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des.

schweizerischen Konsulats in Australien (Sidnes) über die

Jahre 1863 und 1864.

(Vom 18. Februar 1865.

An den h. Bundesrath.

Tit..

Erster Theil.

1. Lage des Landet im A l l g e m e i n e n und Handelsgesezgebung.

Jn der grossartigen Entwiklung aller Verhältnisse Australiens eine Folge der Entdekm.g der Goldminen im Jahre 1850 - ist im .....anse der leztverfossenen Jahre ein et.velcher Stillstand eingetreten, der sowohl m Lokalursachen, , als auch in der endlich zmn Durchbruch gelaugten Ueberzeugung seinen Grund hatte , dass es sur. eine weisse Bevölkerung von einer Million Seelen ein Ding der Unmöglichkeit sei, ......ag für ......ag neue Hülfsquellen zu schassen und dass es ferner , sosern man sich für die Znknnst ein stetig zunehmendes Gedeihen sichern wolle, nothwendig fei, in die naturgemässen Vahueu des gesellschaftlichen und kommerziellen Fortsehritts einzulenken.

Die Gesehäste erreichen gegenwärtig nieht den Umfang wie z. B.

diejenigen von 1860. hinwieder sind die Zustände gesicherter geworden und wenn der Aufschwung nicht mehr ein so plözlicher ist. so sind dagegen mehr Elemente der Solidität und nachhaltigen Gedeihens vorhanden.

Die Handelsgesetzgebung ist eine der freisinnigsten . jeder Einwohner, aus welchem Lande er anch stamme, erfreut si.h der gleichen Geseze und der gleichen politischen und kommerziellen Rechte. Es wird von ihm nichts

^

28t

weiter verlangt, als dass er sich den gesezen und Reglementen unterziehe, denen alle Kolonisten ohne Unterschied unterworfen sind.

2. . L a n d w i r t s c h a f t . Die in meinen frühern Jahresberichten bezeichneten Schwierigkeiten, welche einer Entwiklung der Landwirtschaft im Wege stehen, nämlich der hohe Lohn und der Mangel an Arbeitskräften , in Verbindung mit der Unvollkommenheit der Verkehrsmittel im Jnnern des .Landes, dauern noch immer fort, sie versehwinden aber in demselben Masse als die Bevölkerung anwachst und die Strassen und Eisenbahnen zunehmen. Man darf sieh daher der Hofsnung hingeben, daß der Zeitpunkt nicht mehr ferne ist, wo die Erzeugnisse der Kolonie ihren

hauptsächlichen Bedarf selbst deken werden; übrigens begünstigt das Klima

die Erzeugung der wertvollsten Vrodukte Europas. Jm Worden hat man Versuche mit Zuker- und Baumwollenpslanzungen gemacht, ohne aber bisher ein befriedigendes Resultat zu erzielen. Der Mangel an Arbeitskrästen trägt daran die meiste Schuld. Die europäischen Einwanderer ziehen es nämlich meistens vor, entweder sieh in den Städten niederzulassen und Handel zu treiben, oder aber den Goldminen zuzueilen. Es ist desshalb die Rede davon , indische Arbeiter für diejenigen Zweige der Landwirthschast ..u beziehen , in denen sie gegenüber den europäischen den Vorzug verdienen. Viehzucht bleibt noch immer die Hauptbeschäftigung des Binnenlandes und es beruhen aus ihr in der That vornehmli.^ die Wohlfahrt und Zukunft der Kolonie.

Die Goldminen nehmen noch immer einen ziemlich ansehnlichen Theil der Bevölkerung in Anspruch, die Arbeit lohnt sieh bald mehr, bald weniger. Beispiele von außerordentlichen Glüksfällen gehoren mehr und mehr zu den Seltenheiten ; durchschnittlich verdienen die Goldgräber mehr nicht als ihren Lebensunterhalt; allein das Leben, welches diese Besehäf-

tigung gewährt, ist ein unabhängiges und abentheuerrei.hes. Viele ziehen es darum jeder ruhigen Beschäftigung vor. Die Gruben in Reu Süd-Wales werden

im Jahre 1864 beiuahe 400,000 Unzen liesern, d. h. einen Werth

von ungefähr 40 Millionen Franken. Die Gruben von Viktoria (Melbourne) produziren fast doppelt so viel, da sie von einer weitaus grossern Zahl von Goldsuchern bearbeitet werden.

Australien besizt aueh Blei-. Eisen- und Kupferminen. die aber alle, wegen Mangels an Transportmitteln , bisher wenig Beachtung fanden.

Die sehr reichhaltigen Steinkohlenlager liesern ein Brodukt, das dem englischen nahe kommt. Die Jndustrie, im eigentlichen Sinne genommen, liegt noch in ihrer Kindheit. Da die meisten Artikel des Auslandes zollsrei eingehen, so wird von vorneherein eine Konkurrenz mit den englischen Manufakturisten schon dadurch zur Unmöglichkeit, dass wir

der Arbeitskräfte ermangeln. Auch beschäftigt die Frage über Schmolle für die Kolonial-Jndustrie vielfach die direkt Betheiligten; die Mehrheit der Bevölkerung aber hat bisher am ^stem des freien Verkehrs festgehalten. Einige Tuch-, Wachskerzen-, Seifen- und Tabaksabriken ..e. sind

282 beinahe Alles, was wir an industriellen Etablissements besten. E... gibt aber einen Geschäftszweig, der, dank den Anstrengungen einer mächtigen einheimischen Schifssahrtsgesellsehast , einen grossartigen Aufschwung genommen hat, d. h. der Sehisssbau. Es werden jezt in Sidne^ .Schiffe aus Holz und aus Eisen und ^wax fast so billig, wie in England gebaut.

Erst kürzlich ist aus diesen Werkstätten ein prächtiges Dampfschiff von annähernd tausend Tonnen hervorgegangen, dessen Bestandtheile alle ohne Ausnahme an Ort und Stelle gearbeitet worden sind.

3. Einsuhr im Jahre 1863 (Reu Süd-Wales) L. 8,300,000 oder 215 Millionen Franken.

Ausfuhr im Jahre 1863 (Reu Süd-Wales) ,, 7,^00,000 oder 180 Millionen Franken.

Da die Uebersiehtstabellen der Zollämter jedesmal sehr spät ver^ offentlieht werden , so ist es mir für jezt unmöglich , neuere Daten ^u liefern.

Die Einsuhr im Werthe

...on 8,300,000 L. Sterl. verteilt sieh

wie folgt: L. 4,010,000 direkte Einsuhr aus England ,

,, 510,0l)0 " ,, " Frankreich, ,, .l ,100,000 ans Jndien und Amerika, " 2,680,000 ,, den benachbarten Kolonien (Tauschhandel).

Total L. 8,300,000 oder 215 Millionen Franken.

Da in der Einsuhr aus England auch die Erzeugnisse des übrigen Europa inbegrisfen sind und die Zollämter diese nicht naeh dem Ursprung auseinanderhalten, so ist eine Berechnung hierüber geradezu unmöglich.

Von England erhalten wir alle mogliehen Waaren . von Jndien und Amerika Znker, Reis, Thee, Tabak, Mehl u. s. ......

Die Ausfuhr von Reu ^üd-Wales im Jahre 1863 vertheilt sieh in folgender Weise: L. 2,360,000 in Gold uno baarem Gelde,

,, 1,830,000 Wolle, ,, 220,000 Kohlen (300,000 Tonnen), 52,000 Talg und .Leder, ,, 42,000 Eedernholz,

überdie^

,, 2,606,000 Tauschhandel mit den benachbarten Kolonien.

Total L. 7,200^000 oder 180 Millionen Franken.

4. Die Schweiz liefert uns Mousseline, Bänder und Seidenwaaren, ^lbstnth, Käse und etwas an Uhren, in neuester Zeit auch Zigarren. Die Rachfrage naeh lezterm Artikel wird immer stärker, seitdem von ^eite der spanischen Regierung der Ausfuhr von Eigarren aus Manilla Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Wenn die schweizerischen Fabrikanten

2^ sich ernstlich bestreben, gute Waare zu liesern, so werden ihre Eigarren in Australien einen bedeutenden und dauernden Absaz finden. Ohne ^weiset bezieht die Schweiz ihren Bedarf an australischer Wolle, Talg und Leder aus .London, denn ich glaube nicht, dass diese Artikel in direkter Sendung an schweizerische Häuser gehen.

5. Gegenüber dem Vorjahre erzeigt sich im Totalwerthe der Einund Ausfuhr eine Vermehrung von beinahe 2 Millionen Bsund Sterling.

Diese Zunahme verdankt man hauptsächlich der wachsenden Bedeutung des Tauschhandels zwischen den verschiedenen australischen Kolonien, indem der Verkehr so erleichtert ist, dass ein .Artikel, der heute auf einem Markte selten ist, sofort von der benachbarten Kolonie geliefert wird.

Auf diesem gegenseitigen Austausch beruhen die meisten Binnengeschäste, und dieses ist der Grund, warum alle grosseren Häuser auf allen Hauptplanen der Kolonie Sueeursalen befizen.

6. Der T a x i s für die Einsuhr hat eine nnr geringe Veränderung erlitten und beträgt : für geistige Getränke Fr. 12. 50 per Gallone (6 Flaschen), und zwar ohne Rüksicht darauf, ob die Waare aus ,. Tabak ,, 2. 40 ,, .^ England oder ,, Eigarren ,, 3. 75 ,, ^ anders woher Zuker, roher ,, 6. 50 ,, Zentner ^ komme.

,, Thee und Kasfe ,, ---30 ,, .^.

Alle andern Waaren sind eingangszollsrei.

Ausgangszolle bestehen keine . bloss das ^old ist ausgenommen.

Dieses zahlt per Unze eine Gebühr von Fr. 3, welche an die Stelle der ehemals von den Goldgräbern bezahlten fi^en Abgabe getreten ist.

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,, Bier

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50

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7. Es gibt in Australien keinen T r a n s i t v e r k e h r per Landweg, die zur Wiederausfuhr zur See bestimmten Güter werden provisorisch,.

unter Aussieht der Zollämter, in besondere, dafür bestimmte Magazin^ eingelagert.

8. Die E i s e n b a h n e n -- Regierungseigenthum - ersreuen sieh aus finanziellen Gründen keiner raschen Fortschritte, da unser Staatsbudget häufig mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat. - Jn Reu Süd^ Wales stehen Eisenbahnen in einer Länge von 50 Stunden im betriebe; andere sind im Van begriffen. Diese Eisenbahnen liesern nicht einmal einen Ertrag von einem Vrozent des in ihnen stekenden Kapitals , was in der gegenwärtig noch dünn gesäeten Bevölkerung seinen Grnnd hat.

Sie wurden hauptsächlich in der Absicht erbaut, die Entwiklung der Hülfs-

mittel des Binnenlandes anzubahnen. Aueh ist nicht zu vergessen, dass uns in den Kolonien jenes Durcheinanderwogen von Reisenden fehlt, di^e in Europa die Haupteinnahme der Eisenbahnen bilden.

284 Die Stre.ssen, die ohnediess schon viel ^u wünschen übri^ lassen,

troz der grossen Summen, die ihr Unterhalt alljährlich verschlingt, sind in der Regenzeit beinahe unwegsam. -. Dieser lästige Uebelstand wird sich erst mit der ^unahme der Bevölkerung, Schritt für Schritt, beseitigen lassen.

9. B a n k e n . Es gibt deren in Sidne.^ nicht weniger als neun: fünf englischen Ursprungs , vier von Kolonisten gegründet. Alle stehen auf Aktien und sind zur Emission von Bankbillets, ..u porteur lautend, unter der Bedingung berechtigt, jederzeit den Drittel des Werthe... ihrer in .Zirkulation befindlichen Billets in baarem Gelde in Kasse zu haben und alle Vierteljahre der Regierung ihren Sitnationsbericht vorzulegen.

Unglaublich ist die Menge der Geschäfte, namentlich der Diskonto^ Gesehäste, welche diese Banken im Lause eines Jahres machen, während die Bevölkerung kaum 400,000 Seelen beträgt.

Belauft sieh doch der Durchschnittswert der in Zirkulation befindlichen Bankbillets auf beinahe 20 Millionen Franken und die Depositen ans ungefähr l 50 Millionen Franken.

Die Diskontogeschäste betragen nahezu fünfhundert Millionen Franken per Jahr und der Gewinn aus den gemachten Operationen gestattet den Banken die Verkeilung von Dividenden, welche 15 bis 20 Brozent vom ursprünglichen Werthe der Aktien bieten. Der Kassenverkehr geschieht, wie in England, durch Vermittlung der Banken. .Lettere werden in vor^ trefflicher Weise administrirt und sind dem Handel vom allergrößten Ru...en.

Die Summe .^er Einlagen der E r s p a r n i s s k a s s e von Sidnev b.^ tru^g auf Ende des Jahres 1864 fast 20 Millionen, aus etwa fünfzehntausend Einleger.

10. Der S k o n t o schwankte im .....ause des Jahres zwischen 6 und ..) Vrozent. und richtete sieh jeweilen nach dem Stande des europäischen Geldmarkts und nach dem lokalen Bedürfnisse. ^ür .Apotheken beträgt der gewohnliche ^insfuss 7 bis 8 Brodent per Jahr.

11. A s s e k u r a n z w e s e n . Es bestehen in Sidnep , wie auch in Melbourne, verschiedene, beinahe durchgängig ans Aktien gegründete Schifffahrts-, Feuer^ und .Lebensversieherungsgesellschaften ; sie gewähren die nämlichen Garantien und Vortheile .oie die gleichartigen Anstalten Europas.

12. Auf dem Gebiete der neuen E r f i n d u n g e n ist nichts Erwähnungswerthes mittheilen. Jch habe bereits daraus aufmerksam gemacht, dass die australische Jndustrie noch in ihrer Kindheit liegt. Man beschränkt sich daraus, die Erfindungen der alten Welt, wenn immer moglieh, zu verwerthen; der Hoffnung aus einheimische Entdekungen darf .noch aus lange Zeit hinaus kein Raum gegeben werden.

285

Reiter T.^eil.

1. E i n w a n d e r u n g .

Das vorhandene Material reicht nicht weiter, als bis zu Ende des Jahres 1863. Da die von der Kolonie, zum Z.veke der Beforderuug der Einwanderung ausgefegte , gewohute Unterftüzung in Geld, aus Rüksichten der Ersparniss, provisorisch suspendirt wurde, so hat steh naturgemäss die Zahl der Einwanderer um Vieles vermindert. Diese betrug im Jahre 1863 sür die verschiedenen australischeu Kolonien insgesammt kaum 50,000 Seelen. worunter gewohnter^ massen einige tausend Ehinesen. Rur weuige der Auswanderer wandten sieh nach Reu Süd..Wales. Die Ehinesen bilden gegenwärtig einen an.^ sehnliehen Theil unserer Bevölkerung, troz der besondern Abgabe von Fr. 250 per Kopf, der sie in jüngster Zeit, einigen turbulenten Europäern zuliebe. unterworfen wurden, welche diesen Fremden ihr besseres Vorwärtskommen , das sie der Sparsamkeit und Thätigkeit verdanken, missgonuten. Beinahe alle Ehinesen beschäftigen sich als Goldgräber.

Die Einwanderer nach ihren Rationalisten ^u klassieren ist unmoglieh : Bässe und sonstige Answeisschriften find hier zu Lande unbekannte Dinge und es steht jedem srei, sich niederzulassen, ^u kommen uud zu gehen nach Gutdünken. Jedenfalls aber sind wenigstens drei Viertheile der Einwanderer Engländer.

2. Eine schweizerische Gesellschaft, im eigentlichen Sinne des Wortes, gibt es nieht ; unsere Landsleute sehliessen sieh gewohnlieh den gesell^ schaftlichen Kreisen der Deutschen oder Franzosen an. Das Bedürfniss, das nationale Band enger zu ziehen , macht sich übrigens hier , wo Jedermann sich des nämlichen Schuzes und der nämlichen bürgerlichen Freiheit erfreut und wo die Armuth glüklicherweise nur sehr vereinzelt auftritt, weniger fühlbar.

286

Jahresbericht des

schweiz. ^onsnl.^ in ...Odessa pro 18^.

(Vom 2^. Februar 1865.)

^n den h. Bundesrath.

Tit..

Erster Ti^eil.

1. Die Zustände Reu-Russlands und Vessarabiens sind im Allge^ meinen befriedigend ^u nennen, wenn gleich die Masse der auseinander^ gefolgten Reformen in fast alle Zweige der Eivil- , der richterlichen und der Gemeindeverwaltung Verwirrung gebracht hat. Zweifelsohne wird aber, sobald einmal die Beamten und Gemeinden ^sich mit den neuen Formen der Verwaltung und Gesezgebung vertrauter gemacht haben, die Ordnung überall wieder einkehren und es werden aueh die wohltätigen Folgen dieser Umgestaltung des Kaiserreichs, die - von oben ausgegangen ..-.- ohne Revolution zu Stande kam, nicht lange aus sieh warten lassen.

Roch war die Emaneipation der leibeigenen nicht vollständig durchgeführt, als bereits auch diejenige der Gemeinden, durch Gewährung der Autonomie an dieselben, zur Thatsa^e wurde. Beinahe gleichzeitig wurde das Feld der sreisinnigen Konzessionen durch eine noch wichtigere Resorm als die beiden vorerwähnten erweitert . wir meinen die gerichtliche Reform, welche jeden russischen Unterthan vor dem Geseze gleichstellt und wodurch das mündliche Versahren ..-- die beste Gewähr sür Gerechtigkeit, Achtung vor dem Geseze und Garantie der Rechte des Bürgers ein-

gesührt wird.

Jn keinem Theile des Reiches fehlt es an fähigen und wohlge..

sinnten Männern , und vielleicht srüher als es den Anschein hat dürsten

287 aus de.. jezigen Verwirrung Zustände stch entwikeln , die Russl.md zur Ehre und Wohlfahrt gereichen werden.

2. Die gerichtliche Reform wird die moralische Wiedergeburt des russischen Volkes kaum weniger fördern. als die Eisenbahnen sein materielles Wohlbefinden.

Jm Jahre 1864 hatte die Landwirtschaft des mittäglichen Russ.^ land unter dem Mangel dieser raschen Verkehrsmittel schwer zu leiden ; . denn, wiewohl die Ernte reichlich ausgefallen war, sind ihre Endresultate dennoch unter der Erwartung geblieben, indem ein Theil der Frueht wegen Mangels an Arbeitskrästen auf dem Felde verfaulte und das eingetretene Regenwetter auch die Qualität des Getreides sehr beeinträchtigte. Da^u kamen noch die hohen Taglöhne und die permehrten Transportkosten, so

dass schließlich die in Odessa erzielten Verkaufspreise zum Theil nicht die

Auslagen der Produzenten zu deken vermochten.

Der Tabakbau in Bessarabien und in der Krimm nimmt von Jahr ^u Jahr an Bedeutung zu und perspricht eine reiche Einnahmst uelle, besonders für diejenigen Distrikte zu werden, welche solche Tabaksorten bauen, die im Detailhandel unter den türkischen Tabak gemischt werden konnen.

Anfänge in der Baumwollenkultnr wurden mehrerenorts in der Krimm gemacht, jedoch ohne Erfolg. Dagegen konnte Eaneasien eine ansehnliche Quantität Baumwolle in befriedigender Qualität an die russischen Fabriken abgeben.

Die Jndustrie hat im mittäglichen Russland noch wenig festen Fuss gesasst, indessen befinden sich in Odessa und seinen Umgebungen einige

größere Etablissements, die mit Dampskraft arbeiten und sichtlich gedeihen.

Namentlich die Dampfmühlen entwikeln eine ausserordentliche Thätigkeit, so dass wahrscheinlich in nicht al.lzuserner Zeit statt Getreide Mehl ausgeführt werden wird; denn schon jezt bemerken wir in lezterm Artikel eine Zunahme des Exportes nach dem Orient, welcher im Jahre 186^ 71,378^Tschetwert und im Jahre 1864 86,981 Tschetwert betragen hat.

Die .Abschaffung .der Branntweinpächterei hat in fast allen bedeutendern Städten Reu-Russlands Vierbrauereien ins Leben gerufen, so dass das Biertrinken bereits allgemein geworden ist.

^ Einen neuen vielversprechenden Jndustriezweig bildet das Vetroleum ; es stnd Gegenden, worin sich Raphta vorfindet und die schon seit geraumer Zeit dafür bekannt waren, von einem amerikanischen Jngenieur durchforscht worden. Bereits hat derselbe eine rationelle .Ausbeutung begonnen und es scheint das Unternehmen ein ersolgreiches werden zu wollen.

Die Steinkohlenminen im Gouvernement ^ekaterinoslaw werden in einer nahen Zukunft mit Rüksicht anf die Eisenbahnen , welche für ReuRussland in der Erstellung begriffen sind, eine grosse Bedeutung gewinnen.

Die Qualität der Kohle ist sehr verschieden; sie besteht beinahe ans-

288 sehliesslieh ans vorzüglichem Anthraeit und findet sehon jezt sur die Dampssehiffe des Schwarzen und des A^ow'schen Meeres starken Abgang.

Andere Steinkohlenlager wurden im Gouvernement von .^ew entdekt, deren Ausbeutung einer russischen Gesellschaft zu günstigen Bedingungen zugestanden worden ist.

3. Die ^esammteinsubr an Waaren betrug laut beiliegender Ueber-

ficht, im Jahre 1864 Sitberrubel 9,426,^84. 95 ^op., d. h. Silberrubel 62,440. 23 Eop. weniger als im Jahre 1863.

Eine merkliche Verminderung macht sich in der Einfuhr von .^nkex

fühlbar. es wurde im Jahr 1864 bloss für Silberrubel 667.^, gegen ^ilberrubel 194,83^ im Vorjahre, eingeführt. Es dürfte wohl hieraus der Schluss gezogen werden, dass weder die sranzosischen , noeh sonstige ausländische Zukerrasfinerien, welche bei Anlass der leztvorgenommenen

Abänderung des Tarifs für die Eingangszolle , es versucht hatten , dem russischen Znker Koukurreuz zu machen, im Stande waren,

gegen einen

Eingangszoll länger anzukämpfen, welcher Silberrubel 4. 50 per Pud (ungefähr Fr. 1. 10 per .^ilo) beträgt.

^ei den andern Einfuhrartikeln ist beinahe ohne Ausnahme eine kleine Zunahme der Einsuhr eingetreten, so dass die Gessaste sich einigermassen wieder zu beleben scheinen, wenn gleich sie im Ganzen gegen die..

ienigen des .Vorjahres zurükstehen.

Dagegen weist das Tableau der Ausfuhr Zahlen auf, die in den Annalen unseres Handels nur selten erreicht wurden. Die .^.esammtans..

fnhr an Waaren betrug Silberrubel 37,981,078. 50 ...... gegen Silberrubel 28,210,34.). 45 im Jahre 1863, also ein Unterschied von Silberrubel 9,770,72..). 05 zu Gunsten des Jahres 1864: ein Verhältnis., das hauptsächlich durch die Aussuhr des Getreides bedingt ist, welche im

Jahr 1864 3,303,149 Tschetwert, im J. 1863 dagegen nur 2 .203,4l 9 Tsch.

betrug.

Der Unterschied zwischen Aus- u...^ Einfuhr beläust sich auf Silber-

rubel 27,141,760. Um diese ....umme hat sich also das ^apitalvermogen des Landes vermehrt und zwar ist dieselbe grosstentheils in die Taschen der Arbeiterklasse übergegaugen, da , was den ^ausmaunsstaud anbetrifft, Dieser mehr oder weniger das Opfer der auswärtigen Preisschwankungen geworden ist und anderseits die Produktions- und Transportkosten ^ dem Landwirth beinahe den vollen Werth seiner Ernte vorweg genommen hatten.

4 ^ 5 . Durch die Unmogliehl.eit^, den direkten Verkehr mit der ^ehwei^ zu kontroliren , ist eine nähere .^ezisferung der sehwei^risehen Ein- und Aussuhr ausgeschlossen. So viel steht indess fest, dass die schweizerischen Maunfaktureu sich foriwähreud einer starken Rachfrage erfreuen und in unserm Jmporthandel stets zahlreich vertreten sind. Rieht genug kann ich aber meinen Landsleuteu anempfehlen, bei der Wahl ihrer Agenten grössere Vorsi.ht zu bethätigen, indem diese leztern gar ost, bloss

^

289

um die Kommissionsgebühr zu erhaschen, Austräge von Häusern annehmen, die aus dem Bla^e keinen Kredit geniessen, und dadurch ihren Kommiltenten unausbleibliche Verluste bereiten , was ich schon bei mancher ..Gelegenheit zu beobachten im Falle war.

6. Die Aussuhrzolle wurden im Jahre 1864 von Russland abgeschafst; die Einfuhrzolle dagegen sind unverändert geblieben. Es ist jedoch die Rede davon, den Tarif sür die Einfuhr einer durchgreifenden Reviston zu unterwerfen, derzusolge die Sehu^olle eine grosse Veränderung erleiden werden. Wenigstens hat die Handelskammer von Odessa , vom Ministerium um ihre Meinung befragt, sich in sehr liberalem Sinne ausgesprochen.

7. Die verbesserten Kommunikationsmittel dürsten es wohl in naher Zukunft dem schweizerischen Handel gestatten , sich sür ^ersten und die Binnenländer Asiens, der über Odessa, Voti und Tislis gehenden Transitstrasse zu bedienen.

8. Die von Odessa nach Balta führende Eisenbahnlinie ist bereits nahezu vollendet und es wird die erste Streke .- Odessa^.Varkany am Dniester --- im Monat Mai, und die zweite, bis Balta reichende Streke, im Oktober d. J. dem osfen.liehen Betrieb übergeben werden. Die ^ortsezung dieser Eisenbahn über Krementschng nach Charkow aus Staatskosten wurde unlängst beschlossen und das südliche Russland dars daher hofsen, dass der Augenblik nicht mehr ferne sei, der alle seine produktiven Kräfte zur vollen Entfaltung bringen wird.

9. Jm Jahre 1864 ist die schon längst ersehnte, in ^olge der Emanzipation der Leibeigenen ^ur unabweisbaren Rothwendigkeit gewordene H^pothekarbank für das Gouvernement Eherson, mit Siz in Odessa, ins .Leben getreten. Die Bank gewährt den Grnndbesizern Darleihen zum Zinse von 7 ^. Das Kapital wird im Laufe von 35 Jahren amortisirt.

Von den Zinsen von 7 .^ werden 5 ^^ ^nr Verzinsung des Kapitals, 1 ^. für die Amortisation, ^ ^ sür den Reservefond und ^ ^ für die .^dministratiouskosten verwendet. Aus dem nämlichen Fusse sind in einigen Städten Reu-Russlauds städtische Banken entstanden.

10. Der Zinsfuss und Seouto haben sieh beinahe während des ganzen Jahres, was die besten Vapiere anbetrifft, aus 8 bis 10^ gehalten ; bei dem Eomptoir der kaiserl. Handelsbank stiegen ste indessen

nicht über 7 .^.

11. Odessa besizt keine eigentlichen Versichernngsgesellschasten. Die

in Petersburg und Moskau bestehenden Gesellschaften halten Sueeursalen in dieser Stadt , welche Feuer- und Lebensversicherungen aufnehmen.

Seeversicherungen geschehen aussehliesslich in denjenigen ausländischen Häfen, wohin die Schisse bestimmt sind.

290 Mehrere deutsche, englische und sonstige fremde Versicherungsanstalten haben Agentschaften in hier. ihr Geschäftskreis ist aber ein sehr be^.

^chränkter.

Reiter T.^eil.

1 . Die schweizerische Einwanderung bestand ansschliesslich ans durchs weisenden --- ziemlich zahlreichen -- Handwerkern. Die gesitteten und arbeitsamen haben alle Arbeit gesunden: beim Eisenbahnbau, bei der Strassenpflasterung und besonders im Hasen von Odessa, wo fast das ganze Jahr hindurch eine außerordentliche Tätigkeit herrschte. Jm So.n^ mer betrug der Taglohn eines gewohnlichen Arbeiters 75 Kopeken bis

t Rubel (Fr. 3 bis 4).

Da die mahomedanische ^epolkerung des Kaukasus in voller Aus.^ wanderung begrifsen ist. so sucht die russische Regierung die Einwanderung eines neuen russischen Elementes mogliehst zu fordern. Dieses so fruchtbare und gebirgige ..^and, das mit unserm Oberland grosse Aehnlichkeit besizt , dürste sich vielleicht für answanderungsl.ustige Schweizer eignen , und aller Wahrscheinlichkeit nach würden dahinzielende Kolonisation.^ vorschlage, der russischen Regierung nicht unwillkommen sein.

2. Die schweizerische Wohlthatigkeitsgesellschast in Odessa fährt fort,

bedürftige Landsleute zu unterstüzen. Jhr Rechenschaftsbericht, den ich Jhnen vorzulegen die Ehre habe, weist eine Vermehrung ihres Kapitals nach. dasselbe beläust sich gegenwärtig aus Silberrnbel 705. 91 E.

291 fandet ^n Odessa im ^ahr 18^.

^l.t^nhr.

....^nantit..

Werth.

.

....nbel.

2,070,283 17,925,919 1t,114 52,310 88,732 361,185 85 214,012 803,819 Mais . . .

^ , 539,781 2,705,854 ..^..chweizen .

, 219 1,868 50 Erbsen, grüne .

, 25,125 189,922 95 lohnen . . .

, 995.

8,116 Mehl . . .

, 86,981 955,401 Flachs- .^ Hanssamen ., 265,905 3, 1l 5, 009 Ochsen- und Hammelunschl.itt . . . . Pud 212,877 33 892,200. 10 Wolle, feine und gemeine . . . . ,, 394,878 8,6.19,359 ^ 85 forsten . . . .

,, 360 Leder und Häute . . ,, 19,078 125,428 Holzarten, verschiedene, Stük 11,602 8,375 Strike und .^aue . . Pud 61,255 241,063 55 Leinwand .^ Hanfwerg ,.

1,091 12,996 4,108 3,686 Verschiedene Waaren .

,, 1,958,205 55 Gesammt-Waarenausfuhr 37,981,078 50 Rubel 9,770,729. 5 mehr als im Jahr 1863.

Weizen Roggen Hafer Gerste

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. Tfchetwert .

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Eisen

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Ferner wurde im Jahr 1864 ausgeführt : an Goldmünzen ein Werth von ,, Silbermünzen ,, ,, ..

Gesammtausfuhr an Waaren und Münzen .

Bunde.^bla^. ^ahrg.X^II. Bd.I.

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163,101 25 204,941 25 38 ^..4^ .^1 ...^.^^.^^^.^

25

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292 ^i^r.

Werth

Quantität.

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Wein in Flaschen Fässern

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Geistige Getränke und Branntwein . . . . .

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Pud.

.....oher und gereinigter Zuker Kaffee . . . . .

Thee

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Verschiedene Obstarten Tabak in Blättern .^ Eigarren Baumwolle und Baumwollenwaaren . . . . .

^arbbol^er .

.

3 ndiao Seide, rohe . . . .

Wolle

. . . . .

Oele aller Art . . . .

Eisenblech und Eisenstangen

Blei, ^inn und Eisenguss .

Verschiedene Gewebe aus Seide , Baumwolle , Wolle u n d Garn . . . . .

Steinkohlen . . . . .

Verschiedene Maschinen .

,,

922 30,436 12,127 26,09..)

5,591 9,421 606 14 191 83,974 270,190 22,831

35 34 37 8 15 33 31 38 28 I5 24

^

217,990 2^,705 6,673 329,666 485,300 797,434 649,562 114,017 11,372 42,165 4,0l0 9,849 719,143 572,284 85,960

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40 35

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.

50

995,295 12 793,963 390,182 5 3,173,313 53 9,426,884 95

4,332,215

Artikel . . .

Gesammt.^Einsuhr

Silberrubel 02,440. 28 weniger als im Jahr 1863.

Ferner wurde eingeführt .

an Goldmünzen für .

., Silbermünzen ,, .

^ Kreditnota.

., .

^ubel..

.

.

Gesammteinsnhr an Waaren und Geldvaloren .

939,840 447,175 35 393,460 60 .

1,780,476 5 11,207,361 ^ -

293 ^ubel.

Die ^esammt-Ausfuhr von 1864 beträgt .

,, ,, Einsuhr ,, ,, ,, .

.

.

Demnach überwiegt die Ausfuhr um .

.

Jm Jahr 1863 betrug dieser Hoherbelauf der Ausfuhr

.

.

.

.

.

.

.

.

.

38,349,121 11,207,361 ^ -27,141,760 ^ 17,066,421 65

An Zollgebühren wnrden bezogen .

auf den Einfuhrartikeln .

,,

,. ^ussnhrartikeln ^ .

.

l ,806, ^68 70 167,061 81

294

Jahresbericht de.^

schweizerischen ^eneralronsnl.^ in Neapel pro 1^..^.

(Vom

24. Februar 1865.)

.^n den h. Bundesrath.

Tit..

Die durch die politischen Ereignisse und die allgemeinen finanziellen Verhältnisse herbeigeführten Wechselsälle im europäischen Handel konnten natürlich aueh die südliehen ^rovin^en Jtaliens nicht unberührt lassen.

Diese Erschütterungen, welche sieh in Staaten. deren Entwiklung schon weit vorgeschritten, so fühlbar machten, konnten für ein Land, welches bisher, feiner Fruchtbarkeit ungeachtet, aller der Verkehrsrührigkeit fern gehalten worden war, die heutzutage den Wohlstand der Volker bedingt, nicht folgenlos vorübergehen.

Da^u kamen noeh die unvermeidlichen Schwierigkeiten , womit der Uebergang zu einem neuen System des Geschästslebens und die Um .

Gestaltung der alten Handelsroutine, auf der so pieie bedeutende Ge.^ sehäfte beruhten , die aber zu dem jezigen Eharakter und ...lussehwung der Handelsoperationen nicht mehr passen will, nothwendig verbunden ist.

So lange bis die rechte, den Anforderungen der Gegenwart entsprechende Form gefunden ist und steh eingebürgert hat, wird der Handel von den Kalamitäten nicht verschont bleiben, welche die Begleiter der Gesehäftsunstcherheit zu sein pflegen.

Troz dieser Hemmungen und troz des schlechten Ernteaussalles des.^ jenigen neapolitanischen Bodenerzeugnisses , auf das die Einbildungs..

kraft des Südle.nders mit allzu sanguinischen Erwartungen blikte ^-- wir meinen die Baumwolle -^ darf man behaupten, dass, dank den n.ateriellen und moralischen Hilfsmitteln, welche dieses Land sichtlich resormiren, die allgemeine Lage einer stetigen und wesentlichen Verbesserung entgegen^ geht. Schulen werden gegründet, Strassen durchkreuzen die abgelegensten

295 Gegenden, Bahnzüge durchfliegen Distrikte, die vormals der Schauplaz des Brigantenwesens und seiner Verwüstungen waren. Und das Brigantenwesen selbst, über dessen Eharakter sich Europa so lange ganz irrige Vor-

stellungen machte, indem es die Bolitik damit in Verbindung brachte, weicht von Tag zu Tag mehr vor der vorwärtsdringenden Kultur zurük, die dasselbe ans seinen lezten Schlupfwinkeln vertreibt.

Was die Handelsgesezgebung anbetrifft, so sind darin noch keine Abänderungen vorgenommen worden.

Gegenwärtig aber berathet das italienische Parlament über die Geseze, welche die Herbeiführung der Einheit in Sachen der Gesezgebung und der Administration bezweken.

Zweifelsohne werden auch die Geseze, welche dem Handelsverkehr in den .Provinzen Süditaliens zur Richtschnur dienen, dieser Neugestaltung unterliegen.

Jn Bezug hierauf beschränke ich mich, eine einige Thatsache hervor-

Anheben. Es hatte sich die Rothwendigkeit herausgestellt, den betrügerischen Bankerotten entgegenzuwirken ; die Behörden haben nun einen modus vivendi. in Anwendung gebracht, wonach , gestüzt ans eine Bestimmung des ^traf^esezes, der Bankerotter unmittelbar nach seiner Jnsolvenzerklärung von der Polizeibehörde verhastet werden darf.

Am meisten Bedeutung für den europäischen Handel haben folgende fünf Produkte ^üditaliens : Getreide, Oel., die Krappfarbe, Baumwolle und Seide.

Die diesjährige Getreideernte war, nach Allem, was man darüber in Erfahrung bringen konnte, von einem guten Durehsehnittsertrag, ohne dass es jedoch möglieh wäre, denselben bestimmter in Zahlen auszudrüken.

Tro^ der gesegneten Ernte fand indessen gleichwohl, begünstigt durch die wohlseilen Breise, eine starke Einfuhr fremden Kornes statt. Die Getreidevorräthe in Süditalien müssen demnach sehr bedeutend sein.

Die .Gelernte berechtigte bis zum legten Augenblik zu den schönsten Hoffnungen , allein die heissen Winde, welche unausgesezt während des Herbstes herrsehten, bewirkten ein starkes Abfallen der Früchte und reduzirten den Ertrag um einen guten Drittel. Was die Qualität anbetrifft, so gilt sie sür besser als die der Vorjahre.

Die Kultur der namentlich früher für Handel und Jndustrie nicht unwichtigen Krappfarbe, welche unter den hiesigen Exportartikeln eine nam.^ hafte Stelle einnimmt, ist in Folge der bedeutenden Ausdehnung, welche die Baumwollenkultur gewonnen hat, merklich in den Hintergrund getreten. Diess dürste jedoch nicht von Dauer sein , da die Verumständungen, welche den Baumwollenbau in Ausnahme brachten, keinen Bestand versprechen, so wird der Krapp wohl seine frühere Bedeutung bald zurükerlangen.

296 Wie es mein leztjähriger Bericht voraussagte , hat sich , nach den glänzenden Resultaten der Baumwolienernte von 1863, der Produzent und der Handel dieser Kultur vorzugsweise zugewendet Es hatte im Jal.^. 1864 ganz den Anschein, als ob man aus neapolitanischem Gebiet nicht genug Land mit Baumwolle bebauen könne. Kleine und grosse Grnndbesizer selten dieser kostbaren pflanze alle... Andere nach. Bis Mitte September ging Alles gut; weite, bis dahin unangebaute Heidestreken, deren Boden zum erstenmal seit langen Jahren der Bflng dur^hakert hatte, verhiessen an der Stelle ihrer bisherigen Unfruchtbarkeit , lohnende Ausbeute . als gerade in dem Augenblik, wo man das Verbissene in den Händen zu haben glaubte, das anhaltendste Regenwetter eintrat, das mehr als ^wei Drittel der Ernte zu Grnnde. richtete. Diese Kalamität traf namentlich

die Umgegend von Reapel , Apulieu und besonders Sizilien blieben mebr verschont.

Was die Quantität betrifft , so glauben wir der Wahrheit nahe zu kommen, wenn wir die Baumwollenernte in den Südprovinzen Jtaliens und in Sizilien auf süns^hn Millionen Kilogramm anschlagen, wiewohl diese Angabe aus Genauigkeit nicht Anspruch machen kann.

Troz der im Jahre 1.^64 gemachten schlimmen Ersahrungen, scheinen die Produzenten nicht entmuthigt ...u sein, denn wie man versichert, ist für 1865 abermals eine bedeutende Ansaat ^u gewärtigen.

Eine ähnliehe Kalamität hat aueh ein anderes wichtiges Landespro.

dukt betrossen. die^eide, welche in ^olge der nun seho^ seit mehreren Jahren unter den Raupen^ herrschenden Krankheit um Vieles an Quantität abgenommen hat.

Der Ertrag der .^eidenernte im .^ahre 1864 wird auf 177,350 neapolitanische Bsund ^ 56,886 Kilogramm berechnet.

Jm Jahre

1863 betrug sie 272,000 neapolitanische Bsund ..^ 87,242 Kilogramm.

Der Minderertrag des Jahres 1864 gegenüber der Ernte von 1863, welche durch genannte Krankheit bereits verkürzt worden war, beläuft sieh demnach aus 30,356 Kilogramm oder auf 34. 8 ^. Die mit fremd^ ..ändischem Samen angestellten Versuche lieserten .- vielleicht wegen d..r Zweifelhaften Herkunst des Samens ^- kein befriedigendes Ergebniss.

Ueber. die Gesanm.taussuhr und Einfuhr und den schweizerischen ^lntheil an derselben , sehe ieh mich ans Mangel an dem erforderlichen Material ausser Stande, die mir abverlangten Ausschlüsse zu erth^ileu. Da über.^ diess die naeh der Schweiz bestimmten Waaren meistens über Marseille gehen, so erscheinen sie in der ossiziellen Statistik Jtaliens unter den aus Frankreich bezüglichen Zahlen. Was über Genua geht, wird uatürlich weder unter der ^lus- no.h unt.^r der Einsuhr mitgerechnet. Es dürste hier am Orte sein, daraus aufmerksam zu machen, dass wenigstens nenn Dehntet der in Neapel eingesührten schweizerischen Waaren ihren Weg über Mar.^

297 seille und nicht über Genua nehmen, welcher lettere Biaz - so lange die Scheidemauer der Alpen einer Verbindung ^wischen den nordeuropäischen und den italienischen Eisenbahnen entgegen steht, zu keiner Belebtheit gelangen wird.

Unter den obwaltenden Umständen bestrebte ich mich, wenigstens alle erhältliehen Daten zu sammeln, welche die schweizerische Einsuhr auf dem Blaze Neapel betreffen. Diese bestätigen in allen Theilen meinen

bezüglichen Bericht von 1863. Die Einfuhr gewebter Stoffe ist derjenigen von 1863 gleich geblieben, bloss die Broderien und Modeartikel sahen sich einigermassen zurükgese^t.

Gedrukte Baumwollenstoffe, besonders Taschentücher, stehen bei der neapolitanischen Bevölkerung mehr als je in Gunst. Das gleiche ist der Fall mit den sarbig gewobenen Taschentüchern.

Gedrukte Jndienne , weisse und türkisch^ othe Ealieots haben ebensalls einen befriedigenden Abgang gesunden.

Baumwollenbänder erfreuten sieh der gleichen Gunst wie srüherhin; die Einsuhr dieses .Artikels wird aus mehr als eine Million Franken veranschlagt.

Die Kontrole , welche von der Münzstätte in Reapel geführt wird, sezte mich in den Stand, in Bezng auf die Einfuhr schweizerischer Uhrenmacherarbeiten und Bijouterie genauere Rotizen zu sammeln. Es ^urden aus der ^chwei^ zirka 1..),0l.)^ silberne und 2000 goldene Uhren in Neapel.

eingesührt, in einem Gesammtwerthe von beiläufig . Fr.

500,000 an Bijouteriewaaren 290 Kilogramm, im Werthe von ,, 1,100,000

Zusammen Fr. 1,600,100 Dieses Ergebniss kommt dem des lezten Jahres nicht gleich. Jm Jnteresse dieses wichtigen Zweiges unserer nationalen Jndnstrie muss ich mir übrigens noch einige Bemerkungen erlauben. Von verschiedenen Seiten vernehme ich , dass die Genser Goldschmiede die Mode allzusehr vernachlässigen , d. h. zu wenig Aufmerksamkeit auf neue Formen ihrer Arbeiten verwenden. Sie halten sieh zu sehr an ihre Modelle, welche leider meistens veraltet und von den fremden Fabriken eopirt sind, welche dieselben stets, und zwar ^u billigeren preisen, zu reprodnziren wissen, zum grossten Rachtheil sür die schweizerische Jnduftrie. Die deutschen Fabrikanten in Pforzheim und Hanau - und diese sind es, die den Genser Fabrikanten die gefährlichste Konkurrenz machen ....- versäumen kein Mittel , um sich alle neuen Genres zu versehassen, die in der Juweli..rkunst fast jedes Jahr austauchen.

Dagegen waren die Uhrenmacherarbeiten im Jahre 1864 von merklich besserer Qualität, und haben daher auch hohere Vreise geholt.

2.^.

Die Erzeugnisse der schweizerischen Maschinensabriken kommen bei unsern Jndustriellen immer mehr in Ausnahme, dank ihrer sorgfältigen Konstruktion und der namhaften Ersparniss ...n Brennmaterial, die sie er^ möglichen. Mehrere Etablissemente haben sich mit solchen Maschinen theils neuversehen, theils vergrößert, und ich glaube die schweizerischen Werkstätten auf den Markt aufmerksam machen zu sollen, den die unaufhaltsamen Fortschritte der Jndustrie und besonders der Landwirthschaft in den süditalienisehen Brovin.^en diesem Jndustriezweige erossnen.

Der Eisenbahnbau in den Umgebungen Reapel^s ist leider etwas i^s Stoken gerathen , in Folge der vorgenommenen Abändernng des Traee derjenigen Bahn , die Reapel mit dem .Littorale des adriatischen Meeres und indirekte mit dem übrigen Jtalien in Verbindung sezen soll.

Diese .Linie, welche, nach dem ursprünglichen Blane, südlich von Salerno die Appenninen durchschnitt, soll nun, in ihrer neu projektirten Richtung, durch die Provinz Benevent geführt werden. Die nach dem srühern Projekt begonnenen Arbeiten wurden eingestellt und die in Betrieb stehende Linie Salerno-Eboli bleibt ohne Fortsezung. Dieselbe sollte jedoch zu einer direkteren Verbindung zwischen Reapel, Tarent und den kalabrisch-sizili^ anischen .Linien verwerthet werden.

Dagegen rükt die dem adriatischen Meere parallel lausende Eisen^ bahn mehr und mehr gegen Süden vor. Die Streke Trani..Bari wird dem Verkehr demnächst übergeben und die Eröffnung der ganzen ^ini.. bis Brindai wird aus Ende März in Aussicht gestellt. Es ist nur ^u be.^ dauern, dass das fehlerhaste Traeé und die Mängel des Bahnbaues häufige Unterbrechungen des Dienstes besürehten lassen.

Gleichzeitig wird auch an den kalabrisch-sizilianisehen Linien eifrig gearbeitet. Diese ^iehen sieh dem Golf von Tarent entlang und münden, indem sie dem User des jonisehen Meeres und der kalabrisehen Küste folgen,

in Reggio aus.

Die Dampssehisfsahrt hat im verflossenen Jahre zugenommen nn.^ ganz besonders hat die italienische Vostgesetlschast ihre Fahrten vermehrt und namentlich einen regelmäßigen Dienst eingerichtet. der sämmtliche Häfen der Küste bis nach .^lneona berüksiehtigt. So bedeutend dieser Fortsehritt auch ist, so ist er gleichwohl unzureichend, nm den Bedürsnissen des Handels zu genügen, der n...^ weit häusigere Kurse benöthigt, denen lohnende Frachten nicht fehlen konnten . besonders in dem Zeit^ punkt der Oel- und Baumwollen Ausfuhr.

Für die ehemalige Bank ^ delle Due .^ih.^ , je.^t ^B.^.o di Na..

poli^ genannt, traten im Jahre 1864 die aus ihrer Reorganisation hervorgegangenen Vorschriften in Wirksamkeit. Die Entstehung dieses Jn..

stitntes reicht um Jahrhunderte, d. h. bis in jene Zeit zurük, wo die alten italienischen Banken , wie die Bank di .^ Giorno in Genua , .^u..

29^ ..xst sich auf mehrere der Grundsäze stüzten, auf denen noch heutzutage das Kreditwesen beruht. Das erstgenannte Jnstitut ist eine Depositenbank und gibt Gutscheine ^edi di credito^ aus, welche von der Bank sofort ausbezahlt werden, sobald sie die Unterschrist des Deponenten oder des lezten Endosseur tragen. Die Bank bewilligt auch eine Art von laufender Rechnung ^inadrc lldi^ genannt, und leistet, gegen die auf die Bank lautenden ..,poli^m^ oder Eh.^ues der Deponenten , Zahlungen auf Rechnung ihres ..Guthabens.

Die in der Bank niedergelegten Summen belausen sich sehr hoch, durchschnittlich wohl auf 120 Millionen. Ein Theil der Gelder bildet den Baarvorrath der Bankkasse, das Uebrige wird verwendet zu Seontirungsgesehästen. ^u Vorschüssen aus Werthpapiere und zu Darlehen auf Vsändern, lezteres durch Vermittlung eines unter Aufsieht der Bank stehenden Leihhauses. Die Bank besi^t ein Stammkapital von 19 bis 20 Millionen, das sieh aus ihren Gewinnsten auf Skontirungs-, Vorschuß und Darlehensgeschästen gebildet hat.

Diese wichtige Anstalt stand ehemals, ohne jegliche Konsole, unter der .Leitung der Regierung ; jezt besteht die Administration aus einem .Präsidenten und zwei Jnspektoren, welche der Konig ernennt, einem Generalrath, worin Gemeinde, Magistratur, das Barreau und die Handelskammer ihre Vertretung haben, und aus dem Verwaltungsrath mit einem .Präsidenten, mehreren Jnspektoren und vier Delegirten, welche vom Generalrath gewählt werden.

Die Zirkulation ihrer tedi di credito erstrekt sieh über alle SüdProvinzen Jtalien^s und ist von weitaus grosserer Bedeutung als diejenige der Billets der Rationalbank, welche einen Siz ^sede^ in Reapel hat. Doch ist auch in der Zirkulation der leztern eine Zunahme bemerkbar.

Die Bank vonReapel steht mit der italienischen Regierung m Unterhandlung über Einlösung der alten Geldmünzen , deren Werth aus 250 Millionen angesehlagen wird, und über deren Ersezung durch Goldund Silbermünzen nach dem Dezimalsystem. Der Austausch des alten Knpsergeldes gegen Billonmünze nach dem Dezimalsystem hat grossentheils schon stattgefunden.

Zinssuss und Seonto waren. wie überall, so auch in Reapel Schwankungen unterworfen. Deinen Hohepunkt erreichte der Seonto im Jahr

1864 mit 9^, am niedrigsten stand er mit 6.^.

An Versicherungsgesellschaften bestehen in Reapel etwa zwanzig, wovon einige auf sehr soliden Grundlagen. Es soll davon die Rede fein, durch Fusion derselben eine grossere Garantie zu erzielen.

Die Feuerversicherungsgesellsehasten beginnen hier sesten Fuss ^u fassen , allein die hiesige Bauart der Häuser und der Eharakter des Volkes machen dasselbe gegen Feuersgefahr allzu sorglos.

^00 Von Lebensversicherungsgesellschasten machen in Neapel einige Geschafte: die englische Gesellschaft ^Tl.^ ^r.^l.^.m^ und die ..Real.^ Com..

p.^ma Itah^na^ in Mailand.

Ueber die steierische Einwanderung in Neapel ist nichts Bemertenswerthes zu melden. Sie beschränkt sich aus einige junge Leute, welche in dieser Stadt ihre kaufmännisehe Bildung zu erlangen oder zu vollenden wünschen, jedoch nicht die Absieht haben, sieh bleibend niederzulassen.

Das Rämliehe gilt von den etwelehen Jndustriellen , welche als Mecha.nker oder Werkführer in den Fabriken unserer Umgebung , oder als Basteten- und Zukerbäker und als Kellner Beschäftigung gesunden haben.

Hinwieder hat sieh in den zwei legten Jahren t.ei den Schweizern in Neapel das Bedürsniss fühlbar gemacht, sieh gegenseitig ...u nähern und .aus ihrer bisherigen Jsolirtheit , wie sie sich unter der Herrsehast von Gesezen, welche das Vereinsrecht aussehlossen, bildete, heranzutreten.

Wie Sie bereits wissen, wurde in Reapel gegen Ende des Jahres 1862 .^ne schweizerische Wohlthätigkeitsgesellschast gegründet, deren Wirksamkeit mit den. Jahre 1863 begann. Die Statuten und der erste JahresBericht derselben wurden Jl..nen bereits von dem Komite vorgelegt. Der Bericht pro 1864, der Jhnen bald Angehen soll, wird das glükliehe ^eLeihen dieser patriotischen und mildthätigen Stiftung bekunden und als Beleg dafür dienen, dass der wohlwollende Beistand des Bundesrathes hier gut angewendet ist.

Das Bestreben, die Glieder der hiesigen Schweizertolonie durch ein engeres Band zu vereinigen, führte im Jahre 1864 zur Gründung einer ^weiten Gesellschaft, des Cerale .^u^. der im Anfange bedeuteude okonomische Schwierigkeiten, bedingt durch die unerschwinglich hohen Mieth^inse in dieser ^tadt und die kosten der ersten Einrichtung , zu überBinden hatte, nun aber --. dank dem Geist der Zusammengehörigkeit, der unsere Landsleute beseelt ....- gesichert dasteht und sruehtbrine.end ^u werden verheisst.

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Bericht des schweizerischen Konsulats in Australien (Sidney) über die Jahre 1863 und 1864. (Vom 18. Februar 1865.)

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1865

Année Anno Band

1

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13

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25.03.1865

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280-300

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10 004 714

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