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Bundesblatt 104. Jahrgang

Bern, den 27. November 1952

Band III

Erscheint wöchentlich.

Preis 30 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr i Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Raum-- Inserate franko an !

Stämpfli & Cie. in B e r n \

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung von § l, Absatz 3, des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Schwyz (Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht) (Vom 18. November 1952) . .

Herr Präsident!

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Hochgeehrte Herren!

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Artikel 114bis, Absatz 4, Bundesverfassung, ermächtigt die Kantone, Administrativstreitigkeiten, die in ihren Bereich fallen, mit Genehmigung der Bundesversammlung dem Eidgenössischen Verwaltungsgeripht, also dem Schweizerischen Bundesgericht zur Beurteilung zuzuweisen. Von dieser Befugnis hat der Kanton Schwyz Gebrauch gemacht.

Am 18. Juli 19,51 wurde vom Kantonsrat ein Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Schwyz erlassen ; es wurde in der Volksabstimmung vom 2. März 1952 angenommen. § l, Absatz 3, dieses Gesetzes lautet: «Verwaltungsstreitfälle, bei denen der Kanton als Partei beteiligt ist, werden

i m Sinne v o n Artikel 114bis, Absatz 4 , d e r Bundesverfassung

ausgenommen sind Steuerstreitsachen und Streitigkeiten in Expropriationssachen.» .

Mit Schreiben vom 22. März 1952 stellen Landammann und Begierungsrat des Kantons Schwyz zuhanden der Bundesversammlung das Gesuch um Genehmigung der Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht. Das Gesuch wurde ergänzt durch eine weitere Zuschrift :vom 4. November 1952.

Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. III.

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Das Bundesgericht hat am 23. Oktober 1952 erklärt, es bestehe kein Grund, die nachgesuchte Genehmigung zu verweigern.

Aus der vorgesehenen Kompetenzzuweisung wird dem Bundesgericht keine wesentliche Mehrbelastung erwachsen. Die Eegierung des Kantons Schwyz berichtet, dass in den letzten zehn Jahren ein einziger Fall in Frage gekommen wäre.

Nur solche Verwaltungsstreitfälle, bei denen der Kanton als Partei beteiligt ist, sollen dem Bundesgericht zugewiesen werden. Mit dieser Teilgeneralklausel sind diejenigen Streitfälle aus dem Verwaltungsrecht gemeint, wo die vermögensrechtlichen Leistungen und Interessen des Kantons in Frage stehen.

Nach dem kantonalen Gesetz sind Steuer- und Expropriationsstreitsachen ausdrücklich ausgenommen. Ansprüche auf Armenunterstützungen kommen nicht in Frage, weil sie sich nicht gegen den Kanton, sondern gegen die Gemeinde richten. § 9 des kantonalen Gesetzes vom 2. Mai 1946 über die Armenfürsorge bestimmt: «Träger der öffentlichen Armenfürsorge sind die politischen Gemeinden.» Als Anwendungsfälle kommen dagegen Streitigkeiten wegen des Finanzausgleichs zwischen Kanton und Gemeinden in Betracht, d. h. Streitigkeiten über Ansprüche der Gemeinden auf Kantonsbeiträge z. B. gemäss §§ 42 und 43 des Armenfürsorgegesetzes oder auf Grund von § 80 und § 81, Absatz l und 2 (dagegen nicht Abs. 3), des Steuergesetzes vom 23. August 1946. Kantonale Subventionen fallen nur dann unter die Kompetenzzuweisung, wenn einer Gemeinde oder einem Privaten ein Eechtsanspruch zusteht; dagegen sind die Subventionen von der Kompetenzzuweisung ausgeschlossen, wenn es im freien Ermessen der kantonalen Behörde liegt, sie zu gewähren oder zu verweigern.

Der Bundesrat hält mit der Mehrheit des Bundesgerichtes dafür, dass die vom Kanton Schwyz durch eine Teilgeneralklausel in die Kompetenz des Bundesgerichtes verwiesenen Streitigkeiten ein Schulbeispiel für die in Artikel 114Ws, Absatz 4, Bundesverfassung, genannten Fälle sind und dass das Bundesgericht ohne Schwierigkeiten darüber wird befinden können, ob eine bei ihm anhängig gemachte Beschwerdesache unter die Bestimmung von § l, Absatz 3, des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes fällt. Nähere Bestimmungen sind nicht notwendig.

Die Bundesversammlung hat dagegen zu beschliessen (Art. 116 OG), welche Verfahrensbestimmungen massgebend sein
sollen. Der Eegierungsrat des Kantons Schwyz wünscht, dass das für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgesehene Verfahren anwendbar erklärt werde. Die Erledigung in diesem Verfahren erscheint als die geeignetere als etwa das direkte Verfahren vor dem Bundesgericht. Letzteres vertritt dieselbe Ansicht. Als Vorinstanz wird die kantonale Eegierung entscheiden.

Im Interesse einheitlicher Eechtsmittelfristen wird im Einverständnis mit der Kantonsregierung eine Beschwerdefrist von dreissig Tagen vorgesehen.

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Wir erwähnen noch, dass es sich bei dem schwyzerischen Gesetz um den dritten Fall einer Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht handelt. Erstmals wurde eine Zuweisung durch Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1907 (BS 3, 578) genehmigt. Sie betrifft Streitigkeiten über Leistungen und Entschädigungen aus dem Kückzug einer Wasserkraftkonzession oder dem Eückkauf einer Wasserwerkanlage auf Grund des bernischen Gesetzes von 1907 betreffend die Nutzbarmachung der. Wasserkräfte. Zuweisung und Genehmigung erfolgten noch auf Grund von Artikel 52, Ziffer 2, des Organisationsgesetzes von 1893; das Bundesgericht entscheidet, dem damaligen Stand der Gesetzgebung entsprechend, «als einzige Zivilgerichtsinstanz». Eine weitere Kompetenzzuweisung erfolgte durch das Graubündner Verantwortlichkeitsgesetz von 1944 und wurde durch Bundesbeschluss vom 27. März 1945 (BS 3, 579) genehmigt. Dem Charakter jener Klagen gegen das Kantonsgericht oder gegen einzelne Mitglieder desselben entsprechend, wurde das für direkte Zivilprozesse vor Bundesgericht vorgesehene Verfahren anwendbar erklärt.: Bei Graubünden handelte es sich um die Erneuerung einer bereits im früheren kantonalen Verantwortlichkeitsgesetz von 1902 vorgesehen gewesenen Kompetenzzuwei; : sung.

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Für die Verwaltungsstreitfälle im Sinne von § l, Absatz 3, des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Schwyz entspricht dagegen das für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgesehene Verfahren am besten dem rechtlichen Charakter dieser Streitigkeiten.

Wir empfehlen Ihnen den beiliegenden Beschlussesentwurf zur Annahme und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

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Bern, den 18. November 1952.

i Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Kobelt Der Bundeskanzler: Ch. Oser

G48

(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Genehmigung von § l, Absatz 3, des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Schwyz (Kompetenzzuweisung ah das Bundesgericht)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der .Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , in Anwendung von Artikel 114Ms, Absatz 4, der Bundesverfassung und von Artikel 116 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 18. November 1952, beschliesst :

Art. l § l, Absatz 3, des Gesetzes vom 18. Juli 1951 über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Schwyz, wonach Verwaltungsstreitfälle, bei denen der Kanton als Partei beteiligt ist, mit Ausnahme der Steuerstreitsachen und der Streitigkeiten in Expropriationssachen dem Schweizerischen Bundesgericht zur Beurteilung überwiesen werden, wird genehmigt.

Art. 2 Auf diese Verwaltungsstreitfälle ist das für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgesehene Verfahren anzuwenden.

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Entscheide des Eegierungsrates des Kantons Schwyz.

Sie ist innert dreissig Tagen vom Eingang der schriftlichen Ausfertigung des Entscheides an beim Bundesgericht einzureichen.

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1952

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27.11.1952

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