12.071 Botschaft zum Bundesbeschluss über die Genehmigung der Anlage VI zum Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung von Meeresverschmutzungen durch Schiffe und von drei Seeschifffahrts-Übereinkommen im Bereich des Gewässerschutzes sowie zur Änderung des Seeschifffahrtsgesetzes vom 22. August 2012

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung der Anlage VI zum Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung von Meeresverschmutzungen durch Schiffe und von drei Seeschifffahrts-Übereinkommen im Bereich des Gewässerschutzes sowie zur Änderung des Seeschifffahrtsgesetzes.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. August 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2012-0088

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Übersicht Der zunehmende Personen- und Warenverkehr auf hoher See stellt die internationale Gemeinschaft im Bereich des Umweltschutzes vor neue Herausforderungen. Mit dieser Vorlage sollen vier Übereinkommen der internationalen Seeschifffahrtsorganisation genehmigt werden, die den Schutz der Meeresumwelt zum Kernthema haben. Zudem soll das Seeschifffahrtsgesetz geändert werden, sodass der Bundesrat gewisse maritime Übereinkommen in Zukunft selbstständig abschliessen kann.

Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in London. Die Organisation wurde im Jahr 1948 gegründet. Aufgrund der mehrfach geänderten Statuten, die erst 1958 in Kraft traten, verzögerte sich die Arbeitsaufnahme um rund zehn Jahre. Offiziell nahm die IMO am 13. Januar 1959 ihre Tätigkeit auf. Bis 1982 führte sie die Bezeichnung Zwischenstaatliche Beratende Seeschiffahrts-Organisation (Inter-Governmental Maritime Consultative Organization, IMCO). Ihr gehören 170 Staaten als Vollmitglieder an sowie als assoziierte Mitglieder die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao der Volksrepublik China sowie die staatsrechtlich zu Dänemark gehörigen Färöer-Inseln. Die Schweiz ist der IMO im Jahre 1955 beigetreten.

Seit ihrem Bestehen hat die IMO 63 internationale Übereinkommen erarbeitet und regelmässig aktualisiert. Zur Schwerpunktarbeit der IMO zählen insbesondere die berufliche Befähigung und die Sicherheit der Schiffsbesatzungen (STCW-Übereinkommen), die Verhütung von Havarien (SOLAS-Übereinkommen), die Verhütung und Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen), verbesserte Such- und Rettungsmassnahmen bei Seenot sowie Schutz vor Piraterie und Terrorismus. Die nach Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Beitritt für den betreffenden Staat völkerrechtlich verbindlichen Übereinkommen werden ergänzt durch etwa 700 Empfehlungen, Kodizes und Handbücher, deren Einhaltung die internationale Zusammenarbeit erleichtert.

Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges kam es in der Schweiz zu Versorgungsengpässen.

In der Folge war es dem Bundesrat gelungen, Schiffe unter griechischer Flagge zu chartern. Bei Kriegsausbruch zwischen Italien und Griechenland wurde diesen Schiffen Ende 1940 der Weg ins Mittelmeer versperrt. Im April 1941 war daher mittels Notrecht
die Schweizerische Flagge zur See und damit die Grundlage für eine eigene Schifffahrtsflotte geschaffen worden. 1953 wurden die Notrechtsbestimmungen mit der Annahme des Seeschifffahrtsgesetzes vom 23. September 1953 ins ordentliche Recht überführt. Noch heute bildet die wirtschaftliche Landesversorgung die Grundlage der schweizerischen Flotte zur See. Dabei geht es nicht um eine Rundumversorgung, sondern um das Vermeiden von Versorgungsengpässen bei gewissen Gütern. In Krisenzeiten kann der Bundesrat die schweizerischen Schiffe gestützt auf Artikel 25 des Landesversorgungsgesetzes vom 8. Oktober 19821 zur Versorgung der Wohnbevölkerung in den Dienst der Landesversorgung stellen.

1

SR 531

8640

Die schweizerische Handelsflotte zählt 40 Einheiten verschiedenster Schiffstypen (Massengutfrachter, Mehrzweckschiffe, Containerschiffe und Chemikalien- bzw.

Asphalttanker), welche von sechs in der Schweiz gelegenen Seeredereien betrieben werden. Das Durchschnittsalter der Schiffe liegt bei knapp sechs Jahren, wodurch sich die schweizerische Handelsflotte als eine der jüngsten auszeichnet. Die Einhaltung und Durchsetzung der internationalen Vorschriften ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Handelsflotte. Grundlage dazu ist der Beitritt des Flaggenstaates Schweiz zu den wichtigen IMO-Übereinkommen. Die Regelungsdichte der internationalen Bestimmungen hat markant zugenommen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Schweiz neuen Übereinkommen ohne Verzug beitritt bzw. beschlossene Änderungen bestehender Übereinkommen rasch übernimmt. Die Schiffssicherheit und der Schutz der Meeresumwelt sind heute wichtiger denn je. Die vier zu genehmigenden Übereinkommen tragen nicht nur dazu bei, dass die Luftqualität und die Wasserqualität verbessert werden. Auch die schweizerischen Seereedereien profitieren von der Annahme der vier maritimen Übereinkommen: Schiffe von Staaten, welche den Übereinkommen beigetreten sind, sind im Rahmen der Hafenstaatkontrollen weniger strengen Kontrollen unterworfen, weil sie über die erforderlichen Dokumente verfügen. Dieser Umstand verschafft den Wettbewerbsteilnehmern gleich lange Spiesse und ist für die Reedereien unabdingbar.

Auch erleichtert sie dem Flaggenstaat die Anwendung der internationalen Bestimmungen. Die Schweiz soll daher die folgende Anlage und die folgenden drei Übereinkommen genehmigen: ­

Anlage VI zum Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung von Meeresverschmutzungen durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen)

­

Internationales Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Bunkerölverschmutzung (Bunkeröl-Übereinkommen)

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Internationales Übereinkommen von 2004 zur Überwachung und Behandlung von Ballastwasser und Sedimenten von Schiffen (BallastwasserÜbereinkommen)

­

Internationales Übereinkommen von 2001 zur Beschränkung des Einsatzes schädlicher Bewuchsschutzsysteme auf Schiffen (AFS-Übereinkommen)

Zudem soll mit einer Änderung des Seeschifffahrtsgesetzes die Kompetenz des Bundesrates, internationale Übereinkommen in diesem Bereich selbstständig abzuschliessen, erweitert werden.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

8640

1 Grundzüge der Vorlagen 1.1 Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen 1.1.1 Ausgangslage 1.1.2 Verlauf der Verhandlungen 1.1.3 Überblick über den Inhalt des Übereinkommens 1.1.4 Würdigung 1.2 Bunkeröl-Übereinkommen 1.2.1 Ausgangslage 1.2.2 Verlauf der Verhandlungen 1.2.3 Überblick über den Inhalt des Übereinkommens 1.2.4 Würdigung 1.3 Ballastwasser-Übereinkommen 1.3.1 Ausgangslage 1.3.2 Verlauf der Verhandlungen 1.3.3 Überblick über den Inhalt des Übereinkommens 1.3.4 Würdigung 1.4 AFS-Übereinkommen 1.4.1 Ausgangslage 1.4.2 Verlauf der Verhandlungen 1.4.3 Überblick über den Inhalt des Übereinkommens 1.4.4 Würdigung 1.5 Seeschifffahrtsgesetz 1.5.1 Ausgangslage 1.5.2 Die beantragte Neuregelung 1.5.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

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2 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 2.1 Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen 2.2 Bunkeröl-Übereinkommen 2.3 Ballastwasser-Übereinkommen 2.4 AFS-Übereinkommen 2.5 Seeschifffahrtsgesetz

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3 Auswirkungen 3.1 Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens 3.2 Bunkeröl-Übereinkommen 3.3 Ballastwasser-Übereinkommen 3.4 AFS-Übereinkommen 3.5 Seeschifffahrtsgesetz 3.5.1 Auswirkungen auf den Bund 3.5.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 3.5.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

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4 Verhältnis zur Legislaturplanung

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5 Rechtliche Aspekte 5.1 Bundesbeschluss 5.1.1 Verfassungsmässigkeit 5.1.2 Erlassform 5.2 Änderung des Schifffahrtsgesetzes 5.2.1 Verfassungsmässigkeit

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Bundesbeschluss über die Genehmigung der Anlage VI zum Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung von Meeresverschmutzungen durch Schiffe und von drei Seeschifffahrts-Übereinkommen im Bereich des Gewässerschutzes (Entwurf)

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Bundesgesetz über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge (Seeschifffahrtsgesetz) (Entwurf)

8679

Änderungen der Anlage des Protokolls von 1997 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe in der Fassung des Protokolls von 1978 zu diesem Übereinkommen

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Internationales Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden

8733

Internationales Übereinkommen von 2001 über die Beschränkung des Einsatzes schädlicher Bewuchsschutzsysteme auf Schiffen

8747

Internationales Übereinkommen von 2004 zur Überwachung und Behandlung von Ballastwasser und Sedimenten von Schiffen

8777

8643

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlagen

1.1

Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen

1.1.1

Ausgangslage

Das Verbrennen von billigen Rückstandsölen, wie sie in der Seeschifffahrt verwendet werden, führt zu hohen Luftbelastungen durch Schwefel- (SOX) und Stickoxyde (NOX). In Anlagen an Land werden aufgrund verschärfter Umweltvorgaben effektivere Abgasreinigungsanlagen eingesetzt. Dadurch verringerten sich die landseitig emittierten Schadstoffe, der Anteil der Seeschifffahrt an den Gesamtemissionen stieg damit aber deutlich an, was insbesondere in Häfen und küstennahen Regionen spürbar ist.

Der mit dem Verbrennen von Treibstoff im Zusammenhang stehende Ausstoss von Schadstoffen hatte lange Zeit keinen Eingang in das Regelwerk der IMO gefunden.

Auch andere international bindende Vorschriften zur Begrenzung des Schadstoffausstosses fehlten bisher. Diese Situation ist vor allem darauf zurückzuführen, dass dieser Bereich angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Gütertransportes zur See von den im Rahmen der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change; UNFCCC) erlassenen Regeln ausgenommen wurde.

Die Staatengemeinschaft ist sich bewusst, dass die kommerzielle Seeschifffahrt einen wesentlichen Beitrag zur Begrenzung der Schadstoffemissionen zu leisten hat.

Weltweit gesehen ist der von der Seeschifffahrt verursachte Schadstoffausstoss, gemessen an der transportierten Menge, zwar gering, akzentuiert werden die Probleme aber beim Betrieb der Schiffe in den Seehäfen und in der Nähe von urbanen Gebieten. Die Schiffsdieselmotoren bleiben während dem Beladen und Entladen eingeschaltet, um den Energiebedarf zu decken. Schätzungen gehen davon aus, dass global pro Jahr rund 60 000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung durch die Seeschifffahrt sterben2.

Laut dem Bericht «Quantification of Emissions from Ships associated with Ship Movements between Ports in the European Community» (Juli 2002, Entec UK Ltd) sind Luftverschmutzung und saurer Regen über Land in Europa in zunehmendem Masse auf den Ausstoss von Schwefeldioxid und Stickstoffoxiden zurückzuführen, die aus Brennstoffen für den Antrieb von Seeschiffen stammen; über die Hälfte der Verschmutzung wird durch Schiffe verursacht, die innerhalb der EU fahren oder die aus Häfen der EU auslaufen. In den Niederlanden, in Belgien und in Dänemark wurde der höchste Ausstoss von Schwefel, Stickstoff, Kohlenwasserstoffen und
Feinstaub festgestellt.

Der Anteil der Seeschifffahrt an der europäischen Luftverschmutzung nimmt stark zu (von 4 % SOX im Jahr 1990 auf 30­68 % im Jahr 2010; von 9 % NOX im Jahr 1990 auf 40­55 % im Jahr 2010), obwohl pro Ladungsmenge weniger Energie verbraucht wird als im Strassenverkehr oder im Luftverkehr.

2

Corbett, James J.: Mortality from Ship Emissions: A Global Assessment, S. 6.

8644

Die Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen hat keine Anpassung des Landesrechts zur Folge. Im Sinne von Artikel 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20053 (VlG) wurde deswegen auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet. Die sechs schweizerischen Seereedereien wurden im Rahmen einer technischen Anhörung zum Übereinkommen konsultiert. Sie befürworten dessen Ratifikation durch die Schweiz.

1.1.2

Verlauf der Verhandlungen

Die IMO hatte ursprünglich die Sicherheit der kommerziellen Seeschifffahrt zum Inhalt, befasst sich aber auch mit dem Schutz der Seeleute und mit Anliegen des Meeresumweltschutzes. Die Seeschifffahrt, der ökologischste und wichtigste Verkehrsträger für den Gütertransport, basiert auf der Verbrennung von Schweröl. Es fällt als Rückstandsprodukt bei der Raffinierung von Erdöl zu Benzin, Diesel, Kerosin etc. an. Im Schweröl befinden sich die «schwersten» Bestandteile des Erdöls, die sogenannten Asphaltene, hochkondensierte aromatische Verbindungen, die zum Teil mit Metallen komplexiert sind. Besonders reichhaltig ist das Schweröl an Schwefelund Stickstoffverbindungen.

Ein zunehmendes Bewusstsein für Umweltthemen führte dazu, dass 1988 das Thema Luftverschmutzung auf die Agenda des Umweltausschusses der IMO gesetzt wurde.

Im September 1997 wurden im Rahmen dieses Ausschusses Regeln zur Verhinderung von Luftverschmutzung durch Schiffe angenommen und als Anlage VI in das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung von Meeresverschmutzungen durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen) eingefügt. Ziel dieser Anlage ist die Herabsetzung der Emissionen von SOX und NOX. Dazu werden die Grenzwerte zeitlich gestaffelt gesenkt. Die Anlage VI ist am 19. Mai 2005 in Kraft getreten.

Die IMO hat im Jahr 2008 als Ergänzung zum bereits bestehenden MARPOLÜbereinkommen neue Grenzwerte für SOx und NOx in Form einer Änderung der Anlage VI festgelegt. Zusätzlich wurden für die Emissionssondergebiete Nordamerika, Ostsee und Nordsee («Sulphur Emission Control Areas»; SECA) strengere Grenzwerte für Schwefel aufgestellt, die bereits früher greifen.

1.1.3

Überblick über den Inhalt des Übereinkommens

Gemeinsam mit dem Internationalen Übereinkommen vom 17. Juni 19604 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) bildet das MARPOL-Übereinkommen die rechtliche Basis für den Umweltschutz in der Seeschifffahrt und damit das Rückgrat der weltweiten Anstrengungen zur Minimierung der Verschmutzung der Meeresumwelt. Das Übereinkommen wurde unter der Federführung der IMO angenommen. Der Text des MARPOL-Übereinkommens an sich regelt nur die generellen Rahmenbedingungen. Die spezifischen umweltrechtlichen Bestimmungen sind in seinen sechs Anlagen enthalten. Mit Ausnahme der Anlagen I und II müssen die Anlagen separat angenommen werden, d.h. ihre Regeln gelten nur für die Vertragsstaaten, die der völkerrechtlichen Bindung explizit zugestimmt haben.

3 4

SR 172.061 SR 0.747.363.32

8645

Die Schweiz ist den umweltrechtlichen Bestimmungen, welche vom Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 19975 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen ausgeklammert wurden, mittels dem MARPOL-Übereinkommen beigetreten und hat dessen Anlagen I­V angenommen. Anlage I enthält Regeln zur Verhütung der Verschmutzung durch Öl und andere ölhaltige Rückstände, Anlage II betrifft die Verschmutzung durch schädliche flüssige Stoffe, die als Massengut befördert werden (Chemikalien in Tankern), Anlage III betrifft die Schadstoffe, die in verpackter Form befördert werden (z.B. gefährliche Güter in Containern), Anlage IV betrifft die Verschmutzung durch Schiffsabwasser (Verbot der Einleitung innerhalb der 12-Meilen-Zone) und Anlage V die Verschmutzung durch Schiffsmüll. Mit der Anlage VI, welche am 19. Mai 2005 in Kraft getreten ist, wurden Regeln zur Verhütung der Luftverunreinigung durch Seeschiffe angenommen. Die Umsetzung soll durch eine zeitlich gestaffelte Absenkung von Grenzwerten erreicht werden.

1.1.4

Würdigung

Die Reduktion der Luftverschmutzung ist eine permanente Herausforderung. Seit Inkrafttreten der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 19856 hat in der Schweiz die Luftbelastung deutlich abgenommen. Der Schwefelgehalt im Heizöl wurde gesenkt, Filteranlagen an Grossfeuerungen eingerichtet. Auch den Emissionen des Autoverkehrs rückte man mit Katalysatoren zu Leibe. National nicht geregelt sind die Luftreinhaltekriterien der kommerziellen Hochseeschiffe unter schweizerischer Flagge. Die Schweiz hat nicht nur aus Umweltgesichtspunkten ein Interesse an strengen Richtwerten, sondern auch wirtschaftlich. Die Begrenzung des Schadstoffausstosses soll nicht nur durch eine verbesserte Raffinerietechnik, sondern auch durch die Installation modernster Technik auf den Schiffen erreicht werden.

Als hochtechnologisiertes Land hat die Schweiz ein eminentes Interesse an der Entwicklung und am Verkauf von Motorentechnologie, wie sie beispielsweise von der Forschungsabteilung des namhaften Schiffsdieselmotorenherstellers Wärtsilä, ehemals Sulzer, in Winterthur entwickelt wird.

1.2

Bunkeröl-Übereinkommen

1.2.1

Ausgangslage

Auch von Schiffen, die weder Mineralöle noch andere potenziell gefährliche Ladungen befördern, können erhebliche Gefahren für Mensch und Natur ausgehen.

Das hat beispielsweise die Havarie des Holzfrachters «Pallas» vor der schleswigholsteinischen Nordseeküste am 25. Oktober 1998 deutlich gemacht, bei der ein Sachschaden von mehreren Millionen deutsche Mark durch Bunkeröl, d.h. Schiffstreibstoff, entstanden ist, obwohl maximal 90 Tonnen Bunkeröl ausgetreten sind.

Der Kraftstoff gelangte weitgehend unbehindert ins Meer und verbreitete sich in ein Vogelschutzgebiet aus. Insgesamt fielen etwa 12 000 Seevögel, vor allem Eiderenten, sowie mehrere Dutzend Seehunde dem Öl zum Opfer. Vor dem Hintergrund 5 6

SR 0.814.011 SR 814.318.142.1

8646

zahlreicher ähnlicher Unfälle mit Schadensfolge war der Handlungsbedarf gross, die finanzielle Absicherung des Schadensausgleiches in eine internationale Regelung zu überführen. Ein international bindendes Übereinkommen ist vor allem deswegen notwendig, weil die überwiegende Anzahl der Schadensfälle mehrere internationale Komponenten aufweist. So stammen vielfach der Befrachter, Eigentümer und der Reeder aus unterschiedlichen Staaten und führen die Flagge eines Landes, das unter Umständen unzureichende Vorschriften in Bezug auf die Liquiditätserfordernisse des Reeders oder Befrachters hat. Ein weiteres Problem tritt dann auf, wenn die Ursache des Schadens sich in internationalen Gewässern befindet, der Schaden jedoch ein Gebiet betrifft, welches sich einer oder mehreren Nationen zurechnen lässt.

Das Bunkeröl-Übereinkommen hat keine Anpassung des Landesrechts zur Folge. Im Sinne von Artikel 2 VlG wurde deswegen auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet. Die sechs schweizerischen Seereedereien wurden im Rahmen einer technischen Anhörung zum Übereinkommen konsultiert. Sie befürworten den Beitritt der Schweiz.

1.2.2

Verlauf der Verhandlungen

Bei Bunkeröl im Sinne des Bunkeröl-Übereinkommens handelt es sich um ein Mineralölerzeugnis, das das Seeschiff zum Zweck der Gewinnung seines Energiebedarfs mit sich führt. Heutzutage verfügen Seeschiffe teilweise über enorme Fassungsvermögen, was den Kraftstofftank betrifft. Das Austreten von Bunkeröl auf See kann immense materielle Schäden anrichten, indem breite Küstenabschnitte und die Meeresfauna und -flora verunreinigt werden. Die Kosten zur Beseitigung der Umweltschäden sind grundsätzlich vom Verursacher, das heisst vom Schiffseigentümer, zu tragen. Die finanzielle Kompensation des Schadens kann jedoch an einer begrenzten Zahlungsfähigkeit des Verursachers scheitern. Um sicherzustellen, dass die Geschädigten einen pekuniären Ausgleich für den eingetretenen Schaden erhalten, wurde im Rahmen der IMO ein internationales Übereinkommen ausgearbeitet, welches als zentrales Element die Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung für das Risiko der Verschmutzungsschäden durch Bunkeröl schafft.

Die IMO erarbeitete eine internationale Regelung auf der Basis einer Kausalhaftung und des Prinzips eines Versicherungszwanges für den tatsächlichen Betreiber des Seeschiffes. Am 23. März 2001 haben die Mitgliedsstaaten der IMO das BunkerölÜbereinkommen angenommen. Ein Jahr nach der Erfüllung der Ratifizierungsvoraussetzungen ist das Übereinkommen am 21. November 2008 in Kraft getreten.

1.2.3

Überblick über den Inhalt des Übereinkommens

Das Bunkeröl-Übereinkommen wurde am 23. März 2001 unter Federführung der IMO verabschiedet. Es wurde mit dem Ziel erarbeitet, Personen angemessen, unverzüglich und wirksam zu entschädigen, die infolge der Freisetzung von Bunkeröl, das als Treibstoff in den Treibstofftanks von Seeschiffen befördert wird, einen Schaden erlitten haben. Unter dem Begriff Bunkeröl versteht man Schweröl, das beim Raffinierungsprozess als Rückstandsschlacke übrig bleibt und als Treibstoff für Seeschiffe eingesetzt wird. Die bisherigen internationalen seerechtlichen Überein8647

kommen, wie beispielsweise das Internationale Übereinkommen vom 19. November 19697 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden, behandeln nicht die Verschmutzung durch Bunkeröl, sondern die Verschmutzung durch Mineralöl, welches von einem Seeschiff als Transportgut mitgeführt wird. Mit dem Bunkeröl-Übereinkommen sollen neu auch Schäden ausgeglichen werden, die durch Schiffstreibstoffe entstehen.

Dank der fortschreitenden Effizienzsteigerung der kommerziellen Seeschifffahrt ist der pro Kilometer und Kilogramm verbrauchte Treibstoff stark zurückgegangen.

Ermöglicht wurde dies unter anderem durch die Konstruktion grösserer Schiffe, deren Treibstofftanks entsprechend mehr Bunkeröl zu fassen vermögen. Die Menge des gebunkerten Schweröls stellt im Fall einer Beschädigung des Treibstofftanks eine potenziell grosse Gefahr der Verschmutzung für Küstenregionen dar. Die finanziellen Folgen einer Verschmutzung durch Bunkeröl können in der Regel vom Schiffseigentümer wirtschaftlich nicht alleine getragen werden. Mit dem Inkrafttreten des Bunkeröl-Übereinkommens unterliegen die Schiffseigentümer einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung für Schäden, die durch auslaufenden Schiffstreibstoff verursacht werden. Zur Abdeckung dieses Haftungsrisikos muss sich der Schiffseigner finanziell absichern und den entsprechenden Nachweis einer Absicherung erbringen.

Die Schweiz kann mit dem Beitritt zu diesem für den Umweltschutz wichtigen Übereinkommen ihr Engagement für globale Umweltanliegen demonstrieren.

Zudem werden dadurch weltweit gleich lange wirtschaftliche Spiesse für die Schiffseigner geschaffen, und die hiesigen Reeder werden in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt.

1.2.4

Würdigung

Auch als Binnenland ist die Schweiz direkt vom Bunkeröl-Übereinkommen betroffen, da zurzeit 40 Handelsschiffe unter der Flagge der Schweiz die Weltmeere befahren. Als Flaggenstaat hat die Schweiz die Pflicht zum sicheren Betrieb der schweizerischen Hochseeflotte. Umweltverschmutzungen stossen in der öffentlichen Wahrnehmung auf ein negatives Echo, wie unlängst der Vorfall mit dem chinesischen Kohlefrachter «Sheng Neng I» vor der Ostküste Australiens bewiesen hat. Der mit 975 Tonnen Schweröl betankte Frachter ist glücklicherweise nach einem Auflaufen auf das Great Barrier Reef nicht auseinander gebrochen, und Australien ist nur knapp einer Verschmutzung des zum Weltnaturerbe gehörenden Great Barrier Reefs entgangen. Als jüngstes Beispiel einer drohenden Ölverschmutzungskatastrophe ist der Fall des unter der Flagge Liberias eingetragenen 236 Meter Containerschiffs «Rena» vor der Küste Neuseelands zu nennen. Insgesamt lagern ungefähr 1600 Tonnen Bunkeröl in den Tanks. Die Bergungsarbeiten waren aufgrund der rauen See praktisch unmöglich und das Schiff ist auseinandergebrochen. Solche Unfälle werfen jeweils ein schlechtes Licht auf den Flaggenstaat.

Die schweizerische Hochseeflotte ist im internationalen Vergleich in einem guten Zustand und gehört mit einem Durchschnittsalter der Schiffe von zwischen vier bis sechs Jahren weltweit zu den modernsten Flotten überhaupt. Der Unterhalt einer modernen Flotte ist teuer und deshalb auch mit wettbewerblichen Nachteilen im 7

SR 0.814.291

8648

Vergleich zu älteren Flotten verbunden. Das Bunkeröl-Übereinkommen wird dazu führen, dass der erwähnte Nachteil gemindert wird, da die Höhe der Versicherungsprämie direkt vom Risiko abhängt. Somit werden ältere und weniger sichere Hochseeschiffe eine höhere Versicherungsprämie bezahlen müssen. Die hiesigen Reedereien profitieren somit von ihrem bereits hohen Standard. Auch als Land mit einer weltweit tätigen und renommierten Versicherungsbranche kann die Schweiz Vorteile aus einer allgemeinen Versicherungspflicht von Hochseeschiffen ziehen. Nicht zuletzt zielt das Übereinkommen darauf ab, vorbeugend Umweltkatastrophen durch Lecks in Treibstofftanks zu verhindern. Der Präventionsgedanke soll die verantwortlichen Personen dazu ermuntern, Massnahmen zu ergreifen, um Verschmutzungsschäden bereits von vornherein zu vermeiden. Es besteht somit ein konkretes Interesse der Schweiz an einem Beitritt zu diesem Übereinkommen.

1.3

Ballastwasser-Übereinkommen

1.3.1

Ausgangslage

Die steigende Nachfrage nach Gütern und damit die wachsende Intensivierung des globalen Schiffsverkehrs führen ungewollt zu einer Ausbreitung von Neophyten und Neozoen. Allein in der Nordsee leben mittlerweile mehr als 200 fremde Arten, die hauptsächlich durch Schiffe eingeschleppt wurden. Bioinvasion ist aber nicht auf marine Organismen, Schiffe oder bestimmte Regionen beschränkt. Es ist ein weltweites Problem, das mittlerweile jedes Land trifft und langfristig zu einer globalen Homogenisierung, aber auch Gefährdung der lokalen Ökosysteme führt. Einmal eingewandert lassen sich invasive Arten nur schwer ausrotten oder kontrollieren. Die effektivste Strategie liegt daher in der Vermeidung von Bioinvasion.

Anfang des 18. Jahrhunderts wurde unbeabsichtigt im Holz von Schiffsrümpfen der sogenannte Schiffsbohrwurm nach Mitteleuropa verfrachtet. Die unscheinbare Muschel (entgegen der Bezeichnung Wurm) löste kurze Zeit später in Holland eine schwere Überschwemmungskatastrophe aus. Innerhalb von wenigen Jahren vermehrte sich der Schiffsbohrwurm explosionsartig und machte sich in den Seewehren aus Holz an der holländischen Küste breit. In der Folge kollabierten diese Schutzbauwerke schon bei harmlosen Stürmen und sorgten für «Land unter» in vielen Regionen Hollands, die niedriger als der Meeresspiegel lagen. Es existieren zahlreiche Beispiele von Kleinstlebewesen, die Ursache grosser ökologischer und ökonomischer Schäden sind. Kam eine Verbreitung einer ortsfremden Tierart vor über hundert Jahren nur vereinzelt vor, so hat in der neueren Zeit der zunehmende globale Austausch von Gütern zu einer regelrechten Exotenschwemme geführt. Jüngste Beispiele sind etwa die chinesische Wollhandkrabbe, die sich über den Rhein bis in die Bodenseeregion verbreitet hat.

Das Ballastwasser-Übereinkommen hat keine Anpassung des Landesrechts zur Folge. Im Sinne von Artikel 2 VlG wurde deswegen auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet. Die sechs schweizerischen Seereedereien wurden im Rahmen einer technischen Anhörung zum Übereinkommen konsultiert. Sie befürworten einen Beitritt der Schweiz.

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1.3.2

Verlauf der Verhandlungen

Die internationale Seeschifffahrt ist bestrebt, auch im Bereich des Umweltschutzes einen Beitrag zu leisten. Unter der Federführung der IMO wurden zwischenzeitlich zahlreiche international verpflichtende Regelwerke verabschiedet, die zu einer Verbesserung des Einklangs zwischen wirtschaftlichen Interessen und Umweltschutz geführt haben.

Die UNO stuft diese Art von Umweltverschmutzung als eine der vier grössten Bedrohungen der Meere ein. Angesichts der von der UNO eingestuften Dringlichkeit zur Eindämmung invasiver Arten wurde das Ballastwasser-Übereinkommen relativ spät im Jahr 2004 von der IMO verabschiedet und ist bis heute noch nicht in Kraft getreten. Zum aktuellen Zeitpunkt haben 27 Staaten, welche rund 25 Prozent der Welttonnage vertreten, das Übereinkommen ratifiziert. Für ein weltweites Inkrafttreten müssen 30 Staaten mit einem Anteil von 35 Prozent an der Welttonnage ratifizieren, ein Wert, der voraussichtlich im laufenden Jahr erreicht werden wird.

1.3.3

Überblick über den Inhalt des Übereinkommens

Invasive Arten stellen eine Bedrohung für die heimische Biodiversität dar. Mit der fortschreitenden Globalisierung und mit zunehmenden Handelsströmen verbreiten sich ortsfremde Organismen und können, wenn die Lebensbedingungen stimmen, einheimische Arten verdrängen. Der Hochseeschifffahrt kommt beim unbeabsichtigten Transport von Lebewesen eine prominente Rolle zu: Zur Stabilisierung moderner Hochseeschiffe führen diese in bis zu 100 000 Tonnen fassenden Ballastwassertanks Seewasser mit. Darin befinden sich zahlreiche Arten, von der Mikrobe bis zum 15 Zentimeter langen Fisch, die oftmals unbeschadet grosse Distanzen zurücklegen.

Die hohen Geschwindigkeiten, die moderne Frachtschiffe erreichen, erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass bis zum Zeitpunkt des Entleerens der Ballasttanks die blinden Passagiere überlebt haben.

Das Übereinkommen fordert spätestens bis 2016 ein Ballastwasser-Management, das weitgehend auf den bisher üblichen unkontrollierten Wasseraustausch bei Aufnahme und Ablassen von Ballastwasser verzichtet. Stattdessen muss das Ballastwasser an Bord jedes Schiffes durch entsprechende Ballastwasser-Behandlungssysteme vor der Abgabe in die Meeresumwelt so behandelt werden, dass ein in der Konvention vorgeschriebener Standard erreicht wird. Die technische Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben des Übereinkommens erfolgt durch eine Expertengruppe der IMO. Eine System zur Säuberung des Ballastwassers erhält die Zulassung unter der Bedingung der Zustimmung der Expertengruppe sowie des Meeresumweltschutzausschusses der IMO.

1.3.4

Würdigung

Wie das Beispiel der aus China eingeschleppten Wollhandkrabbe exemplarisch zeigt, ist die Schweiz auch als Binnenland direkt betroffen und hat folglich ein ureigenes Interesse, international an der Mitwirkung zur Eindämmung des Problems beizutragen.

8650

Das Übereinkommen zielt langfristig darauf ab, Organismen aus den Ballastwassertanks unschädlich zu machen. Die dafür notwendigen Technologien erfordern ein umfangreiches Knowhow im technischen Bereich. Deutschland hat bereits vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens eine Zulassung für ein System zur Nachbehandlung des Ballastwassers erreicht. Somit eröffnen sich im Bereich der Zulieferung geschäftliche Möglichkeiten für die Wasseraufbereitungsindustrie. Auch aus wirtschaftlicher Sicht hat die Schweiz demnach ein grosses Interesse am Inkrafttreten dieses Übereinkommens.

1.4

AFS-Übereinkommen

1.4.1

Ausgangslage

In den 60er-Jahren entwickelte die chemische Industrie wirksame und kostengünstige Bewuchsschutzsysteme auf der Basis von Metallverbindungen, insbesondere der zinnorganischen Verbindung Tributylzinn (TBT). Seit den 70er-Jahren werden bei den meisten Hochseeschiffen solche Anstriche zum Schutz des Schiffsrumpfes appliziert. Eine zunehmende Belastung der Häfen durch Umweltgifte ist auf die Inhaltsstoffe der TBT-haltigen Schiffsanstriche zurückzuführen.

Verschiedene aquatische Organismen siedeln sich an glatten Oberflächen von Schiffen an. Dazu zählen insbesondere Muscheln, Krebse und Algen. Mit zunehmendem Bewuchs erhöht sich der Strömungswiderstand eines Schiffsrumpfes und damit muss bei gleichbleibender Geschwindigkeit erheblich mehr Energie aufgewendet werden. Zusätzlich erhöht sich das Gesamtgewicht, was sich ebenfalls ungünstig auf den Treibstoffverbrauch auswirkt. Nach dem heutigen Stand der Schiffbautechnik ergibt sich in einem Betriebszeitraum von drei Jahren ein Brennstoffmehrverbrauch von 1,9 Prozent bei 25 m (durchschnittliche Oberflächenrauhigkeit), von 3,3 Prozent bei 40 m und von 10,2 Prozent bei 100 m jährlicher Zunahme des Reibungswiderstandes, wenn von einer durchschnittlichen Rauigkeit des Unterwasserschiffes von 100 m zu Einsatzbeginn ausgegangen wird. Für ein Grosscontainerschiff bedeutet dies in drei Jahren Mehrkosten von derzeit 840 000 US-Dollar, wenn sich der Reibungswiderstand um 100 statt um 25 m pro Jahr erhöht. Das Beispiel veranschaulicht die enorme wirtschaftliche Bedeutung eines effektiven Schutzes der Aussenhülle des Schiffes vor Meeresorganismen.8 Die unerwünschten Passagiere beschleunigen zudem die Korrosion der Schiffsrümpfe. In der Seeschifffahrt ist es deshalb unumgänglich, die Schiffsrümpfe vor unerwünschtem Bewuchs durch Algen, Muscheln oder Seepocken zu schützen.

Schiffsanstriche unterhalb der Wasserlinie dienen zur Vermeidung und Verminderung dieser Ablagerung an den Schiffsrümpfen. Die verwendeten Substanzen enthalten toxische Stoffe, um den Bewuchs zu verhindern. Beim Kontakt mit Meerwasser werden diese Substanzen allmählich ausgewaschen und gelangen so in die Nahrungskette. Die Gifte stehen darüber hinaus im Verdacht, genetische Schäden bei Meeresorganismen hervorzurufen.

8

«Vorstudie zum Bewuchsschutz für Seeschiffe»; Ralf Kätscher, Johannes Ranke, Markus Bergenthal; Bremen 1999.

8651

Um einen Bewuchs mit unerwünschten Organismen möglichst lange hinauszuzögern, wird der Schiffsrumpf mit TBT-Substanzen bestrichen. Mit der Zeit waschen sich die Toxine jedoch aus und es bildet sich erneut ein Bewuchs. Die aus dem Anstrich im Meerwasser gelösten Verbindungen belasten die Gewässer, insbesondere diejenigen in der Nähe der grossen Seehäfen. Mit der Einbringung in die hafennahen Gewässer reichern sich die Toxine in der Nahrungskette an. Der Verzehr grösserer Mengen kontaminierter Fische und weiterer aus dem Wasser gewonnener Lebensmittel kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.

Das AFS-Übereinkommen hat keine Anpassung des Landesrechts zur Folge. Im Sinne von Artikel 2 VlG wurde deswegen auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet. Die sechs schweizerischen Seereedereien wurden im Rahmen einer technischen Anhörung zum Übereinkommen konsultiert. Sie befürworten dessen Ratifikation durch die Schweiz.

1.4.2

Verlauf der Verhandlungen

Seit der Gründung des Umweltausschusses der IMO im Jahre 1985 befasst sich die internationale Gemeinschaft verstärkt mit der Prävention von Verschmutzung durch Seeschiffe. Der Erarbeitung des AFS-Übereinkommens unter der Schirmherrschaft der IMO ging ein Auftrag voraus, festgehalten in Kapitel 17 der Agenda 21 und erstellt von der Rio Konferenz über Umweltschutz und Entwicklung aus dem Jahre 1992. Kapitel 17 forderte die Staaten dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, um der schädlichen Wirkung von zinnorganischen Verbindungen, enthalten in bewuchshemmenden Anstrichen, vorzubeugen. Die IMO hatte die Signifikanz der Thematik bereits 1989 erkannt und 1990 den Mitgliedsstaaten empfohlen, eigene Massnahmen zum Verbot von TBT-haltigen Substanzen in Schiffsanstrichen zu erlassen. Aufgrund des Fortbestehens der Problematik wurde innerhalb der IMO entschieden, den Umweltausschuss mit der Erarbeitung eines global verpflichtenden Übereinkommens zu beauftragen. Der Leitgedanke einer Regelung sollte ein weltweites Verbot bestimmter schädlicher Substanzen sein.

Das AFS-Übereinkommen wurde am 5. Oktober 2001 an einer diplomatischen Konferenz in London angenommen. Es ist am 17. September 2008 in Kraft getreten, nachdem 25 Staaten, die gemeinsam eine Bruttoraumtonnage von 25 Prozent aufweisen, ratifiziert haben.

1.4.3

Überblick über den Inhalt des Übereinkommens

Mit Inkrafttreten des Übereinkommens im Jahre 2008 wurden bestimmte chemische Verbindungen, die sich negativ auf die Meeresökologie auswirken, in Schiffsanstrichen verboten. Die Reeder werden verpflichtet, alternative Schutzsysteme einzusetzen, die zwar teurer sind, im Gegenzug aber im Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit unbedenklich sind.

8652

1.4.4

Würdigung

Die schweizerischen Reedereien sind bereits heute an die Verpflichtungen aus dem AFS-Übereinkommen gebunden. Der Grund liegt in den regelmässig durchgeführten Kontrollen in den Häfen der Vertragsstaaten. Ein Reeder, der international am Warenverkehr teilnimmt, muss die geltenden rechtlichen Bestimmungen in dem jeweiligen Hafenstaat einhalten. Fehlende Konformität des Schiffes bedeutet langwierige Untersuchungen sowie eine physische Blockierung des nicht konformen Schiffes, bis die Vorgaben des Hafenstaates eingehalten werden. Die finanziellen Einbussen, die ein Reeder dadurch erfährt, belaufen sich pro Tag auf einen namhaften Betrag. Erschwerend kommt hinzu, dass Schiffe aus Staaten, welche dem Übereinkommen nicht beigetreten sind, in der Regel besonders sorgfältig und damit zeitraubend inspiziert werden. Das schweizerische Seeschifffahrtsgewerbe hat daher ein erhebliches Interesse daran, dass die Schweiz dem AFS-Übereinkommen beitritt.

Nicht zuletzt beteiligt sich die Schweiz aktiv an den internationalen Verhandlungen zum Schutz der Umwelt und des Klimas. Ein Beitritt der Schweiz wird dieses Engagement unterstreichen. Auch die Schweiz soll mit ihrer international überschaubaren Flotte von vierzig Seeschiffen einen Beitrag an den internationalen Umweltschutz leisten.

Aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten besteht ein Interesse an einem möglichst umfassenden Verbot giftiger Substanzen in Schutzanstrichen. Über die Nahrungskette sind auch die schweizerischen Konsumentinnen und Konsumenten direkt von den schädlichen Substanzen in Meeresfrüchten und Fischen betroffen.

1.5

Seeschifffahrtsgesetz

1.5.1

Ausgangslage

Im Gefolge des Unterganges der Titanic im Jahre 1912 wurde der erste internationale Vertrag zum Schutze des Lebens auf See abgeschlossen. Der maritime Sicherheitsaspekt war lange die Kernkompetenz der IMO, bis mit der Etablierung des Meeresumweltausschusses der Kreis der Aufgabentätigkeit um den Meeresumweltschutz erweitert wurde. Im Rahmen der bisherigen Arbeiten der UNFCCC wurde der Bereich des maritimen Transports nicht einer verbindlichen Regelung unterworfen. Indessen wurden die Vertragsstaaten des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen9 gemäss Artikel 2 Ziffer 2 angewiesen, ihre Bemühungen zur Reduktion der Treibhausgase im Bereich des Schiffsverkehrs im Rahmen der IMO fortzusetzen. Weist die IMO innert nützlicher Frist keine griffigen Instrumente zur Reduktion der Treibhausgase vor, so könnten entsprechende Regelungen im Rahmen der UNFCCC getroffen werden. Die IMO ist entschlossen, moderne Umweltstandards für den globalen Güteraustausch in der Seeschifffahrt zu etablieren. Als Resultat wurden bereits zahlreiche maritime Umweltübereinkommen erarbeitet und in Kraft gesetzt, die in einer gewissen Regelmässigkeit angepasst werden. In anderen Bereichen werden die internationalen Regelungen der internationalen Seeschifffahrt ebenfalls häufig aktualisiert. Insbesondere die Sicherheitsbestimmungen, welche zur Verhinderung von Personenschäden beitragen und Übereinkommen zum Schutz vor Verschmutzungen durch Erdöl9

SR 0.814.011

8653

verbindungen werden in einer hohen Kadenz an neue Standards angepasst. Für die jeweiligen Vertragsstaaten resultiert daraus ein grosser Aufwand, um die Änderungen der völkerrechtlichen Bestimmungen anzunehmen und gegebenenfalls ins innerstaatliche Recht umzusetzen. In der Regel müssen solche Änderungen, sofern sie nicht von beschränkter Tragweite sind, den eidgenössischen Räten unterbreitet werden.

1.5.2

Die beantragte Neuregelung

Im Rahmen der IMO wurden bisher 63 internationale Übereinkommen mit Bezug auf die kommerzielle Hochseeschifffahrt erarbeitet. Bis heute hat die Schweiz 33 dieser seeschifffahrtspezifischen Übereinkommen ratifiziert. Es kommt einer unnötigen und vermeidbaren Inanspruchnahme des Parlaments gleich, wenn weiterhin jede einzelne Konventionsänderung bzw. jede künftig abzuschliessende Vereinbarung im maritimen Bereich den Räten zur Beschlussfassung vorgelegt werden muss.

In verschiedenen Themengebieten, welche technischer Natur sind, hat sich die Regelung bewährt, wonach der Bundesrat in eigener Kompetenz bestimmte internationale Vereinbarungen abschliessen kann. Als Beispiel soll an dieser Stelle auf Artikel 3a des Luftfahrtgesetzes vom 21. Dezember 194810 und auf Artikel 39 Absatz 2 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 198311 verwiesen werden.

Die Übereinkommen der IMO beinhalten in der Regel Verpflichtungen für den einzelnen Reeder, der die Übereinkommen auf eigene Kosten umzusetzen hat.

Aufgrund des technischen Inhaltes der Übereinkommen sowie der Tatsache, dass schweizweit lediglich sechs Reedereien mit insgesamt vierzig Schiffen betroffen sind, rechtfertigt es sich, die Beitrittskompetenz an den Bundesrat zu delegieren.

Bevor der Bundesrat den Beitritt zu einem maritimen Übereinkommen beschliesst, hört er im Vorfeld die interessierten Kreise, namentlich die Reeder, an. Nach Massgabe des Resultats der Anhörung ist der Bundesrat besser in der Lage einzuschätzen, ob er ein einzelnes Übereinkommen angesichts dessen Tragweite bzw. dessen Akzeptanz doch dem Parlament vorlegen will.

Die vorgeschlagene Bestimmung im Seeschifffahrtsgesetz vom 23. September 195312 (nachfolgend: SSG) ermächtigt nicht zum Abschluss jeglicher Abkommen über die Seeschifffahrt. Sie erfasst ausdrücklich nur IMO-Übereinkommen in Themenbereichen, die politisch als unbedenklich einzustufen sind. Deshalb wird in der Vorlage die Kernkompetenz der maritimen Sicherheit, welche unter anderem die Piraterie oder den Terrorismus betrifft, von der Kompetenzdelegation ausgeschlossen. Diese beschränkt sich abschliessend auf die Verhütung und Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch Schiffe, die Sicherheit der Schiffsbesatzungen, die Verhütung von Havarien sowie verbesserte Such- und Rettungsmassnahmen bei Seenot. Von der Kompetenzdelegation
ausgenommen sind Übereinkommen, die unter der Ägide anderer internationaler Organisationen verabschiedet werden und einen Bezug zur maritimen Seeschifffahrt aufweisen (z.B. Seearbeitsübereinkommen der ILO).

10 11 12

SR 748.0 SR 814.01 SR 747.30

8654

Die vorgeschlagene Änderung bringt für Parlament und Verwaltung eine wesentliche Entlastung. Sie liegt überdies im Interesse der schweizerischen Wirtschaft, indem maritime Übereinkommen schneller umgesetzt werden können und die Reeder bei Hafenstaatkontrollen ihrer Schiffe dadurch einen Vorteil erlangen.

Auf eine Vernehmlassung nach Artikel 3 Ziffer 1 Buchstabe b VlG wurde verzichtet, da nach aktueller Praxis organisationsrechtliche Bestimmungen und untergeordnete Gesetzesanpassungen nicht zur Vernehmlassung unterbreitet werden. Bei der beantragten Neuregelung handelt es sich um eine organisationsrechtliche Bestimmung, die eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat vorsieht. Angesichts der begrenzten Materie, die sich auf internationale maritime Bestimmungen in genau definierten Bereichen beschränkt, handelt es sich um eine untergeordnete Gesetzesanpassung.

Artikel 3 VlG wird zurzeit revidiert, um die gängige Praxis gesetzlich festzuschreiben. Der neue Artikel 3 Absatz 1bis 13 sieht vor, dass auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden kann, wenn das Vorhaben vorwiegend die Organisation oder das Verfahren von Bundesbehörden oder die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bundesbehörden betrifft.

1.5.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Mit der Änderung soll der Bundesrat ermächtigt werden, gewissen zukünftigen IMO-Abkommen in eigener Kompetenz beizutreten oder Änderungen von solchen Abkommen zu genehmigen. Grund dafür sind nicht zuletzt vereinfachte interne Verfahren der IMO, die eine Zunahme der Rechtsvorschriften begünstigen: Zahlreiche internationale Übereinkommen sehen vor, dass Änderungen oder Ergänzungen automatisch als angenommen gelten, sofern nicht eine Anzahl von Vertragsparteien des Abkommens innert einer definierten Frist ihre Ablehnung mitteilen. Diese Verfahren führen vermehrt zur Änderung geltenden Völkerrechts, insbesondere im Bereich des Meeresumweltschutzes. Die innerstaatliche Genehmigung dieser oftmals marginalen Änderungen führt zu einem grossen Aufwand für Parlament und Bundesverwaltung. Zudem sind die Vorgaben im Bereich der maritimen Schiffssicherheit und des Meeresumweltschutzes in den letzten Jahren immer technischer geworden. Das Interesse, die internationalen Übereinkommen bzw. ihre Aktualisierungen und Änderungen rasch anzunehmen, liegt darin, dass die internationalen Bestimmungen nach deren Inkrafttreten auch von Reedereien angewendet werden müssen, deren Flaggenstaat das entsprechende Übereinkommen nicht ratifiziert hat.

Die Schiffe werden nämlich nach Massgabe der geltenden internationalen Bestimmungen behandelt und oft ungeachtet, ob der Flaggenstaat das entsprechende Übereinkommen ratifiziert hat oder nicht. Grund dafür ist die rigorose Kontrolle der Hafenstaaten, welche einschneidende Massnahmen gegen die Schiffe treffen können, falls internationale Bestimmungen nicht erfüllt bzw. verletzt werden. Bei einem Seeschiff, dessen Flaggenstaat einem gewissen Übereinkommen beigetreten ist, besteht die Vermutung, dass die internationalen Bestimmungen eingehalten werden.

Der Hafenstaat begnügt sich hier mit einer kursorischen Prüfung oder einer Stichprobe. Hat der Flaggenstaat ein Übereinkommen ratifiziert, sind die Kontrollen 13

BBl 2011 6823

8655

somit zeit- und kosteneffizienter, was positive Auswirkungen auf die Schifffahrt hat und durchaus im Interesse der Reeder liegt.

Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass die hier vorgeschlagene Kompetenzdelegation zum selbstständigen Abschluss völkerrechtlicher Verträge in einem begrenzten Bereich der Seeschifffahrt an den Bundesrat eine Entlastung der Bundesversammlung und der Verwaltung bewirkt. Die Änderung liegt auch im Interesse der schweizerischen Reeder, indem zukünftig schneller auf die internationale Rechtsentwicklung reagiert werden kann. Der Bundesrat beantragt daher, das SSG um eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat zu ergänzen.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

2.1

Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen

Die Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens besteht aus drei Kapiteln und fünf Anhängen: Kapitel 1:

Allgemeines

Kapitel 2:

Überwachung, Zertifizierung und Kontrollmöglichkeiten

Kapitel 3:

Kontrollerfordernisse für Schiffsemissionen

Die drei Kapitel umfassen insgesamt 19 Artikel. Die fünf anschliessenden Anhänge enthalten die erforderlichen Zertifizierungsvorlagen sowie Anforderungskriterien von technischen Geräten zur Reduktion der Emissionen.

Kapitel 1 Art. 2 Artikel 2 definiert sämtliche relevanten Begriffe. Zu den wichtigen zählen die Nennung der ozonrelevanten Substanzen und die Definition von Seegebieten, wo besondere Grenzwerte für Schwefeloxyde gelten.

Art. 3 Wichtig ist überdies Artikel 3, der im Falle einer Gefahr für Leib und Leben die Anlage VI für nicht anwendbar erklärt.

Art. 4 Artikel 4 erlaubt den jeweiligen Behörden, gleichwertige Massnahmen zuzulassen, sofern diese mindestens im gleichen Umfang den Anforderungen des Übereinkommens entsprechen. Darunter fallen beispielsweise Katalysatoren oder die so genannten SOX-Wäscher. Letztere Installationen waschen die Abgase und entziehen diesen einen Teil des Schwefeloxydes.

8656

Kapitel 2 Art. 5 Das Übereinkommen unterscheidet zwischen zwei Schiffskategorien. Zur ersten Kategorie zählen diejenigen Schiffe, die einen Raumgehalt von 400 Tonnen oder mehr aufweisen, in die zweite Kategorie fallen Seeschiffe mit einem kleineren Raumgehalt. Die beiden Kategorien unterstehen zwei verschiedenen Kontrollregimes.

Bei Kategorie eins muss das Schiff vor Inbetriebnahme einer ersten Kontrolle unterzogen werden. Zur Erneuerung und Verlängerung des Zertifikates haben die Kontrollen danach mindestens alle fünf Jahre zu erfolgen. Eine Zwischenuntersuchung ist sodann drei Monate vor oder nach Ablauf der Gültigkeit des zwei- oder dreijährigen Zertifikats durchzuführen. Deren Ergebnis ist im Zertifikat festzuhalten.

Schliesslich soll mittels einer jährlich durchgeführten Kontrolle geprüft werden, ob die technischen Anlagen ordnungsgemäss gewartet wurden.

Bei Seeschiffen der zweiten Kategorie kann die zuständige Behörde angemessene Massnahmen zur Durchsetzung der Anforderungen der Anlage VI anordnen.

Unabhängig vom Raumgehalt eines Schiffes kann die Zertifizierung der Seeschiffe an eine Drittperson oder eine Klassifikationsgesellschaft übertragen werden. Die Klassifikationsgesellschaften treten als Gutachter auf und beurteilen, ob die vom Reeder durchgeführten Änderungen den massgebenden internationalen Vorschriften entsprechen.

Art. 6 Nach einer erfolgreichen Durchführung der Erstkontrolle sowie der Erneuerungskontrolle wird das internationale Zertifikat zur Verhinderung von Luftverschmutzung (International Air Pollution Prevention Certificate; IAPPC) nach Artikel 6 ausgestellt. Benötigt wird das Zertifikat auf Schiffen der ersten Kategorie, welche Häfen ausländischer Hafenstaaten anlaufen. Ausstellungsbehörde ist der jeweilige Flaggenstaat.

Art. 7 Das IAPPC kann gemäss Artikel 7 auch von einem anderen Vertragsstaat der Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens ausgestellt werden, wenn dieser im Rahmen einer Hafenstaatkontrolle das Schiff inspiziert, und die Voraussetzungen der Anlage VI erfüllt sind. Voraussetzung ist, dass der überprüfende Flaggenstaat diese ebenfalls ratifiziert hat und den anderen Vertragsstaat um Ausstellung des IAPPC ersucht hat.

Art. 9 Die Gültigkeitsdauer des IAPPC wird vom Flaggenstaat bestimmt, darf aber einen Zeitraum von fünf Jahren nicht übersteigen. Kann das
Zertifikat nach Durchführung der Erneuerungskontrolle nicht vor Ablauf der Gültigkeit ausgestellt werden, hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, das bestehende Zertifikat um maximal fünf Monate zu verlängern. Gleiches gilt, wenn das Zertifikat auf Hoher See ausläuft; in diesem Fall kann die zuständige Behörde das Zertifikat bis zum Einlaufen in den nächsten Hafen verlängern. Dort ist die Erneuerungskontrolle vorzunehmen.

8657

Art. 10 Die Vertragsstaaten sind nach Artikel 10 befugt, Schiffe in ihren Hafenanlagen auf Einhaltung dieses Übereinkommens hin zu überprüfen.

Art. 11 Wird nach Artikel 11 eine Verletzung des Übereinkommens festgestellt, wird ein Bericht zu Handen der betroffenen Flaggenstaatbehörde angefertigt. Diese ist beim Vorliegen ausreichender Beweise verpflichtet, die Beanstandungen zu untersuchen und nach den landesinternen Bestimmungen vorzugehen. Über die eingeleiteten und vollzogenen Massnahmen muss die Flaggenstaatbehörde sowohl den Ratifikationsstaat, der die Verletzung des Übereinkommens festgestellt hat, als auch die IMO informieren. Das Schiff kann von der Hafenstaatbehörde an der Weiterfahrt gehindert werden, bis die Anforderungen der Konvention erfüllt sind.

Kapitel 3 Kapitel 3 befasst sich mit technischen Bauvorschriften für Schiffsneubauten und mit Schadstoffgrenzwerten bei Ozon, NOX, SOX sowie flüchtigen organischen Verbindungen. Die Vorschriften sollen sicherstellen, dass bereits fertig gestellte Schiffe nicht ausgemustert werden müssen, sondern schrittweise an die neuen Umweltvorschriften anzupassen sind.

Art. 12 Jegliche bewusste Freisetzung von ozonschädigenden Substanzen ist nach Artikel 12 verboten. Installationen, welche mit diesen Substanzen arbeiten, sind bei Schiffsneubauten, die nach dem 19. Mai 2005 gefertigt werden, nicht mehr zulässig, mit Ausnahme derjenigen, welche mit Fluorkohlenwasserstoffen betrieben werden.

Letztgenannte Installationen bleiben bei Neubauten bis zum 1. Januar 2020 zulässig.

Art. 13 Die neuen Grenzwertvorschriften für NOX-Emissionen gelten ausschliesslich für Schiffe mit einer Gesamtleistung von mehr als 130 Kilowatt (kW) und für Schiffe mit der identischen Leistung, die nach dem 1. Januar 2000 einer umfassenden Umrüstung unterzogen wurden. Für die Einhaltung der Grenzwerte ist ein dreistufiges Verfahren vorgesehen (Tier I­III), abhängig vom Installationsdatum des Schiffsdiesels sowie von der Motorenleistung, die anhand der Umdrehungszahl der Kurbelwelle gemessen wird. Grosse, langsam laufende Zweitaktmotoren setzen mehr NOX frei als kleine, schnell laufende Viertakt-Schiffsdiesel14. Dementsprechend werden die Grenzwerte in Abhängigkeit von der Drehzahl festgesetzt.

Wird ein Schiffsdieselmotor, der eine Leistung von mehr als 5000 kW erbringt und einen
Zylinder Hubraum von mehr als 90 Liter aufweist auf einem Schiff installiert, das zwischen dem 1. Januar 1990 und dem 1. Januar 2000 hergestellt wurde, müssen die Erfordernisse des Tier I Standards eingehalten werden.

14

«Beurteilung der NOx-Emissionen durch die weltweite Schifffahrt»; Horst W. Köhler; In: Schiff & Hafen, Heft: 11/2002, S. 48; Hamburg 2002.

8658

Art. 14 Bei der Reduzierung des Schwefels im Treibstoff wird vom Übereinkommen eine stufenweise Absenkung vorgeschrieben. Die langen Übergangsfristen sind notwendig, da die Mineralölhersteller nicht mehr die Rückstände des Raffinerieprozesses als Schiffstreibstoff vermarkten können, sondern diesen noch einmal zur Reduktion des Schwefels behandeln müssen. Beim heutigen Bedarf an Treibstoffen in der Seeschifffahrt hätte eine sofortige Umstellung auf schwefelarmen Treibstoff eine folgenschwere Verknappung zur Folge.

Bis zum 1. Januar 2012 durfte der Schwefelanteil im Schiffstreibstoff noch maximal 4,5 Prozent, von diesem Zeitpunkt bis zum 1. Januar 2020 darf er noch 3,5 Prozent und danach noch 0,5 Prozent betragen. Vor Ablauf der letzten Frist wird bis zum Jahre 2018 eine Untersuchung zur Verfügbarkeit ausreichender Mengen schwefelarmen Treibstoffes durchgeführt. Je nach Ausgang dieser Untersuchung ist ein Aufschieben der letzten Frist um fünf Jahre, vorbehältlich der Einwilligung der Mitgliedsländer, möglich.

Für besonders bedrohte Seegebiete können auf Antrag eines IMO-Mitgliedstaates spezielle Gebiete ausgewiesen werden, innerhalb welcher strengere Auflagen gemacht werden. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden die Küsten Nordamerikas, die Ost- und die Nordsee zu so genannten «Emission Control Areas» erklärt. Es ist anzunehmen, dass deren Anzahl mittelfristig zunehmen wird, da bereits zahlreiche Staaten Anträge auf Einrichtung solcher Gebiete gestellt haben. In diesen Gebieten darf der prozentuale Schwefelanteil im Treibstoff bis zum 1. Juli 2010 1,5 Prozent, bis zum 1. Januar 2015 1,0 Prozent und danach noch 0,1 Prozent ausmachen.

Art. 15 Der Ausdruck flüchtige organische Verbindung (Volatile Organic Compound; VOC) ist die Sammelbezeichnung für organische, also kohlenstoffhaltige Stoffe, die leicht verdampfen bzw. schon als Gas bei niedrigen Temperaturen vorliegen. VOCs werden von einer Vielzahl anthropogener und biogener Prozesse in die Umwelt emittiert. Pflanzen, Tiere, Böden und Meere sind natürliche Quellen; die industrielle Lösemittelanwendung und der Verkehr gehören zu den wichtigsten anthropogenen Quellen.

Die Problematik der VOC trifft ausschliesslich die Tankschifffahrt (Gas- und Öltankschiffe). Durch Verdampfung der mitgeführten Substanzen werden zum Teil grosse Mengen VOC freigesetzt. Das
Übereinkommen selbst regelt den Umgang mit den VOC in Artikel 15 nicht bis ins Detail, sondern setzt für die Seehäfen Leitplanken, an die sich die Vertragsstaaten zu halten haben. Ob ein Vertragsstaat spezifische Vorschriften erlässt oder nicht, bleibt diesem selbst überlassen. Zu den Leitplanken gehören die Informationen der Vertragsstaaten an die IMO über die getroffenen Vorschriften, die Verpflichtung der sicheren Handhabung der Systeme und das Vermeiden von Verzögerungen bei der Durchführung der Massnahmen zur Verminderung von VOC. Entscheidet sich ein Vertragsstaat zur Einführung einer gesetzlichen Grundlage zur Reduktion von VOC, so muss einem betroffenen Schiff in der Hafenanlage während dem Bunkervorgang ein vom Flaggenstaat anerkanntes System zur Kontrolle dieser Dämpfe zur Verfügung gestellt werden. Das Schiff selbst muss über ein Sammelsystem für VOC verfügen. Die Vertragsstaaten können jedoch während einer Übergangsfrist von drei Jahren seit der Notifikation der IMO Tanker ohne Sammlungssystem akzeptieren. Für Tanker, die Rohöl transportieren, 8659

gilt zusätzlich die Verpflichtung, einen vom Flaggenstaat anerkannten «VOC Management Plan» an Bord mitzuführen, der unter anderem Verfahren zur Verminderung von VOC enthalten muss.

Unter schweizerischer Flagge fahren zur Zeit zwei Schiffe, auf die die Vorschriften über die VOC Anwendung finden könnten. Die beiden Schiffe transportieren bisher keine Rohstoffe im Sinne des Übereinkommens. Wenn dies aber einmal der Fall sein sollte, müssten Sie mit einem VOC Sammelsystem sowie mit einem «VOC Management Plan» ausgestattet werden.

Art. 16 Das Verbrennen von Abfall auf Hoher See ist nach Artikel 16 nur in schiffseigenen Verbrennungsöfen zulässig. Ziffer 2 listet diejenigen Substanzen auf, deren Verbrennung nicht zulässig ist und die notgedrungen in einer Entgegennahmestelle an Land abgegeben werden müssen. Es handelt sich dabei um Substanzen, deren Verbrennung besonders toxische Verbrennungsrückstände verursachen. Rückstände wie beispielsweise Ölschlamm und Abwasser dürfen zwar verbrannt werden, nicht aber innerhalb von Flusshäfen, Seehäfen oder in der Nähe von Flussmündungen.

Verbrennungsöfen, die entweder nach dem 1. Januar 2000 hergestellt oder auf einem Schiff installiert wurden, müssen den Vorgaben in Anhang IV entsprechen und vom Flaggenstaat anerkannt sein.

Jeder Vertrags- und Hafenstaat verpflichtet sich, Entgegennahmestellen bereit zu stellen, um ozonhaltige Gebinde sowie Rückstände von Abgaswaschanlagen entgegen zu nehmen. Seehäfen, die aus infrastrukturellen Gründen diesen Dienst nicht anbieten können, müssen die IMO hierüber informieren. Diese leitet die Information an die Vertragsstaaten sowie an ihre übrigen Mitglieder weiter.

Art. 18 Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die Verfügbarkeit von vertragskonformen Schiffstreibstoffen gemäss Artikel 18 zu fördern und informiert die IMO, ob in den Seehäfen konforme Treibstoffe erhältlich sind. Sollte ein Vertragsstaat ein Schiff anhalten, das keinen zulässigen Treibstoff mit sich führt, so kann er den Nachweis verlangen, dass aufgrund des an Bord vorhandenen Reiseplans keine Möglichkeit gegeben war, vertragskonformen Treibstoff zu bunkern. Es wird dem Kapitän des Schiffes empfohlen, den Flaggenstaat sowie die IMO über die fehlende Verfügbarkeit von adäquaten Schiffstreibstoffen zu informieren.

Die Qualität des Treibstoffes ist vom
Lieferanten mit einer Bunkerbescheinigung festzuhalten (Bunker Delivery Note; BDN), die unter anderem den Schwefelgehalt des Treibstoffes und die allgemeine Konformität mit den geltenden Vorschriften bescheinigt. Die BDN muss mindestens drei Jahre an Bord aufbewahrt werden, um als Beleg bei einer Kontrolle durch die Hafenbehörde zu dienen. Zusätzlich muss während des Bunkervorganges eine Probe gezogen werden, die in einem versiegelten Behälter einer Aufbewahrungspflicht über die Dauer von einem Jahr untersteht.

8660

2.2

Bunkeröl-Übereinkommen

Das Übereinkommen setzt sich aus 19 Artikeln und einem Vertragsanhang zusammen, der als Vorlage für die Ausstellung der Bescheinigung über die Versicherung oder sonstige finanzielle Sicherheit für die zivilrechtliche Haftung für BunkerölVerschmutzungsschäden dient. Die Einleitungsartikel 1 und 2 beinhalten die Begriffsdefinitionen sowie den Geltungsbereich. Die Artikel 3­7 regeln die Verpflichtung zum Abschluss einer Versicherung oder einer anderweitigen finanziellen Absicherung. Artikel 8­11 regeln einzelne wichtige prozessrechtliche Fragen, die verbleibenden sieben Artikel enthalten verfahrensrechtliche Bestimmungen.

Art. 1 Artikel 1 erläutert die einzelnen Begriffe des Bunkeröl-Übereinkommens. Im Zentrum steht die Haftung des Schiffseigentümers für Verschmutzungsschäden. Ausgangsfrage ist, wer als Schiffseigentümer zu gelten hat. Schiffseigentümer im Sinne des Übereinkommens ist nicht nur der Reeder oder der eingetragene Eigentümer, sondern auch der Mieter des Schiffes (Bareboat Charterer). Bei dieser vertraglichen Beziehung wird das unbemannte Schiff für eine einzelne Reise oder einen definierten Zeitraum dem Befrachter überlassen. Dieser hat selber für die Ausrüstung zu sorgen und trägt während des Nutzungszeitraumes die Kosten für Wartung, Reparaturen und Betriebsstoffe. Die weite Fassung des Begriffes soll die in Artikel 1 erwähnten Personen dazu anhalten, vorsorgliche Massnahmen zu ergreifen, um einen potentiellen Schaden bereits im Vorfeld auf ein Minimum zu reduzieren.

Zu den Verschmutzungsschäden zählt einerseits der positive Schaden, nicht aber der entgangene Gewinn, und andererseits zählen auch die Kosten von Schutzmassnahmen und weitere durch Schutzmassnahmen verursachte Schäden dazu.

Zur Geltendmachung eines Schadens muss dieser geographisch im Einflussgebiet eines Vertragsstaates liegen. Wo die Grenze gezogen wird, wird nach Massgabe des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 198215 festgelegt.

Art. 2 Artikel 2 Buchstabe a legt fest, dass nur Schäden im Hoheitsgebiet einschliesslich des Küstenmeeres (12 Seemeilen) oder in der Ausschliesslichen Wirtschaftszone (maximal 200 Seemeilen ab Basislinie) unter das Abkommen fallen. Damit wird direkt auf die Artikel 3 und 57 des Seerechtsübereinkommens Bezug genommen, die die entsprechenden Definitionen enthalten. Vom
Grundsatz, dass ausschliesslich Schäden, die innerhalb der völkerrechtlich festgelegten Grenzen entstanden sind, vom betroffenen Küstenstaat geltend gemacht werden können, existiert eine wichtige Ausnahme; Artikel 2 Buchstabe b erweitert den Geltungsbereich auf die Hohe See, sofern ein Vertragsstaat dort Schutzmassnahmen zur Verhinderung von Verschmutzungsschäden ergriffen hat. In einem solchen Fall sind die Schutzmassnahmen ebenfalls unter den Begriff des Verschmutzungsschadens zu subsumieren, denn ein Küstenstaat verhindert oder verringert damit Schäden in seinem oder in einem fremden Hoheitsgebiet. Solche Schutzmassnahmen bestehen insbesondere aus Bergungsarbeiten, die weiteres Auslaufen von Bunkeröl verhindern sollen. Sämtli15

SR 0.747.305.15

8661

che dieser Schutzmassnahmen, die der Eindämmung eines möglichen Schadens im Hoheitsgebiet eines Staates dienen, sind im Sinne des Übereinkommens entschädigungspflichtig.

Art. 3 Die Grundlage der Haftung des Schiffseigentümers ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 1 des Übereinkommens. Danach haftet derjenige, der zum Zeitpunkt des Ereignisses Schiffseigentümer ist, für Verschmutzungsschäden, die durch an Bord befindliches oder durch vom Schiff stammendes Bunkeröl verursacht werden. Gelten mehrere Personen zum Zeitpunkt des Ereignisses als Eigentümer nach diesem Übereinkommen, haften diese als Gesamtschuldner. Gleiches gilt, wenn mehrere Schiffe das Ereignis verursacht haben. Kann der Schiffseigentümer den Nachweis erbringen, dass andere Faktoren, wie beispielsweise Höhere Gewalt, Kriegshandlungen, absichtliche Handlungen Dritter oder fehlerhafte staatliche Navigationshilfen ursächlich waren, entfällt seine Haftung.

Art. 4 Die Anwendung des Bunkeröl-Übereinkommens ist nach Artikel 4 Absatz 1 ausgeschlossen, sobald ein Verschmutzungsschaden unter das Protokoll von 1992 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden16 subsumiert werden kann. Dieses kommt immer dann zur Anwendung, wenn Ölschäden von Öltankschiffen verursacht werden, ungeachtet ob Bunkeröl oder Ladungsöl ursächlich für den Schaden war.

Art. 7 Der Schiffseigentümer eines in das Schiffsregister eines Vertragsstaates eingetragenen Schiffes, das eine Bruttoraumzahl von mehr als 1000 Tonnen aufweist, wird gemäss Artikel 7 des Bunkeröl-Übereinkommen verpflichtet, entweder eine Versicherung oder eine sonstige finanzielle Sicherheit vorzuweisen. Als Haftungsgrenze wird Bezug auf das Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung von Seeforderungen17 genommen. Die zuständige Behörde des Vertragsstaates trifft die Verpflichtung zur Überprüfung des Vorliegens obgenannter Voraussetzungen oder der Delegation dieser Aufgabe an eine anerkannte Klassifikationsgesellschaft.

Bei den anerkannten Organisationen handelt es sich um spezialisierte Privatfirmen, welche im Auftrag einer Regierungsbehörde die erforderlichen technischen Kontrollen gemäss den völkerrechtlichen Verträgen der IMO ausführen. Die Schweiz anerkennt sechs renommierte Klassifikationsgesellschaften. Da die
anerkannten Klassifikationsgesellschaften im Auftrag der Schweiz eine hoheitliche Aufgabe erfüllen, wurde im Rahmen des Beitrittes der Schweiz zum Seearbeitsübereinkommen der Internationalen Arbeits-Organisation eine Kompetenznorm (Artikel 9 Absatz 4 SSG) geschaffen. Das Inkrafttreten der Kompetenznorm wurde jedoch an das Inkrafttreten des Seearbeitsübereinkommens geknüpft, weshalb die Kompetenznorm im Seeschifffahrtsgesetz ebenfalls noch nicht in Kraft getreten ist.18

16 17 18

SR 0.814.291.2 SR 0.747.331.53 BBl 2010 6619

8662

Zur Verifizierung der Erfüllung der Anforderungen des Übereinkommens stellt die zuständige Behörde jedem Schiff unter seiner Flagge eine dem Anhang der Anlage entsprechende Bescheinigung aus. Die finanzielle Absicherung muss so ausgestaltet sein, dass nur eine zeitliche Begrenzung der Gültigkeit des Vertrages mit dem Sicherheitsgeber den finanziellen Schutz zu beendigen vermag. Die Bestimmung dient zur Vermeidung von Situationen, in denen ein Schiff eine gültige BunkerölBescheinigung mitführt, der Versicherungsschutz jedoch bereits erloschen ist. Für die kontrollierenden Hafenstaatbehörden ist nicht ersichtlich, dass keine finanzielle Absicherung mehr besteht. Nur unter der Voraussetzung, dass eine neue Versicherung abgeschlossen oder eine anderweitige Sicherheit gestellt wurde, und die zuständige Behörde eine neue Bescheinigung ausgestellt hat, kann ein bestehender Vertrag zur Absicherung des finanziellen Risikos gekündigt werden. Jeder Vertragsstaat bestimmt im Übrigen im Rahmen des Artikels 7 selbst über die Ausstellungsund Geltungsbedingungen der Bescheinigung.

Ein allfälliger Schadenersatzanspruch kann unmittelbar gegen den Versicherungsgeber oder jede andere Person geltend gemacht werden, die finanzielle Sicherheit leistet. Der Beklagte ist befugt, vor Gericht sämtliche Einreden geltend zu machen, die auch dem Schiffseigentümer zustehen. Darüber hinaus steht ihm die Einrede zu, dass der Schiffseigentümer den Schaden vorsätzlich verursacht hat.

Durch das Übereinkommen werden die Vertragsstaaten verpflichtet, gemäss Artikel 7 Absatz 10 mittels Änderung oder Ergänzung der nationalen Vorschriften Schiffen unter fremder Flagge, die Häfen oder andere Anlagen eines Vertragsstaates anlaufen, das Mitführen einer Bescheinigung vorzuschreiben. Die Schweiz trifft in diesem Zusammenhang keine Pflicht, da sie über keinen Seehafen verfügt.

Art. 8 Schadenersatzansprüche verjähren gemäss Artikel 8 des Bunkeröl-Übereinkommens binnen dreier Jahre nach Schadenseintritt. Sämtliche Klagen verjähren nach sechs Jahren seit dem Eintritt des Schadensereignisses.

Art. 9 Artikel 9 legt fest, dass Schadenersatz infolge einer Verschmutzung gemäss dem Bunkeröl-Übereinkommen nur an einem Gericht desjenigen Vertragsstaates anhängig gemacht werden kann, in welchem der Schaden eingetreten ist. Jeden Vertragsstaat trifft
die Pflicht, in seinen prozessrechtlichen Vorschriften einen entsprechenden Gerichtsstand zu benennen. Letzteres dürfte die Schweiz aufgrund ihrer Binnenlage nicht betreffen. Ansonsten sieht aber das innerstaatliche Recht in Artikel 129 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 198719 über das Internationale Privatrecht (IPRG) und in Artikel 5 Nummer 3 des Übereinkommens vom 30. Oktober 200720 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen) bereits einen entsprechenden Gerichtsstand vor. Tritt der Schaden im Ausland ein, ergibt sich die Unzuständigkeit der schweizerischen Gerichte unmittelbar aus dem vorliegenden Artikel 9.

19 20

SR 291 SR 0.275.12

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Art. 10 Gemäss Artikel 10 des Übereinkommens sind rechtskräftige und vollstreckbare Urteile eines Vertragsstaates von den übrigen Vertragsstaaten grundsätzlich zu anerkennen, es sei denn, das Urteil sei durch betrügerische Machenschaften erwirkt worden, oder der Beklagte sei nicht binnen einer angemessenen Frist über die Anschuldigungen unterrichtet worden oder er habe keine Gelegenheit zur Vertretung seiner eigenen Sache vor Gericht gehabt. Die Artikel 9 und 10 des BunkerölÜbereinkommens gehen gestützt auf Artikel 67 Absatz 1 des Lugano-Übereinkommens vor.

Art. 15 Das Bunkeröl-Übereinkommen ist am 21. November 2008 in Kraft getreten. Es wird für die Schweiz drei Monate nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde wirksam. Es kann nach Artikel 15 von jedem Vertragsstaat jederzeit gekündigt werden. Die Kündigung wird ein Jahr nach Hinterlegung der Kündigungsurkunde beim Generalsekretär der IMO wirksam oder nach einer längeren Frist, falls der betreffende Vertragsstaat eine solche angibt.

2.3

Ballastwasser-Übereinkommen

Die Konvention enthält insgesamt 22 Artikel sowie eine Anlage, bestehend aus fünf Abschnitten, die ebenfalls als Bestandteil des Übereinkommens zu betrachten ist.

Der Anhang des Übereinkommens enthält die notwendigen Formularvorlagen, die das Schiff jeweils auf dem aktuellen Stand halten und stets mit sich führen muss.

Die Einleitungsartikel 1­3 des Hauptübereinkommens beinhalten die Begriffsbestimmungen sowie den Geltungsbereich. Die nachfolgenden Artikel legen die Rechte und Pflichten des Flaggenstaates und des Reeders fest. Die abschliessenden Artikel 15­22 regeln die Beilegung von Streitigkeiten, Änderungen sowie Ratifikations-, Inkrafttretens- und Kündigungsmodalitäten. Technischer Natur ist die Anlage. Darin werden insbesondere Details festgehalten, welche für die Behandlung des Ballastwassers notwendig sind.

Art. 1 Artikel 1 befasst sich mit den zentralen Begriffsbestimmungen wie Definition der zuständigen Behörde (Flaggenstaat), des Schiffes, die Behandlung des Ballastwassers sowie schädliche Wasserorganismen und Krankheitserreger.

Die Definition der zuständigen Behörde ist wichtig, da gemäss Übereinkommen eine staatliche Instanz bezeichnet werden muss, die sich in Bezug auf die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben verantwortlich zeigt. Zuständig ist die Behörde desjenigen Staates, unter dessen Hoheitsgewalt das Schiff betrieben wird. Mit Bezug auf die Schweiz und mit Verweis auf Artikel 8 SSG ist das Schweizerische Seeschifffahrtsamt, das unter der Aufsicht des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten steht, die zuständige Verwaltungseinheit der Schweiz.

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Der Begriff des Schiffes weicht von der gebräuchlichen Definition, wie sie im maritimen Völkerrecht verwendet wird, ab. Normalerweise sind Handelsschiffe mit einer bestimmten Bruttoraumzahl Gegenstand von Verpflichtungen. Das Ballastwasser-Übereinkommen sieht jedoch vor, dass sämtliche nautischen Fahrzeuge als Schiff im Sinne des Übereinkommens gelten. Damit fallen unter Umständen auch Jachten in den Anwendungsbereich, sofern sie über ein System der Trimmung mittels Ballastwasser verfügen. Es gilt in diesem Zusammenhang jedoch darauf hinzuweisen, dass faktisch nur eine sehr geringe Anzahl von Jachten betroffen ist, da nur die sogenannten Megajachten Ballastwasser aufnehmen. Solche Jachten sind im schweizerischen Jachtregister nicht eingetragen.

Die Erläuterung des Ausdrucks «Behandlung des Ballastwassers» nimmt Bezug auf die zahlreichen Möglichkeiten zur Desinfektion des Ballastwassers. Der Begriff ist absichtlich sehr weit gefasst, um den Schiffsbauingenieuren einen möglichst weiten Spielraum einzuräumen. So umfasst die Behandlung sämtliche mechanischen, physikalischen, chemischen oder biologischen Vorgänge, welche Sedimente und schädliche Wasserorganismen, beziehungsweise Krankheitserreger, zu entfernen vermögen.

Als Anknüpfungspunkt der Definition der schädlichen Wasserorganismen und Krankheitserreger werden die potentiellen negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt verwendet. Die Definition ist sehr weit gefasst, weil eine abschliessende Aufzählung nicht durchführbar ist. Es werden sämtliche Wasserorganismen und Krankheitserreger als schädlich bezeichnet, wenn sie bei der Einleitung in die See oder in Flussmündungen eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit, der Umwelt, von Sachwerten oder Naturschätzen bewirken können. Ferner fallen bereits Beeinträchtigungen der biologischen Vielfalt und Störungen ansässiger Arten unter den Begriff. Ziel war das Bestreben, die Behandlung des Ballastwassers vor dem Entleeren aus den Tanks so zu regeln, dass es keim- und organismenfrei ist.

Art. 3 Zahlreiche Ausnahmen sind in Artikel 3 Ziffer 2 enthalten. Dazu zählen Schiffe, die aufgrund ihrer Konstruktion kein Ballastwasser aufnehmen können; Schiffe, die ausschliesslich auf dem Territorium eines Vertragsstaates unterwegs sind; Kriegsschiffe sowie Schiffe, die über ein abgeschlossenes Ballastwassersystem
verfügen.

Eine wichtige Vorschrift enthält sodann Ziffer 3: Auch hier gilt das Prinzip, dass die Vertragsstaaten sowohl die Kontrolle über Schiffe ihrer eigene Flagge als auch die Kontrolle über Schiffe fremder Flaggen ausüben, sofern sich diese auf ihrem Territorium befinden. Die Hafenstaatbehörde eines Landes hat das Recht, Schiffe, die den Erfordernissen dieses Übereinkommens, dem der Hafenstaat selber angehört, nicht erfüllen, für einen bestimmten Zeitraum festzuhalten, bis der vertragsgemässe Zustand hergestellt ist. Somit haben Nichtvertragsstaaten, die Häfen von Vertragsstaaten anlaufen, faktisch keine andere Wahl, als sämtliche Vorschriften, die im Bestimmungsland gelten, einzuhalten. Mit diesem Mechanismus, der im Grundsatz in Ziffer 3 formuliert ist, wird für eine möglichst breite rechtliche und ökonomische Gleichbehandlung in der Seeschifffahrt gesorgt. Staaten, die versuchen, sich durch ein Abseitsstehen von internationalen Verpflichtungen Vorteile zu verschaffen, werden somit in ihrem Wirkungskreis eingeschränkt.

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Art. 4 Die Schweiz ist als Binnenstaat von vielen Verpflichtungen des Übereinkommens ausgenommen, da zahlreiche Vorschriften direkt an Staaten mit Hafenstrukturen gerichtet sind. Darunter fallen Artikel 4 Ziffer 2, Artikel 6 und 5. Auf diese Artikel wird aufgrund fehlender Relevanz für die Schweiz kein Bezug genommen.

Art. 7 Nach Artikel 7 Absatz 1 sind die Vertragsparteien verpflichtet, ihre Aufsicht über die Hochseehandelsflotte mittels Inspektion vor Ort wahrzunehmen, bevor dem Schiff ein internationales Konformitätszeugnis über die Behandlung von Ballastwasser nach dem Muster in Anhang I ausgestellt werden darf. Das Schweizerische Seeschifffahrtsamt führt jeweils Stichproben an Bord der Seeschiffe durch. Aufgrund seiner personellen Besetzung ist eine regelmässige Überwachung der Einhaltung der international geltenden maritimen Bestimmungen nicht möglich. Um die Vorgaben des Ballastwasser-Übereinkommens einhalten zu können, ist eine Delegation an eine anerkannte Klassifikationsgesellschaft notwendig.

Für die detaillierten Vorschriften zu den Inspektionen wird in Artikel 7 auf Abschnitt E der Anlage des Übereinkommens verwiesen. Danach hat eine erste Besichtigung vor der Inbetriebnahme des Schiffes stattzufinden. Dabei wird geprüft, ob ein Ballastwasserplan nach Regel B1 der Anlage vorhanden ist und ob die Anlage zur Reinigung des Ballastwassers sämtlichen technischen Vorschriften des Übereinkommens entspricht. Mindestens in einem Zeitintervall von fünf Jahren ist die Besichtigung nach diesen Kriterien zu wiederholen. Zusätzlich werden Zwischeninspektionen verlangt. Es wird zwischen einer jährlich stattfindenden Besichtigung, die eine allgemeine Überprüfung der Vorgaben des Übereinkommens umfasst, und einer technischen Überprüfung, welche die Funktionstüchtigkeit der Anlagen betrifft, unterschieden. Letztere Inspektion hat in einem Intervall von drei Monaten vor und nach dem zweiten oder dritten Jahrestag einer Zwischenbesichtigung zu erfolgen. Ist eine solche technische Besichtigung fällig, fällt die allgemeine Besichtigung im betreffenden Jahr weg. Schliesslich sieht das Übereinkommen noch eine weitere Inspektion vor, sofern an den technischen Komponenten des Ballastwasserreinigungssystems eine nennenswerte Veränderung, ein Austausch oder eine Reparatur vorgenommen wurde. Das Übereinkommen
definiert den Eingriff nicht, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass kleinere Eingriffe nicht unter den Begriff «nennenswert» subsumiert werden. Erfüllt ein Schiff die Anforderungen der Regel E1, stellt die Verwaltung ein Konformitätszeugnis nach Vorlage des Musters in Anlage 1 aus. Die Regel E2 verpflichtet die Vertragsstaaten, ein ordnungsgemässes Konformitätszeugnis im gleichen Umfang zu anerkennen wie die eigenen ausgestellten Konformitätszeugnisse.

Wird anlässlich einer Inspektion festgestellt, dass die Vorgaben des Übereinkommens nicht eingehalten werden, so muss bei der Prüfung sichergestellt werden, dass Abhilfemassnahmen getroffen werden. Darüber hinaus muss das Konformitätszeugnis verweigert oder ein bestehendes eingezogen werden. In jedem Fall aber sind die Hafenstaatbehörden zu unterrichten, da der Hafenstaat direkt der potentiellen Gefahr einer Verschmutzung durch Ballastwasser ausgesetzt ist. Die Hafenstaatbehörden wiederum haben gemäss Artikel 7 Ziffer 2, Artikel 8 Ziffer 2 und 3, Artikel 9 sowie Artikel 10 Ziffer 2 des Übereinkommens das Recht, geeignete Massnahmen, die im Einklang mit ihrer Rechtsordnung stehen, zu ergreifen. Vielfach werden die betrof8666

fenen Schiffe an der Weiterfahrt gehindert, bis der vertragskonforme Zustand wieder hergestellt ist. Für den Betreiber eines Schiffes hat dies in der Regel eine bedeutende finanzielle Einbusse zur Folge, weshalb er ein immanentes Interesse an einer schnellen Beseitigung der Mängel hat.

Art. 8 Auch der Flaggenstaat hat nach Artikel 8 Ziffer 1 bei Zuwiderhandlungen entsprechend seiner Rechtsordnung ein Verfahren einzuleiten. In der Schweiz kommt das Verfahren nach Artikel 130 SSG zur Anwendung. Der Artikel sieht die Möglichkeit der Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Kapitän des Schiffes vor, sofern die gesetzlichen Vorschriften oder die anerkannten Regeln über die nautische Führung des Schiffes oder die seepolizeilichen Vorschriften des In- und Auslandes missachtet werden.

Art. 9 Der Umfang der Überprüfung durch eine fremde Vertragspartei richtet sich nach Artikel 9 des Übereinkommens. Die Inspektion umfasst die Kontrolle des Konformitätszeugnisses und des Ballastwasser-Tagebuchs sowie die Entnahme und Untersuchung einer Probe aus dem Ballastwasser des Schiffes. Eine eingehende Prüfung und damit eine zeitlich beschränkte faktische Stilllegung des Schiffes kann vom fremden Vertragsstaat angeordnet werden, sofern kein gültiges Zeugnis vorliegt oder ein triftiger Grund besteht, dass der Zustand des Schiffes und die Angaben im Konformitätszeugnis nicht übereinstimmen, oder die Besatzung mit dem wesentlichen Verfahren der Ballastwasserbehandlung nicht vertraut ist.

Art. 15 Artikel 15 enthält zahlreiche Streitbeilegungsmechanismen wie beispielsweise ein Schiedsverfahren oder ein ordentliches gerichtliches Verfahren, wobei es sich um eine nicht abschliessende Aufzählung handelt. Das Leitmotiv des Artikels beinhaltet die nach Möglichkeit friedliche Beilegung allfälliger Streitigkeiten unter den Vertragsparteien.

Art. 19 Das Änderungsverfahren, wie es detailliert in Artikel 19 festgehalten ist, unterscheidet insgesamt zwei Möglichkeiten, um das Übereinkommen zu modifizieren. Es sind dies erstens Änderungen nach Prüfung innerhalb der Organisation und zweitens Änderungen anlässlich einer Konferenz.

Im ersten Fall ist jeder Vertragsstaat dazu berechtigt, Änderungsvorschlage dem Generalsekretär der IMO vorzulegen. Spätestens sechs Monate vor der vorgesehenen Beschlussfassung muss der Vorschlag den
Vertragsparteien zur Kenntnis gebracht werden. Als angenommen gilt der Änderungsvorschlag innerhalb der Organisation, wenn bei einem Mindestquorum von einem Drittel der Vertragsstaaten eine Zweidrittelmehrheit für die Änderung stimmt. Die Annahme einer Änderung eines Artikels erfolgt durch eine Zustimmung von zwei Dritteln aller Vertragsstaaten, die die Erklärung der Annahme direkt dem Generalsekretär der IMO übermitteln (Art. 19 Abs. 2 Bst. e). Betrifft die Änderung eine Anlage des Übereinkommens, so tritt diese automatisch nach Ablauf von zwölf Monaten nach Zustimmung 8667

zur Änderung innerhalb der Organisation in Kraft, sofern nicht ein anderer Zeitpunkt festgelegt worden ist. Dieser Automatismus kann allerdings dadurch aufgehalten werden, dass zwei Drittel der Vertragsstaaten dem Generalsekretär der IMO mitteilen, dass sie die innerhalb der Organisation angenommene Änderung der Anlage ablehnen (Art. 19 Abs. 2 Bst. f). Eine modifizierte Anlage tritt ebenfalls sechs Monate nach deren Annahme in Kraft, mit Ausnahme für diejenigen Vertragsstaaten, welche Nichtannahme erklären oder dem Generalsekretär der IMO eine aufschiebend bedingte Annahme angezeigt haben.

Der zweite Fall betrifft Änderungen, welche anlässlich einer Konferenz beschlossen wurden. Auf Gesuch von mindestens zwei Dritteln der Vertragsparteien beruft die IMO eine Konferenz ein. Eine Änderung ist angenommen, wenn an der Konferenz eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Vertragsstaaten ihre Zustimmung erteilt. Der Generalsekretär der IMO übermittelt allen Vertragsparteien die angenommene Änderung zur Annahme. Für das weitere Verfahren bis zum Inkrafttreten der Änderung auf internationaler Ebene verweist das Übereinkommen auf das bereits beschriebene Verfahren unter Absatz 2, Buchstaben e und f.

Art. 17 Die Ratifikation des Übereinkommens erfolgt gemäss Artikel 17 durch die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär der IMO.

Art. 18 Die Voraussetzungen für das Inkrafttreten werden in Artikel 18 festgehalten. Danach tritt das Übereinkommen zwölf Monate nach dem Tag in Kraft, an dem 30 Staaten ratifiziert haben, die einen Anteil an der Bruttowelttonnage im Umfang von 35 Prozent auf sich vereinigen. Beide Erfordernisse sind bis heute noch nicht erfüllt, denn lediglich 28 Staaten, die ein Volumen von rund 25 Prozent aufweisen haben bis dato ratifiziert.

2.4

AFS-Übereinkommen

Der Aufbau des AFS-Übereinkommens ist dreiteilig gestaltet, bestehend aus dem Übereinkommen, den Anlagen und den Anhängen zu den Anlagen. Das Übereinkommen selbst umfasst insgesamt 21 Artikel, die thematisch unterteilt sind in Einleitungsartikel (Art. 1­3), Rechte und Pflichten der Vertragsparteien (Art. 4­14) und allgemeine Bestimmungen (Art. 15­21). Die Anlage des Übereinkommens besteht aus vier Teilen. Gegenstand der Anlagen sind Ausführungsbestimmungen zu einzelnen technischen Fragen des Übereinkommens selbst mit Schwerpunkt betreffend Anforderungen an die regulären Bewuchsschutzsysteme, die Durchführung von Kontrollen auf den Seeschiffen sowie die Erteilung der entsprechenden Konformitätszeugnisse. Der Anhang zur Anlage enthält das Muster des Internationalen Zeugnisses und das Muster für die Spezifikation der jeweils aufgebrachten Bewuchsschutzsysteme.

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Art. 1 Artikel 1 verpflichtet die Mitgliedsstaaten, die Rechte und Pflichten des Übereinkommens mit Hinweis auf die schädlichen Auswirkungen der toxischen Schutzanstriche auf die Meeresumwelt sowie auf die menschliche Gesundheit zu befolgen.

Die Anlagen des Übereinkommens werden zudem als integrativer Teil des Übereinkommens selbst definiert und erhalten damit ebenfalls den Charakter bindender Bestimmungen. Ist eine Vertragspartei aufgrund weiterer völkerrechtlichen Verträge strengeren Umweltauflagen unterworfen, so entbindet das AFS-Übereinkommen die betreffenden Mitgliedsstaaten nicht, die strengeren Auflagen einzuhalten. Das AFSÜbereinkommen stellt somit einen Minimalstandard dar.

Art. 2 Die Definition in Artikel 2 enthält spezifische Begriffsbestimmungen in Bezug auf die Materie des AFS-Übereinkommens. Wichtig ist die Erläuterung des Begriffs «Bewuchsschutzsystem». Dieser wurde sehr weit gefasst, da es bereits verschiedene Bewuchsschutzsysteme gibt und man sicherstellen wollte, dass auch mittelfristig keine Änderung des Übereinkommens notwendig würde. Unter den Begriff fallen somit sämtliche Farben, Beschichtungen, Oberflächen oder Vorrichtungen, die dazu dienen, das Wachstum unerwünschter Organismen einzudämmen oder zu verhindern.

Art. 3 Der Anwendungsbereich des Übereinkommens wird in Artikel 3 definiert. Im Gegensatz zu vielen Übereinkommen aus dem Bereich des Meeresumweltschutzes ist das Verbot der giftigen Schutzanstriche nicht nur auf Seeschiffe einer bestimmten Grösse beschränkt, sondern muss gemäss Wortlaut von Artikel 3 auch auf Jachten und andere Fahrzeuge beliebiger Art unter der Flagge des Vertragsstaates angewandt werden. Die Definition ist bewusst sehr weit gefasst worden, da die Betreiber privater Seefahrzeuge ebenfalls auf einen Schutzanstrich angewiesen sind. Der Einsatzradius kleinerer Boote beschränkt sich in den meisten Fällen auf die küstennahen Regionen, wo die Problematik der Auswaschung giftiger Substanzen eine besonders negative Auswirkung auf die Meeresfauna hat. Es ist daher gerechtfertigt, dass auch Privatpersonen Adressaten des Verbotes der Verwendung gewisser Inhaltsstoffe in Schutzanstrichen sind. Ausgenommen sind Seeschiffe, die von Vertragsstaaten betrieben werden und keinen Handelszwecken dienen. Damit sind insbesondere Kriegsschiffe vom Anwendungsbereich
ausgenommen.

In Ziffer 3 wird auf die Überprüfung von Seeschiffen, die eine Flagge einer Nichtvertragspartei führen, Bezug genommen. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die Vorschriften des AFS-Übereinkommens auch auf Schiffe unter der Flagge von Nichtvertragsparteien anzuwenden und dem betreffenden Schiff keine günstigere Behandlung zukommen zu lassen. Dieses System gewährleistet eine uniforme Handhabung des AFS-Übereinkommens und verhindert somit wirkungsvoll ökonomische Anreize, dem Übereinkommen nicht beizutreten. Die Erfahrung zeigt, dass es sogar im Interesse des Eigentümers liegt, die Flagge eines Vertragsstaates zu führen, da die Kontrollen dann weniger intensiv durchgeführt werden und daher zeitsparender sind.

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Art. 4 Die Vertragsstaaten haben laut Artikel 4 wirksame Massnahmen zu ergreifen, um die Verwendung schädlicher Bewuchsschutzsysteme zu verhindern. Bereits vor Inkrafttreten des Übereinkommens aufgetragene schädliche Anstriche müssen innert 60 Monaten oder bei der Erneuerung entfernt werden. Das Übereinkommen präzisiert die zu ergreifenden Massnahmen nicht. Den Mitgliedsstaaten steht somit offen, welche Massnahmen sie als geeignet erachten, um die Verwendung von verbotenen Bewuchsschutzsystemen zu unterbinden. Für die Schweiz besteht keine Notwendigkeit, neue Massnahmen im Sinne von Artikel 4 des Übereinkommens zu treffen. Mit Artikel 129a SSG existiert bereits eine Strafbestimmung, welche den Anforderungen an die Durchsetzung des Übereinkommens genügt. Danach wird mit Gefängnis oder Busse bestraft, wer Bestimmungen internationaler Übereinkommen dieses Gesetzes oder seiner Ausführungsverordnungen verletzt, indem er von einem schweizerischen Seeschiff aus feste, flüssige, gasförmige oder radioaktive Stoffe jeder Art ins Meer einbringt, die geeignet sind, das Meer, den Meeresgrund oder Meeresuntergrund zu verunreinigen.

Art. 5 Artikel 5 des Übereinkommens befasst sich mit den Abfällen, die aus dessen Anwendung resultieren. Naturgemäss fallen die Abfälle bei der Abtragung der giftigen Schutzanstriche in den Trockendocks an. Die Schweiz ist somit nicht betroffen und kann keine geeigneten Massnahmen treffen, um die zinnorganischen Verbindungen im Sinne von Anlage 1 auf umweltfreundliche Art und Weise unschädlich zu machen. Die Küstenstaaten sind hingegen zur Erarbeitung von Richtlinien verpflichtet, welche die Beseitigung der giftigen Stoffe regeln.

Art. 6 Das Verbot der Substanzen, die nicht mehr als Bewuchsschutzsystem verwendet werden dürfen, beschränkt sich bis dato auf zinnorganische Verbindungen gemäss Anlage 1 des Übereinkommens. Dies bedeutet nicht, dass in Zukunft nicht weitere Verbindungen eruiert werden, die ökologische Schäden verursachen. Artikel 6 beschreibt den Mechanismus, mit Hilfe dessen auf Vorschlag einer Vertragspartei weitere Verbindungen der Anlage 1 hinzugefügt werden können. Anlage 2 listet den Inhalt eines solchen Vorschlages auf. Sinn der Anlage 2 ist es, möglichst detailliert zu belegen, dass ein bestimmtes Bewuchsschutzsystem nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat. Zu
den Unterlagen gehören auch Belege, welche die Vermutung nahelegen, dass Bestandteile bei Konzentrationen, wie sie in der Umwelt wahrscheinlich auftreten, eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder nachteilige Auswirkungen auf Organismen ausserhalb ihres Zielspektrums haben.

Erachtet die IMO einen Vorschlag als schlüssig, informiert sie die anderen Vertragsparteien sowie die zuständigen Stellen der Vereinten Nationen. Der Meeresumweltausschuss der IMO berät den Vorschlag und entscheidet danach, ob weitere Nachforschungen angestellt werden. Dazu wird die Vertragspartei, welche den Vorschlag eingereicht hat, aufgefordert, einen umfassenden Vorschlag nach Massgabe der Anlage 3 des AFS-Übereinkommens einzureichen. Dieser wird von einer eigens dafür vom Meeresumweltausschuss eingesetzten Facharbeitsgruppe überprüft. Der daraus resultierende Bericht mitsamt einer Empfehlung wird allen involvierten Stellen zur Einsicht übermittelt. Der Meeresumweltausschuss entscheidet als 8670

zuständiges Gremium über eine Ergänzung der Anlage 1. Das Fehlen vollständiger Gewissheit nach wissenschaftlichen Kriterien darf kein Rechtfertigungsgrund zur Ablehnung der Aufnahme eines Bewuchsschutzsystems in Anlage 1 sein. Bei der Auszählung einer allfälligen Abstimmung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme dürfen nur die Voten der Vertragsparteien des AFS-Übereinkommens berücksichtigt werden.

Art. 9 Nach Artikel 9 sind der IMO Informationen zu den zuständigen Stellen zu übermitteln, welche kraft ihres Amtes oder von einer zuständigen Behörde dazu autorisiert wurden, im Zusammenhang mit der Beschränkung des Bewuchsschutzsystems im Sinne des AFS-Übereinkommens im Namen einer Vertragspartei tätig zu werden.

Für die Schweiz ist von Gesetzes wegen das EDA die zuständige Stelle für die unmittelbare Beaufsichtigung der Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge. Innerhalb der Organisation des EDA nimmt das Schweizerische Seeschifffahrtsamt diese Aufgabe gemäss Artikel 8 Absatz 1 SSG wahr.

Art. 10 Die Überprüfung der Seeschiffe unter der eigenen Flagge erfolgt durch jede Vertragspartei. Sie hat nach Artikel 10 des AFS-Übereinkommens Besichtigungen der Seeschiffe durchzuführen. Die Kontrolle der Seeschiffe ist nach Vorgabe von Anlage 4 des Übereinkommens durchzuführen. Sie wird von der zuständigen Organisationseinheit des Flaggenstaates oder von einer von ihr anerkannten Organisation vorgenommen.

Resultiert aus einer Kontrolle eines Seeschiffes, dass eine Konformität mit Anlage 4 Regel 1 gegeben ist, wird dem Seeschiff dies mittels eines internationalen Zeugnisses gemäss Musterbeispiel in Anhang 1 zur Anlage 4 bescheinigt. Das Zeugnis dient der Hafenstaatbehörde als Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des AFSÜbereinkommens. Diese hat laut Artikel 10 die Befugnis, auf ihrem Territorium die Übereinstimmung der Seeschiffe mit dem AFS-Übereinkommen zu überprüfen.

Einerseits prüft die Hafenstaatbehörde das Zeugnis, andererseits kann sie dem Bewuchsschutzsystem eine Probe entnehmen. Bei Verdacht darf sie das Schiff einer eingehenden Kontrolle unterziehen. Wird ein Verstoss gegen das AFS-Übereinkommen festgestellt, hat die Hafenstaatbehörde vier Handlungsoptionen: Verwarnung, Wegweisung, Verbot des Anlaufens weiterer Häfen und die Festhaltung.

Letztere ist die für den Reeder schwerwiegendste Massnahme,
da daraus hohe Ausfallkosten resultieren.

Art. 13 Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit wird gewahrt, indem Artikel 13 das unangemessene Auf- oder Festhalten eines Schiffes verbietet. Bei einer Zuwiderhandlung gegen das Gebot der Verhältnismässigkeit hat der Geschädigte Anspruch auf Schadenersatz. Ab wann ein Auf- oder Festhalten unangemessen ist, geht aus dem Übereinkommen nicht hervor. Die Gerichte werden darüber zu entscheiden haben. Der Vergleich mit anderen völkerrechtlichen Verträgen aus dem Bereich des Meeresumweltschutzes lässt aber den Schluss zu, dass eine Unangemessenheit vorliegt,

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wenn das Seeschiff nach zufriedenstellender Beseitigung der Mängel für eine weitere Zeitspanne festgehalten wird.

Für die Massnahmen, welche bei einem Verstoss zu ergreifen sind, ist der jeweilige Flaggenstaat zuständig. Die Hafenstaatbehörden setzen den Flaggenstaat nach Artikel 12 des AFS-Übereinkommens über jeden Verstoss in Kenntnis. Der Flaggenstaat ist verpflichtet, ein Strafverfahren einzuleiten, sofern eine ausreichende Beweismittelbasis vorliegt. Er informiert die Hafenstaatbehörde sowie die IMO über die von ihm eingeleiteten Schritte. Wie bereits zu den Ausführungen zu Artikel 4 des AFSÜbereinkommens festgehalten, würde die Schweiz in diesem Fall ein Strafverfahren gestützt auf Artikel 129a SSG einleiten.

Art. 16 Artikel 16 nimmt Bezug auf die unterschiedlichen Änderungsverfahren des Übereinkommenstexts sowie seiner vier Anlagen. Die Änderung der Anlage 1, die den Katalog von verbotenen Bewuchsschutzsystemen enthält, folgt einem eigenen Verfahren, wie bereits im Zusammenhang mit den Erläuterungen zu Artikel 6 des AFSÜbereinkommens erläutert wurde.

Was das Verfahren zur Änderung des Übereinkommens betrifft, so hat jede Vertragspartei die Möglichkeit, einen Antrag zuhanden des Generalsekretärs der IMO einzureichen. Spätestens sechs Monat vor der Prüfung des Vorschlages durch den Meeresumweltschutzausschuss der IMO ist der Antrag auf Änderung den übrigen Vertragsparteien sowie sämtlichen Mitgliedern der IMO zuzustellen. Obwohl alle Mitglieder der IMO an den Beratungen dieses Ausschusses gleichberechtigt teilhaben, bedarf es eines qualifizierten Mehrs von Zweidritteln der anwesenden Vertragsparteien, um einer Änderung zum Durchbruch zu verhelfen. Es gilt allerdings ein Mindestquorum von einem Drittel der Vertragsparteien, damit ein rechtsgültiger Beschluss zu Stande kommt.

Der vom Meeresumweltschutzausschuss angenommene Beschluss wird vom IMOGeneralsekretär den Vertragsparteien zur Annahme übermittelt. Die Änderung gilt als angenommen, wenn entweder Zweidrittel der Vertragsparteien dem Generalsekretär ihre Annahme notifizieren oder wenn innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten nicht mehr als ein Drittel dem Generalsekretär ihre Ablehnung mitgeteilt haben.

Für diejenigen Vertragsparteien, die einer Änderung eines Artikels zugestimmt haben, tritt diese binnen sechs Monaten, nachdem
die Zweidrittelmehrheit realisiert wurde, in Kraft. Vertragsstaaten, die dem Generalsekretär ihre Ablehnung mitgeteilt haben, sind davon nicht betroffen. Mittels Notifikation an den Generalsekretär können sie die Änderung später akzeptieren.

Eine zusätzliche Möglichkeit, um eine Änderung des AFS-Übereinkommens zu erwirken, bietet sich durch die Abhaltung einer Konferenz, die auf Antrag einer Partei und mit der Unterstützung von einem Drittel der Vertragsparteien durchgeführt werden kann. Eine Änderung im Rahmen einer Konferenz erfolgt ebenfalls mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Vertragsparteien. Das Prozedere verläuft im Anschluss identisch wie bei einer Änderung, die anlässlich einer Sitzung des Meeresumweltschutzausschusses angenommen wurde.

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Art. 18 Nach Artikel 18 tritt das Übereinkommen zwölf Monate nach dem Tag in Kraft, an dem mindestens 25 Staaten, die vereint 25 Prozent des Bruttoraumgehalts aufweisen, die Ratifikationsurkunde hinterlegt haben. Die Inkrafttretensvoraussetzungen wurden am 17. September 2008 erreicht. In der Zwischenzeit sind 51 Nationen dem AFS-Übereinkommen beigetreten. Für Staaten, welche das Übereinkommen nach dem Inkrafttreten ratifizieren oder ihm beitreten, tritt es drei Monate nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde in Kraft.

2.5

Seeschifffahrtsgesetz

Ingress Der Ingress verweist noch auf die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV). Er wird deshalb an die Bestimmungen der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) angepasst. Den Artikeln 24ter, 64 und 64bis aBV entsprechen die Artikel 87, 122 und 123 der geltenden BV.

Art. 4a Von der Bundesversammlung nicht genehmigt werden müssen Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 166 Abs. 2 BV). Dieser kann gemäss Artikel 7a Absatz 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199721 völkerrechtliche Verträge selbstständig abschliessen und ändern, soweit er durch ein Bundesgesetz oder einen von der Bundesversammlung genehmigten völkerrechtlichen Vertrag dazu ermächtigt ist. Der neue Artikel 4a SSG stellt eine solche gesetzliche Delegation der Vertragsabschlusskompetenz an den Bundesrat dar.

Die Kompetenz des Bundesrates zur Genehmigung internationaler Verträge soll dabei begrenzt werden auf die unter Ziffer 1.5.2 genannten Kernkompetenzen der IMO.

3

Auswirkungen

3.1

Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens

Mit dem Beitritt zu Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens entstehen der Schweiz weder Kosten noch hat er personelle Folgen. Die zusätzlichen Überprüfungskosten durch die Klassifikationsgesellschaften werden von den Reedern getragen.

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SR 172.010

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3.2

Bunkeröl-Übereinkommen

Mit dem Beitritt zum Bunkeröl-Übereinkommen entstehen der Schweiz weder Kosten noch hat er personelle Folgen. Die zusätzlichen Überprüfungskosten durch die Klassifikationsgesellschaften werden von den Reedern getragen.

3.3

Ballastwasser-Übereinkommen

Mit dem Beitritt zum Ballastwasser-Übereinkommen entstehen der Schweiz weder Kosten noch hat er personelle Folgen. Die zusätzlichen Überprüfungsaufgaben durch die Klassifikationsgesellschaften werden von den Reedern getragen.

3.4

AFS-Übereinkommen

Mit dem Beitritt zum AFS-Übereinkommen entstehen der Schweiz weder Kosten noch hat er personelle Auswirkungen. Die zusätzlichen Überprüfungsaufgaben durch die Klassifikationsgesellschaften werden von den Reedern getragen.

3.5

Seeschifffahrtsgesetz

3.5.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge, die unter den Anwendungsbereich von Artikel 4a fallen, wird neu durch den Bundesrat erfolgen. Dem Bund entstehen dadurch weder direkte Mehrkosten noch indirekte Folgekosten. Die Verlagerung der Genehmigung völkerrechtlicher Verträge an den Bundesrat entlastet die Verwaltung und das Parlament. Der Personalbestand der zuständigen Dienststelle wird durch die Vorlage nicht tangiert, weil die angestrebte Entlastung durch die zusätzlichen Kontroll- und Vollzugsaufgaben kompensiert wird.

3.5.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Kantone und die Gemeinden. Auf eine Vernehmlassung wurde deshalb verzichtet.

3.5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die zunehmende legislative Tätigkeit der IMO soll nicht dazu führen, dass die Tätigkeit schweizerischer Reedereien leidet. Die schweizerischen Reeder befürworten daher eine möglichst rasche Ratifizierung sämtlicher relevanten Übereinkommen der IMO.

Die schweizerischen Reedereien profitieren von einer raschen Ratifizierung maritimer Übereinkommen. Das Zeitmanagement ist bei den Kunden der Reeder, den Spediteuren, ein zentrales Anliegen. Der Reeder ist darauf angewiesen, dass beim 8674

Löschen und Laden der Ware möglichst keine Verzögerungen auftreten. Der Spediteur muss im Interesse seiner eigenen Kundschaft einen verlässlichen Befrachter verpflichten. Ist die Lieferkette unzuverlässig, wirkt sich das auf alle betroffenen Geschäftsbeziehungen aus.

Die Behörden eines Hafenstaates sind neben dem Flaggenstaat und dessen Bevollmächtigten die einzige Instanz, welche regelmässig auf den Schiffen Kontrollen im Hinblick auf die Einhaltung internationaler Vorschriften durchführen. Sie sind jeweils darüber informiert, welche Länder welche maritimen Übereinkommen ratifiziert haben. Die Erfahrung der Reeder zeigt, dass die Inspektoren der Hafenstaatbehörden jeweils eine ausführlichere Kontrolle in Bereichen durchführen, bei denen der Flaggenstaat das entsprechende Übereinkommen nicht ratifiziert hat. Die Inspektion eines Schiffes eines Flaggenstaates, der das entsprechende Übereinkommen nicht ratifiziert hat, dauert somit vergleichsweise länger. Eine rasche Annahme entsprechender Bestimmungen im maritimen Bereich ist somit von grossem Interesse für die schweizerischen Seereedereien.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlagen sind weder in der Botschaft vom 25. Januar 201222 über die Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201223 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt worden.

Die Aktualität des Umweltschutzes im Jubiläumsjahr von Rio 2000, zu welchem der Meeresumweltschutz zu zählen ist, und die Vorteile, welche die Schweizer Reeder aus der Ratifikation dieser Vorlagen ziehen, rechtfertigen eine Antizipation der Ratifikation der Übereinkommen.

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Rechtliche Aspekte

5.1

Bundesbeschluss

5.1.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 ParlG; Art. 7a Abs. 1 RVOG). Im vorliegenden Fall verfügt der Bundesrat über keine entsprechende Kompetenz.

22 23

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

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5.1.2

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generellabstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Die vorliegenden völkerrechtlichen Vereinbarungen auferlegen Eigentümerinnen und Eigentümern von Seeschiffen zusätzliche Aufgaben. Diese müssen Investitionen tätigen, um die Vorgaben der internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Die Flaggenstaatbehörden werden ihrerseits beauftragt, entsprechende Kontrollen durchzuführen. Die Gesamtheit dieser Bestimmungen wären in ein formelles Bundesgesetz zu kleiden, würden sie auf innerstaatlicher Ebene angenommen.

Der Bundebeschluss über die Genehmigung der Anlage VI zum Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung von Meeresverschmutzungen durch Schiffe sowie von drei Seeschifffahrts-Übereinkommen im Bereich des Gewässerschutzes ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

5.2

Änderung des Schifffahrtsgesetzes

5.2.1

Verfassungsmässigkeit

Gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV kann der Gesetzgeber die Befugnis zum Abschluss von Staatsverträgen an den Bundesrat delegieren. Das geltende Bundesrecht kennt eine grosse Anzahl solcher Delegationsklauseln. Zweck der Übertragung der Vertragsabschlusskompetenz an den Bundesrat ist es, die Bundesversammlung von einer Vielzahl von Genehmigungsverfahren zu entlasten, die einen bestimmten Themenkomplex oft technischer Natur betreffen und sich materiell auf ein klar abgegrenztes Gebiet beschränken24. Sofern die entsprechende Norm ausreichend bestimmt ist und den Kreis der zu delegierenden Übereinkommen mit genügender Präzision umreisst, ist die Delegation der Kompetenz zum Abschluss solcher Verträge an den Bundesrat in einem formellen Gesetz, das seinerseits dem fakultativen Referendum untersteht, zulässig. Entsprechende Delegationsnormen bestehen bereits in verschiedenen Bundesgesetzen.25 Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV sind auch Änderungen von Bundesgesetzen dem fakultativen Referendum unterstellt.

Der Bundesrat wird dem Parlament gestützt auf Artikel 48a Absatz 2 RVOG jährlich über die in Anwendung der Delegationsnorm abgeschlossenen Verträge Bericht erstatten.

24 25

BBl 2001 4698 Z.B. in Art. 5 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1999 über Meteorologie und Klimatologie (SR 429.1) oder in Art. 16j des Forschungs- und Innovationsförderungsgesetzes vom 7. Oktober 1983 (SR 420.1).

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