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Schweizerisches Bundesblatt.

.^Vll. Jahrgang. .lV.

Nr. ^.

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9. Dezember 18^.

Bericht der

ständeräthlichen Kommission über den Rekurs des Herrn Georg Schneeli-Wafer in Zürich.

(Vom 28. Oktober 1865.)

Tit.l Der porliegende Reehtsfall ist nicht bloss von bedeutendem materiellem gelange, sondern er entbehrt aneh keineswegs des inridisehen Jnteresfes ; das Faktische desselben aber ist einfach und lasst sich in Kürze folgendermassen zusammenfassen : Der Segliaser Wald in Lungnetz , Kantons Graubünden , welcher früher der Firma Jakob Schneeli und Sohne in Wallenstadt zugehörte, wurde bei der Liquidation dieser Firma auf ossentliche Versteigerung gebracht und hier von Hrn. Georg Schneeli-Waser in Zürich erstanden.

Bald nachher machte sein Bruder, Hr. Jakob Sehneeli in Stadelhosen in Zürich, Anspruch auf Miteigenthum an diesem Walde, indem er nämlich behauptete, es sei der Ergantung eine geheime Verabredung vorausgegangen, nach welcher dieselbe ans gemeinsehastliehe Rechnung der drei Brüder Me.nrad, Jakob und Georg Sehneeli geschehen sollte. Es war damals Hr. Georg Schneeli , welcher behauptete, dass die von seinem Bruder gegen ihn erhobene Klage vor dem Gerichtsstande seines Wohnortes auszutragen sei, ohne Zweifel aus keinem andern Grunde, als weil im

Danton Zürich der Vartheieid nicht zulässig ist uud daher dem Kläger der Beweis für die streitige Verabredung gemangelt hätte.

Bundesblalt. Jahrg. XVII. Bd. IV.

Der Bundesrath 5

^6 entschied jedoch unterm 23. Rovember l 863 ganz richtig, dass die Kla^ als eine dingliche vor die graubundner'sehen Gerichte gehore. Die Bartheien erschienen nun an. 18. April 1864 vor den. zustandigen Vermittleramte in Villa. Hr. Jakob Sehneeli formulate hier das Rähere seiner Klage aus Miteigentum am Segliaser Walde , wogegen Hr. ^..eorg Schneeli .^wei Widerklagen anhängig machte. Die eine derselben betrisft eine Entschädigungssor^erung, welche mit der Vorklage im engsten Zusammenhange

steht und gegenwärtig nicht in Frage liegt , die andere findet sich im

Leitschein wirklich folgendermaßen ausgedrückt: ,,Beklagter fordert eveutuell M i t e i g e u t h n m an dem vom Widerbeklagten von Jakob .^..hueeli und .^ohne angekauften, in ^ ü r i c h g e l e g e n e n H o l z p l a l ^ nebst zwei Hol^sehopfen, resp. den. daherigeu Erlos.^ Mit Bezug auf diese Wider-

klage bestritt Hr. Jakob ^chueeli , Kläger und Widerbeklagter , sofort

die Zuständigkeit ..^s graubündne^sehen Forums ..ud behauptete, dass dieselbe vor dem Gerichtsstände der belesenen ...^aehe zu erortern sei. Das B.^ ^irksgericht Glenner, welches zuerst über .^iese Kompetenzfrage ^u e^ scheiden hatte, trat der Ansehanungsweis... des Hrn. Jakob ...^..hneeli bei, und wies di.. Widerklage znx Benrtheilun^ au die ^ürcher'schen Gerichte.

Das Kantonsgericht vou Graubünden hingegen , au welches diese Eutscheidung weitergezogen wurde , erkanut^ unterm l 6. November l864 wortlich folgendes . .,Das sür die Hauptsache iu dieser Streitfrage kon..

ftiluirte Gericht wird auch als der für die . auf einen Antheil am Erlos gerirtele Widerklage kompetente Gerichtsstand anerkannt.^ Dieser Be-

schluss stü^t sich ans folgende Erwägungen . ,,dass der Widerkläger laut

Leits.heiu vor Vermittluug nicht lediglieh Miteigeuthumsrechte ..n sraglichem Hol^plal^e und den ^wei Gehopsen ^ sondern beziehungsweise Mitautheil an. dal.^erigen Erlos angesprochen nnd seine Ansprüche vor erster Jnstan^ , wo^u er d^rch ^ 1l)4 des ^ivilprozesses berechtigt ist, im Reehtssat^ im le^teru ..^inn prä^isirt l^at ; dass die ^atur einer Klage sieh bloss durch den Jnhalt des Klagpetitums bestimmt, dass suh somit di...

zeitige Widerklage als eine personliche .^ualisizirt, und dass laut ^ 3l

des Eivilpro^.sses ^urch Auhängigm.^chuug einer Klage aueh der Geriehts.^ stand für jede Widerklage begründet wird, mit Ausnahme derjeuigeu, die au den Gerichtsstand der gelegeuen ^ach.. u. s. w. gebunden stnd.^ Hr.

Jakob ^chne..li ergr^ gegen das kantousgerichtliche Urtheil Rekurs au den Bundesrath . und ^e^erer hat Dasselbe durch seinen Beschluß von.

.^8. Juni l. J. angehoben, dessen Moli^iruua wir übergehen kennen, weil sie gedruckt iu Jhren Händen liegt. ^ Gegen den Beschluß des Bundesrathes, welcher die Widerklage au ...ie Geriete ^es Kautons ^ürich verweist, xeknrrirt nun Hr. Georg .^chn..eli, welcher seine ^echtsbehau^ tung wohl aueh nur dnr..h den ^arti^eieid ^.. erhärten im ^.alle wäre,

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57 an die Bnudesversammlnng , er bernst sich dabei einfach ans seine, dem Bundesrathe eingereichte Rechtssehrift , deren wesentlicher Jnhalt Jhnen

ebenfalls gedruckt vorliegt.

Jndem wir nun zur rechtlichen Würdigung des Rekurses übergehen, müssen wir die Bemerkung vorausschicken, dass, selbst wenn wir mit dem .^antonsgerichte von Graubünden die Widerklage des Hrn. Georg Schneeli als eine persönliche auffassen würden , wir vom Standpunkte unsers Bund^.sstaatsrechtes aus noch nieht zugeben könnten, dass ^ e d e persönlu.he Forderung als Widerklage geltend gemacht werden könne. Gegenüber dem allgemeinen Grundsatz des Gerichtsstandes des Wohnortes, welcher in .^rt. 50 der Bundesverfassung aufgestellt ist, erscheint vielmehr die ^ulässigkeit einer Widerklage immer als eine .Ausnahme und ^ars nicht weiter ans^edehnt werden als, wie es l.^isher durch die Bra^.is ^er Bundesbehorden geschehen ist, aus Forderungen, w..l..he ans den. nämlichen sa^tischeu Verhaltnisse entstanden sin^ wie die Hauptklage. Jm vorliegenden ^alle nnn wäre ..ine solche .^onne.^ität allerdings vorhanden, indem Hr. Georg .^chueeli , welcher eine für ihn rechtsverbindliche. Verabredung hinsichtlich des ^nngn.^er Waldes bestreitet, sür den Fall, das^ Dieselbe gleichwohl angenommen würde, behauptet, dass sie sich auch aus ^den Holzplal^ in Zürich beziehen müsste. Dagegen sind die .^artheien, wie das .^antonsgeriebt vou Graubünden, darüber einverstanden, dass, falls das Rechtsbegehren des Hrn. ^eor^ ...^ehneeli dinglicher ^atur ist, es nieht auf ...eu. Wege einer Widerklage vor einen^ ..n sich iukompetenteu Richter angebracht werden kann .. denn da^ Streitigkeiten über Eigenthum , resp. Mitei^enthüm an eine^n Grundstück... nur von dem Richter der gelegenen ^ache beurtheilt werden können, ist ein allgemein anerkannter Rechtsgrundsa.^, den auch das schweizerische ...^taatsreeht vollständig ..doptirt hat. .Wir halben daher . mit dem ^antonsgerichte und mit dem Bundesrathe einzig zu untersuchen, ob die Widerklag... de^ Hru.

Georg ^chneeli einen persönlichen oder einen dingliehen Charakter au sieh trage, und gehen dabei mit den beiden Behörden darüber eini^, .^ass

die Ratur einer ^.iage sich lediglich durch den Jnhalt des .^lagpetitums

bestimmt. Jm vorliegenden ^.alle aber lautet das .^lagpetitum , ^vie e.^ in dem , die Grundlage des ganzen Prozesse.^ bildenden ^eitseheiue enthalten ist. ganz bestimmt auf M i t e i g e n t h u m an d e m in ^ ü r i c h g e l e g e n e n Ho.^plat.... nebst ^vei Hol^schopseu ; und wenn uoeh die Worte beigefügt sin^ . ,,ref^. den. daherigen .^.rlos^, so können wir ^ie^ nicht anderà interpretiren als in dem selbstverständlichen .^inne , ^ass, wenn während de^ Prozesses ^er Ho^pla^ verkauft werden sollte , als^ ^ann der. Erlös an ^ie .^t.^ll^ ^e^ Grun.^stü.^es ^u treten hätte. Das erste Rech.^begehreu, weiches auf Miteigenthum gerichtet ist, ist offenbar ^as pri....ire, fundamentale, ^as zweite, welehes einen Antheil am Ertose .^.l.^..^, ift ein sekundres, eventuelles, ...^ ^nem ^b^eleitete^.

^ ^ur Zeit, als Georg Schneeli seine Widerklage anhangig machte, befand fleh der Ho^platz in Zürich offenbar noch im Besitze de... Jakob Sehneeli, denn sonst würde Ersterer nicht die für ihn ungünstige Form einer Miteigenthumsklage ausgewählt, sondern ex würde steh darauf beschränkt haben, eine Geldsorderung an seinen Bruder zu stellen, welche dem Betrage des Erl.osantheiles , den er für stch in Anspruch nimmt, gleichgekommen wäre. Die Thatsache, dass der Verkauf des Holzplatzes

an die Dampfschifsfal..rtsgesellschast erst n a eh der Einleitung des VroCesses stattfand, wird überdiess bestätigt durch den bei den Akten liegen-

den Kaufbrief vom 30. April 1864, welcher jedoch dem Kantonsgerichte von Graubünden nicht vorgelegen zu haben scheint, und auf den wir daher nicht besonders abstellen wollen. Wenn aber ans der Fassung des Leitscheines selbst klar hervorgeht, dass am 18. April 1864 der Holzplatz sich noch im Bestie des Jakob Schneeii besand, so kann die Thatsache der erst später, d. h. nach Einleitung des Vrozesses, lite pendente ge^ schehenen Veräusserun^ desselben steherlich nicht geeignet se^n, die Ratur der Klage zu ändern und damit den Gerichtsstand für dieselbe zu verrücken. Wenn das Kantonsgericht von Graubünden steh noch daraus beruft, dass Georg Schneeli vor erster Jnstanz seinen Rechtsanspruch im Sinne einer personlichen Forderung näher präzisirt habe, wozu er nach dem dortigen Ewilprozess berechtigt gewesen sei... so liegt uns das erst^ instanzliche Urtheil nicht vor. und wir können daher nicht wissen, inwie-

ferne der Widerkläger bei der daherigen gerichtlichen Verhandlung wirklich nur von einem ihm gesetzlich zustehenden Rechte Gebrauch gemacht hat, aber das darf doch wohl als ausgemacht betrachtet werden, dass die sogenannte Bräzisirung den ursprünglichen Eharakter der Klage, welche prmcipaht.er eine dingliche war, nicht ändern konnte. Dass auch der eigene Anwalt des Hrn. Georg ^..l.neeli die .^aehe so auffasste, beweist

seine Zusehrist vom 2l. Jnli 1864 an das Präsidium des Kantons-

Berichtes, in welcher er sich über die Verhandlung vor Bezirksgericht Glenner folgendermaßen äussert: .,Der Vrozess sollte am 7. v. Mts. zur Entscheidung kommen. Hr. Georg^ ...^chneeli hatte eine eventuelle Klage

auf Miteigentum am Holzplatz in Zürich gestellt. Die Gegenpart bestxitt die Zulässigkeit derselben und erhielt Rechte Dass endlieh das Kantonsgerieht selbst nicht annahm. dass durch die sogenannte Vrä^isirung das ursprünglich gestellte Rechtsbegehren seine ^Ratnr habe ändern können, beweist die an der Spitze seines Urtheils stehende Onalisikation . ,,be.^ treffend die Vorfrage, ob der Beklagte seine behaupteten eventuellen Ansprachen auf den von Jakob ^ehneeli und .^ohne verkausten Holz platz und auf zwei Holzschopse in Zürich, resp. aus den daherigen Erlös, bei dem für die Hauptsache konstituirten Gerichtsstand durch eine Widerklage geltend machen k^nne^.

^ Rach dieser Eroberung der Sache ^ehliesst Jh.:e .kommission einstimmig mit dem Antrage: Es se.^ der Rekurs des Hrn. Georg SchneeliWaser abzuweisen und somit der Besehlnss des Bundesrathes vom 28. Juli

l. J. zu bestätigen.

M^t vollkommener Hochachtung l

Bern, den 28. Oktober .1865.

Samens der .kommission, ^) Der Berichterstatter: ^

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^l^er.

^) ...^ie ^ekurskommisfion des Ständerathes bestand aus den Herren .

l^r. J. .^. B l u m e r , ln ^larus.

^d. .^äder.lin, in .^lnfelden.

.^hil. C a m p er io, ln Genf.

^r. .^. .^. .^ ü t t i m a n n . in ^ürl..h.

.^mll W e l t i , in ^aran.

^ ^ t e . Der .^ekur.^ S ^ h n e e l i wurde abgewiesen ......m Ständerathe am 30.

Oktober 18^ und vom ^.ationalrathe am 11. ..^...ember glel^en Jahres.

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Bericht der ständeräthlichen Kommission über den Rekurs des Herrn Georg SchneeliWafer in Zürich. (Vom 28. Oktober 1865.)

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