiseverkehr anbetrifft, verweisen wir auf die Ausführungen des vorangehenden Abschnittes c.

2. Die Entwicklung der schweizerischen Quote und ihre Bedeutung

Für die im Verkehr mit den Mitgliedst aaten und angeschlossenen Währungsgebieten der Zahlungsunion zu erwartenden Überschüsse der Schweiz wurde eine Quote von 1098 Millionen Franken (250 Millionen Dollars bzw. Bechnungseinheiten) festgesetzt; sie entspricht 20 Prozent des zahlungsmässigen Umsatzes für das Jahr 1949 im Verkehr mit den erwähnten Gebieten. Die Ausnützung dieser Quote in der Zeit vom I.November 1950 bis 80. April 1952 wird durch die nachstehende graphische Darstellung veranschaulicht.

Das in der Kurve ausgewiesene, für die Schweiz als strukturelles Gläubigerland anormale Defizit von 119,2 Millionen Franken per Ende November 1950 ist die Folge des Einbezugs der schweizerischen Schuldsaldi per 31. Oktober 1950 aus verschiedenen bilateralen Zahlungsabkommen (Westdeutschland 49,6, Grossbritannien 55,6, Holland 12,4, Portugal 0,6, Griechenland 0,2 und Schweden 7,5 Millionen Franken)..Dieser Fehlbetrag wurde der Union in Gold bzw.

Dollars bezahlt und wurde der Schweiz gemäss den Satzungen der Europäischen Zahlungsunion ebenfalls wieder in Gold bzw. Dollars zum Ausgleich der im Dezember 1950 und Januar 1951 erzielten schweizerischen Überschüsse rückvergütet; dadurch wurden die Inanspruchnahme der schweizerischen Quote und die Gewährung schweizerischer Kredite entsprechend hinausgeschoben.

Das Abkommen über die Zahlungsunion sieht vor, dass die Überschüsse eines Gläubigerlandes zu 60 Prozent seiner Quote durch Kreditgewährung an die Union und zu 40 Prozent durch Gold- oder Dollarzahlungen seitens der Union ausgeglichen werden. Die Quote wird in fünf Tranehen von je 20 Prozent aufgeteilt. Im Eahmen der ersten Tranche hat der Gläubigerstaat der Euro-

242

Ausnützung der schweizerischen Quote von 1093 Mio. Franken.

Nov. Dez.

1950

Jan.

Feb. März

Apr.

Mai Juni Juli 1951

Aug. Sept. Okt

Nov

Dez. Jan.

Feb. März Apr 1952

243

päischen Zahlungsunion für seine Überschüsse zu 100 Prozent Kredit einzuräumen; innerhalb der vier übrigen Tranchen werden seine Überschüsse je zur Hälfte durch Kreditgewährung an die Europäische Zahlungsunion und Goldbzw. Dollarzahlungen seitens der Europäischen Zahlungsunion ausgeglichen.

Mit Bezug auf den kumulativen Überschuss der Schweiz per Ende April 1952 bedeutet dies, dass die Schweiz der Europäischen Zahlungsunion für 474,7 Millionen Franken Kredit gewährt und von der Europäischen Zahlungsunion 266,0 Millionen Pranken in Gold oder Dollars erhalten hat. Die schweizerische Quote war Ende April mit 66,8 Prozent beansprucht. Die im Eahmen der Quote von 1098 Millionen bis Ende Juni 1952 verfügbaren Marge beläuft sich auf 862,3 Millionen Franken oder 33,2 Prozent.

Bis Ende Juni 1951 bewegte sich die Ausnützung unserer Quote in bescheidenem Eahmen. Sie betrug in jenem Zeitpunkt 48,6 Millionen Franken oder 4,4 Prozent. Der Grund für diese fast ausgeglichene Zahlungsbilanz lag einerseits in. der erhöhten schweizerischen Einfuhr, insbesondere von Eohstoffen, aus den Unionsländern und angeschlossenen Überseegebieten, anderseits im Eückgang unserer Ausfuhr als Folge der mit der westdeutschen Zahlungsbilanzkrise verbundenen Deliberalisierung der deutschen Importe. In den folgenden Monaten Juli bis Oktober stieg jedoch die Beanspruchung in einer Weise, welche zu grosser Besorgnis in bezug auf eine vorzeitige Erschöpfung Anlass gab, betrugen doch die Überschüsse im Juli 83,6, im August 110,8, im September 92,7 und im Oktober sogar 161,1 Millionen Franken.

Die Ursachen der oben erwähnten Entwicklung waren verschiedener Natur.

Einmal wurde die strukturelle Gläubigerstellung der Schweiz durch die beschleunigte Aufrüstung verschiedener Länder, die ein starkes Ansteigen der Bestellungen für schweizerische Erzeugnisse (insbesondere Werkzeugmaschinen) nach sich zog, ganz erheblich verschärft. In der gleichen Richtung wirkten sich auch die als Folge der Liberalisierung der Einfuhr in zahlreichen Ländern immer expansiver werdenden schweizerischen Exporte (Uhren usw.)

aus. Eine nicht zu unterschätzende Belastung der schweizerischen Quote bildete das Anschwellen der Guthaben von ermächtigten Banken gewisser Unionsländer, vor allem Grossbritanniens und Frankreichs, in der Schweiz, das wohl hauptsächlich auf
die in jenen Staaten herrschende Währungsunsicherheit zurückzuführen war. Diese Guthaben stiegen von rund 96 Millionen Franken im Zeitpunkt unseres Beitritts zur Europäischen Zahlungsunion auf rund 290 Millionen bis Ende März 1952. Die Veränderung dieser Bankguthaben beeinflusst die Abrechnung mit der Union deshalb, weil gemäss dem Abkommen über die Europäische Zahlungsunion nur die Überschüsse und Defizite auf den zwischen den Zentralbanken geführten Konten in die Verrechnung einbezogen werden, die Zahlungen im dezentralisierten Zahlungsverkehr aber nicht nur über diese Konten, sondern auch über die zwischen den Privatbanken geführten Konten abgewickelt werden können. Der erwähnte Zuwachs bildete einen weitern Grund für das Ansteigen der schweizerischen Bundesvorschüsse. Im Verkehr mit einigen Ländern stiegen die Guthaben der

1950

Länder

Kor. /Dez.

Österreich . .

Belgien Dänemark Frankreich Westdeutschland Griechenland . .

Italien Holland . . . .

Norwegen Portugal . . . .

Schweden Türkei Grossbritannien.

. .

. .

. .

. .

. .

. .

Total

- 0,7 + 79,7 + 14,9 -- 10,6 -- 91,3 - 2,6

- 1,1 -- 15,7 + 3,4 + 0,1 + 3,4 + 3,4 -- 37,8 -- 159,8 + 104,9 -- 54,9

1952

1951

1. Quartal

-- 0,6 + 97,0 + 3,9 -- 22,8 -- 46,0 + 2,0 + 22,7 + 17,1 + 5,1 + 4,0 + 13,1 + 7,3 + 68,0 + 240,2 -- 69,4 + 170,8

|

2. Quartal

14,0 9,4 36,0 92,5 1,6 11,2 + 3,8 + 9,4 + 5,1

+ + -- -- +

+; 8,4

+ 8,5 + 11,6 -- 139,7 + 71,8 -- .67,9

3. Quartal

+ 4,8 + 29,4 + 7,1 + 48,5 -- 99,6 + 1,2 + 1,6 + 23,8 + 7,5 + 5,1 + 15,3 + 5,8 + 236,6 + 386,7 -- 99,6 + 287,1

|

4. Quartal

+ 0,9 + 48,8 + 5,4 + 112,3 -- 103,6 -- 0,6 -- 10,2 + 0,3 + 8,8 + 6,1 + 14,6 + 9,4 + 190,2 + 396,8 -- 114,4 + 282,4

Total

1. Quartal

+ 2,4 + 63,1 + 2,3 .

+ 31,6 -- 126,9 + 1,9 + 12,5 - 2,9 + 6,8 + 6,9 + 15,0 + 10,0 + 126,2 .

+ 278,7 -- 129,8 + 148,9

+ 6,9 + 332,0 + 43,0 + 123,1 -- 559,9 + 3,5 + 14,2 + 26,6 + 41,1 + 27,4 + 69,8 + 44,3 + 594,6 + 1326,5 -- 559,9 + 766,6

+ Zinsvergütung der Europäische n Zahlungsunion on von 2 Proz ent p. a. berec hnet vom 13. Februar 1951 bis 14. Januar 19 52 + 3,0 Überschuss der SchweizSchweiz per Ende März 1952 + 769.6

244

Bilaterale Überschüsse (+) und Defizite (--) der Schweiz gegenüber den Ländern der Europäischen Zahlungsunion (in Millionen Franken)

245

ermächtigten Banken bei schweizerischen Banken BÖ stark an, dass wir uns veranlasst sahen, einzelne Staaten unter Hinweis auf Art. 4, lit. /, des Abkommens über die Errichtung der Europäischen Zahlungsunion (Verpflichtung der Vertragsparteien zur Verhinderung des Entstehens aussergewöhnlicher Guthaben in fremder Währung) einzuladen, diese Guthaben auf ein normales Maas zurückzuführen. Zufolge des Umstandes, dass zahlreiche europäische Währungen wegen der in den betreffenden Ländern platzgreifenden Inflationspolitik wieder überbewertet erschienen, entstanden neuerdings starke Differenzen zwischen der offiziellen Parität des S"chweizerfrankens in der Union und seinem Kurs auf den freien Devisenmärkten des Auslandes. Dies führte zu einem ausgesprochenen Drang nach Schweizerfranken, sei es zur Sicherung gegen eine Abwertung der eigenen Währung oder zur Erzielung hoher Kursgewinne durch Wiederverkauf auf dem freien Markt. Neben diesen spekulativen Transaktionen trugen auch gewisse Reexportgeschäfte sowie Missbräuche im Reiseverkehr zur Belastung der schweizerischen Quote bei. Von den zu deren Verhinderung getroffenen Vorkehren wird im folgenden Kapitel die Rede sein.

Es ist nicht ohne Interesse, bei diesem Anlass auch die Entwicklung der schweizerischen Saldi gegenüber den einzelnen Unionsgebieten zu untersuchen.

Die vorstehende Aufstellung gibt hierüber quartalsweise bis Ende März 1952 Aufschluss.

Am Ende des ersten Halbjahres 1951 waren Belgien und Grossbritannien unsere Hauptschuldner, Westdeutschland und Frankreich unsere Hauptgläubiger. Der schweizerische Überschuss gegenüber Belgien entstand vorwiegend in den ersten fünf Monaten, d. h. in der Anlaufzeit der Union. Am 27. April 1951 wurde mit Belgien eine Vereinbarung über die Festlegung monatlicher Plafonds für die an die Union zu meldenden Saldi getroffen. Mit Rücksicht auf seine extreme Gläubigerstellung innerhalb der Union musste Belgien seinen Zahlungsverkehr mit dem Ausland einer verschärften Kontrolle unterwerfen.

Am 1. November 1951 wurde ein neues schweizerisch/belgisches Zahlungsabkommen in Kraft gesetzt, welches an Stelle des bisher freien den gebundenen Zahlungsverkehr einführte. Im Verlauf der Monate Juli bis September 1951 rückte Grossbritannien zum grössten Schuldner der Schweiz auf. In diesem Zeitraum stiegen die schweizerischen
Überschüsse gegenüber dem Sterlinggebiet um rund 340 Millionen Franken. Die Ursachen dieser Entwicklung sind -- neben einem Absinken der Einzahlungen für schweizerische Importe, dem Ansteigen der Auszahlungen für schweizerische Ausfuhren und dem saisonbedingten Anschwellen des Reiseverkehrs --nicht zuletzt in den Veränderungen der Bankenguthaben zu suchen. Das hohe schweizerische Defizit gegenüber Westdeutschland ist bedingt durch die oben erwähnten deutschen Importbeschränkungen, durch die dauernd hohen schweizerischen Einfuhren und durch die Tatsache, dass der Finanztransfer aus Deutschland praktisch noch unterbunden ist. Dieses Defizit bildete jedoch ein gewisses Gegengewicht zu den Überschüssen im Verkehr mit den andern Unionsländern. Frankreich wurde von einem anfänglichen Gläubiger im Laufe des zweiten Semesters 1951 zum

246

drittgrössten Schuldner der Schweiz. Diese radikale Umkehr ist zurückzuführen auf die rückläufigen schweizerischen Importe, die steigenden Auszahlungen im Warenverkehr, die zwischenstaatlich vereinbarte Liquidation einiger Anleihensrückstände und auf das massive Ansteigen der Schweizerfrankenguthaben französischer Banken.

Wie wir oben erwähnten, gab die in den Monaten Juli bis Oktober 1951 rasch steigende Beanspruchung der schweizerischen Quote Anlass zu einer Überprüfung der Lage durch die zuständigen Behörden. Um zu vermeiden, dass die Schweiz in eine extreme Gläubigerstellung gerate, waren rechtzeitig Vorbereitungen getroffen worden, den Zahlungsverkehr mit den der Union angeschlossenen Währungsgebieten einer noch umfassenderen Kontrolle zu unterstellen. Da jedoch erwartet werden musste, dass die geplanten schweizerischen Beschränkungen als mit den OEGE-Begeln im Widerspruch stehend bezeichnet würden, konnten sie erst in Kraft gesetzt werden, als die Lage wirklich akut war.

So wurden für die Ausfuhr nach dem Sterlinggebiet für die liberalisierten Waren zahlungsmässige «Plafonds» festgesetzt, welche grundsätzlich auf den im 2. und S. Quartal 1951 erteilten Kontingentsbescheinigungen basierten. Für Ausfuhren nach Hongkong, welche früher zu 80-90 Prozent gegen Dollars erfolgten, seit der im Herbst 1950 von den Vereinigten Staaten verfügten Dollarsperre aber fast durchwegs in Pfundsterling über das schweizerisch/ britische Abkommen bezahlt wurden, musste eine scharfe Beschränkung Platz greifen, da es nicht länger zu verantworten war, unsere Lieferungen nach diesem ausgesprochenen Transithandelsplatz im Eahmen der Union und unter Einschuss von Bundesmitteln im bisherigen Umfang zu finanzieren. Im allgemeinen hatten diese Massnahmen gegenüber dem Vorjahr nicht eine Herabsetzung, sondern vielmehr eine Begrenzung der Exportmöglichkeiten auf bestimmte Plafonds zur Folge. Im Verhältnis zu den in den vorangegangenen Monaten erfolgten hohen Bestellungen bewirkten sie jedoch die als notwendig erachtete Kürzung der sonst zu erwartenden Ausfuhrentwicklung, insbesondere auf dem Gebiet der Uhren, Maschinen und Chemikalien. Seither haben allerdings, wie wir in Abschnitt über die Auswirkungen auf den Warenverkehr mit den einzelnen Ländern erwähnten, eine Anzahl Sterlingländer, vor allem Grossbritannien, Australien,
Neuseeland, Südafrika und Singapur unter dem Druck der allgemeinen Sterlingkrise derart massive Einfuhrbeschränkungen erlassen, dass die schweizerischen Massnahmen mit wenigen Ausnahmen sogar den Charakter einer Begrenzung verloren haben.

Desgleichen wurde die Limitierung unserer Ausfuhr an liberalisierten Waren nach Westdeutschland und Prankreich auf bestimmte Wertgrenzen angeordnet. Bei Frankreich stand die Massnahme im Zusammenhang mit dem raschen Ansteigen unserer Überschüsse. Die inzwischen erlassenen rigorosen französischen Importrestriktionen haben jedoch bereits dazu geführt, dass wieder die schweizerischen Exportinteressen verteidigt werden mussten. Bei Westdeutschland, unserem einzigen Gläubiger in der Union, wurde die Begrenzung nur deshalb angeordnet, um ein als Folge der deutschen Keliberali-

247 sierung mögliches Überborden unserer Ausfuhr zu verhindern, das zu einer stärkeren Beanspruchung der schweizerischen Quote führen könnte. Die festgesetzten «Plafonds» lassen jedoch erkennen, dass die Massnahme nur eine Kontrolle zur Verhinderung der Auswüchse und keine eigentliche Beschränkung der Ausfuhr bezweckt.

Im Sinne einer Vervollständigung der Überwachung des gebundenen Zahlungsverkehrs wurde ferner durch Verfügung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 12. Februar 1952 die für die übrigen Unionsländer auf Grund der Verfügung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 15. Mai 1950 bereits bestehende Pflicht zur Visierung der Forderungsanmeldungen im Warenverkehr auf Belgien, Italien und Portugal (einschliesslich ihre Überseegebiete) ausgedehnt. Gleichzeitig wurde die mit der Visierung verbundene Kontrolle verschärft, und schliosslich wurde als weitere Massnahme durch den Bundesratsbeschluss vom 22. Januar 1952 die Zulassung von Forderungen aus schweizerischen, mit der Herstellung oder Lieferung von Kriegsmaterial in Zusammenhang stehenden Leistungen zum gebundenen Zahlungsverkehr von einer Bewilligung der Handelsabteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartemontes abhängig gemacht.

Das Bild der Entwicklung der schweizerischen Quote wäre unvollständig ohne die nachfolgende Darstellung der Bilanz, d. h. ohne Angaben über die Zusammensetzung des schweizerischen Aktivsaldos gegenüber der Zahlungsunion auf den letztmöglichen Zeitpunkt (31. März 1952), Entstehung des Gesamtüberschusses der Schweiz gegenüber der Europäischen Zahlunqsunion vorn 1. November 1950 bis 31. März 1952; in Mffliooen Franken

Überschuss der Auszahlungen im laufenden gebundenen Zahlungsverkehr 103,5 Bückzahlung früherer, im gebundenen Zahlungsverkehr gewährter Begierungsvorschüsse : a. Bückzahlung schweizerischer Schulden bei Eintritt in die Zahlungsunion : an Westdeutschland -- 49,6 Griechenland -- 0,2 Grossbritannien --55,6 Holland --12,4 Portugal -- 0,6 Schweden -- 7,5 --125,9 b) Bückzahlung schweizerischer Guthaben bei Eintritt in die Zahlungsunion: 15,1 von Dänemark . . . " 0,6 15,7 Frankreich Übertrag -

6,7

248 In Millionen Franken

Übertrag -- 6,7 c. Amortisation schweizerischer Schulden seit Eintritt in die Zahlungsunion : an Türkei -- 1,4 d. Amortisation schweizerischer Guthaben seit Eintritt in die Zahlungsunion: von Frankreich (konsolidierte französische Schuld) 110,8 Norwegen (konsolidierte norwegische Schuld) 2,3 118,1 Auszahlungen ausserordentlicher Natur im gebundenen Zahlungsverkehr : a. Amortisation alter Bundesguthaben gegenüber Italien aus Internierungskosten und anderen Aufwendungen während des Krieges 89,1 b. Rückzahlung der 3 3/4%-Anleihe 1989 der Französischen Begierung ·.

18,9 c, Requisitionsentschädigungen für während des Krieges in Frankreich beschlagnahmte Waren 10,7 d, Eeexportgeschäfte, d. h. Überweisungen aus andern Mitgliedstaaten für Schweizer Waren, die nach Drittländern exportier wurden (soweit erfasst) 23,4 Amortisation eines im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kupfer an Belgien gewährten Anleihens 121,9 In den Monaten November 1950 bis Ende März 1951 im unkontrollierten freien Zahlungsverkehr mit Belgien entstandene Überschüsse . ; 178,7 ^ Zinsvergütung der Union von 2 Prozent p. a. vom 18. Februar 1951 bis 14. Januar 1952 3,0 2) Transitorische Posten und Verschiedenes -- 12,8 483,4 Veränderung der Guthabon und Schulden auf Konten der ermächtigten Banken .

.

286,2 3) Total (= Beanspruchung der schweizerischen Quote per Ende März 1952) .

769,6 1

) Die un Jahresbericht 1951 der Schweizerischen Verrechnungsstelle aufgeführte Zahl von 150,0 Millionen Franken beruhte auf einer blossen Schätzung, 2 ) Da die Abrechnung vierteljährlich erfolgt, steht der Nachtrag bis Ende März noch 8aus.

) In dieser Summe liegt eine gewisse Reserve, da es sich z, T. um Vorauszahlungen und Anzahlungen für die Lieferung schweizerischer Waren handelt, die als Folge der schweizerischen Kontrollmassnahmen noch nicht an die Begünstigten ausbezahlt werden konnten.

249 Diese Zahlen zeigen, dass der Auszaklungsüberschuss von 108,5 Millionen Franken aus dem laufenden Verkehr im Verhältnis zum Gesamtüberschuss von 769,6 Millionen nur 13,4 Prozent beträgt, was auf die ungewöhnlich grosse Einfuhr während des Jahres 1951 zurückzuführen ist, die, im Verhältnis zur Einfuhr im 1. Semester 1950 berechnet, eine Steigerung von 85 Prozent erreichte.

Es darf daraus nicht etwa der Schiusa gezogen werden, dass in Anbetracht des Wegfalls bzw. Eückgangs der ausserordentlichen Belastungen und angesichts der Ende März noch verfügbaren Quoten-Marge von 324 Millionen Franken für dio Weiterführung der Zahlungsunion seitens der Schweiz rein Zahlungsbilanzmassig keine neuen Mittel erforderlich seien. Eine solche Überlegung würde dem wichtigsten Faktor, nämlich der künftigen Entwicklung der schweizerischen Einfuhr, nicht Kechnung tragen. Die gegenüber 1950 um rund eine Milliarde höhere Einfuhr des Jahres 1951 bedeutet eine massive Vorwegnahme der im Jahre 1952 zu erwartenden schweizerischen Importe im Sinne einer erhöhten Lagerhaltung. Es steht auch ausser Zweifel, dass die durchwegs sinkenden Eohstoffpreise zu einer wertmässigen Rückbildung unserer Importe führen werden. Diese Tendenz wird noch dadurch verschärft, dass nach alter Erfahrung die verarbeitenden Industrien bei sinkenden Preisen mit dem Kauf von Rohstoffen zurückhalten und in vermehrtem Masse auf ihre Lager greifen. Es deutet demnach alles darauf hin, dass die Einfuhren 1952 geringer ausfallen werden. Da diese Entwicklung nicht notwendigerweise von einem entsprechenden Absinken unserer sichtbaren und unsichtbaren Exporte begleitet zu sein braucht, wird ein Verbleiben der Schweiz in der Zahlungsunion ohne die Bereitstellung neuer Mittel nicht möglich sein. Darauf wird jedoch im zweiten Teil unserer Botschaft näher einzutreten sein.

Im Sinne einer Vervollständigung unserer Ausführungen über die Entwicklung der schweizerischen Quote fügen wir noch die nachstehende Aufstellung bei, welche einen vergleichenden Überblick über die Ein- und Auszahlungen im Verkehr mit den der Union angeschlossenen Währungsgebieten in den Jahren 1950 und 1951, aufgeteilt nach den verschiedenen Sparten des Zahlungsverkehrs, vermittelt, wobei wiederum zu berücksichtigen ist, dass die beiden letzten Monate von 1950 bereits unter dem Regime der
Europäischen Zahlungsunion abgewickelt wurden (s. Tabelle auf Seite 250).

3. MassnaJimen zur Verschärfung der AuszahlMngskontrolle In Kapitel 2 wurde bereits darauf hingewiesen, dass dio starke Beanspruchung der schweizerischen Quote zum Teil auf gewisse Missbräuche im Zahlungsverkehr mit Unionsländern zurückzuführen sei. Solche Missbräuche mussten vor allem auf den Gebieten des Warenverkehrs und des Reiseverkehrs festgestellt werden. Beim Warensektor handelte es sich insbesondere um die Entgegennahme von ungerechtfertigten Vorauszahlungen und Anzahlungen und um das Problem der sogenannten «Reexportgeschäfte». Auf dem Gebiete des Tourismus war es die rnissbräuchliche Verwendung von Reisemitteln durch

Zahlungsverkehr mit den der EZU angeschlossenen Ländern, bzw. Währungsgebieten Warenverkehr

Reiseverkehr

Einzahlungen 1950 1951

Einzahlungen 1950 1951

49,4

Belgien 1)

60,8 Frankreich 450,5 Westdeutschland , . . 425,8 Griechenland . . .

9,5 294,6 Italien .

Holland 123,5 Norwegen 13.1 30,8 Portugal Schweden . . .

66,7 12,2 Türkei England 651,1 Total ohne Belgien . . 2188,0

Auszahlungen

Land

Österreich Belgien 1) .

Dänemark Frankreich Westdeutschland Griechenland Italien .

Holland Norwegen . . .

Portugal .

Schweden Türkei England .

93,8 58,4 57,8 666,8 803,8 7,8 371,6 173,0 11,8 23,1 120,4 13,9 774,2 3117,0

55,8

. . .

. . .

. . * . . .

. . .

Total ohne Belgien . .

0,4

0,1 0,6 0,5

0,2 0,3 0,2 0,6 0,9

0,1 1,6 0,2

0,6 0,3 0,5 1,6 0,3

0,4 0,5

1,6 0,6 0,1

1,9 0,8 0,1

0,1 4,6 0,1

1,6 4,1 0,1

0,3

0,3

0,9

4,2 13,6

0,8 0,2 8,4 14,1

1,2

4,9 28,4

0,2 0,4 6,3 10,5

31,0 39,3

13,5 23,2

1,0

0,2 17,0 4,6 0,3 0,1

6,8 0,7

Auszahlungen

92,9 1,5 40,6 61,7 64,7 1,6 338,6 449 ,64) 26,2 338,7 357,0 15,0 1,0 7,4 8,8 256,2 289,0 11,7 193,5 11,0 112,6 19,4 28,2 1,2 23,2.

38,5 0,1 3,4 51,9 144,8 41,2 11,5 76,4 365,2 840,2 1642,2 2548,4 149,1

Die Zahlen für Belgien/Luxemburg beziehen sich nur auf die Monate Noveiaber und Dezember 1951, da bis zum 31. Oktoberr 1951 der Zahlungsverkehr frei war.

inkl. Rückzahlung Dollarr kr eidit 6,6 Mio Fr.

0,6 0,5 0,1

0,1

Auszahlungen

1,0 -- 21,9 0,8 4,1 9,2 105,0 23,5 1,0 1,8 0,3 28,1 0,9 21,0 3,0 1,5 0,7 1,5 9,1 2,6 1,0 150,1') 9,9 348,2 28,4

1,0 1,1 2,6 15,6 3,8 0,2 1,0 2,5 0,1

Auszahlungen

Wert in Millionen Franken Übrige Invisibles

Total

Einzahlungen 1950 1951

Einzahlungen 1950 [ 1951

20,5 5,5 155,3 68,8 0,6 60,4 58,7 4,3 0,7 7,8 1,3 52,8 436,7

Auszahlungen

0,1 24,2 3,12b 9,9 a) 10,1 ) 9,0 42,4 83,33) 136,5 82,0 2,7 3,1 0,1 1,0 79,2 7,8 11,9 20,7 21,3 29,6 10,2 12,4 3,2 0,5 4,3 2,8 3,7 13,3 0,9 2,3 1,2 1,4 90,2 114,1 14,8 73,1 48,2 171,5 236,5 484,0 0,1

2

2 b ) inkL Rückzahlung Dollarkredit 6 , 6 M i o F r .

') inkl. Rückzahlung Anleihe3 3/4%% 1939, 18,75 Mio Fr.

23,2 71,4 118,4 65,2 5,7 8,0 66,7 66,6 152,9 625,0 827,7 119,0 499,9 924,7 0,8 10,1 8,6 86,9 356,7 462,4 74,6 187,7 253,0 8,8 17,7 20,8 1,0 24,1 31,5 11,7 76,2 131,1 2,8 13,9 16,9 72,7 746,1 873,0 562,4 2702,9 3730,3 ' Auszahlungen

24,5 71,6 119,5 6,9 73,6 10,4 83,0' 91,9 168,3 552,9 821,8 133,0 439,4 520,4 1,3 9,7 12,2 143,5 6) 355,8 473,5 38,0 177,5 275,7 34,7 4,1 46,3 5,0 23,8 45,0 17,7 74,0 179,6 4,7 14,1 50,6 168,4 638,7 1263,7 718,9 2475,2 3900,2

· ) inkl. Amortisation ten/Scnweiz, der während längerer Zeit überUPfundsterlingrüng abgewickelt wurde.

250

Land

Versicherungs- : Finanzverkehr verkehr Einzahlungen Einzahlungen 1950 [ 1951 1951 1950

251 französische, belgische und italienische Touristen. Da alle diese Transaktionen, die übrigens auch dem Geist der Zahlungs union widersprachen, sich hu Sinne einer Belastung der schweizerischen Quote und damit za unserem Nachteil auswirkten, wurden von den zuständigen Behörden jeweils die zur Vermeidung derartiger Mißstände erforderlichen Massnahmen getroffen.

a. Warenverlcehr

Im Herbst 1951 fanden unter dein Einfluss der damals in Grossbritannien und Frankreich herrschenden währungspohtischen Beunruhigung in immer grösserem Umfang Vorauszahlungen und Anzahlungen nach der Schweiz statt, die den gebundenen Zahlungsverkehr zu Unrecht belasteten, da ihnen keine tatsächlichen Ausfuhren oder solche für nicht-schweizerische Waren oder Forderungen, die noch nicht fällig waren, zugrunde lagen. Um die daraus resultierende zusätzliche Belastung unserer Quote zu verhindern, wurde im Bundesratsbeschluss vom 30. Oktober 1951 die rechtliche Grundlage für eine bereits vor der Auszahlung einsetzende Bewilligungspflicht und Kontrolle der Vorauszahlungen geschaffen. Dadurch wurde gewährleistet, dass nur noch gemäss den handelsüblichen Usanzen begründete, legitime An- und Vorauszahlungen zur Auszahlung gelangen konnten.

Im 2. Halbjahr 1951 hatte es sich ferner herausgestellt, dass die sogenannten B e e x p o r t g e s c h ä f t e eine wesentliche Belastung der schweizerischen Quote bewirkten, und zwar sowohl die Geschäfte, bei welchen ein tatsächlicher Kauf zum Zwecke dos Reexportes stattfand, als auch die Schein-Reexportgeschäfte, bei welchen, lediglich unter Zwischenschaltung eines Zahlungsagenten, die Lieferung direkt nach dem Bestimmungsland erfolgte. Der Anreiz für solche Transaktionen lag in den Kursdifferenzen oder den besonderen Erleichterungen, welche einzelne Unionsländer für die Umwandlung der aus Lieferungen nach der Dollarzone anfallenden Dollars gewährten. Diese Reexportgeschäfte wurden somit vornehmlich von denjenigen Staaten getätigt, wo wegen eines Dollarmangels ein Agio auf dem Dollar bestand. Ursprungsland der reexportierten Waren dagegen waren in der Regel jene Staaten, die Dollars frei oder sehr liberal abgaben und die auf diese Weise durch eine zusätzliche Inanspruchnahme ihrer Quote benachteiligt wurden für Exporte, deren lïndbestimmung ausserhalb des Baumes der Europäischen Zahlungsunion lag. Die Schweiz z. B. würde nie Waren über ein Unionsland kaufen, welche dieses Land selbst in Dollars bezahlt hatte, da solche Geschäfte mit einem Dollar-Agio belastet wären. Anderseits musste aber immer ein Interesse bestehen, schweizerische Waren unter Bezahlung über die Union nach einem Dollarland zu verkaufen, da das Reexportland diese Waren über die Union bezahlen, den
Gegenwert jedoch in Dollars einkassieren und dabei einen Kursgewinn erzielten konnte. Bei dieser Sachlage wurde schweizerischerseits beschlossen, für solche Transaktionen keine Bewilligungen mehr zu erteilen.

Gleichzeitig wurden in Paris die nötigen Schritte eingeleitet, um im Rahmen der OECE eine für alle Unionsländer verbindliche Richtlinie zu erwirken, dass

252 der in der Form besonderer Erleichterungen in einzelnen Ländern bestehende Anreiz für derartige Geschäfte beseitigt werde. (Diese «besonderen Erleichterungen» betreffen speziell jene Vorschriften, welche es in gewissen Ländern dem Beexporteur gestatten, über die ihm aus dem Beexport anfallenden Devison --· meistens USA-Dollars -- teilweise frei zu verfügen). Am 12. November 1951 erliess der Eat der OECE, nicht zuletzt dank der schweizerischen Insistenz, eine allgemeine E m p f e h l u n g , wonach die Mitgliedstaaten für Waren, die ihren Ursprung in einem Land mit starker Gläubigerposition haben, keine besonderen Erleichterungen gewähren sollten. In der Eatsempfehlung wurde ferner für die Schweiz (wie auch für die übrigen Länder mit ausgeprägter Gläubigerstellung) die Möglichkeit geschaffen, von einem anderen Mitgliedstaat auf bilateralem Wege zu verlangen, dass er für den Eeexport schweizerischer Waren keine besonderen Erleichterungen gewähre, bzw. die für die Ausfuhr seiner eigenen Waren bestehenden speziellen Erleichterungen nicht auf den Eeexport schweizerischer Waren anwende. Auf Grund dieser Empfehlung der OECE und auf Grund der internen Massnahmen der Schweiz wurden dieso Eeexportgeschäfte, soweit sie überhaupt praktisch erfasst werden können, weitgehend verunmöglicht und damit ein weiterer Belastungsfaktor der schweizerischen Quote beseitigt.

6. Reiseverkehr

Als höchst unangenehme Folge der unsicheren Währungsverhältnisse sowie der Kursdifferenzen zwischen den offiziellen Wechselkursen auf dem schweizerischen Markt und den Kursen auf den freien Devisenmärkten des Auslandes musste leider festgestellt werden, dass belgische, französische und italienische Touristen die ihnen unter dem Einfluss der Liberalisierung von ihrem Lande sehr freigebig zur Verfügung gestellten Eeisedevisen missbräuchlich verwendeten. Anstatt diese Beträge für die Bestreitung ihrer Ferienaufenthalte in der Schweiz zu benützen, wechselten die Touristen ihre Beisemittel sofort in Schweizerfranken um, die sie auf den einheimischen Devisenmärkten mit erheblichem Kursgewinn wieder verkauften. Dadurch wurde die schweizerische Quote wesentlich belastet, ohne dass den am Fremdenverkehr interessierten Kreisen unseres Landes etwas zugute gekommen wäre. Zur Beseitigung dieser Missbräuche wurde im Eeiseverkehr mit Belgien-Luxemburg im November 1951 verfügt, dass pro Person und Monat nur noch höchstens 1500 Franken, und zwar gegen entsprechende Eintragung im Beisepass, ausbezahlt werden dürfen. Diese Eegelung wurde im Dezember 1951 durch die Vorschrift der gestaffelten Auszahlung in drei Baten verschärft. Im Mai 1952 wurde die Staffelung auf vier Baten ausgedehnt und die Wartefrist zwischen den einzelnen Auszahlungen verlängert. Im italienisch-schweizerischen Eeiseverkehr wurde schon im Februar 1951 die Staffelung der Auszahlungen angeordnet mit Verteilung des zugelassenen Betrages von 1500 Franken pro Person und Monat auf vier Eaten. Diese Massnahme konnte im Sommer 1951 vorübergehend aufgehoben werden, musste jedoch im Januar 1952 neuerdings

253

in Kraft gesetzt werden. In bezug auf den Reiseverkehr aus Frankreich stand der Erlass einer Verfügung betreffend Einführung der gestaffelten Auszahlung unmittelbar bevor, als die durch die französische Zahlungsbilanzkrise bedingten französischen Beschränkungen der Devisenzuteilungen für Touristen (Herabsetzung der Beigequote von 50 000 französischen Franken, die für j e d e Eeise verlangt werden konnte, d. h. beliebig oft, auf 80 000 französische Franken nur einmal pro Jahr) in Kraft traten, was die schweizerische Massnahme vorläufig als überflüssig erscheinen liess.

c. FinanzsektoT

Wie auf den andern Gebieten sind auch im Finanzsektor die Auszahlungen an die Erfüllung einer Eeihe von Zulassungskriterien geknüpft. Diese können dahin zusanunengefasst werden, dass der Forderung schweizerischer Charakter zukommen, d. h. dass sie einem als schweizerisch anerkannten Finanzgläubiger seit einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag) ununterbrochen zustehen muss. Die einschlägigen Vorschriften finden sich in einer grundlegenden Verfügung des Eidgenössischen Politischen Departements vom 15. Mai 1950 über die Beurteilung und den Nachweis des schweizerischen Charakters von Finanzforderungen im gebundenen Zahlungsverkehr mit dem Ausland, sowie in ergänzenden Verfügungen für den Finanzzahlungsverkehr mit einzelnen Partnerländern.

Ziel dieser Bestimmungen ist die Sicherstellung einer zweckentsprechenden Verwendung der Zahlungsmittel des gebundenen Zahlungsverkehrs, unter AusschlusB von Auszahlungen, für welche kein ausreichendes schweizerisches wirtschaftliches Interesse vorliegt. Bekanntlich war schon unter dem bilateralen System der Zahlungsverkehr mit einer Eeihe von Ländern durch den Einsatz schweizerischer Währungsvorschüsse und ähnlicher Kredite gespiesen worden, was eine besondere Kontrolle in der Verwendung der Clearingmittel bedingte.

Diese Notwendigkeit ist bei einem multilateralen Verrechnungssystem, bei welchem bedeutende Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden, noch in verstärktem Masse gegeben. Die einzelnen Partnerländern nunmehr zusätzlich zur Verfügung stehenden Zahlungsmittel erlauben ihnen, in Verbindung mit der Liberalisierung ihre Devisenbewirtschaftung in vermehrtem Masse zu lockern und sich dabei weitgehend von ihren eigenen Interessen leiten zu lassen. Auf alle Fälle musste mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass einzelne Schuldner- und Partnerländer sich zur Überweisung von Zahlungen bereit finden, deren Hereinnahme sich unter Umständen schweizerischerseits nicht genügend zu rechtfertigen vermag. Dies führte dazu, unsere interne Kontrolle in einzelnen Punkten zu erweitern, um unsere Mitsprache sicherzustellen. Wo sich neue Massnahmen als erforderlich erwiesen, wurde auf eine möglichst einfache und liberale Handhabung Gewicht gelegt. Eine laufende Überwachung des Finanzsektors ist auch deshalb geboten, weil gera&e bei den «Invisibles» die Entwicklung nicht immer leicht vorauszusehen ist.

Bundeeblatt. 104. Jahrg. Bd. II.

18

254 II.

Verlängerung der Europäischen Zahlungsunion Die Europäische Zahlungsunion ist durch das Abkommen vom 19. September 1950 auf unbestimmte Zeit vereinbart worden. Hingegen hat, gemäss Artikel 35 des Abkommens, die OECE spätestens am 81. März 1952 eine Untersuchung über seine Durchführung vorzunehmen und dabei vor allem zu entscheiden, unter welchen Bedingungen die durch das Quotensystem verkörperten finanziellen Hechte und Pflichten der Mitglieder nach dem 30. Juni 1952 weiter in Kraft bleiben sollen. Diese Un tei suchung ist zur Zeit im Gange. Nach dem gegenwärtigen Stand der Beratungen ist beabsichtigt, das heute gültige Quotensystem zunächst um eines oder höchstens zwei Jahre zu verlängern. Damit ist die Frage nach der Beibehaltung der Europäischen Zahlungsunion selbst und der Weiterführung der schweizerischen Mitgliedschaft gestellt.

1. Die Notwendigkeit der Beibehaltung der EZU Es kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass eine Aufhebung der Europäischen Zahlungsunion -- bei aller Würdigung ihrer Schwächen und Mängel -- für die europäische Wirtschaft im allgemeinen wie für die schweizerische im besondern einen schweren Bückschlag bedeuten müsste. Indem die Europäische Zahlungsunion -- im Sinne eines kühnen Versuchs -- den europäischen Zahlungsverkehr wieder auf eine Basis der Multilateralität stellte, hat sie die damit verfolgten Ziele -- die Vermehrung des intereuropäischen Wirtschaftsverkehrs durch den systematischen Abbau der ihm entgegenstehenden Schranken (Liberalisierung und Beseitigung der Diskriminierung), die Hebung der Produktion und schliesslich als Endziel die wirtschaftliche Stabilität in den einzelnen Ländern und in Europa überhaupt -- um ein gutes Stück gefördert. So ist z. B. die Gesamteinfuhr der Unionsmitglieder, jeweils auf ein Jahr umgerechnet, von 8,7 Milliarden Dollars im 2. Quartal 1950 auf 12,8 Milliarden Dollars im 3. Quartal 1951 gestiegen. Wie erfreulich sich diese expansive Tendenz der europäischen Wirtschaft auf den Austausch unseres Landes mit den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Zahlungsunion ausgewirkt hat, haben wir in den vorangegangenen Kapiteln gezeigt.

Die Union hat jedoch nicht nur den Zahlungsverkehr zwischen den europäischen Ländern erleichtert. Darüber hinaus ist sie heute ·-- in Gestalt ihres Direktionskomitees, dem ein schweizerischer
Vertreter angehört -- zu einem Sammelpunkt der internationalen wirtschafts- und finanzpolitischen Beratung und Zusammenarbeit geworden. Der regelmässige Meinungsaustausch zwischen ersten Fachleuten der Mitgliedstaaten auf den genannten Gebieten hat sich als überaus nützlich erwiesen, um den auftretenden grossen und kleinen Schwierigkeiten zweckentsprechend zu begegnen.

Die durch die Europäische Zahlungsunion geschaffene Multilateralisierung der intereuropäischen Zahlungen ergibt sieh durchaus nicht natürlicherweise aus dem gegenwärtigen Stand der europäischen Wirtschaft. Wäre dies der Fall,

253 so brauchte man keine Zahlungsunion. Vielmehr würden bei einer Aufhebung der Union die in der Wirtschaft der meisten Mitgliedstaaten heute noch vorhandenen Gleichgewichtsstörungen wieder unverhüllt zutage treten. Die unvermeidliche Folge wäre die Bückkehr zum Bilateralismus und damit zu allen Nachteilen, die der Bilateralismus in sich trägt. So würde der für das bilaterale Verhältnis kennzeichnende Ausgleich zwischen Leistung und Gegenleistung -- von nur ausnahmsweise zu erwartenden Goldzahlungen abgesehen --; jeweils auf der Stufe der Leistungskraft des schwächeren der beiden Partner gefunden werden müssen, mit der Konsequenz, dass das unter der Herrschaft der Europäischen Zahlungsunion so erfreulich angewachsene Volumen des Waren- und Leistungsaustausches zwischen den europäischen Staaten wieder sehr wesentlich zusammenschrumpfen würde und die in den letzten Jahren stetig ausgebaute Produktionskapazität der europäischefi Wirtschaft zu einem bedeutenden Teil unausgenützt bliebe. Die Enge der einzelnen bilateralen Zahlungsbilanzen würde überdies die Aufrechterhaltung des trotz gewissen Ungleichheiten heute erreichten hohen Standes der Liberalisierung nicht erlauben, und Umfang und Zusammensetzung des Waren- und Zahlungsverkehrs würden mangels multilateralen Ausgleiches den tatsächlichen wirtschaftlichen Bedürfnissen der Länder keineswegs zu genügen vermögen. Dieses allgemeine Absinken der Produktivität und des Austauschvolumens der europäischen Wirtschaft aber müsste zwangsläufig auch ein beträchtliches Absinken der Konjunktur mehr oder weniger in allen europäischen Ländern nach sich ziehen.

Eine solche Entwicklung kann ein mit der europäischen Wirtschaft so eng verbundenes Land wie die Schweiz nicht wünschen. Sie ist vielmehr an der Erhaltung und dem weitern Ausbau der durch die Europäische Zahlungsunion geschaffenen Multilateralität des intereuropäischen Wirtschaftsverkehrs lebhaft interessiert. Ein Bückfall in den Bilateralismus müsste unser Land ganz besonders empfindlich treffen, ist doch der volle Nutzen, den wir aus der Liberalisierung des Warenverkehrs und der unsichtbaren Exporte (hauptsächlich des Tourismus) im Bahmen der Zahlungsunion ziehen konnten, untrennbar mit der Tatsache verknüpft, dass dank unserer Mitgliedschaft die Diskriminierung der Schweiz als Hartwährungsland weggefallen
ist. Würde die Zahlungsunion aufgehoben oder die Schweiz auf ihre Mitgliedschaft verzichten, so wäre der Schweizerfranken als knappe Währung neuerdings der Diskriminierung ausgesetzt, mit allen uns nur zu gut erinnerlichen unliebsamen Konsequenzen für unsern Export -- dies zudem in einem Augenblick, wo ohnehin ein Nachlassen der Konjunktur zu verzeichnen ist und wir uns eine sorgsame Pflege unserer Exportinteressen angelegen sein lassen müssen. Die Schweiz hat daher, alles wohl erwogen, jeden Anlass, mit den übrigen MitgliedStaaten für eine Weiterführung der Europäischen Zahlungsunion über den SO. Juni 1952 hinaus einzutreten und an ihrer eigenen Mitgliedschaft festzuhalten.

Im übrigen verkennen wir keineswegs die beträchtlichen Schwierigkeiten, die sich während der bisherigen Dauer der Europäischen Zahlungsunion gezeigt

256 haben; Diese Schwierigkeiten haben mannigfache Ursachen; teilweise gehen sie auf gewisse Mängel in der gegenwärtigen Struktur der Union zurück und bilden Gegenstand von Keformvorschlägen, die zurzeit unter den Mitgliedstaaten besprochen werden. Wir verweisen für die Einzelheiten auf Kapitel 8 hiernach.

2. Aufrecht&rhaltung des unpolitischen Charakters der Europäischen Zahlungsunion Die Bundesversammlung hat, als im Jahre 1948 der Beitritt der Schweiz zur Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECE) zur Diskussion stand, die Frage der Vereinbarkeit unserer Mitgliedschaft mit der traditionellen schweizerischen Neutralitätspolitik besonders einlässlich geprüft.

Sie nahm mit Befriedigung davon Kenntnis, dass der Bundesrat schon gleich zu Beginn der Vorarbeiten für die Begründung der OECE den schweizerischen Standpunkt klargestellt hat, und zwar in einer vom Chef des Eidgenössischen Politischen Departements an die einladenden Mächte gerichteten Note vom 9. Juli 1947, welche folgende Eichtlinien entwickelte: «l; Es versteht sich von selbst, dass die Schweiz keine Verpflichtungen eingehen wird, die mit ihrer traditionellen Neutralität unvereinbar wären.

2. Die Beschlüsse der Konferenz, welche die schweizerische Wirtschaft betreffen, können gegenüber der Eidgenossenschaft nur mit ihrem Einverständnis verbindlich werden.

8. Die Schweiz behält sich die Freiheit vor, Handelsabkommen aufrecht zu erhalten, die sie mit europäischen Staaten, die nicht an den Arbeiten der Konferenz teilnehmen werden, abgeschlossen hat, und neue Handelsverträge mit diesen Staaten abzuschliessen.» Während unserer ganzen bisherigen Mitgliedschaft sind diese Eichtlinien von der OECE respektiert worden. Dass sie in genau gleicher Weise auch für unsere Beteiligung an der Europäischen Zahlungsunion als einem Tochter- .

institut der OECE gelten, hat der ständige schweizerische Delegierte bei der OECE anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens über die Europäische Zahlungsunion am 19. September 1950 noch ausdrücklich festgehalten.

Es sind gelegentlich Befürchtungen geäussert worden, dass im Zusammenhang mit den gewaltig gesteigerten Eüstungsanstrengungen der westlichen Welt die Organisation des Nordatlantikpaktes (NATO) den unbedingten Vorrang gewinnen, die OECE recht eigentlich ihrer Substanz berauben und
ihre Weiterexistenz, wenn überhaupt, so nur in engster Verbindung mit der NATO als gerechtfertigt erscheinen lassen könnte. Diese Befürchtungen haben sich glücklicherweise nicht verwirklicht. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der OECE ist.einer organisatorischen Verbindung zwischen NATO und OECE bisher stets abgeneigt geblieben. Die NATO ist auf Grund politischer Ereignisse geschaffen worden; demgegenüber hat die OECE (wie auch die EZU) eine rein wirtschaftliche Grundlage und Zweckbestimmung. Die Zielsetzungen der

257 OECE sind auf Dauer berechnet und somit den Schwankungen der internationalen Politik entzogen; gerade auch dank der Mitwirkung neutraler Staaten konnten sie bisher mit unleugbarem Erfolg erfüllt werden. Sie sind heute auch keineswegs gegenstandslos, sondern rufen im Gegenteil -- wie vor allem die kaum erst aus dem Versuchsstadium heraustretende Zahlungsunion zeigt -- einer weitern Konsolidierung, Dementsprechend hat sich an der kürzlichen Tagung des Ministerrates der OECE vom 27.-29. März 1952 die Doktrin, die OECE von der NATO strikt getrennt und ihre Tätigkeit in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, klar durchgesetzt.

Wir lassen es uns angelegen sein, diese neutralitätspolitischen Zusammenhänge weiterhin aufmerksam zu verfolgen. Für den Augenblick besteht jedenfalls keine Notwendigkeit, auf die, wie dargelegt, aus wirtschaftlichen Gründen gebotene Fortführung unserer Mitgliedschaft bei der Europäischen Zahlungsunion aus höhern Erwägungen der Neutralitätspolitik zu verzichten. Umgekehrt hat unser Land nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern gerade auch aus politischen Gründen ein Interesse daran, seine Mitwirkung in allen Tätigkeitsbereichen der OECE und vor allem an der Zahlungsunion ·-- diesem bemerkenswerten Versuch, den europäischen Zahlungsverkehr einer endgültigen Gesundung entgegenzuführen -- weiter fortzusetzen. Wir können so unsere Politik der Solidarität mit dem Schicksal unseres Kontinentes zugunsten eines Unternehmens bekunden, das wie kaum ein anderes aus einem den schweizerischen Grundüberzeugungen für die Gestaltung des internationalen Wirtschaftsverkehrs entsprechenden Geiste entstanden ist.

3. Probleme und Schwierigkeiten der EZU.

Der schweizerische Standpunkt zu ihrer Wetterführung a. Die Europäische Zahlungsunion hat im Verlaufe der letzten anderthalb Jahre eine Reihe schwieriger Probleme zu bewältigen gehabt. Eine ganze Anzahl ihrer Mitglieder, und zwar gerade diejenigen mit hohen Quoten, haben Zahlungskrison von einer Heftigkeit erlebt, wie sie bei Begründung der Union Mitte des Jahres 1950 nicht vorausgesehen werden konnten. Die Weltereignisse wie vor allem der Koreakrieg, die allgemeine Aufrüstung und in ihrem Gefolge die starken Preissteigerungen, hauptsächlich auf dem Gebiete der Bohstoffe, sind zu einem wesentlichen Teil für diese Entwicklungen verantwortlich zu
machen. Zu einem andern Teil jedoch sind sie aus Mängeln und Schwächen in der Struktur der Europäischen Zahlungsunion selbst zu erklären.

Die Hauptschwäche der Europäischen Zahlungsunion besteht zweifellos darin, dass ihre Mitgliedstaaten -- mit wenigen Ausnahmen -- keinerlei ins Gewicht fallende Reserven an Gold oder konvertiblen Devisen besitzen und somit von diesem klassischen Mittel zum Ausgleich der Zahlungsbilanzspitzen kaum Gebrauch machen können. Die Europäische Zahlungsunion hat zwar diese Tatsache in ihren Auswirkungen zu mildern, nicht aber zu beseitigen vermocht.

In ihr ist der tiefere Grund für die Schwierigkeiten der Europäischen Zahlungs-

258 union zu suchen. Der Zahlungsmechanismus der Union in seiner gegenwärtigen Form stellt den Mitgliedstaaten bekanntlich sehr grosszügige Kreditfazilitäten zur Verfügung. Goldzahlungen werden von einem Schuldnerstaat erst verlangt, nachdem er 20 Prozent seiner Quote erreicht hat; sie sind im Anfang gering und steigen nur langsam an. Ein Schuldnerstaat, dessen Quote voll ausgenützt ist, hat überwiegend, nämlich 60 Prozent Kredit empfangen und nur 40 Prozent in Gold zahlen müssen. Entsprechend hat ein Gläubigerstaat bei Erschöpfung seiner Quote nur 40 Prozent in Gold erhalten und 60 Prozent Kredit gewährt.

Durch diese weitgehenden Kreditmöglichkeiten hat die Union im intereuropäischen Zahlungsverkehr einen Zustand herstellen können, bei dem anfänglich alle Währungen als gleichwertig gelten. Dass diese Gleichwertigkeit aber nur scheinbar ist, wird offenbar, sobald ein Schuldnerland, das seine Quote stark beansprucht hat, mit massiven Goldzahlungen einsetzen sollte und sich diese Zahlungen nicht leisten kann. Einem solchen Land bleibt, wenn es keine zusätzliche Hilfe in konvertibler Währung erhält, kein anderer Ausweg als seine gemäss den Liberalisierungsaktionen der OECE «"befreiten» Importe und Dienstleistungen neuerdings mehï oder weniger scharf zu beschränken. Aus derartigen Konstellationen sind die hauptsächlichen Zahlungskrisen einzelner Mitglieder der Europäischen Zahlungsunion -- die deutsche, die holländische, die englische, die französische usw. -- entstanden.'

Dass der gegenwärtige Zahlungsmechanismus der Europäischen Zahlungsunion den Schuldnerstaaten erst verhältnismässig spät grössere: Goldzahlungen auferlegt -- während die Union den Gläubigerstaaten schon nach den ersten 20 Prozent (die sie kreditieren müssen) ihre Betreffnisse zur Hälfte in Gold ausbezahlt ·--, hat noch eine weitere wichtige Auswirkung, nämlich auf die «Zentralkasse», den Betriebsfonds, der Union selbst. Die Union ist bei ihrer Gründung durch eine Zuwendung der Vereinigten Staaten mit einem Kapital von 850 Millionen Dollars -- das später auf 861 Millionen Dollars erhöht wurde -- ausgestattet worden. Dieses Kapital hat sich zwar bisher als genügend erwiesen -- am 1. Mai 1952 betrug der Kassenbestand 838 Millionen Dollars --; doch muss mit zunehmender Ausnützung der Quoten und ohne eine Änderung des heute geltenden
Zahlungsmechanismus befürchtet werden, dass die Mittel der Zentralkasse nicht ausreichen könnten,- um allen Eventualitäten gewachsen zu sein.

Eine solche Entwicklung erscheint um so eher möglich, als die Situation gewisser extremer Gläubiger der Europäischen Zahlungsunion, wie vor allem der belgischluxemburgischen Union, eine zusätzliche Belastung geschaffen hat.

Wenn damit das Problem der Erhöhung des Betriebsfonds der Europäischen Zahlungsunion aufgeworfen ist, so lässt sich dieses Problem nicht von demjenigen der Eeform des Zahlungsmechanismus der Union trennen, das gegenwärtig in Paris diskutiert wird. Diesen Besprechungen liegt die Annahme zugrunde, dass mangels zusätzlicher Hilfe von aussen die Zahlungsunion die Lösung ihrer Schwierigkeiten im wesentlichen aus eigener Kraft zu finden haben wird. Die Vorschläge, zu denen das Direktionskomitee der Europäischen

259

Zahlungsunion nach einlässlicher Beratung der ganzen Problematik gelangt, lassen sich wie folgt zusammenfassen: In erster Linie ist es nach Ansicht des Komitees unerlässlioh, die Staffelung von Kreditgewährung und Goldzahlung im Kahmen der Schuldnerquoten deutlich zugunsten frühzeitiger einsetzender Goldzahlungen umzugestalten, während am Gesamtverhältnis von 60 Prozent Kreditgewährung zu 40 Prozent Goldzahlung für die vollausgenützte Quote nichts geändert werden soll. Die nachfolgende Aufstellung zeigt den Vorschlag des Komitees im Vergleich zur heute geltenden Begelung.

Ausgleich d e s R e c h n u n g s d e f i z i t e a eines S o h u l d n e r s t a a t e s Gegenwärtige Regelung

%

1. Tranche 2.

» 8.

» 4. ·» 5.

»

20 20 20 20

100 80 60 40

0 20 40 60

20

20

80

Vorgeschlagene Neuregelung %

1. Tranche 2.

» 8.

» 4.

» 5.

» 6.

»

Ausgleich durch Kredit dei Union Geldzahlungen an die Union % %

10 10 20 20 20 20

Auegleich durch Kredit der Union Geldzahlungen an die Union % %

100 80 70 60 60 30

0 20 30 40 50 70

Bei Verwirklichung dieses Vorschlages würde nach den Berechnungen des Komitees der Betriebsfonds der Union um ungefähr 120 Millionen Dollars entlastet, ohne dass deswegen allzu schwerwiegende Eückwirkungen auf die Liberalisierungspolitik der Schuldnerstaaten befürchtet werden müssten, In zweiter Linie befindet sich ein Projekt in Prüfung, demzufolge die Mitgliedstaaten der Union sich verpflichten würden, der Union zur Verstärkung ihres Betriebsfonds einen Betrag von 100 Millionen Dollars zur Verfügung zu stellen, der entsprechend dem Anteil der einzelnen Länder an der Gesamtsumme der Quoten aufzubringen wäre. Für die Schweiz würde dies gemäss ihrem Anteil von 6 Prozent an der Totalquote einen Beitrag von 6 Millionen Dollars (= 26,2 Mio. Fr.) bedeuten. Diese Beiträge würden jedoch von der Union erst in dem Augenblick eingefordert, wo ihre Mittel ein als beunruhigend tief eingeschätztes Niveau erreicht haben würden. Sie wären rückzahlbar, sobald die Situation sich bessert und würden überdies, sollte die Union in der Zwischenzeit liquidiert werden, eine Eückzahlungspriorität gemessen.

260

b. Vom schweizerischen Standpunkt aus betrachtet erscheinen diese Vorschläge des Direktionskomitees der Europäischen Zahlungsunion als zweckmässig. Unser Land misst den Bemühungen, die Europäische Zahlungsunion auf eine solidere Basis zu stellen, grosse Bedeutung zu. Die schweren Zahlungskrisen einzelner Mitgliedstaaten, die im Verlaufe der letzten anderthalb Jahre aufgetreten sind, haben die schweizerischen Interessen jeweils spürbar getroffen.

Wir können es daher nur begrüssen, wenn gegenwärtig versucht wird, den für das Funktionieren der Union massgeblichen Kegeln -- wie vor allem durch die Vorverschiebung der Goldzahìungspflicht der Schuldner -- eine Gestalt zu geben, die krisenhaften Entwicklungen nach Möglichkeit vorbeugt und sie jedenfalls nicht zu katastrophalen Auswirkungen kommen lässt. Der Vorschlag des Direktionskomitees, die Goldzahlungen innerhalb der Schuldnerquoten früher als bisher vorzuschreiben, entspricht einem seit langem verfochtenen schweizerischen Postulat. Die Notwendigkeit, möglichst von Anfang an Goldzahlungen leisten zu müssen, wird dafür sorgen, dass die Schuldnerstaaten sich stets die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit vor Augen halten. Diese realistische Eücksichtnahme auf das Mögliche und Durchführbare ist unerlässlich, nachdem sich die Zahlungsunion heute auf einer selbsttragenden Grundlage einzurichten hat.

c. Obwohl die Schweiz den Vorschlägen des Direktionskomitees der Europäischen Zahlungsunion sympathisch gegenübersteht, so muss sie doch ihre Zustimmung davon abhängig machen, dass für die voraussichtliehen schweizerischen Überschüsse im kommenden Rechnungsjahr eine annehmbare Lösung gefunden wird. Die Schweiz ist ein struktureller Gläubiger der übrigen Unionsmitglieder in ihrer Gesamtheit. Gestützt auf diese Tatsache hat die Schweiz bei ihrem Eintritt in die Europäische Zahlungsunion eine Quote von 250 Millionen Dollar = l 093 Millionen Franken eingeräumt erhalten, in der Meinung, dass dieser Betrag für die zwei Jahre der vorläufigen Dauer der finanziellen Verpflichtungen in der Union ausreichen sollte. Trotz vielen unerwarteten Entwicklungen -- Koreakrise, Bohstoffhaüsse, Aufrüstung usw. -- hat sich die der Festsetzung unserer Quote zugrundeliegende Berechnung im grossen und ganzen als richtig erwiesen, ist unsere Quote doch per Ende April 1952
mit rund 781 Millionen Franken ausgenützt. Dass die Schweiz auch im kommenden Bechnungsjahr Überschüsse erzielen wird, ist als wahrscheinlich anzunehmen. Die hierfür bestehende strukturelle Tendenz wird voraussichtlich noch durch die Neigung zum Lagerabbau und den infolgedessen -- wie auch aus anderen Gründen -- zu erwartenden Bückgang der Einfuhr verstärkt werden. Wir gehen daher wohl nicht fehl, wenn wir, entsprechend der bisherigen Quote, für die Zeit vom 1. Juli 1952 bis 30. Juni 1953 mit einem Zahlungsbilanzüberschuss von höchstens 550 Millionen Franken gegenüber der Union rechnen.

Es ist offenkundig, dass dieser Uberschuss nur zum Teil durch die ursprüngliche schweizerische Quote -- die, wie erwähnt, mit dem heute gültigen Quotensystem der Europäischen Zahlungeunion um voraussichtlich zwei Jahre verlängert werden soll -- gedeckt worden kann.

261 Unter diesen Umständen wird ein neuer Bundeskredit unvermeidlich sein.

Der Bundesrat ist sich allerdings bewusst, dass eine weitere Inanspruchnahme von Bundesmitteln für wirtschaftliche Kredite an das Ausland zu gewissen Bedenken Anlass gibt, sowohl vom Standpunkt des Bundes wie von dem der Wirtschaft aus. Für den Bund ist die Kreditgewährung mit nicht unerheblichen Belastungen verbunden, und was die Wirtschaft betrifft, ist nicht zu übersehen, dass die Kredite früher oder später zurückbezahlt werden müssen, was erfahrungsgemäss vielfach nur möglich ist auf dem Wege einer Herabsetzung unserer sichtbaren und unsichtbaren Exporte nach den Schuldnerländern und Erhöhung unserer Importe. Sollte es sich zeigen, dass die Überschüsse dauernden Charakter annehmen, so ist unbedingt zu wünschen, dass deren Finanzierung, wie das früher stets der Fall war, auf dem traditionellen Wege des Kapitalexportes im weitesten Sinne (Kreditgewährung durch Banken und Exporteure, Emission ausländischer Anleihen usw.) erfolgt. Der Bundesrat legt deshalb Wert darauf zu betonen, dass die Kreditgewährung durch den Bund nur eine Übergangslösung sein kann und dass er in seiner Funktion als Kreditgeber wieder durch die private Wirtschaft abgelöst werden muss. Es wäre deshalb wünschbar, dass der Kredit möglichst nicht voll in Anspruch genommen wird. Durch die im Laufe der letzten Monate getroffenen Massnahmen ist bereits dafür gesorgt worden, dass gewisse Missbräuche oder allzu weitherzige Zulassungen zum Transfer nicht mehr vorkommen. Anderseits soll nicht ausser acht gelassen werden, wie wiederholt, in dieser Botschaft schon dargelegt wurde, dass es sich bei der Europäischen Zahlungsunion um ein europäisches Gemeinschaftswerk zur Unterstützung der Länder mit schwachen Währungen und unausgeglichenen Zahlungsbilanzen handelt.

Ala die Schweiz im Herbst 1950 der Europäischen Zahlungsunion beitrat, war bereits die Möglichkeit in Betracht gezogen worden, dass sie ihre Quote überschreiten könnte. Der Eat der OECE hatte am 18. August 1950 einen Beschluss gefasst, der für diesen Fall die Einräumung einer «Ballonge» an die Schweiz in Aussicht nahm (vgl. den Beschluss in der Beilage zu unserer Botschaft vom 22. September 1950 über den Beitritt der Schweiz zur Europäischen Zahlungsunion [BEI. 1950, II, 1081]). Heute handelt es sich im
Grunde darum, den Vorschriften dieses Batsbeschlusses einen konkreten Inhalt zu geben. Für die «Ballonge» hatten wir damals eine Regelung erreichen können, derzufolge die Überschüsse der Schweiz zu 50 Prozent in Goldzahlungen der Union und zu 50 Prozent durch die Gewährung von Krediten abzudecken sind. Im Sinne dieser Begelung beabsichtigen wir, mit der OECE eine Vereinbarung über die Behandlung der im nächsten Bechnungsjahr (1. Juli 1952 bis 80, Juni 1953) zu erwartenden schweizerischen Überschüsse zu treffen. Auf die für ein Jahr berechnete Ballonge von 550 Millionen Franken (125 Millionen Dollars) übertragen, würde dies bedeuten, dass die Schweiz 275 Millionen Franken in Gold empfangen und 275 Millionen Franken neuen Kredit gewähren würde. Je nach dem Ausnutzungsgrad der ursprünglichen Quote am Ende der ersten Vertragsperiode, d. h. am 30. Juni 1952, wäre bei der Eröffnung des neuen Kre-

262

dits auf einen etwa verbleibenden Restbetrag Rücksicht zu nehmen. Unsere OECE-Delegation in Paris ist beauftragt worden, die Angelegenheit in diesem Sinne mit dem OECE-Rat aufzunehmen.

Gestützt auf diese Ausführungen

beantragen wir Urnen,. dem nachfolgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses Ihre Zustimmung zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. Mai 1952.

Im Namen des Schweizerischen Bandesrates, Der Bundespräsident: Kobelt Der Bundeskanzler: Ch. Oser

263 (Entwurf

Bundesbeschluss über

die Verlängerung der Mitgliedschaft der Schweiz in der Europäischen Zahlungsunion

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 20. Mai 1952, beschliesst: Einziger Artikel Der Bundesrat wird ermächtigt: 1. der Verlängerung der ursprünglichen schweizerischen Quote in der Europäischen Zahlungsunion um höchstens zwei Jahre zuzustimmen; 2. für den Ausgleich der vom 1. Juli 1952 bis 80. Juni 1953 entstehenden Rechnungsüberschüsse der Schweiz gegenüber der Europäischen Zahlungsunion zusätzliche Kredite bis zur Höhe von 275 Millionen Schweizerfranken im Rahmen einer «Rallonge» zur ursprünglichen schweizerischen Quote zu gewähren ; 8. im Verhältnis zur Beteiligung der Schweiz am Quotensystem der Europäischen Zahlungsunion einen Beitrag an den eventuell zur Verstärkung des Betriebsfonds der Union notwendig werdenden Zuschuss der Mitglieder zu leisten.

264

Quoten der

an die Europäische Zahlungsunion angeschlossenen Länder (Heutiger Stand) *)

Vertragspartei Vertragspartei

Belgien-Luxemburg 1) Dänemark Deutschland (Bundesrepublik) . . .

Frankreich 2) Griechenland3) Island Italien 4) .

Niederlande 5) Norwegen Österreich 3) Portugal «) Schweden Schweiz Türkei. .

Vereinigtes Königreich 7)

in Millionen Rechnungseinheiten

360 195 500 520 45 15 205 855 200 70 70 260 250 50 1060

4155

in Prozent des Gesamtbetrages der Quoten

8,7 4,7 12,0 12,5 1,1 0,4 4,9 8,5 4,8 1,7 1,7 6,8 6,0 1,2 25,5

100,0

*) Seit Inkrafttreten der Europäischen Zahlungsunion sind die Quoten Deutschlands und der Niederlande erhöht worden.

1) Einschliesslich Überseegebiete. Ist Belgien gegenüber der Union Gläubiger, so wird seine Quote um den Betrag seiner Anfangsschuld reduziert (d. h. 360,0 -- 29,4 = 830,6).

2 ) Einschliesslich Überseegebiete sowie Saargebiet. Frankreich, wurden im Februar 1952 100 Millionen als kurzfristiger Sonderkredit innerhalb der Quote gewährt.

Seine gegenwärtige Quote beträgt somit vorübergehend 620 Millionen Rechnungseinheiten.

3 ) Gemäss Ratsbeschluss vom 20. Dezember 1951 werden die Quoten von Österreich und Griechenland bis zum 30. Juni 1952 behandelt, als ob sie gleich N u l l wären.

4 ) Einschliesslich Überseegebiete sowie Triest, 5 ) Einschliesslich Überseegebiete sowie Indonesien.

6 ) Einschliesslich Überseegebiete.

: 7) Die Quote bezieht sich auf die gesamte Sterlingarea, d. h. Grossbritannien und Nordirland, britische Dominions, Kolonien, Protektorate und Mandatsgebiete sowie Burma, Irland, Irak, Jordanien und Libyen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verlängerung der Mitgliedschaft der Schweiz in der Europäischen Zahlungsunion (Vom 20. Mai 1952)

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