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Schweizerisches Bundesblatt.

XVII. Jahrgang. lll.

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Nr. 48.

4. November 1865.

Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend den Staatsvertrag mit Oesterreich und .Bauern über die Erstellung einer Bodenseegürtelbahn und einer Zweigbahn

Rüthi-Feldkirch.

(Vom 11. Oktober l 865.)

Tit. l ....Bereits im Frühjahr 1853, als die auf Schweizergebiet nach dem Bodensee führenden Eisenbahnen erst in Angriff genommen waren, wurde die Herstellung einer Verbindung dieser Bahnen mit den am jenseitigen Ufer des Sees ausmündenden Schienenwegen von den bei dieser wichti-

gen Verkehrsverbindung zunächst betheiligten Staaten ernstlich ins Auge

gefasst. Schon damals wurden zwischen der Regierung von St. G a l l e n und derjenigen.. des Konigreiehs Bauern vorläufige Unterhandlungen gepflogen, welche dann aber insolge der mittlerweile zwischen der S c h w e i g und Oe st e r r e i c h eingetretenen ungünstigen politischen Verhältnisse bald ins Stocken geriethen und mehrere Jahre gänzlich liegen blieben.

Jm Jahre 1856 fand zwischen den Regierungen von O e s t e r r e i c h , Bauern und St. Gallen (welch' ledere vom Bundesrathe zur Führnng dieser vorläufigen Unterhandlung ermächtigt worden war) die Auswechsluug von Vunktationen statt, welche als Grundlage sur die desinitiven Unterhandlungen dienen sollten. Aus diese Präliminarien folgten

Bundesblatt. Jahrg. XVII. Bd. III.

58

756 dann im Oktober 1858 die ersten Konferenzen von Abgeordneten der betheiligten drei Staaten. Bei diesen .Konferenzen, welche in München stattfanden, war die Schweig durch Herru Landammann H u n g e r b ü h l e r vertreten , welcher vom Bundesrathe beauftragt worden war , die Untere handlungen auch im Ran^n der Eidgenossenschaft zu führen. Das Ergebn.ss dieser Konferenzen war der Entwurf eines Staatsvertrages, dessen ^lbschluss aber nicht zustande gebracht werden konnte, weil O e f t e r r e i c h Forderungen gestellt hatte (Erstellung eines zweiten Rheinüberganges bei B e n d e r n und Fortsezung der Bahn auf dem rechten Rheinufer naeh Feldl.irch und Bregenz), auf welche der schweizerische Abgeordnete nicht eingehen konnte. Auf deu Antrag des Leitern wurde dann, da keinerlei Aussichten zu einer .Verständigung über die waltenden Anstände vorhanden waren, am 22. Dezember 1.^58 in der fünften Konferenzsi^ung die Wei^ tersühruug der Unterhandlungen auf unbestimmte Zeit vertagt.

Wieder perstrichen mehrere Jahre, bis es den .Verwendungen Bayerns und der Schweiz gelang, Oesterreieh znr Wiederausnahme der Unterhandlungen zu bestimmen.

Unterm 12. Rovember 1861 machte die österreichische Gesandtsehast dem Bundesrathe die Erosfnung, dass die Regierung von O e s t e r r e ich geneigt sei, auf die Fortsezung der Unterhandlungen einzugehen unter der Bedingung sme qu... non, dass gleichzeitig mit der Gürtelbahn von der zu kon^essionirende.. Gesellschaft ans ihre Kosten eine Zweigbahn Bregen^-

Feldkirch hergestellt und diese Verpflichtung mittelst eines sormliehen

Vertrags mit Oesterreich gewährleistet werde. Jn einer spätern, von der österreichischen Regierung unterm 19. Mär^ 1863 abgegebenen Erklärung wurde obige Bedingung dahin modisizirt und ausgedehnt , dass statt der Zweigbahn Bregeu^eldkirch eine solche von Rüti nach ^eldkirch aus Kosten der .^mon ^ni^o ausgeführt, der Tarif sür die auf der Eisenbahn vou Liudau . resp. Bregen^ naeh ^eldkireh transitireuden Güter ermässigt und vou der eidg. Zollverwaltung freier Verschluß und freier Transit derselben gestattet werde. Dieser Hauptbedingung war noch das Be-

gehren beigefügt, dass^ den Herren Ganahl .^ E^. in Feldkirch die

Summe vou 12,000 Guldeu für die Studieu und Bläue über die Eisenbahn von Bregeu^ nach Feldkirch vergütet werde, eine Bed.ngung , die aber in den weiteru Verhandlungen nie mehr ^ur Sprache kam.

Nachdem die Regierung von St. Gallen, vom Bundesrathe über ihre Ansichten belresfenl^ die Eröffnungen der osterreiehischen Regierung angefragt, erklärt hatte, dass sie grun.^lich mit denselben einverstanden sei, trafen wir ohne Zogerung die ^ur Jngangsezung der Konseren^verhandlnngen nothigen Einleitungen, indem wir uns einerseits bei der Regiernng von Bayern um brüderliche Wiedereinbernfnng der Konferenz verwendeten und andererseits ^..r Wahl der schwei^erisehen Abgeordneten und Aufstellung der denselben zu erteilenden Instruktionen schritten.

Als A^geord^eteu der Eidgenossenschaft bezeichneten wir den Herrn Re.^

757 gierungsrath H a g e n buch in Zürich, und als zweiter schweizerischer Abgeordneter wurde von der Regierung von St. Gallen Herr Landammann P a u m g a r t n e r von St. Gallen vorgeschlagen, welcher dann ab^r spater bei der definitiven Wahl der Abgeordneten (ebenfalls nach dem Vorsehlage der Regierung von St. Galleu) durch Herrn Laudammann A e p l i ersezt wurde.

Für die Ausstellung der Justruktiou wurde der bei den .^o.rseren^en von 1858 zn Stande gekommene Vertragsentwurf zu Grunde gelegt, und wir ermangelten nicht, der Regierung von ..^t. Gallen volle Gelegen^ heit zu geben, sich über die ihr wünschbar scheinenden Aenderungen auszusprechen. Mit ..Schreiben vom 22. April 1863 machte auch die Regierung von Thurgau im Hinblike anf das spätere Zustandekommen einer Fortse^ung der Gürtelbahn nach Romanshorn oder Amrisweil ihre Jnteressen geltend, indem sie verlangte, dass in den abzuschliesseuden Staatsvertrag eine Bestimmung aufgenommen werde, ..gemäss welcher hinsichtlieh ,,der Auschlussverhältnisse die nämlichen Rechtsgrundsäze auch sur die

..Gürtelbahn gelten sollen , welche gegenwärtig mit Beziehung ans das

^schweizerische Eisenbahnwesen bestehen, und im Art. 13 des Bundesgesezes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 28. Heumonat

,,1852 und im Art. 1 des Bnudesrathsbeschlusses betreffend die An^schlussverhältuisse der schweizerischen Eisenbahnen vom l1. August 18^.8

^niedergelegt find.

Rachdem von Seite des Departements des Jnnern unter Mitwir..nng der Vorstände des Handels^ und Zoll- und des ^oftdepartements, sowie der beiden Abgeordneten der Entwurf der^ diesen ^Leztern zu erthei..

len^n Jnstrnktion ausgearbeitet und der . Regierung von St. Gallen mitgetheilt worden war , erklärte dieselbe, dass sie , mit Ausnahme des . dem obigen Gesuche .......hurgaus entsprechend aufgenommenen Artikels betreffend die Auschlussverhältnisse, mit allen übrigen Jnstrnktionsbeftimmungen einverstanden sei, um so bestimmter aber darans dringen müsse, dass jener Artikel, welcher in dem Vertragsentwurfe von 1858 uicht enthalten sei, fallen gelassen werde. Wir werden ans diesen ^nnkt, welcher in der Folge noch zu vielfachen Erörterungen Anlass gab, weiter unten einlässlicher zurükkomn.en, und beschranken uns desshalb vor der Hand auf die Bemerkung, dass die von ^t. Gallen gegen die Aufnahme fraglichen Artikels gellend gemachten Gründe uns ni.ht bestimmen konnten, denselben ^n beseitigen.

Während dieser vorbereitenden Verhandlungen für die Konferenzen erfolgte im Dezember l 863 die Ertheilnng einer .Konzession sür den Bau der Bodenseegürtelbal^u, so weit dieselbe das schweizerische Gebiet beruht.

fragliche ^ou^essiou wurde vom Grossen Rathe von ^t. Galleu unterm 1. Dezember 1863 an die Herren ....... a l a b o t , H e n t s e h und B l o u u t erth^lt^und von der schweizerischen Bundesversammlung unterm 22. gleichen

^ Siehe Bundesblatt v. J. 18.^4, Band I, Sei^ 21. .

758 Monats genehmigt. ^ Bei den diessälligen Verhandlungen kamen in den eidg. Räthen auch die bereits oben erwähnten Anschlussverhältnisse zur Sprache, und es wurde hinsichtlich derselben aus Anregung der ständeräthlichen Kommission gleichzeitig mit der Konzessionsgenehmigung noch ein spezieller Veschluss gefasst, welcher folgendermaßen lautet : ,,Der Bundesrath wird bei den zu pflegenden Unterhandlungen be,,tresfend den in der vorerwähnten Konzession vorgesehenen Staatsvertrag ..nicht nur die im Art. 24 derselben erwähnten Vunkte, sondern auch die ,,im Art. 13 des .^nudesgesezes vom 28. Heumonat 1852 enthaltenen ,.Grundsä^e im Auge behalten.^ Mit Rüksicht darauf, dass sich in Folge der erwähnten Konzesstonsertheilung die Sachlage etwas verändert hatte, musste die ausgestellte Jnstruktion, welcher wir unsere Genehmigung bereits ertheilt hatten, noch in einigen Punkten modifiât und ergänzt werden. Die definitive Ausfertigung derselben nebst l..en erforderlichen Vollmachten wurde den Herren Abgeordneten unterm 14. Rovember 1864 zugestellt.

Während wir, so vorbereitet, noch immer die .Antwort der Regierung von Bauern aus unsere bereits unterm 7. April 1863 an dieselbe gerichtete Verwendung für besorderliche Wiederausnahme der Konferenz gewärtigten, erhielten wir von dem königl. württembergischen Ministerium

des auswärtigen die Mittheilung, dass sich die württembergisehe Regierung

bei Bauern dafür verwendet habe, ..dass im Falle der wirklichen Wieder..ansnahme der kommissarischen Verhandlungen über eine Vodenseegürtel.,bahn die Rührung derselben bis nach ^riedrichshasen ins Auge gesasst ^uud jedenfalls Württemberg zur Theilnahme an den Verhandlungen und ,,dem Vertragsabschluß eingeladen werden moge.^ Mit dieser Mittheilung war das Ansuchen verbunden, der Bundesrath mochte die Saehe untersten und sich bei Bauern ebenfalls für die Zulassung Württembergs verwenden.

Da die ^ortsezuug der Vodenseegürtelbahn bis Friedrichshafen osseubar sehr im Jnteresse des hierseitigen Verkehres liegt , so nahmen wir keinen Anstand, dem Gesuche Württembergs ^u entsprechen , indem wir dasselbe im Einverständnisse und gleichzeitig mit der österreichischen Regierung bei der bayerischen Regierung untersten und die Hoffnung aussprachen, dass sie, den vereinigten Wünschen der beiden mitbetheiligten Staaten Rechnung tragend, die Zulassung Württembergs zu den bevorstehenden Kon.ferenzverhandlungen nicht beanstanden werde.

Mit Rote vom 20. ^ebrnar l. J. erosfnete uns hieraus das bayerische Ministerium, dass der Wiederaufnahme der Konserenzverhandlungen nichts im Wege stehe, dass aber die Gründe, welche im Jahre 1858 die bayerische Regierung bestimmten, die Betheiligung Württembergs an diesen Ver^) Siehe eidg. Gesezsammlung, Band ^III, Selle 1l.. und 20.

759 handlungen abzulehnen, noch heute bestünden, und dass daher Bauern auf seiner damaligen Ansicht beharren müsse.

Um keinerlei Anlass zu weit.ern Verzogerungen in dieser Angelegenheit ^u geben, bestunden wir nicht weiter auf der bei Bauern zu Gunsten Württembergs gemachten Anregung und ersuchten auch die österreichische Regierung, der Sache keine weitere Folge zu geben.

Rachdem auf diese Weise auch der lezte Anstand beseitigt war, wurde von Seite der bayerischen Regierung die Erossnnng der Konferenzen in München definitiv aus den 1. Mai l. J. angesät.

Was den aussern Verlaus dieser Konferenzen , welche am 1 . Mai d. J. wirklieh ihren Ansang nahmen, anbetrifft, so ist darüber zu bemerle.., dass die ersten Verhandlungen , in welchen ein neuer Entwurf eines Staatsvertrages durchberathen wurde, bis zum 20. Mai dauerten und sodaun nach der siebenten Sizung bis anf Weiteres vertagt wurden, worauf sämmtliche Kommissare von München zurükkehrten, um ihren Re^ierungen über die Resultate der Verhandlungen Bericht zu erstatten und deren weitere Entschließungen einzuholen. Da die Ertheilung der diessälligeu neuen Instruktionen zu verschiedenen Zwisehenfällen Veranlassung gab, so konnten die Konserenzverhandlungen erst im Juli wieder ausgenommen werden. Der .^chluss derselben , d. h. die Unterzeichnung des vereinbarten ^taatsvertrages und des darauf bezüglichen ^ehlussprotokolles ersolgte am 5. August 1865.

Zu den Unterhandlungen und dem Jnhalte des Vertrages selbst übergehend, müssen wir die Bemerkung voraussehike.. , dass schon in den ersten sieben Konferenzsizuugen der grossere Theil der in unseren Jnstruktionen aufgestellten Bedingungen zur Anerkennung gelangte. Wir glauben uns über diese Bunkte nicht weiter verbreiten zu sollen und verweisen diesfalls aus ^ie bezüglichen Kouferenzprotokolle.

Zu einl^issliehern Erörterungen führten die folgenden Fragen : 1. Jst für den Fall der Anbringung von Trottoirs sür Fnssgänger an

den Eiseubahubrüken bei St. Margarethen und Rüthi die Bewilliguug eines Brükengeldes zuzugeben .^ Wir glaubten, diese Frage mit Rüksieht aus den Entscheid der Bundes-

versammlnug über das prosektirte Brükengeld bei Moustein verneinen zu sollen. Es ist nämlich klar, dass es nicht angehen würde, diese beiden Brükengelder zn bewilligen und nachher solche für. andere Rheinbrüken, wie sie gegenwärtig mehrfach projektirt werden, zu verweigern.

Jm Uebrigen schien uns diese Frage von keiner grossen finanziellen Bedeutung zu sein.

Rach mehrfachen Erfahrungen , z. B. bei der

760 Brüke oberhalb des Rheinfalles , lassen si.h derartige Trottoirs ziemlich wohlseil konstruire... Wenn auch. wie wahrscheinlich, Oesterreich sich weigern sollte, von ^taats.vegen an die .Erstellung dieser Trottoirs etwas beizutragen, so werden die uniliegenden österreichischen und St. gallischen Gemeinden wohl gern ^u einem ^pfer bereit sein . das Fehlend.. wird der Kanton St. Gallen ^u bestreiten haben. Aus deu angeführten Gründen beauftragten wir daher unsere Abgeordneten, dahin zu wirken, dass zwar die Erstellung der .frottoirs im ...^taatsvertrag.. in Aussicht genommen , die Bewilligung eines Brükengeldes jedoch bestimmt abgelehnt

und hinsichtlich der Ents.hädigu^gsfrage weitere Verständigung vorbehalten

werde. Diesem Verlangen wurde von Seite der osterreichischen Ab^.ordneten entsprochen, und infolge dessen der betreffende Artikel des Ver.^ tragsentwnrses angemessen modisi^irt. (^iehe Art. 9 des ^..taatsvertra^.s und Art. V des .^chlussprotol.olles.)

2.

Sind zusammengelegte Zollbüreau^ zu gestalten ^

Bezüglich der an den beiden Rheinübergangen ^u errichtenden Zollstatten hatten wir unsern Abgeordneten die Jnstrnktion ertheilt , ^u ver-

langen, dass der eidg. Zollverwaltung behuss der zollamtlichen Abfertigungeu passende Loyalitäten unentgeldlieh zur Verfügung gestellt werden.

^ür den Fall, dass von österreichischer Seite die Errichtung gemeinsehafllicher Bürea..^ n. s. w. sür di..^ schweizerische und osterreiehisehe Verwaltung beantragt würde, ern.ächtigten wir die Abgeordneten, auch zu einer diessalligen Vereinbarnng mit^nwirk......

Da nun bei den Unterhandlungen , die deu Jnteressen des schweig.

Zolldienstes am besten zusagende Errichtung getrennter Zollbüreau^ nicht erhaltlich war, so mußten wir trachten, wenigstens eine moglichst zwek.^ massige Vlaeirnng der gemeinsamen Büreau^ ^u erlangen. Ans diesem Grunde verlangten wir , entgegen dem Antrage Österreichs (Errichtung e i n e s gemeinschaftlichen Bureaus in Haag), dass gemeinsehastliche Bureau^ in St. Margarethen und Rüti oder eventuell ^u ^autrach und R^ti errichtet werden. Der ledere. eventuelle Autrag erhielt da^.n schließlich die Zustimmung ^esterreichs. (Art. l 8, .^emma 2 des ..^.taatsvertrages^ 3. Jn dem von den Abgeordneten von O^sterreieh und Bauern (in der 8. Konsereu.^si^ung, welcher die s.hwei.^. Abgeor^.et...n nicht beigewohnt hatten) ausgearbeiteten Eulwurse eines ^ehlnssprolokolles ^u dem molisizirten ^taatsvertrage wurde sub Ziffer ^lll zu Art. l^ verlangt, dass die Schweig st ..h bereit erkläre, der Uebereinknnst bei^utreten, w^.l.he am 2. August l 862 ^vischeu .^em Zollverein und Frankreich über die Zoll^ Abfertigung des internationalen Verkehres abgeschlossen worden ist . und Zweitens ei^ ähnliches Uebereiuko.u.uen auch mit ^esterreieh ab^us.^hli..sseu.

Wir konnten ans dieses Verlangen nieht eintreten ; dagegen ermächtigten wir unsere Abgeordneten, ^u erklären, die ^hwei^ behalte steh vor , einer derartigen Ueberemkunft bei^ntreten, beziehungsweise die diessälligen Ver-

7.^1 hältnisse durch ein besonderes Übereinkommen zu ordnen (Art. I.^ des Schlussprotokolles). Jn zweiter Linie wurde perlangt, dass die Schweiz der .Vereinbarung beitrete, welche am 1l. April d. J. ^wischen Oesterreich und Bauern bezüglich der gegenseitigen Bestrafung der Nachahmungen und Fälschungen von amtlichen Siegeln , Boft - und Stempelmarken, Stempelpapier, Blomben, Beseheinigungen und Beglaubigungen getroffen worden ist.

Da eine solche Erklärung in einer Anzahl von Bunkten über den ^wek des vorliegenden Vertrages hinausginge, so konnten wir aus dieselbe ebenfalls nicht eintreten ; wir ertheilten deshalb unsern Abgeordneten die Weisung , die Aufnahme einer Erklärung ins Sehlussprotokoll zu verlangen, welche die Zuficheruug enthält, dass jede der drei Regierungen Fällungen oder Nachahmungen von Blomben oder von Sehriststüken, welche im Eisenbahnverkehr zum Zweke der zollamtliehen Eontrole verwendet werden, nach den gesezen ihres .Landes bestrafen werde. Diesem Verlangen ist im Art. l.^ b des S.hlussprotokolles Genüge geleistet.

4. Jn Bezng ans die Erstellung der beiden Rheinbrüken bei St. Margareten und Rüthi ist aus unsern Vorschlag im Art. 9 des Vertrages die Bestimmung ausgenommen worden, ,.dass diese Bauten mit den Rheinkorrektionsbauten in beiderseitig entsprechende Uebexeu.stimmung zu bringen und nach den von den Regierungen der Schweiz und Oesterreichs einverftändlich zu genehmigenden Plänen zu konstruiren seiend 5. Jm ^chlussprotokolle (Art. ^.l) wurde auch noch aus die Fortse^nng der Gürtelbahn bis Friedrichshasen Bedacht genommen , so dass gegründete .Aussieht vorhanden ist, dass diese Fortsezung, aus welche schweiArischer- und ofterreiehischerseits grosses Gewicht gelegt wurde, gleichzeitig mit der Streke St. Margarethen..Bregenz oder wenigstens bald nachher zu Stande kommen werde.

6. Wie oben schon angedeutet , verursachten die meiste Schwierigkeit in den Verhandlungen die Bestimmungen über die sogenannten Auschlussverhältnisse. Die Regierung von .^t. Gallen, unterstü^t von Hrn.

Wirth^and, Generaldirektor der Vereinigten Schweizerbahnen, und von dem eidg. Abgeordneten, Herrn Landammann Aepli, bestritt in erster Linie, dass überl^anpt in dieser Beziehung irgend welche Bestimmungen zu treffen seien, indem sie sich daranf berief, dass noch bei keiner andern Bahn eine solche Bnndesintervention stattgefunden habe. Jn zweiter Linie stellte sie die Behauptung aus , dass das Bundesgesez über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen vom 28 H..umonat 1852 im Art. 13 nur von der Anschlussverpflichtung gegenüber einmündenden Bahnlinien spreche, und somit einzig das Verl^ältniss der ^mon Sui.^ zu der Gürtelbahn in ^rage kommen konnte, weil nur jene in lettere einmünde. Dabei deutete ste au, dass es sieh lediglich um eine Konkurren^frage ^wischen der Rord.^ ostbahn und den ..Bereinigten Schweizerbahnen handle. Die Regierung

762 von St. fallen verlangte demzufolge das Fallenlassen jedes derartigen Begehrens, da der Vertrag daran seheitern müsste.

Wir ermangelten nicht, diese Frage einer genauen Brüsung zu unterwerfen. Wir entheben aus einem diessälligen ..Gutachten unsers Departements des Jnnern, mit welchem wir uns ganz einverstanden erklärten, folgende Stellen, welche einlässliehe Antwort aus die erhobenen Bedenken geben : ,,Wäre es moglieh , so fragt das Gutachten vom 5. Jnni, diese Forderung fallen zu lassen .^ .^ach Ansicht des Departements ist dieses geradezu undenkbar, selbst wenn der Vertrag daran scheitern sollte, was übrigens höchst unwahrscheinlich ist.^ ,,Fürs Erste müsste sich nämlich .^er Bundesrath in Opposition sezen gegen einen ausdrül.lichen, mit voller Sachkenntniss gesassten Beschluss der Bundesversammlung vom 22.^ Ehristmonat 1863.^ ..Fürs Zweite müsste er die Prinzipien des schweizerischen Eisenbahnrechtes in einem der wesentlichsten Bnnkte preisgeben , selbst sür ein

aus schweizerischem gebiete liegendes Bahnstük. Die Gürtelbahn sällt aus das Gebiet dreier Staaten.

Das auf das schweizerische Gebiet fal-

lende Stük ist allerdings klein; aber nichts desto weniger fällt es uuter

die Grundsäze des schweizerischen Eisenbahnrechtes, und es ist um so

wichtiger, da der Einmünduugspunkt aus diesem Stüke enthalten ist. Jst es nun moralisch gedenkbar. dass der Bnndsrath in einem Staatsvertrage mit den beiden andern Staaten von der Forderung abgehen konne , dass sür den durchgehenden Verkehr aus den Eisenbahnstüken ausserhalb des Schweizergebietes keine andern Ta^en bezogen werden dürsen als ans dem Stüke innerhalb dieses Gebietes .^ Jst es gedenkbar, dass der Bundesrath ^u einer solchen Umgehung oder Zerstörung seines Rechtes die Hand bieten konnte ^ Das Alles scheint uns unmoglieh zu sein. Sobald man von dem Grundsaze ausgeht , dass die Gürtelbahn ein einheitliches Ganges sür alle Betriebssragen bilden solle , welcher Grnndsaz das Fundament des gegenwärtigen Staatsvertrages bildet , so kann man nicht ^ugeben, dass der Betrieb naeh verschiedenen Verwaltungsgrundsäzen stattfinde und es wird Bedürsniss , derartige Bnnkte im Staatsvertrage so oder anders einheitlieh .^u regeln.^ "Fürs Dritte gestatten die Jnteressen der Schweig das Abgehen von jener Forderung nicht. Beim Durchlesen der Zuschriften der Regierung von ^t. Gallen und des Herrn Wirth^Sand sollte man freilich glauben, es. handle sich um eine blosse Konkurrenzsrage zwischen Rordostbahn und Vereiuigten Schweizerbahnen. Wenn es sich so vergalten würde . so mochte allerdings eine Einmischung des Bundes in diesen Streit wenig gerechtfertigt sein. Allein es kommen neben den allerdings wesentlich betheiligten Jnteressen der Rordostbahn, die übrigens ebenfalls ans den ^.uz des schweizerischen Eisenbahnrechtes Anspruch hat , noch a..dere^ wesentlichere Jnteressen mit ins Spiel. Sezen wir z. B. deu

76.^ nahe liegenden ^all, dass eine Linie Konstan^Rorschach ^u Stande komme,.

so ist es klar, dass es der Juhaberin der Gürtelbahn mit gewissen Tax^manipulationen moglich würde, den ganzen Verkehr mit Basel, Besancon, L...on und selbst Marseille über die badische Bahn zu instradiren, so dass neben der Rordostbahn auch die Eentralbahn , die beruisehe Staatsbahn, Franeo..Suisse , Oron- und Westbahn den diessälligen Transit verlieren würden. Ebenso kann das aus der Gürtelbahn geltende sachbezüglich.^ Eisenbahnrecht ^ sehr gewichtig in die Wags.l.ale fallen , wenn es steh darum handelt, die Alpenbahnsrage zu einem Entscheide zu bringen.^ .,Trozdem würde das Departement nicht zum Festhalten an der gestellten Forderung rathen , wenn auch nur die geringste Härte oder Unbilligkeit darin läge. Allein es lasst sich dies auch nicht einmal mit einem Schein von Recht behaupten.^ ,,Vielmehr leuchtet es Jedermann aus den ersten Blik ein , dass es

hochst unbillig wäre , die Gesellschaften im Jnnern mit Art. 13 des

Ei^enbahngesezes gegenüber den Vereinigten Schwe^erbahnen zu binden, jene dagegen den ledern aus pure Diskretion anheim zu geben. Und es entstünde die grosse Gefahr , dass wenn die bindenden Grnndsä^e im Jnnern nicht auch für die Gürtelbahn zur Rorm gemacht würden , die Gesellschaften im Jnnern Aufhebung des Art. 13 und der damit ^usam^ menhängenden Bestimmungen verlangen würden und mit Recht verlangen konnten. Der Bund steht mit andern Worten in Gefahr, dass im Falle

des Breisgebens feiner bisherigen Bosition, wichtige Säze des Eisen-

bahnrechtes auch im Juneru preisgegeben werden müssen , ....^äze , in denen sonst gerade die Vereinigten S.hweizerbahnen eine Schuzwehr gegen Unter^rüknng gesunden haben. ^ ,,Das Departement kann auch den Einwurs nicht als stichhaltig betrachten , dass streng genommen die Gürtelbahn ein besonderes Unternehmen sür sieh sei, so dass dato nur die Vereinigten ^chweizerbahuen in dieselbe einmünden, und somit nur zu Gunsten dieser, aber keiner andern schweizerischen Bahn nach Art. 1..) des Eisenbahngleis die AusehlussVerhältnisse zu reguliren wären. Art. 13 und Art. 1 des Bundesraths-

beschlusses vom l1. August 1858 haben keineswegs die beschränkte

Bedeutung , welche ihnen die Regierung von St. Gallen beilegen will, sondern sie stellen gewisse einheitliche Regeln aus sür das ganze schweiferische Bahnnez , gleichviel ob die einzelnen Bahnen u n m i t t e l b a r an einander anschlössen oder nicht. Es hätte ja gar keinen Sinn, wenn die sür. den zusammenhängenden Betrieb gegebenen Vorschriften jeweilen nur für ^wei unmittelbar an einander ftosseude Eiseubahnunternehmungeu Gültigkeit hätten. .^Die Vereinigten Schweizerbahnen konnen die Grundsäze jener Gesezesbestimmungen ge^en die Eentralbahn eben so gut in Ansprueh nehmen, wie gegen die Rordostbahn.^ ,,Die entgengesezte Anschauungsweise dürfte sogar die Jnteressen der Vereinigten ....^chweizerbahnen in hohem Masse gefährden. Rehmen wir

764 .an, die Gürtelbahn wäre wirtlich eine gesonderte Unternehmung, und nur die Vereinigten Schweizerbahnen hätten die im Art. 13 und Art. 1 des Bnndesrathsbesehlusses bezeichneten Rechte und pflichten gegen dieselbe, so wird daraus mit Rothwe...digkeit folgen . dass die Rordostbahn nun auch gegenüber der Gürtelbahn durch jene Art. l 3 und Art. 1 nicht gebunden und somit auch für alle von daher kommenden Güter Ta^zuschläge .zu machen berechtigt wäre.^ Die Regierung von ^t. Gallen schien sich hieraus mit dieser Anschauungsweise des Bundsrathes befreunden zu kounen. Dagegen reklamirte sie zu wiederholten Malen gegen die in den bnndesräthlichen Jnstruktionen enthaltene Formulirnng dieses Gedankens. Betreffend diese ^Redaktionsfragen glauben wir indess, trozdem dass dieselben zu hoehst ein^lässliehen und wiederholten Erörterungen geführt haben , einfach anf die Akten verweisen zu dürfen , aus denen man sich überzeugen wird , dass eine sachliche Veschiedenheit der beiderseitigen Anschauungsweisen im Gründe nicht besteht, was sür die Jnterpretation in etwaigen Streitfällen ent-

scheidend sein wird. Wir begnügen uns , hier die schriftlich angenom-

menen Bestimmungen des Staatsvertrages und des Schlnssprotokolles .ausdrüklich auszugeben , woraus sich wohl sür Jedermann klar ergeben wird , dass der Jntention der h. Bundesversammlung bezüglich der Aus-

dehnung der Grundsäze des Art. l 3 des Eisenbahngesezes aus die in

vorliegendem Vertrage bezeichneten Bahnlinien Au.^drnl. verschafst ^den ist.

wor-

Die bezüglichen Bestimmungen lauten : A r t . 14 des V e r t r a g e s . ^Die Festsezung der Tarise und ^ahrtordnungen bleibt, insofern es die von Oesterreich und der Schweiz ertheilten Konzessionen, oder die in den drei kontrahirenden Staaten be^ stehenden Geseze und Verordnungen über den Betrieb von Eisenbahnen vorschreiben, der Genehmigung der betreffenden Regierungen bezüglich ihrer Bahnstreken vorbehalten...

,,Es soll sowohl hinsichtlich der Besorderungspreise als der Zeit der ^lbsertigung kein Unterschied z.oisehen den Bewohnern der kontrahirenden Staaten gemacht werden ; namentlich sollen die aus dem Gebiete des .eiuen ....Staates in das Gebiet eines andern Staates übergehenden Trans.....orte weder in Beziehung ans die Absertigung , noch rüksiehtlieh der Besordernugspreise ungünstiger behandelt .werden, als die ans dem betretenden Staate abgehenden oder darin verbleibenden Transporte.^ Art. 15. ,,Die Unternehmung der im Art. 1 erwähnten Bahnen ist verpflichtet, andern schweizerischen Bahnunternehm^ngen den Betriebsans.^hluss in der Weise zu gestatten, dass, so weit solches im Jnteresse eines zusammenhängenden Betriebes nothwendig erscheint, durchgeheude Wagen für den Güterverkehr (wobei die Wagen der fahrenden Bostbüreau^ inbegriffen sind) und direkte Versonen-, Gepäk^ und Waaren-E^peditionsseheine

765 ....

Zugelassen werden; sowie dass die Tarifs^ nicht ^u Ungutsten der ein..

mündenden Bahnlinien ungleich gehalten werden.^ .,Der Eingangs erwähnten Bahnunternehmung wird hinwieder die gleiche Berechtigung in allen vorgenannten Beziehungen gegenüber den schweizerischen Bahnunternehmungen zugesichert.^

Art. ^l des S c h l u s s p r o t o k o l l e s ad^l4. ..Die Absicht des zweiten A^es dieses Artikels ist nur dahin gerichtet, einer allenfallsigen tendenziösen Begünstigung oder Benachteiligung des Verkehrs der Augehorten des einen oder andern der kontrahirenden Staaten vorzubeugen.

Es sollen daher Minderungen im Tarise oder sonstige Transport-Erleichterungen weder für gewisse Waarenklassen oder Warenmengen, noch auch sür gewisse Streken ausgeschlossen werden, sofern solche nur sür alle Angehörigen der kontrahirenden Staaten , welche sieh in der Lage befinden, davon Gebrauch machen zu können, in gleicher Weise in Anwendung gebracht werden. Auch wird anerkannt, dass die Bestimmungen über Tarisirung, welche in der Fassung der Artikel 9 und 10 der von österreichischer Seite vorgelegten Ko.^essions-Urknnde enthalten sind, mit der Bestimmung

des Art. 14 des ^t..atsvertrages nicht im Widersprnche stehen.^

Art. ^ll .^d 15. ^Es besaht Einverständniss darüber, dass im Verkehr der Unternehmung der im Art. 1 des Staatsvertrages erwähnten Bahnen mit den schweizerischen Eisenbahnen und umgekehrt die Anwendu..g der sogenannten ^...isferentialtarife, wie solche auch im schweizerischen Eisenbahnre.hte anerkannt werden, nicht ausgeschlossen sein soll.^

Jndem wir dafur halten, dass dnrch den vorliegenden Staatsvertrag die sehweizeris^en Jnteressen in besriedigender Weise gewahrt seien, glauben wir , Jhnen die Ratifikation derselben nach folgendem Beschlussentwurfe empfehlen zu sollen, und wir ergreifen zugleich den Anlass, Jhnen, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung zu erneuern.

Bern, den 11. Oktober 1865.

Jm Ramen des schweiz. Bundesrathes, ^er B u n d e s p r a s i d e n t .

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ^chie^.

766

^ Beschlnßentwnrf betreffend

den ^taat.^vertrag mit .^esterreich und Bauern über die Erstellung einer Bodenfeegürtelbahn und einer Zweigbahn Rüthi-Feldkirch.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E idgen o s f e n s c h a s t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 11. Oktober

1865,

beschl^.esst: 1. Dem zwischen der Schweiz, Bauern und Oesterreich unterm 5. August 1865 in München abgeschlossenen Staatsvertrage über die Herstellung einer Eisenbahn von Lindau über Bregenz nach St. Margarethen, sowie von Rüthi nach Feldkirch, wird hiemit die vorbehaltene Ratifikation ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend den Staatsvertrag mit Oesterreich und Bayern über die Erstellung einer Bodenseegürtelbahn und einer Zweigbahn Rüthi-Feldkirch. (Vom 11. Oktober 1865.)

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