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Schweizerisches Bundesblatt.

^ XVII. Jahrgang. .lV^

Nr. ^1.

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^. November 18^.

Bundesgesez betreffend

die Revision der Bundesverfassung.

(Vom 19. Wintermonat 1865.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , in Anwendung der Artikel 111, 1l2und1l4, sowie des Artikels 74, Ziffer 1 der Bundesverfassung,

be sch liesst: A r t i k e l 1. Es wird dem schweizerischen Volke und den Kantonen die nachsolgende veränderte Fassung der Artikel 37, 41, 42, 44 und 48 der Bundesversassung, so wie die Ausnahme dreier neuer Artikel . 54 .^, 5..) a und 5..) h, zur Annahme oder Verwersung vorgelegt.

Artikel 37.

Die Festsetzung von Mass und Gewicht ist Bundessache.

Artikel 41.

Der Buud gewährleistet allen Schweizern das Recht der freien Niederlassung im ganzen Umfange der Eidgenossenschast nach folgenden nähern Bestimmungen : 1 . Keinem Schweizer kann die Niederlassung in irgend einem Kanton verweigert werden, wenn er folgende Ausweissehristen besizt :

a. einen Heimatschein oder eine andere gleichbedeutende Ausweisschrist; Bundes blatt Jahrg. XVII. Bd. I^.

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b. ein Zengniss sittlicher Aufführung ; c. eine Bescheinigung, dass er in bürgerlichen Rechten und Ehren stehe.

2. Der Niedergelassene darf von Seite des die Niederlassung gestattenden Kantons mit keiner Bürgschaft und mit keinen andern besondern Lasten behufs der Niederlassung belegt werden.

3. Ein Bundesgesez wird die Dauer der Riederlassungsbewilligung, so wie das Maximum der zur Erlangung derselben an den Kanton ^u entrichtenden Kanzleigebühren bestimmen.

4. Der Niedergelassene geniesst alle Rechte der Bürger des Kantons, tn welchem er sieh niedergelassen hat, mit Ausnahme des Mitantheils an Gemeinds- und Korporationsgütern.

Jn Betress des Stimmrechtes in Gemeindeangelegenheiten ist er dem niedergelassenen Kantonsbürger gleich zu halten.

Dem Niedergelassenen wird insbesondere freie Gewerbsausübung und das Recht der Erwerbung und Veräusserung von Liegenschaften zugesichert, nach Massgabe der Geseze und Verordnungen der Kautone, welche in allen diesen Beziehungen den Niedergelassenen dem eigenen Bürger gleich halten sollen.

5^ Den Niedergelassenen anderer Kantone konnen von ..^eite der Gemeinde keine grosseren Leistungen und Gemeindelasten auserlegt werden, als den Niedergelassenen des eigenen Kantons.

6. Der Niedergelassene kann aus dem Kanton, in welchem er niedergelassen ist, weggewiesen werden .

a. durch gerichtliches Strafurtheil , b. dur.^ Versüguug der Bolizeibehorde , wenn er die bürgerlichen Rechte und Ehren verloren hat, oder sich eines unsittlichen Lebenswandels schuldig macht, oder durch Verarmung zur .^aft fällt, oder schon oft wegen Uebertretung polizeilicher Vorschriften bestrast werden musste.

7. Der Buudesgese^gebuug wird vorbehalten, zu bestimmen, ob die G..se..e des Heimat- oder diejenigen des .^iederlassungsiantons für die Besteurung , so wie für die Regelung der ^ivilreehtliehen Verhältnisse der Niedergelassenen massgebend sein sollen.

A r t i k e l 42.

Jeder Bürger eines Kantons ist .^chwei^erbürger.

Der niedergelassene ..^chweizerbürger geniesst in den eidgenossischen und kantonalen Angelegenheiten alle Re^te der Bürger des Kantons, in welchem er niedergelassen ist.

Riemand kann in mehr als einem Kanton politische Re.hte ausüben.

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Artikel 44.

Die Glaubensfreiheit ist unverlezlich.

Um des Glaubensbekenntnisses willen darf .jemand in den Bürgerlichen oder politischen Renten beschrankt werden. ^ Die freie Ausübung des Gottesdienstes ist den anerkannten christ^ lichen Konfessionen, so wie innerhalb der S..hra..ken der ....Sittlichkeit und offentliehen Ordnung auch jeder andern Religionswissenschaft im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet.

Den Kantonen, so wie dem Bunde bleibt vorbehalten, sur Handhabung der osfentl.chen Ordnung und des Friedens uut..r den Konfessionen und Religionsgenossenschasten die geeigneten Maßnahmen zn treffen.

Artikel 48.

Sämmtliche Kantone sind verpflichtet, alle .^chwe^erbürger^in der Gese^gebuug sowol, als im gerichtlichen Verfahre.. den Bürgern des eigenen Kantons gleich zu halten.

A r t i k e l 5 4 ^ (neuer Artikel).

Der Bundesgesezgebung bleibt es anheimgestellt, einzelne Strasarten als unzulässig zu erklären.

Artikel 5.... a (neuer Artikel).

Der Bund ist befugt, gestehe Bestimmungen ^um Schnee des schriftstellerischen, künstlerischen und industriellen Eigenthums zu erlassen.

A r t i k e l 5.)b (neuer Artikel).

Dem Bund steht das Recht zu, gesezliche Bestimmungen gegen den gewerbsmäßigen Betrieb von Lotterie- und Hasardspielen aus dem Gebiete der Eidgenossensehast zu erlassen.

A r t i k e l 2. Der Bundesrath hat für beforderliehe und genügende Bekanntmachung der in Vorschlag gebrachten Abänderungen ^er Bundespersassung ^u sorgen.

A r t i k e l 3.

..^s so^ über jede der beantragten Abänderungen de...

Bundesverfassung besonders abgestimmt werden.

Demgemäß haben neun getrennte Abstimmungen zu erfolgen, nemlich : 1) über Art.

37 (Mass und Gewi.ht);

2) über Art. 4l, Ei..g....g und ^isser l, so wie über Art. 48 ^..le^stellung der ^chwei^er

aller Glaube..sbel.enut..isse

mit Beziehung

aus das ..^iederlassungsrecht, die Ges^gebuug und das gütliche ^erfahren , Gleichstellung der naluralisirten mit den andern ^chwe..^ern in Betreff des ^iederlasfuugsreehtes, Aushebung des Ersorder-

nisses eines Ausweises über die ersorderlichen Mittel zur Ernährung behufs Erwerbung des ..^iederlassnngsrechtes) , 3) über Art. 41 , Ziffer 4 (Stimmrecht der Niedergelassenen in Gemeindeangelegenheiten) ; ^

4) über Art. 41, Ziffer 7 (Bestenrung und zivilrechtliche Verhältnisse der Niedergelassenen) ; 5) über Art. 42 (Stimmrecht der .^edergelasfenen in kantonalen Angelegenheiten) , 6) über Art. 44 (Glaubens- und Eultussreiheit) .

7) über Art. 54 a (Auss.hliessung einzelner Strasarten) ;

8) über Art. 59 a (Schn^ des schriftstellerischen, künstlerischen und industriellen Eigenthums) ^ 9) über Art. 59 h (Verbot des gewerbsmäßigen Betriebes von Lotterieund Hasardspielen).

A r t i k e l 4. Eine vorgeschlagene Abänderung der Bundesverfassung ist als angenommen zu betrachten , wenn die Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger und zugleich die Mehrheit der Kantone sich dafür aus-

spricht.

Artikel 5. Die Stimmgebnng des schweizerischen Volkes ersolgt

aus dem ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft an einem und demselben

Tage. Dieser Tag wird durch den Bundesrath festgesezt. ^) Es darf

jedoch die .Abstimmung nicht früher als vier Wochen nach geschehener Bekanntmaehung der vorgeschlagenen Abänderungen der Bundesverfassung stattfinden.

A r t i k e l ^. Zur Teilnahme an dieser .Abstimmung ist jeder .^..chweizerbürger berechtigt, welcher bei den Wahlen in den schweizerischen Rationalrath stimmfähig ist.

Es ist jedoch den Kantonen gestattet, mit Bezug aus das sur di...

Stimmberechtigung erforderliche Alter die Vorschristen ihrer kantonalen Gesezgebung ^nr Anwendung zu bringen, sosern nach denselben das Stimmrecht schon vor zurükgelegtem zwanzigsten Altersjahre beginnt.

.Artikel 7. Jeder Kanton ordnet die .Abstimmung ans seinem Gebiete an. Dieselbe ist gemeinde- oder kreisweise vorzunehmen. Den Kantonen bleibt es überlassen, zu bestimmen, ob die Abstimmung ossen oder geheim erfolgen soll. Jm Uebrigen finden auf dieselbe die in jedem Kanton für Abstimmungen in Versassungsangelegenheiten bestehenden Vorschristen Anwendung.

.^ ^Im 22. ...^...ember 18.^ sezte der Bundesrath den 14. Januar 18.^ fest.

Artikel 8. Ueber die Abstimmung ist in jeder Gemeinde, be^ehuugsweise in jedem preise ein Protokoll aufzunehmen, in welchem genau anzugeben ist, wie viele Stimmende jede einzelne der vorgeschlagenen Verfassungsänderungen angenommen und wie viele sie verworfen haben.

A r t i k e l 9. Die Kantone als solche geben ihre Stimme durch die nach ihrer Verfassung hiezu befugten Organe ab.

Jedoch bleibt es den kantonalen Oberbehörden unbenommen, einfach

das Ergebniss der eidgenössischen Abstimmung im Kanton (Art. 5 bis 8 hievo.) als Votum desselben zu erklären.

Artikel 10. Die Kantone haben ihre Stimmen spätestens 14 Tage nach der schweizerischen Abstimmung abzugeben.

A r t i k e l 11. Die Kantousregiernngeu haben die Stimmgebuug ihres Kantons, so wie die Protokolle über die e.dgenössisehe Abstimmung, dem Bundesrathe zuhanden der Bundesversau.mluug zu übersenden.

Die Bundesversammlung wird auf Grundlage derselben das Ergebniss der Abstimmungen erwahren uud , falls sich dabei ergibt , dass einzelne oder alle vorgeschlagenen Verfassungsänderungen angenommen worden sind, die demgemäß revid.rte Bundesverfassung in Krast erwachsen erklären.

A r t i k e l 12.

^es beauftragt.

Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Ge-

Also beschlossen vom Ständeräthe, Bern, den 18. Wintermonat 1.^5.

Der Vizepräsident: .^elti.

Der Protokollführer : ^. .^erl^ermam..

Also beschlossen vom Rat.onalrathe, B e r n , den 19. Wintermonat 1865.

Der Präsident: A. R. Planta.

Der ^Protokollführer. ..^chie^.

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Bundesgesez betreffend die Revision der Bundesverfassung. (Vom 19. Wintermonat 1865.)

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23.11.1865

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