12.050 Botschaft zur Genehmigung der Abkommen mit Deutschland über die Zusammenarbeit im Steuer- und im Finanzmarktbereich und mit dem Vereinigten Königreich über die Zusammenarbeit im Steuerbereich sowie zum Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung vom 18. April 2012

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe: ­

eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt und des Protokolls zur Änderung dieses Abkommens,

­

eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Zusammenarbeit im Steuerbereich und des Protokolls zur Änderung dieses Abkommens,

­

des Bundesgesetzes über die internationale Quellenbesteuerung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. April 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2011-1687

4943

Übersicht Eine abgeltende Quellensteuer und weitere Massnahmen sollen die Steuerehrlichkeit von in Deutschland und dem Vereinigten Königreich ansässigen Kundinnen und Kunden schweizerischer Zahlstellen fördern und damit verbundene Rechtsrisiken verringern. Zudem sollen Marktzugangsbeschränkungen abgebaut werden. Zu diesem Zweck hat die Schweiz mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich je ein Abkommen unterzeichnet.

Die beiden Abkommen sehen vor, dass Personen mit Wohnsitz im Partnerstaat ihre bestehenden Kundenbeziehungen zu schweizerischen Zahlstellen steuerlich regularisieren können, indem sie entweder eine Einmalzahlung leisten oder einer Offenlegung zustimmen. Kapitaleinkünfte, welche diese Personen auf Konten oder Depots bei schweizerischen Zahlstellen erzielen, unterliegen künftig einer abgeltenden Quellensteuer, deren Erträge die Schweiz an die Partnerstaaten weiterleitet. Ein ähnlicher Mechanismus kommt im Erbschaftsfall zur Anwendung.

Zur Sicherung des Abkommenszwecks sehen die Abkommen ein Instrument vor, das die missbräuchliche Inanspruchnahme des Systems der abgeltenden Quellensteuer verhindern soll. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) erteilt den Steuerbehörden des Partnerstaates unter den im Abkommen festgelegten Voraussetzungen Auskünfte über die Existenz von Konto- oder Depotverbindungen einer betroffenen Person in der Schweiz.

Die schweizerischen Zahlstellen sind verpflichtet, kurz nach Inkrafttreten des jeweiligen Abkommens eine Vorauszahlung an die Partnerstaaten zu leisten. Zweck dieser Vorauszahlung ist es, den Partnerstaaten ein Mindestaufkommen aus der Vergangenheitsregularisierung zu sichern.

Zudem sehen die Abkommen vor, dass dem Partnerstaat Hinweise übermittelt werden, wohin die Kundinnen und Kunden, die ihre Geschäftsbeziehungen zu schweizerischen Zahlstellen nach Unterzeichnung der Abkommen aufgelöst haben, ihre Vermögenswerte überwiesen haben.

Daneben wurden mit beiden Partnerstaaten Erleichterungen bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Finanzdienstleistungen vereinbart.

Die Abkommen enthalten Bestimmungen, die ausreichend detailliert, justiziabel und daher direkt anwendbar sind. Dennoch macht ihr Abschluss den Erlass eines flankierenden Bundesgesetzes notwendig. Das Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung (IQG) enthält Bestimmungen
über die Organisation, das Verfahren, die Rechtswege und die anwendbaren Strafbestimmungen.

Die Abkommen und das IQG fügen sich ein in die Weissgeldstrategie, für die sich der Bundesrat in seinem Bericht vom 16. Dezember 2009 zu den strategischen Stossrichtungen für die Finanzmarktpolitik der Schweiz und in seinem Diskussionspapier vom 22. Februar 2012 zur Strategie für einen steuerlich konformen und wettbewerbsfähigen Finanzplatz ausgesprochen hat.

4944

Inhaltsverzeichnis Übersicht

4944

1 Allgemeiner Teil 1.1 Einführung 1.2 Überblick über den Verlauf der Verhandlungen und die Verhandlungsergebnisse 1.2.1 Sondierungsgespräche 1.2.2 Verhandlungsmandate 1.2.3 Verhandlungsverlauf und -ergebnisse 1.3 Verhältnis zum europäischen und zum internationalen Recht 1.3.1 Zum internationalen Steuerrecht 1.3.2 Zum Recht der Europäischen Union im Steuerbereich 1.3.3 Zum europäischen und internationalen Recht im Bereich grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen 1.4 Würdigung der Abkommen 1.4.1 Aus Sicht der betroffenen Personen 1.4.2 Aus Sicht der schweizerischen Zahlstellen 1.4.3 Aus Sicht der Schweiz 1.5 Ergebnisse der Vernehmlassung 1.5.1 Allgemeines 1.5.2 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.5.3 Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

4948 4948 4950 4950 4950 4950 4953 4953 4953 4954 4954 4955 4955 4956 4957 4957 4957 4959

2 Erläuterungen zum Abkommen mit Deutschland 2.1 Teil 1: Allgemeines 2.2 Teil 2: Regelung zur Nachversteuerung von Vermögenswerten bei schweizerischen Zahlstellen 2.3 Teil 3: Erhebung einer Quellensteuer durch schweizerische Zahlstellen 2.4 Teil 4: Schlussbestimmungen 2.5 Konkordanztabelle 2.6 Schlussakte 2.6.1 Gemeinsame Erklärung zur Äquivalenz 2.6.2 Gemeinsame Erklärung betreffend Sicherung des Abkommenszwecks 2.6.3 Gemeinsame Erklärung zur Missbrauchsbestimmung 2.6.4 Erklärung betreffend den Erwerb entwendeter Daten 2.7 Vereinbarte Niederschrift 2.7.1 Memorandum zu verfahrensrechtlichen Aspekten grenzüberschreitender Tätigkeiten im Finanzbereich 2.7.2 Memorandum zu verfahrensrechtlichen Aspekten im Hinblick auf die Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens Schweiz­EU

4962 4962

4995

3 Erläuterungen zum Abkommen mit dem Vereinigten Königreich 3.1 Teil 1: Allgemeines 3.2 Teil 2: Regularisierung der Vergangenheit

4995 4996 5000

4968 4979 4989 4992 4992 4992 4993 4993 4993 4993 4993

4945

3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9

Teil 3: Erhebung einer Quellensteuer durch schweizerische Zahlstellen Teil 4: Schlussbestimmungen Gemeinsame Erklärung über eine Abgeltungszahlung Gemeinsame Erklärung zur Äquivalenz Erklärung betreffend den Erwerb entwendeter Daten Erklärung von HMRC zu Strafverfolgungen Memorandum zur Bereitstellung von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen

5006 5013 5015 5015 5015 5015 5016

4 Ausführungen zum Umsetzungserlass 5017 4.1 Grundzüge des IQG 5017 4.2 Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen 5017 4.2.1 Allgemeine Bestimmungen 5017 4.2.2 Steuerliche Regularisierung von Vermögenswerten 5018 4.2.3 Erhebung einer abgeltenden Steuer 5021 4.2.4 Abgeltungszahlung 5023 4.2.5 Gemeinsame Bestimmungen für die steuerliche Regularisierung, die Erhebung einer abgeltenden Steuer und die Abgeltungszahlung 5024 4.2.6 Verhältnis zu anderen Steuern 5025 4.2.7 Vorauszahlung durch schweizerische Zahlstellen 5025 4.2.8 Aus der Schweiz abgezogene Vermögenswerte 5027 4.2.9 Sicherung des Abkommenszwecks 5028 4.2.10 Kontrolle und Verfahrensvorschriften 5029 4.2.11 Strafbestimmungen 5030 4.2.12 Schlussbestimmungen 5031 5 Auswirkungen der Abkommen und des Umsetzungserlasses 5.1 Auf Bundesebene 5.1.1 Sach- und Personalausgaben, Aufwandentschädigung 5.1.2 Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer 5.1.3 Weitere steuerliche Auswirkungen 5.2 Auf kantonaler Ebene und kommunaler Ebene 5.3 Wirtschaftliche Auswirkungen

5032 5032 5032 5032 5033 5033 5033

6 Verhältnis zur Legislaturplanung

5034

7 Rechtliche Aspekte 7.1 Genehmigungsbeschlüsse, Abschluss- und Genehmigungskompetenz 7.2 Umsetzungsgesetzgebung 7.3 Staatsvertragsreferendum 7.4 Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen

5034 5034 5034 5035 5035

4946

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt und des Protokolls zur Änderung dieses Abkommens (Entwurf)

5037

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt

5039

Protokoll zur Änderung des am 21. September 2011 in Berlin unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt

5087

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Zusammenarbeit im Steuerbereich und des Protokolls zur Änderung dieses Abkommens (Entwurf)

5155

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit im Steuerbereich

5157

Protokoll zur Änderung des am 6. Oktober 2011 in London unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit im Steuerbereich

5215

Verständigungsvereinbarung zur Umsetzung von Artikel XVIII des am 20. März 2012 unterzeichneten Protokolls zur Änderung des am 6. Oktober 2011 in London unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit im Steuerbereich

5285

Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung (IQG) (Entwurf)

5289

4947

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Einführung

Die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 hat in zahlreichen Ländern Rettungsmassnahmen für den Finanzsektor und Stützungsmassnahmen für die breitere Volkswirtschaft durch Regierungen und Zentralbanken erforderlich gemacht. Die Umwälzungen im Finanzsektor, der grosse Finanzierungsbedarf der Staaten und der Wunsch, künftige Krisen zu verhindern oder besser beherrschbar zu machen, haben die Regierungen, Parlamente und Aufsichtsbehörden zu einer gründlichen Revision der Finanzmarktregulierung veranlasst. Die Debatte darüber wurde namentlich in multilateralen Gremien wie dem Financial Stability Board (FSB), den G20-Staaten, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geführt. Es entstand ein stärkeres Bewusstsein dafür, die nationalen Massnahmen an internationalen Empfehlungen auszurichten. Neben dem Nutzen einer adäquaten Regulierung für die Finanzstabilität soll der Gesetzgeber auch auf die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors im internationalen Standortwettbewerb achten. Die Qualität und das richtige Mass an Regulierung und Aufsicht spielen dabei eine bestimmende Rolle.

In jüngster Zeit hat die Schuldenkrise im Euroraum in zahlreichen Staaten zu vermehrter Sorge um das eigene Steuersubstrat angesichts verschlechterter öffentlicher Finanzen geführt. Viele Regierungen bekämpfen die Steuerflucht der eigenen Bevölkerung entschiedener.

Die Schweiz mit ihrem international ausgerichteten Finanzplatz wurde in diesem Umfeld vor grosse Herausforderungen gestellt. Zunächst wurde im März 2009 die Amtshilfe in Steuersachen auf die Bekämpfung der Steuerhinterziehung ausgeweitet und in der Folge damit begonnen, die Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Artikel über den Informationsaustausch nach OECD-Standard zu ergänzen. Der Bundesrat leitete eine sorgfältige Überarbeitung seiner Finanzmarktstrategie ein. In einem ersten Schritt erstellte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) im Auftrag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) den Bericht «Situation und Perspektiven des Finanzplatzes Schweiz». Dieser Bericht erschien im September 2009 und analysierte vor allem die Rahmenbedingungen. Als Zweites veröffentlichte der Bundesrat eine Antwort auf das vom Ständerat überwiesene Postulat Graber vom 9. März 2009,
den umfassenden Bericht «Strategische Stossrichtungen für die Finanzmarktpolitik der Schweiz» vom 16. Dezember 2009.1 Darin werden die folgenden vier Stossrichtungen festgelegt:

1

­

Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors,

­

Sicherung und Verbesserung des Marktzutritts,

­

Verbesserung der Krisenresistenz des Finanzsektors und des Umgangs mit systemrelevanten Finanzunternehmen,

­

Sicherstellung der Integrität des Finanzplatzes.

www.efd.admin.ch > Dokumentation > Berichte

4948

Am 24. Februar 2010 konkretisierte der Bundesrat die Massnahmen zur Umsetzung seiner Finanzmarktstrategie und legte die Prioritäten fest. Kernstück ist die Umsetzung der vierten Stossrichtung, der sogenannten Weissgeldstrategie, die über die bereits laufende Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen hinausreicht. Die bundesrätliche Politik musste mögliche Anliegen der Europäischen Union (EU) an die Schweiz mit berücksichtigen, so beispielsweise die von den Brüsseler Institutionen angekündigte Revision des Abkommens vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind (Zinsbesteuerungsabkommen oder ZBstA; SR 0.641.926.81), oder die mögliche Forderung nach Einführung des automatischen Informationsaustausches in einem Amtshilfeabkommen Schweiz-EU. In seinem Beschluss vom 24. Februar 2010 hob der Bundesrat die grosse Bedeutung der Regularisierung von bislang unversteuerten Geldern aus dem Ausland hervor und initiierte die Vereinbarung einer abgeltenden Quellensteuer mit wichtigen Partnerstaaten, dies unter Wahrung der Privatsphäre der Kundinnen und Kunden von schweizerischen Finanzinstituten.

In seinem Diskussionspapier «Strategie für einen steuerlich konformen und wettbewerbsfähigen Finanzplatz» vom 22. Februar 2012 hat der Bundesrat diesen Ansatz weiter konkretisiert. Das Ziel eines steuerlich konformen Finanzplatzes soll mit dem Abschluss von Quellensteuerabkommen, einer verbesserten Amts- und Rechtshilfe gemäss internationalen Standards und der Ausweitung der Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute erreicht werden. Der Bundesrat wiederholte seine Einschätzung, dass Quellensteuerabkommen ein effektives Mittel darstellen, um Steuerpflichtige unter Wahrung des Schutzes ihrer Privatsphäre gemäss den Regeln ihres Wohnsitzstaates zu besteuern, und er bestätigte seine Absicht, diesen Ansatz auch über die schon ausgehandelten Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich hinaus weiterzuverfolgen.

In die Verhandlungen sollten auch aus politischer und wirtschaftlicher Warte wichtige Marktzugangsanliegen eingebracht werden. Im Vordergrund stand der Abbau der rechtlichen und administrativen Hürden für
die grenzüberschreitende Erbringung von Finanzdienstleistungen in den Partnerstaaten. Insbesondere sollten Dienstleistungen ohne vorgängige Gründung einer Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung im Partnerstaat möglich sein. Angestrebt war, durch die Verbindung der Verhandlungen zu Steuer- und zu Marktzugangsfragen gleichzeitig Ziele in Bezug auf die Integrität des Finanzplatzes Schweiz und den Marktzugang zu realisieren. In diesem Rahmen sollte der verbesserte Marktzugang für die Finanzinstitute eine Art Gegenleistung zur Steuererhebung für den Fiskus der Partnerstaaten bieten.

Die beiden vorliegenden bilateralen Abkommen im Steuer- und Finanzmarktbereich lassen sich somit in die zweite und vierte Stossrichtung der schweizerischen Finanzmarktstrategie einbetten.

4949

1.2

Überblick über den Verlauf der Verhandlungen und die Verhandlungsergebnisse

1.2.1

Sondierungsgespräche

Vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundesrates vom 24. Februar 2010 haben der damalige Vorsteher des EFD, Bundesrat Hans-Rudolf Merz, und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble am 26. März 2010 eine bilaterale Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese hatte den Auftrag, folgende Themen zu behandeln: ­

Möglichkeiten der Herbeiführung einer Besteuerung von nicht versteuerten Vermögenswerten;

­

Sicherstellung einer Besteuerung mit Abgeltungscharakter der laufenden Kapitaleinkünfte aus Vermögenswerten;

­

Prüfung eines erweiterten Marktzugangs für Schweizer Banken in Deutschland;

­

flankierende Arbeiten im Hinblick auf die Unterzeichnung des Revisionsprotokolls zum Doppelbesteuerungsabkommen, einschliesslich Fragen zum Umgang mit dem Kauf von Bankdaten.

Anfang Mai 2010 wurde auch mit dem Vereinigten Königreich eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingesetzt.

Der Bundesrat hat am 1. Oktober 2010 die Ergebnisse der Sondierungen mit Deutschland und am 20. Oktober 2010 jene der Sondierungen mit dem Vereinigten Königreich gutgeheissen. Der Vorsteher des EFD wurde ermächtigt, mit beiden Staaten je eine gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, in der beide Seiten die Absicht zur Aufnahme von Verhandlungen im Steuerbereich und zur gegenseitigen Erleichterung des Marktzugangs für Banken im jeweils anderen Vertragsstaat bekunden. Weil die Schweiz bereits Zugang zu ihrem Finanzmarkt gewährt, sollte in den Verhandlungen der Abbau von Marktzugangshindernissen in den Partnerstaaten im Vordergrund stehen. Am 25. Oktober 2010 wurde in London die gemeinsame Erklärung mit dem Vereinigten Königreich unterzeichnet. Die Unterzeichnung der Erklärung mit Deutschland erfolgte am 27. Oktober 2010 in Bern, zeitgleich mit der Unterzeichnung des Änderungsprotokolls zum Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz­Deutschland.

1.2.2

Verhandlungsmandate

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 verabschiedete der Bundesrat die Mandate für die Verhandlungen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Diese basierten auf den Resultaten der Sondierungsgespräche und nachfolgender Konsultationen der parlamentarischen Kommissionen und der Kantone.

1.2.3

Verhandlungsverlauf und -ergebnisse

Die Verhandlungen begannen im Januar 2011 und wurden mit beiden Partnerstaaten parallel geführt. Gespräche auf ministerieller Stufe umrandeten zahlreiche Verhandlungsrunden, die auf verschiedenen Verwaltungsebenen stattfanden. Um die Ver4950

handlungen zu unterstützen, erliess die Schweizerische Bankiervereinigung im März 2011 Empfehlungen an ihre Mitglieder, wonach Kundinnen und Kunden von schweizerischen Zahlstellen zwar aufgrund des geltenden Rechts frei über ihre Vermögenswerte verfügen können, die Banken jedoch nicht aktiv der Verschiebung von Vermögenswerten aus dem Anwendungsbereich der Abkommen Vorschub leisten sollen. Die Verhandlungen konnten mit Deutschland am 10. August 2011 und mit dem Vereinigten Königreich am 24. August 2011 mit der Paraphierung der Abkommenstexte abgeschlossen werden. Die Abkommen wurden am 21. September 2011 in Berlin und am 6. Oktober 2011 in London durch die Vorsteherin des EFD und die zuständigen Minister der Partnerstaaten unterzeichnet.

Die EU-Kommission äusserte in der Folge gegenüber Deutschland und dem Vereinigten Königreich rechtliche Vorbehalte, verlangte Änderungen an den mit der Schweiz abgeschlossenen Abkommen und drohte mit der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen die beiden Staaten. Angesichts dieser Sachlage traten die Unterhändler der beiden Partnerstaaten und der Schweiz erneut in Kontakt und suchten nach Lösungen, um den Kompetenzkonflikt mit der EU-Kommission beizulegen.

In Deutschland erklärten derweil die parlamentarischen Oppositionsparteien, angeführt von SPD und Grünen, ihren Widerstand gegen das Abkommen. In der deutschen Länderkammer, in der sie über eine Mehrheit verfügen, kündigten sie dessen Ablehnung an für den Fall, dass das Abkommen nicht substanziell nachgebessert werde. Im Vordergrund ihrer Forderungen standen höhere Sätze bei der Einmalzahlung, die Vorverlegung des Zeitpunkts der steuerlichen Erfassung der deutschen Anlegerinnen und Anleger in der Schweiz, die Sicherstellung der Besteuerung in Erbschaftsfällen und eine verbindliche Auslegung der Missbrauchsklausel.

Der Bundesrat ermächtigte das EFD am 16. Dezember 2011, mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich Nachverhandlungen über eine Anpassung der unterzeichneten Abkommen zu führen. Ziel der Nachverhandlungen sollte sein, unter Wahrung der schweizerischen Interessen die ausländischen Hindernisse gegen die Umsetzung der Abkommen so weit als möglich zu beseitigen.

In intensiven Gesprächen bemühten sich die beteiligten Unterhändler der drei Staaten um zustimmungsfähige Lösungen. Als besonders
anspruchsvoll erwies sich der Umstand, dass mit der EU-Kommission und der deutschen Opposition zwei nicht in die Verhandlungsverantwortung eingebundene Interessenträgergruppen aus dem Hintergrund heraus aktiv auf das Geschehen einwirkten und kraft ihrer faktischen Vetomacht einen bestimmenden Einfluss ausübten.

Schliesslich gelang es bis Anfang März 2012, mit der EU-Kommission einen Ausgleich zu finden, indem die vom Zinsbesteuerungsabkommen erfassten Kapitalerträge und -gewinne aus dem Geltungsbereich der beiden bilateralen Abkommen herausgelöst wurden, eine mögliche Schmälerung des EU-Mehrwertsteueranteils durch die abgeltende Vergangenheitssteuer ausgeschlossen wurde und das mit Deutschland vereinbarte Protokoll zu grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Finanzbereich in ein Memorandum umgewandelt wurde. Nunmehr konzentrierten sich die Arbeiten auf Anpassungen an den Abkommen, welche deren Akzeptanz generell und speziell in Deutschland verbessern sollten.

Angesichts des Erfordernisses, dass der britische Schatzkanzler sein Budget am Folgetag in London zu präsentieren hatte, wurde das Protokoll zur Änderung des am 6. Oktober 2011 unterzeichneten Abkommens mit dem Vereinigten Königreich über 4951

die Zusammenarbeit im Steuerbereich am 20. März 2012 (Änderungsprotokoll-UK) in Brüssel durch die zuständigen Staatssekretäre der Schweiz und des Vereinigten Königreichs unterzeichnet. Ins Abkommen eingefügt wurden im Wesentlichen die von der EU-Kommission verlangten Anpassungen, eine Massnahme zur Sicherstellung der Abgeltungswirkung der Steuer auf Zinszahlungen sowie die steuerliche Erfassung von Erbschaftsfällen. Zudem wurde eine Meistbegünstigungsklausel hinsichtlich der Sätze der Einmalzahlung aufgenommen. Diese Klausel räumt dem Vereinigten Königreich die Möglichkeit ein, bei der Steuerbelastung für ein Gleichziehen mit einer späteren Regelung mit Deutschland zu optieren.

In Anbetracht der immer knapper werdenden Zeit, bedingt durch die geplante Inkraftsetzung des Abkommens auf den 1. Januar 2013, wurden in Absprache und unter Mitwirkung von Vertretern des deutschen Bundesministeriums für Finanzen auch Gespräche schweizerischer Unterhändler mit Exponenten der oppositionell regierten deutschen Bundesländer geführt. Obwohl eine Annäherung der Standpunkte stattfand und die schweizerische Seite substanzielle Zugeständnisse machte (insbesondere Besteuerung der Erbschaftsfälle, höhere Mindest- und Höchststeuersätze bei der Einmalzahlung, Erhöhung der Anzahl Auskunftsersuchen, Vorverlegung des Zeitpunkts der steuerlichen Erfassung der deutschen Anlegerinnen und Anleger in der Schweiz, Mechanismus zur verbindlichen Auslegung der Missbrauchsklausel), lehnten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der oppositionell geführten deutschen Bundesländer am 29. März 2012 das Abkommen in der vorgeschlagenen, nachgebesserten Form ab. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass die Nachversteuerung von Altvermögen auch nach den Anpassungen weiterhin zu niedrig ausfalle. Es scheinen jedoch auch wahlkampftaktische Überlegungen im Oppositionslager und der Umstand, dass die schweizerische Bundesanwaltschaft wenige Tage zuvor drei deutsche Steuerfahndungsbeamte zur Verhaftung ausgeschrieben und ein Rechtshilfegesuch an Deutschland gestellt hatte, zur negativen Stellungnahme der oppositionsgeführten Länder geführt zu haben.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble reagierte darauf mit der Ankündigung, dass die deutsche Bundesregierung das nachgebesserte Abkommen mit der Schweiz dessen ungeachtet abschliessen
werde. Er zeigte sich zuversichtlich, dass der Staatsvertrag am Ende eine parlamentarische Mehrheit in Deutschland finden werde. Nachdem der Schweizerische Bundesrat mit Beschluss vom 4. April 2012 seine Zustimmung erteilt hatte, konnte das Protokoll zur Änderung des am 21. September 2011 unterzeichneten Abkommens mit Deutschland über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt am 5. April 2012 in Bern unterzeichnet werden (Änderungsprotokoll-D).

Das Änderungsprotokoll-D sieht Anpassungen bei der Berechnung der Einmalzahlung für die Vergangenheit vor, die zu einer höheren Besteuerung führen. In Anwendung der Meistbegünstigungsklausel im Änderungsprotokoll-UK hat das Vereinigte Königreich mit diplomatischer Note vom 13. April 2012 die Schweiz informiert, dass es mit Bezug auf die Berechnung der Einmalzahlung eine Angleichung an die mit Deutschland vereinbarte Lösung wünscht. Das EFD und die britische Steuerbehörde HM Revenue & Customs stehen im Gespräch, um die notwendigen Anpassungen am Abkommen festzulegen.

4952

1.3

Verhältnis zum europäischen und zum internationalen Recht

1.3.1

Zum internationalen Steuerrecht

Das internationale Steuerrecht der Schweiz im Verhältnis mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich umfasst bisher im Wesentlichen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen, Vermögen sowie Erbschaften (Doppelbesteuerungsabkommen). Diesen Abkommen ist gemeinsam, dass sie die Steueransprüche der Schweiz und ihrer Partnerstaaten begrenzen und so die Doppelbesteuerung vermeiden sollen.

Demgegenüber schaffen die beiden Quellensteuerabkommen hinsichtlich der betroffenen Kundinnen und Kunden von schweizerischen Zahlstellen aus den Partnerstaaten Deutschland und Vereinigtes Königreich steuerpflichtbegründendes Recht in der Schweiz, welches an der Quelle bei der schweizerischen Zahlstelle ansetzt. Gestützt darauf erfolgt hier die Steuererhebung zugunsten des Wohnsitzstaates.

Die Doppelbesteuerungsabkommen erfahren durch die Quellensteuerabkommen keinerlei Beschränkungen. Insbesondere wird der in den Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarte Informationsaustausch durch die Bestimmungen zur Sicherung des Abkommenszwecks (vgl. die Ausführungen zu Art. 32 des Abkommens mit Deutschland und zu Art. 33 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich) nicht tangiert.

Schliesslich tangiert auch der Teil der Abkommen zur Vergangenheitsregularisierung die Doppelbesteuerungsabkommen nicht. Die Einmalzahlung für die Vergangenheit betrifft zwar die Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuern. Ein Fall von Doppelbesteuerung nach dem Doppelbesteuerungsabkommen ist aber nur dann zu regeln, wenn ein Steueranspruch entsteht oder eine Steuer geschuldet ist und zwei Staaten diesbezüglich ihre Steuerhoheit geltend machen. Die Einmalzahlung hingegen erlaubt es den Steuerpflichtigen, Steueransprüche aus der Vergangenheit zu begleichen.

1.3.2

Zum Recht der Europäischen Union im Steuerbereich

Die Schweiz hat im Steuerbereich zwei Abkommen mit der Europäischen Union abgeschlossen: das ZBstA und das Abkommen vom 26. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen (Betrugsbekämpfungsabkommen oder BBA; SR 0.351.926.81).

ZBstA Zinszahlungen, auf denen in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens ein Steuerrückbehalt erhoben worden ist oder eine Offenlegung erfolgt, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Quellensteuerabkommen (vgl. die Ausführungen zu Art. 1 Abs. 3 des Abkommens mit Deutschland und zu Art. 1 Abs. 3 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich). Mit dieser klaren Trennung der Anwen4953

dungsbereiche ist sichergestellt, dass die vorliegenden Abkommen das Zinsbesteuerungsabkommen nicht tangieren. Diese Regel wirkt sich im Falle Deutschlands nicht auf die Abgeltungswirkung aus. Der Steuerrückbehalt von 35 % nach ZBstA ist höher als der in Deutschland effektiv geschuldete Steuersatz von 26,375 %, sodass deutsche Steuerpflichtige mit Zahlung des Steuerrückbehalts ihre Steuerpflicht bezüglich dieser Zinserträge erfüllt haben (vgl. Ziff. 2.7.2).

Der Rückerstattungsmechanismus in Deutschland für die Differenz zwischen dem Steuerrückbehalt von 35 % unter dem Zinsbesteuerungsabkommen und dem effektiv geschuldeten Steuersatz von 26,375 % bleibt unverändert. Deutschland wird in Abstimmung mit der Europäischen Kommission und zusammen mit der Schweiz prüfen, ob das derzeit geltende Anrechnungssystem durch ein einfacheres System zur Rückerstattung ersetzt werden kann (vgl. Ziff. 2.7.2).

Mit dem Vereinigten Königreich wurde die Einführung einer Abgeltungszahlung vereinbart, um die Abgeltungswirkung auf Zinszahlungen sicherzustellen (vgl.

Ziff. 3.5).

Die Schweiz wird zudem wie bisher in Anwendung von Artikel 10 Absatz 1 des Zinsbesteuerungsabkommens Informationsaustausch leisten.

BBA Der Anwendungsbereich des BBA schliesst die direkten Steuern, denen die unter die Quellensteuerabkommen fallenden Kapitaleinkünfte und Vermögenswerte unterliegen, ausdrücklich aus. Hingegen betrifft die Einmalzahlung für die Vergangenheit die Mehrwertsteuer, die zum Anwendungsbereich des BBA gehört. Das BBA ist aber nicht berührt, da es nicht die Erhebung und Entrichtung der Steuer, sondern die Amts- und Rechtshilfe in Strafsachen regelt.

1.3.3

Zum europäischen und internationalen Recht im Bereich grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen

Die Abkommen lassen die Verpflichtungen der Schweiz im Bereich der grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen unberührt. Sie stehen ebenfalls im Einklang mit den Verpflichtungen der Partnerstaaten nach europäischem und internationalem Recht in diesem Bereich. Die Verhandlungspartner legten bei den Verhandlungen mit der Schweiz besonderen Wert darauf, dem Grundsatz der ausschliesslichen Kompetenz der Europäischen Union bei der gemeinsamen Handelspolitik (Vertrag von Lissabon) sowie dem Grundsatz der Meistbegünstigung gemäss dem Allgemeinen Abkommen über den Dienstleistungshandel (General agreement on trade in services, GATS) zu entsprechen.

1.4

Würdigung der Abkommen

Die Abkommen sind für die betroffenen Personen, die schweizerischen Zahlstellen und die Schweiz insgesamt positiv zu werten.

4954

1.4.1

Aus Sicht der betroffenen Personen

Die betroffenen Personen erhalten eine einmalige Möglichkeit, ihre steuerliche Situation im Wohnsitzstaat mit Bezug auf ihre Vermögenswerte bei Finanzinstituten in der Schweiz in einem einfachen Verfahren zu regularisieren. Die Regularisierung kann mittels Leistung einer pauschalen Einmalzahlung in der Höhe von 21 % bis 41 % (Deutschland) bzw. 19 % bis 34 % (Vereinigtes Königreich; unter Vorbehalt der aufgrund der Meistbegünstigungsklausel zu vereinbarenden Anpassungen) der in der Schweiz verbuchten Vermögenswerte mit geringem administrativem Aufwand und unter Wahrung des Schutzes der Privatsphäre erfolgen. Alternativ können die betroffenen Personen die Meldung wählen. Wer von diesen Möglichkeiten nicht Gebrauch machen will, muss seine Vermögenswerte vorgängig aus der Schweiz abziehen. Ein wesentlicher Teil der unversteuerten Vermögenswerte ist vor längerer Zeit in der Schweiz angelegt worden, in vielen Fällen von den Vorfahren der heutigen Kundinnen und Kunden. Zahlreiche betroffene Personen suchen einen Weg zurück in die Steuerehrlichkeit, unter anderem aufgrund der verstärkten Bekämpfung der Steuerhinterziehung in ihren Wohnsitzstaaten. Die Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich bieten einen solchen Weg.

Die Einführung einer Quellensteuer auf künftigen Kapitaleinkünften ist für die betroffenen Personen ebenfalls eine attraktive Lösung. Sie können ihre Vermögenswerte weiterhin in der Schweiz anlegen und dabei grundsätzlich ohne eigenen administrativen Aufwand und unter Wahrung des Schutzes der Privatsphäre ihre Steuern zahlen. Wegen der von der EU-Kommission eingeforderten vollständigen Ausklammerung der unter dem ZBstA erfassten Zinsen kommt es auf diesen Zinsen allerdings mit dem anwendbaren Satz von 35 % zu einer über dem deutschen Abgeltungsteuersatz liegenden Besteuerung. Der entsprechende Differenzbetrag kann von den betroffenen Personen nur mittels Offenlegung gegenüber den deutschen Behörden zurückgefordert werden.

1.4.2

Aus Sicht der schweizerischen Zahlstellen

Für die schweizerischen Zahlstellen ist die Umsetzung der Abkommen mit einem bedeutenden administrativen Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Mit Bezug auf die Regularisierung der Vergangenheit müssen sie ihre Kundinnen und Kunden, die in den Anwendungsbereich der Abkommen fallen, über die bestehenden Optionen informieren und die notwendigen administrativen Arbeiten zur Umsetzung der gewählten Option vornehmen. Die schweizerischen Zahlstellen müssen auch mit einer spürbaren Reduktion der bei ihnen verwalteten Vermögenswerte rechnen, weil einerseits ein Teil der Kundschaft diese Vermögenswerte verwenden wird zur Leistung der Einmalzahlung oder zur Zahlung von Steueransprüchen, die als Folge einer Meldung geschuldet sind, und weil andererseits Kundinnen und Kunden Vermögenswerte ins Ausland verlegen werden. Dennoch ist die Regularisierung der Vergangenheit letztlich auch für schweizerische Zahlstellen attraktiv, weil sie Kundinnen und Kunden mit Wohnsitz in einem Partnerstaat zukunftsgerichtet eine wertvolle Dienstleistung zur Steuerentrichtung bieten können. Zudem sehen die Abkommen vor, dass die Strafverfolgung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schweizerischer Zahlstellen wegen Teilnahme an Steuerdelikten aus der Vergangenheit ausgeschlossen bzw. im Falle des Vereinigten Königreiches höchst unwahrscheinlich wird. Auch erklären Deutschland und das Vereinigte Königreich, in 4955

Zukunft auf den aktiven Erwerb entwendeter Bankdaten zu verzichten. Dadurch werden die Rechtsrisiken der schweizerischen Zahlstellen massgeblich reduziert.

Die schweizerischen Zahlstellen können einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen und sich künftig auf die Verwaltung versteuerter Vermögenswerte konzentrieren.

Der administrative Aufwand und die Kosten im Zusammenhang mit der Einführung der Quellensteuer werden mehrheitlich bei den schweizerischen Zahlstellen anfallen.

Der Aufbau eines Quellensteuersystems ist für die schweizerischen Zahlstellen relativ aufwendig; sie können aber auf bestehende Erfahrungen im Zusammenhang mit der Verrechnungssteuer und dem Steuerrückbehalt unter dem Zinsbesteuerungsabkommen zurückgreifen. Die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Zahlstellen soll langfristig durch die Abkommen gesteigert werden.

Hinzu kommt, dass die schweizerischen Zahlstellen von einem vereinfachten Marktzugang und besser erfassbaren Regeln in diesem Bereich profitieren. Die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen wird erleichtert und erfolgt im Rahmen einer verbesserten Rechtssicherheit. Der Wettbewerbsnachteil gegenüber Banken mit Sitz im EWR-Raum wird etwas verringert, und es eröffnen sich für die schweizerischen Zahlstellen neue Geschäftschancen.

1.4.3

Aus Sicht der Schweiz

Politisch wird mit den Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich ein Schlussstrich gezogen in einem Bereich, der in den letzten Jahren immer wieder für Unruhe gesorgt hat. Die Abkommen kommen einerseits dem Anspruch Deutschlands und des Vereinigten Königreichs auf Besteuerung ihrer Steuerpflichtigen nach und berücksichtigen andererseits das Anliegen der Schweiz, die Privatsphäre von Bankkundinnen und -kunden zu schützen. Der Schutz der Privatsphäre vor dem Eingriff des Staates geniesst in der Schweiz traditionell einen hohen Stellenwert. Er darf aber nicht für kriminelle Zwecke missbraucht werden. Die Schweiz hat durch den konsequenten Ausbau einer strengen Gesetzgebung gegen jegliche Form der Finanzkriminalität bewiesen, dass sie die Integrität ihres Finanzplatzes ernst nimmt. Mit der im Dezember 2009 verabschiedeten und im Februar 2012 konkretisierten Weissgeldstrategie hat der Bundesrat diese Politik bekräftigt; die Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich dienen nun der Umsetzung dieser Strategie. Um einem allfälligen Missbrauch des Systems einer Quellensteuer entgegenzuwirken, ist zudem ein Sicherungsmechanismus vereinbart worden. In einer begrenzten Anzahl Fälle pro Jahr können Deutschland und das Vereinigte Königreich die Schweiz anfragen, ob eine bestimmte steuerpflichtige Person in der Schweiz ein Konto oder Depot bei einer Zahlstelle führt. Es ist davon auszugehen, dass die Stellung der Schweiz und ihres Finanzplatzes durch die verstärkte Kooperationsbereitschaft langfristig und nachhaltig gestärkt wird. Dies zeigt sich auch darin, dass Deutschland und das Vereinigte Königreich die Abkommen als mit dem automatischen Informationsaustausch dauerhaft gleichwertig anerkennen.

Sofern solche Abkommen künftig auch mit anderen Ländern abgeschlossen werden, kann das Modell der Einführung einer Quellensteuer gekoppelt mit einer Regularisierung der Vergangenheit zur international anerkannten Alternative zum automatischen Informationsaustausch werden.

4956

1.5

Ergebnisse der Vernehmlassung

1.5.1

Allgemeines

Deutschland und das Vereinigte Königreich verlangten, dass die Abkommen nicht vor der Unterzeichnung veröffentlicht werden, um Gestaltungsspielräume und damit verbundene Umgehungen der Abkommen durch betroffene Personen zu verhindern.

Aufgrund dieses überwiegenden Geheimhaltungsinteresses wurde auf eine Vernehmlassung zu den beiden Abkommen verzichtet. Die zuständigen Kommissionen beider Kammern der Bundesversammlung, die betroffenen Wirtschaftskreise und die Kantone wurden jedoch vom EFD über den Inhalt der beiden Abkommen informiert.

Die Abkommen enthalten grundsätzlich ausreichend detaillierte und justiziabel Bestimmungen und sind daher direkt anwendbar. Einzelne Punkte bedürfen jedoch der Konkretisierung in einem Bundesgesetz. Gesetzlich zu regeln sind insbesondere die Rechte und Pflichten von Personen, die Aufgaben und Leistungen des Bundes sowie die Organisation und das Verfahren von Bundesbehörden. Diese Punkte sollen in einem neuen Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung (IQG) geregelt werden. Zu diesem Bundesgesetz wurde ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.

1.5.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer begrüssen die Vorlage grossmehrheitlich. Einzig ein Teilnehmer erachtet den Erlass als nicht notwendig, da die Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich ausreichend detailliert, justiziabel und direkt anwendbar seien.

In den befürwortenden Stellungnahmen kritisch beurteilte bzw. umstrittene Bestimmungen des IQG-Vorentwurfs sind insbesondere folgende: a)

Einleitung von rechtlichen Schritten gegen die ehemalige Zahlstelle (Art. 4 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 3): Mehrfach gewünscht wird eine Präzisierung des Begriffs «rechtliche Schritte». Das Gesetz lasse offen, ob als Einleitung rechtlicher Schritte die Verzeigung der säumigen Zahlstelle bei der ESTV genüge. Hier seien Präzisierungen vorzunehmen.

b)

Anfechtung der Bescheinigung (Art. 4 Abs. 3): Einige wünschen, dass neben der betroffenen Person auch ein anderer Konto- oder Depotinhaber erklären kann, dass er mit der Bescheinigung der Einmalzahlung nicht einverstanden sei.

c)

Benachrichtigung der betroffenen Person über eine nachträgliche Identifizierung (Art. 9 Abs. 1): Einzelne fordern eine explizite Pflicht der Zahlstellen zur Benachrichtigung einer nachträglich identifizierten betroffenen Person, da diese ansonsten nicht innert der Frist von drei Monaten ein Gesuch um nachträgliche Regularisierung von Vermögenswerten stellen könne.

d)

Rechtsschutz gegen die Erhebung der abgeltenden Steuer (Art. 12): Einzelne erachten es als notwendig, dass der steuerpflichtigen Person ein angemessener Rechtsschutz geboten werde, da es sich bei der abgeltenden Steuer um

4957

eine effektive Steuererhebung handle und dies damit zum materiellen und formellen Steuerrecht gehöre.

e)

Transparenz bezüglich statistischen Erhebungen (Art. 19, 26, 31 und 33): Bezüglich der im Gesetz vorgesehenen statistischen Erhebungen im Zusammenhang mit der steuerlichen Regularisierung und der abgeltenden Steuer (Art. 19), den aus der Schweiz abgezogenen Vermögenswerten (Art. 26), den Informationsersuchen (Art. 31) und den Kontrollen bei den schweizerischen Zahlstellen (Art. 33) fordern einige Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer mehr Transparenz. Für Einzelne ist hingegen namentlich bei Artikel 19 das öffentliche Interesse an einer Veröffentlichung von Statistiken durch die ESTV nicht ersichtlich. Ebenfalls wird gefordert, dass Statistiken im Zusammenhang mit Artikel 19 nur so weit erstellt werden, als sie zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nötig sind.

f)

Vorauszahlung durch schweizerische Zahlstellen (Art. 23 und 24): Mehrere erachten die Vorauszahlung als unschön, nehmen jedoch zur Kenntnis, dass das mit den Partnerstaaten ausgehandelte Ergebnis für die Banken offenbar akzeptabel sei. Einige erachten die Vorauszahlungen als schwer praktikabel, kompliziert und unübersichtlich. Weitere sind mit dem vorgeschlagenen Verteilschlüssel, sowohl in Artikel 23 als auch in Artikel 24, nicht einverstanden. Es werden zudem Ergänzungen des Gesetzes zur Konkretisierung der in Artikel 23 vorgesehenen Regelung vorgeschlagen.

g)

Übermittlung von statistischen Daten über abgezogene Vermögenswerte an die Partnerstaaten (Art. 26): Die in den Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich vereinbarte Übermittlung von statistischen Daten wird von mehreren als problematisch erachtet. Einige begrüssen diese Übermittlung ausdrücklich.

h)

Sicherung des Abkommenszwecks (Art. 27­32): Ein Teilnehmer lehnt den in beiden Abkommen vereinbarten Informationsaustausch auf Ersuchen ab.

Für viele geht das vereinbarte System weit über den Standard von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens hinaus; die technische Durchführbarkeit sei fraglich und der Unterschied zu den an sich ausgeschlossenen «fishing expeditions» sei nicht ersichtlich. Sie erachten es als zwingend, dass der plausible Anlass darin bestehe, dass ein Steuerdelikt plausibel gemacht werde.

Für einige ist der Kreis der Auskunftspflichtigen («Banken») zu eng und sollte auf sämtliche Zahlstellen erweitert werden. Einzelne wünschen diesbezüglich die einheitliche Verwendung des in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b definierten Begriffs der «Informationsinhaberin».

Mehrere verlangen, wie auch schon im Rahmen der Vernehmlassung zum Entwurf des Steueramtshilfegesetzes, hinsichtlich der Verwertung der erhobenen Informationen eine Gleichbehandlung der inländischen Steuerbehörden mit den ausländischen.

Vereinzelt wird bezüglich des anwendbaren Verfahrensrechts ein genereller Verweis auf die Steueramtshilfegesetzgebung angeregt, verbunden mit den notwendigen abweichenden Regelungen in einzelnen Bestimmungen. Im Sinne einer erleichterten Gesetzesanwendung sei eine solche Systematik der gegenwärtigen Mischung aus Wiederholungen und Verweisen auf die Steu-

4958

eramtshilfegesetzgebung einerseits und von dieser abweichenden Regelungen andererseits vorzuziehen.

i)

Strafbestimmungen (Art. 37­42): Verschiedene verneinen die abschreckende Wirkung der Strafandrohungen und verlangen eine generelle Erhöhung der Bussenobergrenze. Demgegenüber erachten andere die Strafbestimmungen als zu weitgehend bzw. die Strafandrohungen als zu hoch.

j)

Finanzielle Auswirkungen auf Bund und Kantone: Zahlreiche Kantone verlangen die verursachergerechte Überwälzung der entstehenden Vollzugskosten auf den Finanzsektor. Weiter wird eine Kompensation für den Wegfall der bisherigen Kantonsanteile am Ertrag aus dem Zinsbesteuerungsabkommen und die Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer gefordert.

k)

Verfassungsrechtliche Grundlage: Einzelne Kantonsvertreter teilen die im Erläuterungsbericht im Zusammenhang mit der Abstützung des IQG auf Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV; SR 101) gemachte Begründung nicht, wonach die Vorlage keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen auf die Kantone habe und die Abkommen somit keine kantonalen Kompetenzen berührten. Sie haben jedoch aus politischen Gründen Verständnis für diese verfassungsrechtliche Abstützung. Sie behalten sich vor, diese in weiteren Fällen nicht mehr zu akzeptieren.

1.5.3

Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Gegenüber dem Vorentwurf weist der IQG-Entwurf insbesondere folgende Änderungen auf (rein redaktionelle Anpassungen werden hier nicht aufgeführt): a)

In Artikel 2 Absatz 2 wurde die Liste der im Gesetz verwendeten und in den Abkommen definierten Begriffe vervollständigt.

b)

Das Erfordernis, die angemeldeten Zahlstellen zu erfassen, ergibt sich ohne Weiteres aus den Aufgaben, die der ESTV gestützt auf die Abkommen und das IQG zugeteilt werden. Daher wurde Artikel 3 Absatz 4 ersatzlos gestrichen.

c)

Um dem Umstand besser gerecht zu werden, dass in der Praxis die betroffene Person und die Inhaberin oder der Inhaber des Kontos oder Depots nicht immer identisch sind, die Zahlstellen im Geschäftsverkehr jedoch in erster Linie mit Letzteren als direkten Vertragsparteien in Kontakt stehen bzw.

Letztere regelmässig stellvertretend für die betroffene Person handeln, wird nun an mehreren Stellen im Gesetz neben der betroffenen Person auch (gegebenenfalls) die andere Vertragspartei aufgeführt. Der Begriff der «Vertragspartei» wird in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e definiert.

d)

Mit der expliziten Erwähnung der «Zivilklage» in Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 6 Absatz 3 werden die rechtlichen Schritte präzisiert, die eine betroffene Person oder eine andere Vertragspartei gegenüber der säumigen ehemaligen Zahlstelle zur Edition der für die Berechnung der Einmalzahlung bzw.

für die freiwillige Meldung erforderlichen Informationen einzuleiten hat.

4959

e)

Artikel 8 Absatz 1 enthält bezüglich der Forderung auf Überweisung der Einmalzahlung oder Übermittlung der Meldung eine fünfjährige Verjährungsfrist. Nach Artikel 8 Absatz 3 beträgt die absolute Verjährungsfrist 15 Jahre. Gemäss Vernehmlassungsvorlage beginnen diese Fristen jeweils am Stichtag 3 zu laufen. Um bei späteren Einmalzahlungen oder Meldungen eine Verkürzung dieser Fristen zu verhindern, beginnen diese nun jeweils bei Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Einmalzahlung zu überweisen oder die Meldung zu übermitteln war.

f)

Artikel 9 der Vernehmlassungsvorlage sah vor, dass eine nachträglich identifizierte Person innerhalb von drei Monaten nach der Identifizierung bei der ESTV ein Gesuch um steuerliche Regularisierung ihrer Vermögenswerte stellen kann. Damit die betroffene Person auch tatsächlich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen kann, ist in Artikel 9 neu vorgesehen, dass die Dreimonatsfrist erst dann zu laufen beginnt, nachdem die Zahlstelle die betroffene Person schriftlich über die nachträgliche Identifizierung informiert hat. Diese Information der betroffenen Person hat unverzüglich zu erfolgen.

g)

Die Bestimmungen des 3. Abschnitts wurden um die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Abkommen auf Erbschaftsfälle ergänzt, und ein 4. Abschnitt wurde neu eingefügt, um die mit dem Vereinigten Königreich vereinbarte Abgeltungszahlung auf Zinserträgen, auf denen in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommen ein Steuerrückbehalt erhoben worden ist, zu berücksichtigen.

h)

Artikel 14 sieht neu einen Rechtsschutz der betroffenen Person bezüglich der erhobenen abgeltenden Steuer vor. Dieser Rechtsschutz ist analog zu demjenigen in Artikel 4 im Zusammenhang mit der Einmalzahlung geregelt und gilt ebenfalls im Zusammenhang mit dem Abzug der Abgeltungszahlung (vgl. Art. 20 Abs. 5).

i)

Artikel 15 Absatz 2 der Vernehmlassungsvorlage wurde ersatzlos gestrichen.

Infolge der Herausnahme aus dem Anwendungsbereich von Zinserträgen, auf denen in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommen ein Steuerrückbehalt erhoben worden oder eine freiwillige Offenlegung erfolgt ist, braucht die Schweiz nicht mehr auf ihren Anteil an den Einnahmen aus der Zinsbesteuerung zu verzichten.

j)

Artikel 25 Absatz 1 (Art. 22 Abs. 1 der Vernehmlassungsvorlage) wurde in Übereinstimmung mit den Abkommen gebracht. Er sieht nun vor, dass die schweizerische Zahlstelle die Verrechnungssteuer in eigenem Namen und auf Rechnung der betroffenen Person von der ESTV zurückverlangt. Zudem sieht Artikel 25 Absatz 2 (Art. 22 Abs. 2 der Vernehmlassungsvorlage) aus abwicklungstechnischen Gründen anstelle der fortlaufenden Verrechnung eine monatliche Antragstellung an die ESTV zwecks Rückerstattung der Verrechnungssteuer vor. Die ESTV kann kürzere Abrechnungsfristen vorsehen (Abs. 3).

k)

In der Vernehmlassung hat sich gezeigt, dass die Abwicklung der von den schweizerischen Zahlstellen zu leistenden Vorauszahlungen möglichst im Rahmen einer Selbstregulierung der Zahlstellen erfolgen sollte. Daher wurde Artikel 23 des Vernehmlassungsentwurfes, der eine Mischung zwischen Selbstregulierung und gesetzlicher Regelung darstellte, überarbeitet. Im vor-

4960

liegenden Artikel 26 dominiert hinsichtlich der Vorauszahlungen eindeutig das Selbstregulierungselement. Nur subsidiär erfolgt die Durchsetzung durch die ESTV mittels Verfügung, sollten die Zahlstellen die Vorauszahlungen nicht rechtzeitig leisten.

l)

Neu ist eine Bestimmung eingefügt worden, welche die Sicherstellung der Vorauszahlungen ermöglicht, wenn deren Bezug bei allen oder einzelnen Zahlstellen gefährdet erscheint.

m) Die ESTV stützt sich, wenn sie verfügen muss, d.h. wenn die Beiträge der Zahlstellen den Gesamtbetrag der Vorauszahlungen nicht deckt oder wenn es zu einem Ausfall kommt, ausschliesslich auf den in Bezug auf den Partnerstaat nach dem Zinsbesteuerungsabkommen erhobenen Steuerrückbehalt.

Die ESTV verfügt über die nötigen Daten, um diesen Verteilschlüssel anzuwenden. Dieser stellt ausserdem eine adäquate Annäherung an die tatsächlichen Marktanteile der schweizerischen Zahlstellen mit Bezug auf deutsche und britische Kundinnen und Kunden dar. In den Kreis der schweizerischen Zahlstellen, die im Falle der Ersatzvornahme durch die ESTV bzw. eines Ausfalls zum Beitrag verpflichtet sind, fallen Zahlstellen mit einem Anteil am in Bezug auf den Partnerstaat erhobenen Steuerrückbehalt von 0,5 % bzw. 0,01 %. Damit wird eine adäquate Marktabdeckung sichergestellt.

n)

Es ist davon auszugehen, dass es sich beim Grossteil der schweizerischen Zahlstellen um Banken handelt. Um jedoch auch die übrigen Zahlstellen zur Sicherung des Abkommenszwecks für die Auskunftserteilung erfassen zu können, wurde in Artikel 32 (Art. 28 der Vernehmlassungsvorlage) der Kreis der auskunftspflichtigen Personen neben den Banken auf sämtliche andere bei der ESTV angemeldeten schweizerischen Zahlstellen ausgedehnt.

Entsprechend wurde auch die Definition der Informationsinhaberin in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b sowie die Strafbestimmung von Artikel 43 (Art. 40 der Vernehmlassungsvorlage) angepasst.

o)

Die Verfahrensvorschriften des 9. Abschnitts, die bei der Behandlung von Ersuchen im Rahmen der Auskunftserteilung zur Sicherung des Abkommenszwecks zur Anwendung kommen, orientieren sich an denjenigen der Steueramtshilfegesetzgebung. Anstelle des in der Vernehmlassungsvorlage gewählten Ansatzes einer Mischung aus Wiederholungen und Verweisen auf die Steueramtshilfegesetzgebung und von dieser abweichenden Regelungen enthält Artikel 35 neu einen generellen Verweis auf die Steueramtshilfegesetzgebung, die zur Anwendung gelangt, wenn die Bestimmungen des 9. Abschnitts nichts anderes vorsehen. Mit diesem Ansatz soll die Rechtsanwendung erleichtert werden. Gewisse Bestimmungen sowie die bisherigen einzelnen Verweise auf die Steueramtshilfegesetzgebung konnten dadurch gestrichen werden.

p)

In Artikel 39 Absatz 2 (Art. 36 Abs. 2 der Vernehmlassungsvorlage) werden die Ausnahmen von der Geheimhaltungspflicht in besseren Einklang mit Regelungen in bestehenden Bundesgesetzen gebracht.

q)

In Artikel 41 (Art. 38 der Vernehmlassungsvorlage) wurde ein neuer Buchstabe a eingefügt, wonach die Verletzung der Pflicht zur Anmeldung als Zahlstelle bei der ESTV mit einer Busse bis zu 20 000 Franken bestraft werden kann.

4961

r)

Artikel 41 der Vernehmlassungsvorlage wurde ersatzlos gestrichen. Dadurch kommt die generelle Regel von Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) zur Anwendung, wonach eine juristische Person an Stelle der strafbaren natürlichen Person zur Bezahlung einer Busse verurteilt werden kann, wenn eine Busse von höchsten 5000 Franken in Betracht kommt und die Ermittlung der strafbaren Personen unverhältnismässige Untersuchungsmassnahmen bedingen würde.

s)

Im Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 2007 (FINMAG; SR 956.1) wird ein neuer Artikel 2 Absatz 2 eingefügt, wonach im Rahmen der internationalen Quellenbesteuerung abgeschlossene staatsvertragliche Regelungen und damit zusammenhängende zwischenstaatliche Vereinbarungen den Finanzmarktgesetzen vorgehen. Damit soll die Normenhierarchie klargestellt werden.

2

Erläuterungen zum Abkommen mit Deutschland

Die nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich auf das Abkommen mit Deutschland in seiner durch das Änderungsprotokoll-D angepassten Fassung.

2.1 Art. 1

Teil 1: Allgemeines Inhalt und Zweck

Abs. 1 Der Zweckartikel hält in Absatz 1 fest, dass die im Abkommen vereinbarte bilaterale Zusammenarbeit in ihrer Wirkung dem automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte dauerhaft gleichkommt. Diese dauerhafte Äquivalenz ist auch in der Präambel des Abkommens enthalten und wird in einer gemeinsamen Erklärung der Vertragsstaaten bestätigt (vgl. Ziff. 2.6.1).

Die Politik der Europäischen Union in Steuerfragen zielt auf den grenzüberschreitenden Informationsaustausch ab. Die Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (Zinsbesteuerungsrichtlinie) sieht den automatischen Austausch von Informationen über Zinszahlungen zwischen den Mitgliedstaaten vor, wobei in einem Übergangszeitraum namentlich genannte Staaten (Luxemburg, Österreich und ursprünglich auch Belgien) an der Stelle des automatischen Informationsaustausches eine Quellensteuer erheben. Mit dieser Richtlinie strebt die Europäische Union die effektive Besteuerung von Zinszahlungen in dem Mitgliedstaat an, in dem der wirtschaftliche Eigentümer steuerlich ansässig ist, entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften dieses Staates (Erwägungen 8, 14 und 16 der Zinsbesteuerungsrichtlinie). Der Anwendungsbereich der Richtlinie wird derzeit revidiert.

Das in Teil 3 des Abkommens vereinbarte System der Erhebung einer abgeltenden Quellensteuer auf Kapitalerträgen und -gewinnen stimmt grundsätzlich mit dem von der Europäischen Union angestrebten Ziel überein und geht hinsichtlich der Breite der erfassten Kapitalerträge und -gewinne gar deutlich über das auf Zinsen beschränkte Recht der EU hinaus. Die effektive Besteuerung der Kapitalerträge und 4962

-gewinne deutscher Steuerpflichtiger mit Vermögenswerten bei einer schweizerischen Zahlstelle wird sichergestellt, indem die schweizerische Zahlstelle auf Kapitalerträgen und -gewinnen eine Quellensteuer in der gleichen Höhe wie in Deutschland erhebt. Der Steuerbetrag wird von der schweizerischen Zahlstelle abgezogen, bevor die Erträge und Gewinne der Kundin oder dem Kunden ausbezahlt werden.

Abs. 2 Absatz 2 zählt die Kernelemente der im Abkommen vereinbarten Zusammenarbeit auf: a)

die Nachversteuerung von Vermögenswerten bei schweizerischen Zahlstellen (Teil 2 des Abkommens);

b)

die Erhebung einer abgeltenden Quellensteuer durch schweizerische Zahlstellen (Teil 3 des Abkommens);

c)

eine durch die Schweiz abrufbare Reziprozitätsverpflichtung; Deutschland würde dieser Verpflichtung durch die Meldung von Zinserträgen nachkommen, die in der Schweiz ansässigen Personen bei Zahlstellen in Deutschland gutgeschrieben oder ausbezahlt werden (Art. 34).

Abs. 3 und 4 Zinszahlungen, auf denen in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens ein Steuerrückbehalt erhoben worden ist oder eine Offenlegung erfolgt, fallen nicht in den Anwendungsbereich des Abkommens. Schweizerische Zahlstellen erheben auf diesen Zahlungen keine abgeltende Quellensteuer. Der nach ZBstA erhobene Steuerrückbehalt hat abgeltende Wirkung (vgl. Ziff. 2.7.2).

Die Erlöschenswirkung im Rahmen der Vergangenheitsregularisierung wird durch diesen Absatz nicht tangiert (vgl. die Ausführungen zu Art. 7 Abs. 6).

Absatz 4 stellt klar, dass eine allfällige Ausweitung des Anwendungsbereichs des Zinsbesteuerungsabkommens (im Rahmen einer Revision oder des Abschlusses eines neuen Abkommens) sich automatisch auch auf den Anwendungsbereich des Quellensteuerabkommens auswirkt.

Art. 2

Begriffsbestimmungen

Bst. a­c Das Abkommen definiert als Vertragsstaaten die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz.

Bst. d Als zuständige Behörde definiert das Abkommen für Deutschland das Bundesministerium der Finanzen und für die Schweiz das EFD. Die Kompetenzaufteilung innerhalb des EFD wird im IQG festgelegt (vgl. Ziff. 4.2).

Bst. e Die Definition der schweizerischen Zahlstelle orientiert sich an derjenigen der Zahlstelle im Zinsbesteuerungsabkommen. Die Zahlstelle nimmt im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit regelmässig Vermögenswerte von anderen Personen entgegen, verwaltet diese oder leistet Erträge oder sichert sie ab. Ein inländisches Unternehmen ausserhalb des Finanzsektors kann zur Zahlstelle werden, wenn es als Schuld4963

ner direkt Dividenden (inklusive geldwerter Leistungen) oder Zinsen an betroffene Personen ausrichtet und die vorgenommenen Zahlungen jährlich die Summe von einer Million Schweizer Franken übersteigen. Folglich qualifizieren als schweizerische Zahlstelle gemäss diesem Abkommen nicht nur Banken im Sinne des Bankengesetzes vom 8. November 1934 (BankG; SR 952.0) sowie Wertpapierhändler nach dem Börsengesetz vom 24. März 1995 (BEHG; SR 954.1), sondern auch andere Unternehmen, wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Hervorzuheben ist zudem, dass schweizerische Zahlstelle nur sein kann, wer geschäftlich handelt. Wer im Rahmen des privaten Lebensbereichs auf nicht kommerzieller Basis handelt, ist nicht schweizerische Zahlstelle im Sinne des Abkommens. Schliesslich sind nur im Gebiet der Schweiz niedergelassene Zahlstellen erfasst. Nicht als schweizerische Zahlstellen qualifizieren die ausländischen Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen von Schweizer Banken, Wertpapierhändlern oder anderen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz.

Bst. f Als Vermögenswerte im Sinne des Abkommens qualifizieren alle Vermögenswerte, die auf ein Bankkonto oder -depot verbucht werden können. Es handelt sich dabei insbesondere um: a)

Geldkonten und Edelmetallkonten;

b)

von einer schweizerischen Zahlstelle treuhänderisch gehaltene Vermögenswerte;

c)

sämtliche Formen von Börsentiteln, Aktien und Wertpapieren;

d)

Optionen, Schuldtitel und Termingeschäfte;

e)

andere von Banken gehandelte strukturierte Produkte wie Zertifikate und Wandelanleihen.

Diese Vermögenswerte müssen bei einer schweizerischen Zahlstelle verbucht sein.

Das Verbuchungserfordernis stellt sicher, dass die Vermögenswerte grundsätzlich von den verwaltungs- und aufsichtsrechtlichen schweizerischen Regeln erfasst werden, die für den Finanzbereich gelten.

Nicht als Vermögenswerte gelten insbesondere: a)

Inhalte von Schrankfächern;

b)

Grundstücke;

c)

Gegenstände des beweglichen Vermögens (z.B. Schmuck, Gemälde);

d)

Versicherungsverträge, die regulatorisch der FINMA unterstellt sind, ausgenommen Vermögenswerte, die von einer Lebensversicherungsgesellschaft für einen Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit einem individualisiert verwalteten Vermögen in Verbindung mit einem minimalen Versicherungsschutz und Aus- oder Rückzahlungsbedingungen, die nicht auf Tod, Invalidität oder Krankheit beschränkt sind, gehalten werden (sogenannte Lebensversicherungsmäntel, vgl. die Ausführungen zu Bst. h).

Der Ausschluss von Versicherungsverträgen begründet sich damit, dass diese primär dazu bestimmt sind, ein bestimmtes Risiko abzusichern. Lebensversicherungsmäntel dagegen sind ein Instrument, mit dem eine Vermögensanlage in die rechtliche Struktur einer Versicherung eingebettet wird. Lebensversicherungsmäntel lassen sich wie 4964

folgt charakterisieren: Ein Versicherungsunternehmen führt ein Anlagedepot bei einer Bank oder einem Effektenhändler, welches zur Aufbewahrung von Anlagen einer Kundin oder eines Kunden des Versicherungsunternehmens im Rahmen eines Lebensversicherungsvertrages dient, auf welches die Kundin oder der Kunde Einfluss nehmen kann oder welches nach einer individuellen Anlagestrategie verwaltet wird. Dabei werden im Regelfall die zumeist bereits bestehenden Wertschriftenanlagen der Kundin oder des Kunden nach Abschluss des Lebensversicherungsvertrags mittels Einmaleinlage in die Versicherung eingebracht. Sie dienen als Einmalprämie.

Das Eigentum an den Wertpapieren geht an die Versicherungsgesellschaft über. Da Lebensversicherungsmäntel vorwiegend eine Vermögensanlage darstellen und nur nachrangig einen Versicherungscharakter aufweisen, ist der Einbezug dieser Vermögenswerte in den Anwendungsbereich des Abkommens gerechtfertigt.

Bst. g Die Begriffe Konto oder Depot beziehen sich im Abkommen auf ein Konto und Depot, auf dem Vermögenswerte im Sinne des Abkommens verbucht sind.

Bst. h Vom Abkommen erfasst werden natürliche Personen, die in Deutschland ansässig und an Vermögenswerten nutzungsberechtigt sind, die bei einer schweizerischen Zahlstelle auf Konten oder Depots verbucht sind (betroffene Personen). Die Nutzungsberechtigung kann direkt oder indirekt sein. Direkt ist sie, wenn die betroffene Person die Vertragspartnerin der schweizerischen Zahlstelle ist. Indirekt, wenn die betroffene Person zwar Nutzungsberechtigte ist, nicht jedoch Konto- oder Depotinhaberin. Die Zahlstellen müssen die Nutzungsberechtigung der betroffenen Personen gestützt auf die geltenden schweizerischen Sorgfaltspflichten (namentlich jene auf der Grundlage des Bundesgesetzes vom 10. Oktober 1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor [Geldwäschereigesetz, GwG; SR 955.0]; insbesondere Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken, VSB) feststellen. Bei Vermögenswerten, die von einer Sitzgesellschaft (z.B. Trusts, Stiftungen und Treuhandunternehmen) oder von einer Lebensversicherungsgesellschaft im Zusammenhang mit einem Lebensversicherungsmantel gehalten werden, wird auf die an solchen Strukturen nutzungsberechtigte betroffene Person abgestellt. Somit können
die Abkommen durch das Zwischenschalten solcher Strukturen grundsätzlich nicht umgangen werden.

In Anlehnung an die in der VSB enthaltene Regelung sind Indizien für das Vorliegen einer Sitzgesellschaft gegeben, wenn: a)

keine eigenen Geschäftsräume bestehen (c/o-Adresse, Sitz bei einem Anwalt, bei einer Treuhandgesellschaft, bei einer Bank usw.) oder

b)

kein eigenes Personal angestellt ist.

Juristische Personen und Gesellschaften, welche die Wahrung der Interessen ihrer Mitglieder oder ihrer Begünstigten in gemeinsamer Selbsthilfe bezwecken oder politische, religiöse, wissenschaftliche, künstlerische, gemeinnützige, gesellige oder ähnliche Zwecke verfolgen, gelten nicht als Sitzgesellschaften, solange sie ausschliesslich die genannten statutarischen Zwecke verfolgen.

Ausnahmsweise gilt eine Sitzgesellschaft als nutzungsberechtigte Person. Ein Durchgriff auf die hinter der Sitzgesellschaft stehenden Personen erübrigt sich, wenn die Sitzgesellschaft selber besteuert wird. Die Besteuerung muss aber effektiv sein, 4965

das heisst sich in einem mit ordentlich besteuerten Gesellschaften vergleichbaren Rahmen bewegen. Ein Durchgriff erübrigt sich auch, wenn das deutsche Recht die Sitzgesellschaft steuerlich als intransparent behandelt.

Eine in Deutschland ansässige natürliche Person gilt nicht als betroffene Person hinsichtlich Vermögenswerten von Personenverbindungen, Vermögenseinheiten, Trusts oder Stiftungen, wenn keine feststehende wirtschaftliche Berechtigung an solchen Vermögenswerten besteht. Dies wird in der Regel der Fall sein bei sogenannten «Discretionary»-Strukturen, die unwiderruflich sind. Wird der Kreis der Begünstigten kategorienweise definiert (z.B. «Familienangehörige des Gründers»), ist zwar der Kreis der potenziell, nicht jedoch derjenige der effektiv Begünstigten definiert. Erst im Moment einer Auszahlung kann bestimmt werden, dass ein potenziell Begünstigter auch effektiv begünstigt wurde. Würden alle potenziell Begünstigten für die Vermögenswerte solcher Strukturen als nutzungsberechtigt angesehen, so würden sie besteuert, obwohl sie vielleicht nie eine Auszahlung erhalten werden.

Die schweizerische Zahlstelle muss die nutzungsberechtigte Person eines Lebensversicherungsmantels bestimmen, sie muss also die Person bestimmen, für die die Lebensversicherungsgesellschaft das Konto oder Depot führt. Kann die Versicherungsgesellschaft jedoch gegenüber der schweizerischen Zahlstelle darlegen, dass die steuerlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Lebensversicherungspolice in Deutschland erfüllt sind, so gilt die nutzungsberechtigte Person eines Lebensversicherungsmantels nicht als betroffene Person. Wird ein bestimmtes Produkt in Deutschland steuerlich als Lebensversicherungspolice behandelt, so soll es auch im Rahmen dieses Abkommens als Versicherungsvertrag, welcher nicht als Vermögenswert gilt, behandelt werden (vgl. die Ausführungen zu Bst. f).

Für die Zwecke des Teils 3 des Abkommens gilt eine natürliche Person nicht als betroffene Person, wenn sie als schweizerische Zahlstelle handelt. Dasselbe gilt für eine natürliche Person, die im Auftrag einer juristischen Person, eines Investmentfonds oder eines vergleichbaren Investmentsystems oder im Auftrag einer anderen natürlichen Person handelt, welche die betroffene Person ist, und deren Identität und Wohnsitz der Zahlstelle mitteilt. Diesen
Konstellationen ist gemeinsam, dass die natürliche Person nicht die Endbegünstigte ist und deshalb auch nicht als betroffene Person gelten kann.

In den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) tritt der Rechtsnachfolger an die Stelle der betroffenen Person. Für die Zwecke des Abkommens bedeutet dies, dass im Rahmen der Vergangenheitsregularisierung Erbe und Erblasser als eine Person behandelt werden. Bei der Berechnung der Einmalzahlung gilt die Aufnahme der Kundenbeziehung zu einer schweizerischen Zahlstelle durch den Erblasser als Beginn der Kundenbeziehung und nicht der Zeitpunkt, zu dem diese Beziehung auf die Erbin oder den Erben übertragen wird.

Das Abkommen enthält zudem eine Regelung, wie Kollektivbeziehungen und Gemeinschaftskonten zu behandeln sind. Diese Regelung orientiert sich an der unter dem Zinsbesteuerungsabkommen geltenden Regelung.

Bst. i Die Ausdrücke Kontoinhaber oder Depotinhaber bezeichnen die Person, die in Bezug auf die Vermögenswerte einer betroffenen Person die Vertragspartei einer schweizerischen Zahlstelle ist.

4966

Bst. j Das Abkommen definiert verschiedene Stichtage im Zusammenhang mit der Vergangenheitsregularisierung.

Bst. k Das Abkommen führt die Abkürzungen und Titel der deutschen und schweizerischen Gesetze auf, auf die es verweist. Zudem hält es fest, dass die im Abkommen enthaltenen Verweise auf deutsches oder Schweizer Recht statische Verweise auf die im Zeitpunkt der Unterzeichnung (21. Sept. 2011) geltende Fassung sind.

Art. 3

Identität und Ansässigkeit der betroffenen Person

Die schweizerischen Sorgfaltspflichten für die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung ergeben sich aus dem GwG und der VSB. Schweizerische Zahlstellen sind gestützt darauf verpflichtet, ihre Vertragspartner zu identifizieren und in Zweifelsfällen eine Erklärung des Vertragspartners über die an den Vermögenswerten wirtschaftlich berechtigte Person einzuholen. Zu diesem Zweck ist das sogenannte Formular A beziehungsweise für Personenverbindungen oder Vermögenseinheiten, an denen keine wirtschaftliche Berechtigung bestimmter Personen besteht (z.B. Trusts und Stiftungen), das Formular T auszufüllen. Für nach 2011 im Zusammenhang mit Lebensversicherungsmänteln eröffneten Konten oder Depots gelten ähnliche Dokumentationsvorschriften. Anzugeben sind auf den Formularen Name, Vorname, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnadresse.

In den Anwendungsbereich des Abkommens fallen Personen, die in Deutschland ansässig sind, das heisst Personen, die auf dem Formular A oder T eine Wohnadresse in Deutschland angeben. Für vertragliche Beziehungen oder für Transaktionen bei Fehlen einer vertraglichen Beziehung, die beim oder nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens eingegangen oder durchgeführt wurden, muss die schweizerische Zahlstelle zudem eine Wohnsitzbescheinigung verlangen, wenn die Kundin oder der Kunde auf dem Formular A oder T zwar eine Wohnadresse ausserhalb Deutschlands und der Schweiz angibt, jedoch einen von Deutschland ausgestellten Reisepass oder Personalausweis vorweist. Kann die Kundin oder der Kunde keine Wohnsitzbescheinigung der zuständigen Steuerverwaltung des Staates als Ansässigkeitsnachweis erbringen, so gilt Deutschland als Ansässigkeitsstaat und die Kundin oder der Kunde fällt in den Anwendungsbereich des Abkommens.

Diese Regelung entspricht derjenigen im Zinsbesteuerungsabkommen (vgl. Art. 5 ZBstA), sodass die unter dem Zinsbesteuerungsabkommen etablierte Praxis weitergeführt werden kann.

In Absatz 2 wird festgelegt, dass der Wohnsitz am Stichtag 2 massgebend ist. Dieser Stichtag liegt in der Vergangenheit, insbesondere vor Bekanntgabe des Abkommens, sodass Manipulationen ausgeschlossen sind. Verlegt eine betroffene Person, welche am Stichtag 2 in Deutschland ansässig war, nach Stichtag 2 ihren Wohnsitz in einen Drittstaat, so fällt sie dennoch in den Anwendungsbereich des Abkommens.

4967

2.2

Art. 4

Teil 2: Regelung zur Nachversteuerung von Vermögenswerten bei schweizerischen Zahlstellen Information der betroffenen Person durch die schweizerische Zahlstelle

Abs. 1 Die Zahlstellen müssen ihre Vertragspartner, d.h. die Konto- oder Depotinhaber, innerhalb von zwei Monaten nach dem Inkrafttreten des Abkommens über dessen Inhalt informieren und auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen im Zusammenhang mit der Vergangenheitsregularisierung hinweisen. Diese Information kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Bei indirekter Nutzungsberechtigung muss der Konto- oder Depotinhaber gestützt auf das privatrechtliche Innenverhältnis für die Information der betroffenen Personen sorgen.

Abs. 2 Eine Person, die erst nach Inkrafttreten des Abkommens, aber vor der Durchführung der Vergangenheitsregularisierung, am Stichtag 3 bei einer schweizerischen Zahlstelle eine Kundenbeziehung eröffnet, wird von dieser bei Vertragsschluss über das Abkommen informiert und gleichzeitig auf die Sonderregelung von Artikel 6 hingewiesen.

Art. 5

Rechte und Pflichten der betroffenen Person

Abs. 1 Die Vergangenheitsregularisierung wird am Stichtag 3 durchgeführt. Erfasst werden grundsätzlich diejenigen Konten oder Depots von betroffenen Personen, die beim Inkrafttreten des Abkommens bei einer schweizerischen Zahlstelle bestanden und bereits am Stichtag 2 existiert haben. Betroffene Personen, die vor dem Inkrafttreten ihre Kundenbeziehung bei einer schweizerischen Zahlstelle auflösen, fallen nicht unter die Vergangenheitsregularisierung. Dasselbe gilt unter dem Vorbehalt der Sonderregelung von Artikel 6 auch für betroffene Personen, die erst nach dem Stichtag 2 eine Kundenbeziehung bei einer schweizerischen Zahlstelle eröffnet haben.

Eine betroffene Person, die am Stichtag 2 und beim Inkrafttreten ein Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle unterhält, muss dieser bis zum Stichtag 3 mitteilen, welche der bestehenden Möglichkeiten zur Regularisierung der Vermögenswerte sie wählt. Eine abgegebene Mitteilung ist ab Inkrafttreten des Abkommens unwiderruflich. Wird eine Mitteilung vor Inkrafttreten des Abkommens abgegeben, so wird sie mit Inkrafttreten des Abkommens unwiderruflich, ohne dass die betroffene Person die abgegebene Mitteilung wiederholen oder bestätigen müsste.

Abs. 2 Betroffene Personen, welche die Nachversteuerung durch Einmalzahlung wünschen, müssen gegenüber der Zahlstelle einen ausreichenden Geldbetrag für deren Begleichung zur Verfügung stellen (vgl. auch Art. 11).

4968

Abs. 3 Bei betroffenen Personen, die bis zum Stichtag 3 ihrer schweizerischen Zahlstelle nicht mitgeteilt haben, ob sie die Nachversteuerung durch Einmalzahlung oder die freiwillige Meldung wünschen, erhebt die schweizerische Zahlstelle automatisch die Einmalzahlung. Reichen die vorhandenen flüssigen Mittel zur Bezahlung der Eimalzahlung nicht aus, geht die Zahlstelle nach Artikel 11 vor.

Abs. 4 Ist der Konto- oder Depotinhaber mit der betroffenen Person nicht identisch, so ist die schweizerische Zahlstelle berechtigt, nach den Weisungen und Mitteilungen des Konto- oder Depotinhabers zu handeln. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Zahlstellen im Geschäftsverkehr in erster Linie mit dem Konto- oder Depotinhaber als direktem Vertragspartner in Kontakt stehen. Sie sollen davon ausgehen können, dass der Vertragspartner gemäss dem Willen der nutzungsberechtigten Person handelt.

Art. 6

Aufnahme einer neuen Kundenbeziehung

Grundsätzlich können diejenigen Konten und Depots regularisiert werden, die eine betroffene Person am Stichtag 2 und beim Inkrafttreten bei derselben schweizerischen Zahlstelle unterhält. Artikel 6 regelt, wie die Zahlstellen vorgehen müssen, wenn eine betroffene Person zwischen Stichtag 2 und Stichtag 3 eine Kundenbeziehung eröffnet. Diese Regelung hat zum Ziel zu verhindern, dass betroffene Personen, indem sie zwischen beiden Stichtagen die schweizerische Zahlstelle wechseln, ihre Vermögenswerte in der Schweiz belassen können, ohne diese regularisieren zu müssen.

Abs. 1 Eine betroffene Person, die zwischen den Stichtagen 2 und 3 in eine Kundenbeziehung mit einer schweizerischen Zahlstelle getreten ist, muss dieser mitteilen, ob die eingebrachten Vermögenswerte am Stichtag 2 bei einer schweizerischen Zahlstelle verbucht waren und ob die Kundenbeziehung zu dieser schweizerischen Zahlstelle beim Inkrafttreten weiterhin bestand. Diese Erklärung hat bis spätestens Stichtag 4 zu erfolgen.

Abs. 2 Waren die eingebrachten Vermögenswerte gemäss der Erklärung der betroffenen Person am Stichtag 2 bei einer schweizerischen Zahlstelle verbucht und bestand die Kundenbeziehung zu dieser Zahlstelle beim Inkrafttreten nicht mehr, so führt die neue Zahlstelle entsprechend der Wahl der betroffenen Person die Einmalzahlung oder die freiwillige Meldung unter Berücksichtigung der aufgelösten Kundenbeziehung zur früheren schweizerischen Zahlstelle durch. Letztere führt selber keine Massnahmen zur Vergangenheitsregularisierung durch. Sie ist jedoch zur Kooperation mit der neuen Zahlstelle verpflichtet. Die betroffene Person muss spätestens per Stichtag 4 die neue und die alte Zahlstelle zum Austausch der relevanten Informationen ermächtigen.

4969

Abs. 3 Waren die eingebrachten Vermögenswerte gemäss der Erklärung der betroffenen Person am Stichtag 2 bei einer schweizerischen Zahlstelle verbucht, bestand jedoch die Kundenbeziehung zu dieser früheren Zahlstelle beim Inkrafttreten weiterhin, so führt die neue Zahlstelle keine Massnahmen der Vergangenheitsregularisierung durch. Die nach dem Stichtag 2 zur neuen Zahlstelle transferierten Vermögenswerte werden jedoch von der früheren Zahlstelle bei der Berechnung der Einmalzahlung bzw. bei der Meldung berücksichtigt.

Abs. 4 Eine betroffene Person kann Vermögenswerte, die sie zwischen den Stichtagen 2 und 3 aus dem Ausland auf ein neu eröffnetes Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle einbezahlt, nicht regularisieren. Damit soll dem Zweck des Abkommens Rechnung getragen werden, wonach unter dem Abkommen grundsätzlich Vermögenswerte regularisiert werden, die von einer betroffenen Person in der Vergangenheit (d.h. vor Stichtag 2) in der Schweiz angelegt wurden.

Abs. 5 Teilt die betroffene Person der neuen Zahlstelle die Angaben nach Absatz 1 nicht mit oder unterlässt sie es, die neue und die frühere Zahlstelle gemäss Absatz 2 zum Austausch der für die Vergangenheitsregularisierung notwendigen Informationen zu ermächtigen, so meldet die neue Zahlstelle Identität und Wohnsitz der betroffenen Person an die ESTV. Das Verfahren nach Artikel 9 findet analog Anwendung. Das IQG regelt in Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 6 Absatz 3 die Folgen, wenn die für die Vergangenheitsregularisierung notwendigen Informationen, trotz Ermächtigung der betroffenen Person zu deren Austausch, zwölf Monate nach dem Stichtag 3 nicht vorliegen und die Vergangenheitsregularisierung deshalb nicht durchgeführt werden kann.

Art. 7

Nachversteuerung durch Einmalzahlung

Abs. 1 Hat eine betroffene Person die Option «Zahlen» gewählt oder bis zum Stichtag 3 keine Option ausgewählt, so erhebt die schweizerische Zahlstelle am Stichtag 3 die Einmalzahlung. Vorbehalten sind die Artikel 6 und 11 (vgl. die Ausführungen zu diesen Artikeln unter Ziff. 2.2).

Abs. 2 Die Einmalzahlung bemisst sich nach der in Anhang I des Abkommens festgelegten Formel. Für die schweizerischen Zahlstellen ist es nicht möglich, die genaue Steuerschuld der betroffenen Person zu berechnen, da dies die Analyse früherer Steuererklärungen und die Kenntnis der gesamten Einkünfte und Vermögenswerte dieser Person sowie des anwendbaren ausländischen Steuerrechts erfordern würde. Die unter dem Abkommen zu zahlende Einmalzahlung wird deshalb mittels einer Formel berechnet. In Anwendung dieser Formel liegt die effektive Steuerbelastung zwischen 21 % und maximal 41 % des Kapitalbestands in Funktion der Dauer der Kundenbeziehung, der Differenz zwischen Anfangs- und Endbestand und unter spezifischen Voraussetzungen zusätzlich in Funktion der Höhe des relevanten Kapitals. Die Wahl der Einmalzahlung kann somit je nach konkreter Situation der betrof4970

fenen Person unterschiedlich attraktiv sein. Dieser pauschale Ansatz hat aber den Vorteil, dass er für die Zahlstelle und die Kundin oder den Kunden einfach handzuhaben ist und dadurch Rechtssicherheit gibt.

Die Formel wendet einen nominellen Steuersatz von 34 % an. Die Bemessungsgrundlage kann in zwei Elemente aufgeteilt werden: Kapital und Kapitaleinkünfte.

Das erste Element (Kapital) wird mit zwei Dritteln gewichtet, das zweite (Kapitaleinkünfte) mit einem Drittel. Dies widerspiegelt die durchschnittliche Aufteilung zwischen Kapital und Kapitaleinkünften auf einem Konto oder Depot.

Das relevante Kapital (vgl. die Ausführungen zu Abs. 6) abzüglich des je nach Dauer der Kundenbeziehung gewichteten Kapitalbestandes am Ende des Jahres, in dem diese Beziehung eröffnet wurde, bildet die Bemessungsgrundlage für das Kapitalelement. Ist die Kundenbeziehung vor dem 1. Januar 2003 eröffnet worden, so ist der Kapitalbestand am 31. Dezember 2002 massgebend. Es ist nicht möglich auf ältere Daten abzustellen, da Zahlstellen nach Artikel 962 Absatz 1 Obligationenrecht (OR; SR 220) einer zehnjährigen Aufbewahrungspflicht für Geschäftsbücher, Buchungsbelege und Geschäftskorrespondenz unterliegen. Bei einem Zahlstellenwechsel innerhalb der Schweiz zwischen den Stichtagen 1 und 2 ist auf den Kapitalbestand am Ende des Jahres abzustellen, in dem die Kundenbeziehung bei der Zahlstelle eröffnet wurde, bei der die betroffene Person am Stichtag 2 eine Kundenbeziehung führt. Die Daten der früheren Zahlstelle werden nicht berücksichtigt. Sind die Vermögenswerte infolge eines Todesfalls übertragen worden, wird auf die Ausführungen zu Artikel 2 Buchstabe h unter Ziffer 2.1 verwiesen. Der gewichtete Abzug des Anfangskapitals trägt dem Umstand Rechnung, dass Steuerschulden einer Verjährungsfrist unterliegen. Schliesslich wird mit Bezug auf die Bemessungsgrundlage für das Kapitalelement festgehalten, dass, sollte der Abzug des gewichteten Anfangskapitals zu einem Minuswert führen, diese Grösse gleich null gesetzt wird. Damit sollen Negativsteuern vermieden werden.

Die Bemessungsgrundlage für das Element der Kapitaleinkünfte besteht aus einem Teil für die Periode 2003­2010 und einem Teil für die Jahre 2011­2012. Für die Periode 2003­2010 wird das relevante Kapital durch die Dauer der Kundenbeziehung gewichtet. Je länger
die Kundenbeziehung dauert, desto grösser sind die erzielten Kapitaleinkünfte. Für die Jahre 2011­2012 wird eine jährliche Standardrendite von 3 % auf das relevante Kapital addiert. Dies ermöglicht es, die Kapitaleinkünfte aus den Jahren 2011­2012 mit in die Regularisierung einzubeziehen, ohne die effektiv erzielten Kapitaleinkünfte eruieren zu müssen.

Die Formel sieht zudem einen Mindeststeuersatz von 21 % des relevanten Kapitals vor.

Für betroffene Personen, die eine Steuerbelastung von 34 % oder mehr aufweisen, wird die Steuerbelastung pro Million Euro relevantes Kapital um je einen Prozentpunkt erhöht, bis maximal 41 %. Mit dieser Zusatzregel wird dem Umstand Rechnung getragen, dass nebst der Dauer der Kundenbeziehung und der Differenz zwischen Anfangs- und Endbestand des Kapitals auch die Höhe des relevanten Kapitals eine Rolle spielen soll.

Insgesamt führt die Formel zu einer tiefen Steuerbelastung, wenn Konten oder Depots schon lange bestehen und der Kapitalbestand weitgehend unverändert geblieben ist. Sie führt dagegen zu einer hohen Steuerbelastung, wenn die Differenz zwischen Anfangs- und Endbestand des Kapitals gross ist. Auf Konten und Depots,

4971

die 2010 eröffnet wurden, resultiert immer eine Steuerbelastung von 25 %, da das Kapitaleinkünfteelement null beträgt.

Abs. 3 Gleichzeitig mit der Erhebung der Einmalzahlung erstellt die schweizerische Zahlstelle zuhanden der betroffenen Person eine Bescheinigung. Die Bescheinigung enthält Angaben zur betroffenen Person, zur Zahlstelle und zum Betrag der Einmalzahlung sowie zu den Berechnungsmodalitäten. Bei einer allfälligen späteren Steuerprüfung kann die betroffene Person somit belegen, dass sie die Einmalzahlung geleistet hat und ihre Steuerschulden in dem im Abkommen vorgesehenen Umfang erloschen sind (vgl. zudem Art. 14).

Die betroffene Person kann gegen die Bescheinigung innerhalb von 30 Tagen nach deren Zustellung Einspruch erheben. Dadurch können in einem informellen Verfahren Fehler in der Erhebung korrigiert werden. Erfolgt kein Einspruch, gilt die Bescheinigung nach Ablauf von 30 Tagen als genehmigt. Das IQG legt in Artikel 4 Absätze 3 und 4 die Verfahrensvorschriften fest.

Abs. 4 Sobald die Bescheinigungen als genehmigt gelten, überweisen die schweizerischen Zahlstellen die erhobenen Einmalzahlungen monatlich an die ESTV. Diese leitet die Geldbeträge ebenfalls jeden Monat an die zuständige deutsche Behörde weiter.

Vorbehältlich einzelner späterer Einmalzahlungen werden die Überweisungen an Deutschland 13 Monate nach Inkrafttreten des Abkommens abgeschlossen sein.

Abs. 5 Die Erhebung der Einmalzahlung und deren Überweisung an die ESTV durch die schweizerischen Zahlstellen erfolgen in Euro. Damit wird sichergestellt, dass für die betroffenen Personen, die beiden Vertragsstaaten und die Zahlstellen keine Währungsrisiken entstehen. Die Umrechnung erfolgt zum Devisentageskurs an dem für die Berechnung massgebenden Stichtag. Muss zum Beispiel bei der Berechnung der Einmalzahlung das Anfangskapital am 31. Dezember 2002 umgerechnet werden, ist der an diesem Tag gültige Devisentageskurs heranzuziehen.

Abs. 6 Mit der vollständigen Gutschrift der Einmalzahlung auf dem bei der schweizerischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungskonto ­ und nicht erst mit der Überweisung der erhobenen Einmalzahlung an die zuständige deutsche Behörde ­ gelten die Steueransprüche Deutschlands bezogen auf das relevante Kapital als erloschen. Dies gilt in Bezug auf die Einkommen-, Umsatz-, Vermögen-,
Gewerbe-, Erbschaft- und Schenkungsteuer.

Der von der Erlöschenswirkung erfasste Betrag im Konto oder Depot entspricht dem relevanten Kapital Kr. Dieses wird wie folgt bestimmt: Bst. a Der Kapitalbestand am 31. Dezember 2012 (K10) ist kleiner als der Kapitalbestand am 31. Dezember 2010 (K8). Das relevante Kapital entspricht K8. Indem auf den höheren Kapitalbestand am 31. Dezember 2010 abgestellt wird, soll verhindert werden, dass eine betroffene Person durch Abzug von Vermögenswerten aus dem

4972

Konto oder Depot die Höhe der zu bezahlenden Einmalzahlung zu ihren Gunsten beeinflussen kann.

Bst. b Der Kapitalbestand am 31. Dezember 2012 (K10) beträgt zwischen 100 % und 120 % des Kapitalbestandes am 31. Dezember 2010 (K8). Das relevante Kapital entspricht K10. Eine betroffene Person kann maximal 20 % des Kapitalbestandes am 31. Dezember 2010 zwischen Stichtag 2 und Inkrafttreten des Abkommens auf das Konto oder Depot einzahlen. Diese Marge ist notwendig, um in den Jahren 2011 und 2012 erzielte Kapitaleinkünfte zu berücksichtigen und den betroffenen Personen relativ zum Kapitalbestand verhältnismässige Einlagen zu ermöglichen.

Bst. c Der Kapitalbestand am 31. Dezember 2012 (K10) beträgt mehr als 120 % des Kapitalbestandes am 31. Dezember 2010 (K8). Die betroffene Person hat zwei Optionen: a)

Sie unternimmt nichts; das relevante Kapital entspricht 120 % des Kapitalbestandes am 31. Dezember 2010.

b)

Sie stellt der schweizerischen Zahlstelle per Stichtag 3 die Unterlagen zur Verfügung, um Wertsteigerungen und Rückflüsse zu bestimmen. Das relevante Kapital entspricht dem Kapitalbestand am 31. Dezember 2010, zuzüglich der Summe der nachgewiesenen Wertsteigerungen und Rückflüsse. Diese Option ermöglicht es der betroffenen Person, einen höheren Betrag als 120 % des Kapitalbestandes am 31. Dezember 2010 zu regularisieren.

Als Wertsteigerungen gelten zwischen dem Stichtag 2 und dem Inkrafttreten des Abkommens erzielte Erträge nach Artikel 18 Absatz 1 sowie nicht realisierte Kursgewinne auf den am Stichtag 2 auf dem entsprechenden Konto oder Depot verbuchten Vermögenswerten.

Als Rückflüsse qualifizieren Zuflüsse von Vermögenswerten zwischen dem Stichtag 2 und dem Inkrafttreten des Abkommens, welche die zwischen dem Stichtag 1 und dem Stichtag 2 erfolgten Abflüsse kompensieren. Um von der Erlöschenswirkung erfasst zu werden, müssen Vermögenswerte Teil des relevanten Kapitals Kr sein. Vermögenswerte, welche vorher abgezogen wurden, können somit nicht regularisiert werden. Das Abkommen räumt betroffenen Personen die Möglichkeit ein, Vermögenswerte im Umfang der erfolgten Abflüsse auf das Konto oder Depot einzubringen und sie so der Regularisierung zuzuführen. Es muss sich bei den Rückflüssen nicht um die Vermögenswerte handeln, die abgezogen wurden.

Besteht das relevante Kapital zum Teil aus Vermögenswerten, welche nach der Unterzeichnung (21. Sept. 2011) aus Deutschland abgeflossen und direkt oder indirekt in die Schweiz gebracht wurden, so wird dieser Teil des relevanten Kapitals nicht regularisiert. Der auf diesen Teil anfallende Betrag der Einmalzahlung gilt als Vorauszahlung für die deutsche Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2013. Zweck dieser Regelung ist die Vermeidung von Steuerarbitrage.

4973

Abs. 7 Für die Berechnung der Einmalzahlung werden die Kapitalbestände bis frühestens zum Stichtag 1 berücksichtigt. Mit der Bezahlung der Einmalzahlung erlöschen jedoch auch vor diesem Stichtag entstandene Steueransprüche, die bis zum Zeitpunkt der Regularisierung noch nicht verjährt sind.

Abs. 8 Die Erlöschenswirkung erstreckt sich auf alle Gesamtschuldner. Gesamtschuldner nach deutschem Recht sind Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind (Solidarschuldner).

Abs. 9 Bst. a Die Erlöschenswirkung tritt nicht ein, wenn die Vermögenswerte der betroffenen Person aus einem Verbrechen im Sinne des deutschen Strafrechts stammen. Gemäss Paragraph 12 Absatz 1 des deutschen Strafgesetzbuches werden Verbrechen definiert als rechtswidrige Taten, die im Mindestmass mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder mehr bedroht sind. Betroffene Personen, die an solchen Vermögenswerten nutzungsberechtigt sind, sollen nicht in den Genuss der steuerlichen Regularisierung und der nach Artikel 8 damit verbundenen Straffreiheit in Bezug auf die Steuerdelikte kommen. Die geleistete Einmalzahlung wird als freiwillige Zahlung auf die geschuldeten Steuern der betroffenen Person behandelt.

Bst. b Die Erlöschenswirkung tritt ebenfalls nicht ein, wenn die nach deutschem Recht zuständige Behörde vor Unterzeichnung des Abkommens (21. Sept. 2011) zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für nicht versteuerte Vermögenswerte der betroffenen Person in der Schweiz hatte und die betroffene Person dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Der Begriff der «zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte» wird im deutschen Strafprozessrecht verwendet und beschreibt die Schwelle, ab der die deutschen Strafverfolgungsbehörden zur Strafverfolgung verpflichtet sind. Die geleistete Einmalzahlung wird als freiwillige Zahlung auf die geschuldeten Steuern der betroffenen Person behandelt.

Abs. 10 Die Europäische Union hat Anspruch auf einen Anteil der Mehrwertsteuereinnahmen der EU-Mitgliedstaaten. Absatz 10 stellt klar, dass sich die Erlöschenswirkung für Umsatzsteuerschulden im Rahmen der Vergangenheitsregularisierung nicht auf den Anspruch der Europäischen Union auf ihren Anteil auswirkt.

Art. 8

Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten bei der Einmalzahlung

Abs. 1 Die Leistung der Einmalzahlung hat für die betroffene Person neben der steuerlichen auch eine strafrechtliche Regularisierung zur Folge. Soweit Steueransprüche durch die Leistung der Einmalzahlung erloschen sind, findet keine Verfolgung von Steuerstraftaten (z.B. Steuerhinterziehung) und Steuerordnungswidrigkeiten (Zuwider4974

handlungen, die nach den deutschen Steuergesetzen mit Geldbusse geahndet werden) nach deutschem Recht statt.

Abs. 2 Sollten neben der Steuerhinterziehung weitere Delikte begangen worden sein, die wegen der Strafbarkeit der Steuerhinterziehung nicht verfolgt werden können, so würde ohne die Regelung dieses Absatzes 2 die Strafbarkeit dieser ursprünglich verdrängten Delikte wieder aufleben. D.h. wenn jemand an einer Steuerhinterziehung als Täter oder Teilnehmer beteiligt ist, so wird er nicht wegen Geldwäsche nach Paragraph 261 des deutschen Strafgesetzbuches bestraft, wenn die Vortat zur Geldwäsche aus der Steuerhinterziehung besteht. Da die Strafbarkeit wegen der Beteiligung an der Steuerhinterziehung nach Artikel 8 Absatz 1 jedoch entfällt, würde ohne Artikel 8 Absatz 2 die Strafbarkeit wegen Geldwäsche wieder aufleben.

Art. 9

Freiwillige Meldung

Abs. 1 Anstelle der Eimalzahlung kann die betroffene Person die schweizerische Zahlstelle bis spätestens zum Stichtag 3 schriftlich ermächtigen, Angaben zu ihrer Kundenbeziehung via ESTV an die zuständige deutsche Behörde zu melden.

Abs. 2 und 3 Liegt die entsprechende Ermächtigung vor, so übermittelt die Zahlstelle Angaben zu Identität, Wohnsitz, Steueridentifikationsnummer und Kundennummer (Konto- oder Depotnummer, IBAN-Code) der betroffenen Person sowie Name und Adresse der Zahlstelle und den jährlichen Kontostand per Ende Jahr für die Periode zwischen dem Stichtag 1 und dem Inkrafttreten des Abkommens an die ESTV. Diese leitet die entsprechenden Daten anschliessend an die zuständige deutsche Behörde weiter. Die Übermittlung der Meldungen an die ESTV und die anschliessende Weiterleitung erfolgen in monatlichen Lieferungen. Sieben Monate nach dem Stichtag 3 sollen die Übermittlungen der Meldungen an die zuständige deutsche Behörde grundsätzlich abgeschlossen sein. Allfällige spätere Meldungen sind von den Zahlstellen unverzüglich an die ESTV zu übermitteln und anschliessend von dieser ebenfalls unverzüglich an die zuständige deutsche Behörde weiterzuleiten.

Neben den Meldungen aufgrund einer Ermächtigung der betroffenen Person sind auch jene, die ohne eine Ermächtigung gestützt auf Artikel 6 Absatz 5 und Artikel 11 Absatz 3 erfolgen, entsprechend der erwähnten Fristen an die zuständige deutsche Behörde zu übermitteln.

Abs. 4 Die betroffene Person erhält von der schweizerischen Zahlstelle eine Bescheinigung über die an die zuständige deutsche Behörde übermittelten Informationen.

Abs. 5 Kann die zuständige deutsche Behörde die betroffene Person aufgrund der übermittelten Informationen nicht eindeutig identifizieren, so kann sie die ESTV um weitere Informationen ersuchen. Die ESTV wird diese ergänzenden Informationen (z.B. den Beruf einer betroffenen Person) bei der schweizerischen Zahlstelle einholen. Die

4975

entsprechende Auskunftspflicht der Zahlstelle ist in Artikel 10 Buchstabe b IQG vorgesehen.

Art. 10

Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten bei freiwilliger Meldung

Abs. 1 Führt die Prüfung der Angaben einer freiwilligen Meldung in Deutschland ein steuerstrafrechtlich relevantes Verhalten der betroffenen Person zu Tage, so gilt die Meldung ab dem Zeitpunkt der schriftlichen Ermächtigung nach Artikel 9 Absatz 1 als Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige bezogen auf die gemeldeten Konten oder Depots. Die Einbettung dieser «Teilselbstanzeige» in das System der deutschen Selbstanzeige bestimmt sich nach dem einschlägigen deutschen Recht.

Abs. 2 Die Strafbefreiung nach Absatz 1 tritt nicht ein, wenn die im Rahmen einer freiwilligen Meldung offengelegten Vermögenswerte aus einem Verbrechen im Sinne des deutschen Strafrechts stammen (vgl. die Ausführungen zu Art. 7 Abs. 9 Bst. a).

Die Rechtsfolgen nach Absatz 1 treten ebenfalls nicht ein, wenn die nach deutschem Recht zuständige Behörde vor Unterzeichnung des Abkommens (21. Sept. 2011) zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für nicht versteuerte Vermögenswerte der betroffenen Person in der Schweiz hatte und die betroffene Person dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste (vgl. die Ausführungen zu Art. 7 Abs. 9 Bst. b).

Art. 11

Fehlende flüssige Mittel für die Erhebung der Einmalzahlung

Abs. 1 Eine betroffene Person, die sich für die Bezahlung der Einmalzahlung entscheidet, ist gemäss Artikel 5 Absatz 2 verpflichtet, den entsprechenden Geldbetrag sicherzustellen. Kommt sie dieser Verpflichtung bis zum Stichtag 3 nicht nach, so gewährt ihr die schweizerische Zahlstelle unter Hinweis auf die Konsequenzen von Absatz 3 eine Fristverlängerung von maximal acht Wochen zur Beibringung der notwendigen flüssigen Mittel vor. Bei einer betroffenen Person, die sich bis zum Stichtag 3 für keine der Möglichkeiten zur Vergangenheitsregularisierung entschieden hat und bei der daher automatisch die Einmalzahlung erhoben wird (Art. 5 Abs. 3), verfährt die Zahlstelle auf dieselbe Weise.

Abs. 2 Nach Ablauf der gewährten Frist erhebt die schweizerische Zahlstelle die Einmalzahlung, sofern zu diesem Zeitpunkt die dafür nötigen flüssigen Mittel vorhanden sind. Die Erlöschenswirkung nach Artikel 7 Absatz 6 tritt mit der vollständigen Gutschrift der Einmalzahlung auf dem bei der schweizerischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungskonto ein.

Abs. 3 Kann die Einmalzahlung auch nach Ablauf der Frist nicht vollständig erhoben werden, nimmt die schweizerische Zahlstelle eine Meldung nach Artikel 9 vor. Eine schriftliche Ermächtigung der betroffenen Person ist in diesem Fall nicht notwendig.

4976

Das Abkommen sieht keine Pflicht der schweizerischen Zahlstelle zur Veräusserung von Vermögenswerten der betroffenen Person zwecks Beschaffung von flüssigen Mitteln vor. Ob eine solche Veräusserung ohne Anweisung der Kundin oder des Kunden zulässig ist, bestimmt sich aufgrund des privatrechtlichen Verhältnisses zwischen Kundin oder Kunde und Zahlstelle.

Art. 12

Versäumte Identifizierung einer betroffenen Person

Wird eine betroffene Person erst nach dem Stichtag 3 als betroffene Person identifiziert (z.B. weil ein Wohnsitzwechsel nach Deutschland vor dem Stichtag 2 der Zahlstelle nicht gemeldet wurde und die Person deshalb in den Unterlagen der Bank nicht als in Deutschland ansässig aufgeführt wurde), soll sie mit dem Einverständnis der ESTV und der zuständigen deutschen Behörde dennoch die Vergangenheitsregularisierung durchführen können. Das Abkommen regelt nicht, wann sich die zuständigen Behörden mit einer nachträglichen Regularisierung einverstanden erklären müssen. Die Verfügbarkeit der für die Vergangenheitsregularisierung notwendigen Informationen wird voraussichtlich eine massgebliche Rolle in ihrer Entscheidfindung spielen.

Wählt die betroffene Person die Option der Einmalzahlung, erhebt die Zahlstelle zusätzlich zur Einmalzahlung einen Verzugszins für die Periode zwischen dem Stichtag 3 und der Erhebung. Der Verzugszins beträgt 0,5 % für jeden vollen Monat.

Die innerschweizerischen Verfahrensvorschriften in diesem Zusammenhang sind in Artikel 9 IQG festgelegt.

Art. 13

Unvollständige oder zu Unrecht erfolgte Erhebung der Einmalzahlung

Abs. 1 und 2 Die schweizerische Zahlstelle kann einer betroffenen Person, bei der die Einmalzahlung aufgrund eines Berechnungs- oder Abwicklungsfehlers nicht in vollständiger Höhe erhoben worden ist, den fehlenden Betrag zuzüglich eines Verzugszinses nachbelasten. Die Höhe des Verzugszinses bestimmt sich nach Artikel 12 Absatz 2 (0,5 % für jeden vollen Monat). Kann die Zahlstelle den fehlenden Betrag zuzüglich Verzugszins nicht mehr der betroffenen Person nachbelasten, zum Beispiel weil diese nicht mehr ihre Kundin ist, so ist die Zahlstelle zur Leistung des fehlenden Betrages zuzüglich Verzugszins verpflichtet. Zahlstelle und ESTV sind zur unverzüglichen Weiterleitung der nachgeleisteten Einmalzahlungen einschliesslich erhobener Verzugszinsen an die ESTV respektive an die zuständige deutsche Behörde verpflichtet.

Hat die betroffene Person ohne grobes Verschulden den Berechnungs- oder Abwicklungsfehler nicht erkannt, so ist sie in ihrem guten Glauben zu schützen, und die Erlöschenswirkung nach Artikel 7 Absatz 6 tritt trotz unvollständiger Erhebung der Einmalzahlung ein. Sobald der fehlende Betrag zuzüglich Verzugszins geleistet wird, tritt die Erlöschenswirkung auf jeden Fall ein.

Abs. 3 Ist die Einmalzahlung zu Unrecht erhoben worden, so hat die betroffene Person gegenüber der zuständigen deutschen Behörde einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung. Eine Einmalzahlung ist beispielsweise zu Unrecht erhoben worden, 4977

wenn die betroffene Person fälschlicherweise in den Unterlagen der Bank als in Deutschland ansässig aufgeführt ist oder wenn eine betroffene Person die freiwillige Meldung gewählt hat und dies gegenüber der Zahlstelle auch so kommuniziert hat.

Art. 14

Wirkung der Bescheinigung

Die von einer schweizerischen Zahlstelle nach diesem Abkommen ausgestellten Bescheinigungen gelten gegenüber den deutschen Steuerbehörden als Nachweis für eine geleistete Einmalzahlung oder erfolgte Meldung. Bei allfälligen Zweifeln an der Echtheit einer solchen Bescheinigung kann die zuständige deutsche Behörde die ESTV um Prüfung der Echtheit ersuchen. Solche Prüfungen erfolgen unter Mitwirkung der Zahlstellen. Diese Mitwirkungspflicht ist in Artikel 10 Buchstabe a IQG vorgesehen.

Art. 15

Vorauszahlung durch schweizerische Zahlstellen

Abs. 1 und 2 Die schweizerischen Zahlstellen sind verpflichtet, bis zum Ende des ersten Monats nach Inkrafttreten des Abkommens eine Vorauszahlung in der Höhe von zwei Milliarden Schweizer Franken via ESTV an die zuständige deutsche Behörde zu leisten.

Diese Vorauszahlung wird mit Einmalzahlungen aus der Vergangenheitsregularisierung verrechnet, bis die schweizerischen Zahlstellen die geleistete Vorauszahlung zurückerhalten haben. Zweck dieser Vorauszahlung ist es, den Partnerstaaten ein Mindestaufkommen aus der Vergangenheitsregularisierung zu sichern. Die Abwicklung und Verrechnung der Vorauszahlung zwischen den Zahlstellen und der ESTV erfolgt über eine von den Zahlstellen zu gründende Abwicklungsgesellschaft. Die Verpflichtungen der Zahlstellen im Zusammenhang mit der Vorauszahlung, insbesondere die Aufteilung der Vorauszahlung und eines (eher unwahrscheinlichen) Ausfalls auf die einzelnen Zahlstellen, sind in den Artikeln 26­28 IQG geregelt.

Abs. 3 und 4 Die erste Milliarde der Vorauszahlung wird mit der ersten Milliarde der Einmalzahlungen verrechnet. Die zweite Milliarde der Vorauszahlung wird zurückerstattet, indem die weiteren Einmalzahlungen jeweils zu zwei Dritteln an Deutschland überwiesen werden und ein Drittel zwecks Rückzahlung an die Zahlstellen in der Schweiz verbleibt. Sobald das System der Vergangenheitsregularisierung vier Milliarden Schweizer Franken generiert hat, ist die Vorauszahlung vollständig an die schweizerischen Zahlstellen zurückbezahlt. Die weiteren Einmalzahlungen werden von der ESTV im vollen Umfang an die zuständige deutsche Behörde weitergeleitet.

Art. 16

Zielstaaten abgezogener Vermögenswerte

Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) teilt innerhalb von 12 Monaten nach dem Stichtag 3 der zuständigen deutschen Behörde die zehn Staaten und Territorien mit, in welche die betroffenen Personen, die ihr Konto oder Depot in der Schweiz zwischen der Unterzeichnung (21. Sept. 2011) und dem Inkrafttreten des Abkommens aufgelöst haben, am meisten Vermögenswerte transferiert haben, ergänzt durch die jeweilige Anzahl betroffener Personen. Die Angaben werden in aggregierter Form übermittelt, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen oder Zahlstellen möglich sind. Die zuständige deutsche Behörde behält 4978

sich vor, gestützt auf die erhaltenen Hinweise, Schritte gegenüber diesen Zielstaaten einzuleiten, um weitere Informationen über diese Steuerpflichtigen zu erhalten. Die übermittelten Angaben dürfen weder von der Schweiz noch von Deutschland veröffentlicht werden. Die sich aus dieser Regelung für die schweizerischen Zahlstellen ergebenden Verpflichtungen werden in den Artikeln 29 und 30 IQG konkretisiert.

Art. 17

Verzicht auf die Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, Haftung

Abs. 1 Beteiligte ­ namentlich Banken und ihre Mitarbeitenden ­ an einem Steuerdelikt, das vor Unterzeichnung des Abkommens (21. Sept. 2011) begangen wurde, werden grundsätzlich nicht verfolgt. Ausgenommen sind Fälle, bei denen der zuständigen deutschen Strafverfolgungsbehörde im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Beteiligung an einem Steuerdelikt vorgelegen haben und die Beteiligten dies wussten oder bei verständiger Würdigung der Sachlage klar damit rechnen mussten (vgl. die Ausführungen zu Art. 7 Abs. 9 Bst. b). Die Strafbefreiung der Beteiligten tritt unabhängig davon ein, ob die in ein Steuerdelikt involvierten Vermögenswerte durch die Bezahlung einer Einmalzahlung nach Artikel 7 oder durch eine freiwillige Meldung nach Artikel 9 regularisiert wurden.

Abs. 2 Bei einer Strafbefreiung nach Absatz 1 entfällt auch die Haftung der Beteiligten für die verkürzten Steuern.

Abs. 3 Quasi als Gegenleistung für die Strafbefreiung nach den Absätzen 1 und 2 enthält dieser Absatz eine Strafbefreiung für Beteiligte ­ namentlich Mitarbeitende einer deutschen Behörde ­ an Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von entwendeten steuererheblichen Bankkundendaten vor Unterzeichnung des Abkommens begangen wurden. Zusammen mit der Erklärung Deutschlands (vgl.

Ziff. 2.6.4) ist diese Strafbefreiung Teil der mit diesem Abkommen erzielten Lösung für das Problem des Erwerbs entwendeter steuererheblicher Bankkundendaten. Die Strafbefreiung nach diesem Absatz gilt jedoch nicht für Mitarbeitende von Banken in der Schweiz. Diese sollen in der Schweiz weiterhin für die Entwendung steuererheblicher Bankkundendaten verfolgt werden können.

2.3

Art. 18

Teil 3: Erhebung einer Quellensteuer durch schweizerische Zahlstellen Erhebung einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer mit abgeltender Wirkung durch schweizerische Zahlstellen

Abs. 1 Ab dem Inkrafttreten des Abkommens erheben die schweizerischen Zahlstellen auf laufenden Kapitalerträgen und -gewinnen aus beweglichem Kapitalvermögen, an 4979

denen betroffene Personen berechtigt sind, eine abgeltende Quellensteuer. Von dieser Steuer erfasst werden Zinserträge, soweit darauf nicht in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens ein Steuerrückbehalt erhoben worden oder eine freiwillige Offenlegung erfolgt ist (vgl. die Ausführungen zu Art. 1 Abs. 3), Dividendenerträge, sonstige Einkünfte und Veräusserungsgewinne. Ebenfalls erfasst sind Ersatzzahlungen, die anstelle dieser Erträge (Dividenden-, Zinszahlungen etc.)

bezahlt werden. Anhang II des Abkommens enthält eine Konkordanztabelle mit typischen Transaktionsvorgängen und der jeweiligen Zuordnung der daraus resultierenden Zahlungen auf die verschiedenen Ertragsarten (vgl. Ziff. 2.5).

Abs. 2, 3 und 6 Der Steuersatz der abgeltenden Quellensteuer beträgt analog der deutschen Abgeltungsteuer 25 % (Abs. 2) zuzüglich eines Solidaritätszuschlages von 5,5 % der abgeltenden Quellensteuer (Abs. 3), was einem Gesamtsteuersatz von 26,375 % entspricht. Deutsche Steuerpflichtige können die Zahlstelle anweisen, ihnen zusätzlich die Kirchensteuer in Abzug zu bringen. In diesem Fall beträgt der Steuersatz 24,45 % zuzüglich eines Solidaritätszuschlages in der Höhe von 5,5 % der abgeltenden Quellensteuer sowie einen Kirchensteuerbetrag in der Höhe von 9 % der abgeltenden Quellensteuer, was einem Gesamtsteuersatz von rund 28 % entspricht (Abs. 6). In Deutschland wird die Kirchensteuer von den deutschen Zahlstellen auf Antrag der Steuerpflichtigen als Zuschlag auf die Abgeltungsteuer erhoben. Zwecks Erhebung dieser Steuer haben die deutschen Zahlstellen Zugriff auf eine zentrale Datenbank, welche die konfessionsrelevanten Daten wie Kirchenmitgliedschaft und den anzuwendenden Kirchensteuersatz enthält. Da schweizerische Zahlstellen auf diese Datenbank keinen Zugriff haben, wird aus Praktikabilitätsgründen das System der Kirchensteuer mit einem einheitlichen Kirchensteuersatz nachgebildet.

Abs. 4 und 5 Durch die Bezahlung der abgeltenden Quellensteuer gelten die Steueransprüche bezüglich der vorgenannten Kapitaleinkünfte als abgegolten. Die betroffene Person muss diese Erträge in Deutschland nicht mehr in ihrer Einkommensteuererklärung aufführen. Dies gilt nicht für Kapitaleinkünfte aus betrieblichen Vermögenswerten.

Solche Einkünfte unterliegen in Deutschland nicht der Abgeltungsteuer (vgl. die Ausführungen zu Art. 32 Abs. 5 und 6 und zu Art. 42).

Art. 19

Steuersatzänderungen

Um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, muss die zuständige deutsche Behörde die Schweiz über Steuersatzänderungen in ihrem innerstaatlichen Recht informieren, welche die von der abgeltenden Quellensteuer erfassten Kapitalerträge und -gewinne sowie Vermögenswerte betreffen. Steuersatzänderungen nach Unterzeichnung des Abkommens (21. Sept. 2011) finden zeitgleich Anwendung auf die Besteuerung der entsprechenden Kapitalerträge und -gewinne sowie Vermögenswerte im Erbschaftsfall unter dem Abkommen, sofern die Schweiz sich nicht widersetzt. In diesem Fall kommt Deutschland ein ausserordentliches Kündigungsrecht zu (vgl. Art. 44 Abs. 4). Das Abkommen führt eine abgeltende Quellensteuer ein, die dem Steuerrecht Deutschlands weitgehend entsprechen muss, um abgeltend zu sein. Im Normalfall ist deshalb davon auszugehen, dass ein Nachvollzug der Steuersatzänderungen im Interesse beider Staaten liegt.

4980

Die ESTV informiert die Öffentlichkeit und die schweizerischen Zahlstellen über solche Steuersatzänderungen. Das IQG regelt zudem in Artikel 19 die verwaltungsinternen Zuständigkeiten.

Art. 20

Verhältnis zu anderen Steuern

Abs. 1 Die Erhebung der schweizerischen Verrechnungssteuer bleibt durch die Abkommen unberührt. Damit die abgeltende Quellensteuer auf den der Verrechnungssteuer unterliegenden Kapitaleinkünften korrekt erhoben werden kann, sieht das Abkommen vor, dass die Zahlstellen bei der ESTV direkt in eigenem Namen und auf Rechnung der betroffenen Personen die Rückerstattung der Verrechnungssteuer so weit verlangen können, als das Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz­Deutschland dies vorsieht. Die Rückerstattung der Verrechnungssteuer erfolgt somit ohne Information Deutschlands über das Rückerstattungsgesuch. Die nicht rückforderbare Residualsteuer wird an die abgeltende Quellensteuer angerechnet. Dieses Rückerstattungsverfahren wird in Artikel 25 IQG konkretisiert.

Abs. 2 und 3 Unterliegen die von der abgeltenden Quellensteuer erfassten Erträge und Gewinne in Deutschland einer Quellensteuer, so rechnen die schweizerischen Zahlstellen diese Quellensteuer an die nach diesem Abkommen erhobene abgeltende Quellensteuer an. Dasselbe gilt für Quellensteuern in einem Drittstaat, soweit das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem Drittstaat die Rückerstattung dieser Quellensteuer ausschliesst (sogenannte Residualsteuer).

Art. 21

Freiwillige Meldung

Eine betroffene Person kann die schweizerische Zahlstelle ermächtigen, anstelle der Erhebung der abgeltenden Quellensteuer eine Meldung der entsprechenden Kapitalerträge und -gewinne an die ESTV vorzunehmen. Liegt diese Ermächtigung vor, so übermittelt die Zahlstelle Angaben zu Identität, Wohnsitz, Steueridentifikationsnummer und Kundennummer (Konto- oder Depotnummer, IBAN-Code) der betroffenen Person sowie Namen und Adresse der Zahlstelle und die im entsprechenden Steuerjahr angefallenen positiven und negativen Erträge an die ESTV, welche diese Angaben an die zuständige deutsche Behörde weiterleitet. Weitere Modalitäten der Meldung sind in Artikel 16 IQG geregelt (vgl. auch Art. 28 Abs. 4).

Art. 22

Besteuerung im Veranlagungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland

Nach Erhebung der abgeltenden Quellensteuer durch die schweizerischen Zahlstellen muss die betroffene Person die entsprechenden Kapitaleinkünfte in ihrer Steuererklärung in Deutschland nicht mehr aufführen. Sie hat aber die Möglichkeit, im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zur Einkommensteuer in Deutschland insbesondere einen Verlustüberhang oder die Option zur Günstigerprüfung (Gegenüberstellung des individuellen Einkommensteuersatzes und des Satzes der abgeltenden Quellensteuer) geltend zu machen. Dafür muss sie die betreffenden Bescheinigungen einreichen. Die bereits von der schweizerischen Zahlstelle erhobene Steuer wird auf die im Steuerbescheid festgesetzte Einkommensteuer als Vorauszahlung ange4981

rechnet bzw. erstattet. Dies gilt auch für den erhobenen Solidaritätszuschlag. Eine allfällig erhobene Kirchensteuer erfährt dieselbe Behandlung, wie wenn sie in Deutschland auf Kapitalerträgen erhoben würde, was zur Folge hat, dass sie im Rahmen des Veranlagungsverfahrens als Sonderausgabe abzugsfähig ist.

Art. 23

Bemessungsgrundlage

Angesichts der abgeltenden Wirkung der Steuer bildet das Abkommen die innerstaatlichen Regelungen (deutsches Einkommensteuergesetz) von Deutschland im Wesentlichen nach. Als Basis für die Berechnung der abgeltenden Quellensteuer gelten grundsätzlich die Bruttoerträge und Veräusserungsgewinne, welche die Zahlstelle der betroffenen Person auf ihr Konto oder Depot überweist oder gutschreibt.

Als Veräusserungsgewinn gilt die Differenz zwischen dem Veräusserungserlös und den Anschaffungskosten des Vermögenswertes unter Berücksichtigung von Aufwendungen, welche unmittelbar im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräusserung anfallen. Verfügen die Zahlstellen nicht über die Anschaffungskosten, kommt eine Ersatzbemessungsgrundlage zur Anwendung. Diese sieht vor, dass 30 % des Veräusserungserlöses der abgeltenden Steuer unterliegen. Zudem stellt auch die Übertragung von Vermögenswerten an Drittpersonen eine Veräusserung dar.

Verluste aus der Veräusserung von Vermögenswerten können grundsätzlich mit Veräusserungsgewinnen, welche auf Konten oder Depots bei derselben Zahlstelle entstehen, verrechnet werden. Verluste aus Aktientransaktionen können nur mit Gewinnen aus Aktientransaktionen verrechnet werden. Die nicht ausgeglichenen Verluste können bei einem Zahlstellenwechsel geltend gemacht werden.

Art. 24

Definition der Zinserträge

Abs. 1 Die abgeltende Quellensteuer erfasst neben Zinsen aus schweizerischer Quelle auch Zinsen aus ausländischer Quelle, sofern die Erträge oder Gewinne nicht in den Anwendungsbereich des Zinsbesteuerungsabkommens fallen (vgl. die Ausführungen zu Art. 1 Abs. 3). Nicht als Zinsertrag im Sinne des Abkommens gelten Verzugszinsen wie auch Zinszahlungen zwischen natürlichen Personen, die nicht im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit handeln (Bst. a). Des Weiteren sind im Zeitpunkt eines Verkaufs, der Rückzahlung oder Einlösung von Forderungen jeglicher Art die aufgelaufenen oder kapitalisierten Zinsen von der abgeltenden Quellensteuer betroffen (Bst. b). Vereinnahmt die betroffene Person Zinsen aufgrund einer Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kollektiven Kapitalanlage, so hat die Zahlstelle auch auf diesen Zinsen die abgeltende Quellensteuer zu erheben (Bst. c und d).

Abs. 2 Kann bei einer Zahlung der Zinsanteil (z.B. bei Ausschüttungen einer kollektiven Kapitalanlage) nicht festgestellt werden, qualifiziert der Gesamtbetrag als Zinsertrag.

4982

Art. 25

Definition der Dividendenerträge

Sämtliche auf dem Konto oder Depot gutgeschriebenen Einkünfte aus Aktien, Genussscheinen, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteilen sowie sonstigen Gesellschaftsanteilen, welche steuerlich den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind (Bst. a), sowie Einkünfte aufgrund einer Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kollektiven Kapitalanlage (Bst. b und c) unterliegen der abgeltenden Quellensteuer.

Art. 26

Definition der sonstigen Einkünfte

Als sonstige Einkünfte gelten insbesondere gezahlte oder gutgeschriebene Ersatzzahlungen für Dividenden und Zinsen, Einkünfte aus Swapgeschäften sowie Einkünfte aus Securities Lending und vergleichbaren Transaktionen (Bst. a). Vereinnahmt die betroffene Person sonstige Einkünfte aufgrund einer Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kollektiven Kapitalanlage, so hat die Zahlstelle auch auf diesen Einkünften die abgeltende Quellensteuer zu erheben (Bst. b und c).

Art. 27

Definition der Veräusserungsgewinne

Als Veräusserungsgewinne gelten insbesondere die positiven Differenzen zwischen der Anschaffung und der Veräusserung von Vermögenswerten.

Art. 28

Administrative Bestimmungen

Abs. 1 und 2 Die schweizerischen Zahlstellen überweisen die abgeltende Quellensteuer, den Solidaritätszuschlag sowie die allfällig auf Wunsch der betroffenen Person erhobenen Kirchensteuern jedes Jahr bis spätestens Ende Februar des dem schweizerischen Steuerjahr folgenden Kalenderjahres an die ESTV. Diese leitet die Beträge in einer Zahlung unter Abzug einer Bezugsprovision in der Höhe von 0,1 % bis spätestens Ende März des dem schweizerischen Steuerjahr folgenden Kalenderjahres an die zuständige deutsche Behörde weiter. Das IQG präzisiert in den Artikeln 15 und 17 die Modalitäten der Überweisung der abgeltenden Quellensteuer.

Abs. 3 Die Erhebung, Ablieferung und Weiterleitung erfolgen in Euro. Die Überweisung in der deutschen Landeswährung stellt sicher, dass weder für die betroffenen Personen noch für die beiden Vertragsstaaten noch für die Zahlstellen Währungsrisiken bestehen. Die Umrechnung erfolgt zum Devisentageskurs an dem für die Berechnung massgebenden Stichtag. Erhebt die Zahlstelle zum Beispiel am 31. März 2014 die abgeltende Steuer auf einem realisierten Kapitalgewinn, ist der an diesem Tag gültige Devisentageskurs heranzuziehen.

Abs. 4 Die schweizerischen Zahlstellen übermitteln die freiwilligen Meldungen jeweils bis spätestens Ende März des dem schweizerischen Steuerjahr folgenden Kalenderjahres an die ESTV. Diese leitet die Meldungen automatisch einmal pro Jahr bis spätestens Ende Juni des dem schweizerischen Steuerjahr folgenden Kalenderjahres an die zuständige deutsche Behörde weiter. Das IQG enthält präzisierende Vorschriften in Artikel 16.

4983

Art. 29

Bescheinigung der schweizerischen Zahlstelle

Die jährlich sowie bei Auflösung der Kundenbeziehung von den Zahlstellen nach einem festgelegten Muster ausgestellten Bescheinigungen haben Aufschluss über die durch die betroffene Person vereinnahmten Erträge und Veräusserungsgewinne sowie die erzielten Verluste zu geben. Diese Bescheinigungen werden von Deutschland als Nachweis für steuerliche Zwecke anerkannt.

Art. 30

Übertragung von Vermögenswerten

Werden Vermögenswerte einer betroffenen Person zwischen schweizerischen Zahlstellen oder zwischen einer schweizerischen und einer deutschen Zahlstelle übertragen, so hat die übertragende Zahlstelle der übernehmenden Zahlstelle die im Zusammenhang mit den Vermögenswerten relevanten Daten mitzuteilen. Diese Pflicht zum Datenaustausch stellt sicher, dass insbesondere Informationen über die Anschaffungskosten von Vermögenswerten im Fall einer späteren Veräusserung sowie über die Höhe allfällig nicht ausgeglichener Verluste zur Verfügung stehen.

Art. 31

Erbschaftsfälle

Abs. 1 Erhält eine schweizerische Zahlstelle Kenntnis vom Tod einer betroffenen Person, so sperrt sie die Vermögenswerte, an denen diese nutzungsberechtigt war. Um vom Tod ihrer Kundinnen und Kunden Kenntnis zu erhalten, wenden die schweizerischen Zahlstellen die geltenden Sorgfaltspflichten an, die sich aus dem Geldwäschereigesetz und der VSB ergeben. Dieser Artikel begründet keine neuen weitergehenden Sorgfaltspflichten. Analog zur Quellenbesteuerung von Kapitaleinkünften haben die Erbinnen und Erben die Wahl zwischen einer freiwilligen Meldung und der Entrichtung einer Steuer auf den Vermögenswerten im Zeitpunkt des Todes der betroffenen Person zum Marginalsteuersatz der deutschen Erbschaftsteuer (50 %). Abflüsse bis zu einer Betragsuntergrenze von 50 % dieser Vermögenswerte sind jedoch möglich, da die Sperrung der Vermögenswerte einzig der Sicherung der Steuer dient.

Abs. 2 Die Wahl ist innerhalb einer Frist von einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Todes zu treffen, andernfalls erhebt die Zahlstelle die Steuer. Erhält eine schweizerische Zahlstelle vom Tod einer betroffenen Person über ein Jahr nach deren Ableben Kenntnis, so erhebt sie die Steuer zu diesem Zeitpunkt. Die Erhebung, die Ablieferung und die Weiterleitung der Steuer erfolgen in Euro (vgl. die Ausführungen zu Art. 28 Abs. 3).

Abs. 3 Die Erbinnen und Erben können die schweizerische Zahlstelle ermächtigen, eine Meldung an die ESTV vorzunehmen. Diese Meldung enthält Angaben zur verstorbenen betroffenen Person, soweit bekannt zu den Erbinnen und Erben, zur Zahlstelle sowie zum Kontostand im Zeitpunkt des Todes der betroffenen Person. Weitere Modalitäten der Meldung sind in Artikel 16 IQG geregelt.

4984

Abs. 4 Für die Erhebung der Steuer, die entweder auf explizite Ermächtigung hin oder automatisch erfolgt, sind der schweizerischen Zahlstelle die erforderlichen flüssigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Mangelt es an solchen Mitteln, so räumt die schweizerische Zahlstelle den Erbinnen und Erben eine Fristverlängerung von längstens acht Wochen ein, um die notwendigen Mittel bereitzustellen. Verstreicht diese Frist unbenützt, so nimmt sie eine Meldung nach Absatz 3 vor. Für diese ist keine schriftliche Ermächtigung durch die Erbinnen und Erben erforderlich.

Abs. 5 Die schweizerische Zahlstelle erstellt zuhanden der Erbinnen und Erben eine Bescheinigung über die erhobene Steuer bzw. über die vorgenommene Meldung.

Abs. 6 und 7 Die schweizerischen Zahlstellen überweisen die nach Absatz 2 erhobene Steuer innert Monatsfrist an die ESTV, bei gleichzeitiger Angabe des Bundeslandes, in dem die verstorbene betroffene Person ihren Wohnsitz hatte. Die zuständige deutsche Behörde benötigt die Angabe des Bundeslandes, um den Steuertrag an dieses weiterzuleiten. In Deutschland steht die Erbschaftsteuer vollumfänglich den Bundesländern zu. Die ESTV überweist die Steuer unter Abzug einer Bezugsprovision in der Höhe von 0,1 % umgehend der zuständigen deutschen Behörde und teilt ihr das entsprechende Bundesland mit. Die Meldungen nach Absatz 3 werden innerhalb derselben Fristen übermittelt.

Abs. 8 Unter Vorlage der Bescheinigung der schweizerischen Zahlstelle können die Erbinnen und Erben im Veranlagungsverfahren in Deutschland die Anrechnung der erhobenen Steuer an die in Deutschland geschuldete Erbschaftsteuer sowie die Erstattung eines Überschusses verlangen.

Abs. 9 Mit der vollständigen Gutschrift der Steuer auf dem bei der schweizerischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungskonto ­ und nicht erst mit der Überweisung an die zuständige deutsche Behörde ­ gelten die Erbschaftsteueransprüche Deutschlands bezogen auf die entsprechenden Vermögenswerte als erloschen.

Art. 32

Sicherung des Abkommenszwecks

Durch die in diesem Artikel vorgesehene Möglichkeit des Informationsaustausches und des dadurch geschaffenen Entdeckungsrisikos sollen betroffene Personen davon abgehalten werden, unversteuerte Vermögenswerte in der Schweiz anzulegen und diese unter missbräuchlicher Inanspruchnahme des Systems der abgeltenden Quellensteuer steuerlich zu regularisieren.

Die ESTV erteilt den deutschen Steuerbehörden auf Ersuchen lediglich Auskünfte über die Existenz von Konto- oder Depotverbindungen einer in Deutschland steuerpflichtigen Person bei einer Bank in der Schweiz. In diesem Punkt unterscheidet sich diese Auskunftserteilung deutlich von der Amtshilfe gemäss den Doppelbesteuerungsabkommen. Zudem ist die Anzahl jährlicher Ersuchen nach diesem Artikel beschränkt. Im Weiteren werden den deutschen Steuerbehörden keine Auskünfte über regularisierte Konten oder Depots erteilt, die seit dem Stichtag 2 keinen Neu4985

geldzufluss aufweisen (erzielte Kapitalerträge und -gewinne gelten nicht als Neugeld), es sei denn die deutschen Steuerbehörden gehen im Ersuchen von betrieblichen Vermögenswerten aus (vgl. Art. 42). In den Artikeln 31­35 IQG wird das Verfahren für die Behandlung von Ersuchen nach diesem Artikel geregelt.

Dieser Sicherungsmechanismus tangiert die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen nicht. Die Zulässigkeit von Ersuchen nach dem Doppelbesteuerungsabkommen wird gestützt auf die im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland festgelegten Grundsätze bestimmt.

Abs. 1 und 2 Damit die vom Ersuchen betroffene Person eindeutig identifiziert werden kann, müssen die deutschen Steuerbehörden im Ersuchen Name, Adresse, Geburtsdatum, ausgeübte Tätigkeit und allenfalls weitere Angaben zur Identifikation der betroffenen Person übermitteln. Mit der Angabe der ausgeübten Tätigkeit soll verhindert werden, dass systematisch Ersuchen zu Steuerpflichtigen gestellt werden, die einer spezifischen Berufsgruppe angehören. Die Ersuchen müssen jedoch nicht den Namen der Bank enthalten.

Abs. 3 Eine weitere Voraussetzung zur Informationserteilung ist das Vorliegen eines plausiblen Anlasses, um die gegenüber den deutschen Steuerbehörden gemachten Angaben über das Vorhandensein von Kundenbeziehungen bei ausländischen Zahlstellen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Ob ein plausibler Anlass vorliegt, liegt im Ermessen der deutschen Steuerbehörden, die dabei ihre innerstaatlichen Rechtsgrundsätze, namentlich das Willkürverbot, anwenden. Sogenannte «Ersuchen ins Blaue hinein» («Fischzüge»/«fishing expeditions») sind explizit ausgeschlossen.

Abs. 4 Vor der Übermittlung des Auskunftsersuchens an die ESTV informiert die deutsche Steuerbehörde die betroffene Person über ihre Absicht. Der betroffenen Person steht in Deutschland der Rechtsweg zur Überprüfung des beabsichtigten Auskunftsersuchens offen. Sie kann insbesondere den Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäss den einschlägigen deutschen Gesetzesbestimmungen verlangen. Im Rahmen dieses Verfahrens kann sie insbesondere das Vorliegen eines plausiblen Anlasses oder die Behauptung der deutschen Steuerbehörden, das Ersuchen betreffe voraussichtlich betriebliche Vermögenswerte, überprüfen lassen.

Abs. 5 und 6 Neben den Angaben zur
Identifikation der betroffenen Person und der Zusicherung, dass die Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen erfüllt sind, geben die deutschen Steuerbehörden im Ersuchen den Veranlagungszeitraum nach Inkrafttreten des Abkommens (vgl. Abs. 11) an, für den sie die Angaben über die Existenz einer Kundenbeziehung einer betroffenen Person bei einer schweizerischen Zahlstelle benötigen. Im Weiteren müssen die deutschen Steuerbehörden im Ersuchen angeben, ob sie von privaten oder betrieblichen Vermögenswerten ausgehen. Bei betrieblichen Vermögenswerten kommt Artikel 42 nicht zur Anwendung. Dies liegt darin begründet, dass die auf Erträgen aus betrieblichen Vermögenswerten einer natürlichen Person (z.B. Einzelunternehmer) entstandenen Einkommensteueransprüche mit der nach Artikel 18 erhobenen Steuer nicht abgegolten werden. Diese erhobene 4986

Steuer gilt vielmehr als Vorauszahlung. Die effektive Steuerbelastung liegt oftmals höher. Dementsprechend hat die nach Artikel 18 erhobene Quellensteuer auf diese Erträge auch keine Abgeltungswirkung. Selbst bei Erfüllen der in Artikel 42 aufgeführten Voraussetzungen kann in einem solchen Fall nicht garantiert werden, dass auf dem Konto oder Depot nur regularisierte bzw. korrekt versteuerte Vermögenswerte verbucht sind, weshalb das Bestehen eines Kontos oder Depots auf Anfrage gemeldet wird.

Basierend auf den Angaben im Ersuchen klärt die ESTV bei den Banken in der Schweiz ab, ob die betroffene Person in dem im Ersuchen angegebenen Zeitraum ein Konto oder Depot unterhalten hat. Abweichend von der Praxis bei den Doppelbesteuerungsabkommen ist die Abklärung bei sämtlichen in der Schweiz tätigen Banken vorgesehen (vgl. Art. 32 IQG und die Ausführungen dazu betreffend den Kreis der auskunftspflichtigen Institute). Dieser Zusatzaufwand ist aus Sicht der Schweiz gerechtfertigt vor dem Hintergrund der im Rahmen dieses Abkommens vereinbarten erweiterten Zusammenarbeit im Steuerbereich und dem einleitend erwähnten potenziellen Anreiz des Systems der abgeltenden Quellensteuer, unversteuerte Vermögenswerte in die Schweiz zu bringen, um sie mit Ablauf der Verjährungsfrist steuerlich zu regularisieren.

Die Banken sind zur Auskunftserteilung verpflichtet (vgl. Art. 32 IQG). Neben der Mitteilung über das Vorhandensein eines Kontos oder Depots müssen die Banken gegenüber der ESTV belegen, ob das Konto oder Depot die Voraussetzungen nach Artikel 42 erfüllt. Ergibt die Prüfung, dass die betroffene Person im massgebenden Zeitraum ein Konto oder Depot unterhält, und sind nicht sämtliche Voraussetzungen von Artikel 42 erfüllt, so teilt die ESTV der zuständigen deutschen Behörde den Namen der Bank und die Anzahl Konten oder Depots mit. Existiert zwar ein Konto oder Depot, sind jedoch sämtliche Voraussetzungen von Artikel 42 erfüllt, so teilt die ESTV der zuständigen deutschen Behörde mit, dass kein auskunftspflichtiges Konto oder Depot vorliegt. Dieselbe Mitteilung erfolgt, wenn die betroffene Person im massgebenden Zeitraum kein Konto oder Depot bei einer Bank in der Schweiz unterhält. Wollen die deutschen Steuerbehörden weitergehende Informationen als eine Auskunft über das Bestehen einer Konto- oder Depotverbindung
zu einer bestimmten Bank erhalten, so müssen sie ein Amtshilfeersuchen nach Doppelbesteuerungsabkommen stellen oder den Rechtshilfeweg beschreiten.

Abs. 7 Die betroffene Person wird von der ESTV über eine beabsichtigte Auskunftserteilung an die zuständige deutsche Behörde informiert. Ist die betroffene Person mit der beabsichtigten Auskunftserteilung nicht einverstanden, so erlässt die ESTV eine Schlussverfügung, die mit einer Beschwerde angefochten werden kann (vgl. Art. 33 IQG). Die Angabe der deutschen Steuerbehörden im Ersuchen betreffend privaten und betrieblichen Vermögenswerten ist der gerichtlichen Überprüfung in der Schweiz entzogen, nicht jedoch jener in Deutschland (vgl. die Ausführungen zu Abs. 4).

Abs. 8­10 Die Anzahl Ersuchen ist beschränkt. Der gemeinsame Ausschuss legt nach Inkrafttreten des Abkommens die innerhalb der ersten Zwei-Jahres-Periode insgesamt zulässige Anzahl Ersuchen in einer Bandbreite von 900­1300 Ersuchen fest. Für das dritte und vierte Jahr wird die maximale Anzahl Ersuchen aufgrund der gemachten 4987

Erfahrungen, d.h. unter Berücksichtigung der tatsächlich gestellten Ersuchen und der Resultate der einzelnen Ersuchen, um maximal 20 % des für die ersten beiden Jahre festgelegten Wertes erhöht oder reduziert. Nach Ablauf des vierten Jahres wird die maximale Anzahl Ersuchen alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls mittels des in Absatz 10 festgelegten Mechanismus für die folgende Zwei-Jahres-Periode nach oben oder unten angepasst. Hat die zuständige deutsche Behörde in der massgebenden Zwei-Jahres-Periode die maximale Anzahl Ersuchen zu mindestens 20 % ausgeschöpft, so wird die maximale Anzahl Ersuchen um 15 % erhöht, wenn mehr als zwei Drittel der gestellten Ersuchen zur Identifizierung von Kundenbeziehungen führen, die trotz expliziter Nachfrage seitens der deutschen Steuerbehörden von der betroffenen Person nicht deklariert wurden. Führen unter derselben Voraussetzung weniger als ein Drittel der gestellten Ersuchen zur Identifizierung solcher Kundenbeziehungen, so wird die maximale Anzahl Ersuchen um 15 % reduziert. Ersuchen, bei denen gestützt auf Artikel 42 keine Information über die Existenz einer Kundenbeziehung an die zuständige deutsche Behörde erfolgt, werden zwar für die Gesamtzählung der Ersuchen und die Berechnung der 20 %-Schwelle mitberücksichtigt, nicht aber bei der Zählung für die Ein-Drittel bzw. Zwei-Drittel-Schwelle.

Abs. 11 Für Veranlagungszeiträume vor Inkrafttreten des Abkommens erteilt die ESTV der zuständigen deutschen Behörde keine Auskünfte nach diesem Artikel.

Art. 33

Missbrauchsbestimmung

In Anwendung von Artikel 33 sollen schweizerische Zahlstellen, welche künstliche Strukturen selber verwalten oder deren Verwendung unterstützen, von denen sie wissen, dass einziger oder hauptsächlicher Zweck die Umgehung der Besteuerung von Vermögenswerten nach den Bestimmungen dieses Abkommens ist, zur Zahlung eines Betrages in der Höhe der umgangenen abgeltenden Quellensteuer verpflichtet werden. Von dieser Bestimmung nicht erfasst ist die Verschiebung von Vermögenswerten in einen anderen Staat oder ein anderes Territorium. Vermögenswerte, die in einen anderen Staat oder ein anderes Territorium verschoben werden, unterliegen der Rechtsordnung dieses Staates oder Territoriums, weshalb eine Verletzung dieses Abkommens nicht möglich ist. Ebenfalls nicht erfasst sind Strukturen, welche aus anderen Gründen gewählt werden als die Umgehung der Steuer, zum Beispiel aus ökonomischen, anlagestrategischen oder rechtlichen Gründen.

Verletzt die schweizerische Zahlstelle diese Bestimmung, so wird sie zur Zahlung eines Betrages in der Höhe der umgangenen abgeltenden Quellensteuer verpflichtet.

Ziel ist es, dass die zuständige deutsche Behörde die ihr aufgrund dieses Abkommens zustehenden Steuern erhält. Aus diesem Grund sind im konkreten Einzelfall eindeutige und direkte Beweise erforderlich, da die schweizerische Zahlstelle nur zur Zahlung von bestimmten umgangenen Steuern verpflichtet werden soll. Da aber nicht die Zahlstelle, sondern die betroffene Person steuerpflichtig ist, kann die schweizerische Zahlstelle gegen die betroffene Person Rückgriff nehmen. Hat Deutschland die Steuer sowohl von der schweizerischen Zahlstelle als auch von der betroffenen Person erhalten, so ist sie zur Rückerstattung des überschüssigen Betrages an die schweizerische Zahlstelle verpflichtet.

Die Schweiz und Deutschland haben vereinbart, die Durchführung dieses Artikels zu konkretisieren und das Ergebnis ihrer Konsultationen in einer gemeinsamen Verwaltungsanweisung festzuhalten (vgl. Ziff. 2.6.3).

4988

2.4 Art. 34

Teil 4: Schlussbestimmungen Reziproke Massnahmen der Bundesrepublik Deutschland

Artikel 34 sieht eine durch die Schweiz abrufbare und in einer Vereinbarung zwischen den Vertragsstaaten zu konkretisierende Reziprozitätsverpflichtung zwecks Sicherung der effektiven Besteuerung von Vermögenswerten vor, die von in der Schweiz ansässigen Personen in Deutschland gehalten werden. Macht die Schweiz von ihrem Recht Gebrauch, so führt Deutschland gegenüber der Schweiz die gleichen Massnahmen ein, wie Deutschland sie gegenüber anderen Staaten oder Territorien anwendet (mit Bezug auf Zinserträge beispielsweise den Informationsaustausch nach der Zinsbesteuerungsrichtlinie).

Anlässlich der Übernahme des OECD-Standards bei der Amtshilfe in Steuersachen am 13. März 2009 wurde entschieden, dass die Zugriffsmöglichkeiten der schweizerischen Steuerbehörden auf Bankdaten im innerstaatlichen Recht mit diesem Entscheid nicht geändert werden. Angesichts der veränderten Ausgangslage verlangen gewisse Kreise eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der diesbezüglichen aktuellen Regelung. Die mit Deutschland vereinbarte Lösung eines Optionsrechts hat den Vorteil, dass sie diesem Anliegen Rechnung trägt, ohne der Diskussion vorzugreifen.

Art. 35

Verwendung von Informationen

Abs. 1 Die im Rahmen des Abkommens erhaltenen Informationen darf ein Vertragsstaat nur für Verwaltungs-, Gerichts- und Strafverfahren in Steuersachen verwenden, es sei denn, die betroffene Person stimmt einer anderen Verwendung zu.

Abs. 2 Dieser Absatz sieht die Möglichkeit der Verwendung von im Rahmen des Abkommens erhaltenen Informationen für andere, nicht steuerliche Zwecke vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Informationen in einem anderen Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen Person die diesbezüglichen separaten Verfahrensrechte in der Schweiz zu entziehen. Damit kann vermieden werden, dass gleiche Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals beschafft und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des Staates, der die Informationen übermittelt hat, ist jedoch in allen Fällen notwendig.

Abs. 3 Die Verwendungsbeschränkungen nach den Absätzen 1 und 2 gelten nicht, wenn die betroffene Person die schweizerische Zahlstelle zu einer Meldung nach Artikel 9 oder Artikel 21 ermächtigt hat. Sie gelten ebenfalls nicht, wenn die Erbinnen und Erben die schweizerische Zahlstelle zu einer Meldung nach Artikel 31 Absatz 3 ermächtigt haben. Ist die Meldung zwar in Anwendung des Abkommens, aber ohne Ermächtigung der betroffenen Person erfolgt (vgl. Art. 6 Abs. 5, Art. 11 Abs. 3 und Art. 31 Abs. 4), sind die Verwendungsbeschränkungen nach den Absätzen 1 und 2 dagegen anwendbar.

4989

Art. 36

Durchführung dieses Abkommens

Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, die notwendigen Umsetzungsmassnahmen zu treffen. In der Schweiz wird das Abkommen insbesondere durch das IQG, eine Verordnung des Bundesrats sowie eine Wegleitung der ESTV umgesetzt werden.

Art. 37

Kontrolle

Zur Überprüfung der sich für die schweizerischen Zahlstellen aus dem Abkommen ergebenden Pflichten führt die ESTV Kontrollen durch. Die Kontrollen im Zusammenhang mit der Regularisierung der Vergangenheit sollen innerhalb der ersten drei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens durchgeführt werden. Regelmässige Kontrollen der schweizerischen Zahlstellen im Zusammenhang mit der abgeltenden Quellensteuer sollen insbesondere die korrekte Erhebung und Abrechnung sicherstellen. Prüfberichte können gegenüber Deutschland in einer zusammengefassten Form, welche keine Rückschlüsse auf einzelne schweizerische Zahlstellen ermöglichen, bekannt gemacht werden (vgl. Art. 36­39 IQG).

Art. 38

Konsultationen

Abs. 1 Allfällige Auslegungs- oder Anwendungsprobleme sollen im Rahmen von Konsultationen zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten gelöst werden.

Gelingt dies nicht, so wird die Angelegenheit dem gemeinsamen Ausschuss vorgelegt (vgl. Art. 39).

Abs. 2 Neben der Mitteilung von Steuersatzänderungen nach Artikel 19 Absatz 1 informiert die zuständige deutsche Behörde das EFD auch über andere Änderungen des innerstaatlichen Rechts im Zusammenhang mit der Besteuerung von Erträgen oder Vermögenswerten, die nach dem Abkommen unter die abgeltende Quellensteuer fallen.

Beispielsweise müsste Deutschland die Schweiz über eine Änderung der deutschen Bemessungsgrundlage informieren, damit beurteilt werden könnte, ob eine Anpassung des Abkommens notwendig wäre.

Abs. 3 Die zuständigen Behörden informieren sich gegenseitig über innerstaatliche und internationale Entwicklungen, die einen Einfluss auf das ordnungsgemässe Funktionieren des Abkommens haben könnten. Als Beispiel erwähnt dieser Absatz den Abschluss oder die Revision von Abkommen mit Drittstaaten, die einen Einfluss haben auf das in Artikel 20 beschriebene Vorgehen im Zusammenhang mit anderen Quellensteuern, die auf den von der abgeltenden Quellensteuer erfassten Erträgen erhoben werden.

Art. 39

Gemeinsamer Ausschuss

Ein paritätisch mit Vertreterinnen und Vertretern beider Vertragsstaaten zusammengesetzter Ausschuss ist neben den ihm in anderen Bestimmungen des Abkommens (vgl. Art. 32 Abs. 9 und 10, Art. 38 Abs. 1 und Art. 44 Abs. 3) übertragenen Aufgaben zuständig für:

4990

­

die Festlegung der im Abkommen vorgesehenen Bescheinigungen;

­

die Überprüfung des ordnungsgemässen Funktionierens des Abkommens;

­

die Analyse von relevanten Entwicklungen (vgl. auch Art. 38 Abs. 3);

­

der Abgabe von Empfehlungen an die Vertragsstaaten zur Änderung oder Revision des Abkommens; sowie

­

die Anpassung der Konkordanztabelle in Anhang II.

Art. 40

Ausserordentliche Umstände

Für den Fall, dass ausserordentliche Umwälzungen auf den Finanzmärkten die Durchführung des Abkommens gefährden, sieht Artikel 40 vor, dass die Vertragsstaaten in Konsultation treten und gemeinsam geeignete Massnahmen treffen. Diese Bestimmung würde beispielsweise zur Anwendung kommen, wenn die bei den Zahlstellen verbuchten Vermögenswerte durch einen Börsencrash derart reduziert werden, dass sie zur Bezahlung der Einmalzahlungen nicht ausreichen.

Art. 41

Anhänge

Die Formel zur Berechnung der Einmalzahlung (Anhang I) (vgl. Art. 7 Abs. 2) sowie die Konkordanztabelle (Anhang II, vgl. Ziff. 2.5) sind integrale Bestandteile des Abkommens.

Art. 42

Übergangsbestimmung zu Artikel 32

Der Zweck des in Artikel 32 vorgesehenen Informationsaustauschs ist die Schaffung eines Entdeckungsrisikos, um zu verhindern, dass betroffene Personen in Zukunft unversteuerte Vermögenswerte in der Schweiz anlegen, bzw. um den deutschen Steuerbehörden die Möglichkeit zu geben, ein solches Verhalten aufzudecken. Bei Konten und Depots, welche die folgenden Voraussetzungen erfüllen, wäre die mit dem Informationsaustausch verbundene Preisgabe der Anonymität nicht gerechtfertigt und würde über den erwähnten Zweck hinausgehen: ­

die Nutzungsberechtigung ist seit Stichtag 2 unverändert geblieben;

­

die Vermögenswerte auf dem Konto oder Depot wurden unter diesem Abkommen regularisiert;

­

auf den Erträgen wird die abgeltende Quellensteuer erhoben;

­

auf den Erträgen, die in den Anwendungsbereich des Zinsbesteuerungsabkommens fallen, wird der Steuerrückbehalt erhoben (vgl. Ziff. 2.6.2);

­

seit dem Stichtag 2 ist kein Neugeld zugeflossen.

Sind die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt und ist somit sichergestellt, dass auf diesem Konto oder Depot keine unversteuerten Vermögenswerte verbucht sein können, so teilt die ESTV der zuständigen deutschen Behörde mit, dass kein auskunftspflichtiges Konto oder Depot besteht. Diese Ausnahmeregelung gilt jedoch nicht, wenn die zuständige deutsche Behörde in ihrem Ersuchen von betrieblichen Vermögenswerten ausgeht (vgl. die Ausführungen zu Art. 32 Abs. 5 und 6).

4991

Art. 43

Inkrafttreten

Die Schweiz und Deutschland notifizieren einander den Abschluss ihrer gemäss innerstaatlichem Recht auf das Abkommen anwendbaren Genehmigungsverfahren.

In der Schweiz setzt dies die Zustimmung der Bundesversammlung und, falls das Referendum ergriffen werden sollte, des Stimmvolkes voraus. Das Abkommen tritt in Kraft am 1. Januar des dem Eingang der späteren dieser Notifikationen folgenden Kalenderjahres. Das Änderungsprotokoll tritt gleichzeitig mit dem Abkommen in Kraft.

Art. 44

Kündigung und Aufhebung

Das Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und ist zum Ende des Kalenderjahres unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren kündbar. Wenn ein Vertragsstaat die Wirkungen des Abkommens in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, kann der andere Vertragsstaat das Abkommen unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten kündigen. Ein Grund für eine solche ausserordentliche Kündigung wäre die Nichtübernahme einer Steuersatzänderung (vgl. Art. 19) durch die Schweiz.

2.5

Konkordanztabelle

Die Konkordanztabelle veranschaulicht in summarischer Form, durch welche Ereignisse auf einem Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle Erträge und Veräusserungsgewinne erzielt werden, und welcher Ertragsart sie gemäss dem Abkommen zuzuordnen sind. Dabei wird auch ausgeführt, ob und mit welcher Bemessungsgrundlage sie dem Zinsbesteuerungsabkommen unterliegen. Um sicherzustellen, dass die mit der abgeltenden Quellensteuer belasteten Erträge ebenso in Deutschland für Zwecke der deutschen Einkommensteuer respektive der deutschen Abgeltungsteuer behandelt werden, erfolgt eine Zuordnung der aus den verschiedenen Ereignissen erzielten Erträge zur entsprechenden Ertragsart unter dem deutschen Einkommensteuergesetz einschliesslich Verweisen auf die gesetzlichen Bestimmungen, wie sie im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens (21. Sept. 2011) gültig sind. Die Konkordanztabelle ist integraler Bestandteil des Abkommens (vgl.

Art. 41). Sie kann durch den gemeinsamen Ausschuss angepasst werden (vgl.

Art. 39 Abs. 3 Bst. d).

2.6

Schlussakte

2.6.1

Gemeinsame Erklärung zur Äquivalenz

In der Präambel und in Artikel 1 Absatz 1 wird explizit festgehalten, dass die im Abkommen vereinbarte bilaterale Zusammenarbeit in ihrer Wirkung dem automatischen Informationsaustausch im Bereich der Kapitaleinkünfte dauerhaft gleichkommt. Zusätzlich bestätigen die Vertragsstaaten in einer gemeinsamen Erklärung diese Äquivalenz und halten fest, dass sie die vereinbarten Massnahmen nach Treu und Glauben durchführen und die Regelung weder durch einseitiges Handeln verletzen noch sich im Verhältnis mit Drittparteien (z.B. innerhalb der EU) gegen diese Regelung wenden werden.

4992

2.6.2

Gemeinsame Erklärung betreffend Sicherung des Abkommenszwecks

Artikel 42 führt in Verbindung mit Artikel 32 auf, unter welchen Bedingungen die ESTV der zuständigen deutschen Behörde mitteilt, dass kein auskunftspflichtiges Konto oder Depot besteht. Eine dieser Bedingungen ist die Erhebung der abgeltenden Quellensteuer auf den Erträgen. In der gemeinsamen Erklärung bestätigen die Schweiz und Deutschland, dass mit der Ausklammerung der Zinszahlungen, auf denen in Anwendung des ZBstA ein Steuerrückbehalt erhoben wird, die Anwendbarkeit der beiden genannten Bestimmungen keine Einschränkung erfährt.

2.6.3

Gemeinsame Erklärung zur Missbrauchsbestimmung

Die Schweiz und Deutschland halten fest, dass sie die Missbrauchsbestimmung (Art. 33) im Rahmen der im Abkommen vorgesehenen Verfahren gemeinsam konkretisieren werden.

2.6.4

Erklärung betreffend den Erwerb entwendeter Daten

Der Erwerb von entwendeten steuererheblichen Daten von Kundinnen und Kunden schweizerischer Zahlstellen hat das Verhältnis der Schweiz zu Deutschland belastet.

Anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens (21. Sept. 2011) hat Deutschland erklärt, inskünftig auf aktiven Erwerb solcher Daten zu verzichten, da infolge der vereinbarten Zusammenarbeit im Steuerbereich dazu kein Anlass mehr besteht.

2.7

Vereinbarte Niederschrift

2.7.1

Memorandum zu verfahrensrechtlichen Aspekten grenzüberschreitender Tätigkeiten im Finanzbereich

Das Bankgeschäft in Deutschland ist im Wesentlichen im deutschen Kreditwesengesetz (KWG) geregelt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erlässt ausführende Regelungen in Merkblättern (Verfügungen). Im September 2003 unterstellte die BaFin anhand eines Merkblatts grenzüberschreitend betriebene Bankgeschäfte und grenzüberschreitend erbrachte Finanzdienstleistungen aus Drittstaaten der Erlaubnispflicht (Bewilligungspflicht nach Paragraph 32 Abs. 1 Satz 1 KWG). Diese Regelung wurde von der BaFin mit dem Anlegerschutz und der Wettbewerbsgleichheit für einheimische und ausländische Finanzintermediäre begründet. Um die Bewilligung für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung zu erlangen, muss eine Tochtergesellschaft oder eine Zweigstelle in Deutschland gegründet werden. Bestimmte Geschäftsbereiche ausländischer Institute können gemäss Paragraph 2 Absatz 4 KWG jedoch von dieser Bewilligungspflicht ausgenommen, also freigestellt (befreit) werden. Diese Freistellungsmöglichkeit besteht gemäss dem heutigen deutschen Recht unter anderem für das Privatkundengeschäft.

4993

Das aktiv grenzüberschreitend getätigte Privatkundengeschäft wird jedoch nur dann von der Bewilligung befreit, wenn die Anbahnung (Vermittlung) von Kundenbeziehungen über ein inländisches Kreditinstitut oder ein Institut aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zustande kommt, sofern der Erlaubnisumfang dem eines inländischen Kreditinstituts entspricht und die Tätigkeiten des EWR-Instituts vom sog. Europäischen Pass gedeckt sind. In der Praxis erweist sich diese Auflage als ausgesprochen marktfeindlich und als erhebliche Marktzugangsbarriere, da Schweizer Banken ohne Niederlassung in Deutschland gezwungen sind, Geschäfte über eine Bank in Deutschland, also über direkte Konkurrenten, anzubahnen.

Deutschland und die Schweiz vereinbaren im Memorandum zu verfahrensrechtlichen Aspekten grenzüberschreitender Tätigkeiten im Finanzbereich folgende Erleichterungen: ­

Vereinfachung des Freistellungsverfahrens: Reduktion der Frist für die Behandlung von Freistellungsgesuchen, Verpflichtung der BaFin zur Erstellung spezifischer Informationsblätter zum Freistellungsverfahren und Schaffung der Möglichkeit, bei Uneinigkeiten einen gemeinsamen Ausschuss für eine empfehlende Stellungnahme anzurufen.

­

Möglichkeit des Ersatzes des Anbahnungserfordernisses durch gleichwertige Verfahren, welche die Kundenidentifikation ermöglichen und die Einhaltung der Anleger- und Verbraucherschutzvorschriften sicherstellen.

­

Die Konformität von deutschen und schweizerischen Effektenfonds mit der UCITS-Richtlinie (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities) wird anerkannt. Damit wird der Vertrieb der deutschen Kapitalanlagen in der Schweiz und der schweizerischen in Deutschland zugelassen.

Mit der Aufhebung der Anbahnungspflicht über einen deutschen Konkurrenten wurde das gemäss dem heutigen deutschen Recht grösste Marktzugangshindernis beseitigt. Um die Erfordernisse, welche an das Anbahnungsinstitut gestellt werden, weiterhin sicherzustellen, wird die Identität der Kundin oder des Kunden im Rahmen der Fernidentifizierung durch die Einschaltung einer zuverlässigen Drittperson festgestellt. Zudem verpflichten sich Schweizer Banken, die in Deutschland bei der grenzüberschreitenden Geschäftsanbahnung zu beachtenden Anleger- und Verbraucherschutzvorschriften einzuhalten und deren Einhaltung von den Aufsichtsbehörden überprüfen zu lassen. Zusätzlich wurde vereinbart, dass die BaFin die FINMA um Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen in der Schweiz ersuchen kann, soweit dies zur Überprüfung der Einhaltung der in Deutschland bei der grenzüberschreitenden Geschäftsanbahnung zu beachtenden Anleger- und Verbraucherschutzvorschriften nötig ist. Diese Bestimmung derogiert Artikel 43 FINMAG, welcher Vor-OrtKontrollen ausländischer Behörden nur zur Herkunftskontrolle für die konsolidierte Aufsicht vorsieht. Anwendbar bleiben dagegen die Artikel 38a BEHG und 23septies BankG, welche den Zugang zu Kundendaten der FINMA vorbehalten. Das IQG sieht eine Ergänzung des FINMAG vor, welche die Normenhierarchie sicherstellt (vgl. Ziff. 4.2).

Das Memorandum enthält ausreichend detaillierte und daher direkt anwendbare Bestimmungen. Soweit aber erforderlich, wird die weitere Konkretisierung des Memorandums in einer Ausführungsvereinbarung zwischen den Aufsichtsbehörden geregelt, welche gleichzeitig mit dem Abkommen in Kraft treten soll. Dazu gehören insbesondere die Modalitäten der Begleitung durch die BaFin bei Vor-OrtPrüfungen der FINMA sowie die an die Aufsichtsbehörden delegierte Anerkennung 4994

bezüglich der Konformität von deutschen und schweizerischen Effektenfonds mit der UCITS-Richtlinie, zu der sich Deutschland und die Schweiz im Memorandum verpflichtet haben.

2.7.2

Memorandum zu verfahrensrechtlichen Aspekten im Hinblick auf die Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens Schweiz­EU

Der Anwendungsbereich des Quellensteuerabkommens erfasst Kapitalerträge und -gewinne mit Ausnahme jener, von denen in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens ein Steuerrückbehalt erhoben worden ist oder eine freiwillige Offenlegung erfolgt (vgl. Art. 18 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 3). Da ein deutscher Steuerpflichtiger, auf dessen Zinszahlungen der Steuerrückbehalt von 35 % erhoben wird, mehr zahlt als die in Deutschland effektiv geschuldete Steuer von 26,375 %, anerkennt Deutschland, dass dieser Steuerpflichtige seine Steuerpflicht erfüllt hat. Der Steuerrückbehalt hat somit abgeltende Wirkung. Um die Differenz zwischen dem Steuerrückbehalt von 35 % und der in Deutschland effektiv geschuldeten Steuer von 26,375 % zurückzuerhalten, muss der deutsche Steuerpflichtige bei der nach deutschem Recht zuständigen Behörde seine Zinserträge offenlegen. Diese rechnet ihm anschliessend den zu viel bezahlten Betrag an seine Steuern an. Deutschland wird in Abstimmung mit der Europäischen Kommission und zusammen mit der Schweiz prüfen, ob das derzeit geltende Anrechnungssystem durch ein einfacheres System zur Rückerstattung ersetzt werden kann. Zwei Jahre nach Unterzeichnung des Änderungsprotokolls-D werden sich die Schweiz und Deutschland konsultieren, um die Ergebnisse dieser Prüfung zu bewerten und gegebenenfalls Massnahmen zu ergreifen.

3

Erläuterungen zum Abkommen mit dem Vereinigten Königreich

Die nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich auf das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich in seiner durch das Änderungsprotokoll-UK angepassten Fassung.

Das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich ist nach dem gleichen Muster aufgebaut wie das Abkommen mit Deutschland. Abweichende Regelungen in den beiden Abkommen ergeben sich mehrheitlich aus Unterschieden in den Steuerordnungen des Vereinigten Königreichs und Deutschlands. Unter Vorbehalt anderweitiger Angaben wird auf die Ausführungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens mit Deutschland verwiesen.

Das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich enthält zudem Vorschriften, welche auf «non-UK domiciled individuals» anwendbar sind und die Besonderheiten von deren Status berücksichtigen. Die sogenannten «non-UK domiciled individuals» sind Personen, die sich zwar dauerhaft im Vereinigten Königreich aufhalten, dort jedoch nicht ihren Wohnsitz haben. Bei diesen Personen beschränkt sich die Besteuerung auf Erträge aus britischer Quelle und in Bezug auf Vermögenswerte im Ausland auf in das Vereinigte Königreich überwiesene Erträge, sobald die «Remittance Basis»-Besteuerung in Anspruch genommen wird. Wer diese beansprucht und in den neun Jahren vor dem massgebenden Steuerjahr mindestens 7 Jahre im Vereinigten 4995

Königreich ansässig war, hat seit dem Steuerjahr 2007­2008 jährlich eine «Remittance Basis Charge» von 30 000 Pfund Sterling zu entrichten. Seit dem 6. April 2012 sind Anpassungen betreffend Betrag und Modalitäten dieser Steuer im Kraft getreten. Unter anderem wurde eingeführt, dass wer in den 14 Jahren vor dem massgebenden Steuerjahr mindestens 12 Jahre im Vereinigten Königreich ansässig war, eine «Remittance Basis Charge» von 50 000 Pfund Sterling zu entrichten hat. Die Steuerpflichtigen können jedes Jahr bis zum letzten Tag der Eingabefrist für die Steuererklärung (der 31. Januar des Jahres nach dem Ende des massgebenden Steuerjahres) neu entscheiden, ob sie die «Remittance Basis»-Besteuerung beantragen wollen. In Erbschaftsfällen gilt für die Steuerpflichtigen mit diesem Status eine Ausnahmeregelung, sofern sie in den letzten 20 Jahren weniger als 17 Jahre im Vereinigten Königreich wohnhaft waren. Waren sie länger dort ansässig, so gelten sie als zu Erbschaftssteuerzwecken im Vereinigten Königreich wohnhaft ­ «deemed domiciled for inheritance purposes». Erfüllen sie die Voraussetzungen des Sonderstatus, so sind lediglich ihre Vermögenswerte im Vereinigten Königreich erbsteuerpflichtig, nicht aber ihr gesamtes weltweites Vermögen.

Das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich enthält in Anbetracht der beidseits anerkannten wirtschaftlichen Bedeutung dieser Kategorie von Steuerpflichtigen besondere Regelungen, um diesem Status Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass dieser keine Verschlechterung erfährt.

3.1

Teil 1: Allgemeines

Art. 1

Inhalt und Zweck

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 1 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten. Einziger Unterschied ist, dass der auf Zinszahlungen erhobene Steuerrückbehalt nach ZBstA nur zusammen mit der Abgeltungszahlung Abgeltungswirkung hat (vgl. Ziff. 3.5).

Art. 2

Begriffsbestimmungen

Abs. 1 Für die folgenden Definitionen wird auf die Ausführungen zu Artikel 2 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten: a)

schweizerische Zahlstelle

b)

Vermögenswerte

c)

Konto und Depot

d)

Kontoinhaber und Depotinhaber

e)

Stichtage

Bst. a und b Das Abkommen definiert die Vertragsstaaten: das Vereinigte Königreich und die Schweiz. Nicht anwendbar ist das Abkommen in den britischen Überseegebieten (z.B. Bermuda, Falklandinseln, Gibraltar, Kaimaninseln) und Kronbesitztümern (Isle

4996

of Man, Jersey und Guernsey), da das Vereinigte Königreich in diesen Gebieten keine Steuerhoheit besitzt.

Bst. d Als zuständige Behörde definiert das Abkommen für das Vereinigte Königreich die Commissioners for Her Majesty's Revenue and Customs (HMRC) und für die Schweiz das EFD. Die Kompetenzaufteilung innerhalb des EFD wird im IQG festgelegt (vgl. Ziffer 4.2).

Für die Definition der betroffenen Person kann grundsätzlich auf die Ausführungen zu Artikel 2 des Abkommens mit Deutschland verwiesen werden. Hervorzuheben ist jedoch, dass im Rahmen des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich die nutzungsberechtigte Person eines Lebensversicherungsmantels nicht als betroffene Person gilt, wenn die Versicherungsgesellschaft gegenüber der schweizerischen Zahlstelle bestätigt, dass sie HMRC die entsprechende Bescheinigung vorlegen wird. Das britische Recht sieht Meldepflichten an HMRC für Versicherungsgesellschaften im Zusammenhang mit Lebensversicherungsmänteln vor. Sind diese Meldepflichten erfüllt, erübrigt sich eine Besteuerung im Rahmen des Abkommens. Im Vereinigten Königreich gilt im Erbrecht das Prinzip der Universalsukzession nicht, weshalb das Abkommen keinen entsprechenden Vermerk enthält. Die Frage, wie im Rahmen der Vergangenheitsregularisierung und der Einmalzahlung mit Erbschaftsfällen umzugehen ist, wird in Artikel 9 Absatz 7 (vgl. die Ausführungen zu Art. 9 des Abkommens unter Ziff. 3.2) geregelt. Die Regelung entspricht materiell derjenigen im Abkommen mit Deutschland.

Für die Zwecke des Abkommens müssen Personen, welche die auf «non-UK domiciled individuals» anwendbaren Regeln in Anspruch nehmen wollen, bescheinigen, dass sie: a)

für die Vergangenheitsregularisierung die «Remittance Basis»-Besteuerung für das am 5. April 2011 oder das am 5. April 2012 endende Steuerjahr; und

b)

für die Erhebung der abgeltenden Quellensteuer die «Remittance Basis»Besteuerung für das entsprechende Steuerjahr

in Anspruch genommen haben. Diese Regelung widerspiegelt das britische Recht, wonach eine steuerpflichtige Person jedes Jahr neu entscheidet, ob sie die «Remittance Basis»-Besteuerung in Anspruch nehmen will oder nicht.

Bst. k Der Begriff der im Vereinigten Königreich steuerpflichtigen Person umfasst natürliche Personen, die im Vereinigten Königreich steuerpflichtig sind oder sein können.

Bst. l Der Begriff Steuerjahr bezieht sich im Abkommen auf das Steuerjahr im Vereinigten Königreich, das jeweils vom 6. April eines Jahres bis zum 5. April des darauffolgenden Jahres dauert.

Bst. n Der Begriff der Untersuchung umfasst das folgende: a)

strafrechtliche Untersuchungen durch HMRC;

b)

verwaltungsrechtliche Ermittlungen; 4997

c)

koordinierte, projektmässige Ermittlungen durch HMRC , die auf spezifischen Informationen Dritter beruhen, bezüglich einer Gruppe identifizierter steuerpflichtiger Personen.

Es handelt sich dabei um die nach britischem Recht möglichen Untersuchungen.

Diese Definition ist relativ weit gefasst, muss aber im Zusammenhang mit Artikel 9 Absatz 13 des Abkommens gelesen werden (vgl. die Ausführungen zu Art. 9 des Abkommens unter Ziff. 3.2).

Bst. o «United Kingdom disclosure facility» umfasst die von HMRC angebotenen Programme oder Kampagnen, die im Vereinigten Königreich steuerpflichtigen Personen ermöglichen oder ermöglicht haben, ihre steuerlichen Verhältnisse im Vereinigten Königreich zu regularisieren. Beispiele solcher Offenlegungsprogramme in den letzten Jahren sind die Offshore Disclosure Facility (ODF) (2007 abgeschlossen), die New Disclosure Opportunity (2010 abgeschlossen), der Tax Health Plan (2010 abgeschlossen), der Plumbers Tax Safe Plan (2011 abgeschlossen) und die Liechtenstein Disclosure Facility (LDF) (läuft bis 2015).

Bst. q «ermächtigte Person» bezeichnet alle persönlichen Vertreterinnen und Vertreter einer verstorbenen betroffenen Person, namentlich die Testamentsvollstreckerinnen oder -vollstrecker sowie die Erbinnen und Erben oder die Nutzniesserinnen und Nutzniesser der Vermögenswerte der verstorbenen betroffenen Person (wenn beispielsweise eine Trustvereinbarung zur Anwendung gelangt).

Abs. 2 Das Abkommen enthält Verweise auf britische und schweizerische Gesetze. Wie im Abkommen mit Deutschland handelt es sich bei diesen Verweisen um statische Verweise auf die im Zeitpunkt der Unterzeichnung (6. Okt. 2011) geltende Fassung.

Das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich sieht zusätzlich vor, dass die zuständigen Behörden vereinbaren können, eine andere oder revidierte Bestimmung anzuwenden, falls diese Bestimmung nur in geringfügiger Weise, die den allgemeinen Charakter nicht berührt, von der ursprünglichen Bestimmung abweicht. Mit diesem Zusatz wird sichergestellt, dass ein Verweis angepasst werden kann, sofern sich materiell nichts ändert.

Abs. 3 In Absatz 3 wird festgehalten, dass, sofern der Zusammenhang nichts anderes erfordert, Ausdrücke, die im Abkommen nicht definiert werden, vom anwendenden Vertragsstaat so auszulegen sind, wie sie in seinem Recht ausgelegt werden, wobei die Bedeutung nach dem Steuerrecht den Vorrang vor anderen Bedeutungen hat. Es handelt sich dabei um eine in Doppelbesteuerungsabkommen übliche Auslegungsklausel (vgl. Art. 3 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens).

Art. 3

Identität und Ansässigkeit der betroffenen Person

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 3 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

4998

Art. 4

Bescheinigungsverfahren für die Identifizierung von «non-UK domiciled individuals» im Rahmen dieses Abkommens

Damit «non-UK domiciled individuals» im Vereinigten Königreich die «Remittance Basis»-Besteuerung im Rahmen dieses Abkommens in Anspruch nehmen können, benötigt die schweizerische Zahlstelle zusätzlich zu den Vorschriften nach Artikel 3 eine Bescheinigung des Steuerstatus.

Für die Vergangenheitsregularisierung muss ein Rechtsanwalt, Buchhalter oder Steuerberater, der Mitglied des anerkannten Berufsverbands ist, bescheinigen, dass die betroffene Person für das am 5. April 2011 oder das am 5. April 2012 endende Steuerjahr ihren Wohnsitz nicht im Vereinigten Königreich hat und dass sie die «Remittance Basis»-Besteuerung beantragt hat. Die Bescheinigung muss bis am Stichtag 3 bei der schweizerischen Zahlstelle eingereicht werden.

Für die Erhebung der abgeltenden Quellensteuer auf den künftigen Erträgen und Gewinnen ist in Anbetracht der jedes Jahr wählbaren «Remittance Basis»Besteuerung und der den Steuerpflichtigen bei der Wahl dieser Option eingeräumten langen Fristen ein Bescheinigungsverfahren in zwei Etappen vorgesehen: ­

Bis zum 31. März, also vor Beginn des Steuerjahrs, reicht die betroffene Person bei der schweizerischen Zahlstelle eine Absichtserklärung ein, dass sie für das kommende Steuerjahr die «Remittance Basis»-Besteuerung beantragt.

­

Bis zum 31. März nach dem Ende des massgebenden Steuerjahrs reicht die betroffene Person bei der schweizerischen Zahlstelle eine Bescheinigung ein, die von einem Rechtsanwalt, Buchhalter oder Steuerberater eines anerkannten Berufsverbands ausgestellt ist und die ihren Status als «non-UK domiciled individual» bestätigt.

Wird eine betroffene Person im Bescheinigungsverfahren nicht als «non-UK domiciled individual» bestätigt, so wird die Steuer auf sämtlichen Kapitalerträgen und -gewinnen ab Beginn des massgebenden Steuerjahrs erhoben (vgl. die Ausführungen zu Art. 19 Abs. 2 und 3 unter Ziff. 3.3). Da die Steuer in diesem Fall nicht an der Quelle, sondern nachträglich erhoben wird, sind möglicherweise nicht genügend Mittel für deren Entrichtung verfügbar. Aus diesem Grund muss die Absichtserklärung Angaben enthalten, wie die schweizerische Zahlstelle in diesem Fall verfahren soll. Ob die betroffene Person: ­

beabsichtigt, fehlende Beträge innerhalb von acht Wochen ab dem 31. März des Jahres nach dem Ende des massgebenden Steuerjahrs zu zahlen, oder

­

ob sie die schweizerische Zahlstelle ermächtigt, die Angaben nach Artikel 22 Absatz 3 zu melden.

Wurde keine der beiden Optionen gewählt, gilt dies als Ermächtigung zur Meldung.

Um für eine betroffene Person für ein bestimmtes Steuerjahr eine Bescheinigung auszustellen, muss ein Rechtsanwalt, Buchhalter oder Steuerberater prüfen, dass: ­

die Steuerklärung die Angabe enthält, dass kein Wohnsitz im Vereinigten Königreich besteht, und

­

die Steuererklärung gegebenenfalls den Antrag auf die «Remittance Basis»Besteuerung enthält und die allenfalls geschuldete «Remittance Basis Charge» bezahlt wurde, und 4999

­

3.2 Art. 5

der Wohnsitzstatus der betroffenen Person nach den ihm vorliegenden Auskünften nicht bestritten wird.

Teil 2: Regularisierung der Vergangenheit Möglichkeiten der betroffenen Person

Abs. 1 Eine betroffene Person, die am Stichtag 2 und am Stichtag 3 ein Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle unterhält, hat die Möglichkeit, eine Einmalzahlung nach Artikel 9 Absatz 2 zu leisten oder die schweizerische Zahlstelle zu einer freiwilligen Meldung nach Artikel 10 zu ermächtigen. Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 5 Absatz 1 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass die betroffene Person am Stichtag 2 und am Stichtag 3 ein Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle unterhalten muss.

Abs. 2 Betroffene Personen, die «non-UK domiciled individuals» sind, haben zwei zusätzliche Möglichkeiten: ­

«Selbstdeklaration an die Zahlstelle»: Sie teilen der schweizerischen Zahlstelle alle zwischen dem Stichtag 1 und dem Tag der Paraphierung des Abkommens (24. Aug. 2011) nicht gemeldeten Erträge aus britischer Quelle und die ins Vereinigte Königreich überwiesenen ausländischen Erträge und Gewinne mit, die die «ausgelassene Steuerbemessungsgrundlage» bilden.

­

«Ausstieg»: Sie bestätigten der schweizerischen Zahlstelle, dass sie keine der Möglichkeiten Einmalzahlung, freiwillige Meldung und Selbstdeklaration wählen. Der Ausstieg betrifft nur die Vergangenheitsregularisierung.

Die Kapitalerträge und -gewinne dieser Personen unterliegen jedoch ab Inkrafttreten der in Teil 3 des Abkommens geregelten abgeltenden Quellensteuer sowie den weiteren dort festgelegten Massnahmen.

Abs. 3 Bei einer betroffenen Person, die bis zum Stichtag 3 ihrer schweizerischen Zahlstelle nicht mitgeteilt hat, welche der Möglichkeiten nach den Absätzen 1 und 2 sie gewählt hat, erhebt die schweizerische Zahlstelle automatisch die Einmalzahlung.

Reichen die vorhandenen Mittel zur Bezahlung der Eimalzahlung nicht aus, geht die Zahlstelle nach Artikel 13 vor.

Art. 6

Information der betroffenen Person durch die schweizerische Zahlstelle

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 4 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

5000

Art. 7

Rechte und Pflichten der betroffenen Person

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 5 Absätze 1, 2 und 4 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass die betroffene Person am Stichtag 2 und am Stichtag 3 ein Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle unterhalten muss. Wie im Abkommen mit Deutschland ist eine einmal abgegebene Mitteilung unwiderruflich. Dies ist wichtig im Zusammenhang mit den in Artikel 9 Absatz 13 geregelten Ausschlüssen der Regularisierung bei der Einmalzahlung. Wird eine Untersuchung in die Steuerangelegenheiten einer betroffenen Person eröffnet, nachdem die betroffene Person die Mitteilung nach Artikel 7 Absatz 1 abgegeben und die Option «Zahlen» gewählt hat, tritt für sie die Regularisierungswirkung trotz der Eröffnung der Untersuchung ein.

Art. 8

Aufnahme einer neuen Kundenbeziehung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 6 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass die betroffene Person am Stichtag 2 und am Stichtag 3 ein Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle unterhalten muss.

Art. 9

Einmalzahlung mit abgeltender Wirkung

Abs. 1 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 7 Absatz 1 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Abs. 2 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 7 Absatz 2 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten. Unter Vorbehalt der aufgrund der Meistbegünstigungsklausel zu vereinbarenden Anpassungen liegt die effektive Steuerbelastung zwischen 19 % und maximal 34 % des Kapitalbestands in Funktion der Dauer der Kundenbeziehung und der Differenz zwischen Anfangs- und Endbestand. Dies folgt daraus, dass das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich einen Mindeststeuersatz von 19 % des relevanten Kapitals vorsieht und auf eine höhere Besteuerung von betroffenen Personen verzichtet, die eine Steuerbelastung von 34 % oder mehr aufweisen.

Abs. 3 Wenn «non-UK domiciled individuals» die «Selbstdeklaration an die Zahlstelle» wählen, erhebt die schweizerische Zahlstelle eine Einmalzahlung in der Höhe von 34 % der gemeldeten Beträge, die die «ausgelassene Steuerbemessungsgrundlage» bilden.

Abs. 4 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 7 Absatz 3 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass im Abkommen mit dem Vereinigten Königreich der Inhalt der Bescheinigung nicht festgelegt ist.

Die Form der Bescheinigung wird von den zuständigen Behörden gemeinsam festgelegt (vgl. Art. 40 Abs. 4).

5001

Abs. 5 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 7 Absatz 4 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten. Zudem erfolgt die Weiterleitung der erhobenen Einmalzahlungen von der ESTV an HMRC nach Abzug einer Bezugsprovision von 0,1 % (vgl. Art. 35).

Abs. 6 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 7 Absatz 5 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass die relevante Währung das Pfund Sterling ist.

Abs. 7, 8, 10 und 11 Sobald die Einmalzahlung als genehmigt gilt, gelten die Steueransprüche des Vereinigten Königreichs bezogen auf das relevante Kapital (vgl. Abs. 12) als erloschen.

Dies betrifft Ansprüche aus Einkommens-, Kapitalgewinn-, Erbschafts- und Mehrwertsteuer sowie Zinsen, Bussen und Strafgebühren, die auf diesen Steuerschulden anfallen können. Schenkungen werden nach dem Recht des Vereinigten Königreiches von der Erbschaftssteuer erfasst. Von der Erlöschenswirkung ausgeschlossen sind dagegen Schulden in Bezug auf sämtliche oder einzelne dieser Steuern, die auf eine betroffene Person übertragen wurden. Die Erlöschenswirkung umfasst: a)

für die Einkommenssteuer: die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens endenden Steuerperioden;

b)

für die Kapitalgewinnsteuer: Erträge und Gewinne, die vor dem Inkrafttreten des Abkommens erzielt wurden, unabhängig davon, ob die Steuerperiode vor oder nach dem Inkrafttreten des Abkommens endet;

c)

für Erbschafts- und Mehrwertsteuer: die vor dem Inkrafttreten des Abkommens entstandenen Steuerschulden.

Die Erlöschenswirkung erstreckt sich zudem auf alle Gesamtschuldner. Ebenfalls erfasst sind die Einkommens-, Kapitalgewinn-, Erbschafts- und Mehrwertsteuern, die aus dem Nachlass einer verstorbenen Person herrühren. Für die Zwecke des Abkommens bedeutet dies, dass im Rahmen der Vergangenheitsregularisierung Erbe und Erblasser als eine Person behandelt werden. Bei der Berechnung der Einmalzahlung gilt die Aufnahme der Kundenbeziehung durch den Erblasser als Beginn der Kundenbeziehung und nicht der Zeitpunkt, zu dem die Kundenbeziehung auf den Erben übertragen wird (vgl. die Ausführungen zu Art. 2 Bst. h des Abkommens mit Deutschland und Art. 2 Abs. 1 Bst. h des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich).

Abs. 9 Die Erlöschenswirkung bei «non-UK domiciled individuals» unterscheidet sich je nach Methode, welche sie ausgewählt haben: a)

5002

Kapitalmethode: Im Rahmen der «Remittance Basis»-Besteuerung werden Beträge, die in das Vereinigte Königreich überwiesen werden (sogenannte «remittances»), besteuert. Die Besteuerung im Zeitpunkt der Überweisung in das Vereinigte Königreich liegt darin begründet, dass diese Beträge bislang im Vereinigten Königreich nicht besteuert wurden. Bei Anwendung der Kapitalmethode werden auch diese steuerbefreiten Beträge in das relevante Kapital einbezogen. Dementsprechend erstreckt sich die Erlöschenswirkung

in Anwendung von Absatz 7 auf das relevante Kapital. Spätere Überweisungen aus dem Betrag, der dem relevanten Kapital entspricht, sind steuerbefreit.

b)

Selbstdeklarationsmethode: Die Erlöschenswirkung ist auf Erträge, Gewinne und Beträge beschränkt, die in der Selbstdeklaration an die schweizerische Zahlstelle gemeldet wurden.

Abs. 12 Es wird auf die Ausführungen zum relevanten Kapital zu Artikel 7 Absatz 6 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Abs. 13 Die Erlöschenswirkung tritt nicht ein und die geleistete Einmalzahlung wird als Anzahlung an die geschuldeten Steuern der betroffenen Person behandelt, wenn eine der folgenden Situationen zutrifft: Bst. a Am Stichtag 3 läuft gegen die betroffene Person eine Untersuchung (vgl. die Ausführungen zu Art. 2 Abs. 1 zum Begriff der Untersuchung), welche vor der Wahl der Einmalzahlung nach Artikel 7 Absatz 1 eröffnet wurde. In den Genuss der steuerlichen Regularisierung sollen nur Personen kommen, die die Einmalzahlung gewählt haben, bevor sie von HMRC verdächtigt wurden.

Bst. b Die betroffene Person war Gegenstand einer vor dem Stichtag 3 abgeschlossenen Untersuchung. Im Fall einer strafrechtlichen Untersuchung führte diese zu einer Verurteilung wegen einer im Vereinigten Königreich mit mindestens zwei Jahren Haft bedrohten Straftat. Im Fall einer verwaltungsrechtlichen Untersuchung wurde diese nach dem Stichtag 1 abgeschlossen, und die betroffene Person unterliess es, Vermögenswerte zu deklarieren, die sie vor oder während der Untersuchung in der Schweiz hielt. Zudem führte die verwaltungsrechtliche Untersuchung: a)

zur Ausstellung eines Certificate of Full Disclosure; oder

b)

zur Ausstellung eines Statement of Assets and Liabilities; oder

c)

zu einer verwaltungsrechtlichen Strafe in Anwendung des Customs and Excise Management Act 1979;

oder die Untersuchung wurde durchgeführt, um zu ermitteln, ob die Steuerpflichten der betroffenen Person im Vereinigten Königreich in Bezug auf ihre Vermögenswerte oder Zinsen in der Schweiz richtig und auf dem neuesten Stand waren.

Mit anderen Worten werden mit dieser Regelung Personen von der Regularisierung ausgeschlossen, die in der Vergangenheit schon einer schweren Steuer- oder Geldwäschereistraftat überführt wurden oder die eine verwaltungsrechtliche Strafe im Bereich der indirekten Steuern leisten mussten. Ebenfalls ausgeschlossen sind Personen, die nach 2002 Gegenstand einer verwaltungsrechtlichen Untersuchung waren und die es, trotz Aufforderung zur vollständigen Deklaration, unterliessen, vor oder während der Untersuchung in der Schweiz gehaltene Vermögenswerte offenzulegen.

5003

Bst. c Die betroffene Person hat vor der Wahl der Einmalzahlung nach Artikel 7 Absatz 1 an einer «United Kingdom Disclosure Facility» teilgenommen oder ist in diesem Zusammenhang von HMRC persönlich kontaktiert worden. «United Kingdom Disclosure Facilities» haben jeweils die vollständige Offenlegung und Regularisierung der Vermögen und Einkommen der betroffenen Person zum Ziel. Konsequenterweise sollte eine betroffene Person nach der Teilnahme an einem solchen Offenlegungsprogramm keine Vermögenswerte mehr aufführen, die der Regularisierung bedürfen. Im entgegengesetzten Fall hat sie entweder im Rahmen des Offenlegungsprogramms nicht die ganze Wahrheit gesagt oder ist nach dessen Durchführung rückfällig geworden. In beiden Fällen soll sie nicht in den Genuss der Regularisierung unter diesem Abkommen kommen. Von der Regularisierung ebenfalls ausgeschlossen sind Personen, die von HMRC persönlich kontaktiert wurden und auf die Möglichkeit der Regularisierung im Rahmen eines Offenlegungsprogramms hingewiesen wurden. Die Kontaktaufnahme muss aufgrund von spezifischen Informationen zu dieser betroffenen Person erfolgt sein. Die Wahl der Einmalzahlung unter diesem Abkommen schliesst dagegen die spätere Teilnahme an einem Offenlegungsprogramm nicht aus, da unter diesem Abkommen nur die in der Schweiz verbuchten Vermögenswerte einer betroffenen Person regularisiert werden.

Bst. d Die Vermögenswerte stammen direkt oder indirekt aus einem Verbrechen, das nicht mit der Missachtung der Steuergesetzgebung des Vereinigten Königreichs zusammenhängt. Von der Regularisierung ausgeschlossen sind somit Personen, die nicht nur gegen die Steuergesetzgebung verstossen haben, sondern zusätzlich gegen andere Strafvorschriften, zum Beispiel im Zusammenhang mit Drogendelikten, Hehlerei, Betrug usw.

Bst. e Die Vermögenswerte stammen direkt oder indirekt aus verbrecherischen Angriffen und systematischem Betrug gegen die Steuer- und Zulagenordnung des Vereinigten Königreichs, insbesondere in Fällen, in denen die Behörden des Vereinigten Königreichs Zahlungen an unberechtigte Personen leisten. Die kriminelle Energie wird in solchen Fällen als besonders hoch erachtet, denn es geht nicht um ein Unterlassen der Offenlegung, sondern um organisierte und systematische Angriffe auf die Steuer- und Zulagenordnung des Vereinigten
Königreichs. Aus diesem Grund wird Personen, die an solchen Angriffen beteiligt sind, die Erlöschenswirkung verwehrt.

Abs. 14 Klarstellend wird in Absatz 14 festgehalten, dass die Einmalzahlung nicht an die individuelle Veranlagung für Steuerperioden oder Steuerschulden vor Inkrafttreten des Abkommens angerechnet werden kann. Die Einmalzahlung dient der Regularisierung bislang gegenüber HMRC nicht offengelegter Vermögenswerte und Einkommen.

Abs. 15 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 7 Absatz 10 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

5004

Art. 10

Freiwillige Meldung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 9 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 11

Ausstiegsmethode für «non-UK domiciled individuals»

Hat ein «non-UK domiciled individual» die Ausstiegsmethode gewählt, leistet diese Person keine Einmalzahlung und kommt konsequenterweise nicht in den Genuss der in Artikel 9 Absätze 7 und 9 festgelegten Erlöschenswirkung.

Art. 12

Ungerechtfertigtes Verhalten betreffend den Status «non-UK domiciled»

Führt eine betroffene Person den Status als «non-UK domiciled individual» unberechtigterweise oder hat sie bei ihrer Selbstdeklaration nicht alle aus britischer Quelle stammenden oder ins Vereinigte Königreich überwiesenen Erträge angegeben, auf denen die im Vereinigten Königreich geschuldeten Steuern nicht entrichtet wurden, so tritt die Erlöschenswirkung nach Artikel 9 Absätze 7 und 9 nicht ein. Die Einmalzahlung bildet dann eine Anzahlung an die Steuern oder sonstigen Schulden der betroffenen Person gegenüber dem Vereinigten Königreich.

Art. 13

Fehlende flüssige Mittel

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 11 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten. Präzisierend hält das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich fest, dass im Falle der Erhebung einer Einmalzahlung in Anwendung von Artikel 8 Absatz 2 die Nachfrist mit dem Versuch der Erhebung der Einmalzahlung zu laufen beginnt. Im Rahmen von Artikel 8 Absatz 2 kann die Einmalzahlung frühestens am Stichtag 4 beziehungsweise bei Vorliegen der Informationen der früheren Zahlstelle erhoben werden.

Art. 14

Versäumte Identifizierung einer betroffenen Person

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 12 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass die Höhe des Verzugszinses nicht direkt im Abkommen festgelegt ist, sondern dem im Vereinigten Königreich für unbezahlte Steuerschulden anwendbaren Verzugszins entspricht.

Art. 15

Unvollständige oder zu Unrecht erfolgte Erhebung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 13 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass der Verzugszins wie in Artikel 14 Absatz 2 dem im Vereinigten Königreich für unbezahlte Steuerschulden anwendbaren Verzugszins entspricht. Ausserdem erfolgt die Weiterleitung der erhobenen Einmalzahlung von der ESTV an HMRC nach Abzug einer Bezugsprovision von 0,1 % (vgl. Art. 35).

Bei der Rückerstattung einer zu Unrecht erhobenen Einmalzahlung erstattet HMRC nur den effektiv von ihr erhaltenen Betrag, das heisst, dass die Bezugsprovision von 0,1 % von der ESTV rückerstattet werden muss. Artikel 11 IQG regelt die Verfahrensvorschriften in diesem Zusammenhang.

5005

Art. 16

Wirkung der Bescheinigung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 14 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 17

Vorauszahlung durch schweizerische Zahlstellen

Abs. 1 und 2 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 15 Absätze 1 und 2 verwiesen, die hier analog gelten. Die Höhe der Vorauszahlung an HMRC beträgt 0,5 Milliarden Schweizer Franken.

Abs. 3 und 4 Die Rückzahlung der Vorauszahlung an die schweizerischen Zahlstellen erfolgt, nachdem HMRC 0,8 Milliarden Schweizer Franken in Form von Einmalzahlungen überwiesen wurden. Sobald das System der Vergangenheitsregularisierung 1,3 Milliarden Schweizer Franken an Einmalzahlungen generiert hat, ist die Vorauszahlung vollständig an die schweizerischen Zahlstellen zurückbezahlt. Die weiteren Einmalzahlungen werden wiederum an HMRC überwiesen.

Art. 18

Zielstaaten abgezogener Vermögenswerte

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 16 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass die zwischen der Unterzeichnung (6. Okt. 2011) und dem Stichtag 3 aufgelösten Konten und Depots zu erfassen sind.

3.3

Art. 19

Teil 3: Erhebung einer Quellensteuer durch schweizerische Zahlstellen Erhebung einer Quellensteuer mit abgeltender Wirkung durch schweizerische Zahlstellen

Abs. 1 Ab dem Inkrafttreten des Abkommens erheben die schweizerischen Zahlstellen auf laufenden Kapitalerträgen und -gewinnen aus beweglichem Kapitalvermögen, an denen betroffene Personen berechtigt sind, eine abgeltende Quellensteuer. Von der abgeltenden Quellensteuer erfasst werden Zinserträge, soweit darauf nicht in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens ein Steuerrückbehalt erhoben wurde oder eine freiwillige Offenlegung erfolgte (vgl. Art. 1 Abs. 3), Dividendenerträge, sonstige Einkünfte und Veräusserungsgewinne. Das Vereinigte Königreich kennt im innerstaatlichen Recht keine solche abgeltende Quellensteuer, weder mit Einheitssteuersatz noch mit verschiedenen Steuersätzen. Zur Verhinderung von Steuerarbitrage kommen die im Vereinigten Königreich für die jeweiligen Erträge geltenden Grenzsteuersätze abzüglich eines Abschlages zur Anwendung. Der Abschlag wird damit begründet, dass der Steuerbetrag unter dem Abkommen zu einem früheren Zeitpunkt erhoben wird als im Vereinigten Königreich. Betroffene Personen, deren Erträge im Vereinigten Königreich zu einem tieferen Satz als dem Grenzsteuersatz 5006

besteuert würden, können unter dem Abkommen die Meldung wählen (vgl. Art. 22), um dadurch die ihren Verhältnissen entsprechende Steuerbelastung zu erreichen.

Wurde die Quellensteuer schon erhoben, besteht für die betroffene Person die Möglichkeit, den Betrag im Veranlagungsverfahren im Vereinigten Königreich geltend zu machen (vgl. Art. 23). Im Abkommen werden in Anlehnung an das innerstaatliche Recht im Vereinigten Königreich für die verschiedenen Arten an Kapitalerträgen und -gewinnen unterschiedliche Steuersätze vorgesehen. Die Sätze betragen: 48 % auf Zinserträgen (statt 50 %), 40 % auf Dividendenerträgen (statt 42,5 %), 48 % auf sonstigen Kapitaleinkünften (statt 50 %) und 27 % auf Veräusserungsgewinnen (statt 28 %).

Abs. 2 und 3 Wird eine betroffene Person im Bescheinigungsverfahren als «non-UK domiciled individual» bestätigt, so wird die Steuer in Anlehnung an die wesentlichen Bestimmungen des innerstaatlichen Steuerrechts des Vereinigten Königreichs und zu den Sätzen nach Artikel 19 Absatz 1 erhoben auf: ­

Erträgen und Gewinnen aus einer Quelle im Vereinigten Königreich; und

­

Beträgen aus Erträgen und Gewinnen aus einer Quelle ausserhalb des Vereinigten Königreichs, die in das Vereinigte Königreich überwiesen («remitted») werden. In Anbetracht der komplexen inländischen Definition der «Remittance» wurde für die schweizerischen Zahlstellen ein vereinfachter Ansatz ausgearbeitet. Nach dem Abkommen gelten Beträge als überwiesen, wenn sie direkt ins Vereinigte Königreich transferiert werden, ausser die betroffene Person meldet der schweizerischen Zahlstelle, dass sie nicht in steuerbarer Form überwiesen wurden. Weiter gelten Beträge als überwiesen, wenn sie von der betroffenen Person als Überweisung deklariert werden.

Wird eine betroffene Person im Bescheinigungsverfahren nicht als «non-UK domiciled individual» bestätigt, so wird die Steuer auf die gesamten Kapitalerträge und -gewinne ab Beginn des massgebenden Steuerjahrs erhoben, wobei in diesem Fall ein Steuersatz ohne Abschlag zur Anwendung kommt. Ein Abschlag ist nicht mehr gerechtfertigt, da die Steuer zum gleichen (und nicht mehr zu einem früheren) Zeitpunkt erhoben wird wie im Vereinigten Königreich. Die bereits in Anwendung des Status als «non-UK domiciled individual» erhobenen Beträge werden angerechnet und, falls sie über der geschuldeten Steuer liegen, von der schweizerischen Zahlstelle zurückerstattet. In der Regel wird die betroffene Person aber nachzahlen müssen.

Sind nicht ausreichend Mittel vorhanden, geht die Zahlstelle nach den Angaben der betroffenen Person bei der Absichtserklärung vor (vgl. Art. 4 Abs. 5). Kommt die betroffene Person der Zahlungspflicht nicht innert der vorgesehenen Frist nach, ist die schweizerische Zahlstelle zur Meldung nach Artikel 22 Absatz 3 ermächtigt.

Abs. 4 Absatz 4 stellt klar, dass die betroffene Person, und nicht die schweizerische Zahlstelle, die steuerpflichtige Person ist. Die schweizerische Zahlstelle erhebt die abgeltende Steuer in Anwendung dieses Abkommens ­ Steuerträger jedoch ist die betroffene Person. Zudem gelangt in Absatz 4 hinsichtlich der Erfassung von Treuhandkonten der Grundsatz zur Anwendung, dass bei der Bestimmung der betroffenen Person auf die nutzungsberechtigte Person abzustellen ist (vgl. die Ausführungen zu Art. 2 Bst. d).

5007

Abs. 5 Durch die Bezahlung der abgeltenden Quellensteuer gelten die Steueransprüche bezüglich der entsprechenden Kapitaleinkünfte als abgegolten. Nicht abgegolten sind sonstige Steuerschulden der betroffenen Person sowie allfällige anderweitige auf Kapitaleinkünften anfallende Steuern. Die betroffene Person muss im Vereinigten Königreich gemäss innerstaatlichem Recht grundsätzlich alle Einkünfte deklarieren. Die Unterlassung der Deklaration der Kapitaleinkünfte, auf denen die betroffene Person im Rahmen dieses Abkommens die abgeltende Quellensteuer gezahlt hat, wird jedoch im Vereinigten Königreich nicht als strafbare Verletzung von Verfahrenspflichten behandelt. Die Verpflichtung zur Offenlegung dieser Kapitaleinkünfte mutiert zu einer reinen Obliegenheit.

Art. 20

Steuersatzänderungen

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 19 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 21

Verhältnis zu anderen Quellensteuern

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 20 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 22

Freiwillige Meldung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 21 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die analog auch für diesen Artikel gelten. Wählt eine betroffene Person, die ein «non-UK domiciled individual» ist, die freiwillige Meldung, so werden analog zu den inländischen Vorschriften lediglich die Beträge nach Artikel 19 Absatz 2 gemeldet.

Art. 23

Behandlung der Steuer als Anzahlung

Die betroffene Person hat die Möglichkeit, auch nach der Erhebung der abgeltenden Quellensteuer durch die schweizerische Zahlstelle die auf Vermögenswerten in der Schweiz erzielten Kapitaleinkünfte gegenüber HMRC offenzulegen. Die unter diesem Abkommen bezahlte Quellensteuer hat in diesem Fall keine abgeltende Wirkung, sondern gilt als Anzahlung an Steuern und sonstige Steuerschulden der betroffenen Person gegenüber dem Vereinigten Königreich für das Steuerjahr, auf das sich die Bescheinigung bezieht. Dabei sind die betreffenden Bescheinigungen zur Erhebung der Quellensteuer einzureichen. Zudem sind die bereits erfolgten Anrechnungen und Steuergutschriften zu berücksichtigen, um eine korrekte Besteuerung sicherzustellen. Diese Option wird für die betroffene Person insbesondere dann interessant sein, wenn sie im Vereinigten Königreich zu einem tieferen Satz als dem Grenzsteuersatz besteuert wird.

5008

Art. 24

Bemessungsgrundlage

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 23 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, mit den folgenden Unterschieden: ­

Verfügen die schweizerischen Zahlstellen nicht über die Anschaffungskosten, so kommt eine Ersatzbemessungsgrundlage zur Anwendung, welche sich an innerstaatliche Regelungen des Vereinigten Königreichs anlehnt.

Diese sieht vor, dass als Anschaffungskosten entweder der Verkehrswert vom 31. März 1982 oder, falls der Vermögenswert zu diesem Zeitpunkt nicht bestand, der Wert bei der Entstehung des Vermögenswertes herangezogen wird. Kann keiner dieser Werte ermittelt werden, so unterliegt der gesamte Veräusserungserlös der Quellensteuer. Zudem stellt auch die Übertragung von Vermögenswerten an Drittpersonen eine Veräusserung dar.

­

Verluste aus der Veräusserung von Vermögenswerten können grundsätzlich mit Veräusserungsgewinnen, welche auf Konten oder Depots bei derselben Zahlstelle entstehen, verrechnet werden. Jedoch verfallen nicht ausgeglichene Verluste bei einem Zahlstellenwechsel.

Die unterschiedliche Regelung in den beiden Abkommen ist auf unterschiedliche innerstaatliche Regelungen im Einkommensteuerrecht der Partnerstaaten zurückzuführen.

Art. 25

Definition der Zinserträge

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 24 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 26

Definition der Dividendenerträge

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 25 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 27

Definition der sonstigen Einkünfte

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 26 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 28

Definition der Veräusserungsgewinne

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 27 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten. Im Unterschied zum Abkommen mit Deutschland gelten im Vermögenswert kapitalisierte Erträge nicht als Veräusserungsgewinne.

Dieser Ansatz entspricht demjenigen des Zinsbesteuerungsabkommens. Da Deutschland im Einkommensteuergesetz eine liberalere Lösung getroffen hat, kommt diese im Abkommen mit Deutschland zur Anwendung.

5009

Art. 29

Administrative Bestimmungen

Abs. 1­3 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 28 Absätze 1­3 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten. Die Bezugsprovision von 0,1 % ist in Artikel 35 festgehalten. Die relevante Währung ist das Pfund Sterling.

Abs. 4 Die schweizerischen Zahlstellen übermitteln die freiwilligen Meldungen jeweils bis spätestens drei Monate nach dem Ende des britischen Steuerjahres (bis am 5. Juli) an die ESTV. Diese leitet die Meldungen automatisch einmal pro Jahr bis spätestens sechs Monate nach dem Ende des britischen Steuerjahres (bis am 5. Oktober) an HMRC weiter. Das IQG enthält präzisierende Vorschriften in Artikel 16.

Art. 30

Bescheinigung der schweizerischen Zahlstelle

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 29 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 31

Übertragung von Vermögenswerten

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 30 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass Artikel 31 nur auf Übertragungen von Vermögenswerten zwischen schweizerischen Zahlstellen anwendbar ist. Das Abkommen enthält keine Verpflichtung zur Mitteilung von Informationen bei der Übertragung von Vermögenswerten zwischen einer schweizerischen und einer britischen Zahlstelle.

Art. 32

Erbschaftsfälle

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 31 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit den folgenden Abweichungen: Abs. 1 Legt die ermächtigte Person der schweizerischen Zahlstelle eine Bescheinigung darüber vor, dass die verstorbene betroffene Person den Status eines «non-UK domiciled individual» besass und nicht als «deemed domiciled for inheritance tax purposes» (vgl. Ziff. 3) galt, so hebt die schweizerische Zahlstelle die Sperrung der Vermögenswerte auf. Die Zahlstelle muss in diesem Fall weder eine Steuer nach Absatz 2 erheben noch eine Meldung nach Absatz 3 erstatten. Die Bescheinigung muss durch einen Rechtsanwalt, einen Buchhalter oder einen Steuerberater erstellt worden sein, der Mitglied eines anerkannten Berufsverbandes ist.

Abs. 1 und 2 Entsprechend dem Marginalsteuersatz der britischen Erbschaftssteuer beläuft sich die Steuer nach Absatz 2 auf 40 %, und es sind Bezüge bis zu einem Grenzwert von 60 % der Vermögenswerte im Zeitpunkt des Todes der betroffenen Person möglich.

Die relevante Währung ist das Pfund Sterling.

5010

Abs. 2, 3 und 5 Im Unterschied zum Abkommen mit Deutschland sieht dasjenige mit dem Vereinigten Königreich die umgehende Übermittlung der Steuer und der Meldung vor. Es sieht damit zusammenhängend keine Übermittlung von zusätzlichen Informationen vor. Die Bezugsprovision von 0,1 % ist in Artikel 35 festgehalten.

Art. 33

Flankierende Massnahmen zur Sicherung des Abkommenszwecks

Es wird auf die einleitenden Ausführungen zu Artikel 32 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich keine Sonderregelung für betriebliche Vermögenswerte enthält. Für «non-UK domiciled individuals» gilt dieser Artikel unabhängig davon, welche Vergangenheitsregularisierung sie gewählt haben.

Abs. 1 und 2 Um eine eindeutige Identifikation der vom Ersuchen betroffenen Person vornehmen zu können, muss HMRC im Ersuchen Name, Adresse und, soweit bekannt, Geburtsdatum, ausgeübte Tätigkeit sowie weitere Angaben zur Identifikation der betroffenen Person übermitteln. Die Ersuchen müssen jedoch nicht den Namen der Bank enthalten.

Abs. 3 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 32 Absatz 3 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Abs. 4 Die Information der betroffenen Person über das beabsichtigte Auskunftsersuchen erfolgt gestützt auf das einschlägige britische Recht. Liegen berechtigte Gründe vor, dass eine Information der betroffenen Person die Steuerveranlagung oder -erhebung im Vereinigten Königreich beeinträchtigen könnte, so erfolgt die Übermittlung des Ersuchens an die ESTV ohne vorgängige Information der betroffenen Person. Die betroffene Person wird jedoch von der ESTV spätestens vor einer allfälligen Auskunftserteilung an HMRC informiert und hat ein Beschwerderecht (vgl. Abs. 10).

Abs. 5­8 Neben den Angaben zur Identifikation der betroffenen Person und der Zusicherung, dass die Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen erfüllt sind, gibt HMRC im Ersuchen den Veranlagungszeitraum an, für den sie die Angaben über die Existenz einer Kundenbeziehung einer betroffenen Person benötigt. Der angegebene Veranlagungszeitraum kann höchstens zehn Jahre in die Vergangenheit reichen, nicht jedoch weiter in die Vergangenheit als bis zum Inkrafttreten des Abkommens (vgl.

Abs. 13).

Mit Bezug auf die Informationsbeschaffung bei den Banken wird auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Artikel 32 Absätze 5 und 6 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Wenn die betroffene Person im massgebenden Zeitraum kein Konto oder Depot bei einer schweizerischen Zahlstelle unterhält, teilt die ESTV HMRC mit, dass kein auskunftspflichtiges Konto oder Depot vorliegt. Dieselbe Mitteilung erfolgt, wenn die betroffene Person im massgebenden Zeitpunkt ein Konto oder Depot bei einer 5011

schweizerischen Zahlstelle unterhält, bei dem jedoch die folgenden Voraussetzungen (vgl. Abs. 8 Bst. b) erfüllt sind: ­

die Nutzungsberechtigung ist seit Stichtag 2 unverändert geblieben;

­

die Vermögenswerte auf dem Konto oder Depot wurden unter diesem Abkommen regularisiert;

­

auf den Erträgen wird die abgeltende Quellensteuer erhoben;

­

auf den Erträgen, die in den Anwendungsbereich des Zinsbesteuerungsabkommens fallen, werden der Steuerrückbehalt nach dem ZBstA und die Abgeltungszahlung erhoben (vgl. Ziff. 3.5);

­

seit dem Stichtag 2 ist kein Neugeld zugeflossen.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist sichergestellt, dass auf diesem Konto oder Depot keine unversteuerten Vermögenswerte verbucht sind. Zweck des Informationsaustauschs ist die Schaffung eines Entdeckungsrisikos, um zu verhindern, dass betroffene Personen in Zukunft unversteuerte Vermögenswerte in der Schweiz anlegen, bzw. um HMRC die Möglichkeit zu geben, ein solches Verhalten aufzudecken. Erfüllt eine Kundenbeziehung die oben aufgeführten Voraussetzungen, wäre die mit dem Informationsaustausch nach diesem Artikel verbundene Preisgabe der Anonymität nicht gerechtfertigt und würde über den verfolgten Zweck hinausgehen.

Hat die betroffene Person im massgebenden Zeitraum ein Konto oder Depot unterhalten und sind nicht sämtliche Voraussetzungen von Absatz 8 Buchstabe b erfüllt, so teilt die ESTV HMRC den Namen der Bank und die Anzahl Konten oder Depots mit.

Abs. 9 Will HMRC weitergehende Informationen als eine Auskunft über das Bestehen einer Konto- oder Depotverbindung zu einer bestimmten Bank erhalten, muss sie ein Amtshilfeersuchen nach Doppelbesteuerungsabkommen stellen oder den Rechtshilfeweg beschreiten.

Abs. 10 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 32 Absatz 7 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich keine Sonderregelung für betriebliche Vermögenswerte enthält.

Abs. 11 Die Anzahl Ersuchen ist beschränkt. Der gemeinsame Ausschuss legt nach Inkrafttreten des Abkommens für die ersten drei Jahre die jährliche maximale Anzahl Ersuchen innerhalb einer Bandreite von 200­500 Ersuchen einvernehmlich fest. Vor Einigung des gemeinsamen Ausschusses kann HMRC keine Auskunftsersuchen nach diesem Artikel stellen.

Abs. 12 Ab dem vierten Jahr wird die maximale Anzahl Ersuchen jährlich überprüft und gegebenenfalls nach oben oder unten angepasst. Hat HMRC drei Jahre zuvor die maximale Anzahl Ersuchen zu mindestens 20 % ausgeschöpft, so wird die maximale Anzahl Ersuchen um 15 % erhöht, wenn mehr als zwei Drittel der gestellten Ersu5012

chen zu einer direkten oder indirekten Identifizierung von zusätzlichen Steuerschulden gegenüber dem Vereinigten Königreich in der Höhe von je mindestens 10 000 Pfund Sterling führen. Die Identifizierung erfolgt direkt, wenn die unversteuerten Vermögenswerte auf dem Konto oder Depot in der Schweiz verbucht sind, indirekt, wenn diese zwar zu einem gewissen Zeitpunkt auf dem Konto oder Depot in der Schweiz verbucht waren, vor der Entdeckung aber abgezogen oder auf ein anderes Konto oder Depot verschoben wurden. Führen unter der Voraussetzung der 20 %Ausschöpfung weniger als ein Drittel der gestellten Ersuchen zur Identifizierung solcher zusätzlicher Steuerschulden, so wird die maximale Anzahl Ersuchen um 15 % reduziert. Ersuchen, bei denen gestützt auf Absatz 8 Buchstabe b keine Information über die Existenz einer Kundenbeziehung an HMRC erfolgt, werden zwar für die Gesamtzählung der Ersuchen und die Berechnung der 20 %-Schwelle mitberücksichtigt, nicht aber bei der Zählung für die Ein-Drittel bzw. Zwei-DrittelSchwelle.

Abs. 13 Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 32 Absatz 11 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 34

Missbrauchsbestimmung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 33 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten, mit dem Unterschied, dass mit dem Vereinigten Königreich keine gemeinsame Erklärung abgegeben wurde, wonach die Schweiz und das Vereinigte Königreich eine gemeinsame Verwaltungsanweisung zur Konkretisierung dieses Artikels erlassen würden.

3.4 Art. 35

Teil 4: Schlussbestimmungen Aufwandsentschädigung

Die Weiterleitung der erhobenen Einmalzahlungen und abgeltenden Quellensteuern von der ESTV an HMRC erfolgt nach Abzug einer Bezugsprovision von 0,1 % (vgl.

die Ausführungen zu Art. 9 Abs. 5 unter Ziff. 3.2 sowie zu Art. 29 Abs. 1 und 2 und zu Art. 32 Abs. 2, 3 und 5 unter Ziff. 3.3). Diese Bezugsprovision entschädigt die Schweiz für den durch die Umsetzung des Abkommens erhöhten administrativen Aufwand.

Art. 36

Reziproke Massnahmen des Vereinigten Königreichs

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 34 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 37

Verwendung und Offenlegung von nach diesem Abkommen erhaltenen Informationen

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 35 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

5013

Art. 38

Durchführung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 36 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 39

Kontrolle

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 37 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 40

Konsultation

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 38 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten. Zudem und im Unterschied zum Abkommen mit Deutschland werden die im Abkommen mit dem Vereinigten Königreich vorgesehenen Bescheinigungen von den zuständigen Behörden gemeinsam festgelegt (Abs. 4).

Das Abkommen mit Deutschland sieht vor, dass die Bescheinigungen vom gemeinsamen Ausschuss festgelegt werden (vgl. Art. 39 Abs. 2 des Abkommens mit Deutschland).

Art. 41

Gemeinsamer Ausschuss

Ein paritätisch mit Vertreterinnen und Vertretern beider Vertragsstaaten zusammengesetzter Ausschuss ist neben den ihm in anderen Bestimmungen des Abkommens (vgl. Art. 33 Abs. 11 und 12, Art. 40 Abs. 1 und Art. 45 Abs. 3) übertragenen Aufgaben zuständig für: ­

die Überprüfung des ordnungsgemässen Funktionierens des Abkommens;

­

die Analyse von relevanten Entwicklungen (vgl. auch Art. 40 Abs. 3); sowie

­

der Abgabe von Empfehlungen an die Vertragsstaaten zur Änderung oder Revision des Abkommens.

Art. 42

Ausserordentliche Umstände

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 40 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 43

Anhang

Die Formel zur Berechnung der Einmalzahlung (vgl. die Ausführungen zu Art. 7 Abs. 2 des Abkommens mit Deutschland) im Anhang ist integraler Bestandteil des Abkommens.

Art. 44

Inkrafttreten

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 43 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

Art. 45

Kündigung

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 44 des Abkommens mit Deutschland verwiesen, die hier analog gelten.

5014

3.5

Gemeinsame Erklärung über eine Abgeltungszahlung

Vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgenommen sind Zinserträge, auf denen in Anwendung des Zinsbesteuerungsabkommens ein Steuerrückbehalt erhoben wird oder eine freiwillige Offenlegung erfolgt. Das Zinsbesteuerungsabkommen sieht einen Steuerrückbehalt von 35 % vor. Dieser ist tiefer als der im Abkommen mit dem Vereinigten Königreich für Zinszahlungen vereinbarte Steuersatz (generell: 48 %, ausnahmsweise: 50 % ­ vgl. Art. 19 Abs. 1 und 3).

Da der Zweck des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich darin besteht, die effektive und abgeltende Besteuerung aller Kapitaleinkünfte sicherzustellen, die von schweizerischen Zahlstellen an betroffene Personen des Vereinigten Königreichs gezahlt werden, wurde ein zusätzlicher Erhebungsmechanismus vereinbart, um zu gewährleisten: ­

dass der Abzug auf den betreffenden Zinszahlungen insgesamt den nach dem Abkommen anwendbaren Satz von 48 % (ausnahmsweise 50 %) erreicht. Um diese Steuerbelastung zu erreichen, werden die schweizerischen Zahlstellen zusätzlich zum Steuerrückbehalt nach Zinsbesteuerungsabkommen einen Betrag von 13 % (ausnahmsweise 15 %) erheben; und

­

dass der Abzug von insgesamt 48 % bzw. 50 % für die betroffene Person abgeltende Wirkung hat, obwohl er auf zwei verschiedenen Rechtsgrundlagen (ZBstA und Abkommen) beruht.

Die schweizerischen Zahlstellen erstellen zuhanden der betroffenen Personen eine Bescheinigung, wonach die Abgeltungszahlung vorgenommen wurde. Die durch diese Zahlung generierten Erträge werden von der ESTV ohne Abzug einer Bezugsprovision an HMRC überwiesen. Die Schweiz behält gemäss Zinsbesteuerungsabkommen (vgl. Art. 8 ZBstA) 25 % der Einnahmen aus dem Steuerrückbehalt ein.

Weitere Modalitäten der Abgeltungszahlung sind im 4. Abschnitt des IQG geregelt.

3.6

Gemeinsame Erklärung zur Äquivalenz

Es wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2.6.1 verwiesen, die hier analog gelten.

3.7

Erklärung betreffend den Erwerb entwendeter Daten

Es wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2.6.4 verwiesen, die hier analog gelten.

3.8

Erklärung von HMRC zu Strafverfolgungen

In einem Schreiben vom 6. Oktober 2011 erklärt HMRC, dass angesichts der im Abkommen vereinbarten Regularisierung der Vergangenheit strafrechtliche Untersuchungen gegen betroffene Personen und Tatbeteiligte (insb. Banken und ihre Mitarbeitenden) wegen Steuerschulden und Verantwortlichkeiten, die vor dem 5015

Datum des Abkommens auf Vermögenswerte entstanden sind, höchst unwahrscheinlich sind. Mit Bezug auf betroffene Personen gilt dies nicht, wenn die Vermögenswerte den Erlös aus einem nicht mit einem Steuerdelikt verbundenen Verbrechen bzw. den Erlös aus einem mit einem Steuerdelikt mit einer Strafandrohung von mindestens zwei Jahren Haft verbundenen Verbrechen darstellen. Die mit dem Vereinigten Königreich vereinbarte Lösung entspricht für Tatbeteiligte derjenigen in der Liechtenstein Disclosure Facility (LDF). Mit Bezug auf betroffene Personen weicht diese Lösung leicht ab, was darin begründet liegt, dass die LDF eine umfassende Offenlegung von betroffenen Personen erfordert.

3.9

Memorandum zur Bereitstellung von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen

Im Vereinigten Königreich ist die Erbringung von Finanzdienstleistungen durch den Financial Services and Market Act 2000 (FSMA), die Verordnung von 2001 über die regulierten Tätigkeiten (Regulated Activities Order 2001, RAO) und die Verordnung von 2000 zum Gesetz über die Finanzdienstleistungen und -märkte (Financial Promotion Order 2000, FPO) geregelt.

Die Hauptschwierigkeiten der Banken bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen im Vereinigten Königreich wurden in den Bereichen Konto- und Depoteröffnung, der Kontaktaufnahme mit neuen Kundinnen oder Kunden und der Betreuung bestehender Kundschaft geortet. Ausländische Finanzinstitute, die im Vereinigten Königreich nicht bewilligt sind, können unter Einhaltung bestimmter Bedingungen von der Freistellung für ausländische Personen (Overseas persons exclusion) Gebrauch machen und ohne Bewilligung grenzüberschreitend Finanzdienstleistungen anbieten. Die «ausländische Person» (Overseas persons) ist gemäss Definition der RAO-Verordnung eine Person, die im Vereinigten Königreichs gewisse regulierte Tätigkeiten ausübt, ohne über eine ständige Niederlassung im Vereinigten Königreich zu verfügen. Um diese Freistellung in Anspruch zu nehmen, muss die Tätigkeit der ausländischen Person ausserdem als Folge einer «rechtmässigen Kontaktaufnahme» (legitimate approach) ausgeübt werden. Die rechtmässige Kontaktaufnahme sowie diesbezügliche Ausnahmen sind in der FPO-Verordnung festgehalten.

Nach einer detaillierten Analyse des britischen Rechtsrahmens (FSMA, RAO und FPO) wurden in Zusammenarbeit mit den britischen Behörden Möglichkeiten gefunden, wie ausländische Banken ihre Finanzprodukte und -dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten können. Diese Möglichkeiten lösen einen Teil der Probleme, welche die Schweizer Banken bezüglich des grenzüberschreitenden Geschäfts bisher hatten. Dazu wurde ein Memorandum ausgearbeitet, das die Modalitäten für Kontoeröffnungen, die Kundenakquisition und die Betreuung bisheriger Kundinnen und Kunden klar definiert. Das von beiden Seiten unterzeichnete Memorandum verbessert die nötige rechtliche Transparenz dafür, dass die Schweizer Banken ihre Dienstleistungen erbringen und sich vermehrt auf dem britischen Markt engagieren können. Es enthält zudem die nötigen Informationen zur Definition der Geschäftsprozesse für grenzüberschreitende Tätigkeiten.

5016

4

Ausführungen zum Umsetzungserlass

Die Abkommensbestimmungen stellen inhaltlich ein umfassendes Regelwerk dar und sind gegenüber den schweizerischen Zahlstellen, den betroffenen Personen sowie den Behörden in der Schweiz unmittelbar anwendbar. Der Abschluss der Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich macht den Erlass eines flankierenden Bundesgesetzes notwendig. Darin sollen die für die Durchführung der Abkommen notwendigen Regelungen festgelegt werden, die dem innerstaatlichen schweizerischen Kompetenzbereich angehören und sich nicht zur Regelung in einer völkerrechtlichen Vereinbarung eignen.

4.1

Grundzüge des IQG

Das Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung enthält schwergewichtig Vorschriften zur Organisation, zum Verfahren, zu den Rechtswegen und zu den anwendbaren Strafbestimmungen.

Thematisch betreffen die Vorschriften die folgenden Bereiche: ­

steuerliche Regularisierung von Vermögenswerten;

­

Erhebung einer abgeltenden Steuer auf Kapitaleinkünften;

­

Meldung von Kapitaleinkünften;

­

Erhebung einer abgeltenden Steuer im Erbschaftsfall;

­

Meldung von Erbschaftsfällen;

­

Vorauszahlung durch schweizerische Zahlstellen;

­

statistische Erhebung betreffend Zielstaaten abgezogener Vermögenswerte;

­

Sicherung des Abkommenszwecks;

­

Strafbestimmungen.

Die Vorlage weist Ähnlichkeiten zum Zinsbesteuerungsgesetz vom 17. Dezember 2004 (ZBstG; SR 641.91) auf, da teilweise vergleichbare Sachverhalte zu regeln sind.

4.2

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen

4.2.1

Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Gegenstand

Das IQG bezieht sich nicht nur auf die Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich, sondern ist so ausgestaltet, dass es auch für die Umsetzung von Abkommen mit anderen Staaten über die Zusammenarbeit im Steuerbereich herangezogen werden kann. In einem Anhang zum Gesetz wird festgehalten, für welche Abkommen die Umsetzung im IQG geregelt ist (Abs. 2). Enthält das im Einzelfall anwendbare Abkommen vom IQG abweichende Bestimmungen, so gehen diese als Staatsvertragsrecht dem Landesrecht vor (Abs. 3).

5017

Art. 2

Begriffe

Artikel 2 Absatz 2 legt fest, dass im Gesetz verwendete Begriffe grundsätzlich im Sinne des jeweils anwendbaren Abkommens zu verstehen sind. Dies gilt namentlich für die Begriffe: schweizerische Zahlstelle, betroffene Person, Stichtag, zuständige Behörde, Vermögenswerte sowie Konto oder Depot. Absatz 1 definiert zudem Schlüsselbegriffe des Gesetzes, insbesondere die Begriffe Vertragspartei und berechtigte Person.

Art. 3

An- und Abmeldung als schweizerische Zahlstelle

Die schweizerischen Zahlstellen sind verpflichtet, sich bei der ESTV unaufgefordert anzumelden (Abs. 1). Die Abkommen legen fest, dass Banken nach dem Bankengesetz, Wertpapierhändler nach dem Börsengesetz sowie in der Schweiz ansässige bzw. errichtete natürliche und juristische Personen, Personengesellschaften und Betriebsstätten ausländischer Gesellschaften, die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit regelmässig Vermögenswerte von Dritten entgegennehmen, halten, anlegen, übertragen oder lediglich Kapitaleinkünfte leisten oder absichern, als schweizerische Zahlstellen gelten (Art. 2 Bst. e Abkommen Deutschland, Art. 2 Abs. 1 Bst. e Abkommen Vereinigtes Königreich). Anmeldepflichtig sind jedoch nur schweizerische Zahlstellen, die Vermögenswerte halten, an denen eine betroffene Person nutzungsberechtigt ist, denn nur diese Zahlstellen unterliegen den Verpflichtungen unter den jeweiligen Abkommen. Endet die Zahlstelleneigenschaft, so hat sich die schweizerische Zahlstelle bei der ESTV abzumelden (Abs. 3).

4.2.2 Art. 4

Steuerliche Regularisierung von Vermögenswerten Einmalzahlungen

Die Zahlstellen erheben die Einmalzahlungen auf der Grundlage des anwendbaren Abkommens (Abs. 1).

Die Abkommen sehen eine Spezialregelung für betroffene Personen vor, die zwischen dem Stichtag 2 und dem Stichtag 3 in eine Kundenbeziehung zu einer schweizerischen Zahlstelle getreten sind (Art. 6 Abkommen Deutschland, Art. 8 Abkommen Vereinigtes Königreich). Diese Spezialregelung soll verhindern, dass betroffene Personen nach dem Stichtag 2, d.h. in einem Zeitraum, in dem der Inhalt der Abkommen bekannt ist, durch den Wechsel von einer schweizerischen Zahlstelle zu einer anderen ihre Vermögenswerte in der Schweiz belassen, diese aber dennoch der steuerlichen Regularisierung entziehen können (die Vermögenswerte einer betroffenen Person unterliegen der steuerlichen Regularisierung, wenn sie am Stichtag 2 und beim Inkrafttreten [Art. 5 Abs. 1 Abkommen Deutschland] bzw. am Stichtag 2 und am Stichtag 3 [Art. 5 Abs. 1 Abkommen Vereinigtes Königreich] in der Schweiz verbucht sind). Wählt eine betroffene Person im Fall eines Zahlstellenwechsels innerhalb der Schweiz die Option «Einmalzahlung», so erhebt die neue schweizerische Zahlstelle die Einmalzahlung frühestens am Stichtag 4, jedoch spätestens zwölf Monate nach dem Stichtag 3. Diese Verzögerung ist nötig, weil die neue schweizerische Zahlstelle zuerst Informationen der früheren schweizerischen Zahlstelle benötigt, um die Einmalzahlung berechnen zu können. Liegen zwölf Monate nach dem Stichtag 3 die nötigen Informationen nicht vor und hat die betroffene Person oder 5018

eine andere Vertragspartei gegen die ehemaligen schweizerischen Zahlstellen keine Zivilklage erhoben, so behandelt die neue schweizerische Zahlstelle die betroffene Person gleich wie eine Person, die ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen ist (Abs. 2). Dies bedeutet, dass sie Identität und Wohnsitz solcher Personen zu melden hat (Art. 6 Abs. 5 Abkommen Deutschland, Art. 8 Abs. 5 Abkommen Vereinigtes Königreich).

Die Abkommen sehen vor, dass die von der schweizerischen Zahlstelle erstellte Bescheinigung mit Bezug auf die Erhebung der Einmalzahlung als genehmigt gilt, sofern die betroffene Person oder eine andere Vertragspartei nicht innerhalb von 30 Tagen ab deren Zustellung gegenüber der schweizerischen Zahlstelle schriftlich erklärt, dass sie nicht einverstanden ist (Art. 7 Abs. 3 Abkommen Deutschland, Art. 9 Abs. 4 Abkommen Vereinigtes Königreich). Artikel 4 Absätze 3 und 4 legt die anwendbaren Verfahrensbestimmungen fest. Die schweizerische Zahlstelle und die betroffene Person oder die andere Vertragspartei sollen vorerst eine einvernehmliche Lösung suchen. Innerhalb von 60 Tagen nach der schriftlichen Erklärung der betroffenen Person oder einer anderen Vertragspartei erstellt die schweizerische Zahlstelle eine neue Bescheinigung oder bestätigt die Gültigkeit der ersten Bescheinigung. Ist die betroffene Person oder die andere Vertragspartei nach wie vor nicht einverstanden, so muss sie innerhalb von 30 Tagen seit der Zustellung der neuen Bescheinigung oder der Bestätigung der Gültigkeit der ersten Bescheinigung bei der ESTV schriftlich den Erlass einer Verfügung beantragen. Die ESTV klärt den Sachverhalt von Amtes wegen ab. Die Verfügung der ESTV unterliegt ohne Einsprachemöglichkeit der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Die betroffene Person oder die andere Vertragspartei kann gegen die Verfügung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Da die Erhebung der Einmalzahlung als ein Amtshilfeakt zu qualifizieren ist, ist die Beschwerde an das Bundesgericht nach Artikel 83 Buchstabe h des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) nicht zulässig. Der derzeit von den eidgenössischen Räten behandelte Entwurf für ein Steueramtshilfegesetz sieht jedoch vor, Artikel 83 Buchstabe h BGG in der Weise anzupassen, dass Entscheide im Bereich
der steuerlichen Amtshilfe dann an das Bundesgericht weitergezogen werden können, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 BGG).

Da die Erhebung der Einmalzahlung für einen anderen Staat einen Amtshilfeakt im Steuerbereich darstellt, würden diese Bestimmungen auf die nach Artikel 4 Absatz 4 und Artikel 14 Absatz 2 gefällten Entscheide Anwendung finden.

Art. 5

Überweisung an die ESTV

Die erhobenen Einmalzahlungen sind innerhalb der in den Abkommen festgelegten Fristen der ESTV zu überweisen (Abs. 1). Die schweizerischen Zahlstellen übermitteln der ESTV vierzehn Monate nach dem Stichtag 3 die Schlussabrechnung mit Bezug auf die erhobenen Einmalzahlungen (Abs. 2).

Art. 6

Meldung

Die Meldungen sind innerhalb der in den Abkommen festgelegten Fristen der ESTV zu übermitteln (Abs. 1). Zu übermitteln sind die Meldungen, bei denen eine ausdrückliche Ermächtigung durch die betroffene Person oder gegebenenfalls die andere Vertragspartei vorliegt, und jene, die ohne Ermächtigung gestützt auf das 5019

Abkommen zu erfolgen haben (Abs. 2; vgl. Art. 6 Abs. 5 und Art. 11 Abs. 3 Abkommen Deutschland, Art. 8 Abs. 5 und Art. 13 Abs. 3 Abkommen Vereinigtes Königreich).

Analog zu Artikel 4 Absatz 2 wird in Absatz 3 geregelt, wie eine schweizerische Zahlstelle vorzugehen hat bei einer betroffenen Person, die zwischen dem Stichtag 2 und dem Stichtag 3 in eine Kundenbeziehung zu ihr getreten ist und die Option «Meldung» gewählt hat. Die schweizerische Zahlstelle übermittelt die Meldung frühestens am Stichtag 4, jedoch spätestens zwölf Monate nach dem Stichtag 3.

Art. 7

Überweisung und Übermittlung an die Partnerstaaten

Die ESTV überweist die erhaltenen Einmalzahlungen und übermittelt die Meldungen innerhalb der im anwendbaren Abkommen festgelegten Fristen an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten.

Art. 8

Verjährung

Die Abkommen enthalten keine Regelung zur Verjährung der Forderung auf Überweisung der Einmalzahlung oder auf Übermittlung der Meldung. Im Interesse der Rechtssicherheit und in Anlehnung an Artikel 7 ZBstG enthält das IQG eine Verjährungsfrist von fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einmalzahlung zu überweisen oder die Meldung zu übermitteln war. Die absolute Verjährungsfrist beträgt 15 Jahre.

Art. 9

Nachträgliche Identifizierung einer betroffenen Person

Die Abkommen sehen die Möglichkeit vor, dass auch eine durch die schweizerische Zahlstelle nachträglich identifizierte betroffene Person ihre Vermögenswerte nachversteuern kann (Art. 12 Abkommen Deutschland, Art. 14 Abkommen Vereinigtes Königreich). Die schweizerische Zahlstelle muss bei einer nachträglichen Identifizierung die betroffene Person oder gegebenenfalls die andere Vertragspartei unverzüglich schriftlich benachrichtigen. Die betroffene Person oder die andere Vertragspartei kann anschliessend innerhalb von drei Monaten ab Zustellung der Nachricht ein schriftliches Gesuch bei der ESTV stellen. Dieses Gesuch muss Angaben zur gewählten Option für die steuerliche Regularisierung und zur Verfügbarkeit der dafür notwendigen Informationen enthalten. Wird 2016 ein Gesuch zur Regularisierung eines Kontos gestellt, das bereits im Jahr 2003 eröffnet wurde, muss beispielsweise angegeben werden, ob der für die Berechnung der Einmalzahlung notwendige Kapitalbestand Ende 2003 bekannt ist oder nicht. Die ESTV fällt nach Vorliegen der Zustimmung der zuständigen Behörde des Partnerstaates einen Entscheid, der unter anderem davon abhängt, ob die Einmalzahlung aufgrund der vorliegenden Informationen berechnet werden kann bzw. ob genügend Informationen für eine Meldung vorliegen.

Art. 10

Mitwirkungspflichten der schweizerischen Zahlstellen

Die Abkommen sehen vor, dass die zuständige Behörde des Partnerstaates die ESTV um Prüfung einer Bescheinigung ersuchen kann, wenn Zweifel an deren Echtheit bestehen (Art. 14 Abkommen Deutschland, Art. 16 Abkommen Vereinigtes Königreich). Zudem kann die zuständige Behörde des Partnerstaates die ESTV um zusätzliche Angaben ersuchen, wenn eine gemeldete betroffene Person aufgrund der 5020

übermittelten Informationen nicht identifiziert werden kann (Art. 9 Abs. 5 Abkommen Deutschland, Art. 10 Abs. 4 Abkommen Vereinigtes Königreich). In solchen Fällen sind die schweizerischen Zahlstellen zur Mitwirkung verpflichtet.

Art. 11

Erstattung der Bezugsprovision

Ist die Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund bezahlt worden, so sehen die Abkommen vor, dass die betroffene Person gegenüber der zuständigen Behörde des Partnerstaates einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung hat (Art. 13 Abs. 3 Abkommen Deutschland, Art. 15 Abs. 3 Abkommen Vereinigtes Königreich).

Gemäss Artikel 35 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich zieht die ESTV vor der Überweisung der Einmalzahlungen an die zuständige Behörde des Vereinigten Königreichs eine Aufwandentschädigung von 0,1 % ab. Artikel 11 soll sicherstellen, dass eine betroffene Person, welche die zu Unrecht erhobene Einmalzahlung von der zuständigen Behörde des Vereinigten Königreichs zurückerhalten hat, auch die abgezogene Bezugsprovision von der ESTV zurückverlangen kann.

4.2.3 Art. 12

Erhebung einer abgeltenden Steuer Grundsätze

Die Zahlstellen erheben die abgeltende Steuer auf Kapitaleinkünften und im Erbschaftsfall nach Massgabe des anwendbaren Abkommens. Die Abkommen verpflichten die Zahlstelle, die Vermögenswerte der verstorbenen betroffenen Person zu sperren, sobald sie Kenntnis von deren Tod erhält (Art. 31 Abs. 1 Abkommen Deutschland, Art. 32 Abs. 1 Abkommen Vereinigtes Königreich).

Art. 13

Sperrung im Erbschaftsfall

Diese Bestimmung enthält Regeln zur Beilegung von Differenzen zwischen den schweizerischen Zahlstellen und den berechtigten Personen oder den anderen Personen mit einem schutzwürdigen Interesse, im Zusammenhang mit der Sperrung von Vermögenswerten einer verstorbenen betroffenen Person. Ein schutzwürdiges Interesse kann beispielsweise eine Person geltend machen, die zwar nicht Erbin ist, die an den gesperrten Vermögenswerten aber ein Nutzniessungsrecht besitzt. Zunächst soll die schweizerische Zahlstelle auf schriftliche Beanstandung durch die berechtigte Person oder die andere Person mit einem schutzwürdigen Interesse hin eine einvernehmliche Lösung anstreben. Sie ist gehalten, innert 60 Tagen nach der schriftlichen Beanstandung der Sperrung diese schriftlich zu bestätigen oder aufzuheben. Ist die berechtigte Person oder die andere Person, die ein schutzwürdiges Interesse hat, mit der Bestätigung der Sperrung nicht einverstanden, so kann sie innert 30 Tagen seit der Zustellung der Bestätigung bei der ESTV schriftlich den Erlass einer Verfügung beantragen. Die ESTV klärt den Sachverhalt von Amtes wegen ab. Die Verfügung der ESTV unterliegt ohne Einsprachemöglichkeit der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Die berechtigte Person oder die andere Person mit einem schutzwürdigen Interesse, kann gegen die Verfügung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts kann nicht beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. die Ausführungen zu Art. 4).

5021

Art. 14

Steuererhebung

Der Rechtsschutz der betroffenen oder berechtigten Person oder einer anderen Vertragspartei ist gleich geregelt wie bei der Einmalzahlung (vgl. die Ausführungen zu Art. 4).

Die Zahlstellen können eine zu Unrecht erhobene Steuer innert fünf Jahren ­ diese Frist entspricht der Verjährungsfrist für die Überweisung der Steuer (vgl. die Ausführungen zu Art. 18) ­ berichtigen, wenn sichergestellt ist, dass im Partnerstaat, in dem die Empfängerin oder der Empfänger der betroffenen Kapitaleinkünfte den Wohnsitz hat, keine Rückerstattung oder Anrechnung auf die Einkommensteuer erfolgt ist oder erfolgen wird (Abs. 3). Eine Berichtigung ist auch möglich in Erbschaftsfällen, wenn sichergestellt ist, dass im Partnerstaat, in dem die verstorbene betroffene Person ihren Wohnsitz hatte, keine Rückerstattung oder Anrechnung auf die Erbschaftssteuer erfolgt ist oder erfolgen wird. Damit wird einerseits sichergestellt, dass Fehler zu Ungunsten der betroffenen oder berechtigten Personen diese nicht belasten, und andererseits, dass betroffene oder berechtigte Personen nicht zu einem ungerechtfertigten Vorteil gelangen.

Art. 15

Überweisung an die ESTV

Die erhobenen Steuern auf Kapitaleinkünften sind von den schweizerischen Zahlstellen innert 30 Tagen nach Ablauf jedes Vierteljahres an die ESTV zu überweisen (Abs. 1). Die vierteljährliche Überweisung der erhobenen Steuern von den schweizerischen Zahlstellen an die ESTV ist ein übliches Intervall zum Bezug von Steuern und Abgaben. Ein durch die regelmässige Überweisung generierter Zinsvorteil für die Eidgenossenschaft war Bestandteil der Verhandlungen und stellt ein Zugeständnis des Partnerstaats für die durch die ESTV zu übernehmenden Aufwendungen dar.

Zudem wäre der Partnerstaat bei Zahlungsausfall einer schweizerischen Zahlstelle weniger exponiert, da maximal die Steuern für das letzte Vierteljahr ausstehend sind.

Die schweizerischen Zahlstellen liefern gemäss dem anwendbaren Abkommen Angaben, in welchem Verhältnis die erhobenen Steuern den verschiedenen Kategorien von Kapitaleinkünften zuzuordnen sind (Abs. 2; vgl. Art. 28 Abs. 1 Abkommen Deutschland und Art. 29 Abs. 1 Abkommen Vereinigtes Königreich).

In Erbschaftsfällen überweisen die schweizerischen Zahlstellen die erhobene Steuer innerhalb der im anwendbaren Abkommen festgelegten Fristen an die ESTV und übermitteln gleichzeitig allfällige weitere im anwendbaren Abkommen vorgesehenen Informationen. Dabei handelt es sich namentlich im Verhältnis zu Deutschland um die Angabe des Bundeslandes, in dem die verstorbene betroffene Person gewohnt hat.

Art. 16

Meldung

Die Meldungen sind innerhalb der in den Abkommen festgelegten Fristen der ESTV abzuliefern (Abs. 1). Zu übermitteln sind die Meldungen, bei welchen eine ausdrückliche Ermächtigung durch die betroffene oder berechtigte Person oder gegebenenfalls die andere Vertragspartei vorliegt, aber auch diejenigen, die ohne Ermächtigung gestützt auf das Abkommen erfolgt sind (Abs. 2; vgl. Art. 4 Abs. 5, Art. 19 Abs. 3 und Art. 32 Abs. 4 Abkommen Vereinigtes Königreich, Art. 31 Abs. 4 Abkommen Deutschland). Eine einmal erteilte Ermächtigung zur Meldung von Kapitaleinkünften bleibt bis zum ausdrücklichen Widerruf durch die betroffene 5022

Person, ihre Rechtsnachfolgerinnen oder Rechtsnachfolger oder durch die andere Vertragspartei, ihre Rechtsnachfolgerinnen oder Rechtsnachfolger bei der schweizerischen Zahlstelle gültig. Widerrufen werden kann nur, wenn die widerrufende Person die anstelle der Meldung geschuldete Steuer gegenüber der Zahlstelle sicherstellt (Abs. 3 und 4). Da mit der Ermächtigung zur Meldung in Erbschaftsfällen gleichzeitig die Sperrung der Vermögenswerte aufgehoben wird, kann diese von der berechtigten Person nicht widerrufen werden (Abs. 5). Bereits abgegebene Meldungen sowohl von Kapitaleinkünften als auch von Erbschaftsfällen können durch die schweizerische Zahlstelle spätestens bis zu der im anwendbaren Abkommen festgelegten Frist zur Übermittlung der Meldungen an die ESTV widerrufen werden; ein an deren Stelle geschuldeter Steuerbetrag ist unverzüglich zu überweisen (Abs. 6).

Art. 17

Überweisung und Übermittlung an die Partnerstaaten

Die ESTV überweist die erhaltenen Einmalzahlungen und übermittelt die Meldungen innerhalb der im anwendbaren Abkommen festgelegten Fristen an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten. Weiter übermittelt die ESTV die nach Massgabe des Abkommens erhaltenen weiteren Informationen (vgl. die Ausführungen zu Art. 15).

Art. 18

Verjährung

Vgl. die Ausführungen zu Artikel 8.

Art. 19

Steuersatzänderungen

Um namentlich Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, müssen die zuständigen Behörden der Partnerstaaten die Schweiz über Steuersatzänderungen im innerstaatlichen Recht informieren, die von der abgeltenden Quellensteuer erfasste Kapitaleinkünfte und Vermögenswerte betreffen. Steuersatzänderungen nach Unterzeichnung der Abkommen finden zeitgleich Anwendung auf die Besteuerung der entsprechenden Kapitaleinkünfte und Vermögenswerte im Erbschaftsfall unter den Abkommen, sofern die Schweiz der zuständigen Behörde des Partnerstaates nicht mitteilt, dass sie die Satzänderung nicht nachvollzieht (Art. 19 Abkommen Deutschland, Art. 20 Abkommen Vereinigtes Königreich).

Das SIF ist die zuständige schweizerische Behörde in diesem Zusammenhang. Für die Genehmigung von Steuersatzänderungen ist der Bundesrat zuständig. Die Abkommen bilden annähernd das Steuerrecht der Partnerstaaten einschliesslich der Steuersätze im betroffenen Bereich nach, sodass im Normalfall davon auszugehen ist, dass ein Nachvollzug der Steuersatzänderungen gerechtfertigt ist.

4.2.4

Abgeltungszahlung

Art. 20 Nebst der abgeltenden Steuer sind die Zahlstellen gehalten, eine Abgeltungszahlung abzuziehen, wenn die Abkommen eine solche vorsehen. Dies ist im Abkommen mit dem Vereinigten Königreich der Fall. Dieses Abkommen bezweckt die Einführung einer Besteuerung mit abgeltender Wirkung für sämtliche Kapitaleinkünfte, die von 5023

einer schweizerischen Zahlstelle an betroffene Personen im Vereinigten Königreich fliessen.

Nach dem Zinsbesteuerungsabkommen sind die schweizerischen Zahlstellen gehalten, auf Zinszahlungen an Kundinnen und Kunden mit Wohnsitz in einem EUMitgliedstaat einen Steuerrückbehalt von 35 % vorzunehmen, sofern diese Zinszahlungen nicht der schweizerischen Verrechnungssteuer unterliegen. Durch Abzug einer Abgeltungszahlung von 13 % durch die schweizerischen Zahlstellen ergibt sich, zusammen mit dem Steuerrückbehalt nach dem Zinsbesteuerungsabkommen, die nach dem Abkommen mit dem Vereinigten Königreich vereinbarte Gesamtbelastung von 48 % auf Zinserträgen (Art. 19 Abs. 1 Bst. a). Entsprechend der Bestimmung von Artikel 19 Absatz 3 Buchstabe a des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich beträgt die Abgeltungszahlung 15 %, wenn die betroffene Person aufgrund ihrer Absichtserklärung nach der «Remittance Basis»-Besteuerung behandelt wurde (Art. 4 Abs. 4 Abkommen Vereinigtes Königreich), sie aber die nötige Bescheinigung als «non-UK domiciled individual» bis zu dem im Abkommen vorgesehenen Zeitpunkt nicht beibringt (Art. 4 Abs. 1 Abkommen Vereinigtes Königreich). Zusammen mit dem Steuerrückbehalt von 35 % ergibt dies die nach dem Abkommen mit dem Vereinigten Königreich vereinbarte Gesamtbelastung von 50 % auf Zinserträgen (Art. 19 Abs. 3 Bst. a).

Entsprechend der Regelung im Zinsbesteuerungsabkommen wird die Abgeltungszahlung in Franken berechnet und abgezogen. Die schweizerischen Zahlstellen rechnen die Abgeltungszahlungen jährlich ab und überweisen sie bis 31. März des Folgejahres an die ESTV. Die ESTV überweist die Abgeltungszahlungen jährlich bis zum 30. Juni des Folgejahres an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten.

Die Abgeltungszahlung wird auf Zinszahlungen abgezogen, auf denen bereits der Steuerrückbehalt nach ZBstA erhoben worden ist. Zwecks Vereinfachung der administrativen Abläufe wird bei der Abgeltungszahlung deshalb auf die Regelungen im Zinsbesteuerungsabkommen abgestellt. Die Artikel 14 (Steuererhebung) und 18 (Verjährung) sind sinngemäss anwendbar.

4.2.5

Art. 21 und 22

Gemeinsame Bestimmungen für die steuerliche Regularisierung, die Erhebung einer abgeltenden Steuer und die Abgeltungszahlung Organisation und Verfahren, Statistik

Die ESTV sorgt für die richtige Anwendung der abkommensrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften. Sie erteilt Weisungen, erlässt Verfügungen, trifft Entscheide und führt Statistiken.

Art. 23

Auskunftspflicht

Die schweizerischen Zahlstellen sind gegenüber der ESTV zur Auskunft über alle Tatsachen verpflichtet, die für die Umsetzung der Abkommen und des Gesetzes notwendig sind.

5024

Art. 24

Verzugszins

Auf verspätet überwiesenen Einmalzahlungen, abgeltenden Steuern und Abgeltungszahlungen ist ohne Mahnung ein Verzugszins geschuldet.

4.2.6

Verhältnis zu anderen Steuern

Art. 25 Die schweizerische Zahlstelle erhält die mit der Verrechnungssteuer von 35 % belasteten Kapitaleinkünfte aus Schweizer Quelle für Rechnung der betroffenen Person. Sie verlangt in einem weiteren Schritt für die betroffene Person die Rückerstattung der erhobenen Verrechnungssteuer abzüglich allfälliger, gemäss dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und dem Partnerstaat vorgesehener Residualsteuern. Die schweizerische Zahlstelle kann die Rückerstattung monatlich nach Ablauf eines Kalendermonats bei der ESTV verlangen. Die ESTV kann kürzere Abrechnungsfristen vorsehen, beispielsweise wenn Unruhen auf den Finanzmärkten zu einem hohen Währungsrisiko für die schweizerischen Zahlstellen und die ESTV führen. Ohne die Möglichkeit eines Verfahrens zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer könnten die schweizerischen Zahlstellen die abgeltende Quellensteuer auf diesen Kapitaleinkünften nicht korrekt erheben.

4.2.7 Art. 26

Vorauszahlung durch schweizerische Zahlstellen Leistung der Vorauszahlung

Die schweizerischen Zahlstellen sind verpflichtet, kurz nach Inkrafttreten des jeweiligen Abkommens eine Vorauszahlung an die Partnerstaaten zu leisten (Art. 15 Abkommen Deutschland, Art. 17 Abkommen Vereinigtes Königreich). Die Vorauszahlung wird mit Einmalzahlungen aus der Vergangenheitsregularisierung verrechnet, bis die schweizerischen Zahlstellen die geleistete Vorauszahlung zurückerhalten haben.

Abs. 1 und 2 Die schweizerischen Zahlstellen können die Vorauszahlung im Rahmen einer Selbstregulierung leisten. Dabei regeln sie untereinander die Aufteilung dieser Vorauszahlung. Sie gründen eine Abwicklungsgesellschaft, welche die Rechte und administrativen Pflichten der schweizerischen Zahlstellen im Zusammenhang mit der Abwicklung der Vorauszahlung übernimmt. Die Abwicklungsgesellschaft haftet ausschliesslich für die Kreditzusage, die sie nach Absatz 3 gegenüber der ESTV abgibt. Sie ist aber weder Solidarschuldnerin noch Garantin für die Vorauszahlung und einen allfälligen Ausfall. Die Haftung dafür liegt ausschliesslich bei den schweizerischen Zahlstellen. Eine andere Regelung wäre nicht sinnvoll, denn die Abwicklungsgesellschaft wird einzig zum Zweck der Abwicklung der Vorauszahlung gegründet und verfügt nicht über ausreichende eigene Mittel. Die Abwicklungsgesellschaft informiert die ESTV über alle zur Umsetzung der Vorauszahlung und eines allfälligen Ausfalls notwendigen Tatsachen.

5025

Abs. 3 Die Überweisung der Vorauszahlung der schweizerischen Zahlstellen an Deutschland und das Vereinigte Königreich erfolgt über die ESTV an die zuständige Behörde des jeweiligen Partnerstaates. Der Bundesrat legt den Zeitpunkt fest, an welchem die Vorauszahlung der schweizerischen Zahlstellen, sei dies über die Abwicklungsgesellschaft oder direkt, bei der ESTV eintreffen muss. Damit die ESTV die Möglichkeit hat, Zahlungsverfügungen gegenüber den schweizerischen Zahlstellen zu erlassen, sofern der eingegangene Betrag die Vorauszahlung nach den Abkommen nicht decken sollte, wird die Vorauszahlung der schweizerischen Zahlstellen voraussichtlich unmittelbar nach dem Inkrafttreten der Abkommen fällig werden.

Weiter legt der Bundesrat die Frist fest, innert der die Abwicklungsgesellschaft der ESTV eine unwiderrufliche Kreditzusage über den durch sie gedeckten Betrag der Vorauszahlung abgeben muss. Diese Kreditzusage wird kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes aber vor Fälligkeit der Vorauszahlung abzugeben sein. Sollte die Kreditzusage den Gesamtbetrag der Vorauszahlungen nach den Abkommen nicht decken, übermittelt die Abwicklungsgesellschaft der ESTV zusammen mit der Kreditzusage die Namen der an ihr beteiligten Zahlstellen und die Höhe ihres Beitrags an den von der Abwicklungsgesellschaft nach der Kreditzusage übernommenen Teil der Vorauszahlung. Diese Informationen ermöglichen es der ESTV, die Zahlungsverfügungen vorzubereiten, um notfalls den Gesamtbetrag der Vorauszahlungen bei den schweizerischen Zahlstellen einzufordern.

Abs. 4­6 Sollten die eingegangenen Vorauszahlungen zu dem vom Bundesrat festgelegten Zeitpunkt den Gesamtbetrag der Vorauszahlungen nach den Abkommen nicht decken, so erlässt die ESTV die notwendigen Zahlungsverfügungen an jene schweizerischen Zahlstellen, deren Anteil an dem in Bezug auf den Partnerstaat nach dem Zinsbesteuerungsabkommen erhobenen Steuerrückbehalt grösser ist als 0,5 %. Die jeweiligen Beiträge an der Vorauszahlung werden gestützt auf die der ESTV im letzten Jahr vor der Unterzeichnung des Abkommens gelieferten statistischen Angaben berechnet. Bei diesem Schlüssel handelt es sich um eine Annäherung an die tatsächlichen Marktanteile der schweizerischen Zahlstellen mit Bezug auf deutsche bzw. britische Kundinnen und Kunden. Er hat den Vorteil, dass die ESTV
bereits über die nötigen Angaben verfügt, um den ausstehenden Betrag der Vorauszahlung auf die Zahlstellen aufzuteilen und rasch einzutreiben. Der Verteilschlüssel ist nicht manipulierbar, da die ihm zugrunde liegenden statistischen Angaben sich auf einen Zeitraum vor Unterzeichnung der Abkommen beziehen. Mit dieser Regelung ist eine Haftung des Staates grundsätzlich ausgeschlossen.

Beim Erlass der Zahlungsverfügungen berücksichtigt die ESTV die bereits über die Abwicklungsgesellschaft geleisteten Beiträge wie folgt: Deckt die Zahlung der Abwicklungsgesellschaft die Beiträge der beteiligten Zahlstellen nach dem festgelegten Verteilschlüssel (Abs. 5), so erlässt die ESTV keine Zahlungsverfügungen an diese Zahlstellen. Deckt die Zahlung der Abwicklungsgesellschaft die Beiträge aber nicht, so berücksichtigt die ESTV den von jeder einzelnen Zahlstelle geleisteten Teil der Vorauszahlung bei der Zahlungsverfügung, wenn sie sichere Kenntnis davon hat. Sie berücksichtigt dabei die ihr von der Abwicklungsgesellschaft übermittelten Informationen.

5026

Abs. 7 Haben nebst der Abwicklungsgesellschaft schweizerische Zahlstellen direkt einen Beitrag an die Vorauszahlung geleistet, so überweist die ESTV die verrechneten Einmalzahlungen anteilsmässig an die Abwicklungsgesellschaft und die Zahlstellen, die die Vorauszahlung geleistet haben.

Art. 27

Sicherstellung und Verfahrensvorschriften

Sollte sich bereits vor der Fälligkeit der Vorauszahlung (Art. 26 Abs. 3) abzeichnen, dass die Vorauszahlung ganz oder teilweise gefährdet ist, kann die ESTV den Betrag mittels Verfügung sicherstellen. Die schweizerische Zahlstelle ist verpflichtet, den zu sichernden Betrag an die in der Verfügung angegebene Stelle zu überweisen. Die Verfügung der ESTV kann mittels Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Dieser Beschwerde kommt keine aufschiebende Wirkung zu, da sonst die fristgerechte Überweisung der Vorauszahlung an den Partnerstaat durch die schweizerischen Zahlstellen nicht sichergestellt werde könnte.

Art. 28

Ausfall

Ein allfälliger Ausfall bei der Verrechnung der Einmalzahlung wird auf die schweizerischen Zahlstellen aufgeteilt. Diese Aufteilung erfolgt entsprechend dem Anteil der einzelnen Zahlstelle an dem in Bezug auf den Partnerstaat nach dem Zinsbesteuerungsabkommen erhobenen Steuerrückbehalt, sofern dieser Anteil gemäss den der ESTV im letzten Jahr vor der Unterzeichnung des Abkommens gelieferten statistischen Angaben mindestens 0,01 % beträgt. Damit wird eine breite Aufteilung eines Ausfalls sichergestellt. Die ESTV besorgt die Verteilung des Ausfalls unter den Zahlstellen, die einen Beitrag an die Vorauszahlung geleistet haben, und den übrigen Zahlstellen. Sie erlässt die dafür notwendigen Zahlungsverfügungen.

Gegen die Zahlungsverfügung kann Einsprache erhoben und gegen den Einspracheentscheid Beschwerde nach den Bestimmungen der Bundesrechtspflege geführt werden (vgl. Art. 38). Ein beschleunigtes Verfahren ist im Zusammenhang mit dem Ausfall nicht gerechtfertigt.

4.2.8 Art. 29 und 30

Aus der Schweiz abgezogene Vermögenswerte Zuständige schweizerische Behörde, Statistische Erhebung betreffend Zielstaaten

Die Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich sehen vor, dass die zuständige schweizerische Behörde den zuständigen Behörden des Partnerstaates eine Liste der zehn wichtigsten Staaten und Territorien übermittelt, in die diejenigen betroffenen Personen, die zwischen der Unterzeichnung der Abkommen und dem Inkrafttreten (Abkommen Deutschland) bzw. dem Stichtag 3 (Abkommen Vereinigtes Königreich) ihr Konto oder Depot aufgelöst haben, Vermögenswerte transferiert haben (Art. 16 Abkommen Deutschland, Art. 18 Abkommen Vereinigtes Königreich). Zuständige schweizerische Behörde in diesem Zusammenhang ist das SIF (Art. 29). Artikel 30 sieht vor, welche statistischen Angaben die schweizerischen Zahlstellen dem SIF zu übermitteln haben.

5027

4.2.9

Sicherung des Abkommenszwecks

Der 9. Abschnitt enthält die Verfahrensbestimmungen, die bei der Behandlung von Ersuchen im Rahmen der in den Abkommen vereinbarten Auskunftserteilung zur Sicherung des Abkommenszwecks anwendbar sind. Eine direkte Anwendbarkeit des im Entwurf vorliegenden Steueramtshilfegesetzes ist angesichts der Besonderheiten des Instruments zur Sicherung des Abkommenszwecks nicht angemessen. Das IQG orientiert sich aber am Steueramtshilfegesetz, wo dies sachlich angemessen ist. Da das Steueramtshilfegesetz noch nicht vom Parlament verabschiedet wurde, wird im IQG generell auf die Bestimmungen in der Steueramtshilfegesetzgebung verwiesen.

Erfasst sind damit bis zu einem eventuellen Inkrafttreten des Steueramtshilfegesetzes die Bestimmungen der Verordnung vom 1. September 2010 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV; SR 672.204).

Art. 31

Informationsersuchen

Der ersuchende Staat muss sein Ersuchen schriftlich in einer schweizerischen Amtssprache oder in Englisch stellen. Welche Angaben im Ersuchen erforderlich sind, richtet sich nach dem anwendbaren Abkommen. Erfüllt das Ersuchen die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht, so teilt die ESTV dies der ersuchenden Behörde schriftlich mit und räumt ihr Gelegenheit ein, das Ersuchen schriftlich zu ergänzen.

Art. 32

Informationsbeschaffung

Basierend auf den Angaben im Ersuchen klärt die ESTV bei den Banken und den anderen bei ihr angemeldeten schweizerischen Zahlstellen ab, ob die betroffene Person in dem im Ersuchen angegebenen Zeitraum ein Konto oder Depot unterhalten hat. Im IQG wird der Kreis der auskunftspflichtigen Personen im Vergleich zu den Abkommen ausgedehnt. Nebst den Banken sind auch alle anderen bei der ESTV angemeldeten schweizerischen Zahlstellen zur Auskunftserteilung im Rahmen der Sicherung des Abkommenszwecks verpflichtet. Dadurch sollen Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.

Die Informationsbeschaffung gestaltet sich anders als im Rahmen der Steueramtshilfe. Einerseits sind nur Informationen zur Existenz von Konten oder Depots einer betroffenen Person einzuholen. Andererseits ist im Ersuchen die Angabe einer Informationsinhaberin nicht erforderlich, weshalb alle Banken und anderen bei der ESTV angemeldeten schweizerischen Zahlstellen anzufragen sind. Die ESTV setzt ihnen eine Frist zur Herausgabe der Informationen, die dem Einzelfall angemessen ist (Abs. 1).

Die Verpflichtung der Informationsinhaberinnen zur Herausgabe (Abs. 2) erstreckt sich auf jene Informationen, welche die ESTV nach Absatz 1 verlangen kann.

Die ersuchende Behörde hat keinen Anspruch auf Akteneinsicht oder Anwesenheit bei den Verfahrenshandlungen in der Schweiz.

Die Kosten, die aus der Informationsbeschaffung entstehen, werden nicht erstattet.

Dies gilt unabhängig davon, wem und wo die Kosten anfallen (Abs. 4).

5028

Art. 33

Information der beschwerdeberechtigten Personen

Die im Ersuchen genannte Person wird von der ESTV über das hängige Ersuchen benachrichtigt. In Abweichung von der Steueramtshilfegesetzgebung ist nicht vorgesehen, dass die Information der im Ersuchen genannten Person unterbleiben kann, wenn die ausländische Behörde Geheimhaltungsgründe glaubhaft macht. Dies liegt darin begründet, dass die Auskunftserteilung durch die Information der im Ersuchen genannten Person nicht beeinträchtigt wird, da die Zahlstelle über die Information verfügt, ob ein Konto oder Depot besteht, und sich diese ausserhalb des Einflussbereichs der im Ersuchen genannten Person befindet.

Weiter ist die im Ersuchen genannte Person nur dann zu informieren, wenn sich nach der Informationsbeschaffung herausstellt, dass nach Massgabe des anwendbaren Abkommens das Bestehen eines Kontos oder Depots gemeldet werden muss.

Wird der zuständigen Behörde im Partnerstaat mitgeteilt, es bestehe kein relevantes Konto oder Depot, so ist das Rechtsschutzinteresse der im Ersuchen genannten Person gering, weshalb der Verzicht auf ihre Information angezeigt ist.

Neben der im Ersuchen genannten Person informiert die ESTV unter den gleichen Voraussetzungen die weiteren Personen, von deren Beschwerdeberechtigung nach Artikel 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG; SR 172.021) sie aufgrund der Akten ausgehen muss, über das Ersuchen. Dies kann die schweizerische Zahlstelle sein, zum Beispiel wenn die Informationen mittels Zwangsmassnahmen erhoben werden müssen.

Art. 34

Angaben zur Festlegung der Anzahl Ersuchen

Die Anzahl jährlicher Ersuchen ist beschränkt. Diese Anzahl wird nach Massgabe eines in den Abkommen festgelegten Mechanismus angepasst. Die ESTV führt die zu diesem Zweck erforderlichen Statistiken. Um zu vermeiden, dass die Partnerstaaten unter Druck geraten, die Anzahl jährlicher Ersuchen voll auszuschöpfen oder im Inland drastische Massnahmen gegen ihre Steuerpflichtigen zu ergreifen, um den Erfolg der Ersuchen zu erzwingen, soll der Öffentlichkeit kein Zugang zu diesen Informationen gewährt werden.

Art. 35

Anwendbares Verfahrensrecht

Soweit im 9. Abschnitt nichts anderes vorgesehen ist, sind die Regelungen der Steueramtshilfegesetzgebung sinngemäss anwendbar.

4.2.10 Art. 36

Kontrolle und Verfahrensvorschriften Kontrolle

Die Abkommen sehen vor, dass die ESTV bei den schweizerischen Zahlstellen Kontrollen durchführt, um sicherzustellen, dass diese ihren Pflichten aus den Abkommen und aus diesem Gesetz nachkommen (Art. 37 Abkommen Deutschland, Art. 39 Abkommen Vereinigtes Königreich). Artikel 36 regelt die verfahrensrechtlichen Vorschriften und orientiert sich dabei an Artikel 8 Absätze 4­7 ZBstG.

5029

Die Abkommen sehen zudem die Erstellung eines zusammenfassenden Berichts über die wichtigsten Ergebnisse der im Vorjahr durchgeführten Kontrollen vor.

Dieser Bericht wird der zuständigen Behörde des Partnerstaates übermittelt und soll ihr ermöglichen, gegenüber ihren Kontrollorganen nachzuweisen, dass die Steuererhebung abkommenskonform erfolgt.

Art. 37

Anwendbares Verfahrensrecht

Soweit im IQG nichts anderes bestimmt wird, ist das VwVG anwendbar.

Art. 38

Rechtsmittel

Gegen Verfügungen der ESTV kann, soweit im IQG nichts anderes bestimmt wird, Einsprache erhoben werden. Der Einspracheentscheid unterliegt der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Entscheide im Zusammenhang mit den Abkommen und dem IQG werden in der Regel technischer Natur sein, weshalb das IQG in Abweichung zum üblichen Verwaltungsverfahren die Möglichkeit der Einsprache bei der ESTV vorsieht.

Art. 39

Geheimhaltungspflicht

Artikel 39 orientiert sich an Artikel 10 ZBstG und Artikel 37 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG; SR 642.21). Die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet; davon ausgenommen sind die im Abkommen vorgesehenen Meldungen der ESTV an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten und die Erteilung von Auskünften im Rahmen der Sicherung des Abkommenszwecks. Gegenüber Verwaltungs- und Rechtsmittelorganen kann die Geheimhaltungspflicht vom EFD im Einzelfall aufgehoben werden. Ebenfalls keine Geheimhaltungspflicht besteht, insoweit dafür eine gesetzliche Grundlage im Bundesrecht gegeben ist. So statuiert beispielsweise Artikel 22a des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1) eine Anzeigepflicht für Angestellte der Bundesverwaltung, wonach diese alle von Amtes wegen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen, die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit festgestellt haben oder die ihnen gemeldet worden sind, den Strafverfolgungsbehörden, ihren Vorgesetzten oder der Eidgenössischen Finanzkontrolle anzeigen müssen.

Die bei der Prüfung einer schweizerischen Zahlstelle gemachten Feststellungen über Dritte dürfen von den schweizerischen Fiskalbehörden nicht für schweizerische steuerliche Verfahrenszwecke verwendet werden. Die Wahrung des Bankgeheimnisses und anderer gesetzlich geschützter Berufsgeheimnisse ist vorgeschrieben.

4.2.11

Strafbestimmungen

Die Strafbestimmungen (Art. 40­42) entsprechen grundsätzlich den Strafbestimmungen des ZBstG (Art. 12­14). Unterschieden wird zwischen Hinterziehung bzw.

Verletzung der Meldepflicht (Art. 40), Gefährdung (Art. 41) und blossen Ordnungswidrigkeiten (Art. 42). Beim Strafmass für die Hinterziehung, Gefährdung und Ordnungswidrigkeiten wird analog dem Zinsbesteuerungsgesetz verfahren.

5030

Leistet eine Bank oder eine bei der ESTV angemeldete schweizerische Zahlstelle einer von der ESTV unter Hinweis auf die Strafdrohung von Artikel 43 ergangenen vollstreckbaren Verfügung zur Herausgabe von Informationen oder einem entsprechenden Entscheid der Rechtsmittelinstanzen vorsätzlich keine Folge, so wird sie mit Busse bis zu 10 000 Franken bestraft. Diese Bestimmung geht der allgemeinen Regelung von Artikel 292 des Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0) vor. Der Bussenrahmen entspricht demjenigen von Artikel 10 Absatz 4 des Entwurfs des Steueramtshilfegesetzes.

Soweit im IQG nichts anderes bestimmt wird, ist das VStrR anwendbar (Art. 44).

Die ESTV ist Strafverfolgungsbehörde und urteilende Instanz.

4.2.12

Schlussbestimmungen

Artikel 46 sieht die Änderung bestehenden Rechts vor, nämlich die Einführung eines neuen Absatzes 2 in Artikel 2 FINMAG. Artikel 2 FINMAG regelt das Verhältnis des FINMAG zu den anderen Finanzmarktgesetzen. Der neue Absatz 2 stellt klar, dass im Rahmen der internationalen Quellenbesteuerung abgeschlossene staatsvertragliche Regelungen und damit zusammenhängende Vereinbarungen, namentlich über grenzüberschreitende Prüfungen und den Marktzugang, entgegenstehenden Bestimmungen des FINMAG und anderer Finanzmarktgesetze vorgehen. Als solche zusammenhängende Vereinbarungen gelten insbesondere das mit Deutschland vereinbarte Memorandum zu verfahrensrechtlichen Aspekten grenzüberschreitender Tätigkeiten im Finanzbereich (vgl. Ziff. 2.7.1) und das mit dem Vereinigten Königreich vereinbarte Memorandum über die Bereitstellung von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen im Vereinigten Königreich durch Unternehmen der Schweiz (vgl. Ziff. 3.9).

In Artikel 17 Absatz 3 des Abkommens mit Deutschland wird festgelegt, dass Beteiligte an Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb steuererheblicher Daten von Kundinnen und Kunden von schweizerischen Zahlstellen vor Unterzeichnung dieses Abkommens begangen wurden, weder nach schweizerischem noch nach deutschem Recht verfolgt werden. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hängige Verfahren werden eingestellt. Artikel 47 hält diese Verpflichtung für kantonale Behörden zur Klarstellung fest.

Der Gesetzesentwurf untersteht dem fakultativen Referendum.

Es ist vorgesehen, das Gesetz unmittelbar nach Ablauf der Referendumsfrist bzw.

unmittelbar nach einem zustimmenden Volksentscheid in Kraft zu setzen. Das Gesetz bildet die gesetzliche Grundlage für die im Hinblick auf die Überweisung der Vorauszahlung an die Partnerstaaten notwendigen Vorbereitungshandlungen (vgl.

Art. 26).

5031

5

Auswirkungen der Abkommen und des Umsetzungserlasses

Die Auswirkungen der Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich und der Gesetzesvorlage können nicht voneinander getrennt werden. Die folgenden Ausführungen beziehen sich deshalb gesamthaft auf alle drei Vorlagen.

5.1

Auf Bundesebene

5.1.1

Sach- und Personalausgaben, Aufwandentschädigung

Der Einzug und die Weiterleitung der Einmalzahlungen sowie der Erträge der abgeltenden Quellensteuer und der Abgeltungszahlung, die Übermittlung der Meldungen, die Bearbeitung von Ersuchen im Rahmen der Sicherung des Abkommenszwecks, die Kontrollen bei den Zahlstellen, die Führung von Verständigungsverfahren sowie weitere Umsetzungsaufgaben werden auf Bundesebene zu einem erhöhten administrativen Aufwand führen. Dadurch dürften im EFD ab 2013 jährliche Gesamtkosten (Personal- und Sachaufwendungen) von rund 8,25 Millionen Franken entstehen. Ein Teil des Mehraufwands kann über die in den Abkommen vereinbarte Aufwandentschädigung kompensiert werden (vgl. die Ausführungen zu Art. 28 Abs. 1 und 2 und Art. 31 Abs. 6 Abkommen Deutschland unter Ziff. 2.3 und zu Art. 35 Abkommen Vereinigtes Königreich unter Ziff. 3.4).

5.1.2

Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer

Ausländische Kundinnen und Kunden schweizerischer Zahlstellen halten in ihren Anlageportfolios nur zu einem geringen Teil Vermögenswerte, die verrechnungssteuerpflichtige Kapitalerträge abwerfen. Für den schweizerischen Fiskus wird die Verrechnungssteuer dann zu einem definitiven Ertrag, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, wenn die Schweiz eine im anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen geregelte Residualsteuer einbehalten kann oder wenn eine Anlegerin oder ein Anleger mit Wohnsitz im Ausland auf die Steuerrückerstattung verzichtet.

Die beiden Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich werden dazu führen, dass die Vermögenswerte bei schweizerischen Zahlstellen grundsätzlich als im Wohnsitzstaat versteuert gelten. Zudem können die schweizerischen Zahlstellen künftig in eigenem Namen und auf Rechnung der betroffenen Personen die Verrechnungssteuer zurückfordern (vgl. die Ausführungen zu Art. 25 IQG).

Daher dürfte das Rückerstattungspotenzial bei betroffenen deutschen und britischen Personen künftig anders als bisher vollständig ausgeschöpft werden. Bei Zinserträgen ist gemäss den Doppelbesteuerungsabkommen die Verrechnungssteuer zum ganzen Satz von 35 % rückforderbar. Bei den Dividenden verbleibt der Schweiz eine Residualsteuer von 15 %, sodass der Rückerstattungssatz dort 20 % beträgt.

Die höhere Rückerstattungsquote bildet den Hauptgrund für die Mindereinahmen bei der Verrechnungssteuer. Daneben trägt auch die absehbare Abnahme der verwalteten Vermögenswerte zu den Mindereinahmen bei (vgl. Ziff. 1.4.2).

5032

Insgesamt dürften sich die voraussichtlichen jährlichen Mindereinnahmen aus der Verrechnungssteuer aufgrund der Erhöhung der Rückerstattungsquote und der Abnahme der verwalteten Vermögenswerte in einer Bandbreite zwischen 150 und 210 Millionen Franken bewegen. Diese Schätzung fusst auf Annahmen über das Verhalten der Betroffenen und über die Höhe der Vermögen der betroffenen deutschen und britischen Kundinnen und Kunden, die nicht durch verlässliche statistische Quellen abgestützt sind.

5.1.3

Weitere steuerliche Auswirkungen

Über die Mindereinnahmen bei der Verrechnungssteuer hinaus entstehen weitere steuerliche Auswirkungen, die nachfolgend qualitativ beschrieben werden, aber nicht quantifiziert werden können.

Im Zuge der steuerlichen Regularisierung nehmen die von den schweizerischen Zahlstellen im Inland verwalteten Vermögenswerte der deutschen und britischen Privatkundinnen und -kunden ab, sei es, weil Vermögenswerte abgezogen werden, oder aufgrund der Einmalzahlung an den deutschen bzw. britischen Fiskus zur Regularisierung der Vermögen. Ausserdem können die Margen der schweizerischen Zahlstellen bei der Verwaltung der nunmehr regularisierten Vermögen tendenziell sinken. Beide Effekte bewirken, dass die Gewinne in der Vermögensverwaltung abnehmen, was direkt die Erträge aus der Gewinnsteuer und indirekt über tendenziell tiefere Saläre der in der Vermögensverwaltung Beschäftigten auch die Erträge aus der Einkommenssteuer vermindert. Betroffen davon sind sowohl der Bund als auch die Kantone und Gemeinden. Mittelfristig sollte jedoch das attraktive System der Quellensteuer (vgl. Ziff. 1.4.2) zu Vermögenszuflüssen aus dem Ausland führen, was sich positiv auf die Erträge aus der Gewinnsteuer auswirken würde.

In der Einführungsphase verursacht die Implementierung der Abkommen den schweizerischen Zahlstellen überdies Kosten, die als Aufwand von der Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuer abgezogen werden können, was diese ebenfalls vermindert. Die Banken schätzen die Implementierungskosten insgesamt auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Vorübergehend wird auch die Vorauszahlung der schweizerischen Zahlstellen an die Partnerstaaten die Gewinnsteuer vermindern, da die Banken Rückstellungen bilden und bis zur Verrechnung und Rückzahlung keinen Zinsvorteil aus der geleisteten Vorauszahlung haben.

Demgegenüber sollte der verbesserte Marktzugang längerfristig positive Effekte auf die Erträge aus der Gewinnsteuer haben.

5.2

Auf kantonaler Ebene und kommunaler Ebene

Es wird auf die Ausführungen unter den Ziffern 5.1.2­5.1.3 verwiesen.

5.3

Wirtschaftliche Auswirkungen

Es wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1.4.2 verwiesen.

5033

6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 20122 über die Legislaturplanung 2011­2015 nicht angekündigt. Die Botschaft sieht jedoch im Ziel 3 «Stabilität und Standortattraktivität des Finanzplatzes sind gewährleistet» den Ausbau des Netzes von Abkommen betreffend Quellensteuer und verbesserten Marktzugang vor. Die Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich wurden vor Verabschiedung dieser Botschaft unterzeichnet.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Genehmigungsbeschlüsse, Abschluss- und Genehmigungskompetenz

Die Abkommen mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich sind rechtlich nicht miteinander verbunden, weshalb der Bundesrat der Bundesversammlung die Genehmigung von zwei separaten Bundesbeschlüssen beantragt. Dieses Vorgehen entspricht dem verfassungsmässigen Grundsatz der Einheit der Materie und berücksichtigt die Praxis der Bundesbehörden betreffend die Genehmigung und Umsetzung internationaler Verträge. Die beiden Bundesbeschlüsse stützen sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, welcher dem Bund eine allgemeine Kompetenz im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten einräumt und ihn zum Abschluss von Staatsverträgen ermächtigt. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV.

7.2

Umsetzungsgesetzgebung

Die Umsetzung völkerrechtlicher Verträge ist eine inhärente, aus Artikel 54 Absatz 1 BV fliessende Kompetenz des Bundes. Diese Zuständigkeit, insbesondere jene zur Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrages, ist jedoch keine ausschliessliche Bundeskompetenz. Je nach Inhalt eines völkerrechtlichen Vertrags fällt seine Umsetzung auch in die Zuständigkeit der Kantone. Unter Umständen sind sogar allein die Kantone primär verantwortlich, einen völkerrechtlichen Vertrag umzusetzen.

Die Abkommen dienen der steuerlichen Regularisierung von undeklarierten Konten und Depots in der Schweiz, welche im Partnerstaat steuerpflichtige Personen halten, sowie der Erhebung einer abgeltenden Quellensteuer auf bestimmten Vermögenserträgen und auf Vermögenswerten im Erbschaftsfall, deren Ertrag an die Partnerstaaten überwiesen wird. Sie haben für die Kantone nur geringfügige unmittelbare finanzielle Auswirkungen (vgl. Ziff. 5.1.3­5.1.4). Die Abkommen berühren keine kantonalen Kompetenzen. Hinzu kommt, dass die Abkommen den Bund bzw. das EFD als die für den Vollzug in der Schweiz zuständige Behörde bezeichnen. Daraus ist zu schliessen, dass der Erlass des Gesetzes zur Umsetzung der Abkommen Sache des Bundes ist. Formale Verfassungsgrundlage ist Artikel 173 Absatz 2 BV, wonach die Bundesversammlung alle Geschäfte behandelt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner andern Behörde zugewiesen sind.

2

BBl 2012 481

5034

7.3

Staatsvertragsreferendum

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dann dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder ihre Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Beides ist vorliegend zu bejahen, weshalb die Abkommen dem fakultativen Referendum zu unterstellen sind.

7.4

Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen

Der Bundesrat ist nach Artikel 19 Absatz 2 IQG zur Genehmigung von Änderungen der in Teil 3 der Abkommen festgelegten Steuersätze ermächtigt. Diese Delegation erscheint sachlich angemessen. Die Abgeltungszahlung nach Artikel 20 IQG bemisst sich nach der Differenz zwischen den Steuersätzen für Zinsertrag nach dem Abkommen mit dem Vereinigten Königreich (Art. 19 Abs. 1 Bst. a und Art. 19 Abs. 3 Bst. a) und dem Steuerrückbehalt nach dem Zinsbesteuerungsabkommen. Bei einer Änderung der Steuersätze wird daher gleichzeitig auch die Abgeltungszahlung nach Artikel 20 IQG angepasst.

Gestützt auf Artikel 24 Absatz 2 IQG bestimmt das EFD den Zinssatz, wenn dieses Gesetz einen Verzugszins vorschreibt. Diese Delegation entspricht der allgemeinen Vorgehensweise.

5035

5036