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Bundesblatt 104. Jahrgang

Bern, den 4. September 1952

Band III

Erscheint wöchentlich.

Preis SO Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz (Vom 29. August 1952)

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Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit eine Botschaft betreffend die Genehmigung des Abkommens mit der Bundesrepublik Deutschland vom 26. August 1952 und des Abkommens mit der Französischen Eepublik, dem. Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom .28. August 1952 über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz zu unterbreiten. Wenn wir uns in dieser Botschaft nicht auf die Erläuterung dieser neuen Abkommen beschränken,, sondern auch.auf die Bemühungen zur Durchführung des ursprünglichen Abkommens eintreten, so geschieht dies gemäss den Bestimmungen von Artikel 3 des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1946, worin wir ersucht: wurden, den eidgenössischen Bäten über die, Durchführung des Abkommens Bericht zu erstatten.

L Versuche zur Durchführung des Abkommens von Washington Die Bundesversammlung ist in der Botschaft vom 14. Juni 1946 1) über die Gründe, die zum Abschluss des Abkommens von Washington geführt haben, einlässlich orientiert worden. Die Schwierigkeiten, auf die die Durchführung dieses Abkommens von Anfang an gestossen ist, sind in unserem Bericht an die Bundesversammlung vom 13. April 1949 2) dargelegt worden.

Uni die heutige Situation in die richtige historische Perspektive zu setzen, genügt es daran, zu erinnern, dass die Schweiz die Verpflichtung zur Liquidation !)

BEI 1946, II, 714.

2 ) BEI 1949, I, 769.

Bundesblatt. 104. Jäte. Bd. III.

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der deutschen Vermögen nur unter der im Abkommen von Washington ausdrücklich verankerten Bedingung übernommen hatte, dass die deutschen Eigentümer in deutscher Währung für den Gegenwert ihrer in der Schweiz liquidierten Vermögen entschädigt werden. Die Schweiz hat diese Bedingung stets als ausschlaggebend für die Eechtlichkeit des Abkommens erachtet, und der Chef des Politischen Departements hat in seinen Ausführungen vor den eidgenössischen Bäten während der Eatifikationsdebatte denn auch wiederholt darauf hingewiesen, dass zweifellos nach internationalem Recht ein Ausländer nur gegen Entschädigung expropriiert werden könne.

Bevor wir auf diesen Fragenkomplex weiter eintreten, möchten wir die Gelegenheit benützen, um einer hie und da in der Öffentlichkeit verbreiteten Meinung entgegenzutreten, wonach das Abkommen von Washington schon von Anfang an gar nicht durchführbar gewesen wäre. Diese Meinung geht fehl und übersieht die Verhältnisse, wie sie im Mai 1946 in Deutschland bestanden haben und die sich mit den heutigen nicht vergleichen lassen. Es gab damals keine deutsche Eegierung, weder im Westen noch im Osten. Die Alliierten selber hatten die Verpflichtung übernommen, für die Ausrichtung der Entschädigungen an die betroffenen Deutschen durch ihre «autorités compétentes» zu sorgen. Sie hatten aber auch die Möglichkeit hiezu, da sie in praktisch unbeschränkten Mengen über die damalige deutsche Währung, die Reichsmark, verfügten. Die Lage änderte sich mit der deutschen Währungsreform. Über die neue Währung, die Deutsche Mark, verfügten die Alliierten nicht mehr selber. Sie stunden aber auf dem Standpunkt, dass sie nach dem Besetzungsstatut der neu geschaffenen Bundesrepublik Deutschland die Auszahlung dieser Entschädigungen auferlegen könnten, ähnlich wie dies im Versailler Vertrag und dann in verschiedenen, zwischen den Alliierten und neutralen Staaten-nach dem 2. Weltkrieg abgeschlossenen* Abkommen vorgesehen worden ist. Noch im Juni letzten Jahres erklärten die Alliierten, hiezu entschlossen zu sein. Erst die ganz wesentliche Änderung in den politischen Beziehungen zwischen den Alliierten und der Bundesrepublik Deutschland hat dazu geführt, dass man die Auferlegung einer solchen Verpflichtung als inopportun betrachtete, wodurch erst die Durchführung des ursprünglichen Abkommens von Washington
in Frage gestellt worden ist.

Die Angemessenheit der Entschädigung, die der deutsche, Eigentümer für seine expropriierten schweizerischen Vermögenswerte erhalten würde, hing in erster Linie von dem Umrechnungskurs, der bei der Berechnung des Gegenwertes Anwendung finden würde, ab. Die Schweiz hatte daher die Alliierten von Anfang an darauf aufmerksam gemacht, dass die Durchführung des Abkommens, soweit es die deutschen Vermögen in der Schweiz betrifft, erst dann beginnen könne, wenn der Umrechnungskurs im Einverständnis zwischen den Vertragsparteien festgesetzt worden sei. Die mangelnde Erfüllung dieser Voraussetzung, von der die Schweiz aus rechtlichen Überlegungen nicht abgehen konnte, hat zu den bekannten Verzögerungen mit ihren unliebsamen Folgen geführt, die die Schweiz schliesslich zur Anrufung des~im Abkommen vorgesehenen inter-

nationalen Schiedsgerichts veranlasste. Um ein langwieriges Schiedsgerichtsverfahren zu vermeiden, war in der Folge von den Alliierten die Eegelung der ausstehenden Fragen auf dem Verhandlungswege vorgeschlagen und eine neue Viermächte-Konferenz in Washington auf den 9. Mai 1949 einberufen worden.

Diese Verhandlungen -- schweizerischer Delegationschef war wiederum Herr Minister Dr. W. Stucki -- konnten in einer bedeutend besseren Atmosphäre geführt werden, als diejenigen des Jahres 1946 und brachten zwar eine Annäherung der Standpunkte, aber noch keine Einigung in den grundsätzlichen Fragen.

Die Alliierten anerkannten die Forderung der Schweiz, dass'der Umrechnungskurs Schweizerfranken/Deutsche Mark nicht einseitig von ihnen, sondern nur im gegenseitigen Einverständnis der beiden Vertragsparteien festgesetzt werden könne. Ihre Tendenz ging jedoch auf die sofortige Festlegung einer definitiven Kursrelation, was bei der damaligen unstabilen Währungslage in Deutschland verfrüht erscheinen musste. Der beste Vorschlag hätte einen Kurs von 78 Deutsche Mark für 100 Schweizerfranken vorgesehen -- eine bedeutende Verbesserung gegenüber der ursprünglichen alliierten Eechnung von 57,8 Eeichsmark für 100 Schweizerfranken, jedoch eine wesentlich niedrigere als die heute gültige Eelation. Diese grossen Schwankungen zeigen jedenfalls deutlich den entscheidenden Einfluss des Umrechnungskurses auf die Höhe der : Entschädigung.

Eine besondere Schwierigkeit bei den Washingtoner Verhandlungen vom Mai/Juni 1949 betraf die Frage der Sequesterkonflikte. Die: Eolie der Schweiz im internationalen Handels- und Finanzverkehr brachte es 'mit sich, dass eine Eeihe der unter deutschem Einfluss stehenden schweizerischen Gesellschaften Beteiligungen im Ausland besitzen, die dort als Feindeseigentum beschlagnahmt wurden. Nachdem das Washingtoner Abkommen der Schweiz die Verpflichtung zur Liquidation des deutschen Interesses an der Quelle, das heisst beim schweizerischen Mutterhaus, Überbunden hatte, ergab sich daraus die Konsequenz, dass das Ausland nunmehr diese Beteiligungen der entdeutschten schweizerischen Gesellschaften freizustellen hatte. Eine derartige Eegelung erwies sich jedoch, in Anbetracht der divergierenden nationalen Gesetzgebungen, auf multilateraler Basis als unerreichbar. Es wurde daher beschlossen, durch
bilaterale Verhandlungen ;mit den betreffenden alliierten Staaten Sonderlösungen zu treffen; und die Viermächte-Konferenz wurde zu diesem Zwecke unterbrochen.

Trotz des wesentlichen materiellen Interesses an einer befriedigenden Eegelung der Sequesterkonflikte ;hat die Schweiz die Durchführung des Abkommens von .Washington nie davon abhängig gemacht. Wohl aber mussten wir uns im damaligen Zeitpunkt vorbehalten, nur dann die .formelle Anrufung des Schiedsgerichts zurückzuziehen, wenn auch in dieser Frage eine Einigung . erzielt werden konnte. Schon bei Annahme der Einladung zu diesen Verhandlungen hatten wir in einer Note an die alliierten Missionschefs in Bern für den Fall, dass die Besprechungen nicht zu einer Bereinigung sämtlicher Differenzen .führen sollten,.ausdrücklich erklärt, auf die Möglichkeit einer schiedsgerichtlichen Lösung zurückgreifen zu müssen. Der Standpunkt der schweizerischen Delegation, dass die verschiedenen ausstehenden Fragen betreffend die Durch-

führung des Abkommens in zu engem Zusammenhang stehen, als dass sie getrennt behandelt werden könnten, ist dann auch von uns und den aussenpolitischen Kommissionen der Bäte gebilligt worden.

Von grundsätzlicher Bedeutung für die Durchführung des Abkommens von Washington blieb nach wie vor die Art.und Weise der Entschädigung der deutschen Eigentümer. In seinem Schreiben an die alliierten Delegationschefs bei Vertagung der Washingtoner Verhandlungen am 11. Juni 1949 ersuchte Herr Minister Stucki um nähere Abklärung dieses wesentlichen Punktes und erklärte : «Es ist besonders wichtig, dass die schweizerische Eegierung sobald als möglich davon in Kenntnis gesetzt wird, wie, durch wen und innert welcher Frist die Auszahlungen in Westdeutschland erfolgen werden.» Der Verzug in der Beantwortung dieser Frage durch die Alliierten war mit den Sequesterkonflikten die Ursache für die weiteren Verzögerungen, die in der Folge eingetreten sind. Erst am 5. Juni 1950 kündigte die Französische Botschaft in Bern die Bereitschaft der Alliierten zur Wiederaufnahme der im Sommer des Vorjahres unterbrochenen Viermächte-Verhandlungen zur Schaffung der Voraussetzungen für, die Durchführung des Washintoner Abkommens an.

Diese Verhandlungen mussten aber bekanntlich, nachdem die alliierten .Delegationen bereits in Bern eingetroffen waren, wegen eines nicht leicht zu erklärenden Missverständnisses nochmals verschoben werden. Inzwischen hatte nämlich die Schweiz, wie vorgesehen, eine Anzahl bilateraler Sequesterkonfliktsverhandlungen geführt, die in manchen Fällen einen recht schleppenden Verlauf genommen hatten. Eine schweizerische Delegation hatte sich zur Beschleunigung dieser Fragen der Eeihe nach in die verschiedenen Hauptstädte begeben und mit Frankreich, Holland, Norwegen und den Vereinigten Staaten von Amerika entsprechende Abkommen abgeschlossen oder paraphiert, während mit Belgien und Dänemark die Besprechungen erfolglos verlaufen waren und mit England das endgültige Ergebnis noch ausstand. Da auch der schweizerischamerikanische Entwurf noch bereinigt werden musate, erwartete die Schweiz, dass bei Anlass der Viermächte-Verhandlungen auch diese Differenzen geregelt würden.

Die alliierten Delegationschefs richteten jedoch im Gegenteil am 20. Juni ein Aide-Mémoire an die schweizerische Delegation, in dem verlangt wurde,
dass die Schweiz auf eine Verbindung zwischen den noch schwebenden Sequesterkonfliktsverhandlungen und den Verhandlungen über die Durchführung des Washingtoner Abkommens verzichte. Da die Alliierten von ihrer Stellungnahme nicht abgehen wollten und wir uns unmöglich zum voraus schriftlich verpflichten konnten, bei unserer Würdigung des Ergebnisses der vorgesehenen Verhandlungen nicht auch den Stand der Sequesterkonfliktsregelungen zu berücksichtigen, wurde im Einverständnis mit den alliierten Delegationschefs die Verschiebung, der Viermächte-Konferenz in Bern auf einen späteren Zeitpunkt beschlossen. Im Herbst 1950 ist sodann ein bilaterales Abkommen mit Grossbritannien zustande gekommen und das Abkommen mit Norwegen bereinigt

und unterzeichnet worden. Nachdem inzwischen auch der amerikanische Kongress die gesetzliche Ermächtigung der Regierung für den Abschluss des Sequesterkonfliktsabkommens mit der Schweiz geschaffen und das Staatsdepartement die Möglichkeit einer späteren konferenziellen Eegelurig der allfällig noch bestehenden Divergenzen in Aussicht gestellt hatte, konnten nunmehr die Schwierigkeiten für die Aufnahme der neuen Viermächte-Verhandlungen als überwunden gelten.

Diese Verhandlungen worden am o. März 1951 in Bern aufgenommen. Sie sollten die Voraussetzung für die Durchführung des Abkommens von Washington, also hauptsächlich die Modalitäten der Entschädigungszahlungen in Deutschland, endgültig regeln. Auf Grund der in Deutschland inzwischen eingetretenen Stabilisierung der Währung konnte rasch eine Einigung ' mit Bezug auf den Umrechnungskurs erzielt werden. Es wurde der zwischen der Schweiz und Deutschland geltende genaue Finanzkurs von 100 Schweizerfranken/ 95,88 DM als anwendbar erklärt. Ferner wurde vorgesehen, die Doppelbürger aus dem Abkommen von Washington zu entlassen und eine Freigrenze von 10 000 Franken zu schaffen. Grössere Schwierigkeiten bereitete die Festsetzung der Art und Weise, wie die für die übrigen deutschen Vermögenswerte in der Schweiz als Entschädigung benötigten DM-Beträge aufzubringen seien. Da die Alliierten, ini Gegensatz zu 1946, nicht mehr über die entsprechenden deutschen Zahlungsmittel verfügen konnten, wurde vorgesehen, diese Verpflichtung der deutschen Eegierung zu überbinden. Das Dilemma war, dass dieser daraus keine unerträgliche finanzielle Belastung erwachsen sollte, während. anderseits die Rücksichtnahme auf den westdeutschen Staatshaushalt natürlich nicht zu einer Beeinträchtigung des im Abkommen von Washington verankerten Rechtsgrundsatzes einer vollen Entschädigung des deutschen Eigentümers führen durfte.

Am 20. April 1951 konnte schliesslich ein Entschädigungsplan formuliert werden, dessen wesentliche Punkte darin bestanden, dass die Entschädigung in Deutschland in zwei Teilen ausgerichtet worden wäre. Die Hälfte des Gegenwertes der in der Schweiz liquidierten Vermögenswerte wäre dem deutschen Eigentümer unverzüglich und unbelastet von irgendwelchen Abgäben' in bar auszubezahlen gewesen, während er für den zweiten Teil seines Entschädigungsanspruches einen
langfristigen verzinslichen Titel erhalten hätte, der zur Bezahlung gewisser öffentlicher Abgaben hätte Verwendung finden können. Um der deutschen Regierung die Aufbringung der nötigen Mittel zu erleichtern, erklärten sich die Schweiz und die Alliierten bereit, gemeinsam auf 25 Prozent des Liquidationserlöses in Schweizerfranken zu verzichten und diese Devisen der deutschen Regierung zur Verfügung zu stellen. Bei einer voraussichtlichen Liquidationssumme von 360 Millionen Schweizerfranken (nach Abzug der Vermögen, die den in der Ostzone domizilierten Eigentümern gehören und den Vermögen bis zu 10 000 Franken, die unter die Freigrenze fallen) wäre somit ein Viertel, also 90 Millionen Schweizerfranken, zu Lasten des «Pools» der Regierung der Bundesrepublik Deutschland in freien Devisen zur Verfügung gestellt

"worden. Diese hätte ihrerseits 180 Millionen Deutscher Mark kurzfristig zur Auszahlung des ersten Teils der Entschädigungen aufbringen müssen. Die Hälfte der Gesamtaufwendungen in Deutschen Mark hätte sie zudem nach den Bestimmungen- des Abkommens von Washington der schweizerischen Forderung gegen die Deutsche Verrechnungskasse («Clearing-Milliarde») belasten können. Im «Pool» wären zur Aufteilung zwischen der Schweiz und den Alliierten noch 270 Millionen Franken verblieben, so dass beide Vertragsteile je 135 Millionen Franken erhalten hätten.

Bin wesentliches, durch die politische Entwicklung bedingtes neues Element in diesen Viermächte-Verhandlungen war dadurch eingetreten, dass von alliierter Seite zum ersten Mal deutsche Amtsstellen als die für die Durchführung des Entschädigungsplanes in Deutschland zuständigen Behörden genannt wurden. Sowohl die Auszahlung der Barbeträge, als auch die Ausstellung der Titel wären durch die Bank Deutscher Länder, bzw. das deutsche Bundesministerium der Finanzen erfolgt. Die technische Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Durchführung des Abkommens von Washington war somit auch in den Augen der Alliierten unerlässlich geworden, obschon diese erklärten, nach wie vor auf Grund des Besatzungsstatuts die nötigen .Kompetenzen zur zwangsweisen Durchführung des Entschädigungsplanes zu besitzen.

Unter diesen Umständen hatte die Schweiz während der Verhandlungen zu verschiedenen Malen den Vorschlag gemacht, dass deutsche Vertreter beigezogen werden sollten. Dieser Anregung wurde nicht stattgegeben, doch erklärten die Alliierten, mit den deutschen Behörden Konsultationen über die technische Durchführung des Planes vom 20. April aufnehmen zu wollen, und die Viermächte-Verhandlungen wurden zu diesem Zwecke unterbrochen. Nachdem inzwischen die Schweiz die diplomatischen Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen hatte, erachteten wir es als angezeigt, auch unserseits die Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den Gang dieser Verhandlungen, an deren Ergebnis Deutschland am meisten interessiert war, zu orientieren. Der schweizerische Delegationschef, Herr Minister Stucki, wurde daher beauftragt, in Bonn mit dem deutschen Bundesminister der Finanzen Fühlung zu nehmen und auf die freiwillige deutsche Teilnahme an dem mit den Alliierten
vereinbarten Entschädigungsplan hinzuwirken.

Trotz dem wesentlichen Vorteil, den diese Regelung für Deutschland gebracht hätte, verweigerte die Eegierung der Bundesrepublik nach längerer Prüfung ihre Mitarbeit. Die deutsche Stellungnahme wurde der Schweiz von den Alliierten am 17. Juli 1951 zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig erklärten die Alliierten, die zwangsweise Durchführung des Planes vom 20. April durch Erlass der Hohen Alliierten Kommission in die Wege leiten zu wollen. Die Schweiz wurde ersucht, ihre Zustimmung zu erteilen und unverzüglich mit der Liquidation .der deutschen Vermögenswerte zu beginnen.

Wir konnten uns jedoch-mit diesem Vorgehen nicht ohne weiteres einverstanden erklären. Die Überweisung eines Devisenbetrages von 90 Millionen Schweizerfranken an die Bundesrepublik Deutschland, wovon die Hälfte durch

den Verzicht der Schweiz auf einen entsprechenden Teil des Liquidationserlöses aufgebracht worden wäre, konnte sich nur dann rechtfertigen, wenn sich Deutschland zur Übernahme der Bedigunngen für die Verwendung dieses Betrages bereit erklärte. Eine deutsche Unterschrift schien auch deshalb unerlässlich, weil für den zweiten Teil der Entschädigungen Schuldbuchforderungen von 10- bis 20jähriger Laufzeit vorgesehen waren. Wir beauftragten daher, den schweizerischen Delegationschef, mit den deutschen Behörden über die Frage einer technischen Zusammenarbeit Besprechungen zu führen, wobei natürlich auch eine deutsche Zusicherung betreffend die abgabefreie Ausrichtung der ersten Hälfte der Ent: schädigungen beigebracht werden sollte.

II.

Der Ablösungsplan Im Verlauf e dieser Besprechungen ist von deutscher Seite zürn ersten Mal der Gedanke, einer ! Ablösung der Ansprüche aus dem Abkommen von Washington durch die Leistung einer Pauschalzahlung ausgesprochen worden. Die Schweiz hat diesem Plan gegenüber von Anfang an eine wohlwollende Haltung eingenommen, ohne 'jedoch offiziell darauf einzutreten. Nachdem die deutsche Begierung den schweizerisch-alliiertenVorschlag vom 20. April abgelehnt hatte, lag es an ihr, eine Alternative zu formulieren und sich mit den Alliierten darüber ins Benehmen zu setzen. Die Schweiz machte jedoch von Anfang an darauf aufmerksam, dass ein derartiger Ablösungsplan nur dann praktisch durchführbar wäre, wenn die Pauschalsumme von der deutschen Eegierung geleistet und auch die schweizerischen Interessen angemessen berücksichtigt wurden.

Am 14. September unterbreitete der deutsche Bundesminister der Finanzen den Ablösungsplan mündlich den Finanzberatern der'Alliierten Hohen Kommission in Bonn. Diese ersuchten die deutsche Eegierung um eine schriftliche Formulierung dieses Vorschlages, die am 18. Oktober der Alliierten Hohen Kommission unterbreitet wurde. In der Folge ermächtigten die Alliierten die Deutschen, mit der Schweiz darüber in Verhandlungen zu treten, und es fand anfangs Dezember in Bern eine erste Fühlungnahme zwischen Herrn Minister Stucki und Vertretern des deutschen Bundesministeriums der Finanzen statt.

In diesen Besprechungen wurde am S.Dezember ein Plan ausgearbeitet, der zwar weder unterzeichnet noch paraphiert wurde, jedoch als weitere Verband-.

lungsgrundlage dienen sollte.

Die Ablösung der alliierten Ansprüche sollte durch die Überweisung eines Pauschalbetrages erfolgen, den die Bundesrepublik Deutschland dem schweizerischen Bundesrat zur Verfügung stellen würde und deren Höhe von den Deutschen mit den Alliierten zu vereinbaren wäre. Mit dieser Zahlung würden die von der Schweiz den Alliierten gegenüber eingegangenen Verpflichtungen betreffend die Liquidierung der deutschen Vermögenswerte erlöschen, was in einem separaten Abkommen von; den Alliierten bestätigt würde. Zur Finanzie-

rung der Ablösungssumme würden die deutschen Eigentümer aufgefordert, einen bestimmten Prozentsatz ihrer Guthaben in der Schweiz der Deutschen Bundesrepublik zur Verfügung zu stellen. Wenn ein solcher Verzicht nicht erfolgen würde, würden die betreffenden Guthaben liquidiert und der Liquidationserlös dem Ablösungskonto gutgeschrieben werden. Der deutsche Eigentümer würde in diesem Falle als Entschädigung den Gegenwert in DM erhalten.

Parallel zu dieser. Ablösung der alliierten Ansprüche würde die Deutsche Bundesregierung dem Schweizerischen Bundesrat einen gleich hohen Betrag zur Abgeltung schweizerischer Ansprüche zur Verfügung stellen und diesen Betrag vom Guthaben der schweizerischen Regierung bei der Verrechnungskasse in Berlin in Abzug bringen.

Dieser Plan vom 8. Dezember ist uns von der Aufsichtskommission für die Durchführung des Abkommens von Washington zur Annahme als Verhandlungsgrundlage empfohlen worden. Wir erteilten in diesem Sinne unsere Zustimmung. Die Alliierten erklärten am 13. Februar 1952 ihr Einverständnis mit einer endgültigen Ablösung ihrer Ansprüche auf die deutschen Guthaben in der Schweiz gegen einen Betrag von 121,5 Millionen Franken -- abzüglich des Vorschusses der Schweiz von 20 Millionen Franken an die Internationale Flüchtlingsorganisation ·-- und ihre Bereitschaft zum Abschluss eines entsprechenden Abkommens mit der Schweiz.

Da aber die Deutsche Bundesrepublik nicht Vertragspartei des Washingtoner Abkommens ist, rnusste auch mit ihr ein entsprechendes Abkommen geschlossen werden. Die Alliierten ermächtigten deshalb die deutsche Bundesregierung zu Verhandlungen mit der Schweiz, die am 14. Februar 1952 in Bern begannen und am 22. Februar 1952 zur Paraphierung eines entsprechenden Abkommenstextes führten. Um verschiedenen nachträglich geäusserten alliierten Wünschen Eechnung zu tragen, wurden im April neue Verhandlungen mit den Deutschen aufgenommen und ein neuer Text am 24. April paraphiert.

Noch zwei weitere Male brachten indessen die Alliierten Abänderungsvorschläge vor, so dass das schweizerisch-deutsche Abkommen über die deutschen Vermögen in der .Schweiz erst am 26. August 1952 unterzeichnet werden konnte.

Über das Parallelabkommen mit den Alliierten wurden die Verhandlungen am 5. Mai in Bern aufgenommen. Sie mussten schon am T.Mai unterbrochen werden, da
man sich nicht einig werden konnte, ob durch dieses Abkommen auch die Bestimmungen der Artikel IV des Washingtoner Abkommens betreffend die Freigabe der schweizerischen Guthaben in USA und Artikel VI betreffend die Schiedsgerichtsklausel berührt werden sollen. Die schweizerischalliierten Verhandlungen konnten erst im August ihre Fortsetzung finden und führten am 28. August 1952 zur Unterzeichnung des schweizerisch-alliierten Abkommens über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz.

Der Ablösungsplan, wie er in den beiden Abkommen, die wir Ihnen heute zur Genehmigung unterbreiten, entwickelt ist, stellt unseres Erachtens den einzigen gangbaren Weg zu einer den gegenwärtigen Verhältnissen angepassten

Durchführung des Abkommens von Washington dar. Eine Durchführung dieses Abkommens in der ursprünglichen Form wäre aus den früher genannten Gründen kaum mehr möglich. Anderseits haben sich die Alliierten nie dazu bereitfinden können, zu einer Aufhebung des Abkommens Hand zu bieten. Wenn auch der ursprüngliche Zweck des Abkommens als überholt gelten darf, stehen doch immer noch wesentliche materielle Interessen auf dem Spiel, die die alliierten Signatarstaaten des Abkommens und vor allem auch die von ihnen vertretenen übrigen Länder nicht zu opfern gewillt sind. Einzig durch diesen Ablösungsplan lassen sich die eingetretenen Schwierigkeiten zur Befriedigung sämtlicher Beteiligten lösen. Der seit dem Jahre 1946 völlig veränderten politischen Situation wird dadurch Eechnung getragen, dass Deutschland dieses Abkommen nicht mehr erleiden rnuss, sondern selber Vertragspartei wird. Die Deutsche Bundesregierung hat nicht nur ihre freiwillige Mitwirkung zugesagt, sondern sogar diesen 'Ablösungsplan in Vorschlag gebracht. Die alliierten Ansprüche ihrerseits werden mit dem gleichen Betrag abgefunden, der gemäss dem oben erwähnten Plan vom 20. April 1951 bei einer Liquidation der deutschen Vermögen in der Schweiz zu diesem Zwecke aus dem «Pool» verfügbar geworden wäre (185 Millionen Franken abzüglich 10 Prozent Diskonto für frühere Zahlung = 121,5 Millionen Franken). Da nach Hinfall der politischen Beweggründe :nur noch diese materiellen Interessen zu befriedigen sind, stellt die Ablösung einen vollwertigen Ersatz für die ursprünglichen Ansprüche der Alliierten dar.

Der Bechtsstandpunkt der Schweiz bleibt ebenfalls gewahrt, indem die deutschen Eigentümer nicht enteignet, oder dann angemessen entschädigt werden.

Wohl ist es nötig, dass sie zur Erhaltung der deutschen Vermögenswerte in der Schweiz einen Ablösungsbetrag zugunsten der Bundesrepublik Deutschland beibringen, doch erscheint dieser Verzicht von einem Drittel angemessen, da er sich rechtfertigt durch den aus den verschiedenen deutschen Währungsreformen sich ergebenden relativen Wertzuwachs dieser Devisenbestände.

Schliesslich ermöglicht die Substituierung der den Alliierten zukommenden Hälfte des aus den Liquidationserlösen gespiesenen «Pools» durch eine feste Ablösungssumme eine grosszügigere Berücksichtigung der Härtefälle. Da nämlich die Schweiz
nunmehr der Verpflichtung, eine möglichst hohe Summe für den «Pool» herauszuschlagen, enthoben ist, kann sie die Freigrenze und die Befreiung gewisser Personenkategorien um so eher befürworten -- was denn auch geschehen ist. ' · · ' " ' Da der Ablösungsplan eine grundsätzliche Abweichung von den Bestimmungen des ursprünglichen Washingtoner Abkommens darstellt, das von der Bundesversammlung genehmigt worden war, ist der Entscheid über diese Abänderung wiederum von den eidgenössischen Bäten zu fassen. In diesem Sinne unterbreiten wir Ihnen den Text der beiden neuen Vereinbarungen über die deutschen Vermögen in der Schweiz, die wir nachfolgend kurz erläutern möchten.

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III.

Das Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland Während die Ablösung der Bestimmungen defe Washingtoner Abkommens, die sich auf die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz beziehen, Gegenstand der Vereinbarung mit den Alliierten bildet, enthält das schweizerisch-deutsche Abkommen die Bestimmungen über die Aufbringung der Ablösungssumme und über ,die Behandlung der deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, nachdem die Alliierten auf ihre Ansprüche verzichten.

1. Die Aufbringung der Ablösungssumme Die Höhe der Ablösungssumme wurde in den Vorbesprechungen zwischen der Deutschen Bundesrepublik und der Alliierten Hohen Kommission auf Grund des Betrages festgesetzt, der den Alliierten bei Durchführung des Abkommens von Washington gemäss Vorschlag vom 20. April 1951 zugefallen wäre. Wie oben erwähnt, war dieser Betrag auf 135 Millionen Schweizerfranken berechnet worden. Da diese Zahlung nur im Ausmasse der fortschreitenden Liquidation der deutschen Vermögenswerte über einen voraussichtlichen Zeitraum von zwei Jahren hätte geleistet werden können, erklärten sich die Alliierten bereit, bei Entrichtung einer Barzahlung einen Diskont von 10 Prozent zu gewähren. Die endgültige Ablösungssumme wurde somit auf 121 500 000 Franken festgesetzt (Art. 1).

* Um diesen Betrag sofort in bar entrichten zu können, hatten sich die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bereits im Dezember des Vorjahres mit einem schweizerischen Bankenkonsortium in Verbindung gesetzt. Das Anleihen, das Deutschland aufzunehmen wünscht, würde durch die Beiträge der deutschen Eigentümer von Vermögen in. der Schweiz sichergestellt, die auf ein im Namen der Bank Deutscher Länder zugunsten der Kegierung der Bundesrepublik Deutschland bei der Schweizerischen Nationalbank eröffnetes Konto (Ablösungskonto) einzuzahlen sind (Art. 2). Um die nötige Deckung zu gewährleisten, mussten diese Beiträge in einer Höhe vorgesehen werden, die dem Verhältnis der Ablösungssumme zum Gesamtwert der deutschen Vermögen in der Schweiz entspricht. Da diese nach Abzug der Freigrenze ca. 360 Millionen Schweizerfranken betragen, ist der Beitrag grundsätzlich auf einen Drittel festgesetzt worden (Art. 4, Abs. l, Ziff. 2).

Um in allen Fällen eine endgültige Eegelung zu treffen, wurde eine Frist von zwei Monaten bestimmt, innerhalb welcher die Erklärung über die
Leistung eines Beitrages abgegeben werden muss. Diejenigen Vermögenswerte, für die nach Ablauf dieser Frist keine Erklärung vorliegt, oder für die in der Folge der festgesetzte Beitrag nicht entrichtet wird, werden verwertet und der Erlös wird dem Ablösungskonto in Schweizerfranken gutgeschrieben (Art. 8). Auf diese Weise wird eine zusätzliche Sicherung für die Finanzierung der Ablösungssumme geschaffen und die Garantie des Bankenanleihens verstärkt.

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2. Der vom Abkommen betroffene Personenkreis

Grundsätzlich findet das Abkommen Anwendung auf diejenigen deutschen Eigentümer («Deutsche in Deutschland»), deren Vermögen in der Schweiz bei: Durchführung des Abkommens von Washington in seiner ursprünglichen Form liquidiert worden wären. Der Begriff «Deutsche in Deutschland» iin Sinne des Abkommens von Washington ist in der Praxis der schweizerischen Bekursinstanz näher umschrieben worden. Ferner wurden von den schweizerischen und alliierten Experten im Verlaufe der Vierrnächte-Verhandlungen in Washington: vom Frühjahr 1949 und Bern vom Frühjahr 1951 eine Eeihe von Interpretationsfragen im gegenseitigen Einverständnis geregelt. Diese Kriterien sind den Begriffsbestimmungen des neuen Abkommens zu Grunde gelegt worden. Insbesondere sind als Stichtage das für die Sperre massgebende Datum des Bundesratsbeschlusses vom 16. Februar 1945 und das für die Befristung der Sperre für neu anfallende Vermögenswerte massgebende Datum des ,81. Dezember 19471 übernommen worden. Als Deutscher in Deutschland gilt somit jede natürliche1 Person deutscher Staatsangehörigkeit, die sich am 17. Februar 1945 oder zwischen diesem Zeitpunkt und dem 1. Januar 1948 während zwei Monaten in Deutschland aufgehalten hat (Art. 16). Die gleichen Stichtage gelten für die juristischen Personen (Art. 18).

Entsprechend dem schweizerisch-alliierten Plan vom 20. April 1951 bezieht sich dieses Abkommen nicht auf Vermögen in der Schweiz, die Personen in Ostdeutschland .gehören (Art. 19).

3. Ausnahmen für gewisse Kategorien von Personen und} Vermögenswerten Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat der durch die Festsetzung einer pauschalen Ablösungssumme möglich gewordene Verzicht auf die Speisung eines «Pools».die volle Berücksichtigung sämtlicher von der Schweiz in früheren Verhandlungen,gestellten Forderungen für eine Ausnahmebehandlung bestimmter Kategorien von Personen und Vermögenswerten gestattet. Darüber hinaus wurden auf Wunsch der Alliierten und der Deutschen zusätzliche Erleichterungen geschaffen, die sich jedoch in den nötigen Schranken halten, um die Deckung der Ablösungssumme nicht zu gefährden. Diese Massnahmen beruhen auf Billigkeitsgründen oder auf praktischen Erwägungen. Manche von den Fällen, die eine: Sonderbehandlung verdienen, sind Ihnen bereits aus unserem Bericht vom 13. April 1949 !) bekannt.

, A. Eine erste Gruppe
betrifft Personen und Vermögenswerte, die zwar den Bestimmungen des Abkommens unterliegen, bei denen jedoch auf Antrag von der Anforderung einer Beitragsleistung an die Ablösungssumme Umgang genommen wird. Dazu gehören: a. Vermögen bis zu 10 000 Schweizerfranken, für die eine generelle Freigrenze vorgesehen ist (Art. o, Abs. l, Ziff. 1). Die soziale Bedeutung dieser *) BEI 1949, I, 785.

12 Massnahmen, die von der Schweiz seit langem befürwortet wurde, bedarf keiner besonderen Erläuterung. Die Freigrenze stellt jedoch auch eine grosse administrative Erleichterung dar, denn sie findet auf ungefähr 15 000 Personen (rund 4/B sämtlicher Gläubiger) Anwendung. Der Gesamtbetrag der Vermögenswerte bis zu 10 000 Franken belauft sich auf rund 26 Millionen Franken und ist, wie schon erwähnt, bei der Berechnung der Ablösungssumme ausgelassen worden. Die Schweiz hatte bereits in den Verhandlungen in Washington von 1949 die sofortige Freistellung dieser Vermögenswerte beantragt.

b. Schweizerisch-deutsche Doppelbürger. Diese Kategorie ist noch erweitert worden, um auch die deutschen Doppelbürger anderer Nationalitäten einzuschliessen (Art. 5, Abs. l, Ziff. 2, lit. b).

c. Ehemalige Schweizerinnen, die durch Heirat Deutsche geworden sind (Art. 5, Abs. l, Ziff. 2, lit. a). Auch für diese Gruppe hat die Schweiz von jeher eine Sonderbehandlung verlangt. Die in Ziffer I, A, e, der Beilage zum Abkommen von Washington vorgesehene Ausnahme, die in der Praxis der Gemischten Kommission jedoch an gewisse einschränkende Voraussetzungen geknüpft worden war, ist nunmehr erweitert und verallgemeinert worden.

d. Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes, sowie Personen, zu deren Gunsten ein Eestitutionsentscheid ergangen ist (Art. 5, Abs. l, Ziff. 2, lit. o und d).

e. Juristische Personen in Deutschland mit nichtdeutschen Mehrheitsbeteiligungen (Art. 5, Abs. l, Ziff. 2, lit. e). Die vorgesehene Eegelung entspricht dem bereits im Abkommen von Washington aufgestellten Grundsatz. Auch wesentliche nichtdeutsche Minderheitsinteressen an juristischen Personen (Art. 5, Abs. l, Ziff. 2, lit. e), sowie an Familienstiftungen (Art. 5, Abs. 2) sollen entsprechend geschützt werden.

B. Eine zweite Gruppe betrifft Patente und Handelsmarken (Art. 6).

Diese Ausnahme betrifft die rund 18 000 Patente und Marken, die in der Schweiz eingetragen sind und über deren endgültiges Schicksal das Abkommen von Washington eine spätere Eegelung vorbehalten hatte. Die Schweiz hatte es in der Folge bekanntlich abgelehnt, an den Londoner Verhandlungen vom Juni 1946 teilzunehmen, als deren Ergebnis an den Patenten deutscher Eigentümer jedermann Lizenzen erwerben konnte. Die Schweiz hat diese Eechte ihren deutschen Eigentümern erhalten. Die
Patente, Handelsmarken usw. werden ohne Antrag bei Inkrafttreten dieses Abkommens freigestellt (Art. 13, Ziff. 3).

C. Eine dritte Gruppe betrifft Personen, die nicht als Deutsche in Deutschland gelten und Vermögenswerte, die ausdrücklich von den Bestimmungen dieses Abkommens ausgenommen werden. Sie umfasst u. a. (Art. 21) das Vermögen des ehemaligen deutschen Eeichs, der Eeichsbank und der Eeichsbahn, das bereits ausdrücklich vom Washingtoner Abkommen ausgenommen war; ferner das Tägermoos, die Vermögen der in den Enklaven Büsingen und Jestetten wohnhaften Personen, die schweizerisch-deutschen Grenzkraftwerke,

13 die bereits in unserem Bericht vom 13. April 1949 *) erwähnt wurden, die deutschen Sanatorien, die clearingpflichtigen Beträge, sowie die deutschen; Kriegsteilnehmer, die in der Schweiz domiziliert sind (Art. 17).

4. Leistung des Beitrages und Freistellung Der Grundsatz der Leistung eines Beitrages an das Ablösungskonto zugunsten der Bundesrepublik Deutschland ist bereits eingehend dargelegt worden, und die entsprechenden Bestimmungen des Abkommens (Art. 2, 3, 4 und 7) bedürfen keiner weiteren Erläuterung.

Sobald das Abkommen in Kraft tritt, werden die betroffenen Eigentümer durch offizielle Bekanntmachung in der Schweiz und in Deutschland aufgefordert werden, den Beitrag zu leisten, sofern sie nicht die Voraussetzungen für einen Freistellungsantrag erfüllen. Die Schweizerische Verrechnungsstelle wird, sich zudem mit: den Eigentümern oder deren Vertretern in der Schweiz in Verbindung setzen (Art. 7, Ziff. 2). Die deutschen Eigentümer können sich sodann selbst oder durch Beauftragte innerhalb von zwei Monaten der Verrechnungsstelle gegenüber schriftlich zur Leistung des Beitrages bereiterklären. Die Verrechnungsstelle wird ihrerseits die Höhe des zu leistenden Beitrages auf Grund ihrer Schätzung bestimmen.

' . ..

· Aus praktischen Erwägungen hat es sich als nötig erwiesen, die Beitragsleistung grundsätzlich in Form einer Barzahlung in der Höhe des Drittels des entsprechenden Vermögenswertes und nicht in Form eines Verzichtes auf den Drittel des Vermögens vorzusehen. Manche Vermögen sind ihrer Beschaffenheit nach unteilbar. In anderen Fällen wiederum würde ein vom Ganzen losgetrennter Anteil nicht den entsprechenden Teil des Gesamtwertes darstellen. Man denke z. B. an Grundstücke, Gebäulichkeiten, sowie Betriebsstätten und Gesellschaften. Es ist Sache des Eigentümers, die für die Leistung des Beitrages nötigen Mittel zu beschaffen, was beispielsweise durch Aufnahme einer Hypothek auf dem betreffenden Grundstück geschehen kann. Die Verrechnungsstelle wird solche Verfügungen des Eigentümers, die mit Bezug auf. die gesperrten Vermögenswerte zur Aufbringung des Beitrages erforderlich sind, gutheissen (Art. 7, Ziff. 3).

Die in der Begel auf einen Drittel des Venuögenswertes festgesetzte Höhe der Beitragsleistung ist bei Vermögen zwischen 10 000 und 15000 Franken auf den 10 000 Franken übersteigenden
Betrag reduziert worden (Art. 4, Abs. l,, Ziff. 1). Auf diese Weise soll vermieden werden, dass unter Umständen die Eigentümer solcher Vermögen einen kleineren Betrag freigestellt erhalten als diejenigen Eigentümer, auf welche die Freigrenze von 10 000 Franken Anwendung findet. Ohne diese Bestunmung wären z. B. dem Eigentümer eines Guthabens von 12 000 Franken nur 8000 Franken zur freien Verfügung gebheben.

Ein besonderer Prozentsatz findet ferner auf Vermögenswerte Anwendung, die dem Eigentümer auf Grund eines von der Schweiz mit einem Drittstaat

!) BEI 1949, I,, 787.

14 abgeschlossenen Sequesterkonfliktsabkommens erhalten wurden, und die ohne ein derartiges Abkommen in ihrer Gesamtheit den ausländischen Sequestermassnahmen verfallen wären (Art. 4, Abs. l, Ziff. 3).

Die Freistellung der Vermögenswerte erfolgt im Zeitpunkt der Zahlung des Beitrages. Bei den oben erwähnten privilegierten Kategorien wird die Freigabe in der Kegel nach Einreichung des Freigabeantrages ausgesprochen (Art. 13).

Die Freigabe ist bedingungslos, so dass der Eigentümer nachher völlig frei über sein Vermögen verfügen kann.

5. Verwertung und Entschädigung . Diejenigen Vermögenswerte, für die kein Beitrag geleistet bzw. kein fristgemässer Freigabeantrag gestellt wird, werden verwertet und der Erlös wird auf das Ablösungskonto einbezahlt. Die Verrechnungsstelle wird in jedem einzelnen Falle dem deutschen Bundesministerium der Finanzen die nötigen Angaben über die Person des Eigentümers und den erzielten.Erlös zukommen lassen (Art. 8), damit dieses den Gegenwert in deutscher Währung dem Eigentümer zur Verfügung hält (Art. 9). Sollte sich nachträglich ergeben, dass ein Vermögenswert auf diese Weise umgewandelt und transferiert worden ist, der nicht unter die Bestimmungen des Abkommens fällt, so wird die deutsche Bundesregierung den entsprechenden Betrag in Schweizerfranken zurückerstatten.

Ferner verzichtet die Deutsche Bundesrepublik für sich und ihre Staatsangehörigen auf alle Einwendungen gegen die auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 16. Februar 1945 und auf Grund des vorliegenden Abkommens erfolgten Umwandlungen von Vermögenswerten. Das gleiche trifft zu, wenn Vermögenswerte in Drittländern der Schweiz nicht herausgegeben werden (Art. 10).

6. Durchführungsorgane Schon im Abkommen von Washington war die Erfassung und Verwaltung der deutschen Vermögenswerte ausschliesslich einer schweizerischen Instanz übertragen worden. Zu diesem Zweck wurde innerhalb der Schweizerischen Verrechnungsstelle in Zürich eine neue Abteilung, die Abteilung für die Liquidation der deutschen Vermögenswerte, geschaffen. Es besteht keine Veranlassung, eine andere Stelle mit der Durchführung des Ablösungsplanes zu beauftragen. Nach wie vor ist es von grundsätzlicher Bedeutung, dass die deutschen Vermögen in der Schweiz ausschliesslich den Behörden des Landes unterstellt bleiben, in dessen Verwahrung sie gegeben
wurden. Die Verrechnungsstelle wird ihre Tätigkeit, insbesondere was das Verfahren für die Beitragsleistungen betrifft, völlig selbständig ausüben und über die einzelnen Fälle keine Meldungen an ausländische Stellen erstatten. Die im Abkommen von Washington eingesetzte .Gemischte Kommission fällt dahin und wird durch keine entsprechende schweizerisch-deutsche Instanz ersetzt.

Die Zusammenarbeit zwischen der Verrechnungsstelle und deutschen Organen beschränkt sich auf die für die Durchführung des Abkommens unerlässliche technische Mitwirkung der letzteren, beispielsweise bei der Auszahlung1 des Gegenwertes in deutscher Währung der gemäss Artikel 8 verwerteten Vermögen.

15 Wir beabsichtigen, die Überwachung der Durchführung auch dieses Abkommens der Au'fSichtskommission für die Durchführung des Abkommens von Washington zu übertragen. Diese Kommission, in der die wichtigsten Fraktionen der eidgenössischen Eäte angemessen vertreten sind, .wurde auf Grund eines Postulates des Nationalrates von uns eingesetzt. Sie wird ihre bisherige Tätigkeit auch weiterhin ausüben, i Die Kosten der Verwaltung und Liquidation der deutschen Vermögenswerte gingen gemäss Abkommen von Washington (Abschnitt I, Ziff. 5) zu Lasten der Schweiz. Diese hätte sie von dem ihr zufallenden Anteil am;Liquidationserlös in Abzug bringen körinen. Da dieser Liquidationsanteil nunmehr dahinfällt, würde es sich nicht rechtfertigen, diese Kosten aus Bundesmitteln zu bestreiten. Es wird daher bei der Freistellung bzw. Umwandlung der deutschen Vermögen eine Verwaltungsgebühr von 2 Prozent erhoben werden (Art. 7, Ziff. 4, Art. 8, Abs. 1). Dieser Ansatz sollte die 'Deckung des von den eidgenössischen Katen im Dezember des Vorjahres dem Politischen Departement gewährten Nachtragskredits .für die Kosten aus dem Abkommen von Washington im Betrag von 2 865 000 Franken sowie die sich noch ergebenden Kosten der Durchführung der vorliegenden Abkommen gewährleisten.

Die auf Grund des Abkommens von Washington geschaffene Schweizerische R e k u r s i n s t a n z , bei der die Verfügungen der Verrechnungsstelle angefochten werdeü können, ist beibehalten worden. Die von dieser Rekursinstanz bisher gefällten Entscheide -- es sind deren nahezu 500 -- behalten ihre Eechtskraft, und die entsprechenden Verfahren können nicht neu eröffnet werden (Art. 14). Sofern sich Meinungsverschiedenheiten über die i Anwendung oder Auslegung des Abkommens ergeben, können diese an 1 ein ' Schiedsgericht (Art. 15) weitergezogen werden. Die deutsche Delegation hat den Wunsch geäussert, dass, entsprechend der im Abkommen von Washington vorgesehenen Regelung, die neuen Entscheide der schweizerischen Rekursinstaiiz allenfalls an dieses Schiedsgericht weitergezogen werden können. Dies bedingt naturgemäss die Bekanntgabe aller von der schweizerischen Rekursinstanz inskünftig gefällten Entscheide an die deutschen Behörden.

:

IV.

Das Abkommen mit den Alliierten

Die Ablösung der Bestimmungen des Abkommens, von Washington, die die Liquidation der ; deutschen Vermögenswerte in der Schweiz betreffen, bilden 'Gegenstand des am 28. August 1952 abgeschlossenen Abkommens zwischen der Schweiz und den Alliierten. Es sieht die Zahlung der Ablösungssumme von 121,5 Millionen vor, wobei indessen der Vorschuss von 20 Millionen Franken, den die Schweiz im Juli 1948 an die Internationale Flüchtlingsorganisation leistete, in Abzug gebracht werden soll. Durch diese Zahlung erlöschen die Ansprüche der Alliierten auf die deutschen Guthaben in der Schweiz, soweit letztere Deutschen gehören, die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder in West-

16

Berlin wohnen (Art. l, Abs. 1). Für Vermögenswerte, die Deutschen gehören, ·welche in andern Teilen des ;ehemaligen deutschen Eeichs wohnhaft sind, bleibt es bis auf weiteres beim bisherigen Zustand, d. h. diese Vermögenswerte ,sind nach wie vor der Sperre unterworfen.

Die übrigen Bestimmungen des Washingtoner Abkommens bleiben weiterhin in Kraft. Es sind dies die Verpflichtung zur Deblockierung der schweizerischen Guthaben in Amerika und zur Aufhebung der schwarzen Listen sowie die Schiedsgerichtsklausel. Was die Goldfrage betrifft, haben die Alliierten in ihrer auf Seite 8 dieser Botschaft erwähnten Note vom 13. Februar 1952 bestätigt, dass sie von der Schweiz volle Genugtuung in der Frage der Eückerstattung des deutschen Eaubgoldes erhalten haben. Wir möchten noch darauf hinweisen, dass ausdrücklich festgestellt worden ist, dass die gemäss Abkommen von Washington bestellte «Commission Mixte» in Wegfall kommt.

Damit der deutsche Eigentümer in den vollen Genuss der ihm in der Schweiz freigestellten Vermögenswerte gelangt, ist die Aufhebung des Kontrollratsgesetzes Nr. 5, die schon letztes Jahr von den Alliierten in Aussicht .gestellt worden war, vereinbart worden. Dieses Gesetz, das am 30. Oktober 1945 vom Alliierten Kontrollrat in Berlin erlassen worden war, verfügte die generelle Enteignung des deutschen Auslandsvermögens und bildete die Grundlage für die alliierten Ansprüche auf die deutschen Vermögen in der Schweiz.

Wir haben in Übereinstimmung mit der völkerrechtlichen Praxis die Wirkung dieses Erlasses, auf schweizerischem Staatsgebiet nie anerkannt. Die Aufhebung des Kontrollratsgesetzes Nr. 5 in bezug auf die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz geschieht durch Streichung der Schweiz im Anhang zum Gesetz Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission (Art. 2).

Da das Abkommen nicht alle Fragen im Zusammenhang mit dem Washingtoner Abkommen regelt, wird in Artikel l, Absatz 3, die Stellungnahme der Vertragsparteien hinsichtlich der nicht geregelten Fragen ausdrücklich vorbehalten. Durch einen besonderen Briefwechsel wurde namentlich festgestellt, dass die zwischen den Alliierten einerseits und der Schweiz anderseits bestehenden Auslegungsdifferenzen über die Artikel IV und VI des ursprünglichen Abkommens nicht beseitigt sind, d. h. dass jede Partei auf ihrem bisherigen Standpunkt beharrt. Weitere
ähnliche Vorbehalte, die der Abgrenzung der Tragweite des Abkommens dienen, finden sich in den Artikeln 3 und 4.

Das Abkommen bedarf auf alliierter Seite nicht der parlamentarischen Genehmigung und soll deshalb am Datum der Mitteilung seitens des Bundesrates an die Alliierten, dass .es von der Bundesversammlung genehmigt worden sei, in Kraft treten. Diese Mitteilung wird indessen erst erfolgen können, wenn die Batifikationsurkunden zum schweizerisch-deutschen Abkommen über deutsche Vermögenswerte, in der Schweiz und zum schweizerisch-deutschen Abkommen über die Eegelung der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen das ehemalige Deutsche Eeich ausgetauscht werden (Art. 6).

Das gleichzeitige Inkrafttreten der drei Abkommen ist durch den engen Zusammenhang, der zwischen ihnen besteht, zu erklären. Über das Verhältnis

17

des schweizerisch-deutschen Abkommens betreffend die Eegelung der schweizerischen Staatsforderungen gegenüber dem Eeich zu den hier unterbreiteten beiden Abkommen soll im folgenden Abschnitt noch kurz die Eede sein.

Nach dem Abkommen vom 25. Mai 1946,hätte die Schweiz bekanntlich die Hälfte des Liquidationserlöses der deutschen Vermögenswerte erhalten sollen, ohne dass sie in der Verwendung dieses Anteils beschränkt worden wäre.

Im oben erwähnten schweizerisch-alliierten Plan vom April 1951 ist von einem noch verbleibenden schweizerischen Anteil von 135 Millionen Pranken bzw.

bei Berechnung eines Diskontos von 10 Prozent von 121,5 Millionen Franken ausgegangen worden. Durch die Ihnen zur Genehmigung vorgelegten neuen Abkommen verzichtet die Schweiz auf jeglichen Anspruch hinsichtlich der in unserem Lande liegenden deutschen Vermögenswerte. Dieser Verzicht ist dadurch erleichtert worden, dass gleichzeitig mit den beiden, Abkommen auch eine Verständigung mit der Bundesrepublik Deutschland über die Erledigung der schweizerischen Staatsforderungen gegenüber dem ehemaligen Deutschen Eeich erzielt werden konnte, eine Erledigung, welche die notwendige Zustimmung der westlichen Besetzungsmächte gefunden hat. Danach macht die Bundesrepublik Deutschland in verhältnismässig sehr kurzen Fristen an die Schweiz eine erste Anzahlung von 121,5 Millionen Franken, die also gleichsam an die Stelle der an die Alliierten zu bezahlenden gleich hohen Ablösungssumme tritt.

Der entscheidende Unterschied liegt aber darin, dass es sich bei der Zahlung an die Schweiz um die teilweise Erfüllung einer längst bestehenden und anerkannten Schuldverpflichtung handelt. Wir werden Ihnen über die Verwendung dieser Summe zugunsten schweizerischer Opfer des Krieges eine besondere Vorlage unterbreiten.

' * * * Wir beantragen Ihnen, durch Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes den beiden Abkommen über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, die unter das Abkommen von Washington vom 25. Mai 1945 fallen, die Genehmigung zu erteilen und gleichzeitig den Bundesrat zu ermächtigen, die für ihre Durchführung notwendigen Vorschriften zu erlassen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren,, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 29. August 1952.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundesprasident: Kobelt Der Bundeskanzler: Ch. Oser Bundesblatt. 104. Jahrg. Bd. III.

2

18 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Abkommen über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 29. August 1952, beschliesst:

Art. l Die Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland und zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Französischen Republik, dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland und den Vereinigten Staaten von Amerika betreffend die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, abgeschlossen am 26. August 1952 bzw. am 28. August 1952, werden genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, diese Abkommen zu ratifizieren.

Art. 2 Der Bundesrat wird ermächtigt, die zur Durchführung dieser Abkommen erforderlichen Vorschriften zu erlassen.

860

19 Beilage I Originaltext

Abkommen zwischen

der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz

Die Schweizerische Eidgenossenschaft und

die Bundesrepublik Deutschland mit Bücksicht darauf, dass die Regierung der Bundesrepublik Deutschland dem Schweizerischen Bundesrat zwei Wochen nach Notifikation des Inkrafttretens des zwischen der Schweiz und 'Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten gemäss folgendem Absatz zu schliessenden Abkommens einen Betrag von 121 500 000 Schweizer Franken zur Verfügung stellen wird, dass ferner der Schweizerische Bundesrat mit den Regierungen der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika ein Abkommen über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, welche unter das Abkommen von Washington v o m 2 5 . M a i 1946 fallen, trifft, · ' ' ' · ] sind übereingekommen, das folgende Abkommen zu schliessen.

Zu diesem Zwecke haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt der Schweizerische B u n d e s r a t : Herrn Minister D r . Walter Stucki, f Delegierten des Bundesrates für Spezialmissionen ;

' . - · · · ,

der Präsident des B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d : Herrn Bernhard Wolff, Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen.

Die Bevollmächtigten haben, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und diese als richtig befunden haben, folgendes vereinbart:.

20 Teil I Ablösung der Ansprüche Frankreichs, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten Artikel l Der Schweizerische Bundesrat wird den von ihm von der Eegierung der Bundesrepublik Deutschland zu bezahlenden Betrag in Höhe von 121 500 000 Schweizer Franken (Ablösungsbetrag), von dem ein von der Schweiz für die Internationale Flüchtlingsorganisation geleisteter Vorschuss in Höhe von 20 000 000 Schweizer Franken abzuziehen ist, unverzüglich auf ein Konto überweisen, das die Eegierungen der Französischen Eepublik, des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika bezeichnen werden.

Teil II Aufbringung des Ablösungsbetrages Artikel 2 Zum Zwecke der Aufbringung des Ablösungsbetrages wird zugunsten der Eegierung der Bundesrepublik Deutschland auf den Namen der Bank deutscher Länder ein Konto bei der Schweizerischen Nationalbank eröffnet (Ablösungskonto), das wie folgt gespeist wird: a. aus. den Beiträgen der deutschen Eigentümer (Deutsche-in Deutschland) von Vermögen in der Schweiz; b. aus dem Verwertungserlös von Vermögen deutscher Eigentümer, die den in Artikel 3 bestimmten Beitrag nicht leisten; c. aus dem Verwertungserlös von Vermögen deutscher Eigentümer, die die Voraussetzungen von Artikel 5 erfüllen, jedoch die Entsperrung innerhalb von zwei Monaten nach der gemäss Artikel 7, Ziffer 2, erfolgten Be-.

kanntmachung der Aufforderung nicht beantragen werden.

Teil III Verzichtleistung Artikel 3 · Eigentümer, bei denen das gesamte Vermögen in der Schweiz den Betrag von 10 000 Schweizer Franken übersteigt, verzichten auf denjenigen Teil des Wertes ihres Vermögens, welcher dem. in Artikel 4 bestimmten Prozentsatz entspricht, und leisten in dieser Höhe eine Zahlung in Schweizer Franken auf das Ablösungskonto.

Artikel 4 1

Der Beitrag, den ein Eigentümer zu leisten hat, urn den übrigen Teil seines Vermögens in der Schweiz zu erhalten, beläuft sich

21

1. bei Vermögen im Gesamtwert zwischen 10000 und 15 000 Schweizer Franken: auf den 10000 Schweizer Franken übersteigenden Betrag; 2. bei Vermögen im Gesamtwert von mehr als 15000 Schweizer Franken : auf SS1^ % des Gesamtwertes ; 3. bei Vermögen, die auf Grund der von der Schweiz mit dritten Staaten geschlossenen Abkommen über Sequesterkonflikte der Schweiz überlassen worden sind: auf 50 % des Gesamtwertes.

2

Die Bewertung des Vermögens erfolgt durch die Schweizerische Verrechnungsstelle, wobei etwaige Freigaben, welche diese während der Sperrezeit zur persönlichen Verwendung der Berechtigten gewährt hat, zur Anrechnung gelangen.

Artikel 5 1

:

Auf die Erhebung eines Beitrages im Sinne der Artikel 3 und 4 wird auf Antrag des Eigentümers verzichtet bei · 1. Vermögen bis zu einem Gesamtwert von 10000 Schweizer Franken, wobei etwaige Freigaben, welche die Schweizerische Verrechnungsstelle während der Sperrezeit zur persönlichen Verwendung der Berechtigten gewährt hat, zur Anrechnung gelangen; 2. Vermögen folgender Gruppen von Eigentümern ohne Bücksicht auf den Gesamtwert des von dem einzelnen Eigentümer gehaltenen Vermögens: a. Frauen, die mit Deutschen verheiratet sind oder waren und durch die Ehe deutsche Staatsangehörige geworden sind, jedoch im Zeitpunkt der Eheschliessung die Schweizer Staatsbürgerschaft besassen; b. Personen, die am 16. Februar 1945 neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch diejenige eines anderen Staates besassen, sofern der zweite Heimatstaat ein entsprechendes Begehren unterstützt; c. Personen, die ihr Leben oder in beträchtlichem Masse ihre Freiheit oder ihre vollen .deutschen Staatsbürgerrechte auf Grund eines Gesetzes, eines Erlasses, einer Verordnung oder Massnahme der deutschen nationalsozialistischen Begierung aus rassischen, politischen oder religiösen Gründen verloren haben. Diese Gruppe umfasst auch. Personen, die von deutschen Behörden oder auf deren Veranlassung:aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen ausserhalb Deutschlands verhaftet, nach Deutschland verbracht oder dort in Gewahrsam gehalten worden sind; d. Personen, die durch Vorlegung einer in Deutschland erlassenen rechtskräftigen Gerichtsentscheidung mit Bestätigungsvermerk oder eines vor einem Gericht in Deutschland abgeschlossenen Vergleiches mit Bestätigungsvermerk nachweisen können, dass ihnen der Vermögenswert in der Schweiz auf Grund der in Deutschland geltenden Eückerstattungs- und "Wiedergutmachungsgesetzgebung zurückerstattet worden ist; e. juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, Handelsgesellschaften und Personengemeinschaften, die ihren Sitz oder den Ort

22 ihrer geschäftlichen Tätigkeit oder Leitung in Deutschland haben und an denen am 16. Februar 1945 Personen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit mit mehr als 50% direkt oder indirekt beteiligt waren. Betrug die direkte oder indirekte Beteiligung mehr als 25%, überstieg sie aber nicht 50%, so werden geeignete Massnahmen getroffen, um die Interessen der nichtdeutschen Beteiligten angemessen zu wahren. · 2

Bei Familienstiftungen, an denen nichtdeutsche Begünstigte beteiligt sind, werden' die notwendigen M'issnahmen zur Wahrung ihrer Interessen getroffen.

Artikel 6 Von Inhabern deutscher gewerblicher Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Muster und Modelle, Fabrik- oder Handelsmarken) und Schutzrechtsanmeldungen sowie deutscher Urheberrechte wird weder ein Beitrag im Sinne von Artikel 3 und 4 noch die in Artikel 7, Ziffer 4, vorgesehene Verwaltungsgebühr von 2 % gefordert, sofern es sich nicht um Eechte handelt, welche Bestandteil eines deutschen Unternehmens in der Schweiz sind/das als deutsches Vermögen unter Artikel 3, dieses Abkommens fällt öder von einem solchen benutzt werden.

Artikel 7 Zur Durchführung dieses Verfahrens wird die Schweizerische Verrechnungsstelle folgende Massnahmen ergreifen: 1. Festsetzung des in Artikel 4 bestimmten Beitrages, den ein Eigentümer zu leisten hat, um den übrigen Teil seines Vermögens in der Schweiz zu erhalten; 2. Aufforderung in geeigneter Weise an alle Eigentümer von Vermögenswerten in der Schweiz, um selbst oder durch Beauftragte binnen einer Frist von zwei Monaten nach Bekanntmachung der Aufforderung gegebenenfalls einen Freistellungsantrag gemäss Artikel 5 einzureichen oder die schriftliche Erklärung abzugeben, dass sie zugunsten der Bundesrepublik Deutschland den in Artikel 4 bestimmten Beitrag leisten, wogegen der übrige Teil ihres Vermögens in der Schweiz von der Sperre befreit werden wird; 3. Genehmigung von solchen Verfügungen des Eigentümers über sein Vermögen in der Schweiz, die zur Aufbringung des Beitrages erforderlich sind; 4. Erhebung einer Verwaltungsgebühr von 2% auf die freizugebenden Werte.

Teil IV Umwandlung und Transîerierung der deutschen Vermögen Artikel 8 1

Die Schweizerische Verrechnungsstelle wird die deutschen Vermögen in der Schweiz, für die innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntmachung der in Artikel 7, Ziffer, 2, genannten Aufforderung keine Erklärung über die Leistung

23

eines Beitrages abgegeben oder kein Freigabeantrag gestellt wurde, zum gün^ stigsteri Preis in ', Barguthaben umwandeln, soweit die Vermögen nicht bereits in dieser Form bestehen, und dafür Sorge tragen, dass diese Guthaben unter Berechnung einer Verwaltungsgebühr von 2% der überwiesenen Beträge auf das Ablösungskonto übertragen werden.

2 Die Schweizerische Verrechnungsstelle wird von den nach Absatz l getroffenen Massnahmen dem deutschen Bundesministerium der Finanzen unter Mitteilung der nötigen Personalangaben Kenntnis geben.

Artikel 9 Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hält zur Verfügung der Eigentümer, deren Vermögen gemäss Artikel 8 umgewandelt werden, den vollen Gegenwert in Deutscher Mark, der sich aus dem offiziellen Umrechnungskurs des Schweizer Frankens ergibt.

.

Artikel 10

1

Die Bundesrepublik Deutschland wird für sich und für ihre Staatsangehörigen gegen die von der Schweiz auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 16. Februar 1945; mit seinen Abänderungen und Ergänzungen oder auf Grund des vorliegenden Abkommens vorgenommenen oder vorzunehmenden .Umwandlungen von deutsehen Werten in der Schweiz keine Einwendungen irgendwelcher Art erheben. Die Bestimmungen des Absatzes 2 dieses Artikels sind sinngemäss anzuwenden.

2 Wenn sich nachträglich ergibt, dass für die gemäss Artikel 8 umgewandelten Vermögen die Voraussetzungen für eine Umwandlung nach diesem Abkommen nicht vorgelegen haben, so wird die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die schweizerischen Schuldner oder Vermögensverwalter schadlos halten und den entsprechenden Betrag 'in Schweizer Franken zurückerstatten.

3 Die Bundesrepublik Deutschland verzichtet für sich und ihre Staatsangehörigen auf alle Ansprüche gegen die Schweizerische Regierung und schweizerische natürliche oder juristische1 Personen hinsichtlich Vermögenswerten, die sich in einem dritten Land befinden und von diesem der Schweiz nicht freigegeben worden sind.

Teil V

.

:

Verfahrensbestimmungen

Artikel 11 Die Schweizerische Verrechnungsstelle übt mit Bezug auf die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz die ihr auf Grund schweizerischer Rechtsvorschriften bisher erteilten Befugnisse auch weiterhin bis zur endgültigen Freigabe der, einzelnen Vermögenswerte aus.

24 Artikel 12 Die für die Durchführung dieses Abkommens nötigen Massnahmen werden schweizerischerseits von der Schweizerischen Verrechnungsstelle getroffen; der Schweizerische Bundesrat erlässt die dazu erforderlichen Vorschriften.

Artikel 13 · Die Schweizerische Verrechnungsstelle wird von der Sperre befreien: 1. die in Artikel 5 genannten Vermögenswerte, sobald ein Antrag des Eigentümers innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntmachung der in Artikel 7, Ziffer 2, genannten Aufforderung gestellt worden ist; 2. die in Artikel 3 genannten Vermögenswerte, sobald der in Artikel 4 bestimmte Beitrag gezahlt worden ist ; 3. die in Artikel 6 genannten Rechte mit dem Tage des Inkrafttretens dieses Abkommens.

Artikel 14 1

Verfügungen der Schweizerischen Verrechnungsstelle, die in Durchführung dieses Abkommens getroffen werden, können bei der in Artikel 2 des Bundesratsbeschlusses vom 27. Dezember 1946 genannten Schweizerischen Rekursinstanz angefochten werden. Die Entscheide dieser Rekursinstanz sind mit Gründen dem deutschen Bundesministerium der Finanzen bekanntzugeben.

2 Die von dieser Rekursinstanz vor Inkrafttreten dieses Abkommens getroffenen Entscheide bleiben verbindlich.

Artikel 15 1

Sofern sich die Regierungen der beiden vertragschliessenden Teile über die Anwendung oder Auslegung dieses Abkommens nicht einigen können, soll die Streitigkeit einem Schiedsgericht unterbreitet werden. Ferner kann die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegen Entscheide der Schweizerischen Rekursinstanz binnen eines Monats nach der Bekanntgabe der Entscheide das Schiedsgericht anrufen.

2 Das Schiedsgericht setzt sich zusammen aus drei Mitgliedern, von denen je eines von den vertragschliessenden Teilen, das dritte von beiden Teilen gemeinsam bezeichnet wird. Können sich die beiden vertragschliessenden Teile · über die Wahl des dritten Schiedsrichters nicht einigen, so wird dieser von dem Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.

3 Für das Verfahren vor dem Schiedsgericht finden die Bestimmungen des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle sinngemäss Anwendung. Das Schiedsgericht entscheidet selbständig über die Tragung der Kosten des Schiedsverfahrens.

1 Das Schiedsgericht entscheidet selbständig über das anzuwendende Recht.

Es wendet insbesondere das Völkergewohnheitsrecht sowie die massgebenden

25 internationalen Verträge und hinsichtlich, privatrechtlicher Fragen die übereinstimmenden Hegeln des internationalen Privatrechtes der beiden Staaten oder, soweit übereinstimmende Eegeln nicht festzustellen sind,1 das internationale Privatrecht eines der beiden Staaten an.

6 Die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind endgültig.

Teil VI Begriffsbestimmungen Artikel 16 1 Als Deutsche in Deutschland gelten natürliche Personen deutscher Staatsangehörigkeit, die sich am 17. Februar 1945 oder zwischen diesem Zeitpunkt und dem 1. Januar 1948 während zwei Monaten ununterbrochen in Deutschland auf gehalten, bzw. während dieser Zeit ihren Aufenthalt dort beendigt haben; Angehörige der deutschen Wehrmacht gelten als Deutsche in Deutschland, gleichgültig, wo sie sich während des massgebenden Zeitraumes aufgehalten haben.

2 Als Deutsche in Deutschland gelten ferner natürliche Personen deutscher , Staatsangehörigkeit, die vor dem. 1. Januar 1948 auf Grund von Artikel 70 der schweizerischen Bundesverfassung oder von Artikel 10 des schweizerischen Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer aus der Schweiz aus- oder weggewiesen wurden, oder mit Bezug auf welche vor dem 1. Januar 1948 ein entsprechender Entscheid ergangen und in der Folge durchgeführt worden ist. Fernerigelten als Deutsche in Deutschland natürliche Personen deutscher Staatsangehörigkeit, gegen welche vor dem l. Januar 1948, gestützt auf eine Verfügung der zuständigen Behörden eines dritten Staates, ,ein Heimschaffungsbefehl erlassen wurde, wenn die betreffenden Personen in der Folge nach Deutschland heimgeschafft worden sind.

Artikel 17 Nicht als Deutsche in Deutschland im Sinne dieses Abkommens gelten natürliche Personen deutscher Staatsangehörigkeit, die: 1. vor dem 27. Juni 1946 die deutsche Staatsangehörigkeit verloren und diese vor dem 1. Januar 1948 nicht wieder erworben haben; 2.'als Volksdeutsche, insbesondere' Sudetendeutsche, Danziger oder Deutschbalten, auf Grund eines generellen Erlasses der deutschen Behörden deutsche Staatsangehörige geworden sind; 3. als Kriegsteilnehmer vor ihrer Einziehung zum Wehrdienst ausserhalb Deutschlands wohnten und nach ihrer Entlassung aus dem Wehrdienst oder der Kriegsgefangenschaft sogleich ins Ausland zurückkehrten; ferner Kriegsteilnehmer, die in der Schweiz Wohnsitz hatten und deren Familien in der Schweiz verblieben sind, auch wenn sie erst später in die Schweiz zurückkehrten.

'

26 Artikel 18 1

Als Deutsche in Deutschland gelten auch alle juristischen Personen des privaten und des öffentlichen Eechts, Handelsgesellschaften, Personengemeinschaften, Stiftungen usw.: 1. die nach deutschem Recht errichtet sind oder ihren Sitz oder den Ort ihrer geschäftlichen Tätigkeit in Deutschland haben. Vorbehalten bleibt Artikel 5, Absatz l, Ziffer 2e; oder 2. die ausserhalb Deutschlands und der Schweiz errichtet sind, und deren Leitung sich in Deutschland befindet oder befand; oder 3. die ausserhalb Deutschlands und der Schweiz errichtet sind und an denen direkt oder indirekt Deutsche in Deutschland zu 50% oder mehr beteiligt sind oder am 16. Februar 1945 beteiligt waren; bei einer deutschen Beteiligung von über 25%, aber unter 50% -wird ein der deutschen Beteiligung entsprechender Anteil an den Vermögenswerten in der Schweiz dem Abkommen unterstellt.

2 Sperre- oder Sequestermassnahmen, welche von anderen Ländern gegenüber den in Absatz l, Ziffern 2 und 3, genannten Personen in bezug auf deren Vermögenswerte ergriffen worden sind, haben, soweit es sich um in der Schweiz liegende Vermögenswerte handelt, das deutsche Interesse nicht ausgeschaltet.

3 Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen der Sequesterkonfliktsvereinbarungen und anderer Vereinbarungen der Schweiz mit solchen Staaten.

Artikel 19 Unter Deutschland im Sinne dieses Abkommens ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und von Berlin (West) zu verstehen.

Artikel 20 1

Als Vermögen deutscher Eigentümer im Sinne dieses Abkommens gelten alle vor dem 1. Januar 1948 erworbenen Werte,; die in der1 Schweiz liegen, wie Guthaben in schweizerischer oder ausländischer Währung, deren Schuldner in der Schweiz, wohnen oder dort ihren Sitz haben -- mit Ausnahme derjenigen Forderungen, die als Hypothekardarlehen durch Hypotheken auf Grundstücken in Deutschland oder auf im deutschen Schiffsregister eingetragenen Schiffen gesichert sind --, ferner Wertpapiere, Banknoten, Gold, Wertgegenstände, Waren, Immobilien, : Bechte usw., Beteiligungen aller Art an in der Schweiz domizilierten juristischen Personen oder Personengemeinschaften.

Massgebend für den Erwerb ist der Zeitpunkt der Begründung des Hechtes.

2 Vor dem 1. Januar 1948 erworbene Vermögenswerte fallen auch dann unter dieses Abkommen, wenn der Erwerber zwar als Deutscher in Deutsch-

27

land im Sinne dieses Abkommens gilt, sich aber im Zeitpunkt des Vermögensanfalls nicht mehrin Deutschland aufgehalten hat.

: Artikel 21 : Nicht als Vermögen deutscher Eigentümer im Sinne dieses Abkommens gelten: / 1. die Vermögenswerte des Deutschen Eeiches, der Deutschen Eeichsbank und der Deutschen Reichsbahn: 1 2. die unter dem Namen «Tägermoos» zusammengefassten deutschen Vermögenswerte ; 3. die Vermögenswerte von Deutschen, wohnhaft in den Enklaven Büsingen und Jestetten; ' 4. die Vermögenswerte der, Gesellschaften, die folgende Grenzkraftwerke besitzen, mit Binschluss der deutschen Beteiligungen an diesen Gesellschaften : ; Rhyburg-Schwörstadt, Kraftübertragungswerke Eheinfelden AG., Albbruck-Dogern, Eeckingen; : 5. die folgenden Sanatorien: Davos-Wolfgang, Agra, , Agra (Kindersanatorium); Arosa (Kindersanatorium) : einschliesslich der übrigen Vermögenswerte der Stiftung Deutscher Heilstätten. Davos und des Vermögens der Burchard-GedächtnisStiftung inDavos; 6. Vermögen,; deren Gegenwert im gebundenen Zahlungsverkehr zwischen der Schweiz und Deutschland bezahlt wurde oder bezahlt werden muss; 7. Vermögenswerte, die vor dem 27. Juni 1946 kraft gesetzlicher Erbfolge oder kraft: eines nachweisbar vor dem 17. Februar 1945 errichteten Testaments auf eine Person übergegangen sind, die nicht als Deutscher in Deutschland im Sinne dieses Abkommens gilt.

Teil VII

'

Schlussbestimmungen

Artikel 22 Etwaige zusätzliche Vereinbarungen zur technischen Durchführung dieses Abkommens werden von den Eegierungen der vertragschliessenden Teile getroffen.

28

Artikel 23 Dieses Abkommen wird schweizerischerseits auch im Namen des Fürstentums Liechtenstein, deutscherseits auch im Namen des Landes Berlin (West) unterzeichnet.

- Artikel 24 Dieses Abkommen, das in zwei Originalen in deutscher Sprache ausgefertigt wird, soll ratifiziert werden, und die Ratifikationsurkunden sollen baldmöglichst in Bern ausgetauscht werden. Es tritt mit dem Tage des Austausches der Katifikationsurkunden in Kraft.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen in Bonn am 26. August 1952 in doppelter Ausfertigung Für die Schweizerische Eidgenossenschaft (gez.) Stucki

Für die Bundesrepublik Deutschland (gez.) Bernhard Wolff

Unterzeichnungsprotokoll

Bei der Unterzeichnung des heute zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Abkommens über, die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende übereinstimmende Erklärungen abgegeben, die einen integrierenden Bestandteil des Abkommens bilden: Zu Artikel 5: Die Begierung der Bundesrepublik Deutschland kann auch in anderen als den in Artikel 5 und 6 aufgezählten Fällen auf Antrag des Eigentümers ganz oder teilweise von der Anforderung eines Beitrages im Sinne der Artikel 3 und 4 absehen, wenn ihr dies aus kulturellen, sozialen oder karitativen Gründen notwendig erscheint. Sie wird die Schweizerische Verrechnungsstelle entsprechend verständigen.

, '··' Ferner sind die von einem der beiden vertragschliessenden Teile zu be^ zeichnenden Kunstgegenstände ohne Beitragsleistung von der Sperre zu befreien.

29 Sofern sich Fälle von deutsch-ausländischer Doppelstaatsangehörigkeit zeigen sollten, bei denen die Anwendung des Stichtages eine besondere Härte bedeuten würde, > erklärt sich die Eegierung der Bundesrepublik Deutschland , einverstanden, dass auf Antrag des Staates, dem der deutsche Staatsangehörige auch angehört, die entsprechenden Vermögenswerte von der Beitragsleistung befreit werden.

Zu Artikel 6: Etwaige von der Schweizerischen Verrechnungsstelle während der Sperrezeit mit Bezug auf die in Artikel 6 genannten Schutzrechte abgeschlossene Lizenzverträge, die noch in Kraft sind, werden durch die Verrechnungsstelle gekündigt und aufgehoben, mit Ausnahme der Abhängigkeitslizenzen im Sinne von Artikel 22 des schweizerischen Bundesgesetzes vom 22. Juni 1907 betreffend die Erfindungspateiite.

Zu Artikel 7: Im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse bei den Versicherungsgesellschaften wird sich das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft mit der Schweizerischen Verrechnungsstelle ins Benehmen setzen, um die Voraussetzungen für die Berechnung des Beitrages der deutschen Versicherungsunternehmen im einzelnen festzulegen.

Zu Artikel 20:

.

Auf deutsche: Währung lautende, in Deutschland ausgegebene Wertpapiere gelten nicht als Vermögen deutscher Eigentümer im Sinne dieses Abkommens, auch wenn sie in der Schweiz liegen.

Ferner, herrscht Einverständnis zwischen den beiden vertragschliessenden Teilen darüber, dass etwa aus der Zeit ihres Wohnsitzes in Deutschland noch bestehende Inlandsverbindlichkeiten von schweizerischen Bückwanderern aus den deutschen Werten dieser Personen getilgt werden können.

Zu Artikel 21: Es besteht Einverständnis darüber, dass die in Artikel 21 aufgeführten Vermögenswerte von der Sperre befreit werden: 1. mit dein Inkrafttreten dieses Abkommens: die in Ziffer 3, 5 und 6 genannten Vermögenswerte; .

' 2. im Einzelfall, nach Erbringung des notwendigen Beweises: die in Ziffer 7 genannten Vermögenswerte; 8. in einem von den Eegierungen der beiden vertragschliessenden Teile noch festzusetzenden Zeitpunkt : die in Ziffer 2 und 4 genannten Vermögenswerte.

30 Beilage II

Übersetzung aus dem französischen und englischen Originaltext

Abkommen zwischen

der Schweiz und Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten betreffend deutsche Vermögenswerte in der Schweiz

Die Begierimg der Schweizerischen Eidgenossenschaft (im folgenden schweizerische Regierung genannt) einerseits und die Regierungen der Französischen Republik, des -Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von 'Amerika (im folgenden die Drei Regierungen genannt) anderseits, im Hinblick auf das von ihnen am 25. Mai 1946 in Washington abgeschlossene Abkommen (im folgenden Abkommen von Washington genannt) und im Hinblick auf das Abkommen, das zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über deutsche Vermögenswerte in der Schweiz am 26. August 1952 in Bonn abgeschlossen wurde (im folgenden schweizerisch-deutsches Abkommen genannt), sind übereingekommen., das folgende Abkommen zu schliessen: , Artikel l Die schweizerische Regierung wird die Summe von 121 500 000 Schweizer Franken, welche gemäss dem schweizerisch-deutschen Abkommen innerhalb zwei Wochen nach Empfang der Mitteilung über das Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens von der deutschen Regierung1 der schweizerischen Regierung gezahlt werden, unverzüglich zugunsten der Drei Regierungen auf ein bei einer von den Drei Regierungen bezeichneten Bank zu eröffnendes Konto einzahlen, unter Abzug von 20 Millionen Schweizer Franken, die von der schweizerischen Regierung in Übereinstimmung mit Abschnitt V der Beilage zum Abkommen von Washington vorgeschossen wurden.

Sobald die Zahlung auf das bezeichnete Konto erfolgt, werden die Verpflichtungen aller Parteien des Abkommens von Washington hinsichtlich deutscher Vermögenswerte in der Schweiz, die Personen mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland oder in den Westsektoren Berlins gehören,

31 als erfüllt betrachtet werden. Es treten damit die Bestimmungen des Abkommens von Washington und der Beilage dazu hinsichtlich solcher Vermögenswerte ausser Kraft und es werden die Ansprüche der Drei Regierungen und der Eegierungen, in deren Namen sie handeln, auf solche Vermögenswerte als endgültig abgegolten betrachtet.

Die Stellung, welche eine der Parteien dieses Abkommens hinsichtlich Anwendung, Auslegung und Erfüllung der durch dieses Abkommen nicht berührten Bestimmungen des Abkommens von Washington einnimmt, bleibt vorbehalten.

; Artikel 2 Die in Deutschland bestehende Gesetzgebung über die Beschlagnahmung und Erfassung des deutschen Auslandsvermögens wird hinsichtlich der deutschen Eigentümer von Vermögenswerten in der Schweiz durch Streichung der Schweiz von der .Liste im Anhang zum Gesetz Nr. 68 der Alliierten Hohen Kommission aufgehoben werden.

Artikel 3 Die Stellung,, welche ein Mitglied der Interalliierten Reparationen-Agentur hinsichtlich eines zwischen ihm und der Schweiz abgeschlossenen oder abzuschliessenden Sequesterkonfliktsabkommens einnimmt, wird durch das vorliegende Abkommen und das schweizerisch-deutsche Abkommen nicht berührt.

Artikel 4 Das vorliegende Abkommen und das schweizerisch-deutsche Abkommen begründen weder für Personen noch für Regierungen irgendwelche Rechte hinsichtlich Vermögen in einem Land, das nach dem 1. September 1939 mit ; Deutschland im Kriege stand.

Artikel 5 Die schweizerische Regierung handelt in bezug auf dieses Abkommen auch im Namen des Fürstentums Liechtenstein, und die Drei Regierungen handeln in bezug auf dieses Abkommen im Namen des Länder, welche Mitglieder der Interalliierten Reparationen-Agentur sind.

; Artikel 6 Dieses Abkommen wird in Kraft treten a. wenn die Drei Regierungen von der schweizerischen Regierung benachrichtigt worden sind, dass die zuständigen schweizerischen Behörden das Abkommen genehmigt haben,

32 l. wenn die Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland betreffend deutsche Vermögenswerte in der Schweiz und betreffend die Eegelung der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen 'das ehemalige Deutsche Eeich in Kraft getreten sind.

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten, mit gebührender Bevollmächtigung durch ihre Regierungen, das vorliegende Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen in vierfacher Ausfertigung am achtundzwanzigsten August 1952 in Bern, in französischer und englischer Sprache, wobei beide Texte gleichwertig sind.

Für die schweizerische Regierung: (gez.) Stucki Für die Regierung des Vereinigten Königreichs: . (gez.) P. Scrivener

Für die französische Regierung: (gez.) J. Chauvel Für die Regierung der Vereinigten Staaten (gez.) R. C. Patterson Jr.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz (Vom 29. August 1952)

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