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104. Jahrgang

Bern, den 11. September 1952

Band III

Erscheint wöchentlich. Preis 3O Franken im Jahr, Iß Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr EinrücTeungsgebähr: 50 Happen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Abkommen der Schweiz mit der Bundesrepublik Deutschland über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte (Vom 5. September 1952) · :

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit der folgenden Botschaft den Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend Genehmigung des mit der Bundesrepublik Deutschland am 19. Juli 1952 abgeschlossenen Abkommens über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte zu unterbreiten.

A. Vorgeschichte des Abkommens 1. Durch den Bundesratsbeschluss vom 16. Februar 1945 über die vorläufige Eegelung des Zahlungsverkehrs zwischen der Schweiz und Deutschland (AS 61, 85) wurde das in,.der Schweiz gelegene Vermögen deutscher Staatsangehöriger gesperrt; dazu gehörten u.a. auch die in jenem Zeitpunkt bestehenden Erfindungspatente, Hinterlegungen von gewerblichen Mustern oder Modellen und von Fabrik- und Handelsmarken, die zugunsten von deutschen Staatsangehörigen eingetragen waren, sowie die von deutschen Staatsangehörigen beim Amt für geistiges Eigentum bereits eingereichten Gesuche um Erteilung solcher Schutzrechte und die später auf solche Gesuche hin erteilten Schutzrechte selbst.

2. Diese gesperrten Vermögenswerte gehörten in der Folge auch zu dem deutschen Vermögen, zu dessen Liquidierung die Schweiz sich im Abkommen von Washington, vom 25. Mai 1946, (AS 62, 661) verpflichtet hatte.

Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. III.

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3. Zahlreiche deutsche Inhaber von schweizerischen Schutzrechten oder von Gesuchen um Erteilung solcher Schutzrechte waren nach dem Zusammenbruch Deutschlands nicht mehr in der Lage, die für die Aufrechterhaltung dieser Schutzrechte erforderlichen Gebühren zu bezahlen oder die für die Ordnung dieser Gesuche nötigen Vorkehren zu treffen. Infolgedessen sind die meisten dieser Schutzrechte noch vor Ende 1946 gemäss den bestehenden Vorschriften erloschen bzw. zurückgewiesen worden; sie blieben nur in den wenigen Fällen bestehen, wo ein schweizerischer Lizenznehmer die Interessen des deutschen Lizenzgebers wahrnahm und die Gebühren bezahlte. Die Behinderung der deutschen Inhaber, ihre schweizerischen Schutzrechte aufrechtzuerhalten, hatte ihren Grund ursprünglich weder im erwähnten Bundesratsbeschluss vom 16. Februar 1945 noch im Abkommen von Washington, sondern in dem in Deutschland vorhandenen Chaos und in der durch den alliierten Kontrollrat verfügten Unterbindung der Möglichkeiten zur Überweisung von Zahlungen nach der Schweiz. Als dann in Deutschland die Wirtschaft wieder in Gang kam und von 1948 an der gewerbliche Rechtsschutz wieder aufgebaut wurde, wären wohl zahlreiche deutsche Inhaber wieder in der Lage gewesen, ihre Schutzrechte in der Schweiz wiederherstellen zu lassen. In jenem Zeitpunkt waren jedoch in der Schweiz die im Bundesratsbeschluss vom 28. März 1947 betreffend ausserordentliche Massnahmen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes AS 63, 248) vorgesehenen Fristen für die Wiederherstellungsanträge bereits wieder abgelaufen (vgl. die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 10. November 1950, betreffend Genehmigung des Abkommens mit der Bundesrepublik Deutschland über die Verlängerung von Prioritätsfristen -- BB11950, III, 458, -- lit. A, Ziffer 3) ; auch hatten die deutschen Staatsangehörir gen kein Interesse, Gebühren zu entrichten für die Wiederherstellung von Patenten usw., welche zugunsten der Alliierten liquidiert werden sollten.

4. Anfangs 1952 wurde ein Abkommen zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland über die deutschen Vermögen in der Schweiz paraphiert; Artikel 13 desselben sieht vor, dass schweizerische Schutzrechte deutscher Inhaber mit dem Tag des Inkrafttretens des Abkommens von der Sperre befreit werden. Die Bundesrepublik Deutschland
hatte gleichzeitig Bestimmungen zur Wiederherstellung der in der Zwischenzeit erloschenen Schutzrechte deutscher Inhaber vorgeschlagen. Auf Veranlassung des Bundesrates wurde indessen hiefür der Abschluss eines besonderen Abkommens in Aussicht genommen.

5. Die Verhandlungen, an welchen die Schweiz durch Dr. H. Morf, Direktor des Amtes für geistiges Eigentum (Chef der Delegation); Dr. E. Stadelhof er Gesandtschaftssekretär im Eidgenössischen Politischen Departement, und Professor Dr. P. J. Pointet, Sekretär des Vororts des Schweizerischen Handelsund Industrievereins, vertreten war, fanden vom 13.-16. Juni 1952 in Bern und vom 17.-19. Juli 1952 in München statt und führten zur Unterzeichnung eines Abkommens mit dem im nachstehenden zu besprechenden Inhalt.

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B. Inhalt des Abkommens

Vorbemerkungen In einem I. Teil (Art. 1) wird festgestellt, was für Schutzrechte Gegenstand dieses Abkommens sein sollen. Im u. Teil (Art. 2-10) werden die Voraussetzungen und Folgen der Wiederherstellung der deutschen Schutzrechte in der Schweiz behandelt, während der III. Teil (Art. 11-13) das von Deutschland zu gewährende Gegenrecht bringt. Der IV. Teil (Art. 14-16) enthält die Schlussbestimmungen, insbesondere die Umschreibung des Personenkreises, der sich auf das Abkommen berufen kann, und die Bestimmungen betreffend die Eatifikation und Inkraftsetzung des Abkommens.

Wie schon beim Abkommen vom 2.,November 1950 über die Verlängerung von Prioritätsfristen, wurde auch hier weitgehend die Eegelung des internationalen «Abkommens von Neuenburg betreffend Erhaltung oder Wiederherstellung des im Zweiten Weltkrieg zu Schaden gekommenen gewerblichen Eigentums», vom 8. Februar 1947 (AS 63, 807), zum Vorbild genommen.

Bemerkungen zu den Artikeln l--5 · ·.Art. 1:.Die. in der deutschen Gesetzgebung überdies noch vorgesehenen Gebrauchsmuster, werden hier aus folgenden Gründen nicht erwähnt : Nach Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 2 kommen für die Wiederherstellung nur Schutzrechte in Frage, deren gesetzliche Höchstdauer noch nicht abgelaufen ist. Da die gesetzliche Höchstdauer eines Gebrauchsmusters 6 Jahre beträgt und nur Fälle aus der Zeit vor dem Zusammenbruch Deutschlands (1945) in Betracht fallen, braucht praktisch mit keinen Gebrauchsmustern mehr gerechnet zu werden.

Art. 2: In A b s a t z l werden die Tatbestände aufgeführt, für welche eine Wiederherstellungsmöglichkeit geschaffen wird. Die dabei gewählten Stichtage beruhen auf folgenden Überlegungen: Nach Ziffer IV des Abkommens von Washington unterlagen nur solche Vermögenswerte von deutschen Staatsangehörigen der Liquidation, welche vor dem 1. Januar «1948 in der Schweiz erworben worden waren.

Nach dem 16. Februar 1945 begann die im Bundesratsbeschluss von diesem Tag verfügte Sperre des deutschen Vermögens in der Schweiz.

In Absatz 2 werden die Frist für den Wiederherstellungsantrag sowie die Form des Antrags und die Zuständigkeit für den Entscheid geregelt. Als zuständige Behörden kommen nur das Amt für geistiges Eigentum und das Schweizerische 'Bundesgericht in Frage (das letztere für diejenigen Fälle, wo ein Gesuch um Erteilung eines Schutzrechtes nicht wegen Versäumung einer Frist, sondern aus materiellen Gründen zurückgewiesen worden war).

In Patentsachen und in Muster- oder Modellsachen muss der Antrag gemäss den Vorschriften der ordentlichen Gesetzgebung durch einen im Inland niedergelassenen Vertreter eingereicht werden: in Markensachen besteht kein derartiger Vertreterzwang.

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Art. 3 enthält Verfahrensvorschriften. Mit Absatz 3 soll namentlich auf die Fälle Eücksicht genommen werden, in welchen dem Patentbewerber die Akten, deren er zur Ordnung des zurückgewiesenen Gesuches bedarf, durch Kriegshandlungen zerstört worden sind, so dass er sich zuerst noch Abschriften von den beim Amt für geistiges Eigentum befindlichen Originalen beschaffen muss.

Art. 4: Während ein Patent oder eine Hinterlegung von gewerblichen Mustern oder Modellen nach Ablauf der gesetzlichen Höchstdauer nicht mehr wiederhergestellt werden kann, ist in Markensachen die Hinterlegung nach Ablauf der Begistrierungsdauer beliebig oft wiederholbar; denn die Marke schützt nicht die Ware als solche, sondern die Beziehungen des Markeninhabers zu seiner Kundschaft. Infolgedessen musste hier, entsprechend den Artikeln 3 und 4 des Abkommens von Neuenburg, sowohl für die im schweizerischen wie auch für die im internationalen Register eingetragenen Marken dafür gesorgt werden, dass die versäumte und nunmehr auf Grund des Abkommens nachgeholte Erneuerung auf den Ablauf der vorangegangenen Schutzdauer zurückwirkt, damit die Kontinuität der Hinterlegung wiederhergestellt wird (Absatz l und 2).

Die gleiche Lösung rechtfertigt sich überdies auch in den Fällen, wo schon vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens eine neue Eintragung bewirkt wurde, die nur deswegen nicht als Erneuerung der vorangegangenen und seit 1945 erloschenen Eintragung anerkannt werden konnte, weil die neue Eintragung erst nach Ablauf der Erneuerungsfrist vorgenommen wurde (Abs. 3).

In den Fällen von Absatz 2 und 3 wird die Eückwirkung von einem ausdrücklichen Antrag des Markeninhabers abhängig gemacht, weil das Eegister über diese Herstellung des Zusammenhanges mit einer früheren Eintragung Auskunft geben muss, für die Eegisterbehörde aber eine übermässige Mehrarbeit entstünde, wenn sie von Amtes wegen jeweilen untersuchen musste, ob eine frühere Eintragung bestand, als deren Erneuerung die neue Anmeldung zu gelten habe.

Infolge dieser Eückwirkung wird die Schutzdauer aus der neuen Eintragung vom Ablauf der früheren Schutzdauer an berechnet (analog Art. 18, Abs. 2, der Vollziehungsverordnung zum MschG).

Art. 5 enthält, nach dem Vorbild von Artikel 5 des Abkommens von Neuenburg, Vorschriften betreffend die Berechnung der Frist, vor deren Ablauf
keine Zwangsmassnahmen wegen unterlassener Ausführung der Erfindung oder unterlassenem Gebrauch der Marke zulässig sind.

In. Muster- und Modellsachen besteht überhaupt kein Ausführungszwang.

Diese Bestimmung war trotz dem deutsch-schweizerischen Abkommen von 1892/1902 (AS 14, 375; 19, 553), durch welches der örtliche Ausführungszwang in Patent- und Markensachen im Verhältnis der beiden Länder aufgehoben wurde, notwendig. Denn jenes Abkommen stellt nur fest, dass die Ausführung im einen Land auch für das andere Land genüge. Durch die Kriegsfolgen waren

49 aber zahlreiche deutsche Schutzrechtinhaber auch an 'der Ausführung der Erfindung oder am Gebrauch der Marke in ihrem eigenen Land verhindert.

Für schweizerische Inhaber deutscher Schutzrechte bestand eine gleiche Behinderung nicht; deswegen wurde Artikel 5 in Artikel 13 nicht anwendbar erklärt; es hat hier sein Bewenden bei den Bestimmungen des erwähnten Abkommens von 1892/1902.

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Bemerkungen zu den Artikeln 6--9 (Vorbehalt von Rechten Dritter)

Seit jeher hat man im Fall ausserprdentlicher Massnahmen zur Wiederherstellung erloschener Patente oder Musterhinterlegungen die Eechte Dritter vorbehalten, welche im Vertrauen auf die in der Vergangenheit eingetretene Rechtslage ihre wirtschaftlichen Massnahmeu getroff en haben (vgl. Art. l, Abs. 2, und Art. 2, Abs. 2, des internationalen Abkommens zur Erhaltung oder Wiederherstellung durch den Weltkrieg geschädigter gewerblicher Eigentumsrechte, vom 30. Juni 1920 (AS 36, 642); Artikel 6 des internationalen Abkommens von Neuenburg, vom 8. Februar 1947; Artikel 6 des Bundesratsbeschlusses vom 28. März 1947). Im vorliegenden Abkommen wurde die Lösung verschieden getroffen, je nachdem der Dritte einem erloschenen und nun wiederhergestellten Patent gegenübersteht (Art. 6 und 8) oder aber einem neuen Patent, das auf ein wiederhergestelltes Patentgesuch erteilt wird (Art. 7 und 9).

Für beide Fälle waren einerseits die sachlichen, örtlichen und zeitlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Mitbenutzungsrechten, sowie der Inhalt dieser Rechte (Art. 6 bzw. 7) und sodann die Frage der Entschädigung (Art. 8 bzw. 9) zu regeln. -- Wie im Abkommen von Neuenburg und im Bundesratsbeschluss vom 28. März 1947 werden in Markensachen keine Eechte Dritter vorbehalten (vgl. dazu die ^Ausführungen der Botschaft des Bundesrates vom 10. März 1947 zu Art. 6 des Abkommens von Neuenburg).

I. Im Fall der Wiederherstellung eines erloschenen Patentes (bzw. einer Muster- oder Modellhinterlegung) 1. Voraussetzungen des Mitbenutzungsrechtes.

a. Zeitlich: Der Dritte muss den Gegenstand des wiederhergestellten Schutzrechtes! benützt haben nach dem Erlöschen des Schutzrechtes und in der Zeit zwischen dem 16. Februar 1945 und dem 19. Juli 1952; Massnahmen, die erst nach dem 19. Juli 1952 (Unterzeichnung des Abkommens) getroffen wurden, fallen nicht mehr in Betracht. Zwar wurde sowohl im Abkommen von Neuenburg (Art. 6) als auch im Abkommen mit Deutschland vom 2. November 1950 (Art. 5) für alle Fälle ohne Unterschied der gleiche, in der Vergangenheit liegende Stichtag gewählt. Man hätte indessen hier mit guten Gründen daran denken können, wenigstens für den Fall der Wiederherstellung eines erloschenen Gesuches Drittrechte bis zum Zeitpunkt der Wiederherstellung des Gesuches

50 zuzulassen. Von deutscher Seite wurde indessen auf die Gefahr hingewiesen, dass dann vom Zeitpunkt der Bekanntgabe der Unterzeichnung des Abkommens noch Massnahmen getroffen würden, welche sonst unterblieben wären. Um dies zu vermeiden, kam man schliesslich dahin überein, für beide Fälle, Wiederherstellung eines erloschenen Schutzrechtes und Wiederherstellung eines zurückgewiesenen Gesuches, das Datum der Unterzeichnung des Abkommens als «mittlere Lösung» zu wählen.

Der Satzteil «oder diese Handlungen nach dem Erlöschen des Schutzrechtes fortgesetzt haben» will klarstellen, dass unerheblich sei, wann mit den Benützungshandlungen begonnen wurde; es genügt für den Erwerb der Mitbenutzungsrechte, wenn sie in der massgebenden Zeitspanne fortgesetzt wurden, auch wenn sie schon vor dem Erlöschen des Schutzrechtes begonnen wurden.

fe. Sachlich und örtlich: Nach Artikel 6, Absatz l, müssen in der massgebenden Zeit zum mindesten besondere Veranstaltungen für die gewerbliche Benützung in der Schweiz vorgenommen worden sein. Das entspricht der Eegelung von-Art. 6 des Bundesratsbeschlusses vom 28. März 1947. In Absatz 2 werden indessen noch folgende Erleichterungen vorgesehen: Es soll genügen, wenn auf Grund eines Lizenzvertrages im Inland oder Ausland Untersuchungen zur Anwendung oder Verbesserung des Gegenstandes des Schutzrechtes durchgeführt worden sind, sofern wenigstens der Lizenzgeber seinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz hat. Wohnt der Lizenznehmer im Ausland, so steht das Mitbenutzungsrecht nur dem Lizenzgeber zu; wohnt er in der Schweiz, so ist auch er mitbenützungsberechtigt.

2. Inhalt des Mitbenutzungsrechtes Die in Artikel 6, Absatz 8, gegebene Umschreibung stimmt trotz ausführlicherer Passung im wesentlichen mit dem ordentlichen Eecht (vgl. Art. 8 P G) überein. Von einer Verpflichtung zur Anbringung des Patentzeichens (vgl.

Art. 35 des Patengesetzes) wurde abgesehen, da sie den heute vorhandenen Umständen nicht zu entsprechen schien.

3. Lizenzverträge Zur Frage, welche Wirkung früher abgeschlossenen Lizenzverträgen zukomme, wurde nicht Stellung genommen, da der Entscheid darüber, ob ein Lizenzvertrag nach dem Erlöschen des Patentes dahingefallen und nun mit dem Patent auch wieder in Kraft trete, Sache des Eichters sei. Nimmt der Eichter nach den Umständen des Falles an, der alte Vertrag
gelte weiter, so richten sich Eechte und Pflichten der Parteien weiterhin nach diesem Vertrag. Bleibt jedoch der Vertrag erloschen, so kann auch der Lizenznehmer sich unter den im Abkommen umschriebenen Voraussetzungen auf Mitbenutzungsrechte berufen.

4. Entschädigungspflicht (Art. 8).

Für die Benützung des Gegenstandes des Schutzrechtes in der Vergangenheit, d. h. bis zum Tag der Wiederinkraftsetzung des Schutzrechtes, wird keine Entschädigung geschuldet ; nur wenn das Benützungsrecht auch nach

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dem Wiederaufleben des Schutzrechtes geltend gemacht wird, hat der Inhaber des Schutzrechtes Anspruch auf eine Entschädigung. Macht neben dem Dritten auch dessen Lizenznehmer (auf i Grund von Art. 6, Abs. 2) das Mitbenutzungsrecht geltend, so bleibt der Dritte gegenüber dem Inhaber des Schutzrechtes entschädigungspflichtig auch für die Benützung durch den Lizenznehmer.

II. Im Fall eines auf ein wiederhergestelltes Gesuch erteilten Patentes (bzw. einer Muster- oder Modellhinterlegung) 1. Voraussetzungen des Mitbenutzungsrechtes a. Zeitlich: Der Dritte rnuss den Gegenstand des Schutzrechtes benützt haben in der Zeit zwischen der Zurückweisung der Anmeldung und dem 19. Juli 1952; im übrigen wird hiezu auf das unter Ziffer I, l a, Ausgeführte verwiesen.

fe. Sachlich und örtlich: Als Benützungshandlungen kommen die gleichen Tatbestände in Frage wie nach Artikel 6, Absatz l und 2, also gegebenenfalls auch Handlungen, die ein Lizenznehmer im Ausland vorgenommen hat. Von dieser Ausnahme abgesehen, müssen die Benützungshandlangen wie im Fall des Artikels 6 im Inland vorgenommen worden sein. Darüber hinaus wurde in Artikel 7, Absatz 2, noch ein weiterer Tatbestand vorgesehen: Es kommt nicht selten vor, dass das gleiche technische Problem gleichzeitig von verschiedenen Erfindern bearbeitet wird, die nichts voneinander wissen. Ein gültiges Patent kann aber nur derjenige erlangen, der als erster ein Patentgesuch eingereicht hat ; die andern bleiben dann auf ein Mitbenutzungsrecht angewiesen. Während aber in der Eegel dieses Mitbenutzungsrecht nur gewährt wird, wenn bereits besondere Veranstaltungen für die gewerbliche Benützung der Erfindung vorliegen, wird es nach Artikel 7, Absatz 2, genügen, dass ein Patentgesuch in der Schweiz eingereicht wurde, selbst wenn das Stadium der gewerblichen Ausnützung noch nicht begonnen hat. Diese Ausdehnung wurde vorgesehen, weil damit zu rechnen ist, dass einzelne schweizerische Patentanmelder mit Eücksicht auf die notorische Ausschaltung sozusagen aller aus Deutschland stammenden Patentgesuche glaubten, sich mit ihren Veranstaltungen für die gewerbliche Ausnutzung nicht beeilen zu müssen. Es erschien als unbillig, dass sie nun nach Wiederherstellung der (altern) deutschen Gesuche auf ihre eigenen (Jüngern) Gesuche nicht nur keine gültigen Patente mehr erlangen, sondern
auch kein Mitbenutzungsrecht erhalten sollten. Vorausgesetzt wird aber, dass der Dritte die in Frage stehende Erfindung bzw. das Muster oder Modell tatsächlich selbst gemacht hat; hiefür ist er beweispflichtig.

Dieser Beweis kann ihm eher zugemutet werden als dem Inhaber des Schutzrechtes der (negative) Beweis dafür, dass der Dritte nicht Urheber der benützten Erfindung sei.

. 2. Inhalt des Mitbenutzungsrechtes Das in Ziffer I, 2, oben Gesagte gilt auch hier; insbesondere gilt dies für die Vorschrift, dass das Mitbenutzungsrecht nur zusammen mit dem Geschäft

52 vererbt oder übertragen werden kann; das folgt aus der Verweisung auf Artikel 6, Absatz 3. Hat jedoch der Dritte selber ein Patentgesuch eingereicht und vermag er seine Urheberschaft an der Erfindung zu beweisen, so steht das Mitbenutzungsrecht auch seinem Nachfolger im. Recht am Patentgesuch oder an dem auf dieses Gesuch erlangten (ungültigen) Patent zu, und zwar auch dann, wenn kein Geschäftsbetrieb mit übertragen wurde (Art. 7, Abs. 2, in fine).

3.Entschädigungs'pflicht(Art.9).

Der wesentliche Unterschied zu der bei der Wiederherstellung eines erloschenen Patentes bestehenden Situation liegt darin, dass zur Zeit des Erlöschens des Patentes der Tnha.1t der Patentschrift bereits veröffentlicht war und daher als allgemein bekannt gelten musste, während der Inhalt des wieder hergestellten Patentgesuches noch nicht veröffentlicht war.

Im zuerst genannten Fall erscheint die Entschädigungspflicht ohne weiteres als gerechtfertigt, weil zu vermuten ist, dass der Dritte die Erfindung eines andern benützt. Im Fall des wiederhergestellten Gesuches lässt sich diese Vermutung nicht ohne weiteres aufstellen. Von deutscher Seite wurde in diesem Zusammenhang auf die Veröffentlichungen hingewiesen, welche von den Alliierten nach dem Zusammenbruch von Deutschland über den Inhalt der in Deutschland aufgefundenen Patentgesuche vorgenommen worden sind und welche auch in die Schweiz gelangt sein sollen. Das Abkommen sieht nun in Artikel 9 grundsätzlich die Entschädigungspflicht vom Tag der Erteilung des Schutzrechtes an vor, befreit jedoch den Dritten oder seinen Eechtsnachfolger von dieser Verpflichtung, wenn sie beweisen, dass der Dritte der Urheber der benützten Erfindung ist.

Bemerkungen zu den Artikeln 10--16 Art. 10 (Patentjahresgebühren): Unter der Herrschaft des Bundesratsbeschlusses vom 28. März 1947 hatte der Patentinhaber, der sein erloschenes Patent wiederherstellen lassen wollte, die sämtlichen Jahresgebühren zu entrichten, welche seit dem Erlöschen des Patentes verfallen waren. Diese Forderung liess sich im vorliegenden Fall nicht aufrechterhalten : Jener Bundesratsbeschluss diente der Ausführung des internationalen Abkommens von Neuenburg, nach welchem alle Länder den Gebührenbezug in gleicher Weise regelten.

Deutschland, das dem Abkommen von Neuenburg nicht beitreten konnte, hat von 1945 bis 1948 überhaupt keine Patentjahresgebühren bezogen, ohne dass deswegen die Patente dahinfielen, und von 1948 bis 1950 hat es für die Aufrechterhaltung der Patente die Gebühren nur in einem herabgesetzten Umfang bezogen. Bei denjenigen Patenten, für welche diese herabgesetzten Gebühren bezahlt wurden, konnten auch keine Mitbenutzungsrechte Dritter entstehen.

Demgegenüber ist in der Schweiz der Grossteil der in deutschem Besitz befindlichen Patente erloschen ; es bestand für sie während mehreren Jahren kein Schutz mehr, und es konnten überdies in dieser langen Zeit Mitbenutzungsrechte Dritter entstehen, welche nun auch weiterhin anerkannt werden. Unter

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diesen Umständen erschien es als gerechtfertigt, auf die Bezahlung der rückständigen Jahresgebühren mit Ausnahme der letzten 2 Jahre zu verzichten.

Für Hinterlegungen gewerblicher Muster oder Modelle sind keine Jahresgebühren, sondern je eine Gebühr für jede der drei 5jährigen Schutzperioden vorgesehen; bei der Wiederherstellung solcher Hinterlegungen kommt daher nur die Gebühr für die bei der Antragstellung laufende Schutzperiode in Frage.

Art. 11-13: Hier wird das von Deutschland zu gewährende Gegenrecht geregelt. An sich hat schon die gegenwärtige deutsche Gesetzgebung, insbesondere das in Artikel 12 erwähnte sogenannte «erste Überleitungsgesetz» vom 8. Juli 1949 in weitgehendem Umfang die Möglichkeit für die Aufrechterhaltung der Schutzrechte in Deutschland gebracht. Immerhin musste doch mit Fällen gerechnet werden, in welchen Schutzrechte von Schweizern notleidend geworden waren, und zwar fielen 2 Kategorien in Betracht: Einmal hat das erwähnte Überleitungsgesetz nur diejenigen Schutzrechte oder Anmeldungen berücksichtigt, welche bei der Schliessung des Beichspatentamtes noch in Kraft standen. Es mussten aber noch Fälle eingeschlossen werden, in:welchen Schutzrechte oder Anmeldungen noch kurz vor dem Stichtag des Überleitungsgesetzes wegen Nichterfüllung von Formalitäten oder Gebührenzahlungen erloschen. Diese Fälle werden in Artikel 11 behandelt.

Sodann war bekannt, dass einzelne Inhaber deutscher Schutzrechte von der im deutschen ÜberlenYungsgesetz vorgesehenen Möglichkeit der Aufrechterhaltung ihrer Schutzrechte keinen Gebrauch gemacht haben, weil sie glaubten, davon absehen zu können im Hinblick auf das Erlöschen der deutschen Schutzrechte in der Schweiz, das sie als endgültig betrachteten. Nachdem sich nun diese Annahme als irrtümlich erwiesen hat, wurde für solche Fälle in Artikel 12 eine nochmalige Gelegenheit eröffnet. Ein auf diese Bestimmung gestützter Antrag muss. von einer Erklärung begleitet sein, in welcher der Antragsteller «nach bestem Wissen» versichert, dass seinerzeit die Stellung des Antrages im Hinblick auf das Erlöschen der deutschen Schutzrechte in der Schweiz unterblieben sei. Diese Formalität wurde von deutscher Seite als notwendige Voraussetzung für die nochmalige Eröffnung einer Wiedereinsetzungsfrist bezeichnet.

Durch die Bestimmung des Artikels 13, welche die
Artikel'2-4 und 6-10 als entsprechend anwendbar erklärt, wird das Gegenrecht im einzelnen geregelt und insbesondere dafür gesorgt, dass in den Fällen, in welchen in Deutschland Mitbenutzungsrechte Dritter entstanden, der Dritte dafür eine Entschädigung zu bezahlen hat unter den nämlichen Voraussetzungen, wie sie im umgekehrten Fall für die Schweiz vorgesehen sind. Die Gründe dafür, dass Artikel 5 nicht als anwendbar aufgeführt wurde, sind in den Bemerkungen zu Artikel 5 dargelegt worden.

Art. 14: Bei der Festlegung des Personenkreises, welcher der Vorteile des Abkommens teilhaftig werden soll, ergab sich die für die schweizerischen Interessenten zu treffende Regelung ohne weiteres. Für die deutsche Seite musste ausser den natürlichen und juristischen Personen mit Wohnsitz oder Sitz in

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der Bundesrepublik Deutschland oder Westberlin auch den Auslandsdeutschen Eechnung getragen werden; das geschah! in der Weise, dass für den frühern Inhaber des gewerblichen Schutzrechtes der «Wohnsitz oder Sitz in einem Staat, der in der Bundesrepublik Deutschland eine Vertretung unterhält oder in denteine solche der Bundesrepublik Deutschland besteht», als Voraussetzung zur Geltendmachung der Eechte aus dem Abkommen verlangt wurde. Diese Umschreibung nimmt darauf Bedacht, dass die Bundesrepublik in verschiedenen Staaten, die bei ihr eine Botschaft oder Gesandtschaft unterhalten, mit der Errichtung ihrer eigenen Vertretung noch im Rückstand ist. Durch das Wort «Vertretungen» sollen auch Länder einbezogen werden, in denen die Bundesrepublik bisher nur Konsulate, Konsularkanzleien etc. eröffnen konnte.

Weiter ist es möglich, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens der Austausch von Vertretungen zwischen der Bundesrepublik und Wohnsitzstaaten von Auslandsdeutschen erst geplant ist. Es wurde deshalb vorgesehen, dass durch übereinstimmende Erklärung der vertragsschliessenden Teile für derartige Fälle die Gleichstellung vereinbart werden könne. Schliesslich wurden durch eine Art Generalklausel am Schluss der Bestimmung auch diejenigen Fälle berücksichtigt, die durch den ersten Halbsatz von Ziffer 2 nicht oder nicht ohne weiteres erfasst sind, bei denen sich jedoch wegen der Aufhebung der Vermögenssperre die gleiche Notwendigkeit ergibt, die Wiederherstellung der erloschenen Schutzrechte zu ermöglichen.

Art. 15 (Einbeziehung des Fürstentums Liechtenstein): Diese Bestimmung entspricht dem Artikel 23 des neuen Abkommens über die deutschen Vermögen in der Schweiz. Es besteht Übereinstimmung zwischen den vertragschh'essenden Teilen, dass damit materiell die gleichen Wirkungen herbeigeführt werden sollen wie durch die etwas konkreter gefasste Vorschrift des Artikels 7 des deutsch-schweizerischen Abkommens vom 2. November 1950 über die Verlängerung der Prioritätsfristen.

Art. 16. Der Abschluss des Abkommens und dessen Batifikation steht, wie sich aus dem Ingress deutlich ergibt, unter der Bedingung des Zustandekommens des Abkommens über die deutschen Vermögen in der Schweiz; jede Partei hat es damit in der Hand, die Eatifikation erst vorzunehmen, wenn auch das Abkommen über die deutschen Vermögen in der Schweiz in Kraft treten kann.

C. Schlussfolgerungen 1. Nach der Ablösung des Abkommens von Washington und nach der darauf beruhenden Freigabe des in der Schweiz gesperrten deutschen Vermögens war es gegeben, dass auf das deutsche Ersuchen um Aufnahme von Verhandlungen über die Wiederherstellung der erloschenen Schutzrechte eingetreten werden musste. Auch die hauptsächlichsten Organisationen der am gewerblichen Eechtsschutz in der Schweiz interessierten Kreise haben dieser Auffassung beigepflichtet. Es war selbstverständlich, dass dabei die in der Zwischenzeit in der Schweiz entstandenen Eechte Dritter vorbehalten werden mussten. Das

55 Ergebnis der Verhandlungen ist ein Kompromiss, der auch vom schweizerischen Standpunkt aus als befriedigend erachtet werden darf.

2. Die Verpflichtungen, welche der Schweiz aus diesem Vertrag erwachsen, sind nicht dauernder Natur. Das Abkommen wird spätestens 9 Monate (vgl.

Art. 3, Abs. 3) nach Inkrafttreten gegenstandslos werden, da nur bis zu diesem Zeitpunkt Wiedereinsetzungsanträge entgegenzunehmen , sind. Wohl werden die auf Grund des Abkommens wiederhergestellten Schutzrechte ihre Wirkung ausüben können, solange ihre gesetzliche Höchstdauer reicht. Diese Portdauer ändert jedoch nichts daran, dass es sich um ein kurzfristiges Abkommen handelt, welches gemäss Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung dem Eeferendum nicht untersteht.

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3. Die Ausführung des Abkommens in der Schweiz wird keine besonderen Gesetzgebungsmassnahrnen erfordern. Das Abkommen verschafft in der Schweiz nur den in Artikel 14, Absatz l, Ziffer 2, und Absatz 2, genannten Personen gewisse Bechte, und diese Berechtigten werden sich gegenüber den schweizerischen Verwaltungsbehörden und Gerichten direkt auf das genehmigte Abkommen berufen können.

Es bleibt noch festzustellen, dass Streitigkeiten über den Bestand von Mitbenutzungsrechten und über die dafür zu bezahlende Entschädigung als «zivilrechtliche Streitigkeiten betreffend Erfindungspatente» im Sinne von Artikel 49 Patentgesetz bzw. als «zivilrechtliche Streitigkeiten über Muster- und Modellschutz» im,Sinne von Artikel 33 Muster- und Modellgesetz zu betrachten sind; denn solche Mitbenutzungsrechte schränken die Wirkung des betreffenden Patentes oder der Musterhinterlegung ein. Infolgedessen sind für solche Streitigkeiten ebenfalls die in den erwähnten Bestimmungen vorgesehenen Gerichte zuständig.

4. Auf Grund der vorstehenden Überlegungen beantragen wir Ihnen die Genehmigung dieses Abkommens und unterbreiten Ihnen den entsprechend abgefassten Entwurf für einen Bundesbeschluss.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

i Bern, den 5. September 1952.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Kobelt Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des von der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland am 19. Juli 1952 abgeschlossenen Abkommens über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 5. September 1952, beschliesst :

Art. l Das am 19. Juli 1952 von der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Abkommen über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte wird auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens über die deutschen Vermögen in der Schweiz genehmigt.

Art. 2 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug des genehmigten Abkommens beauftragt.

Er kann das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zum Erlass der erforderlichen Ausführungsbestimmungen ermächtigen.

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Originaltext

Abkommen zwischen

der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte

Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf das zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Abkommen über die deutschen Vermögen in der Schweiz und mit Rücksicht auf den für die schweizerischen Schutzrechte in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Eechtszustand sind übereingekommen, das folgende Abkommen zu schliessen. Zu diesem Zweck haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der Schweizerische B u n d e s r a t : den Direktor des Eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum Dr. Hans Morf, Der Präsident der Bundesrepublik D e u t s c h l a n d : den Präsidenten des Deutschen Patentamtes Prof. Dr. Eduard Beimer.

·· Die Bevollmächtigten haben nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten die nachstehenden Bestimmungen vereinbart: Teil I Begriffsbestimmungen Artikel l Unter Schutzrechten im Sinne dieses Abkommens werden die in der Gesetzgebung der beiden vertragschliessenden Teile vorgesehenen Erfindungspatente, gewerblichen Muster oder Modelle und Fabrik- oder Handelsmarken verstanden.

58 Teil II Deutsche Schutzrechte in der Schweiz Artikel 2 (1) Auf Antrag werden wieder in Kraft gesetzt: 1. die vor dem 1. Januar 1948 in der Schweiz erworbenen Schutzrechte deutscher Staatsangehöriger, die nach dem 16. Februar 1945 auf andere Weise als durch Ablauf der gesetzlichen Höchstdauer oder durch Verzichtserklärung erloschen sind; 2. die vor dem 1. Januar 1948 in der Schweiz von deutschen Staatsangehörigen eingereichten Gesuche um Erteilung solcher Schutzrechte, die nach dem 16. Februar 1945 zurückgewiesen worden sind.

(2) Der Antrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Abkommens schriftlich bei der Behörde einzureichen, bei welcher die versäumte Handlung vorzunehmen war (zuständige Behörde). Mit dem Antrag ist die versäumte Handlung nachzuholen. Der Antrag ist gebührenfrei.

Zuschlags- oder Strafgebühren werden nicht erhoben.

Artikel 3 (1) Über den Antrag entscheidet die zuständige Behörde.

(2) Wird dem Antrag entsprochen, so wird dadurch der Zustand wiederhergestellt, welcher bei rechtzeitiger Handlung eingetreten wäre.

(3) Erachtet die zuständige Behörde die versäumte Handlung als nicht vollständig nachgeholt, so ist dem Antragsteller eine Frist von höchstens drei Monaten zur Ergänzung zu setzen.

(4) Wird der Antrag abgewiesen, so stehen dam Antragsteller die in der ordentlichen Gesetzgebung vorgesehenen Eechtsmittel zu.

Artikel 4 (1) Wird die Erneuerung einer im schweizerischen Markenregister eingetragenen Fabrik- oder Handelsmarke, deren ordentliche Schutzdauer nach dem 16. Februar 1945 ablief, innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens beantragt, so wirkt die Erneuerung auf den Ablauf der ordentlichen Schutzdauer zurück.

(2) Wird eine im internationalen Markenregister eingetragene Fabrik- oder Handelsmarke, deren ordentliche Schutzdauer nach dem 16. Februar 1945 ablief, innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens neu eingetragen, so wirkt diese Eintragung für das Gebiet der Schweiz als Erneuerung der erloschenen Eintragung auf den Ablauf der ordentlichen Schutzdauer zurück, sofern der Berechtigte dies innerhalb von zwei Monaten seit der Neueintragung im internationalen Eegister beim Amt für geistiges, Eigentum beantragt.

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(3) Hat der Inhaber einer ini schweizerischen oder internationalen Eegister eingetragenen Marke, deren ordentliche Schutzdauer nach dem 16. Februar 1945 ablief, schon vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens! eine Neueintragung bewirkt, so wirkt diese für das Gebiet der Schweiz als Erneuerung der erloschenen Eintragung auf den Ablauf der ordentlichen Schutzdauer zurück,, sofern der Berechtigte dies innerhalb von sechs Monaten seit dem Inkrafttreten dieses Abkommens beim Amt für geistiges Eigentum beantragt.

i Artikels : (1) Die Zeit zwischen dem 16. Februar 1945 und dem 19. Juli 1952 bleibt ausser Betracht bei der Berechnung der Frist für die Ausführung der patentierten Erfindung und für den Gebrauch der eingetragenen Marke, sowie der Frist für die Klage auf Löschung einer Marke gemäss, Artikel 6W8, Absatz 2, der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums.

(2) Patente und Fabrik- oder Handelsmarken, die am 16. Februar 1945 noch in Kraft waren, dürfen nicht vor dem 19. Juli 1954 Gegenstand einer der in Artikel, 18 des Schweizerischen Patentgesetzes oder Artikel 9 des Schweizerischen Markenschutzgesetzes vorgesehenen Massnahmen sein.

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Artikel 6 .

(1) Die Wirkungen des wieder in Kraft gesetzten Patentes oder gewerblichen Musters oder Modells treten nicht ein gegenüber Dritten, die den Gegenstand ;des Schutzrechtes nach dem Erlöschen desselben in der Zeit zwischen dem 16. Februar 1945 und dem 19. Juli 1952 in der Schweiz gewerblich benützt oder besondere Veranstaltungen dazu getroffen oder diese Handlungen nach dem Erlöschen des Schutzrechtes fortgesetzt haben.

(2) Als besondere Veranstaltung im Sinne von Absatz^ l gilt auch die in der Schweiz oder in einem anderen Lande vorgenommene Durchführung von Untersuchungen zur Anwendung oder Verbesserung des ' Gegenstandes des Schutzrechtes und der Abschluss von Lizenzverträgen über ; die Benützung des Ergebnisses dieser Untersuchungen, sofern der Lizenzgeber seinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz hat.

(3) Wer sich auf die Bestimmungen der Absätze l und 2 zu berufen vermag, darf den ; Gegenstand des Schutzreohtes zu seinen Geschäftszwecken, benützen, insbesondere ihn herstellen, verkaufen oder in Verkehr bringen, ohne Bücksicht auf Art oder Umfang der bisherigen Benützung; die Befugnis kann nur zusammen mit dem Geschäft, vererbt
oder übertragen werden. Eine Ver- : pflichtung zur Anbringung des Pätentzeichens besteht nicht.

Artikel 7 (1) Die Wirkungen des Patentes oder des gewerblichen i Musters oder Modells, das auf eine wiederhergestellte Anmeldung erteilt wird, treten nicht ein

60 gegenüber Dritten, die den Gegenstand des Schutzrechts in der Zeit zwischen der Zurückweisung der Anmeldung und dem 19. Juli 1952 in der Schweiz gewerblich benützt oder besondere Veranstaltungen dazu getroffen oder diese Handlungen nach Zurückweisung der Anmeldung fortgesetzt haben; die Absätze 2 und 3 von Artikel 6 sind entsprechend anwendbar.

(2) Als besondere Veranstaltung im Sinne des Absatzes l gilt auch die Hinterlegung einer Patentanmeldung oder eines Musters oder Modells in der Schweiz durch einen Dritten, wenn der Dritte der Urheber der den Gegenstand der Patentanmeldung bildenden Erfindung oder des hinterlegten Musters oder Modells ist. Diese Bestimmung wirkt auch zugunsten des Eechtsnachfolgers des Dritten.

Artikel 8 (1) Der Dritte, der ein Benützungsrecht gemäss Artikel 6 nach Wiederinkraftsetzung eines erloschenen Schutzrechtes in Anspruch nimmt, oder sein Bechtsnachfolger hat dafür dem Inhaber des Schutzrechts vom Tage der Wiederinkraftsetzung an eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe im Streitfalle vom Bichter unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles bestimmt wird.

(2) Der Dritte, der ein Benützungsrecht als Lizenzgeber gemäss Artikel 6, Absatz 2, in Anspruch nimmt, hat den Inhaber des Schutzrechts auch für die Benützung des Gegenstandes des Schutzrechts durch den Lizenznehmer zu entschädigen.

Artikel 9 (1) Der Dritte, der ein Benützungsrecht gemäss Artikel 7, Absatz l, nach Erteilung des Schutzrechts auf Grund einer wiederhergestellten Anmeldung in Anspruch nimmt, oder sein Bechtsnachfolger hat dafür dem Inhaber des Schutzrechts vom Tage der Erteilung an eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe im Streitfalle vom Bichter unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles bestimmt wird.

(2) Die Bestimmung des Absatzes l ist nicht anwendbar, wenn die Benützungshandlung oder die Veranstaltung des Dritten oder seines Bechtsnachfolgers auf einer Erfindung oder einem Muster oder Modell beruht, deren Urheber der Dritte ist.

Artikel 10 (1) Für Patente, die auf Grund dieses Abkommens wieder in Kraft gesetzt werden, werden für die Vergangenheit nur die letzten zwei vor dem Tage der Einreichung des Wiedereinsetzungsgesuches fällig gewordenen Jahresgebühren erhoben; für gewerbliche Muster oder Modelle nur die Gebühren für die am Tage der Einreichung des Wiedereinsetzungsgesuches
laufende Schutzperiode.

(2) Für Patente, die auf Grund von wiederhergestellten Anmeldungen erteilt werden, werden für die Vergangenheit nur die letzten zwei vor dem

61 Tage der Erteilung des Patentes verfallenen Jahresgebühren erhoben; für gewerbliche Muster oder Modelle nur die Gebühren für die am Tage der Zulassung der Hinterlegung laufende Schutzperiode.

Teil III Schweizerische Schutzrechte in Deutschland Artikel 11 Auf Antrag werden wieder in Kraft gesetzt: 1. in Deutschland erworbene Schutzrechte schweizerischer Staatsangehöriger, die nach dem 31. Dezember 1944, aber vor dem 1. Juli 1945 auf andere Weise als durch Ablauf der gesetzlichen Höchstdauer oder durch Verzichtserklärung erloschen sind; 2. in. Deutschland von schweizerischen Staatsangehörigen eingereichte Gesuche um Erteilung von Schutzrechten, die nach dem 31. Dezember 1944, aber vor dem 1. Juli 1945 zurückgewiesen worden sind.

Artikel 12 (1) Auf Antrag werden schweizerische Staatsangehörige wieder in den vorigen Stand eingesetzt, welche 1. die im § 15 des Ersten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Eechtsschutzes vom 8. Juli 1949 vorgesehene Frist zur Aufrechterhaltung eines Schutzrechts in der Bundesrepublik Deutschland nicht eingehalten haben, 2. die im § 30, Absatz l, des Ersten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Eechtsschutzes vom 8. Juli 1949 vorgesehene Frist zur Aufrechterhaltung einer Schutzrechtsanmeldung nicht eingehalten haben.

(2) Mit dem Antrag ist eine Erklärung gemäss der Anlage .zu diesem Abkommen abzugeben, dass die rechtzeitige Stellung des Antrages auf Aufrechterhaltung des Schutzrechts oder der Schutzrechtsanmeldung im Hinblick auf das Erlöschen deutscher Schutzrechte in der Schweiz unterblieben ist.

Artikel 13 Auf die Anträge nach Artikel 11 und 12 sowie auf die daraufhin wieder in Kraft gesetzten Schutzrechte und die wiederhergestellten Schutzrechtsanmeldungen sind die Bestimmungen der Artikel 2 bis 4 und 6 bis 10 dieses Abkommens entsprechend anzuwenden.

Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. III.

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Teil IV Schlussbestimmungen Artikel 14 Die Vorteile dieses Abkommens können in Anspruch nehmen: 1. natürliche Personen, welche die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzen, und juristische Personen, die nach schweizerischem Eecht bestehen ; 2. natürliche Personen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen» und juristische Personen, die nach deutschem Hecht bestehen, wenn sie ihren Wohnsitz oder Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder in Berlin (West) oder ausserhalb Deutschlands in einem Staat'haben, der in der Bundesrepublik Deutschland eine Vertretung unterhält oder in dem eine solche der Bundesrepublik Deutschland besteht oder der nach übereinstimmender Erklärung der vertragsschliessenden Teile ' ' einem solchen Staat gleichgestellt wird; ferner diejenigen natürlichen und juristischen Personen, deren Vermögen im Zusammenhang mit dem Abkommen über die deutschen Vermögen in der Schweiz von der Sperre befreit wird.

Artikel 15, Dieses. Abkommen wird schweizerischerseits auch im Namen des Fürstentums Liechtenstein, deutscherseits auch im Namen des Landes Berlin (West) unterzeichnet.

Artikel 16 Dieses Abkommen, das in zwei Originalen in deutscher Sprache ausgefertigt wird, soll ratifiziert werden, und die Eatifikationsurkunden sollen baldmöglichst an dem in Artikel 24 des Abkommens über die deutschen Vermögen in der Schweiz angegebenen Ort ausgetauscht werden. Es tritt mit dem Tage des Austausches der Eatifikationsurkunden in Kraft.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.

München, den 19. Juli 1952.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Für die Begierung der Bundesrepublik Deutschland:

(gez.) Dr. Hans Morì

(gez-) Dr- Eduard Reimer

63 Anlage zum Abkommen

Erklärung Ich, der Unterzeichnete, Inhaber des Schutzrechts/Schutzrechtsanmeldung Nr erkläre hiermit nach bestem Wissen, dass die rechtzeitige Stellung des beiliegenden Antrages auf Aufrechterhaltung des Schutzrechts/Schutzrechtsanmeldung im Hinblick auf das Erlöschen deutscher Schutzrechte in der Schweiz unterblieben ist.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Abkommen der Schweiz mit der Bundesrepublik Deutschland über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte (Vom 5. September 1952)

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Jahr

1952

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

37

Cahier Numero Geschäftsnummer

6307

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.09.1952

Date Data Seite

45-63

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10 038 001

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