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Aus den Verhandlungen de... schweiz. Bundesrathe.

(Vom 17. März 1865.)

Aus eine von der Regierung des Kantons St. Gallen erhobene Einsprache gegen den am 15. Februar d. J. in Sachen der Verpflegung der polnischen Flüchtlinge vom Bundesrath gesagten Besehlnss ^), hat dieser der gedachten Regierung Folgendes erwidert :

Tit.!

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..Mit Znfchrist vom 3. dieses Monats stellen Sie an den Bundesrath das Gesuch, er mochte aus seinem Besehlusse vom 15. Februar betreffend das künstige Verhalten des Bundes in Sachen der polnisehen Flüchtlinge nieht verharren, oder doeh wenigstens die Vollziehung desselben so lange sistiren, bis den eidgenossisehen Räthen in ihrer nächsten Versammlung Anlass geboten sein werde, sieh darüber anzusprechen und selbst geeignete Verfügungen darüber zu tressen. Sie sehen sich veranlasst, gegenüber unserm Vorgehen alles Ernstes Verwahrung einzulegen, und begründen Jhr Gesuch kurz damit, dass die Verhältnisse, unter welchen die polizeiliche Kontrole vom Bunde übernommen und die Beiträge an die Kantone bewilligt worden, sich bis zur Stunde gleich geblieben seien.

,,Wir bedauern, Jhrem Begehren weder in der einen, noch in der andern Richtung entsprechen zu konnen, und wollen nicht ermangeln, unsere Gründe Jhnen kurz darzulegen.

,,Die gegenwärtige Flüchtlingsinvasion unterscheidet sich von den srühern

wesentlich dadurch, dass die Flüchtlinge nicht unmittelbar vom Kriegs-

sehauplaze kamen und, von ihren Verfolgern gedrängt, sich in unser Land flüchten mnssten. Weitaus die meisten hatten in andern Ländern provisoriseh ein Unterkommen gesunden und sind nur nach längst beendigtem Aasstande in Volen durch das harte Benehmen verschiedener Staats..

regierungen gezwungen worden, in unser weitentferntes .Land zu kommen.

Die Schweiz, getreu ihrer alten Uebung, eine Zuflnehtstätte sur politisch Verfolgte zu sein, hat aus Hnmanitätsrüksichten willig die Unglükliehen aufgenommen. Obwohl naeh den Grundsäzen unsers Bundesstaatsrechtes die Ertheilung des Asyls zunächst Saehe der Kantone ist und der Bund in der Regel die Kantone nicht zum Asvl zwingen kann, so musste der Bundesrath, ähnlich wie in frühern Fällen und nach Massgabe der durch die Bundesversammlung wiederholt genehmigten Grundsäze, auch diesmal von dieser Regel abweichen, nachdem der Andrang der Volen sich erheblich. vermehrt hatte. Die Ordnung und das Wohlvernehmen

^) Siehe Seite 1.^1 hievor

267 unter den Kantonen erforderte dieses Einschreiten gebieterisch.

Der Bundesrath ist aber nicht dabei stehen geblieben, nur ordnend nnd mod.fi^ireud einzugreifen , sondern er hat sich zugleich zn solchen pekuniären Opfern herbeigelassen , wie früher nie . woher es auch kommt, dass die Beitrage der Bm.deskasse schon dermalen bereits eben so hoch stehen, als die .Ausgaben sämmtlicher Kantonskafsen. Zudem stehen dem Bunde noch grosse Ausgaben bevor, indem er es übernommen hat, den Flüehtlingen die Reisemittel, so weit sie deren bedürfen, zu verschaffen, so dass die Sehlussrechnung leicht aus eine Hohe steigen dürste, die zeigen wird, dass der Bund das Seinige gethan hat.

.,Es scheint nun aber d^ Ze.t gekommen zu sein, die FlüchtlingsAngelegenheit wieder anf die gewohnliche Grundlage zurükzuführen, immerhin unter Vorbehalt der Art. 57 und 90 der Bundesversassung. Bei

Ausnahme der Flüchtlinge waltete gewiss nirgends die Absicht. sie bleibend

zu übernehmen, sondern man wollte ihnen eine einstweilige Zufluchtstätte verschassen nnd ihneu Gelegenheit geben, die weitern Vorkehrungen für ihre Zukunft ^u tressen. Wir glauben, mit unserm Beschlnsse vom 15. Hornung in geeigneter Weise diese allmälige Verweisung der Flüchtlinge auf ihre eigene Kraft eingeleitet nnd damit keine übertriebenen Znmuthungen an sie gemacht zu haben.

,,Wir haben hinlänglich Gelegenheit gehabt, zn bemerken, dass die lange dauernde Bundesunterstüzung nur nachtheilige Folgen nach sich zieht. Das Jnteresse, die unbeschäftigten Flüchtlinge allmälig ^ur .^breise zu veranlassen,. wird nicht wach gehalten, eben so wenig das Bestreben, denselben Arbe.t zn verschaffen. Vereine und Vrivaten sind in den meisten Kantonen nicht mehr mit ihrer hülfreichen Hand da, und hinlängliche Anzeichen beweisen , dass auch die Regierungen es nicht am Vlaze erachten, eine Art von Garantie z..t schaffen, welche den Flüchtlingen eine längere nnd sorgenfreie Existenz in Aussieht stellen soll.

,,Der Zufluss der Flüchtlinge hat anfgehort; die osterreiehischen Kasematten, woher stets einzelne gekommen, sin.^ leer geworden, und in andern deutschen Staaten sind bekanntlich sehr wenige Bolen. Wir stehen also nicht mehr einer ungewissen Zahl von brodlosen Einwanderern gegenüber.

Wir wissen, dass wir, mogen auch noch Einzelne eintressen, unter der Zahl stehen, wie fie 18^0 vorhanden war, als die eidg. Unterstüzung aufgehoben wurde und dass wir dennoch längere Termine gewährten, als damals gewährt worden sind. Es ist also den Kantonen keine ^u grosse Zumnth^ng gemacht worden, zumal sie dnreh die Gestattnng weitgehender Ausnahmen bedeutend gemildert wird. Aber auch den Flüchtlingen gegenüber kann man das eingeschlagene Verfahren unmöglich eine Härte nennen.

,,Das As^l wird ihnen von keiner Seite beeinträchtigt. Der wirklichen Roth ans Alter, Krankheit, Verwundung ^. werden die Kantone und wird au.^ der Bund fernerhin zur Seite stehen. Aber wenn wir von jungen,

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gesunden. krängen Leuten bloss verlangen , was wir von unsern eigenen Mitbürgern verlangen , so kann das sicher nicht zu viel sein. Es ist ohnehin des Flüchtlings würdiger, er suche seinen Erwerb durch eigene .Kraft, als dass er sich bald vom einen , bald vom andern Danton oder Staat ernähren lässt. Und wenn nun die Schweiz, wie es geschehen ist, jedem mehrere Monate Frist gestaltet hat, um sich zn bedenken, und eine Wahl für Sicherung der ^uknnst zu treffen, so hat sie mehr geleistet, als irgend ein anderer Staat. Wir fanden es daher ganz begreiflich, dass es mehrere Kautone gab, die von sich aus eine ...lenderung beschlossen und dadurch indirekte die von uns schon vorher beabsichtigte allgemeine ^lus.^ hebung der eidg. Unterstützung an gesunde und kräftige Leute besordert haben, zumal denselben auch noch andere Länder offen stehen. Es haben die Kantone und die privaten mit ihren ökonomischen Leistungen bewiesen, dass sie thatträstig dem Unglüke zur ........eite stehen, und auch der Bund wird mit Recht daraus hinweisen dürfen, dass er zu diesen edeln Bestrebungen würdig beigetragen habe.

..Wir glauben , Jhnen auch in einer andern Beziehung noch Be^ ruhignng geben zu sollen. Sie scheinen nämlieh von der Ansicht auszugehen, dass aueh sogleich alle polizeiliche Koutrole von ..^eite des Bundes aushoren werde. Es ist dies jedoch keineswegs richtig. Schon die ^.rage der möglichen Heimatlosigkeit und was damit zusammenhängt, wie die Verhandlungen mit den auswärtigen und namentlich mit dem Heimats^.

staate, serner die Begünstigung der Reise nach dem Zustande und Ge.^ währung der Reisemittel :.e. bietet genügenden Grund dar, eine eil..g.

Kontrole beizubehalten. ^azu kommt, dass von Seite der Kantone wahr.

scheinlieh vielen Flüchtlingen die ausnahmsweise zulässige weitere Untere stüznng gewährt wird, denen auch der eidg. Beitrag zugesichert ist.

Jn diesen beiden Riehtungen ist daher allerdings noch längere ^..it eine Kontrole geboten, und sie wird aueh von unserm Justiz- nnd ^oliz.^i..

departement in geeigneter Weise geüb.^ werden. Dagegen hat aber eine Koutrole über Verteilung der Flüchtlinge unter die Kantone und über

Ausgleichung der bezüglichen Last nicht mehr ^tatt und hat au.... keine

Bedeutung mehr, da doch wohl nach fast einem Jahre seit Beginn der Einwanderung der ^nfluss aufgehort hal.^.n wird.

^um ^chlnsse glauben wir no.^h Daraus hinweisen zn dürfen , dass

bei einigem guten. Willen und bei gegenseitiger Unterstn.zung die Verhältnisse bis Ende Mai vollends ganz andere sein werden. ^er ^ruhling rükt heran, und Jedermann, der arbeiten kann und will, wird sein Brod durch eigene .^hätigkeit finden kennen. Denjenigen aber zu nnterstuzen, der ui.^ht arbeiten will, obschou er es konnte, entspricht in keiner Weise den Anschauungen der schweizerischen Bevölkerung.

,,Wir konuen mit Rüksicht hieraus nieht umhin, iu.mer wieder daraus zurükzukonnuen, wie wüns..henswerlh, ja unerläßlich es wäre, dass Behorden, Uuterstüzungsvereine oder privaten es stch angelegen sein liessen,

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den Flüchtlingen Arbeit zu verschaffen oder ihnen Anleitung zu geben, wo und wie sie nüzlieh beschäftigt werden konnten, indem durch eine regelmäßige nnd anhaltende Beschäftigung sicher sowohl die Jnteressen der ..s.^lbedürstigen Jndividuen, als diejenigen der abgebenden Gemeinden am wirksamsten und nachhaltigsten gefordert würden.

"Hiermit schließen wir unsere Bemerkungen, und bennzen auch diesen Anlass, Sie, getreue, iiebe Eidgenossen, nebst uns in den Schuz Gotte^ ^u empfehlen...

Die kais. franzosisehe Gesandtschaft hat mit Rote vom 14. dies dem Bundesrath die Miltheilung gemacht, dass in Baris vom 1. Mai 1867 bis zum 30. September gleichen Jahres eine a l l g e m e i n e .Ausstellung für alle Rationen erossnet werde; wesshalb an sämmtliehe Kantonsregierungen folgendes Kreisfehreiben erlassen wurde :

^it.^ .,Die französische Gesandtschaft macht uns mit Rote von. 14. dies

die Mittheilung, dass am 1. Mai 1867 ^u Baris eine bis zum 30.

September gl. J. dauernde landwirthschaftliche und gewerbliche Ausstel-

lung, verbunden mit einer allgemeinen Kunstausstellung, für alle Rationen erofsnet werde, und dass die kais. Regierung einen grossen Werth aus eine zahlreiche Betheiligung aneh von Seite der Schweig lege.

^,Jndem wir diese Einladung verdanken , sprechen auch u.^r unsere .Ansieht dahin ans, dass in einem Momente, wo die Schranken, welche bisher die Jnduftrie beider Länder trennten , in erheblichem Masse beseitigt werden, die Betheiligung an den. Unternehmen für die Schweiz erhöhte Bedeutung haben muss.

,,Hinwieder haben wir unsern Gesandten in Baris eingeladen , sieh mit unserm Departement des Jnuern über die einschlägigen Fragen in direktes Vernehmen zu sezen. Vorderhand moge er dahin wirken , dass bei einer porläusigeu Raumvertheilung die Schweiz gehorig bedacht werde, da ihre Betheiligung voraussichtlich eine ziemlich bedeutende werden dürste.

ferner wolle der Herr Minister darauf Bedacht nehmen, dass die Schweizer in Baris sich organisiren , uni den herwärtigen Ausstellern au die Hand ^u gehen , damit die Schweiz bei dieser Gelegenheit wurdig auszutreten im ^alle sei.

.^ "Jndem wir die ^hre haben, Sie hievon zu benachrichtigen, sprechen wir unsere Ueberzeugm.g dahin ans, es liege im grössten Jnteresse unserer Landwirthsehaft, Jnduslrie und Knust, dass die ans dem dnrch den Handelsvertrag neu erofsueten Markte mit einem Absazgebiete von vierzig Millionen in möglichst vortheilhastem Lichte erscheine.

270 ,,Wir glauben daher, es sollten auch die .^antonsregierungen der Sache schon jezt ihre Aufmerksamkeit Anwenden und auf eine kantonale Organisation Bedacht nehmen.

,,Für alle einschlägigen Fragen wollen Hoehdiefelben sich mit untren.

Departement des Jnnern in direkten Verkehr se.^en. Sobald Rähere.^ über das Brogramm der Ausstellung bekannt ist , werden wir nicht ermangeln, Jhnen davon sofort .^enntniss zu geben. ^

^..lns den Antrag des eidg. Militärdepartements hat der Bundesrath die nachstehenden Jnsanteriebalaillone ^um diesjährigen Truppen^usammen.^ ..,uge einberufen :

Das Bataillon ^ ^

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Rr. 9 17 ,, 24 ,, 28 ,, 34 43 ,, 4.)

,^ 71 ,, 72 .^ 74 ,, 76

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Halbbataillon

von

Zürich.

Aargau.

.Luzern.

^ ,, St. Gallen.

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Zürich.

,, ,, ,..

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Bern.

Thnrgan.

Schasshausen.

Solothurn.

Unterwalden.

,,

Schwpz.

(Vom 20. März 1865.)

Der Bundesrath hat ein Reglement über die Erfordernisse für die Brevetirnng von Artillerie-Unterosfizieren zu Artillerie^ssi^ieren erlassen.

Dem Direktorium der schweig. Zentralbahn ist aus sein Gesuch hin vom Bundesrath die Konzession ertheilt worden, einen zweiten Drath auf der Telegraphenlinie zwischen Läuselfinge.n und O l t e n , behuss Erstellung einer elektrischen Signalvorrichtung , anbringen zu lassen.

271 Der Bundesrath wahlte :

als Bostkommis in Renenburg. Hrn. Wilhelm Gehrig, Telegraphist, ,, Visiteur -Gehilsen in Meyrin :

von und in Ammerswhl (Aargan) , Hrn. Vineent .Louis Michel, von Eppalens des Planches (Waadt), bish. Zolleinnehmer in Vireloup

(Genf).

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Ausschreibung.

Dle Postverwaltung hat die Erstellung eines schweizerischen Postlexikons beschlossen und erosfnet hiemit die Konkurrenz für den Druk demselben.

Die Bedingungen und Muster konnen bel sammtllchen Kreispostdirektionen eingesehen Werden, und die Eingaben stnd spätestens bis am .^1. März t8^5 franko und verschlossen, mit der Uebersehrift. Angabe für den Druk des Postlexikons", an das s..hweiz. Postdepartement einzusenden.

Bern, den 11. März 18..^.

Das schweizerische Postdepartement.

Raeff.

Bekanntmachung.

Dem unterzeichneten Departement ist nunmehr auch auf amtlichem Wege zur Kenntniß gekommen, daß die Gartenbau-Aktien-Gesellschaft "Flora" in Köln, im herein mit den hervorragenden Fachmännern der Provinz unter dem Protektorate Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Preußen und unterstützt von den Spitzen der Behorden und des Handelsstandes . am 15. Mai nächsten in den kostenfrei einzuräumenden Anlagen genannter Gesellschaft eine internationale l a n d w i r t s c h a f t l i c h e A u s s t e l l u n g veranstalten wird.

Bunde...blatt. Jahrg. XVII. Bd. I.

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1865

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12

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.03.1865

Date Data Seite

266-271

Page Pagina Ref. No

10 004 710

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