Bericht zur Abschreibung der Motionen Pfisterer 07.3607 «Vereinfachung der Besteuerung der natürlichen Personen» und FDP-Liberale Fraktion 08.3854 «Für einen schlanken Staat.

Steuersystem vereinfachen» vom 16. Mai 2012

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2009 M 07.3607

Vereinfachung der Besteuerung der natürlichen Personen (S 17.12.07, [Pfisterer Thomas]-Schiesser; N 11.6.09)

2010 M 08.3854

Für einen schlanken Staat. Steuersystem vereinfachen (N 9.3.09, Freisinnig-demokratische Fraktion; S 17.3.10)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. Mai 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2012-0788

5579

Bericht 1

Ausgangslage

Am 2. Oktober 2007 wurde die Motion 07.3607 Pfisterer «Vereinfachung der Besteuerung der natürlichen Personen» eingereicht. Sie wurde vom Ständerat am 17. Dezember 2007 und vom Nationalrat am 11. Juni 2009 angenommen. Die Motion verlangt vom Bundesrat, eine Vorlage zur Einführung eines neuen Steuersystems zu erarbeiten, welches im Vergleich zum heutigen Steuersystem: ­

in erster Linie wesentlich einfacher,

­

gleichzeitig gerechter,

­

nachhaltig wachstumsfördernd

­

und international wettbewerbsfähiger ist.

Schliesslich soll das neue Steuersystem im Sinne der Verfassung nach Solidarität und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausgerichtet sein. Der Bund hat ferner den Kantonen eine entsprechende Vereinfachung ihres Steuersystems zu ermöglichen, wobei der Steuerwettbewerb unter Kantonen und Gemeinden beizubehalten ist.

In seiner Stellungnahme vom 21. November 2007 beantragte der Bundesrat die Annahme der Motion. Er wies aber auch darauf hin, dass die konkreten Ziele der Motion sehr ambitiös seien, weil das geforderte neue Steuersystem dem bestehenden gleichzeitig in mehreren Punkten überlegen sein müsse. Es müsse daher auch bei Annahme der Motion offenbleiben, ob mit einer Steuerreform alle Vorgaben der Motion erfüllt werden können.

Am 17. Dezember 2008 wurde überdies die Motion 08.3854 FDP-Liberale Fraktion «Für einen schlanken Staat. Steuersystem vereinfachen» eingereicht. Der Nationalrat nahm diese Motion am 9. März 2009 an, der Ständerat am 17. März 2010. Die Motion beauftragt den Bundesrat, durch die Revision des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19901 über die direkte Bundessteuer (DBG) und des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19902 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) Bund und Kantonen zu erlauben, die Besteuerung der natürlichen Personen zu vereinfachen. Dabei sei ein Recht der Steuerzahlenden auf Einfachheit der Besteuerung zu verbriefen. Zusätzlich seien Einheitstarife, grosszügige Pauschalabzüge und eine Sollkapitalrendite zur vereinfachten Vermögensbesteuerung vorzusehen.

Der Bundesrat beantragte in seiner Stellungnahme vom 25. Februar 2009, die Motion abzulehnen, und erklärte, dass er sich vorbehalte, im Zweitrat Antrag auf Änderung der Motion in einen Prüfungsauftrag zu stellen, falls die Motion entgegen seinem Antrag im Nationalrat angenommen werden sollte.

Der Bundesrat führte aus, dass er das Anliegen der Motion teile, die Besteuerung der natürlichen Personen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene zu vereinfachen. Er habe dies bereits in seinen befürwortenden Stellungnahmen zu den Motionen 07.3607 «Vereinfachung der Besteuerung der natürlichen Personen» und 1 2

SR 642.11 SR 642.14

5580

08.3137 «Vereinfachung der Einkommenssteuern durch Pauschalierung und/oder Streichung von Abzügen» zum Ausdruck gebracht. Letztere sei jedoch vom Ständerat abgelehnt worden. Nebst der administrativen Entlastung erhoffe sich der Bundesrat von der vorgeschlagenen Stossrichtung auch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer. Dadurch könnten die Grenzsteuersätze aufkommensneutral abgesenkt werden. Dies stärke die Leistungsanreize, woraus eine Effizienzverbesserung, verbunden mit zusätzlichem Wachstum, resultiere.

Der Motionstext stiess beim Bundesrat jedoch auf Vorbehalte. Er begründete diese folgendermassen: «Die Motion beschränkt sich auf eine Revision des DBG und des StHG. Ein solches Reformvorhaben darf nicht in Widerspruch zu den geltenden Bestimmungen der Bundesverfassung geraten. Konkret sind im vorliegenden Zusammenhang namentlich die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach Artikel 127 Absatz 2 der Bundesverfassung zu beachten. Ausserdem sind die Bestimmungen von Artikel 129 der Bundesverfassung zur Steuerharmonisierung einzuhalten.

­

Im Rahmen der Anforderungen einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit lässt sich eine stärkere Pauschalierung von Abzügen im Sinne einer Abwägung zwischen Vereinfachung und Einzelfallgerechtigkeit grundsätzlich rechtfertigen. Eine wesentliche Vereinfachung ergibt sich jedenfalls dann, wenn die Pauschalabzüge generell gelten und nicht optional höhere nachgewiesene Kosten in Abzug gebracht werden dürfen. Auch mit einer allfälligen Streichung von Abzügen sowie einer engeren Fassung des Gewinnungskostenbegriffs lässt sich das Leistungsfähigkeitsprinzip ­ in einer gegenüber dem Status quo modifizierten Form ­ umsetzen. Bei gleichzeitiger Senkung der Grenzsteuersätze könnten auf diesem Weg zusätzliche Wachstumsimpulse (im Vergleich zur Pauschalierung von Abzügen) ausgelöst werden.

­

Offen ist derzeit, ob die Sollertragsbesteuerung des Vermögenseinkommens den Anforderungen des Leistungsfähigkeitsprinzips genügt. Seitens der Rechtswissenschaft bestehen hier erhebliche Zweifel. Der wissenschaftliche Diskurs hiezu hat aber erst gerade eingesetzt.

­

Artikel 129 Absatz 2 der Bundesverfassung zufolge darf der Bund den Kantonen keine Vorschriften über die Steuertarife, die Steuersätze und die Steuerfreibeträge machen. Deshalb besteht für die Forderung der Motion nach «Einheitstarifen» im StHG keine Verfassungsgrundlage.

Mit seiner grundsätzlichen Zustimmung bekennt sich der Bundesrat zwar zur Vereinfachungszielsetzung der Motion. Er kann und will sich aber erst nach der Klärung der noch offenen verfassungsrechtlichen Fragen und in Abwägung der Vorund Nachteile festlegen, mit welchen konkreten Massnahmen dieses Ziel realisiert werden soll.»

5581

2

Bericht und Studie zur Vereinfachung des Steuersystems

Im Februar 2010 legte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) im Sinne einer ersten Etappe zur Umsetzung der Motion 07.3607 Pfisterer einen Bericht vor. Dieser enthält eine Auslegeordnung über die Vereinfachungsmöglichkeiten in der Einkommensbesteuerung. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat darüber hinaus im Oktober 2010 eine umfassendere Studie auf ihrer Website aufgeschaltet.3 Bericht und Studie beschreiben verschiedene konkrete Vereinfachungsmassnahmen. Diese sind modular aufgebaut und können grösstenteils frei miteinander kombiniert werden.

Die einzelnen Module umfassen im Bereich des Einkommens aus Erwerbstätigkeit eine engere Fassung der Berufskosten (Modul 1.1), die etwas weniger radikale, vermehrte Pauschalierung der Berufskosten (Modul 1.2) und einen Übergang zur Quellenbesteuerung des Einkommens aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit und aus Vorsorge (Modul 1.3).

Im Bereich des beweglichen Privatvermögens (Modul 2) steht eine SollertragBesteuerung4 auf Veranlagungsbasis nebst verschiedenen Varianten einer dualen Einkommenssteuer5 auf Basis einer Abgeltungssteuer mit oder ohne Veranlagungsoption zur Diskussion. Diese Reformoption kann auch das Einkommen aus unbeweglichem Privatvermögen einschliessen (Modul 3.1). In diesem Bereich wird aber auch ein zweiter Vereinfachungsansatz evaluiert, der sich auf den Systemwechsel beim selbstgenutzten Wohneigentum beschränkt (Modul 3.2).

Weitere Module befassen sich mit den Abzügen zur Verwirklichung des Korrespondenzprinzips6 (Modul 4), den Abzügen aufgrund unterschiedlicher Haushaltsformen (Modul 5), den Vereinfachungen bei den Abzügen zur Freistellung der existenzmi-

3 4

5

6

Vereinfachung der Einkommensbesteuerung. www.estv.admin.ch > Dokumentation > Zahlen und Fakten > Berichte > 2010.

Bei einer Sollertrag-Besteuerung wird unterstellt, dass auf dem Vermögen eine bestimmte Rendite erwirtschaftet werden kann. Besteuert wird sodann nicht das tatsächlich erwirtschaftete Vermögenseinkommen (Kapitalerträge und gegebenenfalls Kapitalgewinn), sondern der Sollertrag als Produkt aus der unterstellten Rendite (Soll-Rendite) und dem Vermögensbestand zu Beginn der Bemessungsperiode.

Bei einer dualen Einkommenssteuer werden Kapital- und Arbeitseinkommen formell getrennt voneinander besteuert. Materiell wird Kapitaleinkommen, d.h. Kapitalerträge und Kapitalgewinne, proportional besteuert, während Arbeitseinkommen progressiv und zumindest für die oberen Einkommenskategorien höher belastet wird als Kapitaleinkommen.

Bei Übertragungen kann individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unter Umständen zweimal steuerlich belastet werden. Um dies zu vermeiden, sieht das Korrespondenzprinzip Abzüge von der Bemessungsgrundlage vor. Ist es dieselbe Person, die in einer Periode die Übertragung vornimmt und in einer späteren Periode diese Übertragung empfängt, so liegt eine intertemporale, intrapersonale Übertragung vor. Hier verwirklicht die Schweiz das Korrespondenzprinzip durch das Modell der nachgelagerten Besteuerung: Der ursprünglichen Steuerfreiheit in Form abziehbarer Beiträge bzw. Kapitaleinlagen steht eine nachgelagerte Besteuerung der bezogenen Altersvorsorgeleistungen gegenüber.

Demgegenüber findet eine interpersonale Übertragung zwischen zwei verschiedenen Personen statt. Die Schweiz realisiert das Korrespondenzprinzip hier, indem z.B. Alimente bei der empfangenden Person steuerbar und bei der zahlenden Person abzugsfähig sind.

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nimalen Lebenshaltungskosten7 durch den Übergang zum objektiven Nettoprinzip (Modul 6) und der Streichung der ausserfiskalischen Abzüge (Modul 7). Ein letztes Modul beinhaltet die Vereinfachung des Tarifs durch Übergang zur Einheitssteuer (Flat Rate Tax) (Modul 8).

Die steuerliche Behandlung der Einkünfte sowie der Abzüge zur Verwirklichung des Korrespondenzprinzips müssen aufeinander abgestimmt werden. Demgegenüber können die Abzüge zur Freistellung der existenzminimalen Lebenshaltungskosten und die ausserfiskalischen Abzüge unabhängig von den Einkünften vereinfacht werden. Die Abzüge aufgrund unterschiedlicher Haushaltsformen hängen von der Form der Ehegattenbesteuerung ab.

Die Vereinfachung kann bei der Bemessungsgrundlage, d.h. bei den Einkünften und Abzügen, beim Tarif und bei der Erhebungsmethode (Quellenbesteuerungsmethode versus Veranlagungsmethode) ansetzen. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick, wo die einzelnen Reformmodule und -varianten ansetzen.

Reformmodul/-variante

1 1.1 1.2 1.3 2 2a 2b 2c 3 3.1 a b 3.2

4

7

Einkünfte

Einkommen aus Erwerbstätigkeit Engere Fassung der Gewinnungskosten (Berufskosten) Pauschalierung der Berufskosten Übergang zur Quellenbesteuerung Bewegliches Privatvermögen Veranlagungsmodell auf SollErtragbasis (Easy Swiss Tax) Abgeltungsmodelle mit Veranlagungsoption Abgeltungsmodelle ohne Veranlagungsoption Unbewegliches Privatvermögen Generelle Reform im Bereich des Einkommens aus unbeweglichem Privatvermögen Veranlagungsmodell auf SollErtragbasis (Easy Swiss Tax) Besteuerung abgestimmt auf Abgeltungsmodell im beweglichen Privatvermögen Systemwechsel beim selbstgenutzten Wohneigentum (Modell Null-Null-Null) Abzüge zur Verwirklichung des Korrespondenzprinzips

Gewinnungskostenabzüge

Übrige Abzüge

Tarif

Erhebungsmethode

X X X X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Diese Abzüge dienen dazu, Lebenshaltungskosten steuerlich freizustellen, deren Vermeidung einer steuerpflichtigen Person nicht zugemutet werden kann. Damit wird gewährleistet, dass Einkommensbestandteile, die verwendet werden müssen, um den minimalen Existenzbedarf zu sichern, nicht besteuert werden.

5583

Reformmodul/-variante

Einkünfte

Gewinnungskostenabzüge

Übrige Abzüge

5

Abzüge aufgrund unterschiedlicher Haushaltsformen

X

6

Vereinfachung bei den Abzügen zur Freistellung der existenzminimalen Lebenshaltungskosten durch Übergang zum objektiven Nettoprinzip

X

7

Streichen der ausserfiskalischen Abzüge

X

8

Vereinfachung des Tarifs durch Übergang zur Einheitssteuer (Flat Rate Tax)

Tarif

Erhebungsmethode

X

Die einzelnen Reformmodule bzw. die auf ihnen beruhenden Untervarianten sind aufgrund ihrer Auswirkungen auf das Vereinfachungs-, das Gerechtigkeits- und das Effizienzziel bewertet. Die auf diesen drei Kriterien beruhende Gesamtbeurteilung zeigt, dass sich in den meisten Modulen Ansätze finden, bei denen es sich lohnt, sie weiterzuverfolgen. Lediglich bei den Abzügen zur Verwirklichung des Korrespondenzprinzips ist kein Reformbedarf ersichtlich, und auch der Übergang zur Einheitssteuer erscheint nicht empfehlenswert. Die nachfolgende Tabelle fasst das Ergebnis der Evaluation zusammen.

Bericht und Studie beschränken sich auf Massnahmen im Gesetzgebungsbereich.

Nicht thematisiert sind demgegenüber Massnahmen im Bereich des Gesetzesvollzugs wie die Vereinfachung der Verfahren, die Weiterentwicklung von E-Government-Lösungen und die verbesserte Information der steuerpflichtigen Personen.

Solche Vereinfachungen im Vollzug können in der Regel ohne Gesetzesänderungen im formellen Sinn vorgenommen werden und sind Gegenstand laufender Aktivitäten des Bundes, soweit er zuständig ist. Im Bereich der direkten Steuern ­ namentlich bei der Einkommens- und der Gewinnsteuer ­ obliegt der Vollzug jedoch den Kantonen, sodass der diesbezügliche Handlungsspielraum des Bundes im Rahmen der geltenden verfassungsrechtlichen Ordnung beschränkt ist.

Reformmodul/-variante

1 1.1

Einkommen aus Erwerbstätigkeit Engere Fassung der Gewinnungskosten (Berufskosten) 1.2a Pauschalierung der Berufskosten mit Nachweis höherer Kosten 1.2b Pauschalierung der Berufskosten ohne Nachweis höherer Kosten 1.3a Übergang zur Quellenbesteuerung mit Veranlagungsoption

5584

Vereinfachungsziel

Gerechtigkeitsziel

Effizienzziel/Wachstumsziel

Gesamtbeurteilung

++

kontrovers

++

+

0/­

­

++

­

+/0/­

+

0/­

0

weiterverfolgenswert nicht weiterverfolgenswert weiterverfolgenswert weiterverfolgenswert

Reformmodul/-variante

1.3b Übergang zur Quellenbesteuerung ohne Veranlagungsoption 2 2a

Bewegliches Privatvermögen Veranlagungsmodell auf SollErtragbasis (Easy Swiss Tax) 2ba Abgeltungsmodell tatsächliche Kapitalerträge mit Veranlagungsoption 2bb Abgeltungsmodell tatsächliche Kapitalerträge und Kapitalgewinne mit Veranlagungsoption 2bc Abgeltungsmodell auf Soll-Ertragbasis mit Veranlagungsoption 2ca Abgeltungsmodell tatsächliche Kapitalerträge ohne Veranlagungsoption 2cb Abgeltungsmodell tatsächliche Kapitalerträge und Kapitalgewinne ohne Veranlagungsoption 2cc Abgeltungsmodell auf Soll-Ertragbasis ohne Veranlagungsoption

Vereinfachungsziel

Gerechtigkeitsziel

++

­­

+

kontrovers

+

kontrovers

+

kontrovers

+

kontrovers

++

kontrovers

++ / +

kontrovers

++ / +

kontrovers

+

kontrovers

Effizienzziel/Wachstumsziel

Gesamtbeurteilung

nicht weiterverfolgenswert abhängig von: ­ Höhe der Steuersätze ­ Wahl des modells ­ Neutralitätseigenschaften ­ Abstimmung auf Unternehmensbesteuerung

weiterverfolgenswert, konkrete Modellwahl jedoch noch offen

siehe Modul 2 siehe Modul 2

abhängig von Modellwahl in Modul 2 weiterverfolgenswert weiterverfolgenswert

3 Unbewegliches Privatvermögen 3.1a Besteuerung auf Soll-Ertragbasis (Easy Swiss Tax) 3.1b Besteuerung abgestimmt auf Abgeltungsmodell im beweglichen Privatvermögen 3.2a Reiner Systemwechsel

+/0

kontrovers

++

0

0

3.2b Modifizierter Systemwechsel

+

0/­

0

4

Abzüge zur Verwirklichung des Korrespondenzprinzip

[keine Änderung]

5

Abzüge aufgrund unterschiedlicher Haushaltsformen

[abhängig von der Besteuerungsform der Ehegatten; beim Status quo (Doppeltarif mit ZweiverdienerAbzug und Abzug für Kinderfremdbetreuung) keine Änderung]

6

Vereinfachung bei den Abzügen zur Freistellung der existenzminimalen Lebenshaltungskosten durch Übergang zum objektiven Nettoprinzip

++

kontrovers

+

weiterverfolgenswert

7

Streichen der ausserfiskalischen Abzüge

++

++

+

weiterverfolgenswert

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Reformmodul/-variante

Vereinfachungsziel

Gerechtigkeitsziel

Effizienzziel/Wachstumsziel

Gesamtbeurteilung

8

Vereinfachung des Tarifs durch Übergang zur Einheitssteuer (Flat Rate Tax)

+/0

0: (horiz.)/ kontrovers (vert.)

0

nicht weiterverfolgenswert

++ + 0 ­ ­­

sehr hohe Zielerreichung hohe Zielerreichung moderate Zielerreichung schwache Zielerreichung sehr schwache Zielerreichung

3

Die Beurteilung «kontrovers» in der Spalte Gerechtigkeitsziel bedeutet, dass die Zielerreichung von verschiedenen Personen mit unterschiedlichen Auffassungen von Gerechtigkeit höchst unterschiedlich beurteilt wird. Bei einzelnen Reformoptionen ist auch umstritten, ob diese mit den in Artikel 127 Absatz 2 BV verankerten verfassungsmässigen Besteuerungsprinzipen vereinbar sind.

Ergebnis der Diskussion des Berichts zur Vereinfachung

In der Diskussion des Berichts anlässlich der Sitzung der WAK-S vom 23. Februar 2010 hat sich keine Mehrheit für irgendeine konkrete Reformstossrichtung herauskristallisiert. Ein Kommissionsmitglied stellte den Antrag, die Vereinfachung prioritär auf Basis der folgenden Punkte weiterzuverfolgen: 1.

Pauschalierung der Gewinnungskosten (offen, ob mit oder ohne Option zum Abzug der effektiven Kosten);

2.

Quellenbesteuerung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit mit Veranlagungsoption;

3.

Abgeltungsmodell für bewegliches Privatvermögen;

4.

Streichung der ausserfiskalischen Abzüge.

Die WAK-S lehnte diesen Antrag jedoch mit 4 zu 7 Stimmen bei 0 Enthaltungen ab.

4

Lagebeurteilung des EFD zum weiteren Vorgehen im Vereinfachungsdossier

Aufgrund dieses ernüchternden Ergebnisses nahm das EFD im Hinblick auf das weitere Vorgehen im Vereinfachungsdossier eine Lagebeurteilung vor. Es bestanden die folgenden Handlungsoptionen: Option 1:

Erarbeiten eines konkreten Gesetzesentwurfs;

Option 2:

Übungsabbruch;

Option 3:

Neue Lagebeurteilung nach Abschluss der stark vom Vereinfachungsziel beeinflussten Gesetzgebungsprojekte MWST-Reform Teil B (Einheitssatz) und indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» (modifizierter Systemwechsel).

5586

Diese Handlungsoptionen setzen jeweils eine bestimmte politische Lagebeurteilung voraus. Die nachfolgende Tabelle enthält diese alternativen Lagebeurteilungen, die sich daraus ergebenden Konsequenzen und eine Beurteilung der Handlungsoptionen.

Option 1: Erarbeiten eines konkreten Gesetzesentwurfs

Option 2: Übungsabbruch

Option 3: Neue Lagebeurteilung nach Abschluss laufender Gesetzgebungsprojekte

Lagebeurteilung:

Über generellabstrakte Bekenntnisse zur Vereinfachung des Steuersystems hinaus existieren politisch mehrheitsfähige konkrete Vereinfachungsvorschläge.

Der politische Vereinfachungswille beschränkt sich auf generell-abstrakte Bekenntnisse zur Vereinfachung des Steuersystems; darüber hinaus erweist sich keiner der evaluierten konkreten Vereinfachungsvorschläge als politisch mehrheitsfähig.

Die Vereinfachung des Steuersystems ist politisch schwierig, aber nicht aussichtslos. Das Unterfangen ist schrittweise voranzutreiben, wobei die politisch vergleichsweise am einfachsten zu realisierenden Reformoptionen Vorrang geniessen sollten.

Konsequenz:

Der Bundesrat erarbeitet eine Vernehmlassungsvorlage mit einem oder mehreren konkreten Vorschlägen zur Vereinfachung der Einkommensbesteuerung. Die bereits überwiesenen Motionen zu diesem Thema (Motion Pfisterer 07.3607 und Motion FDP-Liberale Fraktion 08.3854) sind im Rahmen des konkreten Gesetzgebungsvorhabens zur Abschreibung zu beantragen.

Der Bundesrat verzichtet aufgrund dieser Lagebeurteilung darauf, die Arbeiten zur Vereinfachung des Steuersystems weiterzuführen. Die Motionen Pfisterer (07.3607) und FDPLiberale Fraktion (08.3854) sollen mit einem besonderen Bericht gemäss Art. 122 Abs. 3 Bst. a ParlG zur Abschreibung beantragt werden.

Der Bundesrat setzt in einer ersten Phase auf die beiden Reformprojekte «Reform der MWST Teil B (Einheitssatz)» und «modifizierter Systemwechsel in der Wohneigentumsbesteuerung» als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» (modifizierter Systemwechsel bei der Besteuerung des selbstgenutzten Wohneigentums).

Nach Abwicklung dieser beiden Reformvorhaben beurteilt der Bundesrat, ob er zur Vereinfachung des Steuersystems weitere Reformvorhaben lancieren soll.

Diese Neubeurteilung wird sich dann entweder an Option 1 oder an Option 2 orientieren. Der Bundesrat bezieht dabei die Erkenntnisse, die er im Gesetzgebungsverfahren der beiden obigen Reformprojekte gewonnen hat, in seine Entscheidungsfindung ein.

5587

Beurteilung:

Option 1: Erarbeiten eines konkreten Gesetzesentwurfs

Option 2: Übungsabbruch

Option 3: Neue Lagebeurteilung nach Abschluss laufender Gesetzgebungsprojekte

Die Diskussion des Vereinfachungsthemas in der WAK-S und in der breiteren Öffentlichkeit deutet darauf hin, dass die Lagebeurteilung gemäss dieser Option unzutreffend ist.

Deshalb ist derzeit von der Erarbeitung einer konkreten Vernehmlassungsvorlage abzusehen.

Sollten die eidgenössischen Räte dem Bundesrat in seiner Lagebeurteilung folgen, ist das Thema vom Tisch.

Andernfalls müsste das Parlament mit der Überweisung von Vorstössen mit konkreten Vereinfachungsoptionen dem Bundesrat aufzeigen, dass dessen Einschätzung über die politischen Realisierungschancen unzutreffend gewesen ist.

Der Bundesrat wird parlamentarische Vorstösse, die sinnvolle, konkrete Vereinfachungsoptionen enthalten, zur Annahme und Vorstösse mit generell-abstraktem Inhalt generell zur Ablehnung empfehlen.

Die Zeit bis zum Entscheid, ob weitere Reformvorhaben lanciert werden sollten, müsste für eine vertiefte Diskussion in einer breiteren Öffentlichkeit genutzt werden.

Bestimmte Vereinfachungsoptionen können gegebenenfalls verwaltungsintern vertieft werden.

Der Bundesrat wird parlamentarische Vorstösse, die sinnvolle, konkrete Vereinfachungsoptionen enthalten, zur Annahme und Vorstösse mit generell-abstraktem Inhalt generell zur Ablehnung empfehlen.

Aufgrund dieser Evaluation hat das EFD entschieden, das Vereinfachungsdossier im Rahmen von Option 3 weiterzuverfolgen. Dieser Entscheid und die Erwägungen, auf die er sich stützte, wurden der WAK im Rahmen der Stellungnahme der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt 10.309 «Vereinfachung des Steuersystems» vom 28. Juli 2010 zur Kenntnis gebracht.

5

Scheitern der beiden Vorlagen mit Vereinfachungscharakter in der Bundesversammlung

Der Ständerat befürwortete am 14. März 2011 den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» zunächst. Nachdem jedoch der Nationalrat am 15. Juni 2011 Nichteintreten beschlossen hatte, schloss sich der Ständerat am 13. Dezember 2011 diesem Entscheid an. Damit ist der Gegenvorschlag gescheitert.

Der Nationalrat wies am 15. Dezember 2010 den Mehrwertsteuer-Einheitssatz zurück. Der Ständerat lehnte am 14. März 2011 den Rückweisungsantrag ab. Da der Nationalrat am 21. Dezember 2011 an seinem Beschluss festgehalten hat, ist der Mehrwertsteuer-Einheitssatz nun vom Tisch.

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Begründung des Antrags auf Abschreibung der beiden Motionen

Nachdem die Bundesversammlung mit einem zusätzlichen Abzug für die Zuwendungen an politische Parteien (Art. 33 Abs. 1 Bst. i DBG; Art. 9 Abs. 2 Bst. l StHG) und der Steuerbefreiung des Soldes von Milizfeuerwehrleuten (Art. 24 Bst. fbis DBG; Art. 7 Abs. 4 Bst. hbis StHG) zusätzliche Ausnahmebestimmungen geschaffen hat und nachdem im Dezember 2011 sowohl das Gesetzgebungsprojekt MWSTReform Teil B (Einheitssatz) als auch der indirekte Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» (modifizierter Systemwechsel) in der Bundesversammlung gescheitert sind, muss davon ausgegangen werden, dass es am politischen Willen zu echten Vereinfachungsschritten im heutigen Zeitpunkt fehlt. Aus diesem Grund beantragt der Bundesrat, die beiden Motionen (gemäss Art. 122 Abs. 3 Bst. a Parlamentsgesetz) abzuschreiben.

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