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Bericht und Antrag der

nationalräthlichen Commission über den Rekurs der Herren Buhler und Fetz von Ems (Graubünden) gegen den Bnudesrathbeschluß vom 24. März 1865), betreffend Verfassungsverletzung

(Vom 14. Juli 1865.)

Tit..

Die Gemeinde Ems (Graubünden) hat durch ihr Statut vom 24.

April 1848 und 27. November 1853 bestimmt, dass die auswärtigen Gemeindebürger nach Ablauf von fünf Jahren von gewissen Gemeindenutzungen ausgeschlossen sein sollen.

.von

Die heutigen Rekurrenten, J. A. Wühler und B. Fetz, Bürger Ems und wohnhaft in Ehur, stellten nun (damals in Gemeinschasf

mit noch zwei andern Mitbeteiligten) am 7. Marz 1862 das Gesuch

an ihre Heimatsgemeinde , sie bezüglich der Gemeindenutzungen und .Gemeindelasten den in Ems wohnenden Bürgern gleiehznhalten. Die Gemeindeversammlung von Ems wies , gestützt ans das erwahnte Statut, die Detenten ab. Diese beschwerten sich darüber beim Kleinen Rath des Kantons Graubünden, welcher am l2. Januar 1863 die Beschwerde guthiess.

Gegen diesen Entscheid .....kurrirte aber die Gemeinde Ems an den Grossen Rath des Kantons Granbünden , und dieser ...nnullirte an. 8. Juni 1863 den Besehlnss des Kleinen Rathes, weil die Gemeinde Ems bei Festsetzung des erwähnten Statuts innerhalb der ihr durch Art. 27 der Kantonsverfassung eingeräumten Befugnisse gehandelt ^)

Siehe

B u n d e s b l a t t

b .

J .

1865

Bundesblatt. Jahrg. XVII Bd.IlI.

B d .

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S .

808.

2.)

382 habe und weder den Bestimmungen der Bundesverfassung, noch den Kantonsgese^en, noch endlich den Rechten Dritter zu nahe getreten sei.

Ueber diesen Grossrathsbeschluss besehwerten sieh die heutigen Rekurreuten am 6. Juni 1864 beim Bundesrath, behauptend, dass^das mehrerwähnte Gemeindestatut sich gegen die Art. 4, 41 und 43 der Bundesversassung versasse, und das.. die im Art. 27 der Kantousversassung gege-

bene .Auslegung unzulässig sei. Der Bundesrath wies jedoch die Re-

kurrenten ab , indem er den Ausführungen der Gemeinde Ems und der Auffassung des Grossen Rathes von Graubünden zustimmte.

Gegen diesen Bes^hluss ergreiseu nun die Rekurrenten Rekurs an die Bundesversammlung, und stellen dabei das Gesuch um Kassation des Be^ . Schlusses des Bundesrathes. und des Grossen Rathes von Graubünden und um Aufrechthaltung des Kleinrathsbesehlusses. Sie bemerken zur Begründung : Die Ru^ungsberechtigung hängt mit dem Gemeindebürgerreeht an sich zusammen, so zwar, dass jeder Bürger, anwesend oder abwesend, ein personliehes Recht ans die Rut^ung hat, weleh^ lettere ..beiläufig gesagt) von den Rek..rrenten auf .^00 Frkn. für einen Emser Bürger gewertet wird. Räumt man nun den in der Gemeinde wohnenden Bürgern allein Rnl^ungsreehte ein , den abwesenden Bürgern dagegen nicht , so liegt darin eine Verlegung des Art 4 der Bundesverfassung, welcher die Gleichheit alier Schwerer vor dem Geseze fordert , ferner liegt darin eine Hemmung der freien Niederlassung ausserhalb der Heimatsgemeinde, sowie des sreien Handels und Wandels , mithin eine Verlegung des Art. 41 der Bundesverfassung , und endlich liege in diesem Entzug der Ru.^un^...rechte gegenüber den Abwesenden eine dem Verluste des Bürgerreehtes nahe kommende und daher nach Art. 43 der Bundesverfassung unzulässige Wirkung.

Jhre Kommission hält diese Auffassung für eine ganz irrige.

Art. 27 der Kantonsverfassung von Graubünden bestimmt nämlieh : ..Jeder Gemeinde steht das Reeht der selbständigen Gemeindeverwaltung ,,mit Einsehluss der niedern Bolizei zu. Sie ist befugt, die dahin ein^schlagenden Ordnungen festzustellen, welche jedoch den Bundes- und Kan"tonsgesel^en und dem Eigentumsrechte Dritter nicht zuwider sein dürfen.^ Die ^rage nun , ob die Gemeindeordnnng von Ems in den oben genannten Beziehungen etwas Unzulässiges enthalte , ist ^u verneinen.

Das Vorhandensein einer Verlegung der Kantonsgese^e ist von den Rekurrenten selbst nieht behauptet worden. Von einer Verlegung des Eigenthumsrechts Dritter kann nieht die Rede sein , denn die alleinige Eigenthümerin des Gemeinde- und Ru^ungsvermogens von Ems ist die juristisehe Bersou, die Korporation der Gemeinde Ems selbst. Endlich liegt eiue Verlegung der Bundesverfassung nicht vor.

Wenn das Statut einen Unterschied ausstellt zwischen den anwesenden und den abwesenden Bürgern und die beiden Kategorien bezüglich der

383 Bürgernui^ungen ungleich behandelt, wie ^dies auch anderwärts vielfach als Rorm ausgestellt ist, so lasst sich dieser Unterschied aus der Ratur der Sache begreifen; denn einerseits sind ^ene Nutzungen gewöhnlich Rn^ungen m natura , die nur in loco ausgeübt werden können , und andrerseits ist es natürlich. dass nur Derjenige, welcher ^mit seiner persönlichen Anwesenheit und seiner ökonomischen Betheiligung für die Anforderungen der ...Gemeinde voll einsteht, auch den .Anspruch besi^t, an ihren Vortheilen voll zu partieipiren. Eine Ungleichheit vor dem Gese^ entsteht dadurch noch nicht; ^eder aus- oder einwandernde Bürger bringt sich unter gleichen Voraussetzungen genau in die gleiche .Lage, wie solche allen Abwesenden oder Anwesenden zukommt. Jeder Bürger mag es ferner mit sich selbst ausmachen , ob er die Vortheile des Wohnsitzes in der Gemeinde oder diejenigen der Niederlassung in einer fremden Gemeinde vorziehen wolle, wesshalb es nicht richtig ist, in dem Ansschlnsse der Abwesenden von dem Bürgernu^en eine Beschränkung der Riederlassungssreiheit zu erblicken, so wenig es einen Sinn hat, jenen .^lusschluss mit dem Verluste des Bürgerrechts, der Heimathörigkeit, zusammenzuwerfen.

Jhre .kommission beantragt Jhnen daher, in Uebereinstimmung mit dem Besehlusse des Ständerathes , den Rekurs als unbegründet abzuweisen.

Bern, den 10^1.4. Juli 1865.

Ramens der Kommission , . ...^er Berichterstatter: Dr. ^. ^uter.

^ote. Dieser .^ekur.^ wurde in glei.her .Weife und an den gleichen Tagen erledig wie die beiden vorhergehenden (Seite 25^ und 25.^ hievvr).

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Bericht und Antrag der nationalräthlichen Kommission über den Rekurs der Herren Bühler und Fetz von Ems (Graubünden) gegen den Bundesrathbeschluß vom 24. März 1865*), betreffend Verfassungsverletzung (Vom 14. Juli 1865.)

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