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Schweizerisches Bundesblatt.

XVII. Jahrgang. lll.

Nr. ^0.

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Kommission des Nationalrathes, betreffend die provisorische Inkraftsetzung (mit dem 1. Juli 18^) des durch den Handelsvertrag mit Frankreich vereinbarten schweizerischen .Konventionaltarif.... gegenüber dem deutschen Zollverein und Italien ^).

(Vom l 3. Juli 1865.)

Tit..

Bekanntlich haben im Lause des gegenwärtigen Jahres mit zwei unsere.. Nachbarstaaten, nämlich mit Jtalien und dem deutschen Zollverein, Verhandlungen zum Behufe des Abschlusses von Handels- und Zollvertragen stattgefunden. Der Vertrag mit Jtalien ist im Entwürfe abgeschlossen und bereits so weit in Ordnung, dass er nächstens zur Ratifikation wird vorgelegt werden kennen; die Verhandlungen mit dem deutschen Zollverein

schienen ebenfalls zu gedeihlichem Ziele gelangt zn fein und es stand die

Frage der Ratifikation des daherigeu Vertrags bereits aus der Traetandenliste der gegenwärtigen Simung der Bundesversammlung, als ganz un erwarteter Weise deutscher Seits Schwierigkeiten auftauchten, welche eine neue Verzögerung in Aussicht stellen und jedenfalls nicht gestatten werden, den Vertrag in nächster Zukunft bereits iu's Leben treten zu lassen.

^ Vergl. Botschaft des Bundesrathe vom 1. Juli 18.^o, Selle .^l) hlevor...

Bundesblatt. Jahrg. ^^ll. Bd. IlI.

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462 Es ist diese lettere Thatsache um so mehr zu beklagen, als mit dem 1. Juli ..865 der neue Zolltarif Deutschlands, welcher auf der Basis des sranzosisch-deutschen Handelsvertrags namhafte Einsuhrzoll-Erleichternngen auf einer grossen Reihe von Artikeln gewährt, in Krast getreten ist, aber, zufolge eines befondern Beschlusses der Generaleonferenz in Berlin, der Schweig gegenüber nur dannzumal ebenfalls mit dem 1. Juli Anwendung finden sollte, wenn bis dahin der Vertrag mit diesem Lande al^ gesichert zu betrachten sei. Bei der Baraphirung in Stuttgart wurde dann von den deutschen Bevollmächtigten die Erklärung abgegeben , dass jene Bedingung nunmehr als erfüllt betrachtet werden dürfe und dass man geneigt sei, den neuen Tarif auch der Schweiz gegenüber vom 1. Jul..

an in Kraft zn fe^en, falls hinwieder die Schweiz im Falle sei, Gegenrecht zu halten, beziehungsweise auch den deutsehen Bropenienzen diejenigen Zollbegünstigungen zu gewähren , welche durch den Handelsvertrag mit Frankreich vom 30. Jnni 1864 den aus diesem Lande stammenden Waaren eingeräumt worden sind. Es wurde dann diese Erklärung wiederholt und

bekräftigt durch ein Schreiben des württembergischen Ministeriums der

auswärtigen Angelegenheiten vom 29. Juni.

Ganz ähnlichen Verlauf nahm die Sache bei Jtalien. .Nachdem die Baraphirung des Vertrags mit diesem .Lande erfolgt war, gab die dortige Regierung die Zusichernng, dass sie sofort bereit sei, provisorisch den Konventionaltarif, der mit Frankreich vereinbart worden, aueh der ...Schweiz gegenüber zur Geltung zu bringen, falls diese Gegenre.ht halte.

Es ist nun keinem Zweifel unterworfen, dass es im hohen Jnteresse der Schweiz lag, diese Anerbietnngen des deutschen Zollvereins und Jtaliens zu aeeeptiren ; denn die neuen Tarife dieser Länder gewähren , gegenüber den bisherigen, einer grossen Anzahl von Einfuhrartikeln so erhebliche Zugeständnisse, dass der schweizerische Jmport durch eine disferentielle Behandlung empfindlichen Schaden leiden müsste. Wir erinnern nur Beispielsweise^ daran, dass im Zollverein Baumwollwaaren von 50 Thlr. prenssisch aus 30, beziehungsweise .l 6 und sogar 10 Thlr., Seidenwaaren von 110 auf 40 Thlr., Baumwollgarne von 3 auf 2 Thlr. heruntergeht, Barketerie gegenüber einem sehr erheblichen Zollsatz von jedem Einfuhrzoll .befreit. worden ist u. dgl. m.

Es ist nun sicherlich nicht gleichgültig, dass, wenn auch nur für ein...

kürzere Beriode, unsere franzosischen, englischen, belgischen Eonknrrenten auf dem deutschen Markte die neuen, so erheblich ermässigten Zollsä^ geniessen, während unsere Jndnstrie, unter dem Drucke der altern Ansähe, die Mitbewerbung wahrscheinlich gar nicht, oder nur mit empfindlichem Schaden aushalten konnte. Jn Jtalien bestand bereits seit 1864, d. h. seit dem Jnkrasttreten des sraneo-italienischen Handelsvertrags, diese disferentielle Behandlung der schweizerischen Waaren zum nieht geringen Raehtheile unferer Jndustrie; in Deutschland würde sie mit dem 1. Jnli^ wo der franzosisehe, englische, belgische und österreichische Vertrag mit dem Zoll..

4.^ verein in^s Leben trat, ebenfalls eingetreten sein. Konnte also gegenüber Jtalien dem bisherigen unersreuliehen Zustande ein Ende gemacht, gegenüber Deutschland den: Entstehen desselben vorgebeugt werden , so war dies ein Vortheil, den man ni.^ht fahren lassen durfte.

Die Frage war nur , ob es nach nnsern Verfassung^- und gese^massigen Bestimmungen moglieh sein werde, die von Jtalien sowohl als.

vom deutschen Zollverein gestellte Bedingung des ^egeureehtes zu erfüllen, d. h. v o r der Ratifikation der im Wurfe liegenden .Verträge, au.h den italienischen und zollvereinslaud.schen Brovenienzen diejenigen ermäßigten Zollsätze zu Theil werden zu lassen, welche durch den Handelsvertrag mit Frankreich den sran^osischen Waareu zugestanden worden sind.

Der Bundesrath glaubte diese ^rage besahen zu dürsen und setzte demgemäß dnreh eine administrative Verfügung den frauzosisch-schweizerischeu Eonveutionaltarif vom 1. Juli an auch an der deutsehen, vom 8. Juli an aus der italienischen Grenze in Krast. Die Berechtigung zu diesem, allerdings ausnahmsweise Vorgehen schopste er ans einer Bestimmung des Zollgese.^es vom 27. .August 185t. wo es in Art. 34 wortlich solgendermassen heisst : ,, Jnsbesondere ist der Bundesrath befugt, unter ausserordentlichen Umständen , namentlich im Falle von Theuerung der Lebensmittel, bei grossern Beschränkungen des Verkehrs der Sehwei^er von Seite des Auslandes u. s. w., besondere Massregeln zu tressen und vorübergehend die zweckmässig erscheinenden Abänderungen. im Tarife vorzunehmen.

,, Er hat indessen der Bundesversammlung bei ihrer nächsten Zusammenkunft von solchen Versügungen Kenntniss zu geben und dieselben konnen nur sortdauern, wenn die Bundesversammlung ihre Genehmigung ertheilt.^

(Eidg. Gesezsammlung, Bd. ll, S. ^44).

Es ist nun zwar aus der Fassung dieser Gese^esstelle leicht zu ersehen, dass mau l^ei Abfassung derselben schwerlich an ^älle von der Ratur des vorliegenden gedacht hat, aber eben so entschieden wird man zugeben müssen, dass der W o r t l a u t eine Anwendung auch im vorliegenden Falle gestattet, uno bei der Wichtigkeit, die die Sache nach unsern obigen Auseinandersel^u..gen hat, wird mau sich nur darüber sreneu konnen, dass dieser Art. 34 des Zollgese^es dem Bundesrath die formale Handhabe bot, um das für das Land unzweifelhaft Rül^liehe thun zu dürfen , und dass er dann auch davon unbedenklich den rechtzeitigen Gebrauch gema^ht hat.

Gemäss dem zweiten ^a^e jenes Art. 34 ist es nun Sache der Bundesversammlung, der provisorischen Verfügung des Bundesrathes, die erst seit wenigen Tagen in .^raft steht , ihre Genehmigung zu ertheilen oder ^u versagen. Jhre Kommission ist einstimmig der Ansicht, dass die Genehmiguug ausgesprochen werden und also bis auf Weiteres das vom Bundesrath Verfügte fortbestehen soll.

464 Sie glaubt dies um so mehr empfehlen zu dürfen, als die Massregel durchaus nur einen provisorischen Charakter hat und eine günstigere Stellung des schweizerischen Exports nach Jtalien und Deutschland begründet, ohne irgendwie der freiesten Entscheidung der Bundesbehorden über die Frage der Ratifikation der angebahnten Handels- und Zollverträge vorzugreifen. Erfolgt diefe Ratifikation, so tritt an die Stelle des in der Zwischenzeit geltenden blossen .modns vivendi die neue Ordnung der Dinge, wie sie in jenen Verträgen vorgerichtet ist ; wird sie unserseits oder von unsern Miteontrahenten verweigert, so wird dann ganz selbständig die Frage zu erwägen sein, ob wir die Ansähe des schweizerisch-sranzosisehen Eonventionaltarifs in unsern allgemeinen Tarif ausnehmen, oder aber denjenigen Rationen gegenüber, mit denen wir in keinen Vertragsverhältnissen stehen, eine disferentielle Behandlung eintreten lassen wollen. Die Verfügung, wie sie je^t getroffen wird, regelt also nnr den Anstand vom 1. Juli an bis zu dem Zeitpunkte, wo ^ie Verträge mit Jtalien und Deutschland entweder genehmigt oder definitiv gescheitert sein werden, einem Zeitpunkte, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht über den 31. Dezember 1865 hinaus zu verlegen sein wird.

Tonnen wir demgemäß in der Hauptsache uus mit dem Bundesrathe nur durchaus einverstanden erklären, so find wir weiterhin auch damit wohl zufrieden, dass der Bundesrath diejenigen Positionen des alten Tariss , die auch nach dem Jnkrafttreten des sranzosisehen Handelsvertrags bestehen bleiben, mit den Vositionen des sranzosisch-schwei^erischen Eonven- .

tionaltariss in ein Ganzes zusammengestellt hat, um eine leichtere Uebersicht des jel^t geltenden Rechtes zu ermöglichen. Dagegen konnen wir die Bemerkung nicht unterdrücken, dass wir gewünscht hätten, es wäre bei der Bearbeitung dieser Zusammenstellung mit einer noch grossern Sorgfalt und Genauigkeit verfahren worden : Eigenschaften, die gerade bei Eutwersung von Zolltarifen am unangenehmsten vermisst werden , weil jede Ungenauigkeit oder Unklarheit in der Regel zu Konflikten zwischen den Zollbeamten und dem Bublikum, sowie ^u ungleicher Behandlung an verschiedenen Zollstätten führt. Es ist uns nicht moglieh gewesen, den ganzen zusammengestellten Tarif in alle Einzelnheiten hinein zu prüfen und es lag dies auch nicht
^unäehst in der uns zugeschiedenen Aufgabe. Dennoch ist uns Einiges aufgefallen, was wir zur Belegung unserer Behauptung wenigstens erwähnen wollen.

Der Bundesrath selbst erwähnt in seiner Botschaft vom 1.Juli ein Versehen, welches bei der Zusammenstellung sich eiugeschlichen hat in Betreff der S t r o h h ü t e . Jm bisherigen Zolltarif stehen ,,Hüte aller Art^ in der Blasse von 15 Fr. und es versteht sich sonach, dass ..n.ch ^trohhüte, für welche eine Ausuahme nicht gemacht ist, uach diesem Sal^e verzollt werden; im fran^sisch-schweizerischen Konventionaltarif erscheint der Artikel nicht und es ist sonach bei der frühern Bestimmung geblieben. Jn der Zusammenstellung dagegen finden wir Strohhüte in derjenigen blasse,

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die per Eentner mit Fr. 8 belegt ist; d. h. wir finden diesen Ansat^ in der d e u t s c h e n Ausgabe, während in der französischen und italienischen

die Bestimmung des alten Tarifs richtig wiedergegeben ist. Es versteht sich

wohl von selbst, dass hier eine Berichtigung, d. h. eine Gleichstellung der beiden Ausgaben des Tarifs erfolgen muss , und zwar halten wir dafür , dass diese einfach im Sinne des bisherigen Tarifs geschehen soll, da es uns nicht passend schiene, aus einem einfachen Kanzleiversehen das Motiv zu einer vereinzelten Modifikation des Tarifs abzuleiten.

^ass in der Zusammenstellung die bisher schon faktisch bestandenen Zoll-Erleichterungen von Eisenbleehplatten im ..Gewicht von l 00 --- 400 Bfuud, sowie für die s. g. Berkins^schen Batentröhren beibehalten wurden, obgleich diese beiden Artikel im franzosisch-schweizerischen Eonventionaltarif mit höhern Ansähen aufgeführt find, können wir nur billigen ; dagegen gestehen wir, dass wir nicht recht begreifen, wie man dazu kam, in jenem Konventionaltarif, der doch Z o l l - E r m ä s s i g u n g e n enthalten sollte, diese höhern Ansähe aufzunehmen .^ es macht dies beinahe den Eindruck, als ob die Bositionen desselben nicht in alle Ein^elnheiten hinein mit der wünschbaren ..Genauigkeit geprüft worden seien.

Zu bedauern ist jedenfalls auch, dass im Eonventionaltarise überall auch für die schweizerischen Ansähe die Rubri.^irungen und Benennungen des f r a n z ö s i s c h e n Tarifs zu Grunde gelegt wurden, die nun mit den in u n s e r e m Tarife herkömmlichen vielfach nicht gut übereinstimmen und daher bei der formation der neuen Zusammenstellung ausserordentliche

Schwierigkeiten bereiteten, und hie und da zu Weitläufigkeiten nöthigten,

welche den neuen Tarif geradezu unförmlich erscheinen lassen. Wir verweisen in dieser Beziehung namentlich auf die zahlreichen Bositionen, welche das Eisen und was dazu gehört beschlagen. Wir fürchten sehr, dass hier für den gewissenhaften Zollbeamten eine nicht^leicht zu überwältigende Schwierigkeit entsteht, indem es keine geringe Mühe verursachen wird, sich in dieses Labyrinth verschiedenartiger Bezeichnungen hineinzuarbeiten. Jn einzelneu Bnnkten scheinen uns geradezu Widersprüche zu bestehen, welche ganz bedauerliche Ungleichheiten und Eonslikte im Gesolge haben müssen.

So finden wir z. B. emaillirte Waaren von Eisenblech sowohl auf Seite 23 in der Klasse von Fr. 3. .^0, als auf ^eite 26 in der Klasse von Fr. 8 ausgeführt; und während aus Seite 16 geschrieben steht, dass Eisengusswaaren aller Art, auch wenn Schmiedeisen oder andere Metalle damit in Verbindung sind, zu ^r. 1. per Eentner zu verzollen seien, lesen wir aus .^eite 26 unter denjenigen Artikeln , die zu Fr. 8 ta^irt sind : ,,Waaren von Guss und ^chmiedeisen u. s. w... Wir wissen nicht, ob irgend eine Erkläruugsweise besteht, welche in diesem ledern Bunkte die Abwesenheit eines effektiven Widerspruchs darthuu könnte ; aber dass eine grosse Unklarheit vorliegt, das steht ausser Zweifel. Ob in andern Ru-

466 ^iken Sehnliches vorkommt, können wir, wie gesagt, d.. wir eine durchgehende Prüfung nicht vorgenommen haben, nicht bestimmt angeben ; aber d e r Wunsch dürste schon durch diese ..Beispiele gerechtfertigt sein, dass der h. ..Bundesrath den Tarif nochmals einer genaueren Sichtung unterwerfe, um wo immer moglieh künftigen Verwirrungen vorzubeugen.

Es ist uns auch aufgefallen, dass namentlich in der Einleitung zum Tarif, wo die zollbesreiten Gegenstände ausgesührt sind , hie und da bereits Bestimmungen und Redaktionen des deutschen Handelsvertrags und feiner Annexe ausgenommen sind , die genau so weder nach dem alten Tarif, noch nach dem sranzosischen Konventionaltarife lauten: es ist dies eine .Antizipation, welche wir nicht für ganz angemessen halten. .^lnch hat diese voreilige Berücksichtigung des deutsehen Vertrages in e i n e m Bunkte zu einem Missverständniss und hiedureh geradezu zu einer materiellen Unrichtigkeit Veranlassung gegeben. Jn dem Vertrage mit Frankreich über die grenznachbarlichen Verhältnisse sind bekanntlich eine Anzahl von Landes-Erzengnissen für zollsrei erklärt, wenn sie zur Bewirthschastung von Gütern innerhalb der Grenzzone von zwei Stunden dienen sollen. Es versteht sich, dass diese Zollbesreinng in der Zusammenstellung auch ausgeführt werden musste, und wir finden sie in Hauptsache anch wirklich ans Seite 5 dieses Aktenstückes. Allein seltsamer Weise f e h l e n dabei : Heu, Stroh, Grünfutter und Vflanzen. Der Grund dieser Weglassung liegt nun ohne Zweisel in einer Stelle des Vertrags mit dem Zollverein, welche im Wesentlichen eine Rachbildung der Bestimmung der Eouvention mit Frankreich ist, wo aber jene .Artikel ,,Heu, Stroh, Grünsutter und Bslanzen^ nicht erscheinen, weil diese durch den deutschen Vertrag überhaupt und nicht blos im kleinen Grenzverkehr für zollfrei erklärt wnrden. So lange nun aber diese lettere Bestimmung nicht in Krast ist, dursten die benannten .Artikel natürlich in der Zusammenstellung nicht fehlen , weil diese sonst mit der fran^osisch-schweizerischeu Konvention in Widersprach kommt.

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Wir haben uns verpflichtet erachtet, aus diese, von uns mel..r zu^ fällig aufgefundenen Unebenheiten aufmerksam zu machen, nicht um an der verdienstlichen und mühevollen Arbeit des zusammengestellten Tarifs eine müssige Kritik zu üben, sondern um unfern oben
ausgesprochenen Wunsch nach nochmaliger genauer Durchsicht zu begründen und gleichzeitig die Bemerkung hinzuzufügen, dass es jedensalls sehr notl...ven.^ig sein wird, bei der vom Bundesrath na.l.. seiner Botschaft in Aussicht genommenen definitiven Revision des Zolltarifs mit der serupulosesten Sorgfalt zu verfahren.

Zum Schlusse erlauben wir uns nur noch, mit Bezng anf d.efe definitive Revision zwei Wünsche aufsprechen: den^ einen formeller, den andern materieller Ratur.

467 Jn f o r m e l l e r Beziehung mochten wir sehr empfehlen, beim neuen ^arif das System der Eintheilung nach Zollklassen fallen zu lassen und den Stoff nach Materien zu ordnen. Wer im Tarif nachschlagen will, den interessirt es in der Regel nicht, alle diejenigen Artikel bei einander zu sehen, die den gleichen Zoll zahlen ; sondern er will von einer bestimmten Waarengattung sehen, wie sie in ihren verschiedenen Unterabtheilungen befeuert ist. Will er sieh hierüber Belehrung verschaffen, so muss er bei der gegenwärtigen Anordnung des Tarifs, wenn er sicher sein will, Alles ge^ehen zu haben, alle Zollklassen durchgehen und zwar Bosten für Bosten durchgehen,. während sich bei der Rubrizirung nach Materien die ganze Waarengattnng aus Einen Blick darstellt. Wie mühsam und schwierig die ^aehschlagnng gegenwärtig ist, mag die Thatsache beweisen, daß man den .Artikel ..Eisen^ in sechs verschiedenen Klassen aussuchen muss , und wer dabei nicht weiss, dass ,,Anker^ und ,,Röhren^ (nieht unter Eisen, sondern besonders ausgeführt) noch besondern Zollsä^en unterliegen, der läuft Ge-

fahr, selbst bei ziemlich genauem ....achschlagen gleichwohl diese Artikel zu

übersehen. Es seheint uns auch, dass sür die materielle Brüf un g des Entivurfes die Aufführung der gleichen Waarengattung in Einem Bilde grosse Vortheile gewähren würde und vielleicht dazu dienen dürfte, Unebenheiten zu vermeiden, die bei der Auseinanderreissung des Stoffes auch dem geübteren Auge leicht entgehen.

Jn m a t e r i e l l e r Hinsicht erlauben wir uns nur die Bemerkung, dass dureh unsere neuen Handelsverträge , insbesondere den franzostsehen, das System unsers alten Tarifs vielfach gründlich durchlochert ist und dass sieh gegenwärtig Jneongruenzen vorfinden, deren Beseitigung eben so wünsehbar, als hinwieder ohne Zugrundelegung bestimmter leitender Brinzipien unmöglich ist. Wir kounen selbstverständlich in die Materie hier nicht tieser eintreten ; aber ein flüchtiger Blick in den zusammengestellten Taris zeigt uns in der That seltsame Erscheinungen, von denen wir nur zwei , die sich uns fast zufällig aufgedrängt haben , anführen wollen : Während gewisse Gattungen von Eisen, die zum Sehisfs- und Maschinenbau dienen, zu 30 Ets. per Eentner zugelassen werden, sind dagegen die ^rossen , schweren Artikel, wie Schisssrippen und Balken, die doch auch für den Schiffsbau bestimmt sind, siebenfach hoher, mit Fr. 2, besteuert, ^ und das Stab- und Bandeisen, ....er unumgängliche Rohstoff des Schmiedes und Schlossers, zahlt Fr. 1. während die feinsten Gusswaaren, darunter reine Luxusartikel, auf Fr. 1 heruntergesetzt sind, zahlen rohe FischLänder, Vorlege- und andere Schlosser Fr. 3. 50, während gezogene

Röhren von 9^. Ealiber zu 30 Ets. tar^irt siud, springt der Zoll pl^lieh auf das fast Zwölffache, d. h. auf F.^.. 3. 50, wenn die Rohre um e i n e n Millimeter weiter ist. Und solcher Beispiele wären noch viele ans dem gegenwärtigen Tarife auszuführen, wo für abnorme Ungleichheiten kaum ein anderer Grund aufzufinden sein dürfte, als das Herein-

4^ ragen kleiner und schüchterner proteetionistischer Vel.leitaten in unser, sons.^ auf ganz andern Grundlagen beruhendes ^ollsr^stem.

Wir bezwecken mit der Hervorhebung dieser Uebelstände nur d .. .^ darzuthun, dass die definitive Revision unseres Zolltarifs, sobald einmal.

die Periode der Handelsverträge, die ein natürliches Provisorium bildete,.

vorüber sein wird, nicht bloss ein Bedürsniss ist , sondern dass sie , wenn sie ein besriedigendes Resultat liesern soll, nothwendig verbunden sei.^ muss mit einer grundsätzlichen Erorterung unseres ganzen Systems und mit der Ausstellung und Einhaltung bestimmter leitender Briuzipien ;^ dass sie aber el..en desshalb schwerlich als eine blosse Bureau^Arbeit behandelt, sondern unter Mitwirkung der erleuchtetsten und unbefangensten Fachmäuner an die .^aud genommen werden muss.

Jndem wir, nach dieser Abschweifung, zu unserm ursprünglichen Ge^ genstande zurückkehren, stellen wir Jhnen den A n t r a g .

,,Es sei der Versügnng des Bundesrathes , wonach für einstweilen.

die Ansähe des schweizerisch^sranzösisehen Vertragstariss auch gegenüber Jtalien und dem deutschen Zollverein in Anwendung gebracht worden sind, im Sinne von Art. 34 des Gesetzes übe.. das Zoll^

wesen, vom 27. August 185l, die Genehmigung ertheilt.^ Mit Hochsehätzung l Bern, den 1.^13. Juli 1865.

Ramens der Kommission, Der Berichterstatter:

I^. ^. ^eer.

^ote.

Di^. kommission bestand au^ den .^erren .^eer, . ^ l e r ^ , B a t t ^

glini, B e n z i g e r , .^orb^z. .

Obiger .^ommlssionalantrag wurde vom Nationalrath am 1.^. .^uli zum Beschlnß erhoben. Der Ständerath ^ra^ bei nnterm 18. gleichen ..^ona^.

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Bericht der Kommission des Nationalrathes, betreffend die provisorische Inkraftsetzung (mit dem 1. Juli 1865) des durch den Handelsvertrag mit Frankreich vereinbarten schweizerischen Konventionaltarifs gegenüber dem deutschen Zollverein und Italien *...

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09.09.1865

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461-468

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