10.2.1

Botschaft zur Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro sowie des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Montenegro vom 11. Januar 2012

10.2.1.1

Grundlagen und Übersicht zum Abkommen

Das am 14. November 2011 in Genf unterzeichnete Freihandelsabkommen (FHA) mit Montenegro umfasst den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und anderer Meeresprodukte) sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftserzeugnissen.

Es enthält zudem Bestimmungen über den Schutz des geistigen Eigentums, den Handel und die nachhaltige Entwicklung, den Wettbewerb und die Handelserleichterung sowie Evolutivklauseln zu Dienstleistungen, Investitionen und zum öffentlichen Beschaffungswesen. Wie in den bisherigen EFTA-FHA ist die Behandlung der landwirtschaftlichen Basisprodukte in bilateralen Landwirtschaftsabkommen geregelt, die individuell zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro abgeschlossen worden sind. In diesen bilateralen Landwirtschaftsabkommen gewähren sich die EFTA-Staaten und Montenegro Zollkonzessionen für bestimmte Landwirtschaftsprodukte im Rahmen ihrer jeweiligen Landwirtschaftspolitiken (vgl. Ziff. 10.2.1.3).

Die Zollkonzessionen der Schweiz ersetzen die Konzessionen, die Montenegro unilateral im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems zugunsten der Entwicklungsländer (APS)1 gewährt werden.

Das Abkommen mit Montenegro erweitert das Netz von FHA, welches die EFTAStaaten seit den frühen 1990er-Jahren aufbauen2. Für die Schweiz als stark exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, welches überdies keiner grösseren Einheit wie der Europäischen Union (EU) angehört, stellt der Abschluss von FHA neben der Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) und den vertraglichen Beziehungen zur EU einen der drei Hauptpfeiler ihrer Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel dar. Der spezifische Beitrag der FHA zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz ist die Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, welche unsere Han1 2

Zollpräferenzengesetz; SR 632.91 Derzeit haben die EFTA-Staaten 23 FHA mit Partnern ausserhalb der EU abgeschlossen: Ägypten (SR 0.632.313.211), Albanien (SR 0.632.311.231), Chile (SR 0.632.312.141), Golfkooperationsrat ([GCC: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate]; SR 0.632.312.741), Hong Kong (BBl 2011 7897), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (SR 0.632.312.631), Kroatien (SR 0.632.312.911), Libanon (SR 0.632.314.891), Marokko (SR 0.632.315.491), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), Peru (SR 0.632.316.411), PLO/Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Serbien (SR 0.632.316.821), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion ([SACU: Botsuana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland]; SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.613), Ukraine (SR 0.632.317.671).

2011-2323

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delspartner mit unseren Konkurrenten abgeschlossen haben. Mit dem Abschluss von FHA (in der Regel im Rahmen der EFTA) zielt die Schweiz darauf ab, ihren Unternehmen einen Zugang zu den ausländischen Märkten zu verschaffen, der mindestens gleichwertig ist wie derjenige, über den ihre wichtigsten Konkurrenten (wie die EU, die USA und Japan) verfügen. Zugleich verbessern die Abkommen die Rahmenbedingungen, die Rechtssicherheit und die Stabilität unserer Wirtschaftsbeziehungen mit unseren Vertragspartnern. Damit leisten sie auch dort, wo die Vermeidung von Diskriminierungen nicht im Vordergrund steht, einen Beitrag zur Diversifikation und zur Dynamisierung unserer Aussenwirtschaftsbeziehungen. Der Aussenhandel trägt massgeblich zur Prosperität der Schweizer Wirtschaft und somit zur Förderung des Wohlstands in der Schweiz bei. Zudem ist es wichtig, dass Schweizer Unternehmen einen möglichst offenen und diskriminierungsfreien Zugang zu ausländischen Märkten haben.

Die zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro ausgehandelten Abkommen verbessern den Zugang für Warenexporte mit Schweizer Ursprung zum montenegrinischen Markt. Ausserdem stärken die Abkommen die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Bedingungen unserer Wirtschaftsbeziehungen zu diesem Land und beseitigen insbesondere die Diskriminierungen, welche sich durch das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen (SAA) mit der EU für unsere Unternehmen ergeben. Der handelsrelevante Teil des SAA (insbesondere die Bestimmungen über die Errichtung von Freihandelsbeziehungen) wird seit dem 1. Januar 2008 durch ein Interimsabkommen angewendet. Das SAA ist nach der Ratifikation durch alle EUStaaten am 1. Mai 2010 in Kraft getreten.

Das FHA mit Montenegro sieht die Aufhebung der Zölle auf Industrieprodukte mit Inkrafttreten des Abkommens vor. Bei Fisch und anderen Meeresprodukten ist das Abkommen asymmetrisch ausgestaltet, um dem in diesem Bereich unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Vertragsparteien Rechnung zu tragen. Die EFTA-Staaten beseitigen für diese Produkte mit Inkrafttreten des Abkommens die Zölle und Abgaben vollumfänglich, während Montenegro je nach Sensibilität der Erzeugnisse am Ende von fünf- bis siebenjährigen Übergangsfristen seine Zölle senken oder aufheben wird. Für verarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse wird
den EFTA-Staaten eine Behandlung zugestanden, die derjenigen entspricht, die Montenegro der EU gewährt; diese Behandlung wird jedenfalls vollumfänglich am 1. Januar 2015 wirksam, also nach einer Übergangsfrist von höchstens zweieinhalb Jahren nach dem vorgesehenen Inkrafttreten des FHA. Bezüglich landwirtschaftlicher Basisprodukte gewähren sich die Schweiz und Montenegro gegenseitig Konzessionen auf eine Reihe von Erzeugnissen, für die sie ein Interesse geltend gemacht haben. Die Konzessionen der Schweiz entsprechen denjenigen, die sie schon anderen Freihandelspartnern gewährt oder autonom im Rahmen des APS zugestanden hat. Der Zollschutz bleibt für Produkte erhalten, welche für die schweizerische Landwirtschaft sensibel sind.

Durch das FHA EFTA­Montenegro setzt die Schweiz ihre Politik zur Unterstützung von Wirtschaftsreformen und einer Integration der Staaten der Westbalkanregion in die Strukturen der Wirtschaftszusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene fort, die im Jahr 2000 zum Abschluss des FHA EFTA-Mazedonien, 2001 zum Abschluss des FHA EFTA­Kroatien sowie 2009 zum Abschluss der FHA EFTA­Serbien und EFTA­Albanien geführt hat.

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Wirtschaftsentwicklung sowie Innen- und Aussenpolitik von Montenegro Montenegro ist die kleinste Republik von Ex-Jugoslawien. Nach seiner Loslösung und Unabhängigkeit von Serbien und Montenegro im Juni 2006 verzeichnete Montenegro ein starkes Wirtschaftswachstum insbesondere dank einer soliden Binnenund Auslandnachfrage, einer raschen Kreditausweitung und einem substanziellen Zufluss ausländischer Direktinvestitionen, vor allem in den Sektoren Tourismus, Immobilien und Bau. Im Zeitraum 2006­2008 betrug die Wachstumsrate des Bruttoinlandprodukts (BIP) der montenegrinischen Wirtschaft durchschnittlich 9 Prozent pro Jahr. Gleichzeitig sank die Arbeitslosenquote von 20 Prozent im Jahr 2005 auf etwa 10 Prozent im Jahr 2009. Der Wirtschaftsaufschwung nach der Unabhängigkeit verschleierte allerdings gewisse strukturelle Schwächen, deren Auswirkungen während der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise sichtbar wurden. 2009 verschlechterten sich wegen des Einbruchs der Nachfrage aus dem Ausland und den internationalen Stahl- und Aluminiumpreisen die Ausfuhren und die Industrie von Montenegro litt stark, was das Land in eine scharfe Rezession rutschen liess und zu einem Rückgang des BIP um 5,7 Prozent führte. Allerdings hat die Wirtschaft Montenegros seit 2010 wieder Tritt gefasst und sollte 2011 gemäss Prognosen seiner Regierung ein Wachstum von 2,5 Prozent erzielen. Da Montenegro in der Lage war, sein Defizit mit Erträgen aus Privatisierungen und Auslandsanleihen insbesondere bei der Deutschen Entwicklungsbank3 und der Europäischen Investitionsbank zu decken, musste es bisher nicht auf Darlehen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgreifen. Trotzdem wurden Anfang 2011 Gespräche über eine mögliche Budgethilfe von Seiten der Weltbank aufgenommen.

Die Hauptwirtschaftszweige Montenegros sind der Tourismus, die Landwirtschaft sowie die Aluminium- und Stahlindustrie. Die landwirtschaftliche Produktion Montenegros besteht hauptsächlich im Anbau von Tabak, Oliven und Zitrusfrüchten sowie in der Viehzucht. Der Tourismus, der etwa 15 Prozent zum BIP beiträgt, ist ein boomender Sektor. Die Stahl- und Aluminiumproduktion bleibt trotz wirtschaftlicher Verletzlichkeit von Bedeutung und macht gegen 40 Prozent der Exporte des Landes aus. Mit einem BIP von 6 900 US-Dollar pro Einwohner im Jahr 2009 gehört
Montenegro zur Gruppe der Länder mit mittelhohem Einkommen. Der Haupthandelspartner von Montenegro ist die EU ­ insbesondere Griechenland und Italien, die nach Serbien die zweit- und drittwichtigsten Exportmärkte des Landes sind. Die EU-Mitgliedsstaaten sowie Russland zählen in Montenegro auch zu den grössten ausländischen Investoren. 2002 hat Montenegro einseitig den Euro als Landeswährung übernommen, ohne dass das Land zur Europäischen Wirtschaftsund Währungsunion oder gar zur EU gehört.

Im Dezember 2010 wurde Montenegro der Status als Beitrittskandidat zur EU zuerkannt. Heute verfolgt das Land weiter seinen Übergang zu Europa, und zwar seit seiner Unabhängigkeit, die es nach einer Volksabstimmung im Juni 2006 erreichte, bei der sich 55,5 Prozent der Stimmenden für die Loslösung Montenegros von Serbien aussprachen, was die Auflösung des ehemaligen Jugoslawiens abschloss.

Montenegro ist im Westbalkan eines der Länder, welches der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU am nächsten steht. Das Land, das insbesondere wegen des multikulturellen Charakters seiner Gesellschaft und der gut eingehaltenen Minderheitenrechte als Vorbildland in Südosteuropa gilt, nimmt in der Region eine stabilisierende Funktion wahr. Montenegro bleibt bei der Fortführung der Reformen 3

«KfW Entwicklungsbank».

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im Justizbereich und insbesondere in der Korruptionsbekämpfung gleichwohl unter Beobachtung der EU.

Montenegro hat sich 2006 der Partnerschaft für den Frieden der NATO angeschlossen. Seit April 2008 befindet es sich in einem intensiven Dialog über seinen Beitritt zu dieser Organisation und die diesbezüglich durchzuführenden Reformen. Montenegro ist auch Mitglied internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen (UNO), des IWF, der Weltbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Montenegro ist zudem im Dezember 2011 der Welthandelsorganisation (WTO) beigetreten, bei welcher es nach Ratifikation seiner Beitrittsverträge volles Mitglied wird. 2007 hat sich Montenegro bei IWF und Weltbank4 der von den Niederlanden angeführten Stimmrechtsgruppe angeschlossen. Sie gehört bei der EBRD aber nach wie vor zur Stimmrechtsgruppe der Schweiz, in der die Zusammenarbeit gut ist.

Auf regionaler Ebene ist Montenegro auch Mitglied des Regionalen Kooperationsrates (Regional Cooperation Council), der von der Schweiz finanziell unterstützten Nachfolgeorganisation des Stabilitätspakts und Mitglied des CEFTA5 (Central European Free Trade Agreement). Ausserdem präsidiert Montenegro derzeit den Südosteuropäischen Kooperationsrat (South-East European Cooperation Council).

Diese 1996 auf Initiative Bulgariens gegründete Organisation führt Treffen und Gipfel zwischen Staats- und Regierungschefs der Region durch.

Als UNO-Mitglied hat Montenegro unter anderem den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Ausserdem ist Montenegro seit 2007 Mitglied des Europarates. Unter den rund achtzig Konventionen dieses Rates, die Montenegro bereits ratifiziert hat, sind die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die revidierte Europäische Sozialcharta. Montenegro ist auch Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), hat aber bisher die acht Kernkonventionen im Bereich der Arbeitsnormen noch nicht ratifiziert.

Fünf Jahre nach Erlangung seiner Unabhängigkeit hat Montenegro zahlreiche Fortschritte im Bereich der Sozialrechte erreicht. Zur Erfüllung der Kriterien und Anforderungen, die für den EU-Beitritt
des Landes erforderlich sind, hat die montenegrinische Regierung eine ganze Reihe von Reformen in Bereichen wie der Demokratie, der Einhaltung der Menschenrechte, dem Minderheitenschutz und der Einhaltung von Rechtsgrundsätzen umgesetzt. Allgemein kann die Menschenrechtslage in Montenegro als insgesamt gut gewertet werden. Es verbleiben gleichwohl Schwierigkeiten. Die meistgemeldeten Menschenrechtsverletzungen betreffen Fälle von schlechter Behandlung von Gefangenen, anhaltende Gewalt und anhaltender Druck gegen Medienschaffende sowie ein korruptionsanfälliges Justizsystem. Ausserdem bleibt der Menschenhandel ein Problem in Montenegro, das als Durchgangsland für die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen gilt.

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Vor der Unabhängigkeit Montenegros im Jahr 2006 war Serbien und Montenegro Mitglied der schweizerischen Stimmrechtsgruppe bei IWF und Weltbank. Trotz der Bestrebungen der Schweiz, es zurückzuhalten, hat Montenegro im Januar 2007 entschieden, sich der von den Niederlanden angeführten Stimmrechtsgruppe anzuschliessen.

Neben Montenegro sind die weiteren CEFTA-Mitglieder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Moldawien, Serbien und Kosovo.

Ausgangslage der Beziehungen zwischen der Schweiz und Montenegro Beziehungen zwischen der Schweiz und Montenegro und Zusammenarbeit in internationalen Organisationen Die Schweiz hat Montenegro am 9. Juni 2006 offiziell anerkannt und am 30. Juni 2006 diplomatische Beziehungen aufgenommen. Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Montenegro sind ausgezeichnet. Der Botschafter der Schweiz in Serbien ist auch in Montenegro akkreditiert. Darüber hinaus hat die Schweiz im März 2011 in der montenegrinischen Hauptstadt ein Generalkonsulat eröffnet. Montenegro hat eine Ständige Mission bei den Vereinten Nationen in Genf eingerichtet, deren Missionschef auch als Botschafter seines Landes in der Schweiz akkreditiert ist. Die Schweiz und Montenegro haben 2009 erste politische Konsultationen abgehalten, die seither regelmässig stattfinden, zuletzt im Juni 2011. Bundesrätin Micheline Calmy-Rey hat sich im Mai 2010 am Rand der Konferenz zum Abschluss des Schweizer Vorsitzes des Ministerkomitees des Europarates mit ihrem montenegrinischen Amtskollegen Milan Roen ausgetauscht. Im September 2007 hat sie am Rand der UNO-Generalversammlung in New York Premierminister Zeljko Sturanovi getroffen.

Bilaterale vertragliche Beziehungen Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Montenegro werden durch drei grundlegende Übereinkommen geregelt: das Abkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit6 (2007), das Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen7 (2007) und das Doppelbesteuerungsabkommen8 (2005). Zudem bestehen zwischen der Schweiz und Montenegro ein Luftverkehrsabkommen9 (2007), ein Sozialversicherungsabkommen10 (2010) und ein Abkommen über die Rückübernahme von ausreisepflichtigen Staatsangehörigen11 (2007). Im März 2011 haben sie ausserdem ein Abkommen über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt sowie ein Abkommen zur Erleichterung der Visaerteilung unterzeichnet.

Zusammenarbeit in internationalen Organisationen Die gemeinsame Zugehörigkeit der Schweiz und Montenegros zu den wichtigsten internationalen Organisationen eröffnet ihnen gegenseitig die Möglichkeit zum Meinungsaustausch, Dialog bei Themen von gegenseitigem Interesse und zur Vertiefung ihrer Beziehungen. Wie die Schweiz ist auch Montenegro Mitglied der UNO und hat in dieser
Eigenschaft den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Anlässlich der Römer Konferenz von Mai 2011 über die Reform des UNO-Sicherheitsrates hat es den Vorschlag der Fünfer-Gruppe, welcher die Schweiz angehört, für eine Resolution zur Reform der Arbeitsmethoden des UNO-Sicherheitsrates unterstützt. Montenegro ist am 11. Mai 2007 der 47. Mitgliedsstaat des Europarates geworden. Im Rahmen dieser Mitgliedschaft hat es 2004 beziehungsweise 2010 die EMRK und die revidierte Europäische Sozialcharta ratifiziert. Montenegro ist auch ein wichtiger Partner der Schweiz in Südost6 7 8 9 10 11

SR 0.946.295.734 SR 0.975.257.3 SR 0.672.957.31 SR 0.748.127.195.73 SR 0.831.109.573.1 SR 0.142.115.739

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europa, insbesondere angesichts seiner Beteiligung in der Schweizer Stimmrechtsgruppe in der EBRD.

Im Bewusstsein der grossen Bedeutung, welche der Umweltschutz und die nachhaltige Entwicklung für die Zukunft des Landes haben, hat Montenegro die wichtigsten internationalen Übereinkommen und Protokolle über den Umweltschutz ratifiziert.

Darunter unter anderem das Protokoll von Kyoto (Reduktion von Treibhausgasen), das Montrealer Protokoll (Schutz der Ozonschicht), das Stockholmer Übereinkommen (Verbots- und Beschränkungsmassnahmen für persistente organische Schadstoffe), das Basler Übereinkommen (Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung) und das Übereinkommen über die Biodiversität. Die montenegrinische Verfassung erklärt das Land zu einem «ökologischen Staat». Auf innenpolitischer Ebene hat die Regierung Montenegros 2008 zudem ein Ministerium für Umwelt und Raumplanung geschaffen und damit ihre Verbundenheit mit der nachhaltigen Entwicklung und einer gesunden Umweltbewirtschaftung bewiesen.

Bilateraler Handel und Investitionen Das Ausmass des bilateralen Handels zwischen der Schweiz und Montenegro ist noch bescheiden. Die montenegrinische Wirtschaft bietet allerdings ein interessantes Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung und das wirtschaftliche Wachstum, welches die Schweizer Wirtschaftsakteure dank des FHA besser werden nutzen können. 2010 betrugen die Schweizer Ausfuhren nach Montenegro 14 Millionen Schweizerfranken (9 % im Vergleich zum Vorjahr). Die am häufigsten exportierten Waren sind Pharmazeutika (65 %), Energieträger (6 %) und chemische Produkte (6 %). Im gleichen Jahr beliefen sich die Importe der Schweiz aus Montenegro auf etwa 300 000 Schweizerfranken (­27 % im Vergleich zum Vorjahr) und betrafen hauptsächlich Landwirtschaftsprodukte (48 %), Keramikwaren (41 %) sowie Produkte der Uhrenindustrie (3 %).

Zu Schweizer Direktinvestitionen in Montenegro bestehen keine statistischen Angaben. Die Präsenz von Schweizer Direktinvestoren in Montenegro ist noch tief.

Transitionszusammenarbeit der Schweiz zugunsten Montenegros Die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz für Montenegro war bis vor Kurzem in ihre Zusammenarbeitsstrategie für die Union Serbien und Montenegro eingebettet.

Zwischen 1994 und 2004 wurde ein humanitäres Programm
durchgeführt, dass die Wiederherstellung verschiedener Infrastrukturen im Sozialbereich (Schulen, Spitäler, Kollektivzentren) und in den Notfallzentren für Flüchtlinge und «IDPs» (Internally Displaced Persons) in Form von Hilfe für Gesetzgebung und Einrichtung verfolgte. Nach 2000 zielte die Hilfe der Schweiz auf die Konsolidierung der Transitionspolitik, die Verbesserung der demokratischen Prinzipien im Land und auf die Durchführung eines sozialen und wirtschaftlichen Reformprogramms. Zudem war Montenegro Nutzniesser zahlreicher Regionalprogramme beim Kreditzugang für Finanzintermediäre sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Die Schweiz ist weiterhin in Montenegro tätig, hauptsächlich im Rahmen regionaler und multilateraler Programme. Zugunsten der SIPPO12-Dienste zur Handelsförde12

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Swiss Import Promotion Programme from Emerging Markets and Market in Transition.

rung mit Westeuropa profitiert Montenegro auch vom SIFEM13-Angebot, einem Instrument zur Förderung von Investitionen in KMU der Region. Zudem beteiligt sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im Rahmen des Schweizer Engagements an der International Finance Corporation (IFC) an einem Investitionsentwicklungsprogramm, indem es insbesondere ein Projekt zur Wettbewerbsförderung mitfinanziert. Innerhalb des Southeast Europe Infrastructure Program der IFC unterstützt es auch gemischtwirtschaftliche Partnerschaften zur Entwicklung neuer Transport- und Energieinfrastrukturen in Montenegro. Ausserdem bietet das SECO Montenegro technische Hilfe namentlich in Form der Zusammenarbeit zur Umsetzung des Corporate Governance Program for the Western Balkans der IFC und des Trade Facilitation Program der EBRD. Das SECO hat Montenegro zudem für den WTO-Beitrittsprozess unterstützt.

Zudem finanziert die Schweiz auf bilateraler Grundlage oder im Rahmen des Regionalen Kooperationsrates (Regional Cooperation Council, RCC), dem vormaligen Stabilitätspakt, verschiedene Programme zur Bekämpfung des nationalen und internationalen organisierten Verbrechens und des Menschenhandels sowie bezüglich der Polizeireform. Die Schweiz unterstützt ausserdem ein regionales Kooperations- und Forschungsprogramm sowie auf kultureller Ebene ein von Pro Helvetia umgesetztes Programm.

Verhandlungsverlauf Die EFTA-Staaten und die ex-Republik Jugoslawien14 haben am 12. Dezember 2000 eine Zusammenarbeitserklärung unterzeichnet; diese sah zur Prüfung der Möglichkeiten einer vertieften Wirtschaftszusammenarbeit zwischen den Parteien die Einsetzung eines Gemischten Ausschusses vor. Das erste Treffen des Gemischten Ausschusses fand 2001 statt. Bei dieser Gelegenheit haben die Parteien beschlossen, einen Unterausschuss einzusetzen und diesen mit der Durchführung von Sondierungsgesprächen im Hinblick auf die mögliche Eröffnung von Freihandelsverhandlungen zu beauftragen. Nach Verzögerung dieser Gespräche, vor allem wegen der Auflösung der Staatenunion Serbien und Montenegro im Jahr 2006, fand im Oktober 2007 die Wiederaufnahme der Kontakte zwischen dem EFTA-Sekretariat und der Botschaft von Montenegro in der Schweiz statt. Dabei teilte der Vertreter Montenegros mit, dass sein Land die zwischen der ex-Bundesrepublik Jugoslawien und den
EFTA-Staaten abgeschlossene und in Kraft getretene Zusammenarbeitserklärung von 2000 weiterführen wolle. Um diesem Wunsch Montenegros nachzukommen, hat die Schweiz 2008 vorgeschlagen, dass das EFTA-Sekretariat die montenegrinischen Behörden dazu einlade, formell die Geltung der Zusammenarbeitserklärung von 2000 für Montenegro zu verlangen. Kurz darauf, während des Monats Oktober 2009, ist Montenegro auf das EFTA-Sekretariat zugekommen, damit dieses in den EFTA-Mitgliedsstaaten die Möglichkeiten zur Aushandlung eines Freihandelsabkommens prüfe. Im März 2010 hat Montenegro die EFTA-Staaten offiziell um rasche Eröffnung von Freihandelsverhandlungen gebeten. Im Juni 2010 haben die Minister der EFTA-Staaten anlässlich ihres Treffens beschlossen, das Gesuch Montenegros positiv zu beantworten, und bei ihrem Treffen von November 2010 ihren

13 14

Swiss Investment Fund for Emerging Markets.

Die Bundesrepublik Jugoslawien wurde 2003 zur Staatenunion Serbien und Montenegro.

Nach der Unabhängigkeitserklärung Montenegros wurde sie 2006 aufgelöst und zu zwei unabhängigen Republiken.

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Willen bekräftigt, noch im Verlauf des Jahres 2011 solche Verhandlungen aufzunehmen.

Das FHA EFTA­Montenegro (einschliesslich der bilateralen Landwirtschaftsabkommen der einzelnen EFTA-Staaten mit Montenegro) wurde zwischen März und Juli 2011 im Rahmen von zwei Verhandlungsrunden (30. März­1. April 2011 in Podgorica; 19./20. Mai 2011 in Balzers, FL) und zwei Zusatztreffen auf Expertenebene ausgehandelt, wobei eines dieser Treffen bilateral zwischen der Schweiz und Montenegro zur Landwirtschaft (30. Juni/1. Juli 2011 in Podgorica) und das andere zwischen der EFTA und Montenegro zu Fisch und anderen Meeresprodukten (7./8. Juli 2011 in Podgorica) durchgeführt wurde.

Die Abkommen wurden am 14. November 2011 anlässlich der in Genf abgehaltenen EFTA-Ministerkonferenz unterzeichnet.

10.2.1.2

Inhalt des Freihandelsabkommens

Das mit Montenegro abgeschlossene Freihandelsabkommen entspricht weitgehend den Abkommen, welche die EFTA-Staaten mit anderen zentral- und osteuropäischen Partnern (Mazedonien, Kroatien, Serbien und Albanien) und im Mittelmeerraum (Türkei, Israel, Palästinensische Behörde, Marokko, Jordanien, Tunesien, Libanon und Ägypten) abgeschlossen haben. Das Abkommen mit Montenegro liberalisiert den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und anderer Meeresprodukte) sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten. Es enthält zudem Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums, zum Wettbewerb und zur Handelserleichterung sowie Verhandlungsklauseln für Dienstleistungen, Investitionen und das öffentliche Beschaffungswesen. Die Landwirtschaftsabkommen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten und Montenegro sind integrierender Bestandteil der Instrumente zur Errichtung einer Freihandelszone zwischen den betroffenen Parteien.

Warenverkehr, einschliesslich Wettbewerb Der Geltungsbereich von Kapitel 2 (Warenverkehr) des Abkommens umfasst die Industrieprodukte (einschliesslich Fisch und andere Meeresprodukte) sowie landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte (Art. 7). Die üblichen, für die Landwirtschaftspolitik der EFTA-Staaten sensiblen Tarifpositionen (insbesondere Futtermittel) sind vom Geltungsbereich des Abkommens ausgenommen (Anhang I).

Mit einigen wenigen Ausnahmen sieht das Abkommen für Industrieprodukte ab Inkrafttreten des Abkommens die gegenseitige Aufhebung der Zölle vor (Art. 9).

Angesichts des Umstands, dass das FHA auf den 1. Juli 2012 in Kraft treten soll, profitieren die EFTA-Länder bei Industrieprodukten von der Möglichkeit eines zollfreien Zugangs zum montenegrinischen Markt, der gegenüber dem für die EU geltenden Zollabbauschema sechs Monate früher erfolgt, da die EU erst ab dem 1. Januar 2013 mit dem SAA EU-Montenegro in den Genuss der vollständigen Zollbefreiung dieser Produkte kommt. Das Abkommen ist in Bezug auf Fisch und andere Meeresprodukte asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt damit die diesbezüglichen Unterschiede in der Wirtschaftsentwicklung der Vertragsparteien.

Die EFTA-Staaten heben für diese Produkte ab Inkrafttreten des Abkommens sämtliche Zölle und Abgaben auf, während Montenegro seine Zölle je nach Sensibilität der Erzeugnisse am Ende von fünf- bis siebenjährigen Übergangsfristen senken oder 962

aufheben wird. Für Produkte, die vollumfänglich zollbefreit werden, beginnt der montenegrinische Zollabbau zugunsten der EFTA-Staaten am 1. Juli 2012 und endet am 1. Januar 2016 beziehungsweise am 1. Januar 2018; für Produkte, deren Zölle gesenkt werden, beginnt er am 1. Juli 2012 und endet am 1. Januar 2016.

In Bezug auf landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse (Anhang II) gewähren die EFTA-Staaten Montenegro Konzessionen analog der Behandlung, welche sie der EU einräumen. Die EFTA-Staaten beseitigen das Industrieschutzelement, behalten jedoch das Recht, bei der Einfuhr Abgaben zu erheben und bei Ausfuhren Rückerstattungen auszurichten, um den Unterschied zwischen den Rohstoffpreisen auf den EFTA-Märkten und auf dem Weltmarkt auszugleichen. Montenegro seinerseits gesteht den EFTA-Staaten dieselben Konzessionen zu wie der EU, verfügt aber hinsichtlich der Zollaufhebung über eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2015. Da die EU in diesem Bereich ab dem 1. Januar 2012 in den Genuss einer vollständigen Zollbefreiung kommt, ergibt sich für die EFTA-Länder gegenüber dem Zollabbauschema ihres Hauptkonkurrenten ein leichter Rückstand, den die EFTA allerdings im Vergleich zum EU-Schema im SAA EU-Montenegro reduzieren konnte. Damit werden alle landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse mit Ursprung in den EFTA-Staaten ab dem 1. Januar 2015 zollfreien Zugang zum montenegrinischen Markt haben.

Das Freihandelsabkommen enthält nicht, wie sonst üblich, einen Anhang über die Ursprungsregeln, sondern einen Verweis (Art. 8) auf das Regionale Übereinkommen über die Paneuropa­Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln. Die Parteien vereinbarten dies nach der während des Verhandlungsprozesses erfolgten Unterzeichnung dieses Übereinkommens, mit dessen Inkrafttreten für alle Parteien noch vor dem Inkrafttreten des FHA gerechnet wird.

Die diagonale Paneuropa­Mittelmeer-Kumulation wird aber erst möglich sein, wenn die übrigen möglichen Freihandelspartner (insbesondere die EU) die erforderlichen Anpassungen übernommen haben. Solange die diagonale Kumulation nicht möglich ist, werden im bilateralen Handel zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro ausschliesslich die Ursprungsnachweise EUR.1 und Erklärung auf der Rechnung verwendet. Die Rückerstattung von Zöllen, die auf Einfuhren aus Drittländern erhoben wurden (drawback),
kann eine Wettbewerbsverzerrung verursachen und ist verboten.

Das Abkommen enthält ausserdem Bestimmungen zur Handelserleichterung (Art. 14 und Anhang IV). Diese verpflichten die Parteien unter anderem zur Beachtung internationaler Standards bei der Ausgestaltung von Zollverfahren sowie zur Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden im Hinblick auf die Vermeidung unnötiger administrativer Handelshemmnisse, beispielsweise durch erhöhte Transparenz und die Nutzung von Informationstechnologien.

Unter dem Abkommen wird auch ein Unterausschuss für Ursprungsfragen, Zollverfahren und Handelserleichterung errichtet (Art. 8 und 15 sowie Anhang V). Dieser ist für den Informationsaustausch und die Beobachtung der Entwicklung in diesem Bereich zuständig sowie für die Vorbereitung der technischen Anpassungen, die sich daraus ergeben.

Weiter enthält das Abkommen Bestimmungen zu mengenmässigen Beschränkungen bei der Ein- und Ausfuhr (Art. 10), über die Nichtdiskriminierung durch interne Steuern und Regulierungen (Art. 11) sowie zu staatlichen Handelsunternehmen (Art. 16) und verweist in Bezug auf die gesundheitspolizeilichen und pflanzen963

schutztechnischen Massnahmen (Art. 12), die technischen Vorschriften (Art. 13) sowie die Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 18) auf die einschlägigen GATT/WTO-Bestimmungen. In Bezug auf die Ausnahmen zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes (Art. 22) übernimmt das FHA die einschlägigen WTO-Bestimmungen durch deren Übernahme. Die Parteien haben ausserdem vereinbart, untereinander keine Antidumpingmassnahmen anzuwenden (Art. 19). Zudem definiert das FHA das Verhältnis zur allgemeinen Schutzklausel des GATT-Abkommens (Art. 20) und es enthält eine bilaterale Schutzklausel (Art. 21), die entsprechende Massnahmen auf maximal drei Jahre beschränkt und deren Notwendigkeit fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens überprüft wird.

Die Bestimmungen zum Wettbewerb (Art. 17) legen fest, dass bestimmte wettbewerbsverzerrende Praktiken mit dem Abkommen unvereinbar sind. Diese Regeln gelten auch für öffentliche Unternehmen oder gewerbliche Unternehmen, die mit besonderen oder ausschliesslichen Rechten ausgestattet sind. Das FHA sieht zudem einen Mechanismus vor, der den Parteien zur Verfügung steht, um in einem konkreten Fall Praktiken zu beseitigen, die mit dem Abkommen unvereinbar sind.

Geistiges Eigentum Die FHA-Bestimmungen über den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum (Kap. 3, Art. 23 und Anhang VI) verpflichten die Vertragsparteien, einen wirksamen Schutz der Rechte an geistigem Eigentum zu gewährleisten und die Durchsetzung dieser Rechte sicherzustellen. Die Parteien ergreifen namentlich Massnahmen zur Verhinderung von Fälschung und Piraterie. Die Grundsätze von Inländerbehandlung und Meistbegünstigung gelten gemäss den relevanten Bestimmungen des WTOAbkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum15 (TRIPS-Abkommen).

Ähnlich wie in anderen von der EFTA abgeschlossenen FHA bestätigen die Parteien ihre Pflichten unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, deren Partei sie sind (Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums16, revidiert am 14. Juli 1967; Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst17, revidiert am 24. Juli 1971; Internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen18
(Rom-Abkommen); Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens19, revidiert am 3. Oktober 2001 durch die Washingtoner Akte; Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren20; Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken21, revidiert am 28. September 1979 durch die Genfer Akte; und Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken22). Darüber hinaus verpflichten sich die Parteien, soweit dies nicht bereits der Fall ist, die materiellen Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO 15 16 17 18 19 20 21 22

964

SR 0.632.20, Anhang 1C SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.231.171 SR 0.232.141.1 SR 0.232.145.1 SR 0.232.112.8 SR 0.232.112.3

einzuhalten und bis spätestens am 31. Dezember 2012 folgenden weiteren internationalen Schutz- und Harmonisierungsabkommen im Bereich des geistigen Eigentums beizutreten oder diese zu ratifizieren: Genfer Akte (1999) des Haager Abkommens über die internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle23, Urheberrechtsvertrag der Weltorganisation für geistiges Eigentum24 (WIPO) (Genf 1996), WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger25 (Genf 1996) sowie Internationales Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen, revidierte Fassung von 199126, sofern die Partei nicht bereits Mitglied der revidierten Fassung von 197827 ist.

Allgemein entsprechen die materiellen Bestimmungen in Anhang VI den europäischen Normen und gewähren ein Schutzniveau, das in mehrfacher Hinsicht über dasjenige des TRIPS-Abkommens hinausgeht. Dies betrifft namentlich die Bestimmungen zum Patentschutz (welche den Schutz von biotechnologischen Erfindungen ermöglichen) (Anhang VI, Art. 5), zum Schutz gewerblicher Muster (Verlängerung der Schutzdauer auf 25 Jahre) (Anhang VI, Art. 7) und von Marken (Verweis auf die WIPO-Empfehlungen zum Schutz notorisch bekannter Marken und zum Schutz von Marken im Internet) (Anhang VI, Art. 4). In Bezug auf den Schutz von vertraulichen Testergebnissen, die beim offiziellen Marktzulassungsverfahren einzureichen sind (Anhang VI, Art. 6), sieht das Abkommen eine Schutzdauer von mindestens zehn Jahren für agrochemische Produkte vor. In Bezug auf Pharmazeutika ist die Schutzdauer nach folgendem Modell abgestuft: achtjähriger Unterlagenschutz und zusätzlicher zweijähriger Vermarktungsschutz mit der Möglichkeit einer einjährigen Verlängerung.

Im Patentbereich legt das Abkommen fest, dass die Vertragsparteien unter gewissen Bedingungen als Ausgleich für die Zeit zwischen Patenteintragung und Marktzulassung die Patentschutzdauer für pharmazeutische und agrochemische Produkte mit einem ergänzenden Schutzzertifikat um bis zu fünf Jahre verlängern.

Darüber hinaus enthält das Abkommen eine Reihe von Bestimmungen zum Urheberrechtsschutz (Anhang VI, Art. 3), welche unter anderem die visuellen und audiovisuellen Produktionen der Künstler abdecken. Insbesondere sieht es die Ausdehnung gewisser Bestimmungen des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger auf die Kunstschaffenden im
audiovisuellen Bereich vor, welche nicht über den international gewährleisteten Schutz aller anderen Künstler verfügen. Ausserdem sieht das Abkommen den Schutz der Sendeunternehmen vor, einschliesslich der Verbreitung übers Internet.

Das Abkommen gewährt auch einen erhöhten Schutz geografischer Angaben und der geografischen Herkunftsangaben für Waren und Dienstleistungen (Anhang VI, Art. 8). Es verhindert insbesondere die Registrierung der Ländernamen der Vertragsparteien ­ einschliesslich der davon abgeleiteten Bezeichnungen wie «Swiss», «Switzerland», «Suisse» ­ und ihrer Wappen, Fahnen und Embleme sowie deren missbräuchliche Verwendung als Marken, gewerbliche Modelle oder andere geschützte Titel (beispielsweise Firmennamen).

23 24 25 26 27

SR 0.232.121.4 SR 0.231.151 SR 0.231.171.1 UPOV-Übereinkommen, revidierte Fassung von 1991; SR 0.232.163 UPOV-Übereinkommen, revidierte Fassung von 1978; SR 0.232.162

965

Die Bestimmungen zu den Verfahren für den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Einhaltung und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum (Anhang VI, Art. 9­17) widerspiegeln gewisse Errungenschaften der geltenden nationalen Gesetzgebungen der Parteien und gehen im einen oder anderen Bereich über die Minimalstandards des TRIPS-Abkommens der WTO hinaus. Diese Bestimmungen bewegen sich gleichwohl im Rahmen der Bestimmungen anderer EFTA-Freihandelsabkommen. So sieht das FHA insbesondere vor, dass die Zollbehörden einer Partei ein- oder ausgeführte Waren, die möglicherweise gegen Immaterialgüterrechte verstossen (Urheberrecht, Marken, Patente, geografische Angaben usw.), beschlagnahmen können. Ausserdem sind die Parteien gehalten, gegenüber Personen, welche Schutzrechte an geistigem Eigentum missachten, zivil- beziehungsweise strafrechtliche Massnahmen vorzusehen.

Das Abkommen schreibt vor, dass die Vertragsparteien zur Prüfung der Bestimmungen über das geistige Eigentum Konsultationen eröffnen können, um das Schutzniveau zu verbessern und Handelsverzerrungen, die aufgrund des gegenwärtigen Schutzumfangs verursacht werden, zu vermeiden oder zu beheben (Art. 23 Abs. 4).

Die Vertragsparteien werden ausserdem dafür sorgen, ihre Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums zu verstärken (Anhang VI, Art. 17).

Dienstleistungen, Investitionen, öffentliches Beschaffungswesen und nachhaltige Entwicklung In den Bereichen Dienstleistungen (Kap. 4, Art. 25) ­ in dem die Vertragsparteien die Bedeutung der strikten Einhaltung der Pflichten aus dem Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen28 (GATS) der WTO bekräftigen ­ und öffentliches Beschaffungswesen (Kap. 4, Art. 26) enthält das Abkommen Entwicklungs- und Verhandlungsklauseln, die insbesondere auf die Vermeidung allfälliger Diskriminierungen abzielen, die Montenegro oder den EFTA-Staaten aus künftigen Präferenzabkommen mit einem Drittstaat erwachsen könnten.

In Bezug auf Investitionen (Kap. 4, Art. 24) enthält das Abkommen Bestimmungen mit allgemeinen Grundsätzen zu deren Schutz und Förderung. Das Abkommen sieht auch den freien Transfer von Zahlungen und Kapitalbewegungen im Zusammenhang mit Investitionen vor (Kap. 5, Art. 27­30); Massnahmen im Fall von Zahlungsbilanzschwierigkeiten bleiben vorbehalten (Art. 29). Bei den üblichen
Ausnahmen insbesondere in Bezug auf die öffentliche Ordnung oder die Gesundheit kommen mutatis mutandis die Regeln von Art. XIV GATS zur Anwendung (Art. 30). Eine Evolutivklausel sieht darüber hinaus die Prüfung der Möglichkeit vor, spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens dessen Geltungsbereich auszudehnen auf das Niederlassungsrecht im Zusammenhang mit Investitionen. Ausserdem bleibt das inhaltlich umfassendere Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen29 von 2005 zwischen der Schweiz und Montenegro anwendbar. Im Konfliktfall gehen dessen Bestimmungen denjenigen des FHA vor.

Im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung (Kap. 6, Art. 31­40) haben die EFTA-Staaten Montenegro die EFTA-Musterbestimmungen vorgeschlagen, die aus den gemeinsamen Schlussfolgerungen der EFTA-Arbeitsgruppen zu Handel und Umwelt beziehungsweise Arbeitsstandards hervorgegangen sind und den EFTAMinistern anlässlich ihrer Ministerkonferenz vom 24. Juni 2010 in Reykjavik zur 28 29

966

SR 0.632.20, Anhang 1B SR 0.975.257.3

Kenntnis gebracht wurden. Montenegro hat in Ergänzung der bisher üblicherweise in der Präambel (vgl. Ziff. 10.2.1.2) oder in den sektoriellen Kapiteln der FHA der EFTA oder der Schweiz enthaltenen Klauseln sämtliche von der EFTA vorgeschlagenen Bestimmungen übernommen, namentlich das neue Kapitel «Handel und nachhaltige Entwicklung». Die EFTA-Staaten und Montenegro anerkennen den Grundsatz, dass die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung und der Umweltschutz voneinander abhängige Elemente der nachhaltigen Entwicklung sind, die sich gegenseitig unterstützen (Art. 31 Abs. 2). Die Parteien bekräftigen ihr Bekenntnis zur Förderung des internationalen und bilateralen Handels auf eine Weise, die mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist (Art. 31 Abs. 3). Das Kapitel gilt für Massnahmen, die von den Parteien getroffen oder beibehalten werden und Umwelt- oder arbeitsspezifische Fragen bezüglich Handel und Investitionen betreffen (Art. 32).

Hinsichtlich der Bestimmungen zu Umweltaspekten sind die Parteien bestrebt, in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung ein hohes Umweltschutzniveau vorzusehen, zu fördern und in Übereinstimmung mit den auf sie anwendbaren multilateralen Abkommen wirksam und unter Einhaltung der von ihnen übernommenen Umweltprinzipien (Art. 33­34 und Art. 36) umzusetzen, entsprechend Umweltinstrumenten wie der Stockholmer Erklärung über die menschliche Umwelt von 1972, der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung von 1992, der Agenda 21 über Umwelt und Entwicklung von 1992 und dem Johannesburg-Aktionsplan für nachhaltige Entwicklung von 2002 (Art. 31 Abs. 1).

Insbesondere in Bezug auf die Bestimmungen zu den Arbeitsstandards sind die Parteien bestrebt, in ihrer nationalen Gesetzgebung ein hohes Schutzniveau der Arbeitsstandards vorzusehen, zu fördern und diese wirksam umzusetzen, namentlich unter Weiterverfolgung der Ziele der Ministererklärung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) zu Vollbeschäftigung, der Schaffung produktiver Arbeitsplätze und einer menschenwürdigen Arbeit für alle sowie der IAOErklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung. Die Parteien bekräftigen weiter die Beachtung der Kernarbeitsrechte und -prinzipien, die sich aus ihrer Mitgliedschaft bei der IAO ergeben (Koalitionsfreiheit, Abschaffung der
Zwangsarbeit, Rechtsgleichheit, Beseitigung der Kinderarbeit; Art. 35). Schliesslich verpflichten sie sich zur Umsetzung der auf sie anwendbaren IAO-Übereinkommen und sie sind bestrebt, auf die Ratifikation der Übereinkommen der IAO hinzuarbeiten, die von ihr als nicht revisionsbedürftig bezeichnet sind (Übereinkommen gemäss der IAO-Liste von 2010 der Instrumente, die up to date sind).

Darüber hinaus verpflichten sich die Parteien, das in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung vorgesehene Schutzniveau hinsichtlich Umweltschutz und Arbeitsstandards nicht mit der alleinigen Absicht zu senken, Investitionen anzuziehen oder einen Wettbewerbsvorteil im Handel zu erlangen (Art. 34 Abs. 2). Die Parteien sind zudem bestrebt, den Handel mit Waren und Dienstleistungen zu erleichtern und Investitionen zu fördern, welche dem Umweltschutz und der nachhaltigen Entwicklung dienen, sowie ihre Zusammenarbeit im Bereich der Nachhaltigkeit in den einschlägigen internationalen Gremien zu intensivieren (Art. 37­38).

Auf institutioneller Ebene ist der Gemischte Ausschuss des FHA berechtigt, alle unter dieses Kapitel fallenden Bestimmungen zu behandeln und zu diskutieren sowie auf Ersuchen einer Vertragspartei Konsultationen durchzuführen (Art. 39 Abs. 2).

Darüber hinaus sind spezifische Kontaktstellen der Vertragsparteien vorgesehen (Art. 39 Abs. 1). Bei Unstimmigkeiten bezüglich Auslegung und Anwendung der 967

Bestimmungen des Kapitels können die Parteien Konsultationen unter dem Streitbeilegungsmechanismus in Anspruch nehmen, nicht aber das Schiedsverfahren.

Schliesslich ermöglicht eine Revisionsklausel auf Ersuchen einer Partei, die Umsetzung der Ziele aus diesem Kapitel zu überprüfen und dessen mögliche Weiterentwicklung im Lichte der internationalen Entwicklungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung zu sondieren (Art. 40).

Institutionelle Bestimmungen, Streitbeilegung Um das einwandfreie Funktionieren des Abkommens sowie die ordnungsgemässe Anwendung der Abkommensregeln sicherzustellen, wird gemäss Kapitel 7 (Institutionelle Bestimmungen) ein Gemischter Ausschuss eingesetzt (Art. 41 Abs. 1). Er setzt sich aus Vertretern aller Vertragsparteien zusammen und entscheidet als paritätisches Organ durch Konsens. Er hat unter anderem die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu überwachen (Art. 41 Abs. 2 Bst. a), die Möglichkeit zur weiteren Beseitigung von Handelshemmnissen und die weitere Entwicklung des Abkommens (Art. 41 Abs. 2 Bst. b und c) zu prüfen sowie die Arbeit der nach dem Abkommen eingesetzten Unterausschüsse und Arbeitsgruppen zu beaufsichtigen (Art. 41 Abs. 2 Bst. d) und Konsultationen abzuhalten bei Streitigkeiten zu Anwendung oder Auslegung des Abkommens (Art. 41 Abs. 2 Bst. e).

Der Gemischte Ausschuss gibt zuhanden der Vertragsparteien Empfehlungen ab und erarbeitet Vorschläge zur Abkommensänderung, welche er den Parteien zur Genehmigung und Ratifikation gemäss ihren jeweiligen Verfahren vorlegt. Das Abkommen überträgt dem Gemischten Ausschuss ausserdem Entscheidungsbefugnisse (Art. 41 Abs. 4). So kann er Änderungen der Anhänge und Protokolle beschliessen (Art. 41 Abs. 8). Solche Beschlüsse des Gemischten Ausschusses fallen in der Schweiz im Allgemeinen in die Genehmigungskompetenz des Bundesrates für Verträge von beschränkter Tragweite im Sinn von Artikel 7a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199730 (RVOG). Der Bundesrat informiert die Bundesversammlung über diese Änderungen im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung über die von ihm in eigener Kompetenz abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge. Ziel der Kompetenzdelegation an den Gemischten Ausschuss ist es, das Verfahren für technische Anpassungen
zu vereinfachen und so die Verwaltung des Abkommens zu erleichtern. Von dieser Kompetenzdelegation werden alle Anhänge zu diesem Abkommen erfasst: Anhang I (Ausgenommene Erzeugnisse), Anhang II (Landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte), Anhang III (Fisch und andere Meeresprodukte), Anhang IV (Handelserleichterung), Anhang V (Auftrag des Unterausschusses zu Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterung), Anhang VI (Schutz des geistigen Eigentums) und Anhang VII (Übergangsregelung). Die Anhänge zu den FHA der EFTA-Staaten werden regelmässig aktualisiert, namentlich um den Entwicklungen im internationalen Handelssystem (z.B. WTO, Weltzollorganisation, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner) Rechnung zu tragen.

Das Kapitel 8 des Abkommens behandelt die Streitbeilegung. Es sieht ein Streitbeilegungsverfahren vor, das auf Konsultationen zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des Gemischten Ausschusses beruht (Art. 42). Kann ein Streitfall nicht innert sechzig Tagen im Rahmen des Konsultationsverfahrens beigelegt werden, wurden in der im Abkommen bestimmten Frist (20 Tage ab Eingangszeitpunkt des Ersuchens) keine Konsultationen abgehalten oder hat die ersuchte Vertragspartei 30

968

SR 172.010

nicht innert zehn Tagen nach Eingang des Gesuchs geantwortet, so hat die beschwerdeführende Vertragspartei das Recht, ein Schiedsverfahren in Anspruch zu nehmen (Art. 43), indem sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangt. Letzteres besteht aus drei Mitgliedern und entscheidet innert 180 Tagen gerechnet ab dem Zeitpunkt der Ernennung seines Präsidenten. Die Urteile des Schiedsgerichts sind endgültig und für die Streitparteien bindend. Die Streitparteien ergreifen zur Umsetzung des Urteils geeignete Massnahmen (Art. 44). Falls eine Partei das Urteil des Schiedsgerichts nicht innerhalb einer angemessenen Frist umsetzt und kein Ausgleich vereinbart worden ist, kann ihr die klagende Partei nach Ablauf einer 30-tägigen Notifikationsfrist gleichwertige Vorteile entziehen, bis der Entscheid des Schiedsgerichts umgesetzt wird oder der Streit anderweitig beigelegt werden kann.

Eine allfällige Uneinigkeit über die Umsetzung des Schiedsspruchs ist dem ursprünglichen Schiedsgericht vorzulegen, bevor die klagende Partei gleichwertige Vorteile aussetzen darf.

Präambel, Eingangs- und Schlussbestimmungen Die Präambel und die Bestimmungen über die Zielsetzung des Abkommens (Art. 1) in Kapitel 1 (Allgemeine Bestimmungen) halten die allgemeinen Zielsetzungen der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des FHA fest. Die Parteien bekräftigen ihren Willen, den Warenverkehr zu liberalisieren, günstige Bedingungen für den Zufluss von Investitionen sowie für die Liberalisierung des Dienstleistungshandels zu errichten, günstige Wettbewerbsbedingungen für eine Steigerung des Handels und den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum zu schaffen sowie schrittweise eine gegenseitige Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesen zu erreichen. Die Parteien unterstreichen und bekräftigen ihr Bekenntnis zu den grundlegenden Rechten und Grundsätzen von Demokratie und Menschenrechten, der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, den Rechten der Arbeiter, der Korruptionsbekämpfung, dem Völkerrecht ­ insbesondere der Charta der Vereinten Nationen31, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ­ sowie zum Schutz der Umwelt und zur nachhaltigen Entwicklung (vgl. Ziff. 10.2.1.2).

Weitere Artikel betreffen die Beziehungen zu anderen internationalen
Abkommen (Art. 3), den geografischen Anwendungsbereich (Art. 4) und die Anwendung des Abkommens durch die regionalen und lokalen Behörden (Art. 5). Das Abkommen hat keine Wirkung auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten (Art. 2). Die Transparenzbestimmung in Artikel 6 regelt die Informationspflichten der Parteien. Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften sowie Verwaltungs- und Gerichtsentscheide veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen. Dies gilt auch für internationale Übereinkommen, die einen Einfluss auf die Umsetzung des FHA haben können. Ausserdem verpflichten sich die Parteien, rasch auf Fragen zu antworten, die ihnen gestellt werden, und die relevanten Informationen zu liefern, ohne vertrauliche Informationen weitergeben zu müssen.

In Kapitel 9 (Schlussbestimmungen) sieht eine allgemeine Evolutivklausel vor, dass die Parteien das Abkommen im Lichte der Entwicklungen in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere in der WTO überprüfen und dabei Möglichkeiten zur Vertiefung und Ausweitung der Zusammenarbeit nach diesem Abkommen sowie die allfällige Eröffnung von Verhandlungen prüfen (Art. 47). Es 31

SR 0.120

969

obliegt insbesondere dem Gemischten Ausschuss, regelmässig eine solche Überprüfung vorzunehmen.

Ferner enthält das Abkommen Bestimmungen über die Einhaltung von Verpflichtungen (Art. 45), zu den Anhängen (Art. 46), über Änderungen des Abkommens (Art. 48), über die Aufnahme neuer Parteien (Art. 49), über den Rücktritt und die Beendigung des Abkommens (Art. 50) sowie über dessen Inkrafttreten (Art. 51).

Ausserdem wird das Königreich Norwegen als Depositarstaat eingesetzt (Art. 52).

10.2.1.3

Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Montenegro

Gleichzeitig mit dem FHA haben die EFTA-Staaten mit Montenegro je ein bilaterales Abkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Basisprodukten abgeschlossen. Die bilateralen Landwirtschaftsabkommen sind mit dem FHA verbunden und können keine eigenständige Rechtswirkung erlangen (Art. 7 Abs. 2 FHA und Art. 8 des Landwirtschaftsabkommens Schweiz­Montenegro). Das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Montenegro findet auch auf das Fürstentum Liechtenstein Anwendung (Art. 1 Abs. 3).

Das Landwirtschaftsabkommen verweist im nichttarifären Bereich, bei Antidumping, Schutzmassnahmen bei Marktstörungen und Streitbeilegung auf die relevanten Regeln des WTO-Übereinkommens über die Landwirtschaft (Art. 6) und des FHA (Art. 7). Die Ursprungsregeln richten sich nach dem Regionalen Übereinkommen über die Paneuropa­Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln, das für das FHA gilt und auf das dieses verweist (Art. 3).

Die von der Schweiz eingeräumten Zugeständnisse (Anhang I zum Landwirtschaftsabkommen) an Montenegro bestehen aus der Senkung oder Beseitigung von Einfuhrzöllen auf eine Reihe von Landwirtschaftsprodukten, für die Montenegro ein besonderes Interesse geltend gemacht hat, insbesondere aus der zollfreien Einfuhr für bestimmte Tomaten-Typen im Rahmen des WTO-Zollkontingents, Pilze (tiefgefroren oder als Zubereitungen), Oliven, Tafeltrauben innerhalb eines jährlichen Zollkontingents von 200 Tonnen, Pfirsiche und Nektarinen innerhalb eines jährlichen Zollkontingents von 200 Tonnen, verschiedene Beeren (vor allem Himbeeren und Brombeeren im Rahmen des WTO-Zollkontingents) und andere Früchte, Süsswein sowie, auf Gegenseitigkeit beruhend, eine Zollsenkung für Wurstwaren.

Soweit anwendbar erfolgen die Zugeständnisse der Schweiz im Rahmen der WTOZollkontingente und saisonaler Einschränkungen. Ausser der zollfreien Einfuhr für bestimmte Tomaten-Typen innerhalb des entsprechenden Zollkontingents hat die Schweiz keine Konzessionen gewährt, die nicht schon anderen Freihandelspartnern eingeräumt worden sind. Der Zollschutz bleibt für die Produkte erhalten, die für die schweizerische Landwirtschaft sensibel sind. Für einen Teil ersetzen die in diesem Abkommen gewährten Konzessionen die im Rahmen des APS autonom gewährten Konzessionen.

Im Gegenzug gewährt Montenegro (Anhang II zum Landwirtschaftsabkommen)
der Schweiz einen zollfreien Zugang oder Zollsenkungen auf die Einfuhr einer Reihe von Produkten, insbesondere Fleisch, einschliesslich Trockenfleisch, Rahm, Milchpulver, Joghurt, Obst und Gemüse (frisch oder als Zubereitungen), Fruchtsäfte, Apfelwein und Branntweine, Wurstwaren sowie Wasser und Mineralwasser. Die meisten Zollkonzessionen, die Montenegro der Schweiz gewährt, sind vergleichbar 970

mit denen, die Montenegro der EU eingeräumt hat. Montenegro hat auch eingewilligt, der Schweiz für den Zugang zu seinem Markt für bestimmte Käse identische Zollsenkungen wie der EU zu gewähren. Die Frisch- und Schmelzkäse sowie typische Schweizer Käse wie unter anderem Emmentaler, Gruyère und Sbrinz erhalten weitergehende Konzessionen als sie der EU eingeräumt wurden.

Anhang III des Landwirtschaftsabkommens präzisiert, dass sich Montenegro dazu verpflichtet das WTO-Übereinkommen über die Landwirtschaft anzuwenden mutatis mutandis, falls es zum Zeitpunkt des FHA-Inkrafttretens noch nicht volles WTOMitglied ist.

10.2.1.4

Inkrafttreten

Artikel 51 Absatz 2 des Freihandelsabkommens legt fest, dass dieses am 1. Juli 2012 für jene Vertragsparteien in Kraft tritt, welche mindestens zwei Monate vor diesem Zeitpunkt ihre Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde beim Depositar hinterlegt oder die vorläufige Anwendung notifiziert haben, vorausgesetzt dass dies für Montenegro zutrifft. Ansonsten erfolgt das Inkrafttreten zwischen Montenegro und einem EFTA-Staat am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde beim Depositar oder der Notifikation der vorläufigen Anwendung durch Montenegro und diesem Staat.

Soweit die nationalen Vorschriften dies erlauben, können die Parteien die Abkommen vorläufig anwenden (Art. 51 Abs. 5). Gemäss Artikel 8 Absatz 1 des Landwirtschaftsabkommens tritt dieses zum selben Zeitpunkt wie das FHA in Kraft.

10.2.1.5

Wirtschaftliche, finanzielle und personelle Auswirkungen

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden Die finanziellen Auswirkungen der Abkommen mit Montenegro sind für die Schweiz minim und werden aus dem zu erwartenden Ausfall von Zöllen auf Wareneinfuhren aus Montenegro bestehen. 2010 betrug der Zollertrag aus den Einfuhren aus Montenegro etwa 14 400 Schweizerfranken (davon 14 300 CHF auf Landwirtschaftsprodukten). Da ein Grossteil der Einfuhren aus Montenegro aufgrund des APS32 bereits zollbefreit ist, wird nur ein kleiner Teil dieser Zollerträge entfallen.

Die finanziellen Auswirkungen bleiben also begrenzt und sind in Beziehung zur Verbesserung der Absatzmöglichkeiten für die Schweizer Exporte auf dem montenegrinischen Markt zu setzen.

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiter zu entwickelnder FHA ergeben. Für den Zeitraum von 2010­2014 wurden entsprechende Ressourcen bewilligt. Für diesen Zeitraum haben die vorliegenden Abkommen keine weitere personelle Aufstockung zur Folge. Der Ressourcenbedarf für die Aushandlung neuer und die Umsetzung und Weiterentwicklung der bestehenden Abkommen nach 2014 werden vom Bundesrat zu gegebener Zeit geprüft. Für die Kantone und Gemeinden haben die mit Montenegro geschlossenen Abkommen keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

32

Zollpräferenzengesetz, SR 632.91

971

Volkswirtschaftliche Auswirkungen Durch die Beseitigung der Industrie- und eines Teils der Landwirtschaftszölle im Handel zwischen Montenegro und der Schweiz wirken sich die Abkommen positiv auf die schweizerische und die montenegrinische Volkswirtschaft aus. Auf beiden Seiten vergrössern sie die Absatzmärkte und das Angebot für Industrie- und teilweise auch Landwirtschaftsprodukte. Die Konzessionen der Schweiz im Agrarbereich werden, soweit vorhanden, im Rahmen der WTO- oder bilateraler Zollkontingente gewährt und bewegen sich im Rahmen der bisher im APS zugestandenen oder anderen Freihandelspartnern gewährten Konzessionen. Es sind deshalb keine nennenswerten Auswirkungen auf die schweizerische Landwirtschaft oder Landwirtschaftsproduktion zu erwarten (vgl. Ziff. 10.2.1.3). Zudem stärken die Abkommen generell die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaftsbeziehungen mit Montenegro.

Diese Ergebnisse sind umso bedeutender, als die EU und Montenegro über ein SAA verfügen, das unter anderem einen handelsrelevanten Teil enthält, der eine Freihandelszone errichtet. Das FHA EFTA-Montenegro ermöglicht damit den EFTAStaaten, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit diesem Land zu stärken und insbesondere die Diskriminierungen, die sich auf dem montenegrinischen Markt durch das seit dem 1. Mai 2010 in Kraft stehenden SAA EU-Montenegro ergeben, zu verkleinern oder zu beseitigen.

10.2.1.6

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das FHA und das bilaterale Landwirtschaftsabkommen mit Montenegro fallen unter die Massnahme «Ausbau des Netzes von Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU», die in der Botschaft vom 23. Januar 200833 über die Legislaturplanung 2007­2011 und im Bundesbeschluss von 18. September 200834 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt sind.

10.2.1.7

Rechtliche Aspekte

Bezug zur WTO und zum europäischen Recht Die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten gehören der WTO an, während Montenegro noch während dem ersten Semester 2012 volles WTO-Mitglied werden sollte.

Die Schweiz wie auch die anderen EFTA-Mitglieder und Montenegro sind der Auffassung, dass die vorliegenden Abkommen im Einklang mit den aus den WTOAbkommen resultierenden Verpflichtungen stehen. Die FHA unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe.

Zudem präzisiert Anhang VII zum FHA die materiellen Bestimmungen der WTOAbkommen, auf die das FHA verweist und die sich Montenegro einzuhalten verpflichtet, falls es zum Zeitpunkt des FHA-Inkrafttretens noch nicht volles WTOMitglied ist. Der Anhang sieht insbesondere vor, dass Montenegro gegenüber den EFTA-Staaten keine Antidumpingmassnahmen anwendet und dass die Bestimmun-

33 34

972

BBl 2008 784 und 817 BBl 2008 8544

gen und Übereinkommen der WTO über die technischen Handelshemmnisse35 (TBT), im gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Bereich36 (SPS) sowie bezüglich Subventionen und Ausgleichsmassnahmen sinngemäss gelten.

Anhang VII präzisiert auch, dass sich die Parteien dazu verpflichten, die Bestimmungen des Regionalen Übereinkommens über die Paneuropa­Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln unverändert anzuwenden, auch wenn dieses bei Inkrafttreten des FHA für eine Partei noch nicht gelten sollte.

Der Abschluss von FHA mit Drittländern steht weder mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen noch mit den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch. Die Bestimmungen des vorliegenden FHA sind weitgehend vergleichbar mit den entsprechenden Bestimmungen des SAA EU­Montenegro, das seit dem 1. Mai 2010 in Kraft steht und dessen handelspolitischer Teil seit dem 1. Januar 2008 angewendet wird.

Gültigkeit für das Fürstentum Liechtenstein Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Unterzeichnerstaat des FHA mit Montenegro. Aufgrund des Vertrags vom 29. März 192337 zwischen der Schweiz und Liechtenstein wendet die Schweiz die im FHA enthaltenen Bestimmungen für den Warenverkehr auch für Liechtenstein an. Aufgrund des Zollvertrags gilt das bilaterale Landwirtschaftsabkommen mit Montenegro ebenfalls für das Fürstentum Liechtenstein (Art. 1 Abs. 3 des Landwirtschaftsabkommens).

Veröffentlichung der Anhänge zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro Es gibt keine Originalfassung des Abkommens in einer der Schweizer Amtssprachen. Der Abschluss des Abkommens in Englisch entspricht jedoch der gleichbleibenden Praxis, welche die Schweiz im Bereich der Verhandlungen und des Abschlusses von FHA in der Vergangenheit verfolgt hat. Diese Praxis steht im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der Sprachenverordnung vom 4. Juni 201038 (SpV) sowie der zugehörigen Erläuterungen, die der Bundesrat beide mit Beschluss vom 4. Juni 201039 verabschiedet hat. Ausserdem würde die Erstellung von Originalfassungen in den Amtssprachen aller Vertragsparteien angesichts des Umfangs solcher Abkommen den Einsatz unverhältnismässiger Mittel erfordern.

Das Fehlen einer Originalfassung des Abkommenstextes in einer der Schweizer Amtssprachen macht es nichtsdestoweniger
erforderlich, den Text des Abkommens mit Ausnahme seiner Anhänge in die drei Amtssprachen zu übersetzen. Die Anhänge zum FHA umfassen mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 Absatz 1 Buchstabe b, 13 Absatz 3 und 14 Absatz 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200440 (PublG) sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 17. November 200441 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugs35 36 37 38 39 40 41

SR 0.632.20, Anhang 1A.6 SR 0.632.20, Anhang 1A.4 SR 0.631.112.514 SR 441.11 www.bak.admin.ch/themen/sprachen_und_kulturelle_minderheiten/ 00506/00616/index.html?lang=de.

SR 170.512 SR 170.512.1

973

quelle beschränkt werden. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen, 3003 Bern42, bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariats43 verfügbar. Übersetzungen des Regionalen Übereinkommens über die Paneuropa­Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln und die Zollverfahren werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung elektronisch publiziert44.

Verfassungsmässigkeit Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)45 sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Nach Artikel 141 Absatz Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Referendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen sowie solche, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das FHA kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten jederzeit gekündigt werden (Art. 50 des Freihandelsabkommens). Die Kündigung des Freihandelsabkommens bewirkt die automatische Beendigung des Landwirtschaftsabkommens (Art. 8 des Landwirtschaftsabkommens). Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Für die Umsetzung der Abkommen sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Die vorliegenden Abkommen enthalten rechtsetzende Bestimmungen (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungsgebot usw.). Zur Frage, ob es sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV handelt (vgl. auch Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200246), welche das fakultative Referendum nach sich ziehen würden, ist einerseits festzuhalten, dass die Abkommensbestimmungen im Rahmen der Verordnungskompetenzen, welche das Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 198647 dem Bundesrat für Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden können. Anderseits sind die Bestimmungen nicht als grundlegend einzustufen: Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Die Verpflichtungen dieser Abkommen bewegen sich im Rahmen anderer von der Schweiz in den letzten Jahren abgeschlossener internationaler Abkommen. Inhaltlich
sind sie vergleichbar ausgestaltet wie andere im EFTA-Rahmen abgeschlossene Drittlandabkommen und sie sind von ähnlichem rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Gewicht.

Anlässlich der Beratungen zur Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 22. April 2004 sowie zu den Botschaften zu den seither abgeschlossenen Freihandelsabkommen haben beide Räte die Haltung des Bundesrates unterstützt, wonach internationale Abkommen, die diesen Kriterien entsprechen nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

42 43 44 45 46 47

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www.bundespublikationen.admin.ch/de.html www.efta.int/free-trade/free-trade-agreements.aspx www.ezv.admin.ch/ SR 101 SR 171.10 SR 632.10

Vernehmlassung Aus Artikel 3 Absätze 1 und 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200548 (VlG) ergibt sich, dass bei einem internationalen Abkommen, das nicht dem fakultativen Referendum unterstellt ist und keine wesentlichen Interessen der Kantone betrifft, grundsätzlich kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird, ausser wenn es sich um ein Vorhaben von grosser politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder kultureller Tragweite handelt oder wenn dieses in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen wird. Die vorliegenden Abkommen entsprechen bezüglich Inhalt sowie finanzieller, politischer und wirtschaftlicher Bedeutung im Wesentlichen den früher abgeschlossenen Freihandelsund Landwirtschaftsabkommen der Schweiz. Es handelt sich somit nicht um ein Vorhaben von besonderer Tragweite im Sinne des VlG und die Kantone wurden gemäss Artikel 3 und 4 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 199949 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes (BGMK) sowohl bei der Vorbereitung der Verhandlungsmandate als auch, soweit erforderlich, während der Verhandlungen beigezogen. Da die Abkommen auch nicht in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden, konnte auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichtet werden.

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SR 172.061 SR 138.1

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