12.086 Botschaft zur Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Bulgarien vom 21. November 2012

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens vom 19. September 2012 zwischen der Schweiz und Bulgarien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. November 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2012-2433

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Übersicht Das bestehende Abkommen zwischen der Schweiz und Bulgarien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen1 wurde am 28. Oktober 1991 unterzeichnet und seither nicht revidiert.

Im Zuge der vom Bundesrat am 13. März 2009 geänderten Abkommenspolitik zum Informationsaustausch nahmen die Schweiz und Bulgarien 2011 Verhandlungen auf, um das Doppelbesteuerungsabkommen mit einer Bestimmung nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zu ergänzen. Das bisherige Abkommen enthält keine Bestimmung über den Informationsaustausch. Die Amtshilfe in Steuersachen ist daher auf Informationen beschränkt, die zur ordnungsgemässen Anwendung des Abkommens und zur Vermeidung von Missbräuchen notwendig sind.

Es wurde vereinbart, das Abkommen vollständig zu revidieren und ein neues Abkommen abzuschliessen, das das Abkommen von 1991 ersetzt. Nebst der Vereinbarung einer Bestimmung über den Informationsaustausch in Steuersachen nach dem internationalen Standard konnten im neuen Abkommen auch in zahlreichen anderen Punkten die Bestimmungen an die heutige Abkommenspolitik der Schweiz angepasst werden. Zu erwähnen ist namentlich die Quellensteuerbefreiung von Dividenden aus Beteiligungen von mindestens 10 Prozent und von Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und die Nationalbanken.

Das Abkommen wurde am 19. September 2012 in Sofia unterzeichnet.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss dieses Abkommens begrüsst.

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SR 0.672.921.41

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

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2 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

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3 Würdigung

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4 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

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5 Finanzielle Auswirkungen

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6 Verfassungsmässigkeit

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Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Bulgarien (Entwurf)

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Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Bulgarien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz schon immer den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung anderseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Zwischen der Schweiz und Bulgarien besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.921.41, Abkommen 1991). Es wurde am 28. Oktober 1991 unterzeichnet und bislang nicht revidiert.

Nachdem der Bundesrat am 13. März 2009 mit seinem Beschluss, den Vorbehalt der Schweiz gegenüber dem Informationsaustausch gemäss OECD-Musterabkommen zurückzuziehen, eine Änderung der schweizerischen Abkommenspolitik eingeleitet hatte, ist Bulgarien mit dem Wunsch an die Schweiz herangetreten, das Abkommen 1991 mit einer Bestimmung nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zu ergänzen. Das Abkommen 1991 enthält keine Bestimmung über den Informationsaustausch. Die Amtshilfe beschränkt sich gemäss schweizerischer Praxis auf diesem Gebiet nach heutigem Abkommen demnach auf den Austausch der Informationen, die zur ordnungsgemässen Anwendung des Abkommens und zur Vermeidung von Missbräuchen notwendig sind. Während die Schweiz grundsätzlich nur eine Teilrevision des bestehenden Abkommens wünschte, plädierte die bulgarische Delegation aus praktischen Gründen für eine Gesamtrevision und den Abschluss eines neuen Abkommens. Dabei bestand Einigkeit, dass die bewährten Lösungen des Abkommens 1991 übernommen werden sollen. Die Delegationen einigten sich daher auf dieser Basis auf eine Gesamtrevision.

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Nebst der Verankerung der neuen Bestimmung über den Informationsaustausch in Steuersachen wurde das Abkommen auch in anderen Punkten an die heutige Abkommenspolitik beider Länder und den Wortlaut des geltenden OECD-Musterabkommens (Fassung Juli 2010) angepasst. Namentlich konnten die Quellensteuerbefreiung auf Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen von Gesellschaften sowie auf Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und die Nationalbanken eingeführt sowie die Ausnahmen von der Quellenbesteuerung der Zinsen erweitert werden.

Das neue Abkommen (DBA-BG) wurde am 19. September 2012 in Sofia unterzeichnet.

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Würdigung

Die Quellensteuerbefreiung für Dividenden an Gesellschaften aus Beteiligungen von mindestens 10 Prozent nach mindestens einem Jahr Haltedauer vermeidet eine steuerliche Belastung der Dividenden in Konzernverhältnissen mit einer Schweizer Muttergesellschaft. Dividenden die an Vorsorgeeinrichtungen oder die Nationalbanken gezahlt werden, kommen generell in den Genuss einer Quellensteuerbefreiung, was die grenzüberschreitenden Investitionen dieser institutionellen Investoren erleichtert. Der erweiterte Ausnahmenkatalog für die Quellenbesteuerung von Zinsen führt zu einer Befreiung in den meisten für die Schweiz relevanten Bereichen.

Namentlich für konzerninterne Darlehen konnte der Inhalt von Artikel 15 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind («Zinsbesteuerungsabkommen», SR 0.641.926.81), im bilateralen Verhältnis verankert werden. Für Lizenzgebühren bleibt es unverändert bei der ausschliesslichen Besteuerung im Ansässigkeitsstaat der nutzungsberechtigten Person, solange die Schweiz keine Quellensteuer auf Lizenzgebühren erhebt. Die vereinbarte Gewinndurchlaufsregelung stellt sicher, dass die missbräuchliche Inanspruchnahme des Abkommens unterbunden werden kann.

Mit der Aufnahme einer Schiedsklausel, die automatisch zwischen Bulgarien und der Schweiz in Kraft tritt und anwendbar wird, wenn Bulgarien in einem Doppelbesteuerungsabkommen eine Schiedsklausel mit einem Drittstaat vereinbart, konnte zudem sichergestellt werden, dass die Schweiz in diesem Bereich nicht schlechter gestellt wird als andere Abkommenspartner Bulgariens.

Die neue Bestimmung über den Informationsaustausch erfüllt, mit Ausnahme der Anwendung für alle Steuern, die Eckwerte des Bundesrates und schränkt den Informationsaustausch auf konkrete Ersuchen ein. Die Anforderungen an Amtshilfegesuche entsprechen der am 13. Februar 2011 vom Bundesrat beschlossenen Anpassung an den internationalen Standard.

Im vorliegenden Abkommen konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird. Die Kantone und interessierten Wirtschaftsverbände haben das DBA-BG begrüsst.

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

Das DBA-BG folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem OECDMusterabkommen sowie der Abkommenspolitik der Schweiz. Die nachfolgenden Ausführungen beschränkten sich darauf, die wichtigsten Abweichungen gegenüber dem OECD-Musterabkommen, dem Abkommen 1991 und der schweizerischen Abkommenspolitik zu erläutern.

Art. 2 DBA-BG (Unter das Abkommen fallende Steuern) Der Katalog der bulgarischen Steuern wird den aktuellen Gegebenheiten angepasst: Die Liegenschaftssteuer ist ähnlich wie die gleichnamige Abgabe in der Schweiz keine Steuer vom Vermögen, sie wird daher aus dem Katalog gestrichen. Ergänzt wird dieser dagegen durch die Gewerbesteuer. Es handelt sich dabei um eine Steuer für das Kleingewerbe, die nicht aufgrund des tatsächlich erzielten Erfolgs, sondern aufgrund von Hilfsfaktoren erhoben wird. Die Steuer tritt für die betroffenen Unternehmen anstelle der Einkommens- bzw. Gewinnsteuer ein.

Art. 3 DBA-BG (Allgemeine Begriffsbestimmungen) Da Bulgarien den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung nicht als steuerlichen Anknüpfungspunkt für Unternehmen im innerstaatlichen Recht kennt, knüpft die Definition des internationalen Verkehrs an den Ansässigkeitsstaat des Unternehmens an. Zudem umfasst der Begriff der bulgarischen Praxis entsprechend nebst dem Seeund Lufttransport auch den Strassentransport.

Auf Begehren der Schweiz wurden die Begriffsbestimmungen mit einer Definition der Vorsorgeeinrichtung ergänzt. Vorsorgeeinrichtungen müssen in einem Vertragsstaat errichtet sein, der Regulierung dieses Staates unterliegen und vorwiegend der Verwaltung oder Gewährung von Vorsorgeleistungen dienen. Da bulgarische Vorsorgeeinrichtungen nicht in allen Fällen von der Besteuerung ausgenommen sind, wurde auf die Voraussetzung der steuerlichen Befreiung verzichtet. Die Bestimmung wird in Ziffer 1 des Protokolls zum Abkommen weiter präzisiert. Für die Schweiz umfasst der Begriff der Vorsorgeeinrichtung sämtliche Einrichtungen der ersten und zweiten Säule sowie der Säule 3a. Die kollektive Kapitalanlage, in welche ausschliesslich Vorsorgeeinrichtungen investieren, wird gleich behandelt wie die direkte Kapitalanlage durch die Vorsorgeeinrichtungen selbst.

Art. 4 DBA-BG (Ansässige Person) Hinsichtlich der Absätze 1 und 2 folgt das DBA-BG neu dem Wortlaut des OECDMusterabkommens.

Bulgarien behandelt
Personengesellschaften steuerlich wie juristische Personen. Sie gelten daher als ansässige Personen im Sinn des DBA-BG. Diesem Umstand wird im Abkommen 1991 dadurch Rechnung getragen, dass Kollektiv- und Kommanditgesellschaften schweizerischen Rechts mit tatsächlicher Geschäftsleitung in der Schweiz ausdrücklich als ansässige Personen erwähnt sind. Um den schweizerischen Kollektiv- und Kommanditgesellschaften auch künftig die eigene Abkommensberechtigung zu verleihen, wurde im Protokoll zum Abkommen eine dem Abkommen 1991 entsprechende Bestimmung aufgenommen (Ziff. 2 Bst. c).

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Weiter wird im Protokoll zum Abkommen festgehalten, dass Vorsorgeeinrichtungen und Organisationen mit religiösen, wohltätigen, wissenschaftlichen, kulturellen, sportlichen oder Ausbildungszwecken als in einem Vertragsstaat ansässige Person gelten (Ziff. 2 Bst. a und b). Diese Bestimmungen dienen lediglich der Präzisierung, denn in der Schweiz gelten solche Institutionen auch ohne eine entsprechende Bestimmung nach innerstaatlichem Recht als ansässig für Zwecke der Doppelbesteuerungsabkommen, auch wenn diese Institutionen aufgrund der von ihnen verfolgten Zwecke von der Steuerpflicht ausgenommen sind.

Da Bulgarien nach seinem innerstaatlichen Recht die Anknüpfung an den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung nicht kennt, wurde vereinbart, die Ansässigkeit nach dem DBA-BG bei doppelansässigen Personen, die nicht natürliche Personen sind, durch Verständigung zwischen den zuständigen Behörden festzulegen. Die Beurteilung der Ansässigkeit im Verständigungsverfahren erfolgt dabei primär aufgrund des Orts der tatsächlichen Geschäftsleitung (Ziff. 3 des Protokolls zum Abkommen).

Art. 5 DBA-BG (Betriebstätte) Die Bestimmung folgt neu dem Wortlaut des OECD-Musterabkommens. Sie entspricht inhaltlich der Bestimmung im Abkommen 1991.

Art. 7 DBA-BG (Unternehmensgewinne) Bulgarien kann derzeit nach innerstaatlichem Recht die neuen Regeln des OECDMusterabkommens hinsichtlich der Zuteilung der Gewinne zwischen Hauptsitz und Betriebstätten nicht umsetzen. Die Delegationen einigten sich daher, den bisherigen Wortlaut der Bestimmung beizubehalten. Wie bis anhin wird im Protokoll zum Abkommen der Grundsatz festgehalten, dass eine Betriebstätte nur für diejenigen Gewinne besteuert werden darf, die ihrer Tätigkeit zugerechnet werden können (Ziff. 4).

Art. 8 DBA-BG (Internationaler Verkehr) Das Recht zur Besteuerung der Gewinne aus dem internationalen Verkehr (Art. 3 Abs. 1 Bst. f DBA-BG) wird dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmens zugeteilt, das die Schiffe, Luftfahrzeuge oder Strassentransportfahrzeuge betreibt.

Art. 10 DBA-BG (Dividenden) Artikel 10 des Abkommens 1991 sieht einen Residualsteuersatz von 5 Prozent für Beteiligungen von mindestens 25 Prozent sowie von 15 Prozent in allen anderen Fällen vor. Neu können Dividenden aus direkten Beteiligungen an Gesellschaften von mindestens 10 Prozent des Kapitals nur
noch im Ansässigkeitsstaat der an der Dividende nutzungsberechtigten Gesellschaft besteuert werden, vorausgesetzt, die Haltedauer von einem Jahr war im Zeitpunkt der Zahlung der Dividende bereits abgelaufen (Art. 10 Abs. 3 Bst. a). Ist die Haltedauer im Zeitpunkt der Zahlung nicht erfüllt und wird deshalb eine Quellensteuer einbehalten, so kann diese bei späterer Erfüllung der Haltedauer zurückgefordert werden (Ziff. 5 des Protokolls zum Abkommen). Ausser bei Beteiligungen gilt die ausschliessliche Besteuerung im Ansässigkeitsstaat auch für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und die Nationalbanken (Art. 10 Abs. 3 Bst. b und c).

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Die Quellensteuerbefreiung bei Dividenden kommt nicht zur Anwendung, wenn die Dividende aus einer verdeckten Gewinnausschüttung herrührt. Dieser auf Begehren Bulgariens aufgenommene Ausschluss kommt insbesondere bei Gewinnverschiebungen im Konzern zur Anwendung.

Bulgarien erhebt nach seinem innerstaatlichen Recht auf Dividenden eine Quellensteuer von 5 Prozent. Es begehrte daher eine entsprechende Reduktion des generellen Residualsteuersatzes auf Dividenden. Dieser wurde schliesslich auf 10 Prozent festgelegt. Dies entspricht der Regelung in Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit verschiedenen anderen Staaten.

Art. 11 DBA-BG (Zinsen) Bei den Zinsen wurde der aktuelle Residualsteuersatz von 10 Prozent auf 5 Prozent gesenkt. Zudem wurde der Ausnahmenkatalog ergänzt. Neu können namentlich Zinszahlungen für den Verkauf von Dienstleistungen auf Kredit sowie Zinszahlungen an Vorsorgeeinrichtungen nur im Ansässigkeitsstaat der an den Zinsen nutzungsberechtigten Person besteuert werden. Das Gleiche gilt für Zinszahlungen zwischen verbundenen Gesellschaften. Als verbunden gelten die Schuldner- und Gläubigergesellschaften, wenn sie während eines Jahres direkt oder über eine gemeinsame Muttergesellschaft durch mehr als 10 Prozent des Kapitals verbunden sind. Ist die Haltedauer im Zeitpunkt der Zinszahlung nicht erfüllt und wird deshalb eine Quellensteuer erhoben, so kann diese bei späterer Erfüllung der Haltedauer zurückgefordert werden (Ziff. 5 des Protokolls zum Abkommen).

Art. 12 DBA-BG (Lizenzgebühren) Die Bestimmung des Abkommens 1991, einschliesslich der Bestimmung im Protokoll zum Abkommen, wird beibehalten. Es wird lediglich eine formelle Anpassung in Absatz 5 vorgenommen. Lizenzgebühren können daher, solange die Schweiz selbst keine Quellensteuer auf Lizenzgebühren erhebt, wie bisher nur im Ansässigkeitsstaat der an den Lizenzgebühren nutzungsberechtigten Person besteuert werden.

Art. 13 DBA-BG (Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen) Dieser Artikel wird mit einem neuen Absatz 4 ergänzt. Wie andere Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz und das OECD-Musterabkommen sieht er vor, dass die Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Vermögen direkt oder indirekt zu über 50 Prozent aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat stammt, in diesem besteuert werden
können. Die Schweiz als Ansässigkeitsstaat der veräussernden Person gewährt in einem solchen Fall die Freistellung erst dann, wenn nachgewiesen wurde, dass die Besteuerung in Bulgarien tatsächlich erfolgt ist (Art. 23 Abs. 2 Bst. a DBA-BG).

Da eine Besteuerung im Belegenheitsstaat von börsenkotierten Aktien an Immobiliengesellschaften den Börsenhandel dieser Titel erheblich erschweren würde, wurde eine Ausnahme von Absatz 4 für solche Titel vereinbart. In solchen Fällen kommt das Besteuerungsrecht für die Veräusserungsgewinne dem Ansässigkeitsstaat der veräussernden Person zu (Art. 13 Abs. 5 DBA-BG).

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Art. 16 DBA-BG (Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen) Nach bulgarischem Recht kann auch eine GmbH ein Aufsichtsorgan haben. Dieses fällt jedoch nach bulgarischer Auffassung nicht unter den Wortlaut der Bestimmung von Artikel 16 wie sie im OECD-Musterabkommen vorgesehen ist. Artikel 16 wurde deshalb im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Zusatz «und andere ähnliche Organe» wie der Verwaltungs- oder der Aufsichtsrat ergänzt.

Art. 17 DBA-BG (Künstler und Sportler) Die Ausnahme von der Besteuerung im Tätigkeitsstaat nach Artikel 17 Absatz 3 des Abkommens 1991 gab zu verschiedenen Fragen Anlass. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde daher klargestellt, dass die Finanzierung zur Anwendung der Ausnahme zu mehr als 50 Prozent vom Ansässigkeitsstaat des Sportlers oder der Sportlerin bzw. des Künstlers oder der Künstlerin stammen muss und das Besteuerungsrecht in diesem Fall diesem Staat zukommt.

Art. 18 DBA-BG (Ruhegehälter) Die Bestimmung sieht wie das Abkommen 1991 und das OECD-Musterabkommen die Besteuerung der Ruhegehälter aus früherer unselbstständiger Erwerbstätigkeit im Ansässigkeitsstaat des Empfängers vor. Bulgarien besteuert jedoch Ruhegehälter nicht und nimmt daher sein Besteuerungsrecht nach dieser Bestimmung nicht wahr.

Da die Schweiz den Aufbau der Vorsorge steuerlich begünstigt, war es aus schweizerischer Sicht nicht gerechtfertigt, auch die Leistungen von der Besteuerung auszunehmen. Die Bestimmung wurde daher mit einem zweiten Satz ergänzt, der vorsieht, dass der Staat, aus dem die Ruhegehälter stammen, diese besteuern kann, wenn der Ansässigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht nicht ausübt.

Im Protokoll zum Abkommen (Ziff. 8) wird klargestellt, dass Ruhegehälter nicht nur periodische Zahlungen, sondern auch Kapitalleistungen umfassen.

Art. 23 DBA-BG (Vermeidung der Doppelbesteuerung) Die Bestimmung entspricht inhaltlich jener aus dem Abkommen 1991, sie wurde jedoch nach dem heute gängigen Wortlaut gefasst. Bulgarien vermeidet die Doppelbesteuerung wie die Schweiz durch Freistellung unter Progressionsvorbehalt. Einzig hinsichtlich der Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren kommt die Anrechnungsmethode zur Anwendung.

Art. 26 DBA-BG (Informationsaustausch) Im Zuge der Globalisierung der Finanzmärkte und insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzkrise hat die internationale Zusammenarbeit
im Steuerbereich an Bedeutung gewonnen. Die Schweiz unterstützt die diesbezüglichen Bemühungen.

Mit dem Rückzug ihres Vorbehalts zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens hat sich die Schweiz am 13. März 2009 politisch verpflichtet, den internationalen Standard in diesem Bereich zu übernehmen.

Der vorliegende Artikel 26 übernimmt weitgehend den Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen bestehen hinsichtlich der ausdrücklichen Ermächtigung der Vertragsstaaten zu Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtig9539

ten und Treuhändern sowie zur Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen. Diese sind mit dem internationalen Standard vereinbar.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustausches fest. Auszutauschen sind die Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts für sämtliche Steuern voraussichtlich erheblich sind. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen sind «Fishing Expeditions» ausgeschlossen. Zudem wird festgehalten, dass der ersuchende Staat gehalten ist, seine eigenen Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor er ein Auskunftsersuchen an den anderen Staat stellt. Nicht erforderlich für die Anwendung dieser Bestimmung ist die Ansässigkeit der steuerpflichtigen Person in der Schweiz oder in Bulgarien, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einem der Vertragsstaaten besteht.

Ihrer üblichen Politik entsprechend beabsichtigte die Schweiz, den Informationsaustausch auf die vom Abkommen erfassten Steuern zu beschränken. Damit sollen Überschneidungen mit anderen internationalen Übereinkommen vermieden werden (z.B. mit dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen, auf dem Gebiet der indirekten Steuern, SR 0.351.926.81). Bulgarien weigerte sich jedoch, vom Wortlaut von Artikel 26 Absatz 1 des OECD-Musterabkommens abzuweichen, und verlangte eine Gleichbehandlung mit anderen EU-Mitgliedstaaten. Im Rahmen der Gesamtlösung einigten sich die Delegationen schliesslich auf den Geltungsbereich für sämtliche Steuern.

Absatz 2 befasst sich mit dem Grundsatz der Geheimhaltung. Diese Bestimmung hält fest, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Durchsetzung, Strafverfolgung oder Entscheidung über Rechtsmittel im Bereich der Steuern befasst sind. Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder der von ihr bevollmächtigten Person offenbart werden. Der letzte Satz sieht die Möglichkeit der Verwendung für andere, nicht steuerliche Zwecke
vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Auskünfte im Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen Person die entsprechenden Verfahrensrechte zu entziehen.

Damit kann vermieden werden, dass die gleichen Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals eingeholt und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des ersuchten Staates ist jedoch in allen Fällen notwendig.

Absatz 3 sieht beim Informationsaustausch gewisse Einschränkungen zugunsten des ersuchten Staates vor. Der ersuchte Staat muss weder Verwaltungsmassnahmen durchführen, die über seine eigenen Gesetze und seine eigene Verwaltungspraxis hinausgehen, noch muss er Verwaltungsmassnahmen durchführen, die nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates nicht zulässig wären. Im Fall der Schweiz bedeutet dies, dass das rechtliche Gehör gewahrt bleibt. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des einen oder des anderen Vertragsstaates nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie wirtschaftliche Geheimnisse betrifft oder die öffentliche Ordnung (Ordre

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public) verletzt. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die ausgetauschten Informationen vom ersuchenden Staat nicht ausreichend geheim gehalten werden.

Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Informationen ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht nur auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Vertragsstaates von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen zu Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden oder die Beteiligungsverhältnisse an Personen betreffen. Solche Informationen sind ungeachtet der Einschränkungen von Absatz 3 auszutauschen. So hat der ersuchte Staat die Informationen auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn sie nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das schweizerische Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen tatsächlich bestehen.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des Strafverfahrens im innerstaatlichen Recht die nötigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der durch Absatz 5 erfassten Informationen. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss dem DBA-BG keinen Steuerbetrug mehr voraus. Damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten gewährleistet werden kann, wird mit dem letzten Satz die notwendige rechtliche Grundlage für die Befugnis geschaffen, die ersuchten Informationen zu erlangen.

Die Schweiz wird Bulgarien keine Amtshilfe leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht. Dies wurde der bulgarischen Delegation anlässlich der Verhandlungen mitgeteilt und von dieser zur Kenntnis genommen.

Die Bestimmungen von Artikel 26 werden im Protokoll zum Abkommen (Ziff. 10) weiter konkretisiert.

Die Bestimmung hält das Subsidiaritätsprinzip und das Verbot von «Fishing Expeditions» ausdrücklich fest (Bst. a und c).

Ausserdem regelt es im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig ist insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie, soweit bekannt, Name und Adresse
der Person (z.B.

eine Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet.

Bis vor Kurzem war gemäss dem internationalen Standard der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. International haben jedoch Diskussionen kürzlich bei der OECD dazu geführt, dass der Standard erweitert wird und konkrete Anfragen auch zugelassen werden, wenn diese auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen aufgrund zahlreicher Indizien davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Die Schweiz wird solche Ersuchen ab dem Inkrafttreten des Steueramtshilfegesetzes vom 28. September 2012 (BBl 2012 8237) beantworten.

Die im Abkommen eingeführten Bestimmungen entsprechen dem erweiterten Standard.

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Die Verpflichtung eines Vertragsstaats zum spontanen oder automatischen Informationsaustausch wird ausdrücklich ausgeschlossen, ohne den Vertragsstaaten jedoch die Möglichkeit eines automatischen oder spontanen Informationsaustauschs zu nehmen, wenn ihr innerstaatliches Recht dies vorsieht (Bst. d).

Buchstabe e schliesslich hält die Garantie der Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen fest.

Die neue Klausel findet auf die Steuerjahre Anwendung, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Abkommens folgenden Kalenderjahres beginnen.

Ziff. 6 des Protokolls zum Abkommen (zu den Art. 10, 11 und 12 ­ Durchlauf) Zur Verhinderung des Missbrauchs des DBA-BG wurde in Ziffer 6 des Protokolls zum Abkommen eine Bestimmung vereinbart, die Gewinndurchlaufsregelungen von den Abkommensvorteilen für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren ausschliesst.

Damit soll vermieden werden, dass Abkommensvorteile einer Person zugute kommen, die in einem Drittstaat ohne oder mit einem ungünstigeren Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Quellenstaat ansässig ist und die eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person (in den meisten Fällen eine Gesellschaft) als Empfängerin von abkommensbegünstigten Erträgen zwischenschaltet in der hauptsächlichen Absicht, in den Genuss solcher Abkommensvorteile zu gelangen.

Die vereinbarte Lösung folgt dem Prinzip der Missbrauchsbestimmung, wie sie in die schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen mit Grossbritannien und Frankreich aufgenommen wurde. Sie entspricht der Entwicklung der schweizerischen Abkommenspolitik auf diesem Gebiet und der von der Schweiz befolgten Praxis im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Abkommensmissbräuchen.

Ziff. 9 des Protokolls zum Abkommen (zu Art. 25 ­ Verständigungsverfahren) Die Klausel zur Beilegung von Streitigkeiten beziehungsweise zur Beseitigung von eingetretenen oder drohenden Doppelbesteuerungen gemäss Artikel 25 enthält keine Erfolgspflicht. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es in einzelnen Fällen nicht gelingt, eine Doppelbesteuerung im Verständigungsverfahren zwischen den zuständigen Behörden zu vermeiden. Diese Situation ist hinsichtlich der Rechtssicherheit unbefriedigend. Die Schweiz schlug vor, diesen Mangel mit einer umfassenden Schiedsklausel zu beheben. Bulgarien zeigte sich zu diesem Schritt jedoch noch nicht bereit.
Die Delegationen einigten sich schliesslich auf eine Schiedsklausel unter der folgenden Bedingung: Sollte Bulgarien künftig mit einem Drittstaat eine Schiedsklausel in einem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbaren, so gilt die im Protokoll zum Abkommen festgehaltene Schiedsklausel automatisch im schweizerisch-bulgarischen Verhältnis.

Die für diesen Fall festgehaltene Schiedsklausel entspricht weitgehend der Bestimmung von Artikel 25 Absatz 5 des OECD-Musterabkommens (siehe Ziff. 9 des Protokolls zum Abkommen). Das Schiedsverfahren wird demnach auf Verlangen der betroffenen steuerpflichtigen Person eingeleitet, sofern sich die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten innert drei Jahren nach Vorlage des Falls zur Verständigung nicht einigen können. Der Entscheid des Schiedsgerichts ist im Einzelfall für die Vertragsstaaten verbindlich, sofern keine der direkt betroffenen 9542

steuerpflichtigen Personen die Verständigungsvereinbarung, die den Entscheid umsetzt, ablehnt oder die zuständigen Behörden und die betroffenen Personen sich nicht innert sechs Monaten nach dem Entscheid auf eine andere Lösung einigen. Ein Schiedsverfahren ist jedoch ausgeschlossen, wenn bereits ein Gericht in einem der beiden Vertragsstaaten über den Fall entschieden hat.

Art. 28 DBA-BG (Inkrafttreten) Die Bestimmungen des DBA-BG finden Anwendung auf Quellensteuern von Einkünften, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Kalenderjahres gezahlt oder gutgeschrieben werden, und hinsichtlich der übrigen Steuern auf Steuerjahre, die am oder nach diesem Datum beginnen. Dasselbe Datum gilt auch für die Bestimmung zum Informationsaustausch.

Das Abkommen 1991 tritt mit Inkrafttreten des DBA-BG ausser Kraft. Es ist jedoch weiterhin auf Steuerjahre und Steuerperioden anwendbar, die vor dem Tag enden, an dem die Bestimmungen des DBA-BG Anwendung finden.

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Finanzielle Auswirkungen

Die Ausnahme von der Quellenbesteuerung von Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen sowie von Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und an die Nationalbanken hat grundsätzlich steuerliche Einbussen zur Folge. Dies gilt ebenso für die Reduktion der Quellenbesteuerung auf Zinsen und die dort vorgesehenen Ausnahmen. Sie führen jedoch zu einer Standortverbesserung und damit grundsätzlich zu zusätzlichen Steuereinnahmen. Über die Höhe der steuerlichen Einbussen und Mehreinnahmen liegt indessen keine Schätzung vor.

Die Verpflichtung zur Leistung von Amtshilfe auf Verlangen zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staates einerseits und der Zugang zu Bankinformationen auf Ersuchen zu Steuerzwecken andererseits könnten zwar in gewisser Weise als dem Standort Schweiz und indirekt den Steuereinnahmen der Schweiz abträglich betrachtet werden. Angesichts der internationalen Bestrebungen für einheitliche Rahmenbedingungen bei der Amtshilfe in allen Staaten («global level playing field») und der Sicherstellung eines wirksamen Informationsaustauschs durch einen entsprechenden Kontrollmechanismus dürfte sich die neue Situation für die Schweiz aber insgesamt neutral auswirken.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das DBA-BG begrüsst.

Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das DBA-BG ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV; SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist.

Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung des DBA-BG zuständig. Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstehen dem fakultativen Referendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkünd9543

bar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das DBA-BG ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD und die Aufnahme einer Schiedsklausel, die automatisch anwendbar wird, wenn Bulgarien eine entsprechende Bestimmung in einem Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Drittstaat vereinbart, stellen gewichtige Neuerungen der schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung dar. Das Abkommen enthält damit wichtige neue Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 19. September 2012 unterzeichneten DBA-BG wird daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

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