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Schweizerisches Bundesblatt.

XVII. Jahrgang. III.

Nr. 49.

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11. November 1865.

Spezialbericht des

Hrn.

Dr. Rüttimann, betreffend das B a n k n o t e n w e s e n , an die von dent schweizerischen Ständerathe niedergesetzte kommission sur die Revision der Bundesverfassung.

(Vom 23. Oktober 1865.)

Tit..

Jch habe in unserer legten Simung darauf angetragen, dem Bunde die ausschliessliehe Besugniss einzuräumen , über die Emission von Werthpapieren , die bestimmt und geeignet sind, als Geld umzulausen (Banknoten u. dgl.), gesetzliche Vorschriften auszustellen , immerhin in der Meinung, dass keine Rapiere dieser Art ausgegeben werden dürfen, für deren jederzeitige augenblickliche Einlösung nicht hinlängliche Sicherheit dargeboten werde.

Es schien mir damals, dass der erste Theil meines Antrages grossern Anklang gesunden habe, als die demselben beigelegte Beschränkung, auf welche ich meinerseits den Hauptnachdruck lege.

Da ich verhindert bin, Jhren fernern Beratungen beizuwohnen, so bin ich so frei, den Standpunkt, von welchem ich bei meiner Motion ausgegangen bin, schriftlich zu erläutern.

l.

Vor Allem aus halte ich dafür, dass zur Zeit die Bnudesbehörden

nicht kompetent sind, die Bedingungen der Ausgabe pon Banknoten sestBundesblatt Jahrg. XVII. Bd. III.

63

814 zustellen. Es ergibt sich diess schon daraus, dass seit dem Jahre 1848 nur die Kantone in dieser Materie thätig gewesen find und dass niemals von irgend einer Seite her der leiseste Zweifel über ihre Berechtigung und über die Jnkompetenz des Bundes geäussert worden ist.

Eben desshalb seheint es mir am Blalze ^u sein , bei Gelegenheit der bevorstehenden Bartialrevision der Bundesverfassung zu untersuchen, ob nicht den Bundesbehörden die ihnen fehlende Befngniss verliehen werden solle, zumal Autoritäten ersten Ranges (wie ^. B. Herr BurckhardtBischofs in . seiner bekannten Abhandlung über die Zeddelbanken in der Schweiz) darthun, dass die Banknoten gegenwärtig eher eine Vlage seien, während sie dnreh die Bundesgewalt ^u einer Wohltat umgestaltet werden konnten.

Um aber diese Untersuchung anzustellen, ist es nothwendig , vorher einen Blick auf das Verhältniss des ..Papiergeldes zum Metallgelde ^u werfen, wobei ich bemerke, dass ieh unter Metall die dem geglichen Münzsusse entsprechenden Gold- oder Silbermünzen, unter Bapier alle Werthschristen, welche im Verkehr die Stelle von Gold- oder Silbermünzen pertreten, perstehe.

ll.

Wenn in einem nach Aussen absolut abgeschlossenen Verkehrsgebiete plo^lich durch irgend einen Zufall ^. B. durch die Auffindung von sehr ergiebigen uud sehr leicht auszubeutenden Gold- oder Silberminen) das im Umlauf befindliche Metallgeld sieh verdoppeln oder verdreisa^.heu würde.

so müsste nothwendig der Tauschwerth des Metallgeldes verhältn.ssmässig sinken. ^ür jede Waare müsste das doppelte oder Dreisache des Vreises bezahlt werden, den sie früher gegolten hatte.

Die vorhandenen Verkehrsgebiete smd aber nicht gegen einander ab-

gesperrt ; daher fliesst das Metallgeld, sobald es in irgend einem Ra.^on über das Bedürfniss hinaus sich anhaust und desshalb zu sinken beginnt, sofort nach andern Buntten hin, an denen es seltener und theurer ist, ab, und umgekehrt. Dieser Hergaug kann in Gegenden, in denen reiehe

Gold- und ..^ilbergruben sich befinden, mit der grossten Leichtigkeit beobachtet werden.

Das im Umlauf befindliche Papiergeld leistet ganz die gleichen

Dienste und übt eben desshalb ganz die gleiche Wirkung aus wie d^s

Metallgeld, nur kann es nicht leicht nach andern Verkehrsgebieten abfliessen. Wenn daher in einem Lande, in welchem bis dahin blof^ Metallgeld sieh vorfand, eine gewisse Masse von Bapier ausgegeben wird, so tritt uothwe..dig die Folge ein, dass das dnrch diese Emission entbehr^ lieh gewordene Metallgeld nach dem Auslande geht und dass an dessen Stelle als Gegenwert... Güter aller Art eingeführt werden. Und so oft die aus Metall und Bapier bestehende Geldmasse eines Landes über das

815 Bedürsniss hinaus vermehrt wird, so wird der Ueberschnss in M e t a l l e^portirt. Das Bapier verdrängt .^as Metall.

Mittelst des Zwangsknrses kann mehr Bapier in Umlauf gesellt sehwindet das Metall als Geld gänzlieh und es wird zur Waare, die

^werden, als das .Land überhaupt an Geld bedarf. Jn diesem Falle vermit einem grossern oder kleinern Agio gekauft werden muss. Es gibt nun kein anderes Geld mehr, als das mit Zwangsknrs ausgerüstete

Bapier, und doch entspricht dieses der Bestimmung des Geldes, als Werth-

messer zu dienen, gar nieht, weil es selbst keinen festen Werth hat.

Schon die Ungewissheit, ob und wann eine Einlösung des Vapiers stattfinden werde, nimmt demselben alle Festigkeit. Da^n kommt seine den Bedarf übersteigende Menge. Diese beiden Momente zusammen

konnen, wie die Erfahrung hinlänglich gezeigt hat, das Bapiergeld des.

mächtigsten .Staates ans Rull herunterbringen. ^ogar das Metallgeld würde ja werthlos werden, wenn es in solchem Ueberslusse und so leicht zu haben w^re, wie die Kieselsteine.

Es ist aber unuothig, hier vom Zwangskurse zu sprechen. Jch will bei der Untersuchung der Vortheile und Raehtheile stehen bleiben, welche

Banknoten, deren jederzeitige augenblickliche Einlösung hinlänglich gesichert ist, einem Lande gewähren können.

lll.

Gesetzt, dass in einem Lande, welches si..h bis dahin ausschließlich des Metallgeldes bedient hatte, eine privilegirte Bank gegründet werde, welcher es gelinge, sür 300 Millionen .^ranken Banknoten auszugeben und beständig in Umlauf zu erhalten, so wird dadurch eine eben so grosse Menge Metallgeld entbehrlieh. Von diesem Betrage müssten etwa 100 Millionen in dem Gewolbe der Bank aufbewahrt werden, sofern man annehmen kann, dass eine dem dritten Theile der ausgegebenen Roten gleichkommende Metallreserve und ein tüchtiges Weehselportesemlle eine hinreichende Deckung bilde ; zweihundert Millionen könnten e^portirt werden. Den Zins von dieser ...^umme gewinnt die Bank, welche genothigt werden kann, einen Theil dieses Gewinnes an die .Staatskasse abzugeben oder für öffentliche Zwecke zu verwenden. Jedenfalls ist der Rationalwohlftand des Landes dadnr^h gefördert, dass die Banknoten, welche niehts

kosten, ein toutes Kapital im Betrage von 200 Millionen entbehrlich

machen, gleichviel, wer zunächst durch diese Ersparniss bereichert werde.

Ganz anders stellt sich die ^a.^he, wenn das auf der ganzen Erde im Umlaufe befindliche Vapier- und Metallgeld in seiner Gesammtheit aufgesasst wird. Eine Emission von noch so vielen Milliarden in Banknoten würde schwerlich eine Ersparniss an Kapital oder an Zins sür die Gesammtwirthschast der Erde zur Folge haben , weil es ja nicht möglich wäre, ei^.en entsprechenden Betrag von Gold etwa nach dem Monde

816 auszuführen und von dort irgend welehe andere Güter nach der Erde znxück.^ubringen. Die Emission dieser Milliarden hätte gan^ die gleiche Wirkung, wie wenn aus verborgenen Schatzkammern plo^lich ein gleicher Betrag von Metallgeld ^u .^age gefordert und dem Verkehr zur Ver-

fügung gestellt würde,^ nämlich ein verhältnissmässiges Sinken ...es Werthes

der ganzen im Umlaufe befindlichen Geldmasse oder, was gleichbedeutend ist, ein Steigen des Geldpreises aller anderen Güter. Es ist in der ^..hat schwer eingehen, warum nicht die Vermehrung des Papiergeldes einen ähnlichen Einflnss anf die gegenseitigen Werthverhältnisse ausüben müsse, wie das Aussenden nener Gold- oder Silberlager. Wenn bei uuveränderter Menge des umlaufenden Geldes die diesem Gelde gegenüber stehende Menge von andern Gütern aller Art sieh verdoppelt, so verdoppelt sich der Werth des Geldes, d. h. jede Waare kostet nur no.h halb s...

viel wie vorher, und umgekehrt. Und wenn bei unveränderter Meng^ aller anderen Güter die Geldmasse verdoppelt wird, so verdoppelt sich der Werth der Waaren, und umgekehrt. Ob das Geld bloss ans Metall oder ob es aus Metall und Bapier bestehe, ist gleichgültig. Wenn tro^ der ungeheuern Vermehrung des Metall- und Vapiergeldes nicht eine per-

hältnissmässige Entwertung desselben eingetreten ist, so erklärt sich diess

einfach aus dem Umstande, dass gleichzeitig auch die Menge aller anderen Güter stark angewachsen ist.

Aus dem Gesagten konnte man den Schluss ^ehen, dass das Bapier..

geld, vom Standpunkte einer über die ganze Erde stch erstreckenden Gesammtwirthschast ausgesagt, nicht nur keinen Vortheil gewähre, sondern sogar schade, indem es zur Entwerthung der edeln Metalle und zur Vertheurung aller Lebensbedürfnisse beitrage. Allein sür das Rationalvermogen ist das Steigen und ...Linken des ^ausehwerthes des Geldes et^as

ziemlich Gleichgültiges, wiewohl es die Einzelnen auf das Empfindlichste berühren kann. Wer sein ^an^es Vermögen ^u Geld gemacht hätte, würde dureh das plol^liche Sinken des Geldes einen schweren Verlust erleiden.^ Forderungen, die auf Geld gerichtet sind, stehen mit dem Besit^e von Geld auf Einer Linie. Es gibt also sehr viele .Leute, deren Vermögen virtuell sast ga.^ in Geld besteht. .^.lber was sie verlieren, gewinnen ihre Schuldner. uud volkswirthsehastlich gleicht sich Gewinn und Verlust aus.

IV.

Worin nun auch immer der a b s o l u t e (d. h. von dem ...^tandpunkte einer die ganze Erde umfassenden Wirthschast aus betrachtete) Werth oder Unwerth des ..Papiergeldes bestehen mag , so n^ ^ weder die Schweiz uoch irgend ein anderes Land durch theoretisch^ V^trachtungen über die absolute Bedeutung des Vapiergeldes si^ -bh-lt^u lassen, aus demselben den möglichen relativen Rul^en zu zieh.^u^

817 Einen sollen Ru^en gewährt es jedenfalls dadurch , dass es , wie bereits gezeigt worden ist , einen entsprechenden Betrag von Metallgeld entbehrlich macht.

Als einen weiteren Vortheil betrachtet man die grossere Bequem-

lichkeit des Vapiergel.des. Der Silberwährung gegenüber hat diess seine

Richtigkeit. Bei der Goldwährung hingegen ist dieser Vortheil gewiss nicht hoch anzusehlagen. Es ^konnten gegenwärtig alle Banknoten aus dem Umlaufe zurückgezogen werden, ohne dass der Verkehr darunter leiden würde.

Endlich geht eine sehr verbreitete .Ansieht dahin, dass die Ausgabe einer Masse von Banknoten ein Sinken des Zinsfusses zur Folge habe und dadurch dem Publikum nü^lieh sei. Jch will hier nicht untersuchen, was unter einem niedrigen Zinsfusse zu verstehen und m wie weit ein solcher wünschenswerth und vortheilhast sei. Aber ich längne, dass die Emission von Banknoten auf die Dauer einen Einfluss auf den Zinssuss auszuüben vermoge. Jedes Land bedars sür seinen Verkehr einer gewissen Geldmasse. Ein Uebersehuss wird durch Exportation,

ein Defizit wird durch Einsuhr bald ausgeglichen. Wie stark die diess-

fälligen Strömungen sind, kann man der Thatsache entnehmen, dass unter der Herrschaft der frühern Münzanarehie in sehr kurzer ^eit alle im Umlanse befindliehen .^ronenthaler durch Gulden und diese hinwieder durch Fünffrankenstücke erseht wurden. Hieraus ergibt sich ganz von selbst, dass die allerstärkste Vermehrung der umlaufenden Geldmasse dureh Einsuhr von Gold oder dureh Ausgabe von Banknoten zwar v o r ü b e r g e h e n d eiuen Druck auf den sogen. Geldmarkt ausüben und ein Sinken des Zinssusses, sowie ein Steigen aller preise hervorrufen , auf die D a u e r aber keinen Einsluss ansüben konnte , w e i l es unmöglich i s t , d e n d a s n o r m a l e B e d ü r f n i s s ü b e r s t e i g e n d e n U e b e r s c h u s s im L a n d e f e s t z u h a l t e n . Sowie aber der künstlich gelassene Uebersluss verschwunden ist, so horen auch die Wirkungen desselben aus ; es tritt der ordentliche . durch die Geseze des Verkehrs bestimmte Zustand wieder ein, und Alles verhält sich genau so , wie wenn die künstliehe Vermehrung gar nieht stattgefunden hätte.

Man sagt zwar, eine Bank k on ne die Millionen, welche sie fast ni.hts kosten , wohlseil ausleihen und doch ihren Aktionären eine schone Dividende geben. Hieraus kommt nicht das Mindeste an. Eine Bank muss g e s c h ä f t s m ä s s i g verfahren , ihre Operationen den Umständen anpassen und aus denselben den diesen Umständen entsprechenden Gewin.. zu ziehen suchen. Gese.^t aber auch , sie verfahre statt dessen w i l l k ü r l i ..h und vertheile en bon prince den Zinsgewinn , der ihr aus der Banknotenausgabe zufliesst, mit vollen Händen links und rechts ihren Kunden : was wird die Folge sein^ Die Leute, welche zufä^g fo g.ückli.h sind, Vorschüsse zn sehr niedrigem Zinsfusse ^u erhalten, werdeu sich natürlich sehr gut dabei befinden , u,e.nn sie sich nicht durch die ihnen in den Mund fliegenden gebratenen Tauben zu leichtfertigen

818 Spekulationen verleiten lassen. Der Fassnaehtspass wird auch vorübergehend den Zinsfuss drücken und indirekt nicht nur den Kunden der Bank, sondern auch dem kapitalbedürstigen Bnbliknm überhaupt zu Statten kommen. Aber eine solche Operation kann man nur einmal machen; die Zueile einer solchen Freigebigkeit wird bald ersehopst sein, und nachher tritt nothwendig eine Reaktion ein. Der Rationalwol.lstand würde bei solehen muthwilligen Störungen der den wirthschaftlichen Gesezen entsprechenden Verkehrsentwickelung nicht gewinnen , sondern verlieren.

V.

Jch fasse das Gesagte dahin zusammen, dass der einige erhebliche Vortheil der Banknoten darin besteht, dass sie eine entsprechende Menge von Metallgeld ersehen, wodurch der Zins des betreffende... Kapitals erspart wird.

Diesem Vortheile stehen nun gewisse Schattenseiten und Gefahren gegenüber.

Es gibt kaum Eine grosse Bank, die nicht sehon die Baarzahlungen suspendirt hätte. Jede Suspension , sowie der Zwangsknrs der Banknoten ist natürlich mit den grossten Uebelständen verbunden. Ueberdiess ist es moglich, dass eine Bank sallirt, und dass die Jnhaber der Banknoten im Konkurse wenig oder ni.hts erhalten.

Ferner ist nicht ausser Aeht zu lassen , dass eine gewisse Gefahr

damit verbunden ist, wenn das Metallgeld durch das Vapier fast ganz verdrängt

wird.

Jeh nehme au , dass unter dieser Voraussetzung eine

Geldkxisis hestiger auftrete , als beim Ueber.viegen des Metaltgeldes ; dess-

halb sollte namentlich die Emission von kleinen Banknoten, die ohnehin weit unbequemer sind als Goldmünzen , nicht gestattet werden.

Endlieh besteht ein Uebelstand darin , dass die Banken durch Mittel aller ^lrt das Umlaussgebiet ihrer Banknoten so viel als moglich auszudehnen suchen, ohne sür deren Einlösung in entsprechender Weise zu sorgen. Dass Banknoten an Orten, die von der Eiulosnngskasse weit entfernt sind , nicht beliebt sein konnen , versteht sieh von selbst. Es ist freilich ....iemand schuldig , sie an Zahlungsstatt anzunehmen . aber das gegenseitige Aufdrängen und Zurückweisen des Vapiers ist immerhin schon an sich eine l^annehmlichkeit , welche lebhast au die gute alte Zeit des Münzwirrwarrs erinnert. Es war ja zu jener Zeit im Kanton Zürich auch Niemand verpflichtet einen Kronenthaler zu einem hohern

Kurse als 2 fl. 18 ss. oder ein Fi.nfsrankenstück hoher als 2 fl. 5 ss.

anzunehmen, und doch ist es dahin gekommen, dass der Abnsivkurs von 2 fl. 20 ss. und 2 fl. 7 ^ ss. die Oberhand über das Gese^ gewonnen hat. Wir haben diesen Münzhader glücklich überwunden . wir wollen uns hüten , einen Banknotenkrieg an die Stelle desselben treten zu

819 lassen. Jch gebe zu, dass das Uebel noch nicht sehr gross ist; um so rathsamer dürste es sein, den Anfängen zu wehren. Jmmerhin zeugt es von einer argen Begriffsverwirrung , wenn man nicht den Banken, welche ihre Roten in fremde Verkehrsgebiete hereinsoreiren und dieselben dann ihrem Schicksale überlassen, Vorwürfe macht, sondern von Dritten, welche der Ausgabe dieser Roten völlig fremd sind , deren Einlösung verlangt.

VI.

.....ach diesen Vorbetrachtnngen , dieJhnen, meine verehrten .Kollegen, ohne Zweifel viel zu weitläufig und viel zu abstrakt oder doktrinär vorkommen , kann ich mich nun mit Hinsicht auf die Frage , ob die ^entralisation des Banknotenwesens räthlich sei, desto kürzer fassen.

Betrachten wir den gegenwärtigen Zustand , so zeigt es sieh , daß auf allen Vunkten eine Menge von kleinern und grössern Banken entstanden sind und ohne Zweifel noch ferner entstehen werden, die mit der Emission von Banknoten sich abgeben ; dass viele dieser Banken hiebei in einer Weise verfahren , welehe kaum als rationell anerkannt werden kann ; dass sie ganz kleine Roten ausgeben und denselben in Verkehrsgebieten Eingang zu verschaffen suchen , in denen sie wegen allzugrosser Entfernung von der Einlosungskasse lästig und unangenehm sind ; dass eine staatliche Aussteht über die diessfällige ^eschäftsgebarung fast nirgends besteht , und dass trotz aller Rührigkeit der betreffenden .Anstalten es ihnen nicht gelingt, eine erhebliche Summe von Roten bleibend im Umlause zu erhalten. Mit Begehung auf alle diese Vunkte beruse ieh mich auf die eigenen Wahrnehmungen der Mitglieder der Kommission und auf die schon erwähnte vortreffliche Sehrist des Herrn Bnrckhardt..Bischoff.

Durch ein gutes Bnndesgesetz konnte das Bublikum gegen alle Gefahren und Unannehmlichkeiten , welche ans der ungeregelten Emission einer bunten Mannigfaltigkeit von Banknoten und Banknötchen sieh ergeben konnen , gesichert werden.

Jch denke mir die zu diesem Behufe zu treffende Einrichtung so : 1. Roten unter 50 Franken sind absolut unstatthast.

2. Eine Bank, welche Roten emittiren will, muss dieselben von d..r Bundeskasse beziehen und sich durch Beifügung ihrer Unterschrift zu deren

Einlösung verpflichten.

3. ...lls Sicherheit für die Erfüllung dieser Verbindlichkeit hinterlegt sie bei der Bundeskafse einen genügenden Betrag von Wexth-

schriften.

4. Eine Bank, welche ihre Roten bei der Vorweisung nicht sofort einlost , soll geschlossen werden , und es ist der Jnhaber der protestirten

^20 .^oten durch Verkauf der hinterlegten Werthschristen für den betreffenden

Betrag , sowie für den Verzugszins zu befriedigen.

5. Die eidgenössischen fassen werden angewiesen, Banknoten, sur deren Einlösung an dem betreffenden Platte durch die Bank selbst nicht gesorgt ist, einige Tage naeh Sieht einzulösen und den Betrag mit einer entsprechenden provision an der Bank nachzuahmen.

6. Die Eidgenossenschaft konnte für die aus diese oder ähnliche Weise gesicherten Banknoten Garantie leisten und dasür eine angemessene provision beziehen.

7. Auf diese Grundlagen hin konnten vielleicht die so sundirten Roten für Jedermann, nur nicht für die ennttirenden Banken selbst,. als leserliches Zahlungsmittel erklärt werden ; doch mochte auch ich , gleich wie Herr Burckhardt^Bischoff , dies Frage als eine durchaus ossene ..^ trachtet wissen.

Das. ans diese oder ähnliche Weise eine weit grossere Masse von Banknoten in Umlauf gesellt und für die nationale Wirtschaft weit mehr todtes Kapital erspart werden konnte, als bei dem je^igen Zustande, liegt wohl ausser Zweifel.

Weit anziehender als mein Vorschlag ist allerdings die Anregung des Herrn Burckhardt- Bischofs, welcher eine ausschliesslich znr Emission von Banknoten berechtigte schweizerische Diskoutobank schassen will. Dieser Plan ist ausserordentlich verführerisch und bestechend. Aber ich konnte mich doch nicht leicht für denselben ausspreehen, weil ein solches Monopol etwas sehr Gehässiges an sich trägt, und weil in kritischen Zeiten ....n ein privilegirtes Jnstitnt unsinnige Forderungen gestellt würden.

Ueberhaupt anerkenne ich ^erne . dass zwar die Centralisation des Banknotenweseus im Prinzip seh.. einfach ist, dass hingegen die Ans-

führung des Prinzips durch die Bundesgese^gebung sehr schwierig sein

wirl... Jeh sühle sehr wohl, da.^ mir die für Losung des Problems erforderlichen Fähigkeiten abgehen. Jeh lege daher aus den von mir gemaehten Vorschlag nicht den geringsten Werth. Hingegen glaube ich,

man sollte durch die Schwierigkeiten der Ausführung sich nicht abhalten

lassen , das Prinzip in die Bundesversassnng niederzulegen. Schon der enge Zusammenhang der Banknoten^.Emission mit dem Münzregal drängt dazu. Was hilst mir eine ^ute Münzordnung, wenn an der Stelle von Gold- oder ^ilbermünzen ein Ehaos von Banknoten, die sehr ungleichen Werth haben, umläuft, wie diess z. B. in .Amerika lange vor dem Bürgerkrieg und zu einer Zeit, zu welcher von einem Zwangskurse keine Rede war, der Fall gewesen ist^ Wenn auch vielleicht die Bundesgese^gebung noch lange ni.ht zu einer durchgreifenden Regelung des Banknotenwesens s.hreiten wir... , so

821 könnte sie doch einzelnen Mißbrauchen, z. B. der Emission ganz kleiner Banknoten, den Riegel stossen.

Doch es ist Zeit, dass ich schliesse.

Jch verbleibe mit vollkommener Hochachtung.

Zürich, den 23. Oktober 1865.

Jhr e r g e b e n e r .College

..^ ^. .^ittim^.

Nachträgliche Bemerkungen.

1. Es kann aufsallen, dass ich bei der Besprechung des Werthverhältnisses ^wischen Geld und Waaren von den Produktionskosten gänzlich absehe. Es ist aber zu berüksichtigen , dass für meinen

speziellen Zweck es durchaus unnothig ist, dieses Moment in's

Auge zu fassen. Für den Breis einer Waare ist es zunächst ganz gleichgültig, wie viel sie den Brodn^enten gekostet hat. Jn Kalifornien war nach der Entdeckung der Goldlager die Kaufkraft des Goldes aus zwei Gründen änsserst gering : wegen des Ueberslnsses an Gold und wegen des Mangels an allen zum Leben nöthigen Gütern. Alle Waaren standen im Breise enorm hoch, wie wenig auch ihre Erzeugung und ihr Transport nach Amerika gekostet haben mochte. Die natürliche ^olge war eine rasche Aussuhr des Goldes und eine Ueberslnthung des Marktes mit Waaren. Sobald diese im Ueberflusse vorhanden waren, mussten sie sinken, wie hoch sie auch den Spekulanten, der sie eingeführt hatte, anliegen mochten.

So wenig daraus ankommt, wie viel die Erzeugung der zur Zeit vorhandenen Waaren gekostet, so wichtig ist dagegen die Frage, mit welchen Kosten diese Waaren jetzt oder in einem gegebenen spätern Zeitpunkte erstellt und aus einen bestimmten Markt gebracht werden konnten.

Für meinen Zweck ist es aber durchaus unnöthig, diesen Faktor in meine Berechnung hinein zu ziehen.

822 2. Die Unterscheidung zwischen dem relativen und dem absoluten Werth des Papiergeldes tont parado^. Der scheinbare Widerspruch zwischen dem relativen Werthe für jedes einzelne Verkehrsgebiet und der absoluten

Werthlosigkeit für die Gesammtheit aller Verkehrsgebiete lässt sieh indess

leicht losen. Die absolute Werthlosigkeit des Papiergeldes beruht auf der Tatsache, dass das Metallgeld durch das Papiergeld verhältnissmässig entwerthet wird, so dass alles Metall.^ und Bapiergeld zusammen immer keine grossere Kauskrast hat, als das Metallgeld allein. ^Metall .^ M ; Bapier ..^P; M -^- P .^ G. M .^ G und P ........ Rull.) ^ o n d i e s e r E u t w e r t h u n g sieht man a b e r ab, wenn der Vortheil. untersucht wird, den der Gebrauch des Vapiergeldes einem einzelnen Verkehrsgebiete gewähren. kann. Wenn ^. B. eine schweizerische Rationalbank sür dreissig oder vierzig Millionen Banknoten in Umlauf selben kann, so wird es ihre Freude an dem Gewinn, den sie macht, wenig trüben, dass diese neue Bapier - Emission eine allerdings verschwindend kleine Entwertung alles auf der Erde zirkulirenden Goldes zur Folge hat.

3. Die Erscheinung, dass jeder Ueberschuss und jedes Defizit des Geldbedarfs eines Verkehrsgebietes durch .^us- und Einfuhr der Disserenz sehr rasch ausgeglichen wird, erklärt steh aus der doppelten Eigenfehaft des Geldes, dass es auf der einen Seile unfru.htbar und ans der andern unentbehrlich ist. Riemand will mehr Geld in seiner Kasse liegen haben, als er braucht. und Jeder muss mit der äussersten Anstrengung und mit den grossten ...^psern das Geld, welches ihm in einem gegebenen Augenblicke fehlt, herbei schaffen. Diese Thatsache wird von denjenigen gänzlich übersehen, welche glauben, man koune durch künstliche Operationen (^. B. dadurch, dass eine Bank oder die Staatskasse im Auslande ein Darlehen erhebt und das Geld im ^n..ande plaeirl) uicht nur vorübergehend einer augenblicklichen Roth steuern, sondern bleibend den Zinssuss beherrschen. Davon will ich hier gar nicht sprechen, dass nur der Seonto oder der Ziusfuss sür Vorschüsse aus kurze Zeit durch den .^tand des Geldmarkts im engern .^inne des Wortes bedingt wird, während der Zinsfnss sür feste Darlehen nicht vom Geld^, sondern vom KapitalMarkte abhängt.

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Spezialbericht des Hrn. Dr. Rüttimann, betreffend das Banknotenwesen, an die von dem schweizerischen Ständerathe niedergesetzte Kommission für die Revision der Bundesverfassung. (Vom 23. Oktober 1865.)

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11.11.1865

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