17.061 Botschaft über die Genehmigung der Zusatzvereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Fonds für die innere Sicherheit und des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 (Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands) vom 15. September 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung der Zusatzvereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Fonds für die innere Sicherheit sowie des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. September 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Beantragt wird die Genehmigung der Zusatzvereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Fonds für die innere Sicherheit im Bereich Aussengrenzen und Visa (ISF-Grenze). Diese Vereinbarung legt die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz am Fonds fest und ist somit Voraussetzung, damit sich die Schweiz als an Schengen assoziierter Staat an diesem Fonds beteiligen kann. Beantragt wird ferner die Genehmigung des Notenaustauschs betreffend die Übernahme einer EU-Verordnung, die unter anderem die Durchführungsbestimmungen für den Fonds beinhaltet.

Ausgangslage Am 16. April 2014 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der EU sowohl die Verordnung (EU) Nr. 515/2014 zur Schaffung des Fonds für die innere Sicherheit im Bereich Aussengrenzen und Visa (ISF-Grenze) für den Zeitraum 2014­2020 als auch die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 zur Festlegung der allgemeinen Bestimmungen für den Fonds für die innere Sicherheit und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (sog. Horizontale Verordnung). Beide Verordnungen wurden der Schweiz am 7. Mai 2014 notifiziert.

Bei der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 zur Schaffung des ISF-Grenze war von Anfang an unbestritten, dass es sich dabei um eine Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands handelt, zu deren Übernahme sich die Schweiz im Rahmen des Schengen-Assoziierungsabkommens grundsätzlich verpflichtet hat. Demgegenüber war der Status der Horizontalen Verordnung zunächst unklar, da sie von der EU formell als nicht Schengen-relevant eingestuft und der Schweiz gleichwohl zusammen mit der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 als Schengen-Weiterentwicklung notifiziert wurde, soweit ihre Bestimmungen für die Durchführung des Fonds für die innere Sicherheit erforderlich sind.

In Anbetracht der unklaren rechtlichen Klassifizierung der Horizontalen Verordnung hiess der Bundesrat am 6. Juni 2014 lediglich die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 unter Vorbehalt der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen gut und verabschiedete am 3. Juni 2016 die Botschaft zur Genehmigung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme dieser EU-Verordnung. Am 16. Dezember 2016 genehmigte die Bundesversammlung die Übernahme dieser EU-Verordnung. Die Referendumsfrist lief am 7. April 2017 unbenutzt ab. Die Schweiz teilte der EU
am 11. April 2017 die Erfüllung ihrer verfassungsmässigen Voraussetzungen für die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 mit, womit diese für die Schweiz am selben Tag in Kraft trat.

Da der Fonds eine Einrichtung der EU und die Schweiz nicht Mitglied derselben ist, müssen die notwendigen Regeln für die Beteiligung der Schweiz an diesem Fonds zwingend in einer Zusatzvereinbarung festgelegt werden. In dieser Zusatzvereinbarung werden insbesondere die Höhe der finanziellen Beteiligung der Schweiz sowie die weiteren Teilnahmebedingungen festgelegt. Es handelt sich um eine Zu-

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satzvereinbarung, wie sie die Schweiz bereits im Hinblick auf ihre Beteiligung am früheren Aussengrenzenfonds abgeschlossen hatte.

Ursprünglich beabsichtigten die assoziierten Staaten, die Rechtsgrundlagen zum Fonds als Gesamtpaket zu übernehmen, wie dies beim Vorgängerfonds, dem Aussengrenzenfonds, bereits der Fall war. Dies war schliesslich jedoch nicht möglich, da es das Schengen-Assoziierungsabkommen (SAA) der EU nach neuer Ansicht der Europäischen Kommission nicht erlaubte, die Zusatzvereinbarung zu paraphieren, solange die assoziierten Staaten die dieser Vereinbarung zugrundeliegende Verordnung (EU) Nr. 515/2014 noch nicht definitiv übernommen hatten. Da das innerstaatliche Übernahmeverfahren dieser Verordnung vom 7. Mai 2014 bis zum 7. April 2017 dauerte, konnte die Zusatzvereinbarung erst am 21. April 2017 paraphiert werden.

Im Rahmen der Verhandlungen über die Zusatzvereinbarung wurde auch der Bezug der Horizontalen Verordnung (Verordnung [EU] Nr. 514/2014) zum SchengenBesitzstand explizit in der Zusatzvereinbarung festgehalten. Folglich bildet die Zusatzvereinbarung die rechtliche Grundlage für die Übernahme dieser Verordnung, weshalb der diesbezügliche Notenaustausch zusammen mit der Zusatzvereinbarung der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet wird.

Inhalt der Vorlage Wie in der Botschaft vom 3. Juni 2016 festgehalten, wurde mit der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 der ISF-Grenze für den Zeitraum 2014­2020 als Nachfolgeinstrument des Aussengrenzenfonds geschaffen; an Letzterem hatte sich die Schweiz rückwirkend ab 2009 beteiligt, er ist Ende 2013 ausgelaufen. Im Rahmen des ISFGrenze sollen ­ wie zuvor beim Aussengrenzenfonds ­ Schengen-Staaten, die aufgrund ihrer ausgedehnten Land- oder Seegrenzen sowie bedeutenden internationalen Flughäfen hohe Kosten für den Schutz der Schengen-Aussengrenzen tragen, mit projektgebundenen Mitteln unterstützt werden. Der Fonds soll dazu beitragen, die Effizienz der Kontrollen und damit den Schutz der Aussengrenzen zu verbessern und die Zahl illegaler Einreisen zu verringern. Zudem soll er der EU ermöglichen, rasch und wirksam auf sicherheitsbezogene Krisen, die das Funktionieren des SchengenSystems in Frage stellen könnten, zu reagieren. Gerade vor dem Hintergrund der anhaltenden Migrationskrise kommt dem Fonds als Ausdruck der Solidarität sowie
als praktischem Instrument zur Unterstützung der Sicherung der SchengenAussengrenze eine wichtige Funktion zu.

Die Finanzausstattung für die Durchführung des Fonds beträgt 2,76 Milliarden Euro. Die Finanzbeiträge der assoziierten Staaten sind in den 2,76 Milliarden Euro nicht enthalten; sie werden die Mittel für den Fonds entsprechend erhöhen. Über die sieben Jahre Laufzeit des Fonds wird sich die Schweiz voraussichtlich mit durchschnittlich 20,6 Millionen Franken pro Jahr am Fonds beteiligen. Als Grundlage für die Berechnung der Beitragszahlungen der Schweiz sowie der anderen assoziierten Staaten dient der Schengen-Schlüssel gemäss SAA. Laut diesem Schlüssel richtet sich der Beitrag der Schweiz am Fonds nach dem «Verhältnis des Prozentsatzes des nationalen BIP zum BIP aller teilnehmenden Schengen-Staaten».

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Im Gegenzug zu ihren finanziellen Leistungen an den Fonds wird die Schweiz Zuweisungen für nationale Massnahmen aus dem Fonds erhalten. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Schweiz über die gesamte Laufzeit des Fonds Zuweisungen in der Höhe von ca. 20 Millionen Franken erhalten wird. Diese sollen insbesondere für Projekte, die zum Schutz der Schengen-Aussengrenzen beitragen, eingesetzt werden.

Die Schweiz kann sich voraussichtlich ab der zweiten Hälfte 2018, rückwirkend ab 2014, am Fonds beteiligen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Ausgangslage

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Zusatzvereinbarung 2.1 Ausgangslage 2.2 Verhandlungsverlauf 2.3 Inhalt der Zusatzvereinbarung 2.4 Inkrafttreten und vorläufige Anwendung 2.5 Beendigung

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Verordnung (EU) Nr. 514/2014 3.1 Grundlagen 3.2 Beteiligung der Schweiz an der Ausarbeitung der Verordnung 3.3 Bezug zum Schengen-Besitzstand 3.4 Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 3.4.1 Gliederung 3.4.2 Allgemeine Bestimmungen 3.4.3 Grundsätze der Unterstützung 3.4.4 Finanzrahmen für Unionsmassnahmen, Soforthilfe und technische Hilfe 3.4.5 Nationale Programme 3.4.6 Information, Kommunikation, Monitoring, Evaluierung und Berichterstattung 3.4.7 Schlussbestimmungen

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Auswirkungen 4.1 Auswirkungen der Zusatzvereinbarung auf den Bund 4.1.1 Finanzielle Auswirkungen 4.1.2 Beginn der Schweizer Zahlungen an den Fonds 4.1.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 4.1.4 Personelle Auswirkungen 4.1.5 Der Schweiz zugewiesene Mittel 4.1.6 Technische Unterstützungsleistung 4.1.7 Projektplanung 4.1.8 Verwaltungs- und Kontrollsystem 4.2 Auswirkungen auf die Kantone

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Verhältnis zur Legislaturplanung

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Rechtliche Aspekte 6.1 Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.2 Verfassungsmässigkeit 6.3 Erlassform 6.4 Vernehmlassungsverfahren 6.5 Umsetzung ins nationale Recht

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Bundesbeschluss über die Genehmigung der Zusatzvereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Fonds für die innere Sicherheit und des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) (Entwurf)

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Notenaustausch vom 19. September 2017 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 zur Festlegung der allgemeinen Bestimmungen zur Durchführung des Fonds für die innere Sicherheit (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands)

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Botschaft 1

Ausgangslage

Im Rahmen des Abkommens vom 26. Oktober 20041 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (Schengen-Assoziierungsabkommen, SAA) hat sich die Schweiz grundsätzlich zur Übernahme und Umsetzung aller Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands verpflichtet.2 Seit der Unterzeichnung dieses Abkommens sind der Schweiz von der EG/EU bisher knapp 200 Schengen-Weiterentwicklungen notifiziert worden.

Mit dieser Botschaft wird die Genehmigung einer Vereinbarung zwischen der EU und der Schweiz beantragt, die in direktem Zusammenhang mit der Verordnung (EU) Nr. 515/20143 zur Schaffung des Fonds für die innere Sicherheit (ISF) im Bereich Aussengrenzen und Visa (ISF-Grenze) für den Zeitraum 2014­2020 steht, welche die Schweiz mit Antwortnote vom 11. April 2017 als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands übernommen hat. Um diese Verordnung anwenden zu können, bedarf es des Abschlusses der genannten Vereinbarung.

Im Oktober 2014 und im März 2015 fand in Brüssel je eine Verhandlungsrunde über diese Zusatzvereinbarungen zur Beteiligung der assoziierten Staaten am Fonds statt, wobei es den assoziierten Staaten gelang, sich mit der Europäischen Kommission auf einen Vertragsentwurf zu einigen.

Die EU informierte jedoch die assoziierten Staaten vor der zweiten Verhandlungsrunde informell darüber, dass die Zusatzvereinbarung erst paraphiert werden könne, nachdem die Verordnung (EU) Nr. 515/2014 definitiv von ihnen übernommen worden sei.

Das innerstaatliche Übernahmeverfahren betreffend die Verordnung (EU) Nr. 515/2014 dauerte bis zum 7. April 2017 (Ablauf der Referendumsfrist). Am 11. April 2017 informierte die Schweiz die EU darüber, dass das innerstaatliche Übernahmeverfahren nun abgeschlossen sei, was der Ratifizierung des Notenaustauschs gleichkam. Der Notenaustausch zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr.

515/2014 trat mit dieser Mitteilung in Kraft. Da damit die nach Ansicht der EU notwendigen Voraussetzungen für eine Paraphierung der Zusatzvereinbarung erfüllt waren, konnte die Vereinbarung am 21. April 2017 paraphiert werden.

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SR 0.362.31 Art. 2 Abs. 3 und Art. 7 SAA Verordnung (EU) Nr. 515/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Schaffung eines Instruments für die finanzielle Unterstützung für Aussengrenzen und Visa im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 574/2007/EG, ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 143.

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Im Weiteren wird mit der vorliegenden Botschaft auch die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/20144 beantragt. Diese beinhaltet unter anderem die Durchführungsbestimmungen für den Fonds. Demzufolge ist ihre Anwendung für eine korrekte Durchführung des Fonds zwingend erforderlich. Dessen ungeachtet wurde die Verordnung formal und entgegen der Ansicht der assoziierten Staaten nicht als Bestandteil des Schengen-Besitzstands bezeichnet. Dennoch wurde die Verordnung den assoziierten Staaten als Schengen-relevant notifiziert. Im Rahmen der Zusatzvereinbarung wurde daher nun ein formeller Bezug der Verordnung zum SchengenBesitzstand geschaffen, indem in deren Erwägung 3 explizit festgehalten wurde, dass die Verordnung insofern eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstelle, als ihre Bestimmungen für die Durchführung des Fonds erforderlich sind.

Auf ein Vernehmlassungsverfahren wurde verzichtet, weil die Zusatzvereinbarung wie auch die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 bereits Gegenstand der Vernehmlassung zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 zur Schaffung des ISFGrenze war.5

2

Zusatzvereinbarung

2.1

Ausgangslage

Da der Fonds eine Einrichtung der EU und die Schweiz nicht Mitglied derselben ist, müssen die notwendigen Regeln für die Beteiligung der assoziierten Staaten am Fonds ­ und also auch der Schweiz ­ in je einer Zusatzvereinbarung festgelegt werden. Darin geregelt werden müssen insbesondere die Berechnungsmethode für die finanzielle Beteiligung der assoziierten Staaten am Fonds und die Modalitäten der Beitragszahlungen sowie die Zuständigkeiten der europäischen Institutionen in den Bereichen Finanzkontrolle und Korruptionsbekämpfung mit Bezug auf die den assoziierten Staaten ausbezahlten Fondsgelder. Es handelt sich um eine Zusatzvereinbarung zum Schengen-Assoziierungsabkommen, wie sie die Schweiz auch im Hinblick auf ihre Beteiligung am früheren Aussengrenzenfonds abgeschlossen hat.6 Die rechtliche Grundlage für den Abschluss einer solchen Zusatzvereinbarung bildet Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 515/2014.

Der Wortlaut der Zusatzvereinbarung und seines Anhangs wurde auf Englisch ausgehandelt und im Anschluss von der EU in weitere 22 Sprachen übersetzt. Da-

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5

6

Verordnung (EU) Nr. 514/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und das Instrument für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements, ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 112.

Die Vernehmlassung dauerte vom 4. Nov. 2015 bis zum 15. Febr. 2016; vgl.

www.Bundesrecht.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2015 > EJPD Vereinbarung vom 19. März 2010 zwischen der Europäischen Gemeinschaft sowie der Republik Island, dem Königreich Norwegen, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über zusätzliche Regeln im Zusammenhang mit dem Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007­2013, SR 0.362.312.

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runter befinden sich auch die Amtssprachen der Schweiz. Alle Sprachversionen sind gleichermassen verbindlich (vgl. Art. 21 Zusatzvereinbarung).

2.2

Verhandlungsverlauf

Die Schweizer Delegation stand unter der Leitung des Staatssekretariats für Migration (SEM). Sie setzte sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Direktion für Europäische Angelegenheiten (Ko-Leitung) und der Direktion für Völkerrecht des EDA, des Bundesamtes für Justiz und der Schweizer Mission in Brüssel zusammen.

Im Oktober 2014 und im März 2015 fand in Brüssel jeweils eine Verhandlungsrunde über die Zusatzvereinbarungen zur Beteiligung der assoziierten Staaten am Fonds statt, wobei sich die assoziierten Staaten mit der Europäischen Kommission auf einen Vertragsentwurf einigen konnten, der im Rahmen des Schweizer Verhandlungsmandats lag.

Überraschenderweise wurden die Schweiz und die anderen assoziierten Staaten vor der zweiten Verhandlungsrunde informell darüber informiert, dass das SAA es nach neuer Ansicht der Europäischen Kommission der EU nicht erlaube, die Zusatzvereinbarung zu paraphieren, solange die assoziierten Staaten die Verordnung (EU) Nr. 515/2014 noch nicht definitiv übernommen haben. Die Europäische Kommission hat jedoch den assoziierten Staaten am 28. September 2015 schriftlich bestätigt, dass sie nicht beabsichtige, den im Entwurf vorliegenden Text der Zusatzvereinbarung zu ändern. Damit wollte sie den nationalen Parlamenten ermöglichen, die innerstaatlichen Verfahren zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 in voller Kenntnis der Sachlage durchzuführen.

Das innerstaatliche Übernahmeverfahren betreffend die Verordnung (EU) Nr. 515/2014 dauerte bis zum 7. April 2017 (Ablauf der Referendumsfrist). Am 11. April 2017 informierte die Schweiz die EU darüber, dass das innerstaatliche Übernahmeverfahren abgeschlossen sei, worauf die Zusatzvereinbarung am 21. April 2017 paraphiert wurde. Der Inhalt der Vereinbarung entspricht dem im Jahr 2015 vereinbarten Entwurf, der zwischenzeitlich keine Änderungen mehr erfahren hat.7

2.3

Inhalt der Zusatzvereinbarung

Die Zusatzvereinbarung ermöglicht der Schweiz die umfassende Teilnahme am Fonds und regelt die für sie damit verbundenen Rechte und Pflichten. Sie umfasst neben der Präambel 21 Artikel und einen Anhang, der integraler Bestandteil der Zusatzvereinbarung ist.

Die Präambel unterstreicht, dass die Verordnung (EU) Nr. 515/2014 eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Sinne des SAA darstellt. Sie hebt zudem hervor, dass Artikel 5 Absatz 7 dieser Verordnung vorsieht, dass sich die assoziier7

Die Vereinbarung liegt dieser Botschaft nicht bei; sie war bereits Beilage zur Botschaft vom 3. Juni 2016, BBl 2016 5125.

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ten Staaten am Fonds beteiligen und dazu Zusatzvereinbarungen abschliessen werden, um die erforderlichen zusätzlichen Regeln, einschliesslich der Bestimmungen, die den Schutz der finanziellen Interessen der EU und die Prüfungsbefugnis des Rechnungshofs gewährleisten, festzuhalten. Darüber hinaus legt sie fest, dass auch die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 für die Schweiz eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellt, soweit ihre Bestimmungen für die Durchführung des Fonds erforderlich sind.

Artikel 1 legt den Anwendungsbereich der Zusatzvereinbarung dar, welche die notwendigen zusätzlichen Regeln für die Beteiligung der Schweiz am Fonds beinhaltet.

Artikel 2 bestimmt, dass die Schweiz die erforderlichen Massnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union 8 (AEUV) und im abgeleiteten Unionsrecht niedergelegten einschlägigen Vorschriften zur Finanzverwaltung und -kontrolle eingehalten werden. Die Bestimmung definiert die relevanten Vorschriften und verfügt, dass sie im Hoheitsgebiet der Schweiz Anwendung finden.

Artikel 3 verpflichtet die Schweiz, die zugewiesenen Mittel in ihrem Hoheitsgebiet nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu verwenden.

Artikel 4 untersagt allen Finanzakteuren, die im Hoheitsgebiet der Schweiz Aufgaben im Bereich Finanzmanagement zur Durchführung des Fonds wahrnehmen, Handlungen, die zu einem Interessenkonflikt führen könnten.

Artikel 5 legt fest, dass Entscheidungen der Europäischen Kommission, die anderen Rechtspersonen (natürliche und juristische Personen) als Staaten eine Zahlung auferlegen, im Hoheitsgebiet der Schweiz vollstreckbare Titel sind. Im Weiteren äussert sich diese Bestimmung zum Ablauf des Vollstreckungsverfahrens.

Artikel 6 verpflichtet die Schweiz, alle geeigneten Massnahmen zu ergreifen, um Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen zu bekämpfen.

Artikel 7 ermächtigt die Europäische Kommission (bzw. das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF), im Zusammenhang mit dem Fonds und auf der Grundlage der Verordnung Nr. 2185/96 (Euratom, EG)9 Kontrollen und Überprüfungen im Hoheitsgebiet der Schweiz vorzunehmen. Dabei erleichtern die Schweizer Behörden diese Kontrollen und Überprüfungen, die auf ihren
Wunsch hin mit ihnen zusammen durchgeführt werden.

Artikel 8 ermächtigt den Europäischen Rechnungshof, im Zusammenhang mit dem Fonds Prüfungen im Hoheitsgebiet der Schweiz vorzunehmen, dies gestützt auf Artikel 287 Absatz 3 AEUV und den ersten Teil Titel 10 Kapitel 1 der Verordnung

8 9

ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 1 Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmässigkeiten, ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2.

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Nr. 966/2012 (EU, Euratom)10. Die Prüfungen werden in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Finanzkontrollbehörden durchgeführt.

Artikel 9 bestimmt, dass die Schweiz zur Realisierung ihrer Projekte ihre innerstaatlichen Gesetze zum öffentlichen Beschaffungswesen anwendet, die im Einklang stehen mit den Bestimmungen des plurilateralen Übereinkommens der Welthandelsorganisation (WTO) über das öffentliche Beschaffungswesen11 sowie dem Abkommen vom 21. Juni 199912 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens. Die Schweiz wird dazu der Europäischen Kommission eine Beschreibung ihrer Vergabeverfahren zustellen und zudem in ihren jährlichen Durchführungsberichten über die von ihr durchgeführten Vergabeverfahren informieren.

Artikel 10 definiert die finanzielle Beteiligung der Schweiz am Fonds, wobei der Schengen-Schlüssel13 die Grundlage für die Berechnung ist. Die definitive finanzielle Beteiligung der Schweiz am Fonds wird im Jahr 2019 berechnet, gestützt auf die am 31. März 2019 verfügbaren BIP-Zahlen für die Jahre 2013­2017. Davon zahlt die Schweiz für die Jahre 2016­2018 jeweils einen jährlichen Betrag in der Höhe von 25,11 Millionen Euro (27,62 Mio. CHF14). Der Restbetrag wird zu je 50 Prozent in den Jahren 2019 und 2020 fällig. Mit der Anwendung dieser Formel kann für den gesamten Zeitraum die Berechnungsmethode hinsichtlich der operativen Kosten berücksichtigt werden, die in Artikel 11 Absatz 3 SAA für die Schweiz festgelegt ist.

Artikel 11 bestimmt, dass die finanziellen Beiträge der Schweiz für die Jahre 2016 und 2017 zu 75 Prozent in die Halbzeitüberprüfung, zu 15 Prozent in die Entwicklung von IT-Systemen sowie zu 10 Prozent in die Unionsmassnahmen und die Soforthilfe fliessen sollen. Sollte die Zusatzvereinbarung nicht bis zum 1. Juni 2017 in Kraft treten oder bis dahin nicht angewendet werden, was nun ja der Fall ist, sollen diese Zahlungen der Schweiz für den gleichen Zweck verwendet werden wie ihre Beiträge für die Jahre 2018­2020.

Die Beiträge für die Jahre 2018­2020 werden zu 40 Prozent für spezifische Massnahmen15, zu 50 Prozent für die Entwicklung von IT-Systemen wie das neue Entry-

10

11

12 13 14 15

Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates, ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

Sogenanntes GPA (Governmental Procurement Agreement). Für die Schweiz gilt zurzeit das GPA von 1994 (SR 0.632.231.422). Der Bundesrat hat dem Parlament am 15. Febr. 2017 die Botschaft zur Genehmigung des Protokolls zur Änderung des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA von 2012) sowie die Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes vom 16. Dez. 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1) vorgelegt (BBl 2017 1851 und 2053).

SR 0.172.052.68 Vgl. dazu Ziff. 4.1.1 Für in Euro zu leistende Beträge wird ein fixer Wechselkurs in Schweizer Franken (1 EUR = 1.10 CHF) verwendet.

Dabei handelt es sich insbesondere um Beschaffungen von Ausrüstungsgegenständen für die Agentur für die Grenz- und Küstenwache (EBCGA) der Europäischen Union.

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Exit-System (EES) sowie zu 10 Prozent für Unionsmassnahmen 16 und Soforthilfe verwendet. Die zusätzlichen Beträge, die der Halbzeitüberprüfung, den Unionsmassnahmen, den spezifischen Massnahmen oder den Projekten für die Entwicklung von IT-Systemen zugeordnet sind, werden den betroffenen Schengen-Staaten oder der Europäischen Kommission gemäss dem in den entsprechenden Rechtsgrundlagen vorgesehenen Verfahren zugewiesen. Die Europäische Kommission kann jährlich bis zu 181 424 Euro der von der Schweiz geleisteten Zahlungen zur Deckung der Verwaltungsausgaben für interne oder externe Mitarbeitende aufwenden, welche die Schweiz bei der Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 und der Zusatzvereinbarung unterstützen.

Artikel 12 regelt die berufliche Schweigepflicht. Gemäss dieser Bestimmung fallen alle übermittelten oder erhaltenen Informationen unter diese Vertraulichkeitsregel.

Die entsprechenden Informationen dürfen ausschliesslich an Personen der Organe der Union, der Mitgliedstaaten oder der Schweiz übermittelt werden, die diese aufgrund ihrer Funktion kennen müssen. Die Informationen dienen ausschliesslich dazu, die finanziellen Interessen der Vertragsparteien wirksam zu schützen. Die aufgeführten Regeln entsprechen den üblichen in der Bundesverwaltung geltenden Vertraulichkeitsregeln.

Nach Artikel 13 informiert die Schweiz die Europäische Kommission so bald wie möglich nach der Genehmigung des nationalen Programms über die förmliche Benennung ihrer zuständigen Behörde, die für die Verwaltung und die Kontrolle von Ausgaben zuständig ist. Im Weiteren hält die Bestimmung fest, welche Voraussetzungen die zuständige Behörde erfüllen muss.

Nach Artikel 14 beginnt ein Haushaltsjahr am 16. Oktober des Jahres N-1 und endet am 15. Oktober des Jahres N. Es beinhaltet sämtliche Ausgaben und Einnahmen, die in diesem Zeitraum erfolgt sind und von der zuständigen Behörde verbucht wurden.

Nach Artikel 15 sind Ausgaben förderfähig, auch wenn sie von der zuständigen Behörde vor deren förmlicher Benennung verbucht wurden. Dies setzt voraus, dass die Verwaltungs- und Kontrollsysteme im Wesentlichen die gleichen sind wie diejenigen, die nach der förmlichen Benennung der zuständigen Behörde gelten.

Nach Artikel 16 ist die Schweiz gehalten, der Europäischen Kommission bis zum 15. Februar des auf das Haushaltsjahr
folgenden Jahres die nach Artikel 60 Absatz 5 Buchstaben b und c der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 966/2012 aufgeführten Unterlagen und Informationen vorzulegen. Die eingereichten Unterlagen dienen als Antrag auf Zahlung des Jahressaldos.

Artikel 17 verpflichtet die Schweiz, der Europäischen Kommission jährlich einen Bericht über die Durchführung ihres nationalen Programms im vorangegangenen Haushaltsjahr zu übermitteln, und legt zugleich die Fristen für die Eingabe fest.

Der erste Bericht über die Durchführung des nationalen Programms wird der Euro16

Auf Initiative der Europäischen Kommission können aus dem Fonds Gelder verwendet werden, um länderübergreifende Unionsmassnahmen zu finanzieren, die für die EU von besonderem Interesse sind und der Unterstützung der allgemeinen, spezifischen und operativen Ziele dienen (Art. 13 Verordnung [EU] Nr. 515/2014). Darunter fallen zum Beispiel Analysen und Evaluierungen, die neue Kenntnisse über die Lage in den Schengen-Staaten sowie in Drittstaaten mit sich bringen.

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päischen Kommission am 15. Februar nach Inkrafttreten der vorliegenden Zusatzvereinbarung oder ab dem Zeitpunkt ihrer vorläufigen Anwendung unterbreitet. Die Schweiz wird ihren Abschlussbericht über die Durchführung ihres nationalen Programms der Europäischen Kommission bis am 31. Dezember 2023 vorlegen.

Artikel 18 sieht vor, dass jeglicher Informationsaustausch zwischen der Schweiz und der Europäischen Kommission über ein elektronisches Datenaustauschsystem abgewickelt wird, das die Europäische Kommission dafür zur Verfügung stellt.

Die Artikel 19­21 enthalten die Schlussbestimmungen. Artikel 19 legt das Inkrafttreten der Zusatzvereinbarung fest und bestimmt, dass die Vertragsparteien ­ vorbehältlich etwaiger verfassungsmässiger Erfordernisse ­ die Zusatzvereinbarung, mit Ausnahme von Artikel 5, ab dem ersten Tag nach ihrer Unterzeichnung vorläufig anwenden, was die Schweiz aufgrund ihrer verfassungsmässigen Vorgaben betreffend die vorläufige Anwendung von Verträgen nicht tun kann. Artikel 20 legt schliesslich die unbeschränkte Geltungsdauer sowie die Kündbarkeit mit dreimonatiger Frist fest. Artikel 21 bestimmt die Sprachen der Zusatzvereinbarung.

Der Anhang bezieht sich auf die Verordnung (EU) Nr. 515/2014. Er definiert die Berechnungsgrundlage für die Beitragszahlungen der Schweiz an den Fonds für die Jahre 2019 und 2020 und legt gleichzeitig die damit verbundenen Zahlungskonditionen fest: Für die Berechnung der finanziellen Beiträge der Schweiz für die Jahre 2019 und 2020 wird der Anteil ihres jährlichen BIP für die Jahre 2013­2017 an der Gesamtsumme der BIP aller am Fonds teilnehmenden Staaten für die Jahre 2013­2017 bestimmt. Der daraus resultierende Index wird auf den in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 genannten Betrag (2,76 Mrd. Euro) angewendet.

Das Ergebnis entspricht dem tatsächlichen finanziellen Beitrag, den die Schweiz über die Gesamtlaufzeit des Fonds zu leisten hat, wobei von diesem Betrag die von der Schweiz für die Jahre 2016­2018 bereits geleisteten Beiträge abzuziehen sind.

Die Hälfte des Restbetrags wird im Jahr 2019 bezahlt, die andere Hälfte im darauffolgenden Jahr.

Die Schweiz hat ihren finanziellen Beitrag in Euro zu leisten. Der geschuldete Betrag ist im Jahr 2019 bis spätestens 45 Tage nach Erhalt der Lastschrift zu begleichen. Auf verspätete
Überweisungen ist ohne Mahnung ein Verzugszins von 3,5 Prozent geschuldet.

Bei einer Änderung der von der EU-Haushaltsbehörde beschlossenen jährlichen Verpflichtungsermächtigungen soll der oben erwähnte Index auf die Gesamtfinanzausstattung für die Jahre 2014­2019 und auf die Verpflichtungsermächtigung für das Jahr 2020 ­ wie im Entwurf des Gesamthaushaltsplans der EU für das Finanzjahr 2020 vorgesehen und von der Europäischen Kommission genehmigt ­ angewendet werden.

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2.4

Inkrafttreten und vorläufige Anwendung

Artikel 19 der Zusatzvereinbarung regelt das Inkrafttreten der Zusatzvereinbarung und bestimmt, dass die Vertragsparteien ­ unbeschadet etwaiger verfassungsmässiger Erfordernisse ­ die Zusatzvereinbarung ab dem ersten Tag nach ihrer Unterzeichnung vorläufig anwenden. Die Regelung mit dem Verweis auf die verfassungsrechtlichen Erfordernisse stellt einen Kompromiss zwischen den Verhandlungsparteien dar. Sie räumt der Schweiz die Möglichkeit ein, unter Verweis auf verfassungsrechtliche Hindernisse auf eine vorläufige Anwendung der Zusatzvereinbarung zu verzichten, was sie auch tun wird. Die Europäische Kommission wurde bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Schweiz die Vereinbarung nicht vorläufig anwenden und sich daher erst nach dem definitiven Abschluss des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens am Fonds beteiligen können wird, d.h. voraussichtlich erst ab der zweiten Hälfte 2018, rückwirkend ab 2014.

2.5

Beendigung

Gemäss Artikel 20 der Zusatzvereinbarung kann die Vereinbarung von der Schweiz oder von der EU durch Notifizierung an die andere Partei beendet werden. Die Anwendbarkeit der Vereinbarung endet drei Monate nach dieser Notifizierung. Zum Zeitpunkt der Beendigung noch laufende Projekte werden entsprechend den in dieser Vereinbarung niedergelegten Bedingungen fortgeführt werden.

Die Zusatzvereinbarung gilt zudem als aufgehoben, wenn das SAA mit der Schweiz gemäss dessen Artikel 7 Absatz 4, Artikel 10 Absatz 3 oder Artikel 17 beendet wird.

3

Verordnung (EU) Nr. 514/2014

3.1

Grundlagen

Am 16. April 2014 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat ­ neben der vorerwähnten Verordnung (EU) Nr. 515/2014 ­ ebenfalls die Verordnung (EU) Nr. 514/2014. Diese Verordnung ist Teil eines Pakets, das aus mehreren Verordnungen besteht und den Rechtsrahmen für die zwei neuen Fonds ­ den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF)17 und den Fonds für die innere Sicherheit (ISF)18 ­ bildet. Die Verordnung enthält Vorschriften über die Ausgabenfinanzierung, die Programmplanung, die Fondsverwaltung und -kontrolle, den Rechnungsabschluss, die Berichterstattung, das Monitoring sowie die Evaluierung und definiert damit die Durchführungsbestimmungen für die zwei Fonds. Sie legt den Rahmen für einen gemeinsamen Ansatz bei der Durchführung fest und gewährleistet damit eine

17

18

Der AMIF ist das Nachfolgeinstrument für den Flüchtlingsfonds, den Integrationsfonds sowie den Rückkehrfonds und wurde von der EU als nicht Schengen-relevant bezeichnet.

Folglich wird sich die Schweiz nicht am AMIF beteiligen.

Der ISF setzt sich aus den Teilinstrumenten ISF-Grenze und ISF-Polizei zusammen, wobei lediglich der ISF-Grenze als Schengen-relevant bezeichnet wurde.

6394

BBl 2017

einheitliche Behandlung der Schengen-Staaten, die eine finanzielle Unterstützung aus den Fonds erhalten.

3.2

Beteiligung der Schweiz an der Ausarbeitung der Verordnung

Über die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 wurden während rund dreier Jahre Beratungen in Brüssel geführt. Obwohl die Verordnung formell kein Schengen-relevanter Rechtsakt ist, konnten die assoziierten Staaten auf Grundlage des COREPERBeschlusses vom 18. April 2012 in den zuständigen Arbeitsgruppen und Ausschüssen mitwirken. Gestützt auf diesen Beschluss war die Schweiz in der Ad-hoc-Expertengruppe der Europäischen Kommission sowie in den zuständigen Arbeitsgruppen des Rates der EU, im COREPER und im Ministerrat (COMIX-Format) vertreten.

Die Schweiz konnte ihren Standpunkt zusammen mit den anderen assoziierten Staaten in diesen verschiedenen Arbeitsgruppen einbringen und sich aktiv an den Vorbereitungsarbeiten für den Verordnungsentwurf beteiligen. Die förmliche Beschlussfassung erfolgte durch die zuständigen Organe der EU.

3.3

Bezug zum Schengen-Besitzstand

Die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 beinhaltet unter anderem die Durchführungsbestimmungen für den ISF. Trotzdem wurde sie formell und entgegen der Ansicht der assoziierten Staaten nicht als Bestandteil des Schengen-Besitzstands bezeichnet.

Dessen ungeachtet wurde sie den assoziierten Staaten als Schengen-relevanter Rechtsakt notifiziert. Diese Widersprüchlichkeit belegt den mehrdeutigen Charakter der Verordnung (EU) Nr. 514/2014. Da sie inhaltlich für die Umsetzung des Fonds jedoch von zentraler Bedeutung ist, wurde nun im Rahmen der Zusatzvereinbarung ein formeller Bezug der Verordnung zum Schengen-Besitzstand geschaffen, indem in deren Erwägung 3 explizit festgehalten wurde, dass die Verordnung insofern eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstelle, als ihre Bestimmungen für die Durchführung des Fonds erforderlich sind. Folglich bildet die Zusatzvereinbarung die rechtliche Grundlage für die Übernahme dieser Verordnung.

3.4

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.4.1

Gliederung

Die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 umfasst neben der Präambel 61 Artikel, die in sechs Kapitel gegliedert sind. Das erste Kapitel enthält die allgemeinen Bestimmungen, im zweiten werden die Grundsätze der Unterstützung geregelt und im dritten der Finanzrahmen für Unionsmassnahmen, Soforthilfe und technische Hilfe.

Das vierte Kapitel regelt die nationalen Programme, das fünfte bezieht sich auf die Information, die Kommunikation, das Monitoring, die Evaluierung und Berichterstattung, und das sechste Kapitel besteht aus den Schlussbestimmungen.

6395

BBl 2017

3.4.2 Art. 1

Allgemeine Bestimmungen Zweck und Anwendungsbereich

Die Bestimmung erläutert den Zweck und den Anwendungsbereich der Verordnung.

Demgemäss legt die Verordnung die allgemeinen Bestimmungen für die Durchführung der spezifischen Verordnungen, beispielsweise für die Verordnung (EU) Nr. 515/2014, fest.

Art. 2

Begriffsbestimmungen

Die Bestimmung erläutert die einzelnen zentralen Begriffe der Verordnung.

3.4.3 Art. 3

Grundsätze der Unterstützung Allgemeine Grundsätze

Die spezifischen Verordnungen sehen vor, dass die nationalen Programme, die Unionsmassnahmen und die Soforthilfe aus den Fonds unterstützt werden. Diese Unterstützung entspricht den Zielen der EU und führt zu ihrem Mehrwert. Dabei arbeiten die Europäische Kommission und die Schengen-Staaten eng zusammen und gewährleisten, dass bei dieser Zusammenarbeit auch die Interessen des Europäischen Auswärtigen Dienstes berücksichtigt werden, insbesondere bei Massnahmen in oder mit Bezug zu Drittstaaten. Ebenfalls beachten sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und der Verhältnismässigkeit.

Art. 4

Einhaltung von Unionsrecht und nationalem Recht

Die im Rahmen der spezifischen Verordnungen finanzierten Massnahmen müssen mit dem EU-Recht und dem nationalen Recht vereinbar sein.

Art. 5

Schutz der finanziellen Interessen der Union

Diese Bestimmung verpflichtet die Europäische Kommission sowie die SchengenStaaten zur Ergreifung von geeigneten Massnahmen, um Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen zu bekämpfen. Die Europäische Kommission (bzw. das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF) wird dazu Kontrollen und Überprüfungen im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten vornehmen, dies auf der Grundlage der Verordnungen (EU, Euratom) Nr. 883/2013 und (Euratom, EG) Nr. 2185/96.

6396

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3.4.4 Art. 6

Finanzrahmen für Unionsmassnahmen, Soforthilfe und technische Hilfe Durchführung

Die Europäische Kommission bestimmt den Gesamtbetrag, der für Unionsmassnahmen, Soforthilfe und technische Hilfe zur Verfügung gestellt wird. Dazu genehmigt sie die entsprechenden Arbeitsprogramme und erlässt die notwendigen Durchführungsrechtsakte. Die auf Initiative der Europäischen Kommission eingeleitete(n) Unionsmassnahmen, Soforthilfe und technische Hilfe werden einerseits direkt durch die Europäische Kommission bzw. über Exekutivagenturen und andererseits indirekt durch Einrichtungen und Personen durchgeführt.

Art. 7

Soforthilfe

Die Europäische Kommission ist verpflichtet, bei Gewährung von Soforthilfe, die innerhalb der Schengen-Staaten sowie in Drittstaaten geleistet werden kann, das Europäische Parlament und den Rat frühzeitig darüber zu informieren. Die Soforthilfe kann in Form von Finanzhilfen erfolgen, die Unionsagenturen direkt gewährt werden.

Art. 8

Unionsmassnahmen und Soforthilfe in oder mit Bezug zu Drittländern

Diese Bestimmung sieht die Möglichkeit vor, dass die Europäische Kommission Unionsmassnahmen und Soforthilfe in oder mit Bezug zu Drittstaaten finanzieren kann. Dabei können die Anträge auf Finanzhilfe unter anderem von SchengenStaaten, Drittstaaten und internationalen Organisationen gestellt werden.

Art. 9

Technische Hilfe auf Initiative der Kommission

Auf Initiative der Europäischen Kommission können die notwendigen Massnahmen und Tätigkeiten in Bezug auf die Vorbereitung, das Monitoring, die administrative und technische Hilfe, die Evaluierung, die Prüfung und die Kontrolle unterstützt werden. Darunter fallen insbesondere die Unterstützung bei der Auswertung und Bewertung von Projekten, Evaluierungen, Expertenberichten, Statistiken sowie Workshops und andere gemeinsame Informations- und Fortbildungsmassnahmen für die befugten Behörden (zuständige Behörde, Prüfbehörde und beauftragte Behörde).

3.4.5 Art. 10

Nationale Programme Programmplanung

Die Umsetzung der Ziele der spezifischen Verordnungen erfolgt im Rahmen der mehrjährigen Programmplanung für den Zeitraum 2014­2020, die einer Halbzeitüberprüfung nach Artikel 15 unterliegt.

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Art. 11

Subsidiarität und Verhältnismässigkeit der Massnahmen

Die Schengen-Staaten bzw. ihre befugten Behörden sind verpflichtet sicherzustellen, dass die Programme und die Aufgaben, die sie auf der Grundlage der spezifischen Verordnungen durchführen, auch mit ihrem innerstaatlichen Recht vereinbar sind.

Für die Umsetzung und Nutzung der Unterstützung gilt hinsichtlich der Höhe der zugewiesenen Mittel der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, womit der administrative Aufwand verringert und eine reibungslose Durchführung angestrebt wird.

Art. 12

Partnerschaft

Die Schengen-Staaten sind verpflichtet, Partnerschaften zwischen den zuständigen Behörden auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu bilden, die auch internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen sowie Sozialpartner vorsehen können. Diese Partnerschaften werden in die Vorbereitung, die Durchführung, das Monitoring und die Evaluierung der nationalen Programme eingebunden. Zudem bildet jeder Schengen-Staat einen Monitoringausschuss zur Unterstützung der Durchführung der nationalen Programme.

Art. 13

Politikdialog

Die Europäische Kommission führt mit jedem Schengen-Staat einen Politikdialog über die jeweilige Verwendung der zugewiesenen Mittel. Darin stellt sie fest, inwiefern die einzelnen Schengen-Staaten unter Verwendung der Mittel zum Erreichen der in den spezifischen Verordnungen angestrebten Ziele beitragen können. Das daraus resultierende Ergebnis, das in einer Vereinbarung festgehalten wird, bildet die Grundlage für die Ausarbeitung und die Genehmigung der nationalen Programme und weist das Datum für das Einreichen des nationalen Programms durch die einzelnen Schengen-Staaten aus. Nach Beendigung der Politikdialoge informiert die Europäische Kommission das Europäische Parlament über das Gesamtergebnis. Der Politikdialog kann im Anschluss an die Halbzeitüberprüfung wiederholt werden, sofern dies von einem Schengen-Staat und der Europäischen Kommission als angemessen erachtet wird.

Art. 14

Ausarbeitung und Genehmigung der nationalen Programme

Die Schengen-Staaten schlagen unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Politikdialogs ein mehrjähriges nationales Programm vor, das sich auf die Haushaltsjahre 2014­2020 bezieht. Darin sollen die Ausgangssituation in den Schengen-Staaten beschrieben und die Ziele aufgeführt werden, welche die Schengen-Staaten in diesem Politikbereich erreichen sollen. Das Programm beinhaltet auch einen Zeitplan mit Angabe von Zielen, die mit Unterstützung der Fonds erreicht werden sollen. Ein Finanzplan für die erwähnten sieben Jahre, der ausweist, wie die zugewiesenen Mittel im Rahmen der verfügbaren Obergrenzen zu binden und auszugeben sind, sowie Beispiele für entsprechende Massnahmen ergänzen das Programm.

Auch enthält es Angaben zu den befugten Behörden und eine zusammenfassende Beschreibung des vorgesehenen Verwaltungs- und Kontrollsystems. Eine Beschreibung des gewählten Konzepts für die Umsetzung des Partnerschaftsprinzips sowie Mechanismen und Methoden zur Information der Öffentlichkeit vervollständigen 6398

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das Programm. Damit die nationalen Programme einheitlich abgefasst werden, erlässt die Europäische Kommission Muster für deren Erstellung. Die SchengenStaaten sind aufgefordert, der Europäischen Kommission das Programm bis spätestens drei Monate nach Abschluss des Politikdialogs vorzulegen. Werden im nationalen Programm nicht alle geforderten Vorgaben eingehalten, teilt die Europäische Kommission dies innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des nationalen Programms dem betreffenden Schengen-Staat mit und fordert ihn auf, das Programm entsprechend anzupassen. Die Europäische Kommission genehmigt das jeweilige nationale Programm spätestens sechs Monate nach dessen Einreichung, vorausgesetzt, dass die Anmerkungen der Europäischen Kommission berücksichtigt wurden. Das Europäische Parlament wird von der Europäischen Kommission über das Gesamtergebnis in Kenntnis gesetzt. Sollten unvorhergesehene Umstände eintreffen, kann die Europäische Kommission das Programm nochmals überprüfen und bei Bedarf allfällige Anpassungen für den restlichen Programmplanungszeitraum anordnen.

Art. 15

Halbzeitüberprüfung

Im Jahr 2018 erfolgt eine Halbzeitüberprüfung. Dies unter Berücksichtigung der vorgelegten Zwischenberichte und der Entwicklungen in der EU sowie in den Schengen-Staaten. Bei Bedarf werden die nationalen Programme überarbeitet. Die Europäische Kommission hält das Gesamtergebnis der Halbzeitüberprüfung in einem Bericht fest, den sie dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen vorlegt.

Art. 16

Finanzierungsstruktur

Die Finanzbeiträge werden im Rahmen der nationalen Programme in Form von Finanzhilfen gewährt. Der Beitrag aus dem Unionshaushalt beläuft sich grundsätzlich auf maximal 75 Prozent der förderfähigen Gesamtausgaben eines Projekts. Ist die Durchführung eines Projekts aufgrund aussergewöhnlicher Umstände oder eines wirtschaftlichen Drucks nicht garantiert ­ was dazu führen könnte, dass die Ziele der nationalen Programme nicht erreicht würden ­, wird der Beitrag aus dem Unionshaushalt auf 90 Prozent erhöht. Auch bei den spezifischen Massnahmen oder den strategischen Prioritäten kann dieser Beitrag bis auf 90 Prozent und bei der technischen Hilfe auf bis zu 100 Prozent erhöht werden.

Art. 17

Allgemeine Fördergrundsätze

Die Förderfähigkeit von Ausgaben unterliegt grundsätzlich den national festgelegten Vorschriften, vorausgesetzt die vorliegende Verordnung oder die spezifischen Verordnungen sehen keine ausdrücklichen Regelungen vor. Ausgaben sind förderfähig, sofern sie mit den spezifischen Verordnungen im Einklang stehen, zwischen den Jahren 2014­2022 für einen Begünstigten angefallen sind und von der benannten zuständigen Behörde zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. Juni 2023 ausbezahlt wurden. Ausgaben, die im Jahr 2014 gezahlt wurden, sind ebenso förderfähig, wenn sie von der zuständigen Behörde vor deren förmlicher Benennung gezahlt wurden ­ vorausgesetzt, die Verwaltungs- und Kontrollsysteme sind im Wesentli6399

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chen die gleichen wie diejenigen, die nach der förmlichen Benennung der zuständigen Behörde gelten.

Art. 18

Förderfähige Ausgaben

Diese Bestimmung listet die Möglichkeiten für die Erstattung förderfähiger Ausgaben auf und bestimmt, dass nur tatsächlich entstandene und gezahlte Ausgaben als förderfähige Kosten erachtet und zurückerstattet werden.

Art. 19

Nicht förderfähige Ausgaben

Diese Bestimmung hält fest, welche Ausgaben nicht förderfähig sind. Hierunter fallen insbesondere Schuldzinsen und der Erwerb von unbebauten Grundstücken.

Wird die Mehrwertsteuer von den nationalen Stellen rückerstattet, ist sie ebenfalls nicht förderfähig.

Art. 20

Technische Hilfe auf Initiative der Schengen-Staaten

Gemäss Artikel 20 können auf Initiative eines Schengen-Staats für jedes nationale Programm im Rahmen der technischen Hilfe Ausgaben für die Umsetzung bzw.

Verwaltung des Fonds, für das Monitoring, die Evaluierung und/oder für Informations- und Kommunikationsmassnahmen geltend gemacht werden. Davon betroffen sind ebenfalls Ausgaben für Massnahmen, die den vorherigen und den nachfolgenden Finanzrahmen betreffen.

Art. 21

Allgemeine Grundsätze für die Verwaltungs- und Kontrollsysteme

Die Schengen-Staaten sind verpflichtet, ein Verwaltungs- und Kontrollsystem für die Durchführung ihres nationalen Programms einzurichten.

Art. 22

Zuständigkeiten im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung

Die Schengen-Staaten sowie die Europäische Kommission sind entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten für die Verwaltung und die Kontrolle der nationalen Programme zuständig, was dem Prinzip der geteilten Mittelverwaltung entspricht.

Art. 23

Verpflichtungen der Begünstigten

Die Begünstigten sind verpflichtet, mit der Europäischen Kommission und den befugten Behörden zusammenzuarbeiten, sofern diese ihre Funktionen und Aufgaben, wie in dieser und in den spezifischen Verordnungen vorgesehen, wahrnehmen.

Art. 24

Zuständigkeiten der Schengen-Staaten

Die Schengen-Staaten sind verpflichtet, ihren Verwaltungs-, Kontroll- und Prüfverpflichtungen nachzukommen und die in den entsprechenden Bestimmungen zur geteilten Mittelverwaltung festgehaltenen Zuständigkeiten zu übernehmen.

6400

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Art. 25

Befugte Behörden

Diese Bestimmung definiert die befugten Behörden. Darunter fällt die zuständige Behörde, die Prüfbehörde, die benennende und die beauftragte Behörde, wobei Letztere nicht zwingend vorgesehen sein muss. Die Schengen-Staaten sind dabei verpflichtet, die Beziehungen zwischen diesen Behörden und der Europäischen Kommission zu regeln.

Art. 26

Benennung der zuständigen Behörden

Die Schengen-Staaten geben nach Genehmigung des nationalen Programms durch die Europäische Kommission die zuständigen Behörden bekannt, die zuvor förmlich und unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verpflichtungen benannt wurden. Damit das Verfahren zur Benennung der zuständigen Behörden in den Schengen-Staaten einheitlich umgesetzt wird, erlässt die Europäische Kommission die notwendigen Vorgaben im Rahmen von delegierten Rechtsakten.

Art. 27

Allgemeine Grundsätze für Kontrollen durch zuständige Behörden

Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, bei den Begünstigten systematische Verwaltungskontrollen mittels Vor-Ort-Kontrollen durchzuführen, um die in der jährlichen Rechnungslegung ausgewiesenen Ausgaben zu überprüfen. Werden Unregelmässigkeiten festgestellt, führt die zuständige Behörde weitere Untersuchungen durch, um festzustellen und abzuklären, ob die Fehlerquote überdurchschnittlich hoch ist. Sollte sich dies bestätigen, ergreift sie die dafür vorgesehenen Präventiv- und Korrekturmassnahmen. Die Europäische Kommission erlässt dazu mittels Durchführungsrechtsakten die für eine einheitliche Anwendung erforderlichen Vorschriften. Nach jeder durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle verfasst die zuständige Behörde einen Bericht.

Art. 28

Zahlungen an die Begünstigten

Die zuständigen Behörden sind dazu verpflichtet, den Begünstigten die Zuweisungen ohne allfällige Abzüge umgehend zu überweisen.

Art. 29

Aufgaben der Prüfbehörde

Die Prüfbehörde hat dafür zu sorgen, dass die Verwaltungs- und Kontrollsysteme sowie die in der jährlichen Rechnungslegung ausgewiesenen Ausgaben überprüft werden. Nehmen Dritte diese Prüfungen vor, hat sich die Prüfbehörde darüber zu vergewissern, dass diese über das erforderliche Fachwissen und die notwendige Unabhängigkeit verfügen. Die Europäische Kommission erlässt delegierte Rechtsakte über den Status der Prüfbehörden und die für ihre Prüfungen geltenden Bedingungen.

6401

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Art. 30

Zusammenarbeit mit den Prüfbehörden

Die Europäische Kommission und die Prüfbehörden arbeiten eng zusammen, um insbesondere die Prüfpläne und -verfahren aufeinander abzustimmen und die damit verbundenen Fragen zu klären.

Art. 31

Kontrollen und Prüfungen durch die Kommission

Die Europäische Kommission überprüft, ob die Schengen-Staaten die in den spezifischen Verordnungen vorgesehenen Verwaltungs- und Kontrollsysteme eingerichtet haben und ob diese wirksam funktionieren. Mitarbeiter oder bevollmächtigte Vertreter der Europäischen Kommission sind dazu berechtigt ­ unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ­, Vor-Ort-Überprüfungen oder -Kontrollen vorzunehmen, die sie den befugten nationalen Behörden grundsätzlich mindestens zwölf Arbeitstage zum Voraus ankündigen. Die Schengen-Staaten haben dabei zu gewährleisten, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Kommission Zugang zu allen Informationen haben, die sie für die Durchführung der Prüfung benötigen. Erachtet die Europäische Kommission zusätzliche Kontrollen oder Untersuchungen als notwendig, teilt sie dies den Schengen-Staaten mit. Mit Zustimmung des betreffenden Schengen-Staats werden von den zuständigen Einrichtungen die von der Europäischen Kommission gewünschten Kontrollen und Überprüfungen durchgeführt.

Art. 32

Mittelbindungen

Die Bindung der Haushaltsmittel der EU erfolgt für jedes nationale Programm in Jahrestranchen innerhalb des Zeitraums 2014­2020. Diese Bindung nimmt die Europäische Kommission jeweils vor dem 1. Mai eines jeden Jahres vor. Dabei stellt der Beschluss der Europäischen Kommission zur Genehmigung eines nationalen Programms einen Finanzierungsbeschluss und, sobald die Notifikation an den betroffenen Schengen-Staat erfolgt ist, eine rechtliche Verpflichtung im Sinne der Haushaltsverordnung dar.

Art. 33

Gemeinsame Regelungen für Zahlungen

Die Zahlungen der Europäischen Kommission werden jeweils den ältesten und noch offenen Mittelbindungen zugeordnet. Dabei erfolgen die Zahlungen als anfängliche Vorfinanzierung, jährliche Vorfinanzierung, Zahlung des Jahressaldos und des letzten Restsaldos.

Art. 34

Kumulierung der anfänglichen Vorfinanzierung und der Jahressalden

Der kumulierte Betrag der anfänglichen Vorfinanzierung und der Zahlungen der Jahressalden darf 95 Prozent des Beitrags aus dem EU-Haushalt zum nationalen Programm nicht übersteigen.

6402

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Art. 35

Vorfinanzierungsregelung

Die Europäische Kommission wird beauftragt, innerhalb von vier Monaten nach Genehmigung des nationalen Programms den anfänglichen Vorfinanzierungsbetrag, der vier Prozent des Gesamtbeitrags aus dem EU-Haushalt entspricht, der benannten zuständigen Behörde zu überweisen. Den ersten jährlichen Vorfinanzierungsbetrag, der drei Prozent des Gesamtbeitrags aus dem EU-Haushalt entspricht, überweist sie vor dem 1. Februar 2015. Die jährlichen Vorfinanzierungsbeträge für die Jahre 2016­2022 entsprechen fünf Prozent des Gesamtbeitrags aus dem EU-Haushalt.

Art. 36

Abrechnung der Vorfinanzierung

Diese Bestimmung definiert die Abrechnung der Vorfinanzierung und hält fest, dass die jährliche Vorfinanzierung von der Europäischen Kommission spätestens mit dem Restsaldo verrechnet wird. Die Schengen-Staaten sind aufgefordert, innert 36 Monaten nach Erhalt der ersten Tranche der Vorfinanzierung einen Zahlungsantrag zu stellen. Ansonsten ist die gesamte Vorfinanzierung der Europäischen Kommission zurückzuerstatten.

Art. 37

Interne Zweckbindung der Einnahmen

Diese Bestimmung definiert die internen zweckgebundenen Einnahmen. Sie bestimmt ferner, dass diese dem Unionshaushalt zugeführt und bei einer Wiederverwendung primär zur Finanzierung der Ausgaben verwendet werden, welche die spezifischen Verordnungen vorsehen.

Art. 38

Haushaltsjahr

Ein Haushaltsjahr beginnt am 16. Oktober des Jahres N-1 und endet am 15. Oktober des Jahres N. Es beinhaltet sämtliche Ausgaben und Einnahmen, die in diesem Zeitraum erfolgt sind und von der zuständigen Behörde verbucht wurden.

Art. 39

Zahlung des Jahressaldos

Die Europäische Kommission bezahlt den Jahressaldo und definiert die dafür notwendigen Grundlagen.

Art. 40

Abschluss des Programms

Die Schengen-Staaten stellen der Europäischen Kommission die Dokumente für den Abschluss des Programms bis zum 31. Dezember 2023 zu. Nach Erhalt dieser Unterlagen überweist die Europäische Kommission den letzten Restsaldo gestützt auf die im Artikel aufgeführten Unterlagen und beachtet dabei die dafür in dieser Bestimmung festgehaltenen Fristen.

Art. 41

Unterbrechung der Zahlungsfrist

Diese Bestimmung erwähnt die Voraussetzungen, die zu einer Unterbrechung der Zahlungsfrist bis zu sechs Monaten führen können.

6403

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Art. 42

Aussetzung der Zahlung

Die Europäische Kommission kann die Zahlung des Jahressaldos vollständig oder teilweise aussetzen, sofern insbesondere das Verwaltungs- und Kontrollsystem für das nationale Programm durch einen schwerwiegenden Mangel beeinträchtigt wird und der zuständige Schengen-Staat die für die Aufhebung erforderlichen Massnahmen nicht ergreift oder die Angaben im Jahresabschluss mit einer Unregelmässigkeit im Zusammenhang stehen. Bevor die Europäische Kommission die Aussetzung der Zahlung oder eines Teils davon beschliesst, gibt sie dem betreffenden SchengenStaat die Gelegenheit zur Stellungnahme. Hat ein Schengen-Staat die für die Aufhebung der Aussetzung erforderlichen Massnahmen getroffen, so hebt die Europäische Kommission die Aussetzung der Zahlung auf.

Art. 43

Verwendung des Euro

Die Schengen-Staaten geben sämtliche Ausgaben in Euro an. Schengen-Staaten mit einer anderen Währung rechnen die Ausgaben in Euro um. Die Umrechnung erfolgt gestützt auf den monatlichen Buchungskurs der Europäischen Kommission, der zum Zeitpunkt der Verbuchung der Ausgaben gilt.

Art. 44

Antrag auf Zahlung des Jahressaldos

Die Schengen-Staaten sind gehalten, der Europäischen Kommission bis zum 15. Februar des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres die nach Artikel 59 Absatz 5 der Verordnung Nr. 966/2012 (Euratom, EG) aufgeführten Unterlagen und Informationen vorzulegen. Diese Frist kann von der Europäischen Kommission ausnahmsweise höchstens bis zum 1. März verlängert werden. Die eingereichten Unterlagen dienen als Antrag auf Zahlung des Jahressaldos. Fordert die Europäische Kommission einen Schengen-Staat auf, ihr weitere Informationen zum Zweck des Jahresrechnungsabschlusses vorzulegen, und kommt der Schengen-Staat dieser Aufforderung nicht innerhalb der von der Europäischen Kommission gesetzten Frist nach, kann sie ihren Beschluss auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen erlassen. Die Europäische Kommission hält die Muster, nach denen die Unterlagen zu erstellen sind, in Durchführungsrechtsakten fest.

Art. 45

Jährlicher Jahresabschluss

Die Europäische Kommission beschliesst bis zum 31. Mai des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres über den Jahresrechnungsabschluss für jedes nationale Programm.

Dazu legt sie mittels Durchführungsrechtsakten die Modalitäten für das jährliche Rechnungsabschlussverfahren fest.

Art. 46

Finanzkorrekturen durch Schengen-Staaten

Die Schengen-Staaten sind gehalten, die von der Europäischen Kommission im Jahresrechnungsabschluss festgestellten Unregelmässigkeiten zu bereinigen.

6404

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Art. 47

Konformitätsabschluss und Finanzkorrekturen der Kommission

Die Europäische Kommission wird ermächtigt, Finanzkorrekturen vorzunehmen, indem sie den Unionsbeitrag zu einem nationalen Programm ganz oder teilweise streicht und die entsprechenden Rückforderungen an den betreffenden SchengenStaat stellt. Damit verhindert sie, dass die Union Ausgaben finanziert, die den anwendbaren Rechtsvorschriften widersprechen. Eine Finanzkorrektur nimmt die Europäische Kommission vor, wenn der Verstoss sich auf die Auswahl eines Projekts für das nationale Programm auswirkt bzw. zumindest ein begründetes Risiko dazu besteht, oder wenn er sich auf den Betrag der zur Rückerstattung aus dem Unionshaushalt geltend gemachten Ausgaben auswirkt bzw. auch dazu ein begründetes Risiko besteht. Bei der Entscheidung über die Finanzkorrektur wahrt die Europäische Kommission den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Ebenfalls ist sie aufgefordert, ihre Absicht zu einer Finanzkorrektur dem betreffenden SchengenStaat schriftlich und begründet mitzuteilen, bevor sie sich für die Ablehnung einer Finanzierung entscheidet. Dies ermöglicht dem Schengen-Staat, sich dazu zu äussern und die vorgebrachten Vermutungen zu widerlegen. Im Weiteren sind gewisse Ausgaben von der Ablehnung einer Finanzierung ausgenommen. Dazu gehören beispielsweise Ausgaben der zuständigen Behörde, die länger als drei Jahre zurückliegen und zu welchen die Europäische Kommission bereits schriftlich Stellung genommen hat. Die Modalitäten für den Konformitätsabschluss betreffend den Erlass des Beschlusses und dessen Durchführung legt die Europäische Kommission mittels Durchführungsrechtsakten fest.

Art. 48

Pflichten der Schengen-Staaten

Die Pflicht eines Schengen-Staats, Einziehungen vorzunehmen und staatliche Beihilfen zurückzufordern, wird nicht von einer Finanzkorrektur durch die Europäische Kommission berührt.

Art. 49

Rückzahlung

Die Rückzahlung hat spätestens zwei Monate nach Ausstellung der Einziehungsanordnung zu erfolgen. Andernfalls wird ein Verzugszins erhoben.

Art. 50

Grundsätze

Diese Bestimmung regelt das Verfahren für die Aufhebung der Mittelbindung.

Demnach wird die Mittelbindung für Beträge, die nicht bis zum 31. Dezember des zweiten Jahres nach der Mittelbindung als anfängliche und jährliche Vorfinanzierung und mittels eines Zahlungsantrags abgerufen werden, aufgehoben. Für Mittelbindungen für das letzte Jahr sowie für Mittelbindungen, die am letzten Tag der Förderfähigkeit noch offen sind, gilt eine andere Regelung.

Art. 51

Ausnahmen von der Aufhebung der Mittelbindung

Diese Bestimmung regelt die von der Aufhebung der Mittelbindung ausgenommen Beträge. So berücksichtigt diese Bestimmung, dass allfällige Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit aufschiebender Wirkung oder Gründe höherer Gewalt dazu 6405

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führen könnten, dass die davon betroffenen Schengen-Staaten die geplanten Massnahmen nicht wie vorgesehen durchführen und die entsprechenden Beträge nicht einsetzen konnten. Um in den Genuss dieser Ausnahmeregelung zu kommen, müssen die Schengen-Staaten der Europäischen Kommission die entsprechenden Informationen bis zum 31. Januar übermitteln, damit der davon betroffene Betrag zum Ende des Vorjahres geltend gemacht werden kann.

Art. 52

Verfahren

Die Europäische Kommission ist aufgefordert, die Schengen-Staaten so rasch als möglich über eine drohende Aufhebung der Mittelbindung und den damit zusammenhängenden Betrag in Kenntnis zu setzen. Die betreffenden Schengen-Staaten können sich innerhalb von zwei Monaten mit dem Betrag einverstanden erklären, für den die Mittelbindung aufgehoben werden soll, oder sich dazu äussern. Spätestens neun Monate nach Ablauf der letzten Frist ordnet die Europäische Kommission die automatische Aufhebung der Mittelbindung an.

3.4.6 Art. 53

Information, Kommunikation, Monitoring, Evaluierung und Berichterstattung Information und Bekanntmachung

Die Schengen-Staaten sind verpflichtet, eine Website oder ein Internetportal mit Informationen über die nationalen Programme zu erstellen. Weiter haben sie dafür zu sorgen, dass potenzielle Begünstigte über die Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen der nationalen Programme informiert werden und Zugriff auf die spezifischen Rechtsgrundlagen erhalten. Im Weiteren sind die Schengen-Staaten zu einer transparenten Durchführung der nationalen Programme verpflichtet. Demnach führen sie eine Liste über die Massnahmen der einzelnen nationalen Programme, die über die Website oder das Internetportal zugänglich ist. Die Liste beinhaltet die Begünstigten, die Namen der Projekte sowie die Höhe der ihnen zugewiesenen Unionsmittel. Ausgenommen von dieser Regelung sind Informationen, die aufgrund ihres vertraulichen Charakters nicht veröffentlicht werden dürfen. Die Europäische Kommission erlässt delegierte Rechtsakte, um die Regeln für Informations- und Bekanntmachungsmassnahmen sowie für Informationsmassnahmen für Begünstigte festzulegen. Ebenfalls legt sie mittels Durchführungsrechtsakten die technischen Anforderungen für Informations- und Bekanntmachungsmassnahmen fest.

Art. 54

Berichte über die Durchführung

Die zuständige Behörde erstellt jährlich einen Bericht über die Durchführung der einzelnen nationalen Programme. Sie stellt diesen Bericht während der Jahre 2016­2022 der Europäischen Kommission jährlich bis spätestens zum 31. März zu, wobei der erste Bericht die Haushaltsjahre 2014 und 2015 abdeckt. Zudem sind die Schengen-Staaten verpflichtet, ihren Schlussbericht über die Durchführung der nationalen Programme bis zum 31. Dezember 2023 der Europäischen Kommission vorzulegen. Weiter definiert diese Bestimmung die Themen, die bei der Abfassung 6406

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der Berichte zu berücksichtigen sind. Erfüllt ein Bericht diese Anforderungen nicht, informiert die Europäische Kommission den betreffenden Schengen-Staat innerhalb von 15 Arbeitstagen ab Eingangsdatum. Ebenso teilt die Europäische Kommission dem betreffenden Schengen-Staat innerhalb von zwei Monaten ab Erhalt des jährlichen Durchführungsberichts ihre Bemerkungen dazu mit. Nimmt die Europäische Kommission nicht innerhalb dieser Frist Stellung, so gilt der Bericht als angenommen. Die Muster, nach denen die jährlichen Durchführungsberichte und der Schlussbericht zu erstellen sind, legt die Europäische Kommission mittels Durchführungsrechtsakten fest.

Art. 55

Gemeinsamer Monitoring- und Evaluierungsrahmen

Die Europäische Kommission führt regelmässig ein Monitoring zu dieser Verordnung sowie zu den spezifischen Verordnungen durch. Dieses wird teilweise unter Beteiligung der Schengen-Staaten durchgeführt. Dazu wird ein gemeinsamer Monitoring- und Evaluierungsrahmen definiert, um insbesondere die Effizienz und die Relevanz der Massnahmen unter Berücksichtigung der vorgegebenen Ziele dieser Verordnung und der spezifischen Verordnungen messen zu können. Der Europäischen Kommission wird die Kompetenz übertragen, delegierte Rechtsakte zur Weiterentwicklung des gemeinsamen Monitoring- und Evaluierungsrahmens zu erlassen.

Benötigt die Europäische Kommission Informationen, um diese Verordnung und die spezifischen Verordnungen einem Monitoring und einer Evaluierung zu unterziehen, sind die Schengen-Staaten aufgefordert, ihr diese Informationen zuzustellen.

Art. 56

Evaluierung der nationalen Programme durch die Schengen-Staaten

Die Schengen-Staaten sind verpflichtet, die in Artikel 57 erwähnten Evaluierungen durchzuführen. Diese werden von Sachverständigen, die funktional von den zuständigen Behörden, Prüfbehörden und delegierten Behörden unabhängig sind, vorgenommen. Die Europäische Kommission erlässt die für die Durchführung der Evaluierungen notwendigen Leitlinien. Die Evaluierungen werden vollumfänglich veröffentlicht, sofern sie keine vertraulichen Angaben beinhalten.

Art. 57

Evaluierungsberichte der Schengen-Staaten und der Kommission

Diese Bestimmung legt fest, welche Evaluierungsberichte die Schengen-Staaten der Europäischen Kommission zustellen müssen, und bestimmt die dafür vorgesehenen Fristen. Gestützt auf diese Berichte unterbreitet die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie dem Ausschuss der Regionen zwei Evaluierungsberichte. Dabei berücksichtigt sie die vorgegebenen Fristen. Bei den Evaluierungsberichten handelt es sich um den Zwischenbericht über die Durchführung dieser Verordnung und der spezifischen Verordnungen sowie um den Ex-post-Evaluierungsbericht über die Wirkung der erwähnten Verordnungen. Im Rahmen der Ex-post-Evaluierung untersucht die Europäische Kommission auch die Wirkung der spezifischen Verordnungen auf die Entwicklung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in Bezug auf die Ziele, die unter anderem die Entwicklung eines gemeinsamen Ansatzes für die Grenzsicherheit, die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden und 6407

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das Krisenmanagement beinhalten. Jegliche in dieser Bestimmung erwähnten Evaluierungsberichte werden vollumfänglich veröffentlicht, sofern sie keine vertraulichen Angaben beinhalten.

3.4.7 Art. 58­61

Schlussbestimmungen Schlussbestimmungen

Die Artikel 58­61 enthalten die Schlussbestimmungen. Artikel 58 ermächtigt die Europäische Kommission, für den Zeitraum vom 21. Mai 2014 bis zum 21. Mai 2021 delegierte Rechtsakte zu erlassen. Artikel 59 hält fest, dass die Europäische Kommission vom AMIF-ISF-Ausschuss unterstützt wird. Artikel 60 verpflichtet das Europäische Parlament und den Rat, bis zum 30. Juni 2020 auf Vorschlag der Europäischen Kommission die vorliegende Verordnung zu überprüfen. Artikel 61 hält fest, dass die Verordnung am 21. Mai 2014 in Kraft getreten ist und seit dem 1. Januar 2014 gilt.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen der Zusatzvereinbarung auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Finanzausstattung für die Durchführung des Fonds wurde für den Zeitraum 2014­2020 auf insgesamt 2,76 Milliarden Euro veranschlagt, wobei die Finanzbeiträge der assoziierten Staaten in den 2,76 Milliarden Euro nicht mitenthalten sind.

Dies hat zur Folge, dass die Finanzausstattung des Fonds höher ausfallen und den in Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 bezifferten Betrag übersteigen wird.

Die jährlichen Mittel werden jeweils vom Europäischen Parlament und vom Rat in den Grenzen des mehrjährigen Finanzrahmens bewilligt (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung [EU] Nr. 515/2014). Im Jahr 2016 hat die Europäische Kommission die Funktionsweise des mehrjährigen Finanzrahmens 2014­2020 überprüft und dabei der jeweiligen Wirtschaftslage und den aktuellen makroökonomischen Projektionen in vollem Umfang Rechnung getragen. Die Europäische Kommission schlägt vor, den mehrjährigen Finanzrahmen mit rund 13 Milliarden Euro für die Jahre 2017­2020 aufzustocken. Davon sollen 2549 Millionen Euro in die Rubrik 3 «Sicherheit und Unionsbürgerschaft»19 und weitere 1822 Millionen Euro in den EU-Haushalt 2017 für die Bewältigung der Migrationskrise und die Verstärkung der Sicherheit fliessen. Vor diesem Hintergrund besteht die Wahrscheinlichkeit, dass

19

Die Rubrik 3 «Sicherheit und Unionsbürgerschaft» erstreckt sich auf Justiz und Inneres, Grenzschutz, Einwanderungs- und Asylpolitik, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Kultur, Jugend, Information und Dialog mit den Bürgern. Weitere Informationen zum mehrjährigen Finanzrahmen: http://bit.ly/2pwQpD5.

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die globale Finanzausstattung des Fonds erhöht wird, was auch eine Erhöhung der Beiträge der Schweiz nach sich ziehen würde.

Die finanzielle Beteiligung der Schweiz am Fonds ist in Artikel 10 sowie im Anhang der Zusatzvereinbarung geregelt (vgl. Ziff. 2.3). Die Berechnung der Jahresbeiträge der Schweiz beruht auf dem in Artikel 11 Absatz 3 des SAA vorgesehenen Schengen-Schlüssel. Für dessen Festlegung wird der Anteil des jährlichen BIP der Schweiz an der Gesamtsumme der BIP aller am Fonds teilnehmenden Staaten bestimmt (beteiligte EU-Mitgliedstaaten plus an Schengen assoziierte Staaten). Anschliessend wird dieser Index auf die jährliche Referenzsumme angewendet, die der Summe aller Mittel entspricht, die den teilnehmenden Staaten für das betreffende Jahr insgesamt zugewiesen werden.

Wie unter Ziffer 2.3 festgehalten, wird die definitive finanzielle Beteiligung der Schweiz am Fonds im Jahr 2019 berechnet, gestützt auf die am 31. März 2019 verfügbaren BIP-Zahlen für die Jahre 2013­2017. Folglich können die definitiven Kosten der Beteiligung der Schweiz am Fonds zum jetzigen Zeitpunkt nicht endgültig beziffert werden.

In der Botschaft zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 wurde von finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt in der Höhe von ca. 129 Millionen Franken (117,3 Mio. Euro) für die Gesamtlaufzeit des Fonds ausgegangen.

Gestützt auf eine kürzlich durchgeführte Hochrechnung muss jedoch mit rund 144 Millionen Franken (131,1 Mio. Euro) gerechnet werden. Über die sieben Jahre Laufzeit des Fonds würde dies eine Jahresbeteiligung der Schweiz in der Höhe von ca. 20,6 Millionen Franken (18,7 Mio. Euro) bedeuten.

Grund für die Anpassung des Schätzungswerts ist der voraussichtlich höher ausfallende BIP-Mittelwert, der von 4,25 Prozent auf 4,75 Prozent angestiegen ist. Der daraus resultierende Mehrbedarf von rund 15 Millionen Franken wurde im Voranschlag 2018 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2019­2021 eingestellt.

Im Voranschlag 2018 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2019­2021 sind entsprechend insgesamt 144 Millionen Franken für den Fonds eingestellt. 20 Aufgrund der verspäteten Beteiligung der Schweiz am Fonds fällt die erste Zahlung voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte 2018 an; diese umfasst dann rückwirkend alle geschuldeten Beiträge ab 2014.

4.1.2

Beginn der Schweizer Zahlungen an den Fonds

Artikel 19 der Zusatzvereinbarung (vgl. Ziff. 2.3) bestimmt, dass die Vertragsparteien ­ unbeschadet etwaiger verfassungsmässiger Erfordernisse ­ die Zusatzvereinbarung ab dem ersten Tag nach ihrer Unterzeichnung vorläufig anwenden. Nach Auffassung des Bundesrats sind die Voraussetzungen für eine vorläufige Anwendung der Zusatzvereinbarung jedoch nicht erfüllt. Die Europäische Kommission 20

Sämtliche Pflichtbeiträge an internationale Organisationen, die im Zahlenwerk des SEM eingestellt sind, werden im Transferbereich bei der Finanzposition «A231.0155 Internationale Zusammenarbeit Migrationsbereich» über das Sachkonto 363 10010000 «Pflichtbeiträge an internationale Organisationen» ausgewiesen.

6409

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wurde deshalb bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich die Schweiz erst am Fonds beteiligen kann, wenn das innerstaatliche Genehmigungsverfahren für die Zusatzvereinbarung definitiv abgeschlossen ist. Ausgehend von der Annahme, dass die Zusatzvereinbarung im Herbst 2017 unterzeichnet wird, kann sich die Schweiz voraussichtlich ab der zweiten Hälfte 2018, rückwirkend ab 2014, am Fonds beteiligen. Trotzdem sind die Vorbereitungen zur Fondsumsetzung bereits lanciert worden; dies, um dem Risiko entgegenzuwirken, dass die Schweiz die ihr zustehenden Fördermittel wegen der verspäteten Teilnahme nicht vollumfänglich abschöpfen kann.

4.1.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b Bundesverfassung21 (BV) bedürfen namentlich Subventionsbestimmungen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, des qualifizierten Mehrs beider Räte (sog. Ausgabenbremse). Ausschlaggebend ist vorliegend der Begriff der «neuen» Ausgaben. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung zum Finanzreferendum in den Kantonen sind unter gebundenen ­ im Gegensatz zu neuen ­ Ausgaben diejenigen Ausgaben zu verstehen, die durch einen Rechtssatz prinzipiell und dem Umfang nach vorgeschrieben oder zur Erfüllung der gesetzlich geordneten Verwaltungsaufgaben unbedingt erforderlich sind. Mit Blick auf die Verpflichtung der Schweiz aus dem SAA, Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands grundsätzlich zu übernehmen und umzusetzen (vgl. Ziff. 1), kann vorliegend nicht von einer «neuen» Ausgabe im Sinne der Ausgabenbremse ausgegangen werden. Der vorliegende Bundesbeschluss unterliegt demnach nicht der Ausgabenbremse.

4.1.4

Personelle Auswirkungen

Das SEM setzt zurzeit 200 Stellenprozent für die Verwaltung des Fonds ein. Das entspricht dem bisherigen Aufwand für die Verwaltung des AGF. Im Rahmen der jährlichen Überprüfung des Verwaltungs- und Kontrollsystems prüft das SEM (zuständige Behörde) sowie die EFK (Prüfbehörde), ob die Verwaltungsaufgaben mit den bestehenden Personalaufwendungen weiterhin gedeckt werden können bzw. ob geeignete und ausreichende personelle Mittel vorhanden sind. Bei einem allfälligen Mehrbedarf wird in erster Linie eine SEM-interne Kompensation angestrebt.

Wie unter Ziffer 4.1.6 festgehalten, können die Kosten für die Verwaltung und das Personal zumindest teilweise im Rahmen der technischen Hilfe mit den Fondsgeldern abgeschöpft werden.

21

SR 101

6410

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4.1.5

Der Schweiz zugewiesene Mittel

Wie beim Aussengrenzenfonds wird die Schweiz auch Gelder aus dem Fonds ISFGrenze erhalten. Gemäss Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 weist die EU der Schweiz insgesamt rund 20 Millionen Franken (19 Mio. Euro) aus dem neuen Fonds zu. Diese Gelder dienen der Finanzierung von Massnahmen und Projekten auf nationaler, länderübergreifender oder gemeinschaftlicher Ebene bis zu einer Höhe von höchstens 75 Prozent der jeweiligen Gesamtkosten (Kofinanzierung) bzw.

90 Prozent bei spezifischen Massnahmen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Massnahmen von Kantonen und allenfalls von Privaten durchgeführt werden.

Um diese Gelder zugewiesen zu erhalten, muss die Schweiz die Umsetzung der nationalen Massnahmen belegen und der Europäischen Kommission bis jeweils zum 15. Februar des auf das jeweilige Haushaltsjahr folgenden Jahres einen Bericht über die Durchführung der nationalen Programme, die Rechnungslegung über die geleisteten Zahlungen sowie eine Übersicht über die endgültigen Prüfberichte und die durchgeführten Kontrollen vorlegen. Die Übermittlung dieser Unterlagen dient als Antrag auf Zahlung der jährlich zugewiesenen Mittel (Art. 16 Abs. 1 der Zusatzvereinbarung).

Die Zuweisungen an die Schweiz aus dem Fonds sind gesichert, sofern das nationale Programm der Schweiz von der Europäischen Kommission vor dem 31. Dezember 2020 genehmigt wird. Dies sollte auch bei einer Teilnahme am Fonds erst ab 2018 ohne Weiteres möglich sein.

Ob die Schweiz im Rahmen der Halbzeitüberprüfung des Fonds über die genannten Zuweisungen von rund 20 Millionen Franken hinaus weitere Zuweisungen erhalten wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.

Die Vereinnahmung dieser Gelder erfolgt gestützt auf ein von der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) und dem SEM gemeinsam erarbeitetes Konzept. Dieses sieht insbesondere vor, dass die Fonds-Gelder zugunsten des Bundes vereinnahmt werden, sofern der Bund für die Finanzierung der Projekte aufkommt.

4.1.6

Technische Unterstützungsleistung

Die Europäische Kommission kann den teilnehmenden Staaten jährlich einen Betrag für technische Unterstützungsleistungen ausrichten, der im Verhältnis zu den zugewiesenen Mitteln berechnet wird. Er dient der Finanzierung von vorbereitenden Massnahmen und von Massnahmen zur Verwaltung und Überwachung sowie zum Ausbau der Verwaltungskapazität für die Durchführung des Fonds. Die Unterstützungsleistung darf im Zeitraum 2014­2020 fünf Prozent des dem jeweiligen Schengen-Staat insgesamt zugewiesenen Betrags zuzüglich 500 000 Euro nicht übersteigen (Art. 16 Verordnung [EU] Nr. 515/2014). Damit dürfte die technische Unterstützungsleistung für die Schweiz maximal 1,4 Millionen Euro betragen. Unter diesem Gesichtspunkt können die Kosten, die den nationalen Behörden im Bereich Infrastruktur und Personal entstehen, zumindest teilweise gedeckt werden.

6411

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4.1.7

Projektplanung

Im Rahmen des Fonds wird ein nationales Programm für den Zeitraum 2014­2020 erstellt, das die geplante Verwendung der zugewiesenen Gelder aus dem Fonds festhält (Art. 9 der Verordnung [EU] Nr. 515/2014). Die Zuweisungen, welche die Schengen-Staaten aus dem Fonds erhalten werden, sind projektgebunden. Demnach ist die Durchführung nationaler Projekte, die den Zielvorgaben des Fonds entsprechen müssen, Voraussetzung für den Erhalt dieser Gelder. Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 legt fest, dass die Mitgliedstaaten bzw. die assoziierten Staaten aus den Zuweisungen einen Mindestanteil für bestimmte Bereiche aufwenden sollen. Von dieser Vorgabe kann allerdings abgewichen werden, sofern dafür eine stichhaltige Begründung vorliegt.

Alle Projekte sind von den Schengen-Staaten vorzufinanzieren. Die Europäische Kommission wird aufgrund der jährlichen Zahlungsanträge die von den SchengenStaaten getätigten Ausgaben anteilsmässig rückerstatten. Bei dieser finanziellen Unterstützung aus dem Fonds handelt es sich um eine Kofinanzierung, was zur Folge hat, dass der jeweilige Schengen-Staat stets einen gewissen Anteil der anfallenden Projektkosten selbst zu tragen hat. Grundsätzlich beträgt die Förderquote aus dem Fonds höchstens 75 Prozent der förderfähigen Gesamtausgaben eines Projekts.

Im Fall spezifischer Massnahmen oder strategischer Prioritäten im Sinne der spezifischen Verordnungen kann sie jedoch bis auf 90 Prozent erhöht werden.

Am 4. November 2013 führte die Schweiz im Rahmen des bilateralen Politikdialogs einen Austausch mit der Europäischen Kommission über die von ihr geplante Verwendung der ihr aus dem ISF-Grenze zugewiesenen Mittel. Grundsätzlich sollen neben den nationalen auch europäische strategische Prioritäten in die Programmplanung aufgenommen werden. Für die Schweiz stehen dabei Projekte im Rahmen der Umsetzung der Strategie der integrierten Grenzverwaltung im Vordergrund.

So sollen die Zuweisungen primär für Massnahmen in Drittstaaten und bei der Grenzkontrolle verwendet werden, um der erhöhten Terrorgefahr, den steigenden Passagierzahlen sowie der illegalen Migration Rechnung zu tragen. Ein Teil der Zuweisungen soll für die Entsendung von Immigration Liaison Officers (ILOs) bzw. einem Airline Liaison Officer (ALO) verwendet werden. Weiter sollen die Kapazitäten an den
Luftaussengrenzen der Schweiz erhöht und die bestehende Infrastruktur beispielsweise mit der Einführung von automatisierten Grenzkontrollen ausgebaut werden. Daneben sollen auch künftige Schengen-Weiterentwicklungen im Bereich der Grenzkontrolle berücksichtigt werden. Diese Prioritäten wurden mit der Europäischen Kommission im Rahmen eines ersten nationalen Programmentwurfs konsultiert.

Da für die Schweiz voraussichtlich knapp 19 Millionen Euro aus dem Fonds bereitgestellt sind, muss unter Berücksichtigung einer Förderquote von maximal 75 bzw.

90 Prozent von einer Projektsumme von ca. 21­26 Millionen Euro ausgegangen werden, damit die Schweiz die für sie vorgesehenen Fördermittel auch vollumfänglich geltend machen kann.

Um das Risiko zu minimieren, dass die Schweiz die ihr zustehenden Fördermittel wegen ihrer verspäteten Teilnahme am Fonds nicht abschöpfen kann, werden bereits jetzt erste ISF-Projekte bestimmt. Jegliche Zahlungen bzw. Auszahlungen an Pro6412

BBl 2017

jektnehmer stehen jedoch unter dem Vorbehalt des Inkrafttretens sämtlicher relevanter Rechtsgrundlagen dafür.

4.1.8

Verwaltungs- und Kontrollsystem

Die Durchführung des Fonds erfordert es, dass jeder einzelne Staat für die Verwaltung der zugewiesenen Mittel ein Verwaltungs- und Kontrollsystem einrichtet.

Dieses besteht aus einer zuständigen Behörde, einer Prüfbehörde, einer benennenden Behörde und einer beauftragten Behörde, wobei Letztere nicht zwingend vorgesehen sein muss.

Die zuständige Behörde ist für die ordnungsgemässe Verwaltung und Kontrolle des nationalen Programms sowie für die gesamte Kommunikation mit der Europäischen Kommission verantwortlich.

Die Prüfbehörde stellt fest, ob das bestehende Verwaltungs- und Kontrollsystem wirksam funktioniert. Dabei überprüft sie die von der zuständigen Behörde bereits durchgeführten Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen. Ihr obliegt es zudem ebenfalls, das Prüfurteil als Teil der Zahlungsanträge an die Europäische Kommission zu erteilen.

Die benennende Behörde bezeichnet die zuständige Behörde und stellt dabei sicher, dass diese in der Lage ist, die Fondsumsetzung ordnungsgemäss durchzuführen.

Die beauftragte Behörde, die nicht zwingend vorgesehen sein muss, kann bestimmte Aufgaben der zuständigen Behörde unter deren Verantwortung ausführen.

In der Schweiz wurden die folgenden drei Behörden benannt: 1.

Das SEM (Sektion Europa) übernimmt die Rolle der zuständigen Behörde.

2.

Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) übernimmt die Aufgabe der Prüfbehörde.

3.

Das Generalsekretariat des EJPD nimmt die Aufgabe der benennenden Behörde wahr und bezeichnet die zuständige Behörde.

Angesichts der Komplexität der Durchführung des Fonds und der möglichen Risiken, die mit der Verwaltung der Gelder verbunden sind, muss die Unabhängigkeit dieser Behörden gewährleistet sein.

Die zuständige Behörde hat die nötigen Verwaltungs- und Kontrollstrukturen nach den Bestimmungen der Europäischen Kommission bereits geschaffen. Das errichtete Verwaltungs- und Kontrollsystem wurde im Rahmen einer Eignungsprüfung im Dezember 2016 / Januar 2017 von der EFK in ihrer Eigenschaft als Prüfbehörde geprüft und als erfüllt bewertet. Die Europäische Kommission wurde darüber in Kenntnis gesetzt (Art. 13 der Zusatzvereinbarung). Wie die Projektplanung (vgl.

Ziff. 4.1.4), wurde auch das Verwaltungs- und Kontrollsystem unter dem Vorbehalt des Inkrafttretens der notwendigen Rechtsgrundlagen zum Fonds benannt.

6413

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4.2

Auswirkungen auf die Kantone

Weder die Zusatzvereinbarung noch der Notenaustausch betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 sind für die Kantone mit zusätzlichen Ausgaben oder mit personellen Auswirkungen verbunden.

Die Zusatzvereinbarung schafft die Voraussetzung dafür, dass Projekte der Kantone mit Fördergeldern aus dem Fonds unterstützt werden können.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 201622 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201623 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Es handelt sich um eine Schengen-Weiterentwicklung, die fristgerecht umzusetzen ist.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Zusatzvereinbarung berührt keine anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

6.2

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der BV, wonach auswärtige Angelegenheiten Sache des Bundes sind. Gemäss Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat für die Unterzeichnung und Ratifizierung von völkerrechtlichen Verträgen zuständig. Artikel 166 Absatz 2 BV schliesslich räumt der Bundesversammlung die Kompetenz ein, völkerrechtliche Verträge zu genehmigen, sofern nicht der Bundesrat aufgrund einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung oder eines völkerrechtlichen Abkommens dafür zuständig ist oder es sich um ein Abkommen von beschränkter Tragweite handelt (Art. 166 Abs. 2 BV; Art. 24 Abs. 2 ParlG; Art. 7a RVOG).

Zusatzvereinbarung Bezüglich der Genehmigung der Zusatzvereinbarung fehlt es dem Bundesrat an einer gesetzlichen oder völkervertragsrechtlichen Ermächtigung. Zudem kann die Zusatzvereinbarung insbesondere angesichts der Höhe des zu leistenden finanziellen Beitrags nicht als Abkommen von beschränkter Tragweite im Sinne von Artikel 7a

22 23

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183

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BBl 2017

Absatz 2 und 3 RVOG qualifiziert werden. Sie ist daher von der Bundesversammlung zu genehmigen.

Verordnung (EU) Nr. 514/2014 Die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 ist rechtlich verbindlicher Natur. Die Notifizierung durch die EU und die Antwortnote der Schweiz bilden einen Notenaustausch, der aus Schweizer Sicht als völkerrechtlicher Vertrag zu qualifizieren ist.

Kein Gesetz und kein völkerrechtlicher Vertrag ermächtigen den Bundesrat, den Notenaustausch betreffend die Übernahme der vorliegenden Verordnung selbstständig abzuschliessen. Ebensowenig handelt es sich beim Notenaustausch um einen Vertrag von beschränkter Tragweite. Denn obwohl sich die Verordnung insbesondere an die Behörden richtet und lediglich einen administrativen und technischen Inhalt aufweist, sieht auch sie die Möglichkeit von Kontrollen ausländischer Behörden in der Schweiz vor. Zudem steht sie in engem Zusammenhang mit der Verordnung (EU) Nr. 515/2014, die für die Schweiz neue Rechte und Pflichten begründet und zu erheblichen finanziellen Aufwendungen führt. Der Notenaustausch betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 ist daher ebenfalls von der Bundesversammlung zu genehmigen.

6.3

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), wenn sie den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200224 sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generellabstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Zusatzvereinbarung Die Zusatzvereinbarung ist kündbar. Gemäss Artikel 20 kann sie von der Schweiz oder von der EU durch Notifizierung an die andere Partei beendet werden. Sie gilt zudem als aufgehoben, wenn das SAA mit der Schweiz gemäss dessen Artikel 7 Absatz 4, Artikel 10 Absatz 3 oder Artikel 17 beendet wird. Auch sieht die Zusatzvereinbarung nicht den Beitritt zu einer internationalen Organisation vor, und ihre Umsetzung erfordert nicht die Annahme von Bundesgesetzen.

Die Zusatzvereinbarung beinhaltet jedoch unter anderem Bestimmungen zur finanziellen Beteiligung der Schweiz am Fonds sowie zur Durchführung von VorOrt-Kontrollen durch ausländische Behörden in der Schweiz. Sie enthält also wich-

24

SR 171.10

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tige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben c und e BV.

Verordnung (EU) Nr. 514/2014 Der vorliegende Notenaustausch betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 kann zu den in den Artikeln 7 und 17 SAA vorgesehenen Bedingungen gekündigt werden. Die Übernahme der Verordnung ist zudem unter keinen Umständen mit dem Beitritt zu einer internationalen Organisation verbunden.

Schliesslich sind für ihre Umsetzung auch keine Gesetzesanpassungen erforderlich.

Die Verordnung enthält u. a. jedoch Bestimmungen zur finanziellen Beteiligung der Schweiz am Fonds sowie zu Vor-Ort-Kontrollen, die von den Europäischen Organen zusammen mit den nationalen Kontrollorganen in der Schweiz durchgeführt werden.

Es handelt sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe c (Kontrollen, Interventionsmechanismus und Aufbau der innerstaatlichen Finanzkontrolle) und Buchstabe e (Finanzierung) BV.

Demzufolge unterliegen die Genehmigung der Zusatzvereinbarung und des Notenaustauschs zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

Die Bundesversammlung genehmigt völkerrechtliche Verträge, die dem Referendum unterliegen, in der Form eines Bundesbeschlusses (Art. 24 Abs. 3 ParlG).

6.4

Vernehmlassungsverfahren

Wie unter Ziffer 6.3 festgehalten, untersteht der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Zusatzvereinbarung über die Beteiligung der Schweiz am Fonds für die innere Sicherheit und des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 dem fakultativen Referendum. Streng formal betrachtet, müsste nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 2005 (VlG)25 entsprechend eine Vernehmlassung durchgeführt werden.

Im vorliegenden Fall wurde jedoch auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet, weil sowohl die Zusatzvereinbarung als auch die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 bereits Gegenstand der Vernehmlassung zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 515/2014 zur Schaffung des ISF-Grenze waren, die zwischen dem 4. November 2015 und dem 15. Februar 2016 durchgeführt wurde.26 Die Zusatzvereinbarung wurde den Vernehmlassungsunterlagen auch beigelegt. Sowohl die Zusatzvereinbarung als auch die Verordnung (EU) Nr. 514/2014 haben seither keine Änderung erfahren.

25 26

SR 172.061 Vgl. www.Bundesrecht.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2015 > EJPD

6416

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Im Rahmen dieser Vernehmlassung wurden insgesamt 47 Stellungnahmen eingereicht. Bis auf die SVP begrüssten alle Vernehmlasser diese Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands.

Da die Standpunkte der Kantone, der politischen Parteien und der interessierten Kreise aus der Privatwirtschaft bekannt sind, sind von einer Vernehmlassung zur Genehmigung der Zusatzvereinbarung und des Notenaustauschs zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Auch konnten die Kantone die Erarbeitung der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 mitverfolgen, da die Schweiz gestützt auf den COREPER-Beschluss vom 18. April 2012 an der Ausarbeitung dieses Rechtsaktes mitwirken konnte.

Aus diesen Gründen wurde gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens verzichtet.

6.5

Umsetzung ins nationale Recht

Die Zusatzvereinbarung ist völkerrechtlich direkt anwendbar und bedarf keiner Umsetzung auf Gesetzesstufe. Analog wie z. B. beim MEDIA-Abkommen27 mit der EU werden die in der Zusatzvereinbarung staatsvertraglich vereinbarten Bestimmungen über die Finanzkontrolle das Bewilligungsverfahren ersetzen, wie es in Artikel 271 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB)28 für die betreffenden Amtshandlungen auf schweizerischem Territorium vorgesehen ist. Die gemäss StGB erforderliche Bewilligung für die Durchführung der im Zusammenhang mit dem ISFGrenze vorgesehenen Kontrollen durch die Organe der EU wird somit als generell erteilt gelten.

Auch die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 erfordert keine Änderung der schweizerischen Gesetzgebung, da es sich dabei um einen detailliert ausgestalteten EU-Rechtsakt handelt, der völkerrechtlich direkt anwendbar ist.

27

28

Abkommen vom 11. Okt. 2007 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft im audiovisuellen Bereich zur Festlegung der Voraussetzungen und Bedingungen für die Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft am Gemeinschaftsprogrammen MEDIA 2007, SR 0.784.405.226.8.

SR 311.0

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