Referendum gegen den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt Nicht-Zustandekommen Die Schweizerische Bundeskanzlei, gestützt auf die Artikel 59a­64, 66 und 80 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 19761 über die politischen Rechte (BPR), auf die Artikel 5, 25, 28­32 und 36 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19682 über das Verwaltungsverfahren (VwVG), und auf die Artikel 82 Buchstabe c, 88 Absatz 1 Buchstabe b, 89 Absatz 3, 90, 95 und 100 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 20053 über das Bundesgericht (BGG), sowie auf den Bericht der Sektion Politische Rechte der Bundeskanzlei über die Prüfung der Unterschriftenlisten für das am 27. September 2012 eingereichte Referendum gegen den Bundesbeschluss vom 15. Juni 20124 über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, verfügt:

1 2 3 4 5

1.

Das Referendum gegen den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt ist nicht zustandegekommen, da es die von Artikel 141 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)5 verlangten 50 000 gültigen Unterschriften stimmberechtigter Schweizer Bürger innert 100 Tagen nicht auf sich vereinigt hat.

2.

Der Bundeskanzlei sind fristgerecht 46 848 Unterschriften eingereicht worden, von denen auch unter Einschluss aller Zweifelsfälle bei günstigster Beurteilung maximal 46 656 gültig sind.

3.

Alle eingereichten Unterschriften bleiben unter Verschluss und im Gewahrsam der Bundesbehörden.

4.

Diese Verfügung kann innert 30 Tagen beim Bundesgericht mit Beschwerde angefochten werden (Art. 80 Abs. 2 BPR und Art. 100 Abs. 1 BGG).

SR 161.1 SR 172.021 SR 173.110 BBl 2012 5827 SR 101

2012-2609

8591

Referendum

5.

Veröffentlichung im Bundesblatt und Mitteilung samt Begründung an die Referendumskomitees; a. Referendumskomitee «Stopp fremde Steuervögte», Postfach 669, 3001 Bern 31; b. Junge SVP Schweiz, Postfach 6803, 3001 Bern; c. Referendumskomitee Steuerabkommen, Postfach 8208, 3001 Bern; d. Lega dei Ticinesi, Via Monte Boglia 3, 6900 Lugano.

30. Oktober 2012

Schweizerische Bundeskanzlei Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Referendum

Begründung A.

Ein Referendumskomitee «Stopp fremde Steuervögte», die Junge SVP Schweiz, ein Referendumskomitee Steuerabkommen und die Lega dei Ticinesi lancierten gegen den Bundesbeschluss vom 15. Juni 2012 über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt das Referendum. Die Referendumsfrist nach Artikel 141 Absatz 1 der Bundesverfassung lief für diesen Bundesbeschluss am 27. September 2012 ab (BBl 2012 5827). Gleichzeitig mit dem Referendum zum Steuerabkommen mit Österreich wurden die Unterschriftenlisten zu den beiden Referenden gegen das Steuerabkommen mit Deutschland (BBl 2012 5823) und gegen das Steuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich (BBl 2012 5825) eingereicht.

B.

Am 27. September 2012 reichten die genannten Gruppierungen der Bundeskanzlei um 16.30 h nach eigenen Angaben folgende Unterschriftenzahlen ein: 1. das Referendumskomitee «Stopp fremde Steuervögte», die Junge SVP Schweiz und das Referendumskomitee Steuerabkommen gemeinsam: a. 40 850 Unterschriften; b. ein ungeöffnetes Postpaket mit einer nicht bekannten Anzahl weiterer Unterschriften und c. einen weiteren Karton mit einer nicht bekannten Anzahl weiterer Unterschriften; 2. die Lega dei Ticinesi 5022 Unterschriften.

C.

Postpaket und zusätzlicher Karton wurden von der Bundeskanzlei gleichentags geöffnet und gezählt. Das Postpaket enthielt 758, der Karton 269 Unterschriften.

D.

Ein Vertreter der erstgenannten drei Komitees reichte am 27. September 2012 um 20.30 h nach eigenen Angaben noch ein Couvert mit weiteren 25 Unterschriften ein.

E.

Nach Ablauf der verfassungsmässigen Referendumsfrist reichte das Referendumskomitee «Stopp fremde Steuervögte» am Montagnachmittag, 1. Oktober 2012, um 17.00 h ein Paket mit laut eigenen Angaben 1501 verspätet eingegangenen Unterschriften nach.

F.

Die Bundeskanzlei kontrollierte das Referendum vom Donnerstagabend, 27. September bis und mit Montag, 1. Oktober 2012. Die Kontrolle ergab 46 656 gültige und 192 ungültige Unterschriften (Tabelle 1). Dabei zeigte sich, dass für eine korrekte Erhebung des Zustandekommens verschiedentlich einzelne Unterschriftenlisten zu einem der anderen beiden Referenden oder aber zu Gemeinden anderer Kantone umgeteilt werden mussten. Umgekehrt betrafen verschiedene Unterschriftenlisten unter den Referenden zu den Steuerabkommen mit Deutschland oder dem Vereinigten Königreich de facto das Steuerabkommen mit Österreich. Diese Umteilungen wurden von der Bundeskanzlei laufend vorgenommen.

8593

Referendum

G.

Beim Kontrollgang wurden nur wenige Unterschriften für ungültig erklärt; die Hälfte der Streichungen betrafen fehlende oder ununterschriebene Stimmrechtsbescheinigungen (BPR Art. 62 Abs. 3 und Art. 66 Abs. 1), ein Drittel Eintragungen, bei denen die Unterschrift entgegen klarer gesetzlicher Anordnung fehlte (BPR Art. 61 Abs. 1), und ein Sechstel überzählige Mehrfachunterschriften derselben Personen (bis zu acht Unterschriften einer einzigen Person; BV Art. 34 und Art. 136 Abs. 1 sowie BPR Art. 61 Abs. 3).

H.

Schwierig war die Prüfung der Unterschriftenlisten aus dem Kanton Tessin.

Die verschiedenen Referendumskomitees wählten unterschiedliche Vorgehensweisen. Die einen sammelten die Unterschriften auf Referendumslisten, die zu allen drei Abgeltungssteuerabkommen auf dem gleichen Blatt figurierten, trennten danach die Listen und liessen sie auch im Kanton Tessin von den Gemeinden physisch getrennt kontrollieren; andere sandten die physisch nicht voneinander getrennten Referendumslisten zu allen drei Abgeltungssteuerabkommen zur Ausstellung der Stimmrechtsbescheinigungen ein und reichten die Listen physisch auch immer noch ungetrennt der Bundeskanzlei ein. Wie eine Sichtung zu Beginn der Kontrolle ergab, gab es Gemeinden, welche die Kontrollarbeiten auf den unzertrennten Referendumslisten zu zwei oder allen drei Abgeltungssteuerabkommen vornahmen, die Stimmrechtsbescheinigungen indessen lediglich auf einem einzigen der drei Referenden unterzeichneten. Daher durften die Bogen nicht getrennt werden; sonst wären zu einem oder zwei der Referenden Bescheinigungsmängel entstanden. Damit das Stimmrecht der Unterzeichnenden gewahrt werden konnte, war es unumgänglich, dass diese Bogen individuell, aber stets integral für alle drei Referenden kontrolliert wurden. Die rigorose Ordnung zu den Referenden der andern Referendumskomitees konnte daher hier nicht erstellt werden.

I.

Sogar wenn sämtliche Unterzeichnungen anerkannt werden könnten, bliebe das verfassungsmässige Quorum fristgerecht eingereichter Unterschriften um über 3000 Unterschriften verfehlt. Das Referendum käme also auch dann nicht zustande.

K.

Mit eingeschriebenem Brief vom 12. Oktober 2012 eröffnete die Bundeskanzlei allen vier Referendumskomitees daher den Entwurf einer Nichtzustandekommensverfügung zur Stellungnahme im Rahmen des rechtlichen Gehörs und setzte ihnen dafür bis zum 19. Oktober 2012 Frist an. Mit Fax vom 16. Oktober 2012 ersuchte der Geschäftsführer der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz AUNS unter Hinweis auf die Geschäftslast sowie die Komplexität des Verfügungsgegenstandes um Fristverlängerung bis Freitag, 26. Oktober 2012, 16.00 h. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 wurde dem Begehren zum grössten Teil stattgegeben und die Frist für alle Referendumskomitees bis zum 26. Oktober 2012, 12.00 h verlängert.

L.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2012 nahm das Referendumskomitee «Stopp fremde Steuervögte» zur in Aussicht genommenen Nichtzustandekommensverfügung Stellung und anerkannte dabei implizit das Nichtzustandekommen des Referendums gegen das Abgeltungssteuerabkommen mit Österreich.

8594

Referendum

M. Infolgedessen ist die Nichtzustandekommensverfügung den Referendumskomitees mit eingeschriebenem Brief und der Gesamtheit der Stimmberechtigten durch Publikation im Bundesblatt zu eröffnen.

8595

Referendum

Kontrolle und Auszählung der Bundeskanzlei Kanton

a

total ungeeingenügende reichte Bescheinigung

Tabelle 1

mangelhafte Listen

von gleicher Hand

nicht handschriftlich

mehrfach unterzeichnet

total ungültige

gültige

b

c

d

e

f

g

h

i

ZH BE LU UR SZ OW NW GL ZG FR SO BS BL SH AR AI SG GR AG TG TI VD VS NE GE JU

12 556 4 472 1 494 135 1 769 358 278 188 1 038 713 806 526 1 025 416 412 102 2 566 881 4 485 1 390 7 217 1 670 781 177 1 278 115

5 13 21 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 0 0 19 7 20 3 0 0 0 0

2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 6 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0

1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 4 2 0 0

12 3 1 1 0 0 0 0 6 2 0 2 5 0 0 3 2 0 9 1 6 2 3 0 0 1

1 2 0 0 0 3 0 0 0 6 2 0 2 0 0 0 0 0 2 0 5 1 2 0 0 0

21 18 22 1 0 3 0 0 6 10 3 2 13 0 0 3 2 0 30 8 31 7 9 2 0 1

12 535 4 454 1 472 134 1 769 355 278 188 1 032 703 803 524 1 012 416 412 99 2 564 881 4 455 1 382 7 186 1 663 772 175 1 278 114

CH

46 848

90

9

8

59

26

192

46 656

8596

Referendum

Referendum gegen den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt Unterschriften nach Kantonen Kantone

Tabelle 2 Unterschriften maximal gültige

ungültige

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Obwalden Nidwalden Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel-Stadt Basel-Landschaft Schaffhausen Appenzell A. Rh.

Appenzell I. Rh.

St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf Jura

12 535 4 454 1 472 134 1 769 355 278 188 1 032 703 803 524 1 012 416 412 99 2 564 881 4 455 1 382 7 186 1 663 772 175 1 278 114

21 18 22 1 0 3 0 0 6 10 3 2 13 0 0 3 2 0 30 8 31 7 9 2 0 1

Schweiz

46 656

192

8597

Referendum

8598