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99.035 Botschaft betreffend das Gemeinsame Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente.

und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle vom 31. März 1999

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend das Gemeinsame Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

31. März 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Ruth Dreiftiss Der Bundeskanzler: François Couchepin

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1999-89

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Übersicht Das Gemeinsame .Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle vom 5. September 1997 (Gemeinsames Übereinkommen) knüpft an das von der Schweiz am 12. September 1996 ratifizierte Übereinkommen vorn 20. September 1994 über die nukleare Sicherheit an. Darin sind die radioaktiven Abfälle ausgeklammert worden, wobei es als not\vendig erachtet wurde, für diese Abfälle eine gesonderte völkerrechtliche Regelung zu treffen.

Bereits 1991 hat die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) auf Wunsch der Mitgliedstaaten das RADWASS-Programm (Radioactive Waste Safety Standards) in Angriff genommen mit dem Ziel, Prinzipien und Normen für den sicheren Umgang mit radioaktiven Abfallen festzulegen und entsprechende Richtlinien zu verfassen. Da solche Richtlinien völkerrechtlich unverbindlich sind, wurde von 1995 bis 1997 unter der Schirmherrschaft der IAEO das Gemeinsame Übereinkommen erarbeitet und am 29. September 1997 zur Unterschrift aufgelegt. Die Schweiz hat es gleichentags unter Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet.

Der Anwendungsbereich dieses Übereinkommens erstreckt sich auf abgebrannte Brennelemente, radioaktive Abfälle und ausgediente geschlossene Strahlenquellen, die grenzüberschreitende Verbringung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen sowie die geplante und kontrollierte Freisetzung flüssiger und gasförmiger radioaktiver Stoffe aus nuklearen Anlagen in die Umwelt. Innerhalb von Militär- und Verteidigungsprogrammen gilt es für abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle, sofern diese von der betroffenen Vertragspartei dem Anwendungsbereich des Gemeinsamen Übereinkommens unterstellt werden.

Ziele des Gemeinsamen Übereinkommens sind die Erreichung und Beibehaltung eines welt\veit hohen Sicherheitsstandes bei der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, die Gewährleistung wirksamer Abwehrvorkehrungen gegen eine mögliche Gefährdung während deren Behandlung und die Verhütung von Unfällen mit strahlungsbedingten Folgen. Das Gemeinsame Übereinkommen enthält im Wesentlichen Verpflichtungen in drei Bereichen: -

Aufnahme von technischen Vorschriften (Art. 4-28) in nationales Recht;

-

Berichterstattung über die Umsetzung der Vorschriften im Rahmen von Tagungen (Art. 29-37);

-

Nachbesserung von Anlagen, die den Anforderungen dieses Übereinkommens nicht entsprechen (Art. 5 und 12).

Das vorliegende Übereinkommen schafft für den Urngang mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen erstmals völkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen zur Umsetzung international anerkannter technischer Vorschriften in nationales Recht. Es stellt damit einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur internationalen Harmonisierung der Sicherheit im Bereich der nuklearen Entsorgung dar.

Die Schweiz verfugt im Wesentlichen über die erforderlichen gesetzlichen Regelun-

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* gen und verwaltungsmässigen Strukturen, die zur Umsetzung des Gemeinsamen Übereinkommens und zur Einhaltung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen nötig sind. Nur wenige Punkte sind heute noch nicht gesetzlich geregelt und werden im Rahmen der Totalrevision der Atomgesetzgebung zu berücksichtigen sein. Die Schweiz kann das Gemeinsame Übereinkommen aber trotzdem ratifizieren.

Ziel dieses Übereinkommens ist es nämlich, die Vertragsparteien zu "konventiönskonformem Verhalten anzuspornen. Verbindlich sind einzig die Teilnahme an de.n Tagungen und das Erstellen des Staatenberichts; darin informieren die Vertragsparteien über den aktuellen Stand, zeigen Lücken auf und beschreiben die getroffenen und noch zu treffenden Massnahmen im Hinblick auf die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Gemeinsamen Übereinkommen. Diese Berichte werden an den Überprüfungstagungen erörtert.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

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Ausgangslage

Das Gemeinsame Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle vom 5. September 1997 (Gemeinsames Übereinkommen) entstand im Rahmen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Es geht insbesondere auf das Übereinkommen vom 20. September 1994 über die nukleare Sicherheit (Nulcear Safety Convention, NSC) zurück, das die Verbesserung der nuklearen Sicherheit von zivilen Kernkraftwerken zum Ziel hat. Die Schweiz hat die NSC am 31. Oktober 1995 unterzeichnet und am 12. September 1996 ratifiziert. Darin wurden jedoch radioaktive Abfälle mit der Absicht ausgeklammert, für diese eine gesonderte völkerrechtliche Regelung zu treffen. In der Präambel der NSC wurde deshalb die Notwendigkeit bekräftigt, mit der Ausarbeitung eines internationalen Übereinkommens über die Sicherheit im Umgang mit radioaktiven Abfallen zu beginnen, sobald international akzeptierte Sicherheitsgrundlagen vorliegen. Bereits 1991 hatte die IAEO auf Wunsch der Mitgliederstaaten das RADWASS-Programm (Radioactive Waste Safety Standards) in Angriff genommen mit dem Ziel, Prinzipien und Normen für den sicheren Umgang mit radioaktiven Abfällen festzulegen und entsprechende Richtlinien zu verfassen. Diese Richtlinien und Anforderungen liegen heute vor, sind jedoch völkerrechtlich unverbindlich.

Am 23. September 1994 hat die Generalkonferenz der IAEO den Gouverneursrat und den Generaldirektor mit einer Resolution eingeladen, ein Übereinkommen zur Sicherstellung einer sicheren Entsorgung der radioaktiven Abfälle auszuarbeiten. In der Folge wurde eine Expertengruppe eingesetzt, die unter der Leitung von Prof.

Alee Jean Baer, ehemaliger stellvertretender Direktor des Bundesamtes für Energie, einen Textentwurf ausarbeitete. Im April 1997 legte die Expertengruppe den Entwurf für das Gemeinsame Übereinkommen vor. Sie empfahl, eine diplomatische Konferenz einzuberufen, die den erarbeiteten Konventionstext verabschieden sollte.

Vertreter von 82 Staaten nahmen vom 1. bis 5. September 1997 an dieser diplomatischen Konferenz bei der IAEO in Wien teil und verabschieden die englische Version dés vorliegenden Textes. Am 29. September 1997, anlässlich der 41. Ordentlichen Generalversammlung der IAEO, wurde das Gemeinsame Übereinkommen zur Unterschrift aufgelegt
und gleichentags von der Schweiz unter Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet. Bisher haben 36 Staaten das Gemeinsame Übereinkommen unterzeichnet, und von vier Staaten wurde es ratifiziert (Stand 6. Oktober 1998).

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Verhandlungsverlauf

Von Beginn ihrer Tätigkeit an war sich die Expertengruppe im Wesentlichen einig, dass die im Juni 1994 verabschiedete NSC für die Erarbeitung des neuen Übereinkommens als Modell dienen sollte. Die beiden IAEO-Dokumente «The Principles of Radioactive Waste^Management (Safety Fundamentals)» und «Establishing a National System for Radioactive Waste Management (Safety Standard)» wurden als gutes Grundlagenmaterial zur Ausarbeitung eines Entwurfs betrachtet.

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Als Randbedingung hielt die Expertengruppe fest, das neue Übereinkommen sollte die Vertragsstaaten zu konventionskonformem Verhalten anspornen. Es sollte sich um ein geschlossenes Instrument handeln, das alle Fragen im Bereich der Sicherheit im Umgang mit radioaktiven Abfällen abdeckt, ohne aber zu viele technische Einzelfragen zu regeln. Es sollte zudem möglichst alle Arten von radioaktiven Abfällen, unabhängig von deren Herkunft, erfassen.

Als besonders schwieriger Punkt erwies sich im Verlaufe der Verhandlungen die Frage der Aufnahme abgebrannter Brennelemente in das Übereinkommen. Während in manchen Staaten abgebrannte Brennelemente als Abfälle gelten, werden sie in anderen als Ressource betrachtet und deshalb nicht als Abfalle bezeichnet. Diese Staaten widersetzten sich daher gegen die Aufnahme von abgebrannten Brennelementen in eine Abfallkonvention, indem sie auf deren Rezyklierung in der Wiederaufarbeitung hinwiesen. Nach langen Verhandlungen einigte sich die Expetfenrunde schliesslich darauf, abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle zwar im selben Übereinkommen, jedoch in getrennten- Kapiteln, zu erfassen. Wiederaufarbeitungsanlagen werden nur erfasst, wenn der Staat, in dem wiedefaufgearbeitet wird, sich freiwillig dazu verpflichtet. In England, Frankreich und Japan werden solche Anlagen betrieben. Sie haben an der diplomatischen Konferenz erklärt, sich dafür verpflichten zu wollen.

Ein weiterer lange diskutierter Punkt betraf abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfalle aus dem militärischen Bereich. Viele Staaten plädierten dafür, diese in geeigneter Weise zu berücksichtigen. Die fünf Nuklearwaffenstaaten beharrten jedoch auf ihrem Standpunkt, abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfalle aus Militär- und Verteidigungsprogrammen auf freiwilliger Basis dem Übereinkommen zu unterstellen. Ein entsprechender-Vorschlag wurde schlussendlich im Übeinkommen aufgenommen.

Geteilte Meinungen gingen auch dem Beschluss voraus, Bestimmungen für Ableitungen, d.h. für die geplante und kontrollierte Freisetzung von flüssigen oder gasförmigen radioaktiven Stoffen in die Umwelt, sowie für die grenzüberschreitende Verbringung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen im Gemeinsamen Übereinkommen aufzunehmen.

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Würdigung

Vor dem Gemeinsamen Übereinkommen bestanden keine völkerrechtlich verbindlichen Sicherheitsstandards .für den Umgang mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen. Damit werden in diesem Bereich erstmals im weltweiten Rahmen völkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen geschaffen, international anerkannte technische Vorschriften 'in nationales Recht umzusetzen und Anlagen, die dem Gemeinsamen Übereinkommen nicht entsprechen, nachzubessern. Das vorliegende Übereinkommen stellt daher einen bedeutenden Fortschritt im Hinblick auf die Kodifizierung allgemeiner Sicherheitsgrundsätze dar. Obschon das Gemeinsame 'Übereinkommen lediglich allgemeine Grundsätze enthält, stellt es einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Festlegung und Vereinheitlichung zwingender materieller Bestimmungen für den Umgang mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen dar.

Die Einhaltung der Verpflichtungen wjrd an periodisch stattfindenden Tagungen überprüft. Die Vertragsparteien müssen Berichte über die Umsetzung des Gemein4413

samen Übereinkommens erstellen und an diesen Tagungen vorlegen. Sie sind zudem verpflichtet, an den Überprüfungstagungen teilzunehmen. Der gegenseitige Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die Publikation der Ergebnisse der Überprüfung fuhren mittelfristig zu einer Angleichung der Sicherheitsanforderungen und somit zu einer erhöhten Sicherheit bei der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Durch diese Kont'rolle können Staaten, bei denen ein Sicherheitsdefizit festgestellt wird, veranlasst werden, die Sicherheit im Entsorgungsbereich zu erhöhen.

Die Schweiz verfügt bereits heute im Wesentlichen über die erforderlichen gesetzlichen Regelungen und verwaltungsmässigen Strukturen, die zur Umsetzung des Gemeinsamen Übereinkommens und zur Einhaltung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen nötig sind. Die Umsetzung der technischen Vorschriften ist mit der schweizerischen Atom- und Strahlenschutzgesetzgebung weitgehend erfüllt. Wichtige Bestandteile sind das mehrstufige Bewilligungsverfahren, die öffentliche Auflage von Gesuchsunterlagen und die schrittweise Freigabe von Bau- und Betriebstätigkeiten durch die Sicherheitsbehörden, sofern die in den Bewilligungen gestellten Anforderungen und Bedingungen erfüllt werden. Nur wenige Punkte des Gemeinsamen Übereinkommens sind heute in der Schweiz noch nicht gesetzlich geregelt und werden im Rahmen der Totalrevision der Atomgesetzgebung zu berücksichtigen sein. Wir verweisen dazu auf den Kommentar zu den einzelnen Bestimmungen. Da es sich dabei nicht um materielle Fragen handelt, werden mit der Ratifikation des Gemeinsamen Übereinkommens keine Präjudizien für die Totalrevision der Atomgesetzgebung geschaffen. So bleiben z. B. Entscheide betreffend das Konzept zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle oder die Wiederaufarbeitung davon unberührt.

Hingegen wird in einem neuen Kernenergiegesetz u. a. die Stilliegung detaillierter zu regeln sein.

Die einzigen bindenden Verpflichtungen betreffen die Teilnahme an den Tagungen und das Erstellen des Staatenberichts; darin informieren die Vertragsparteien über den aktuellen Stand, zeigen Lücken auf und beschreiben die getroffenen und noch zu treffenden Massnahmen im Hinblick auf die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Gemeinsamen Übereinkommen. Diese Berichte werden an Überprüfungstagungen
erörtert. Durch einen Vergleich und eine Anpassung der Standards in den Vertragsparteien wird schlussendlich die Sicherheit weltweit erhöht.

Die Schweiz kann somit das Gemeinsame Übereinkommen bereits heute ratifizieren.

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Besonderer Teil

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Einleitung

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Gliederung

Die Gliederung des Gemeinsamen Übereinkommens entspricht jener anderer internationaler Übereinkommen. Nach der Präambel enthält Kapitel l die Ziele, die Begriffsbestimmungen sowie den Anwendungsbereich. Kapitel 2 und 3 enthalten die' Bestimmungen bezüglich der Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Kapitel 4 legt'die allgemeinen Sicherheitsbestimmungen fest. Kapitel 5 regelt die grenzüberschreitende Verbringung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen und den Umgang mit ausgedienten geschlossenen Quellen. Kapitel 6 beinhaltet die Berichterstattung über die

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getroffenen Massnahmen und dient damit dazu, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu überprüfen, Kapitel 7 enthält die Schlussklauseln und sonstigen Bestimmungen. Kapitel 2 bis 5 bilden das Kernstück des Gemeinsamen Übereinkommens.

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Ziele und Inhalt

Das Gemeinsame Übereinkommen basiert auf grundlegenden Sicherheitsprinzipien der IAEO. Es verlangt von den Vertragsparteien nicht die Anwendung konkreter Sicherheitsnormen, sondern die Beachtung grundsätzlicher Sicherheitsregeln. Die Ziele des Gemeinsamen Übereinkommens sind: -

Erreichen und Beibehalten eines weltweit hohen Sicherheitsstandes bei der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle durch Verbesserung innerstaatlicher Maßnahmen und internationaler Zusammenarbeit, gegebenenfalls einschließlich sicherheitsbezogener technischer Zusammenarbeit; Gewährleisten -wirksamer Abwehrvorkehrungen gegen eine mögliche Gefährdung in allen Stufen der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, um den einzelnen, die -Gesellschaft und die Umwelt heute und in Zukunft vor schädlichen Auswirkungen ionisierender Strahlung zu schützen, und dies in einer Weise, daß die Bedürfnisse und Wünsche der heutigen Generation erfüllt werden, ohne daß die Fähigkeit künftiger Generationen, die eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen, aufs Spiel gesetzt wird; Verhüten von Unfällen mit strahlungsbedingten Folgen und Mildern solcher · Folgen, falls sie in irgendeiner Stufe der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfalle eintreten.

Konkret verlangt das Gemeinsame Übereinkommen: -

Geeignete Massnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt vor strahlungsbedingter Gefährdung;

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Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit bei Standortwahl, Auslegung, Bau, Betrieb und Stillegung von Anlagen; '

- · Bestimmungen für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle; Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug; -

geeignete und unabhängige staatliche Stellen, welche die sichere Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfalle sicherstellen; "Sicherstellen von personellen undfinanziellenRessourcen; Qualitätssicherungsmassnahmen und Strahlenschutz während des Betriebs; Vorbereiten von Notfallplänen; Bedingungen für die grenzüberschreitende Verbringung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen und den Umgang mit ausgedienten geschlossenen Quellen.

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Im Wesentlichen bestehen Verpflichtungen in drei Bereichen: ·

Die Aufnahme von technischen 'Vorschriften (Art. 4-28} in nationales Recht; die Berichterstattung über die Umsetzung der Vorschriften im Rahmen von Tagungen (Art. 29-37); eine Nachbesserung von Anlagen, die den Anforderungen dieses Übereinkommens nicht entsprechen (Art. 5 und 12).

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Anwendungsbereich

Das Gemeinsame Übereinkommen bildet zusammen mit dem Übereinkommen über nukleare Sicherheit ein Paket, das zur sicheren Nutzung der Kernenergie und zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen von der Urananreicherung bis zur Entsorgung beiträgt. Der Anwendungsbereich des Gemeinsamen Übereinkommens erstreckt sich auf die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfalle, auf ausgediente geschlossene Strahlungsquellen, die grenzüberschreitende Verbringung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen sowie Ableitungen radioaktiver Stoffe aus nuklearen Anlagen. Das Gemeinsame Übereinkommen unterscheidet zwischen der Behandlung abgebrannter Brennelemente und der Behandlung radioaktiver Abfalle. Während die Behandlung abgebrannter Brennelemente lediglich ihre Handhabung und Lagerung umfasst, betrifft die Behandlung radioaktiver Abfälle sämtliche Tätigkeiten, die mit der Handhabung, Konditionierung, Lagerung und Endlagerung dieser Abfälle zusammenhängen. Dazu gehört auch die Stillegung ausgedienter Kernanlagen. Das Gemeinsame Übereinkommen enthält keine Regelungen für abgebrannte Brennelemente, 'die sich im Rahmen einer Wiederaufarbeitungstätigkeit in Wiederaufarbeitungsanlagen befinden, sofern die Vertragspartei nicht freiwillig die Wiederaufarbeitung zu einem Teil der Behandlung abgebrannter Brennelemente erklärt. Bei den Bestimmungen betreffend die grenzüberschreitende Verbringung geht es insbesondere um die Verhinderung eines unkontrollierten Imports oder Exports von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven .Abfällen in Staaten ohne erforderliches «Know-how» für einen- sicheren Umgang mit diesen Materialien sowie um den Schutz der Antarktis. Damit wird die Lücke, welche das Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung (Basler Übereinkommen) (SR 0.814.05) offen Hess, geschlossen. Das Basler Übereinkommen hat die konventionellen Abfälle zum Inhalt und schliesst Abfälle aus, die auf Grund ihrer Radioaktivität gefährlich sind und anderen internationalen Kontrollen unterliegen. Entsprechend sind im Anhang des Basler Übereinkommens «radioaktive Abfälle» und die UN-Klasse 7 «Radioaktive Stoffe» nicht aufgeführt.

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Kommentar zu den einzelnen Bestimmungen ·

Präambel

In Form allgemeiner Erklärungen enthält die Präambel die Beweggründe, die zum Gemeinsamen Übereinkommen geführt haben, sowie weitere Feststellungen, welche

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für die Auslegung der materiellen Bestimmungen wichtig sein können. Basierend auf der Erkenntnis, dass heute aus dem Betrieb von Kernkraftwerken und bei anderen kerntechnischen Anwendungen abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfalle entstehen, ist weltweit die Sicherheit bei deren Behandlung zu gewährleisten und die Öffentlichkeit über Fragen der Sicherheit aufzuklären. Die Vertragsparteien anerkennen dabei die speziellen Bedürfnisse von Entwicklungsländern und Staaten, deren Wirtschaftssysteme sich im Übergang befinden, und die deshalb zu unterstützen sind. Abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle, die als Bestandteil von Militär- oder Verteidigungsprogrammen von.diesem Übereinkommen ausgenommen sind, sollten dennoch im Einklang mit den Zielen dieses Übereinkommens behandelt werden.

Die Verantwortung für die 'Gewährleistung der Sicherheit liegt beim jeweiligen Staat. Dieser legt seine Brennstoffkreislaufpolitik fest und hat das Recht, die Einfuhr von ausländischen abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen zu verbieten. Am Grundsatz der Entsorgung im Entstehungsland wird festgehalten. Die Vertragsparteien anerkennen jedoch, dass unter bestimmten Umständen die sichere und effiziente Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle durch Vereinbarungen zwischen Vertragsparteien zur Nutzung einer gemeinsamen Anlage gefördert werden könnte.

Schliesslich wird in der Präambel auf verschiedene Übereinkommen, Grundsätze und Normen betreffend die Sicherheit, den Strâhlenschutz und den Transport verwiesen und anerkannt, dass eine Stärkung des internationalen Kontrollsystems wünschenswert ist.

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Kapitel 1: Ziele, Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

Die Artikel 1-3 erläutern die Ziele, die verwendeten Begriffe sowie den Anwendungsbereich des Gemeinsamen Übereinkommens.

Art, l Ziele Die drei Hauptziele des Gemeinsamen Übereinkommens sind:

die Erreichung und Beibehaltung eines hqhen Sicherheitsstandes;

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der nachhaltige Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen Auswirkungen durch ionisierende Strahlung während allen Stufen der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle; die Verhütung von Unfällen mit strahlenbedingten Folgen bzw. die Milderung allfälliger Folgen aus derartigen Unfällen.

Art. 2 Begriffsbestimmungen ·Artikel 2 enhält eine Reihe von Definitionen.

Das Gemeinsame Übereinkommen erfasst Anlagen zur Behandlung abgebrannter Brennelemente (Bst. c) und Anlagen zur Behandlung radioaktiver Abfälle (Bst. d) während der Betriebsdauer (Bst. k). Spitäler, Forschungsanstalten und Industriebetriebe, deren Hauptzweck nicht die Behandlung abgebrannter Brennelemente und

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radioaktiver Abfälle ist, fallen gemäss Definition nicht in den Anwendungsbereich des Gemeinsamen Übereinkommens. Die Konditionierungsanlagen und Zwischenlager des Paul Scherrer Instituts (PSI) dienen hingegen der Behandlung radioaktiver Abfälle und unterliegen somit diesem Übereinkommen.

Die Behandlung abgebrannter Brennelemente (Est. e) umfasst die Handhabung und die Lagerung im Sinne der Zwischenlagerung, Die Behandlung radioaktiver Abfälle (Est. f) beinhaltet zusätzlich die Konditionierung und Endlagerung sowie die Stilllegung ausgedienter Kernanlagen. Die Behandlung schliesst Ableitungen, d. h. die geplante und kontrollierte Freisetzung flüssiger oder gasförmiger radioaktiver Stoffe in die Umwelt, ein (vgl. Bst. b).

Gemäss Definition fällt der Transport ausserhalb der Anlagen explizit nicht unter Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Die dafür notwendigen Sicherheitsanforderungen sind in spezifischen technischen Richtlinien, die in internationales und nationales Recht übernommen wurden, festgehalten und sind deshalb nicht Bestandteil dieses Übereinkommens.

Das Gemeinsame Übereinkommen findet demnach Anwendung auf Zwischen- und Endlager sowie auf Anlagen zur Konditionierung von abgebrannen Brennelementen und radioaktiven Abfällen. Nicht darunter fallen Kernkraftwerke, einschliesslich Lagerungs-, Handhabungs- und Bearbeitungseinrichtigungen, die sich auf demselben Gelände befinden und mit dem Betrieb des Kernkraftwerks unmittelbar zusammenhängen (eine Ausnahme bildet das Zwischenlager auf dem Areal des Kernkraftwerks Beznau, ZWIBEZ; vgl. Art. 5 und 12). Diese werden vom Übereinkommen über die nukleare Sicherheit erfasst, bis alle Brennelemente endgültig aus dem Reaktorkern entfernt worden sind und die staatliche Stelle einem Stilllegungsprogramm zugestimmt hat. Als kerntechnische Anlage (Bst. m) unterliegt eine Anlage, auch ein Kernkraftwerk, während der Stilllegung dem Gemeinsamen Übereinkommen. Die Vertragsparteien sind nach Artikel 32 verpflichtet, für die Berichterstattung eine Liste der kerntechnischen Anlagen, die sich in Stilliegung befinden, zu erstellen und über den Stand der Stilllegungsarbeiten zu informieren.

Als Materialien werden vom Gemeinsamen Übereinkommen erfasst: abgebrannte Brennelemente (Bst. a); radioaktive Abfälle (Bst. o); geschlossene Quellen (Bst. r); -

Ableitungen (Bst. b).

Folgende Tätigkeiten werden definiert: -

Endlagerung (Bst. i); Lagerung (Bst. n);

-

Stilllegung (Bst. q); Verschluss (Bst. t); Wiederaufarbeitung (Bst. u).

Bezüglich grenzüberschreitende Verbringung (Art. 27) werden folgende Begriffe definiert: grenzüberschreitende Verbringung (Bst. 1); - · Ursprungsstaat (Bst. s);

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· -

Durchfuhrstaat (Est. h); Bestimmungsstaat (Bst. g).

Gemäss internationalen Abkommen ist ein Staat Durchfuhrstaat, wenn die Verbringung durch dessen Hoheitsgebiet geplant ist oder stattfindet. Nicht erfasst werden Transporte durch internationale Gewässer und durch den internationalen Luftraum.

Die Genehmigung (Bst. j) umfasst jede einer Gesuchstellerin oder einem Gesuchsteller von der staatlichen Stelle erteilte Bewilligung oder Freigabe zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle. Bei der staatlichen Stelle (Bst. p) kann es sich für jede Vertragspartei um eine oder mehrere Stellen handeln, welche die Kompetenz haben, entsprechende Vorschriften aufzustellen und die notwendigen Bewilligungen und Freigaben zu erteilen.

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Art. 3

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Anwendungsbereich

· Nach Absatz l ist die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente aus dem Betrieb ziviler Kernreaktoren Gegenstand dieses Übereinkommens. Abgebrannte Brennelemente aus zivilen Kernreaktoren, die sich im Rahmen einer Wiederaufarbeitungstätigkeit in Wiederaufarbeitungsanlagen befinden, werden nur erfasst, wenn die entsprechende Vertragspartei die Wiederaufarbeitung zu einem Teil der Behandlung abgebrannter Brennelemente nach Artikel 2 Buchstabe e erklärt.

Das Gemeinsame Übereinkommen hat nach Absatz 2 die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle aus zivilen Anwendungen zum Inhalt. Abfälle, die nur natürlich vorkommende radioaktive Stoffe enthalten und nicht aus dem Kernbrennstoffkreislauf stammen, sind ausgeklammert. Sie werden jedoch vom Gemeinsamen Übereinkommen erfasst, wenn sie von der Vertragspartei zu radioaktiven Abfällen im Sinne dieses Übereinkommens erklärt werden oder wenn es sich um eine ausgediente geschlossene Quelle handelt.

Gemäss Absatz 3 fällt die Behandlung von abgebrannten Brennelementen und ra-' dioaktiven Abfällen, die Bestandteil von Militär- oder Verteidigungsprogrammen sind, nicht in den Geltungsbereich des Gemeinsamen Übereinkommens. Sie werden von diesem Übereinkommen erfasst, wenn sie von der Vertragspartei zu Brennelementen oder radioaktiven Abfällen im Sinne dieses Übereinkommens erklärt werden oder wenn sie dauerhaft in ausschliesslich zivile Programme überführt wurden und dort behandelt werden.

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Nach Absatz 4 gelten für Ableitungen die Artikel 4, 7, 11, 14, 24 und 26 des Gemeinsamen Übereinkommens. Damit sind bei der im Rahmen der Strahlenschutzgesetzgebung erlaubten geplanten und kontrollierten Freisetzung flüssiger oder gasförmiger radioaktiver Stoffe in die Umwelt die allgemeinen Sicherheitsanforderungen der Artikel 4 und 11 anzuwenden. Diese Anforderungen sind bereits bei Auslegung und Bau der Anlagen und danach während dem Betrieb und der Stilllegung zu berücksichtigen.

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Kapitel 2: Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente

Die Artikel 4-10 enthalten die besonderen Regelungen, die für die Sicherheit der abgebrannten Brennelemente relevant sind.

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Art. 4 AHgemeìne.Sìcherheitsanforderungen Zum Schutze des Einzelnen, der Gesellschaft und der Umwelt müssen die Vertragsparteien folgenden Kriterien Rechnung tragen:

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Berücksichtigung der Kritikalität und der Abführung der Restwärme; Beschränkung der Erzeugung von radioaktiven Abfallen im Rahmen des gewählten Brennstoffkreislaufes auf ein Mindestmass; Erlass von Rechtsvorschriften, die international anerkannten Kriterien und Normen gebührend Rechnung tragen; Berücksichtigung von biologischen, chemischen und anderen möglichen Gefährdungen;

Berücksichtigung möglicher Auswirkungen auf zukünftige Generationen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.

Es handelt sich hierbei um allgemeine Grundsätze zum Schutz von Mensch und Umwelt vor radiologischen und nicht radiologischen Auswirkungen heute'und in Zukunft. Durch verschiedene Gesetze werden diese Forderungen in der Schweiz erfüllt. Das Atomgesetz vom 23. Dezember 1959 und das Strahlenschutzgesetz vom 22. März 1991 (StSG, SR 814.50) bezwecken, Mensch und Umwelt vor Gefährdung durch ionisierende Strahlung zu schützen. Das Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 (SR 814.01) soll Menschen, Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume gegen schädliche oder lästige Einwirkungen schützen und die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten. Bezüglich Nachhaltigkeit verweisen wir auf die «Strategie des Bundesrates für eine nachhaltige Entwicklung der Schweiz» vom April 1997, welche auf der Agenda 21 basiert, sowie auf die laufende Revision der Bundesverfassung.

Art.'5

Vorhandene Anlagen

Das Gemeinsame Übereinkommen ist nicht auf neue Anlagen beschränkt. Vorhandene Anlagen sind zu überprüfen. Sofern es sich als erforderlich erweist, sind alle zumutbaren und praktisch möglichen Verbesserungen zur Erhöhung der Sicherheit dieser Anlage vorzunehmen.

Darunter fallen in der Schweiz die Lagerhallen für abgebrannte Brennelemente des ZWIBEZ und des Zentralen Zwischenlagers Würenlingen (ZZL), Beim ZWIBEZ handelt es sich um eine Anlage, die sowohl unter die NCS als auch unter das Gemeinsame Übereinkommen fallen könnte. Um Lücken zu vermeiden, wurde bei der Ausarbeitung des Gemeinsamen Übereinkommens bewusst eine gewisse Überlappung mit der NCS in Kauf genommen. Da ZWIBEZ voraussichtlich über die Betriebszeit des Kernkraftwerks hinaus betrieben wird und dort verglaste hochradioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Beznau zwischengelagert werden können, ist ZWIBEZ sinnvollerweise diesem Übereinkommen zu unterstellen. Im ersten Bericht der Schweiz für die NCS wurde dann auch nicht über ZWIBEZ berichtet. Das ZZL befindet sich zurzeit im Bau. Der Bundesrat hat am 21. August 1996 die Bau- und Betriebsbewilligung für die Lagerhallen sowie die Baubewilligung für die Konditionierungs- und Verbrennungsanlage erteilt. ZWIBEZ und ZZL sind im Hinblick auf die erste Überprüfungskonferenz als «vorhandene Anlagen» zu überpüfen.

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Art. 6 ' Wahl des Standorts geplanter Anlagen Die Wahl eines Standortes muss nach den Anforderungen von Artikel 4 erfolgen, Die Anlagen dürfen im In- und Ausland keine unannehmbaren Auswirkungen auf den Einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt haben. Es sind Verfahren festzulegen, die die Beurteilung der Sicherheit während der Betriebsdauer erlauben; der Öffentlichkeit Zugang zu Informationen über die Sicherheit ermöglichen; Konsultationen mit Vertragsparteien in der Nachbarschaft, die- durch die Anlage betroffen sein könnten, ermöglichen.

Die beiden ersten Punkte werden durch das heute gültige Rahmenbewilligungsverfahren, das eine Begutachtung der Gesuchsunterlagen.durch die Bewilligungsbehörden sowie eine öffentliche Auflage vorsieht, erfüllt. Bezüglich des dritten Punktes · -verweisen wir auf die Vereinbarung vom 10. August 1982 zwischen der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Unterrichtung beim Bau und Betrieb grenznaher kerntechnischer Einrichtungen (SR 0.732.211.36) und auf das Abkommen vom 5. Dezember 1988 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Verwendung der Kernenergie (SR 0.732.934.9}. Mit dem von schweizerischen Kernanlagen nicht direkt betroffenen Italien besteht das Abkommen vom 15. Dezember 1989 (SR 0.732.324.54) zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Italienischen Republik über den frühzeitigen Informationsaustausch bei nuklearen Zwischenfällen. Ein entsprechendes Übereinkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Österreich liegt im Entwurf vor.

Art. 7 Auslegung und Bau von Anlagen Zur Begrenzung möglicher strahlungsbedingter Auswirkungen auf den Einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt sind während Auslegung und Bau.geeignete Vorkehrungen zu treffen. Dabei sind auch Ableitungen oder unkontrollierte Freisetzungen in Betracht zu ziehen. Bereits bei der Auslegung sind Planungskonzepte und allfàllige Vorschriften für die spätere Stillegung zu berücksichtigen.

Voraussetzung für die Erteilung der Bau- und der Betriebsbewilligung ist in der Schweiz die Rahmenbewilligung. Sie wird nur erteilt, wenn der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet wird. Basis
für die Berechnung der Strahlenexposition auf Grund von Emissionen aus Kernanlagen ist die HSK-Richtlinîe R-41 (Berechnung der Strahlenexposition in der Umgebung auf Grund von Emissionen radioakti,ver Stoffe aus Kernanlagen).

Bezüglich Planungskonzepte ruf die spätere Stillegung gibt es in der geltenden Atomgesetzgebung keine Vorschriften. Es ist vorgesehen, in der anstehenden Totalrevision der Atomgesetzgebung entsprechende Bestimmungen als Voraussetzung für die Erteilung der Rahmenbewilligung aufzunehmen. Damit wird die Schweiz Artikel 7 erfüllen.

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Art. 8 Bewertung der Anlagensicherheit Vor dem Bau einer Anlage ist eine systematische Sicherheitsbewertung und eine Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt vorzunehmen. Vor der Inbetriebnahme sind diese Bewertungen auf den neusten Stand zu bringen, sofern dies für notwendig erachtet wird.

Die Sicherheitsbewertung erfolgt in der Schweiz abgesehen von der Rahmenbewilligung im Bau- und auch im B etri ebsbewilligungs verfahren. Sie wird von den Sicherheitsbehörden durchgeführt und dient dem Bundesrat als Grundlage für die Erteilung der Bau- bzw. Betriebsbe.willigung. Die einzelnen Bauetappen und Inbetriebnahmen dürfen erst dann ausgeführt werden, wenn die HSK die dafür notwendigen Freigaben erteilt hat. Dies setzt voraus, dass die in der Bewilligung gemachten Auflagen erfüllt sind.

Die Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt erfolgt gestützt auf die Verordnung vom 19. Oktober 1988 über die Umweltverträglichkeitsprüfung (SR 814.011).

Diese sieht für Endlager für radioaktive Abfälle und für Einrichtungen zur Unschädlichmachung oder Aufbereitung von Kernbrennstoffen eine zweistufige Prüfung vor (Ziff. 40.1 und 40.2 Anhang). Damit erfüllt die Schweiz Artikel 8 dieses Übereinkommens.

Art. 9

Betrieb von Anlagen

Artikel 9 regelt die Voraussetzungen des sicheren Betriebs von Anlagen zur Behandlung abgebrannter Brennelemente.

Vorgängig ist eine Bewertung gemäss Artikel 8 durchzuführen. Die gebaute Anlage muss den gestellten Auslegungs- und Sicherheitsanforderungen entsprechen; betriebliche Grenzwerte und Bedingungen sind festzulegen und bèi Bedarf zu überarbeiten; das notwendige «Know-how» muss in allen sicherheitsbezogenen Bereichen während der Betriebsdauer zur Verfügung stehen; ein Meldesystem ist vorzusehen, damit aussergewöhnliche, für die Sicherheit bedeutsame Ereignisse der staatlichen Stelle rechtzeitig gemeldet werden; auf Grund der Betriebserfahrung müssen notwendige Verbesserungen vorgenommen werden; Stilllegungspläne sind zu erarbeiten und zu aktualisieren. Sie sind von der staatlichen Stelle zu überprüfen.

Diese Voraussetzungen werden in der Schweiz in den Bewilligungsverfahren mit Rahmen-, Bau- und Betriebsbewilligung überprüft und sind in der Atomgesetzgebung geregelt bzw. in verschiedenen Richtlinien der Sicherheitsbehörden präzisiert.

Die Betriebsbewilligung kann gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb bereits zu diesem Zeitpunkt abschliessend beurteilt werden können. Andernfalls erfolgt durch die Sicherheitsbehörden eine erneute Sicherheitsbewertung, welche dem Bundesrat als Grundlage für die Erteilung der Betriebsbewilligung dient. Eine Verpflichtung zur Aktualisierung von Stilllegungsplänen sowie eine Meldepflicht des Betreibers für besondere Ereignisse werden bei der Totalrevision der Atomgesetzgebung einzuführen sein.

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«Ï

Art. 10 Endlagerung abgebrannter Brennelemente Für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente gelten die Bestimmungen von Kapitel 3. .

Damit wird sichergestellt, dass in den Fällen, in denen sich Vertragsstaaten im Rahmen ihrer gesetzlichen Bestimmungen dafür entscheiden, abgebrannte Brennelemente endzulagern, die entsprechenden Vorschriften für die Entsorgung radioaktiver Abfälle eingehalten werden.

224 ·

KapitelS: Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

Die Artikel 11-17 des Gemeinsamen Übereinkommens enthalten die für die Sicherheit der Behandlung ^radioaktiver Abfalle relevanten Bestimmungen und sind zu einem grossen Teil identisch zu den entsprechenden Artikeln in Kapitel 2.

Die heutige Atomgesetzgebung enthält neben der Entsorgungspflicht sehr wenige Vorschriften betreffend die Entsorgung radioaktiver Abfalle. Die-entsprechenden Verpflichtungen aus Artikel 13-17 werden bei der Totalrevision der Atomgesetzgebung zu berücksichtigen sein. .

Art. U

Allgemeine Sicherheitsanforderungen

Vgl. Artikel 4.

Art. 12

Vorh'andene Anlagen und frühere Tätigkeiten

Vgl. Artikel 5. Zusätzlich sind'Altlasten zu überprüfen und allenfalls Massnahmen zu treffen, um strahlungsbedingte Folgen aus früheren Tätigkeiten zu verringern.

Dabei ist zu beachten, dass durch die Verringerung der Strahlenbelastung die Beeinträchtigung so erheblich vermindert wird, dass der Schaden und die Kosten, einschliesslich der sozialen Kosten, dieses Eingreifen rechtfertigen.

Unter «vorhandene Anlagen» fallen in der Schweiz der ehemalige Versuchsreaktor Lucens, die zwei ausser Betrieb genommenen Forschungsreaktoren DIORIT und SAPHIR am PSI, das Bundeszwischenlager (BZL) und die Anlagen zur Behandlung und Zwischenlagerung der hoch-, mittel- und schwachradioaktiven Abfälle von ZWIBEZundZZL.

Die drei ehemaligen Reaktoren stehen heute teilweise noch unter Bundesaufsicht.

Am 12. April 1995 hat der Bundesrat die Bewilligung, zur Deklassierung eines Grossteils des ehemaligen Versuchskerhkraftwerkes Lucens erteilt; Damit untersteht das Hauptgrundstück mit allen, z.T. verfüllten Kavernen der ehemaligen Reaktoranlage nicht mehr der atomrechtlichen Aufsicht. Vorderhand untersteht'noch eine Parzelle von rund 600 m2 mit einem Gebäude, das zur Zwischenlagerung von sechs Behältern aus der Entsorgung von Lucens dient, der Atomgesetzgebung. Sobald das ZZL in Betrieb ist, werden diese Behälter dorthin verbracht und die atomrechtliche Aufsicht kann aufgehoben werden. Mit Verfügung vom 26. September 1994 erteilte der Bundesrat dem PSI die Bewilligung für den vollständigen Abbruch und die Entsorgung des stillgelegten DIORIT. Die Stilllegung von SAPHIR steht noch aus. Die drei Zwischenlager BZL, ZWIBEZ und ZZL sind in Betrieb oder werden in den

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nächsten Jahren in Betrieb genommen und sind gemäss diesem Übereinkommen zu überprüfen.

Auf Grund früherer Tätigkeiten gibt es keine Altlasten.

An. 13 Wahl des Standorts geplanter Anlagen Vgl. Artikel 6. Zusätzlich müssen bei einem Endlager mögliche Veränderungen der Standortbedingungen nach dem Verschluss sowie Faktoren, die für die Sicherheit des Endlagers nach dem Verschluss relevant sind, berücksichtigt werden.

Art. 14 Auslegung und Bau von Anlagen Vgl. Artikel 7. Zusätzlich müssen bei Endlagem technische Vorschriften für den Verschluss ausgearbeitet werden.

Art. 15 Bewertung der Anlagensicherheit Vgl. Artikel 8. Zusätzlich muss vor dem Bau eines Endlagers eine systematische Sicherheitsbewertûng und eine Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt für die Zeit nach dem Verschluss durchgeführt werden.

Art. 16 Betrieb von Anlagen Vgl. Artikel 9. Zusätzlich sind für Endlager die Bewertung der Anlagensicherheit nach dem Verschluss sowie die Pläne für den Verschluss auf den neusten Stand zu bringen. Die Pläne sind von der staatlichen Stelle zu prüfen. Da verschiedene Abfälle unterschiedlich zu behandeln sind, müssen sie vorgängig durch geeignete Verfahren getrennt werden. Wichtige Voraussetzung für die Sicherheit ist ferner eine umfassende Dokumentation der radioaktiven Abfalle.

Die Konditionierung der radioaktiven Abfälle stellt den ersten Schritt zu deren Entsorgung dar. Deshalb wird jedes in den Kernanlagen zur Anwendung kommende Konditionierverfahren spezifiziert und von der HSK'geprüft. Die hergestellten Abfallgebinde werden charakterisiert und in einer Datenbank registriert. Vorgängig · werden die Abfälle durch geeignete Verfahren nach Kategorien getrennt. Die Abfallminimierung wird als Grundsatz im Strahlenschutzgesetz stipuliert.

Art. 17 Behördliche Massnahmen nach dem Verschluss Von spezieller Bedeutung ist die Sicherheit eines Endlagers nach dem Verschluss.

Neben den für Endlager spezifischen Bestimmungen der Artikel 13-16 verlangt dieser Artikel, dass .

die Informationen bezüglich örtlichen Gegebenheiten, Auslegung und Inventar aufbewahrt werden; - bei Bedarf aktive oder passive Kontrollen wie etwa Überwachungen oder Zugangsbeschränkungen durchgeführt werden; gegebenenfalls eingegriffen wird, wenn während einer aktiven behördlichen Kontrolle eine ungeplante Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt erkannt wird.

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Das heutige Gesetz schreibt die dauernde,' sichere Entsorgung und Endlagerung der radioaktiven Abfalle vor. Konkretisiert werden entsprechende Schutzziele in der HSK-Richtline R-21 «Schutzziele für die Endlagerung radioaktiver Abfälle» (HSKRichtlinie R-21). Diese legt das Ziel und die Prinzipien bei der Endlagerung von radioaktiven Abfällen dar. Gemäss dieser Richtlinie ist das Ziel der Endlagerung, radioaktive Abfälle so zu beseitigen, dass der Schutz von Mensch und Umwelt vor der ionisierenden Strahlung aus diesen Abfallen dauernd gewährleistet ist, und dass künftigen Generationen keine unzumutbaren Lasten und Verpflichtungen auferlegt werden.

Um das obige Ziel zu erreichen, sind gemäss HSK-Richtlinie R-21 bei der Endlagerung sechs Prinzipien zu beachten. Bezüglich der Langzeitsicherheit eines Endlagers werden drei konkrete Schutzziele definiert. Im Bewilligungsverfahren muss der Gesuchsteller im Rahmen eines Sicherheitsnachweises aufzeigen, dass sein Projekt den Spezifizierten Anforderungen genügt. Im Rahmen der Totalrevisiori der Atomgesetzgebung wird zu prüfen sein, inwieweit die Schutzziele auf Gesetzesstufe umgesetzt werden sollen.

225

Kapitel 4: Allgemeine Sicherheitsbestimmungen

Die Artikel 18-26 enthalten Sicherheitsbestimmungen, die sowohl für abgebrannte Brennelemente als auch für radioaktive Abfälle gelten.

Art. 18-

Durchführungsmassnahmen

Dieser Artikel legt fest, dass jede Vertragspartei die zur Umsetzung des Gemeinsamen Übereinkommens erforderlichen gesetzgeberischen Massnahmen und verwaltungsmässigen Strukturen einrichten muss. Wir - verweisen diesbezüglich auf die Bemerkungen in Artikel 19.

Art. 19

Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug

Nach Artikel 19 Absatz r schafft jede Vertragspartei den erforderlichen Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug zur Regelung der Sicherheit der -Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, der in Absatz 2 näher umschrieben ist.

Artikel 19 bedeutet nicht, dass die verschiedenen materiellen Sicherheitsanfordemngen in einem formellen Gesetz festgelegt sein müssen. Das Gemeinsame Übereinkommen geht davon aus, dass die Unterschiede in den Rechïssystemen und in der Praxis der einzelnen Staaten zu unterschiedlichen Regelungsmethoden betreffend der Sicherheit der Behandlung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen führen können und dürfen.

Das schweizerische Recht enthält im Atomgesetz vom 2.3. Dezember 1959, im Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1978 zum Atomgesetz (BBAtG, SR 732.01'), in der Atomverordnung vom 1.8. Januar 1984 (SR 732.11}, im Strahlenschutzgesetz vom 22. März 1991 und in der Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 (SR 814.501) grundlegende gesetzliche Vorschriften über die Bewilligungen für und die Aufsicht über Atomanlagen. .Die detaillierten sicherheitstechnischen Anforde4425

rungen an die Anlagen sowie für die Behandlung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen werden in Richtlinien konkretisiert. Der in Artikel 19 erwähnte gesetzgeberische Rahmen besteht in der Schweiz aus den Bestimmungen über die Rahmenbewilligung sowie der Bewilligungspflicht für Bau, Betrieb und Änderung von Atomanlagen, der Bewilligungspflicht für den Transport, die Abgabe und Bezug und jede andere Form des Innehabens von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen. Der Schutz von strahlenexponierten Personen, die Abgabe yon radioaktiven Abfällen an die Umwelt, Immissionsgrenzwerte und die Immissionsüberwachung werden in der Strahlenschutzgesetzgebung geregelt. Bei der Festlegung von Grenzwerten werden die international anerkannten Richtlinien berücksichtigt. Damit wird Artikel 19 des Gemeinsamen Übereinkommens erfüllt.

Art. 20 Staatliche Stelle Artikel 20 Absatz l verlangt, dass jede Vertragspartei eine geeignete staatliche Stelle hat, die mit der Durchführung der in Artikel 19 vorgesehenen Massnahmen betraut ist. Absatz 2 soll eine wirksame Trennung der Aufgaben dieser staatlichen Stelle von den Aufgaben anderer Stellen gewährleisten, wenn eine Organisation sowohl an der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfalle als auch an der staatlichen Aufsicht darüber beteiligt ist.

Bewilligungsinstanz für die Rahmen-, Bau- und Betriebsbewilligung sowie für Änderungen von Kernanlagen und die Stilllegung ist der Bundesrat. Für die Rahmenbewilligung bedarf es zudem der Genehmigung durch das Parlament. Bewilligungen für den Transport, die Abgabe und, den Bezug sowie für jede andere Form des Innehabens von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen aus Kernanlagen ist das Bundesamt für Energie. Nach der Verordnung vom 14. März 1983 betreffend die Aufsicht über Kernanlagen (SR 752.22) ist die HSK die zuständige Aufsichtsbehörde für die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz; sie hat die Kompetenz, Verfügungen zu erlassen. Die HSK prüft die atomrechtlichen Bewilligungsgesuche, fasst die Ergebnisse in Gutachten zuhanden der Bewilligungsbehörde zusammen und erteilt die für einen kontrollierten Bau und Betrieb erforderlichen Freigaben. Die Gesuche und die HSK-Gutachten werden der Eidgenössischen Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen (KSA)
zur Stellungnahme unterbreitet.

Während der Bewilligungsverfahren und während des Betriebs führt die HSK Inspektionen durch und überwacht die ionisierende Strahlung und die Radioaktivität in den Anlagen sowie in deren Umgebung. Damit werden die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und die in den Bewilligungen festgelegten Auflagen und Bedingungen kontrolliert, wobei die Aufwendungen des Bundes den Betreibern mittels Gebühren voll verrechnet werden, Absatz 2 richtet sich in erster Linie an Vertragsparteien mit staatlicher Entsorgungswirtschaft und bezweckt eine wirksame Trennung der Zuständigkeiten der Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden einerseits und der Ausführenden andererseits.

Im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb von Endlagern haben die Betreiber der Kernkraftwerke und.die Schweizerische Eidgenossenschaft 1972 die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) gegründet. Die Nagra ist für die mit der Entsorgung verbundenen Forschungs- und Projektierungsarbeiten verantwortlich und führt seit Mitte der siebziger Jahre ein breit angelegtes Forschungs- und Entwicklungsprogramm durch. Im Hinblick auf die Realisierung eines Endlagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle Wellenberg wurde 1994 die 4426

Genossenschaft für Nukleare Entsorgung Wellenberg (GNW) gegründet. Genossenschafter sind neben den Schweizer Kernkraftwerkbetreibern die Centralschweizerischen Kraftwerke, die SA l'Energie de l'Ouest-Suisse und die Gemeinde Wolfenschiessen. Das ZZL wird von der Zwischenlager Würenlingen AG (ZWILAG) gebaut und betrieben. ZWILAG ist eine Aktiengesellschaft der Schweizer Keïnkraftwerk-Betreibergesellschaften. Der Bund hat sich absichtlich nicht an GNW und ZWILAG beteiligt. Damit sind die Funktionen Bewilligungserteilung und Aufsicht durch den Bund vom zukünftigen Betrieb dieser Kernanlagen durch private Genossenächaften klar getrennt. Die Schweiz erfüllt somit Artikel 20 des Gemeinsamen Übereinkommens.

In letzter Zeit wurde in der Öffentlichkeit und in den Eidgenössischen Räten die Unabhängigkeit der HSK von Bewilligungsbehörde und Betreibern öfters in Frage gestellt. Im Bericht für die erste Überprüfungstagung des Übereinkommens über die nukleare Sicherheit wird darauf hingewiesen, dass die für die technische Aufsicht über die Kernkraftwerke verantwortliche HSK heute administrativ dem für die Energiepolitik und Energiegesetzgebung zuständigen BFE untersteht und damit ein gewisser Interessenskonflikt besteht. Die HSK ist zwar Teil des BFE, arbeitet aber in allen sicherheitstechnischen Belangen vollständig unabhängig von BFE und UVEK.

Die administrative Unterstellung unter das BFE tangiert in keiner Weise die fachliche Unabhängigkeit der HSK. Zurzeit wird geprüft, wie BFE und HSK organisato.risch weiter getrennt werden können."

Art. 21

Verantwortung des Genehmigungsinhabers

Nach Absatz l stellt jede Vertragspartei durch geeignete Massnahmen sicher, dass die Verantwortung für die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle in erster Linie beim Bewilligungsinhaber liegt. Als tragender Grundsatz des Gemeinsamen Übereinkommens müssen die Vertragsparteien dies sicherstellen, indem sie gegenüber dem Bewilligungsinhaber durchsetzen, dass er seiner Verantwortung nachkommt.

Nach geltendem Gesetz, hat der Erzeuger radioaktiver Abfälle auf eigene Kosten für deren sichere Beseitigung zu sorgen; vorbehalten bleibt das Recht des Bundes, die radioaktiven Abfälle auf Kosten der Erzeuger selbst zu beseitigen (Art. 10 Abs. l BBAtG). Würden diese Abfalle in einer bundeseigenen Anlage entsorgt, musste der · Bund - um Interessenskonflikte zu vermeiden bzw. Artikel 20 Absatz "2 des Gemeinsamen Übereinkommens einzuhalten - eine von Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde unabhängige Stelle mit der Entsorungsaufgabe betrauen. Wird die Bewilligung zum Betrieb einer Atomanlage widerrufen, so hat der Betriebsinhaber alle Gefahrenquellen der stillgelegten Anlage zu beseitigen (Art. 9 Abs. 3 AtG). In Ausübung ihrer Aufsicht ist die HSK zudem befugt, jederzeit Anordnungen zum Schutz von Menschen, fremden Sachen und wichtigen Rechtsgütern zu treffen sowie die Befolgung der Vorschriften und Anordnungen zu überwachen (Art. 8 Abs. 2 AtG).

Damit ist sichergestellt, dass der Genehmigungsinhaber für die Sicherheit verantwortlich ist. Die Schweiz erfüllt somit Artikel 21 dieses Übereinkommens.

Absatz 2 überträgt die Verantwortung der Vertragspartei, falls es keinen Bewilligungsinhaber oder anderen Verantwortlichen gibt. Artikel 21 ist keine haftpflichtrechtliche Vorschrift; Gegenstand dieser Bestimmung ist die Verantwortung für eine sichere Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle und nicht die Haftung für Schäden bei Unfällen..

4427

Art. 22

Personal und Finanzmittel

Nach Artikel 22 stellt jede Vertragsparlei sicher, dass während des Betriebs einer Anlage ein ausreichender Bestand an qualifiziertem Personal sowie angemessene finanzielle Mittel für den Betrieb und die Stillegung zur Verfügung stehen. Weiter ist finanzielle Vorsorge zu treffen, um Kontrollen und Übefwachungsmassnahmen während eines für erforderlich erachteten Zeitraums nach dem Verschluss eines Endlagers weiterzuführen.

Ziffer i beinhaltet die Sicherstellung der personellen Mittel. Bezüglich des Personals von Atomanlagen ist auf Artikel 5 Absatz 2 des Atomgesetzes vom 23. Dezember 1959 hinzuweisen, wonach die Erteilung einer atomrechtlichen Bewilligung voraussetzt, dass die für die Leitung und Beaufsichtigung der Anlage verantwortlichen Personen die erforderlichen Fachkenntnisse besitzen. Sollte diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt sein, kann die Bewilligung widerrufen werden (Art. 9 Abs. 2 AtG). Die Anforderungen an Organisation und Personal von Atomanlagen werden in der Betriebsbewilligung und in einem Betriebsreglement festgehalten. Ausbildung und Prüfung von Strahlenschutzpersonal wird in der HSK-Richtlìnie R-37 (Anerkennung von Kursen für Strahlenschutz-Kontrolleure und -Chefkontrolleure; Prüfungsordnung) geregelt. Damit wird Absatz l erfüllt.

Die Sicherstellung der finanziellen Mittel ist Inhalt von Ziffer ii. Die Kosten für die Stillegung und den Abbruch ausgedienter Kemanlagen sowie für die Entsorgung ' der dabei entstehenden Abfalle («Stilllegungskosten») werden durch den Stilllegungsfonds gedeckt (V vom 5. Dez. 1983 über den S.tillegungsfonds für Kernanlagen, SR 732.013). Die Sicherstellung der Kosten für die Entsorgung der Betriebsabfälle und der bestrahlten Brennelemente nach dem Verlassen der Kernkraft'werke («Entsorgungskosten») erfolgt heute durch die KKW-Betreiber mittels Rückstellungen. Damit wird Ziffer ii Rechnung getragen. Der Bundesrat hat Anfang 1998 die Vorarbeiten für den Erlass einer Verordnung über den Entsorgungsfonds für Kernanlagen in die Wege geleitet. Damit soll wie für die Stilllegungskosten ein rechtlich selbstständiger Fonds eingerichtet werden, in den die KKW-Betreiber die für die Deckung der Entsorgungskosten erforderlichen Beiträge einzubezahlen haben. Über den Vorentwurf für diese Verordnung soll zusammen mit demjenigen für ein neues Kernenergiegesetz
1999 die Vernehmlassung durchgeführt werden.

Ziffer iii enthält Bestimmungen zur Finanzierung von Überwachungsmassnahmen nach dem Verschluss. Gemäss Strahlenschutzgesetzgebung ist das Bundesamt für Gesundheit für die Überwachung der Umweltradioaktivität und somit für die Überwachung der Umgebung eines Endlagers nach dem Verschluss verantwortlich. Daneben gibt es in der heute geltenden Gesetzgebung keine Bestimmung. Es ist vorgesehen, diesen Sachverhalt im Rahmen der Totalrevision der Atomgesetzgebung zu regeln. Allfällige dafür erforderliche finanzielle Mittel wären im Rahmen des Entsorgungsfonds (siehe Bemerkungen zu Ziff. ii) sicherzustellen.

Art. 23

Qualitätssicherung

Jede Vertragspartei stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass im Hinblick auf die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle Qualitätssicherungsprogramme eingeführt und angewendet werden.

Die Grundsätze der Qualitätssicherung (QS) werden in den schweizerischen Kernanlagen seit jeher berücksichtigt. Einige Kemanlagen haben dazu formale Qualitätssicherungsprogramme geschaffen; die anderen sind im Begriffe, solche einzu4428

führen. Für das ZZL wird in der Betriebsbewilligung als Auflage ein QS-System verlangt, das den Anforderungen der IAEO genügt (IAEO Safety Séries 50-C/SG-Q, Quality Assurance for Safety in Nuclear Power Plants and other Nuclear Installations, 1996). Sämtliche Tätigkeiten mit einer nukleartechnischen bzw. einer strahlenschutztechnischen Bedeutung müssen von diesem System abgedeckt werden. Für neue Kernanlagen werden entsprechende Auflagen als Voraussetzung für den Betrieb in der Betriebsbewilligung aufgenommen. Damit wird Artikel 23 dieses Übereinkommens Rechnung getragen.

Art, 24 Strahlenschutz während des Betriebs Absatz l hält fest, dass während der Betriebsdauer einer Anlage Massnahmen zu treffen sind, um die Strahlenbelastung für die Beschäftigten und die Bevölkerung so gering wie vernünftigerweise erzielbar zu halten (ALARA-Prinzip: «As Low As Reasonably Achievable»). Im Normalbetrieb darf die Strahlendosis die innerstaatlich vorgeschriebenen Grenzwerte nicht überschreiten. Diese haben international anerkannte Strahlenschutznormen gebührend'zu berücksichtigen. Weitere Massnahmen sollen eine ungeplante und unkontrollierte Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt verhindern. Absatz 2 verlangt Massnahmen zur Begrenzung von Ableitungen, Absatz 3 Abhilfemassnahmen im Falle einer ungeplanten und unkontrollierten Freisetzung flüssiger oder gasförmiger radioaktiver Stoffe an die Umwelt.

Die Forderungen von Artikel 24 werden durch die Strahlenschutz- und die Atomgesetzgebung erfüllt und in HSK-Richtlimen weiter präzisiert (z.B. R-07, Richtlinien für den überwachter! Bereich der Kernanlagen und des Paul Scherrer Instituts; R-I2, Erfassung und Meldung der Dosen des strahlenexponierten Personals der Kemanlagen und des Paul Scherrer Instituts; R-41, Berechnung der Strahlenexposition in der Umgebung auf Grund von Emissionen, radioaktiver Stoffe aus Kernanlagen). Die Limiten für die Strahlenbelastung für Beschäftigte und die Bevölkerung sind in der Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 festgelegt. In der Betriebsbewilligung werden die für die entsprechende Anlage gültigen quellenbezogenen Dosisrichtwerte sowie die davon abgeleiteten Abgabelimiten festgelegt. Während des Betriebs werden die Strahlendosen des Personals und die Abgaben überwacht. Artikel 22 des ' Strahlenschutzgesetzes vom 22. März'1991
verpflichtet Betriebe, bei denen der Austritt gefahrlicher Mengen radioaktiver Stoffe in die Umgebung nicht auszuschliessen ist, zu entsprechenden Notfallschutzmassnahmen (vgl. dazu .Art. 25).

Art. 25

Notfallvorsorge

Jede Vertragspartei stellt sicher, dass während des Betriebs einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle innerhalb und nöti'genfalls auch ausserhalb der Anlage geeignete Notfallpläne bestehen und diese regelmässig getestet werden. Die Vertragsparteien haben zudem Notfallpläne vorzubereiten und zu erproben, falls sie von einem strahlungsbedingten Notfall in einer Anlage in der Nähe ihres Hoheitsgebiets betroffen sein könnten.

Im Bereich Notfallvorsorge verfügt die Schweiz über eine umfassende gesetzliche · Regelung. Diese gilt in erster Linie für Kernkraftwerke, ist jedoch auch für andere Kernanlagen gültig. In der Verordnung vom 26. Juni 1991 über die Einsatzorganisation bei erhöhter Radioaktivität (SR 732.32) sind der Aufbau der Einsatzorganisation sowie die Aufgaben und Befugnisse der einzelnen Organe festgelegt. Die Verordnung vom 3. Dezember 1990 über die Nationale Alarmzentrale (SR 732.34) re4429

gelt die Alarmierung und die Information bei ausserordentlichen Ereignissen, u.a.

bei erhöhter Radioaktivität. Betreffend Warnung, Alarmierung sowie die Vorbereitung und Durchführung von Schutzmassnahmen für den Fall radioaktiver Gefährdung in der Umgebung von Atomanlagen gilt die Notfallschutzverordnung vom 28. November 1983 (SR 732.33). Verschiedene HSK-Richtlinien befassen sich ebenfalls mit diesen Fragen (R-42, Zuständigkeit für die Entscheide über besondere Massnahmen bei einem schweren Unfall in einer Kernanlage; R-45, Planung und Durchführung von Notfallübungen in den schweizerischen Kernanlagen; R-103, Anlageinterne Massnahmen gegen die Folgen schwerer Unfälle). Bezüglich dem Informationsaustausch mit den anliegenden Staaten verweisen wir auf die Ausführungen zu Artikel 6. Die HSK führt regelmässig Kurse für die Führungsstäbe von Kantonen und Gemeinden durch. Im Rahmen von periodisch stattfindenden Notfallübungen werden mit allen betroffenen Stellen und zum Teil unter Einbezug des Auslandes die administrativen und organisatorischen Vorbereitungen zur Bewältigung eines Notfalls getestet. Mit diesen Massnahmen erfüllt die Schweiz die Verpflichtungen aus Artikel 25 des Gemeinsamen Übereinkommens.

Art. 26

. Stillegung

Durch geeignete Massnahmen ist die Sicherheit der Stilllegung von Kernanlagen zu gewährleisten. Es ist sicherzustellen, dass qualifiziertes Personal und ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen. Die Bestimmungen bezüglich Strahlenschutz und Notfallvorsorge gemäss Artikel 24 und 25 sind auch während der Stilllegung anzuwenden. Für die Stillegung wichtige Informationen müssen aufbewahrt werden.

In der Schweiz untersteht eine Kernanlage der Atom- und Strahlenschutzgesetzgebung, bis die Behörden in einer Verfügung festgestellt haben, dass die Gefahrenquellen ordnungsgemäss beseitigt wurden.. Die Vorschriften bezüglich Strahlenschutz und Notfallvorsorge finden somit während der Stilllegung Anwendung und die allgemeinen Sicherheitsanforderungen dieses Übereinkommens werden erfüllt.

Ausführlich soll die Stillllegung in der anstehenden Totalrevision der Atomgesetzgebung geregelt werden. Bezüglich Sicherstellung der Finanzierung verweisen wir auf die Erläuterungen zu Artikel 22.

226

Kapitel 5: Verschiedene Bestimmungen

Die Artikel 27 und 28 enthalten Bestimmungen über die Besonderheiten bei einer grenzüberschreitenden Verbringung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen sowie für den Umgang mit geschlossenen Quellen.

Art. 27

Grenzüberschreitende Verbringung

In diesem Artikel geht es nicht um technische Vorschriften für den Transport von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen, sondern um generelle Anforderungen, wie sie in der Richtlinie INFCIRC 386 der IAEO «Code of Practice on thè International Transb~oundary Movement of Radioactive Waste» vom 13. November 1990 festgehalten sind. Dabei geht es insbesondere um die Verhinderung eines unkontrollierten Imports oder Exports von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen in Staaten ohne erforderliches Know-how, für einen sicheren Umgang mit diesen Materialien.

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·

Nach Absatz l trifft jede Vertragspartei geeignete Massnahmen um sicherzustellen, dass eine grenzüberschreitende Verbringung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen im Einklang mit dem Gemeinsamen Übereinkommen und unter Berücksichtigung der dafür verbindlichen internationalen Übereinkünfte stattfindet. Insbesondere muss die grenzüberschreitende Verbringung genehmigt sein. Sie darf erst nach vorheriger Notifikation und Zustimmung des Bestimmungsstaates stattfinden; unterliegt die Verbringung durch einen Durchfuhrstaat den internationalen Verpflichtungen, die für die jeweils verwendeten Beförderungsarten massgeblich sind; -· darf eine Vertragspartei, die Bestimmungsstaat ist, einem Import nur dann zustimmen, wenn sie über die erforderlichen administrativen und technisehen Mittel sowie über die zum Vollzug erforderliche Struktur zur Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle in einer im Einklang mit diesem Übereinkommen stehenden Weise verfügt; darf eine Vertragspartei, die Ursprungsstaat ist, eine Verbringung erst dann genehmigen, wenn sie sich versichert hat, dass der Bestimmungsstaat die entsprechenden Anforderungen dieses Übereinkommens erfüllt; gestattet ein Ursprungsstaat die Wiedereinfuhr in sein Hoheitsgebiet, wenn die Verbringung nicht in Übereinstimmung mit diesem Artikel zu Ende geführt wird oder werden kann. Vorbehalten bleibt eine andere sichere Regelung.

· · Absatz 2 dient dem Schutz der Antarktis. Abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle dürfen nicht an einen südlich von 60 Grad südlicher Breite gelegenen Bestimmungsort zur Lagerung oder Endlagerung verbracht werden.

Nach Absatz 3 lässt dieses Übereinkommen folgende Rechte unberührt:

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-

die Wahrnehmung der im Völkerrecht vorgesehenen Rechte und Freiheiten der See- und Flussschifffahrt durch Schiffe sowie des Überflugs durch Luftfahrzeuge aller Staaten; das Recht einer Vertragspartei, zu der radioaktive Abfälle zur Aufbereitung ausgeführt worden sind, die radioaktiven Abfälle und andere Erzeugnisse nach der Aufbereitung in den Ursprungsstaat zurückzuführen oder für ihre Rückführung zu sorgen;

-

das Recht einer Vertragspartei, ihre abgebrannten Brennelemente zur Wiederaufarbeitung auszuführen; das Recht einer Vertragspartei, zu der abgebrannte Brennelemente zur Wiederaufarbeitung ausgeführt worden sind, radioaktive Abfälle und andere Erzeugnisse, die aus der Wiederaufarbeitung stammen, in den Ursprungsstaat zurückzuführen oder für ihre Rückführung zu sorgen.

Für die Ein-, Aus- und' Durchfuhr von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen braucht es gemäss Artikel 11 der Atomverordnung vom 18. Januar 1984 eine Bewilligung. Die radioaktiven Abfälle müssen grundsätzlich im Inland beseitigt werden; in Ausnahmefälleri ist eine Ausfuhr möglich (Art. 25 Abs. 3 StSG). Der Bundesrat hat in Artikel 93 der Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 die Voraussetzungen festgelegt, unter denen ausnahmsweise eine Ausfuhrbe-

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willigung für radioaktive Abfälle zur Beseitigung erteilt werden kann. So muss u.a.

die Garantie bestehen, dass im Empfangerstaat genügende Sicherheitsanforderungen eingehalten werden. Eine entsprechende Regelung für die Ausfuhr von abgebrannten Brennelementen oder von radioaktiven Abfällen zur Behandlung (z.B. Konditionierung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente) im Ausland fehlt in der heutigen Gesetzgebung. Im Rahmen der Totalrevision der Atomgesetzgebung sollen deshalb als Bewilligungsvoraussetzung für die Ein- und Ausfuhr entsprechende Sicherheitsanforderungen an die Anlagen zur Behandlung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen aufgenommen werden. Erst nach Inkrafttreten eines neuen Kernenergiegesetzes wird die Schweiz Artikel 27 vollumfänglich erfüllen. Bereits heute erteilen die zuständigen Behörden eine Bewilligung für die Ausfuhr von abgebrannten Brennelementen nur in Länder, die das nötige «Know-how» für einen sicheren Umgang haben.

Art. 28

Ausgediente geschlossene Quellen

Durch geeignete Massnahmen ist sicherzustellen, dass der Besitz, die Wiedernutzbarmachung oder die Endlagerung ausgedienter geschlossener Quellen auf sichere Art und Weise erfolgt. Eine Vertragspartei erlaubt die Wiedereinfuhr in ihr Hoheitsgebiet, wenn sie im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts zugestimmt hat, dass diese Quellen an einen Hersteller, der zur Entgegennahme und zum Besitz befugt ist, zurückgeführt werden.

Der Umgang mit geschlossenen Quellen ist in der Strahlenschutzgesetzgebung umfassend geregelt. Nach dem Grundsatz der Abfallrninimierung werden ausgediente geschlossene Quellen möglichst weiter verwendet. Ist eine Weiterverwendung nicht vorgesehen oder nicht möglich, ist der Betreiber verantwortlich für die sachgemässe Entsorgung. Damit wird Artikel 28 des Gemeinsamen Übereinkommens Rechnung getragen.

227

Kapitel 6: Tagungen der Vertragsparteien

Die Artikel 29-37 enthalten die Verpflichtung zur Berichterstattung und zur Teilnahme an den Überprüfungstagungen sowie die Verfahrensregelungen für die Überprüfungstagungen.

Art. 29

Vorbereitungstagung

Das Gemeinsame Übereinkommen sieht eine Vorbereitungstagung vor, die innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens stattfinden soll.

An dieser Tagung wird die erste Überprüfungstagung vorbereitet und organisiert.

Diese hat innerhalb von 30 Monaten seit Inkrafttreten des Gemeinsamen Übereinkommens stattzufinden. An der Vorbereitungstagung sind insbesondere eine Geschäftsordnung, Finanzregeln, Form und Gliederung der nach Artikel 32 vorzulegenden Staatenberichte, der Zeitpunkt für die Einreichung der Berichte und das Verfahren zu deren Überprüfung festzulegen.

An der Vorbereitungstagung dürfen auch Staaten und regionale Organisationen (gemäss Art. 39 Abs. 4) teilnehmen, die das Gemeinsame Übereinkommen ratifizieren, annehmen, genehmigen, ihm beitreten oder es bestätigen und -für die es noch nicht in Kraft ist. Damit ist sichergestellt, dass nach Inkrafttreten des Gemeinsamen 4432

·*

Übereinkommens auch Staaten, die dieses Übereinkommen unterschrieben, jedoch noch nicht ratifiziert haben, an der Ausarbeitung wichtiger Réglemente und an der Konkretisierung der Berichterstattung mitarbeiten können.

Art. 30 Überprüfungstagung Zur Überprüfung, ob die Vertragsparteien das Gemeinsame Übereinkommen einhalten, soll mindestens alle drei Jahre eine Tagung durchgeführt werden, an der die Vertragsparteien jeweils die vorgelegten Berichte (vgl. Art. 32) prüfen und diskutieren und den Zeitpunkt' für die nächste Überprüfungstagung festlegen. Ferner können Geschäftsordnung und Finanzregelung sowie die gemäss Artikel 29 getroffenen Regelungen geändert werden. Der Inhalt der Debatte während der Überprüfung der Staatenberichte ist gemäss Artikel 36 vertraulich.

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Art. 31 Ausserordentliche Tagungen Jede Vertragspartei kann jederzeit die Einberufung einer ausserordentlichen Tagung verlangen. Ein solches Begehren muss von der Mehrheit der Vertragsparteien unterstützt werden.

Art, 32 Berichterstattung Diesem Artikel kommt grosse Bedeutung zu. Jede Vertragspartei legt in ihrem Bericht zuhanden der dafür vorgesehenen Überprüfungstagungen den übrigen Vertragsparteien die Massnahmen dar, welche sie zur Erfüllung der einzelnen Ver-pflichtungen aus dem Gemeinsamen Übereinkommen ergriffen hat. .Dieser Bericht muss die nationale Politik und die Verfahrensweisen für die Behandlung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfallen sowie die Kriterien zur Bestimmung und Einstufung der radioaktiven Abfälle enthalten. Ausserdem sind die Vertragsparteien verpflichtet, eine Liste der Anlagen, auf die das Gemeinsame Übereinkommen Anwendung findet, sowie - im Sinne eines nationalen Abfallinventars - ein Bestandverzeichnis der abgebrannten Brennelemente und radioaktiven Abfälle, die vom Gemeinsamen Übereinkommen erfasst werden, zu verfassen. Dazu gehört auch eine Beschreibung des Materials. Schlussendlich besteht die Verpflichtung, über kern technische Anlagen, die sich in der Stilliegung befinden, sowie über den Stand der Stilllegungsarbeiten zu berichten. Die Vertragsparteien berichten über den aktuellen Stand, zeigen Lücken auf und beschreiben die getroffenen und noch zu treffenden Massnahmen im Hinblick auf die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Gemeinsamen Übereinkommen. Die Berichte werden an Überprüfungstagungen erörtert. Durch einen Vergleich und eine Anpassung der Standards in den Vertragsparteien wird schlussendlich die Sicherheit weltweit erhöht. Wie sie formell zu gestalten sind, wird an der Vorbereitungstagung (Art. 29) festgelegt.

Die'Federführung für die Berichterstattung wird bei der HSK sein. Sie wird in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Stellen und Organisationen den Bericht vorzubereiten und an den Überprüfungstagungen den andern Vertragsparteien zu erläutern haben.

Art. 33

Teilnahme

An den Überprüfungstagungen wird jede Vertragspartei durch eine Delegierte oder einen Delegierten vertreten. Diese Personen dürfen sich von einer beliebigen Zahl

von Stellvertreterinnen oder Stellvertretern, Sachverständigen und Beraterinnen oder Beratern begleiten lassen. Die Vertragsparteien können durch Konsens zwischenstaatliche Organisationen, die im Bereich des Gemeinsamen Übereinkommens tätig sind, als Beobachter zur Teilnahme an "den Überprüfungstagungen und ausserordentlichen Tagungen einladen. Diese Beobachter sind ebenfalls an die Vertraulichkeitsklausel nach Artikel 36 des Gemeinsamen Übereinkommens gebunden.

Art. 34

Zusammenfassende Berichte

An den Überprüfungstagungen verabschieden die Vertragsparteien ein Dokument, das die besprochenen Themen und die Schlussfolgerungen zusammenfasst. Dieses Dokument wird veröffentlicht.

Diese Bestimmung zeigt die Bedeutung, welche die Vertragsparteien der Information der Öffentlichkeit und der Transparenz in Fragen betreffend die sichere Behandlung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen beimessen.

Art. 35

Sprachen

An den Tagungen werden die offiziellen Sprachen der UNO, d.h. arabisch, chinesisch, englisch, französisch, russisch und spanisch, gesprochen. Die nach Artikel 32 vorzulegenden Berichte sind in der Landessprache der Vertragspartei oder in einer bestimmten, in der Geschäftsordnung vereinbarten Sprache vorzulegen.

·Art. 36

Vertraulichkeit

Die Verhandlungen während der Überprüfung der Berichte der Vertragsparteien sind vertraulich. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die Informationen, die sie von anderen Vertragsparteien erhalten, vertraulich zu behandeln und ausschliesslich für jene Zwecke zu verwenden, für die sie zur Verfügung gestellt wurden. Für abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle, die gemäss -Artikel 3 Absatz 3 vom Gemeinsamen Übereinkommen erfasst werden, liegt es im Ermessen der betreffenden Vertragspartei zu entscheiden, welche Informationen unter welchen Bedingungen im Rahmen der Berichterstattung zur Verfügung gestellt werden.

Art. 37

Sekretariat

Die IAEO stellt das Sekretariat für die Tagungen der Vertragsparteien. Artikel 37 legt die Aufgaben des Sekretariats fest. Die Kosten des Sekretariats werden von der IAEO aus tàitteln des ordentlichen Budgets getragen. Weitergehende Dienstleistungen kann die IAEO zur Verfügung stellen, wenn die daraus erwachsenden Kosten aus anderen Quellen finanziert werden können.

228

Kapitel 7: Schlussklauseln und sonstige Bestimmungen

In den Artikeln 38-44 dieses Kapitels ist das übliche Vertragsinstrumentarium enthalten.

4434

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Art. 38 · Beilegung von Meinungsverschiedenheiten Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung des Gerneinsamen Übereinkommens sollen mittels Konsultationen im Rahmen der Tagungen der Vertragsparteien gelöst werden. Als weitere Mittel zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten sind die im Völkerrecht vorgesehenen. Vermittlungs-, Vergleichsund Schiedsverfahren vorgesehen.

Art. 39

^^ .

^B

Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

Das Gemeinsame Übereinkommen liegt vom 29. September 1997 bis zu seinem Inkrafttreten am Sitz der IAEO in Wien zur Unterzeichnung auf. Neben Bestimmungen betreffend Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt regelt diese Bestimmung, unter welchen Bedingungen regionale Organisationen diesem Übereinkommen beitreten können und welches ihre Rechte und Pflichten sind. Solche Organisationen besitzen keine zusätzliche Stimme neben den Stimmen ihrer MitgliedStaaten, Art. 40

Inkrafttreten

Das Gemeinsame Übereinkommen tritt am 90. Tag nach Hinterlegung von 25 Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden in Kraft; davon müssen 15 Staaten über ein betriebsbereites Kernkraftwerk verfügen. Diese verhältnismässig hohe Zahl macht deutlich, dass die Vertragsparteien der Einführung grundlegender Sicherheitsprinzipien für die Handhabung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen, auch solchen aus den Bereichen Medizin, Industrie und Forschung, durch möglichst viele Staaten grosses Gewicht beimessen.

Art. 41

^ ' ^B.

^^

Änderungen des Übereinkommens

Die Vertragsparteien können jederzeit Änderungen des Gemeinsamen Übereinkommens vorschlagen. Diese Änderungen werden an einer Überprüfungstagung oder an einer ausserordentlichen Tagung besprochen. Danach entscheiden die Vertragsparteien, ob die Änderungen durch Konsens angenommen oder einer diplomatischen Konferenz vorgelegt werden sollen. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit der auf der Tagung anwesenden und abstimmenden'Vertragsparteien notwendig. Wenn es anlässlich der diplomatischen Konferenz nicht gelingt, einen Konsens zu erreichen, braucht es für die Annahme der Änderung eine Zweidrittelmehrheit aller VertragsParteien. Änderungen des Gemeinsamen Übereinkommens bedürfen der Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Bestätigung durch die Vertragsparteien und treten 90 Tage nach Einlangen der entsprechenden Urkunden von mindestens zwei Dritteln der Vertragsparteien in Kraft.

Art. 42

Kündigung

Jede Vertragspartei kann jederzeit von diesem Übereinkommen zurücktreten. Die" Kündigung wird ein Jahr nach Eintreffen-der Notifikation bei der Verwahrerorganisation oder zu einem späteren, in der Notifikation bestimmten Zeitpunkt wirksam.

4435

Art. 43 Depositar Die Generaldirektorin oder der Generaldirektor der ÏAEO verwahrt das Gemeinsame Übereinkommen. Zu dieser Aufgabe .gehört die Information der Vertragsparteien über den Stand der Unterzeichnungen, das Datum des Inkrafttretens des Gemeinsamen Übereinkommens, die Kündigung sowie über allfällige Änderungsvorschläge, angenommene Vorschläge und deren Inkrafttreten.

·Art. 44 Authentische Texte Der letzte Artikel bestimmt, dass die arabische, chinesische, englische, französische, russische und spanische Fassung des Gemeinsamen Übereinkommens gleichermassen verbindlich sind.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

31

Auf den Bund

Nach Artikel 32 des Gemeinsamen Übereinkommens muss jede Vertragspartei zuhanden der periodisch stattfindenden Überprüfungstagungen in einem Bericht darlegen, wie sie den Verpflichtungen des Gemeinsamen Übereinkommens in ihrem Hoheitsgebiet nachkommt. Diese Berichterstattung und die damit zusammenhängende Teilnahme an den entsprechenden Tagungen obliegt der HSK. Insbesondere die erstmalige Erstellung dieses Berichtes wird für d'ie HSK einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeuten. Für die künftigen Berichte wird dieser Aufwand eher abnehmen. Der Aufwand der HSK dürfte sich in ähnlichem Rahmen wie für clie Erfüllung des Übereinkommens über nukleare Sicherheit bewegen und kann mit den vorhandenen personellen und finanziellen Mitteln gedeckt werden. Die Kosten für das Sekretariat werden gemäss Artikel 37 von der IAEO aus Mitteln des ordentlichen Budgets getragen.

32

Auf die Kantone und Gemeinden

Die Kantone und Gemeinden werden durch das Gemeinsame Übereinkommen nicht belastet.

4

Legislaturplanung

*

Da das Gemeinsame Übereinkommen innert kurzer Zeit ausgearbeitet wurde, ist die Vorlage in der Legislaturplanung 1995-1999 nicht angekündigt.

Es liegt jedoch im allgemeinen Interesse, die Sicherheit bei der Behandlung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen weltweit zu erhöhen'. Deshalb sollte das Gemeinsame Übereinkommen möglichst schnell in Kraft treten. Die Schweiz leistet mit-einer baldigen Ratifikation einen wichtigen Beitrag dazu. Gemäss Artikel 40 muss es nämlich von 25 Staaten ratifiziert werden. Am 6. Oktober 1998 lagen vier Ratifikationen vor.

4436

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·

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Europäische Union (EU) hat im Bereich der Sicherheit beim Umgang mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen die gleichen Ziele wie die Schweiz. Alle Mitgliedstaaten der EU haben bei der Erarbeitung des Gemeinsamen Übereinkommens mitgewirkt, 13 der 15 EU-Länder haben es bereits unterzeichnet.

Grundlage für das Kernenergierecht der EU ist der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG; Euratom). Er enthält Bestimmungen über die Forschungsförderung, die Verbreitung und Verwertung von Forschungsergebnissen, die Vereinheitlichung des Strahlenschutzes, die Investitionsforderung und die Errichtung gemeinsamer Unternehmen. Ausführlich geregelt sind sodann eine gemeinsame Versorgungspolitik für-Kernbrennstoffe sowie die Nonproliferationskontrollen, die heute mit den entsprechenden Kontrollen der IAEO koordiniert sind.

Schliesslich enthält der Vertrag Bestimmungen über den gemeinsamen Markt' auf dem Gebiet der Kernenergie sowie über die Beziehung zu Drittstaaten.

Weitere Bestimmungen sind als Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen Teil des geltenden Gemeinschaftsrechts. Grundnormen für den .Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen sind in der Richtlinie 96/29/Euratom festgelegt. Diese basieren wie auch die Schweizerische Strahle'nschutzgesetzgebung auf Empfehlungen der ICRP-60 {1990 ' Recommendations of thè International Commission on Radiological Protection). Die Überwachung und Kontrolle der Verbringung radioaktiver Abfalle von einem EUStaat in einen anderen, in die Gemeinschaft und aus der Gemeinschaft wird in der Richtlinie 92/3/Euratom geregelt. In Übereinstimmung mit dem Gemeinsamen Übereinkommen bedürfen danach grenzüberschreitende Transporte der Zustimmung der betroffenen Staaten.

6

Verfassungsmässigkeit

Artikel 8 der Bundesverfassung ermächtigt den Bund zum Abschluss von Staatsver'trägen. Die Genehmigung des Gemeinsamen Übereinkommens fällt nach Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung in die Zuständigkeit der Eidgenössischen Räte.

Das Gemeinsame Übereinkommen ist jederzeit auf ein Jahr kündbar (Art. 42). Es sieht keinen Beitritfzu einer internationalen Organisation vor. Ebensowenig wird eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbeigeführt, da das Gemeinsame Übereinkommen keine Verpflichtung zur Anwendung genauer Sicherheitsnormen enthält, sondern von den Vertragsparteien die Beachtung grundlegender Sicherheitsprinzipien beim Umgang' mit abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen verlangt. Der Genehmigungsbeschluss unterliegt nicht dem Staatsvertragsreferendum nach Artikel 89 Absatz 3 der Bundesverfassung.

. ·

10416

4437

Bundesbeschluss

Entwurf

betreffend das Gemeinsame Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung, ' nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 31. März 19991, beschliesst:

Art. l 1 Das Gemeinsame Übereinkommen vom 29. September 1997 über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle wird genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Gemeinsame Übereinkommen zu ratifzieren.

Art. 2

Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staats Vertragsreferendum.

10416

1

BBl 1999 4409

4438

Übersetzung*

*

*

*

··

Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

Präambel Die Vertragsparteien i) in der Erkenntnis, dass beim Betrieb von Kernreaktoren abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle anfallen und dass auch bei anderen kerntechnischen Anwendungen radioaktive Abfälle entstehen; ii) in der Erkenntnis, dass für die Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle dieselben Sicherheitsziele gelten; iii) in erneuter Bekräftigung der Bedeutung für die internationale Staatengemeinschaft, die der Gewährleistung der Planung und Umsetzung vernünftiger Verfahrensweisen zur Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zukommt; iv) in der Erkenntnis, dass es wichtig ist, die Öffentlichkeit über Fragen der Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle aufzuklären; v)

in dem Wunsch, weltweit eine wirksame nukleare Sicherheitskultur zu fördern;

vi) in erneuter Bekräftigung dessen, dass die Verantwortung für die Gewährleistung der Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle letztlich beim Staat liegt; vii) in -der Erkenntnis, dass die Festlegung einer Brennstoffkreislaufpolitik dem jeweiligen Staat obliegt, wobei manche Staaten abgebrannte Brennelemente als wertvolle Ressource betrachten, die wiederaufgearbeitet werden kann, während andere sich entscheiden, sie endzulagem; viii) in der Erkenntnis, dass abgebrannte Brennelemente und radioaktive Abfälle, die von "diesem Übereinkommen ausgenommen sind, weil sie Bestandteil von Militär- oder Verteidigungsprogrammen sind, im Einklang mit den in diesem Übereinkommen dargelegten Zielen behandelt werden sollen; ix) in Bekräftigung der Bedeutung internationaler. Zusammenarbeit zur Verbesserung der Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle .durch zweiseitige und mehrseitige Mechanismen und durch dieses wegbereitende Übereinkommen; x)

1

ini Bewusstsein der Bedürfnisse von Entwicklungsländern, insbesondere den am. wenigsten entwickelten Ländern, und von Staaten, deren Wirtschaftssysteme sich im Übergang befinden, sowie der Notwendigkeit, vorhandene

Zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz abgestimmte Übersetzung auf der Basis des englischen und des französischen Originaltextes.

4439

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

Mechanismen zur Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Rechte und Pflichten aus diesem wegbereitenden Übereinkommen zu fördern; xi) überzeugt, dass radioaktive Abfälle in dem Staat endgelagert werden sollen, in dem sie erzeugt wurden, soweit dies mit der Sicherheit der Behandlung dieses Materials vereinbar ist, und gleichzeitig in der Erkenntnis, dass unter bestimmten Umständen die sichere und effiziente Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle durch ' Vereinbarungen zwischen Vertragsparteien über die Nutzung einer ihrer Anlagen zu Gunsten der anderen Parteien gefördert werden könnte, insbesondere wenn die Abfälle aus gemeinsamen Projekten stammen; xii) in der Erkenntnis, dass jeder Staat das Recht hat, die Einfuhr von ausländi-.

sehen abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen in sein Hoheitsgebiet zu verbieten; xiii) eingedenk des Übereinkommens von 1994 über nukleare Sicherheit, des Übereinkommens von 1986 über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen, des Übereinkommens von 1986 über Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen oder strahlungsbedingten Notfällen, des Übereinkommens Von 1980 über den physischen Schutz von Kernmaterial, des Übereinkommens über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen in der geänderten Fassung von 1994 sowie anderer einschlägiger internationaler Instrumente; xiv) eingedenk der Grundsätze, die in den interinstitutionellen «Internationale Sicherheitsgrundnormen für den Schutz vor ionisierender Strahlung und für die Sicherheit von Strahlenquellen»2 von 1996, in den Sicherheitsgrundlagen der IAEO mit dem Titel «Die Grundsätze bei der Behandlung radioaktiver Abfälle»3 von 1995 und in den vorhandenen internationalen Normen über die Sicherheit des Transports radioaktiven Materials verankert sind; xv) unter Hinweis auf Kapitel 22 der 1992 von der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedeten Agenda 21, das die überragende Bedeutung der sicheren und umweltverträglichen Behandlung radioaktiver Abfälle bekräftigt; xvi) in der Erkenntnis, dass eine Stärkung des internationalen Kontrollsystems, insbesondere für das in Artikel l Absatz 3 des Basler Übereinkommens von .1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung genannte radioaktive Material, wünschenswert ist sind wie folgt übereingekommen:

2 3

Englischer Titel: International Basic Safety Standards for Protection against lonizing Radiation and for thè Safety of Radiation Sources Englischer Titel: The Principles of Radioactive Waste Management

4440



Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

Kapitel l Ziele, Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich Art. l Ziele Ziele dieses Übereinkommens sind: i) Erreichung und Beibehaltung eines weltweit hohen Sicherheitsstandes bei der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfalle durch Verbesserung innerstaatlicher Massnahmen und internationaler Zusammenarbeit, gegebenenfalls einschliesslich sicherheitsbezogener technischer Zu, sammenarbeit; ii) Gewährleistung wirksamer Abwehrvorkehrungen -gegen eine mögliche Gefährdung in allen Stufen der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, \im den Einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt heute und in Zukunft vor schädlichen Auswirkungen ionisierender Strahlung zu schützen, und dies in einer Weise, dass die Bedürfnisse und Wünsche der heutigen Generation erfüllt werden, ohne dass die Fähigkeit künftiger Generationen, die eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen, aufs Spiel gesetzt wird; Üi) Verhütung von Unfällen mit .strahlungsbedingten Folgen und Milderung solcher Folgen, falls sie in irgendeiner Stufe der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle eintreten.

Art. 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet a)

«abgebrannte Brennelemente» nuklearen Brennstoff, der in einem Reaktor· kern bestrahlt und dauerhaft aus diesem entfernt worden ist;

b)

«Ableitungen» geplante und kontrollierte Freisetzungen flüssiger oder gasförmiger radioaktiver Stoffe, die rechtmässig im Rahmen der von der staatlichen Stelle genehmigten Grenzwerte aus staatlich beaufsichtigten kerntechnischen Anlagen während des Normalbetriebs in die Umwelt erfolgen;

c)

«Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente» jede Anlage oder Einrichtung, deren Hauptzweck die Behandlung abgebrannter Brennelemente ist;

d)

«Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfalle» jede Anlage oder Einrichtung, deren Hauptzweck die Behandlung radioaktiver Abfalle ist, wobei eine kerntechnische Anlage während der Stilllegung nur dann eingeschlossen ist, wenn sie von der Vertragspartei als Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle bezeichnet wird;

e)

«Behandlung abgebrannter Brennelemente» sämtliche Tätigkeiten, welche die Handhabung oder.Lagerung abgebrannter Brennelemente betreffen, ausgenommen die Beförderung ausserhalb der Anlage. Diese können auch Ableitungen einschliessen;

4441

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

f)

«Behandlung radioaktiver Abfälle» sämtliche Tätigkeiten, einschliesslich Stilllegungstätigkeiten, die mit der Handhabung, Vorbearbeitung, Bearbeitung, Konditibnierung, Lagerung oder Endlagerung radioaktiver Abfälle zusammenhängen, ausgenommen die Beförderung ausserhalb der Anlage. Diese können auch Ableitungen einschliessen;

g)

«Bestimmungsstaat» einen Staat, zu dem eine grenzüberschreitende Verbringung geplant ist oder stattfindet;

h)

«Durchfuhrstaat» jeden Staat, der nicht Ursprungs- oder Bestimmungsstaat ist und durch dessen Hoheitsgebiet eine grenzüberschreitende Verbringung geplant ist oder stattfindet; «Endlagerung» die Einlagerung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle in einer geeigneten Anlage, wobei eine Rückholung nicht beabsichtigt ist;

i)

j)

«Genehmigung» jede von einer staatlichen Stelle erteilte Ermächtigung, Erlaubnis oder Bescheinigung, eine mit der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfalle verbundene Tätigkeit auszuüben;

k)

«Betriebsdauer den Zeitraum, in dem eine Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle bestimmungsgemäss genutzt wird. Bei einem Endlager beginnt dieser Zeitraum mit der ersten Einlagerung der abgebrannten Brennelemente oder radioaktiven Abfälle in der Anlage und endet mit dem Verschluss der Anlage;

1)

«grenzüberschreitende Verbringung» jede Beförderung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle aus einem Ursprungsstaat in einen Bestimmungsstaat; m) «kerntechnische Anlage» eine zivile Anlage mit ihrem Gelände, ihren Gebäuden und ihrer Ausrüstung, in der radioaktives Material in solchem Umfang hergestellt, verarbeitet, verwendet, gehandhabt, gelagert oder endgelagert wird, dass Sicherheitsüberlegungen erforderlich sind; n)

o)

«Lagerung» das Aufbewahren abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle in einer Anlage, in der für ihren Einschluss gesorgt wird, wobei eine Rückholung beabsichtigt ist;

«radioaktive Abfälle» radioaktives Material in gasförmiger, flüssiger oder fester Form, für das von der Vertragspartei oder von einer natürlichen oder juristischen Person, deren Entscheidung von der Vertragspartei anerkannt wird, eine Weiterverwendung nicht vorgesehen ist und das von einer staatlichen Stelle im Rahmen von Gesetzgebung und Vollzug der Vertragspartei kontrolliert wird;.

p) «staatliche Stelle» eine oder mehrere Stellen, die von der Vertragspartei mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet sind, jeden Aspekt der sicheren Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle, einschliesslich der Erteilung von Genehmigungen, zu regeln;

4442

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

· i

q) ·

«Stillegung» alle Schritte, die zur Entlassung kerntechnischer Anlagen, ausgenommen Endlager, aus staatlicher Kontrolle führen-. Dazu gehören auch die Dekontaminations- und Demontagearbeiten;

r)

«geschlossene Quelle» radioaktives Material in fester Form, das dauerhaft in einer Kapsel eingeschlossen oder dicht verschlossen ist, ausgenommen Brennelemente von Kernreaktoren; «Ursprungsstaat» einen Staat, aus dem eine grenzüberschreitende Verbringung geplant ist oder eingeleitet wird; «Verschluss» die Beendigung aller betrieblichen Tätigkeiten zu irgendeinem Zeitpunkt nach der Einlagerung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle in einem Endlager. Darin eingeschlossen sind die abschliessenden technischen oder sonstigen Arbeiten, die erforderlich sind, um die Anlage in einen langfristig sicheren Zustand zu versetzen;

s) t)

u)

Art. 3

«Wiederaufarbeitung» ein. Verfahren oder einen Vorgang, dessen Zweck die Gewinnung radioaktiver Isotope aus abgebrannten Brennelementen für die Weiterverwendung ist.

Anwendungsbereich

(1) Dieses Übereinkommen findet auf die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente Anwendung, soweit diese aus dem Betrieb ziviler Kernreaktoren stammen. Abgebrannte Brennelemente, die sich im Rahmen einer Wiederaufarbeitungstätigkeit in Wiederaufarbeitungsanlagen befinden, sind nicht vom Anwendungsbereich dieses Übereinkommens erfasst, sofern die Vertragspartei nicht die Wiederaufarbeitung zu einem Teil der Behandlung abgebrannter Brennelemente erklärt.

(2) Dieses Übereinkommen findet ferner auf die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle Anwendung, soweit diese aus zivilen Anwendungen stammen. Dieses Übereinkommen findet jedoch keine Anwendung auf Abfalle, die nur natürlich vorkommende radioaktive Stoffe enthalten und nicht aus dem Kernbrennstoffkreislauf stammen, sofern sie nicht eine ausgediente geschlossene Quelle sind oder von der Vertragspartei zu radioaktiven Abfallen im Sinne dieses Übereinkommens erklärt werden.

(3) Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfalle innerhalb von Militär- oder Verteidigungsprogrammen, sofern sie nicht von der Vertragspartei zu abgebrannten Brennelementen oder radioaktiven Abfallen im Sinne dieses Übereinkommens erklärt werden. Dieses Übereinkommen findet jedoch Anwendung auf die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle aus Militär- oder Verteidigungsprogfammen, wenn dieses Material dauerhaft in ausschliesslich zivile Programme übergeführt und dort behandelt wird.

(4) Dieses Übereinkommen findet ferner auf Ableitungen im Sinne der Artikel 4, 7, 11,14, 24 und 26 Anwendung.

4443

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

Kapitel 2 Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente Art. 4

Allgemeine Sicherheitsanforderungen

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass in allen Stufen der Behandlung abgebrannter Brennelemente der Einzelne, die Gesellschaft und die Umwelt angemessen vor strahlungsbedingter Gefährdung geschützt sind.

Zu diesem Zweck trifft jede Vertragspartei die geeigneten Massnahmen, i)

um sicherzustellen, dass der Kritikalität und der Abführung der während der Behandlung abgebrannter Brennelemente entstehenden Restwärme angemessen Rechnung getragen wird;

ii)

um sicherzustellen, dass die Erzeugung radioaktiver Abfälle im Zusammenhang mit der Behandlung abgebrannter Brennelemente im Einklang mit der gewählten Brennstoffkreislaufpolitik auf das praktisch mögliche Mindestmass beschränkt wird;

.^ ^A ^^

iii) um die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Schritten der Behandlung abgebrannter Brennelemente zu berücksichtigen; iv) um durch die Anwendung geeigneter Schutzmethoden, die von der staatlichen Stelle genehmigt worden sind, auf nationaler Ebene für einen wirksamen Schutz des Einzelnen, der Gesellschaft und der Umwelt zu sorgen, und zwar im Rahmen innerstaatlicher Rechtsvorschriften, die international anerkannten Kriterien und Normen gebührend Rechnung tragen;

v) um die biologische, chemische und sonstige Gefahrdung, die mit der Behandlung abgebrannter Brennelemente verbunden sein kann, zu berücksichtigen; vi) um sich zu bemühen, Handlungen zu vermeiden, deren vernünftigerweise vorhersehbare Auswirkungen auf künftige Generationen grösser sind als die für die heutige Generation zulässigen; vii) um zu versuchen, künftigen Generationen keine unangemessenen Belastungen aufzubürden.

' Art. 5

Vorhandene Anlagen

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um die Sicherheit jeder Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente, die zu dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für die Vertragspartei in Kraft tritt, vorhanden ist, zu überprüfen und um sicherzustellen, dass nötigenfalls alle zumutbaren und praktisch möglichen Verbesserungen zur Erhöhung der Sicherheit dieser Anlage vorgenommen werden.

/f/]/]/]

j^

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

Art. 6

Wahl des Standorts geplanter Anlagen

(1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass für eine geplante Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente Verfahren festgelegt und angewendet werden, i)

um die Bewertung aller einschlägigen standortbezogenen Faktoren zu ermöglichen, welche die Sicherheit einer solchen Anlage während ihrer Betriebsdauer beeinträchtigen könnten;

ii)

um die Bewertung der mutmasslichen Auswirkungen einer solchen Anlage auf die Sicherheit des Einzelnen, der Gesellschaft uad der Umwelt zu ermöglichen;

iii) um der Öffentlichkeit Informationen über die Sicherheit einer solchen Anlage zugänglich zu machen; iv) um Konsultationen mit Vertragsparteien in der Nachbarschaft einer solchen Anlage aufnehmen zu können, soweit säe durch diese Anlage betroffen sein könnten, und um die Übermittlung allgemeiner Daten über die Anlage an sie auf ihr Verlangen zu ermöglichen, damit diese die mutmasslichen Auswirkungen der Anlage auf die Sicherheit ihres Hoheitsgebiets beurteilen können.

(2) Zu diesem Zweck trifft jede Vertragspartei die geeigneten Massnahmen, um durch die Wahl des Standorts nach den allgemeinen Sicherheitsanforderungen des Artikels 4 sicherzustellen, dass diese Anlagen keine unannehmbaren Auswirkungen für andere Vertragsparteien haben.

Art. 7

Auslegung und Bau von Anlagen

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i)

dass bei der Auslegung und dem Bau einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente geeignete Vorkehrungen zur Begrenzung möglicher strahlungsbedingter Auswirkungen auf den Einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt, auch auf Grund von Ableitungen oder unkontrollierten Freisetzungen, getroffen werden;

ii)

dass im Stadium der Auslegung Planungskonzepte und, soweit erforderlich, technische Vorschriften für die Stilllegung einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente berücksichtigt werden;

iii) dass sich die bei der Auslegung und dem Bau einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente eingesetzten Techniken auf Erfahrung, Erprobung oder Analyse stützen.

Art. 8

Bewertung der Anlagensicherheit

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i)

dass vor dem Bau einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente entsprechend der von der Anlage ausgehenden Gefahrdung und unter Berücksichtigung ihrer Betriebsdauer eine systematische Sicherheitsbewer4445

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

'Ü)

tung und eine Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt vorgenommen werden; dass vor Inbetriebnahme einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente auf den neuesten Stand gebrachte detaillierte Fassungen der Sicherheitsbewertung und der Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt erstellt werden, sofern dies zur Vervollständigung der unter Ziffer i genannten-Bewertungen für notwendig erachtet wird,

Art. 9

Betrieb von Anlagen

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i) dass die Genehmigung für den Betrieb einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente auf geeigneten Bewertungen nach Artikel 8 beruht und von der Durchführung eines Programms zur Inbetriebnahme abhängt, das zeigt, dass die Anlage, wie sie gebaut wurde, den Auslegungs- und Sicherheitsanforderungen entspricht; ii) dass die aus Erprobungen, der Betriebserfahrung und den Bewertungen nach Artikel 8 hervorgehenden betrieblichen Grenzwerte und Bedingungen festgelegt und bei Bedarf überarbeitet werden; iii) dass Betrieb, Wartung, Überwachung, Inspektion und Erprobung einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente in Übereinstimmung mit festgelegten Verfahren erfolgen; iv) dass die ingenieurtechnische und technische Unterstützung in allen sicherheitsbezogenen Bereichen während der Betriebsdauer einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente zur Verfügung steht; v)

dass für die Sicherheit bedeutsame Ereignisse der staatlichen Stelle rechtzeitig vom Inhaber der Genehmigung gemeldet werden; vi) dass Programme zur Sammlung und Analyse einschlägiger Betriebserfahmngen aufgestellt werden und dass die Ergebnisse daraus gegebenenfalls als Grundlage des Handelns dienen; vii), dass.fur eine Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente Stilllegungspläne ausgearbeitet und bei Bedarf unter Verwendung von Informationen, die während der Betriebsdauer dieser Anlage gesammelt wurden, auf den neuesten Stand gebfacht und von der staatlichen Stelle überprüft werden.

Art 10

Endlagerung abgebrannter Brennelemente

Hat eine Vertragspartei im Einklang mit ihrem Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug abgebrannte Brennelemente für die Endlagerung bestimmt, so erfolgt die Endlagerung dieser abgebrannten Brennelemente in Übereinstimmung mit den in Kapitel 3 enthaltenen Verpflichtungen hinsichtlich der Endlagerung radioaktiver-Abfälle.

4446

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

Kapitel 3 Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle Art. 11 Allgemeine Sicherheitsanforderungen Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass in allen Stufen der Behandlung radioaktiver Abfälle der Einzelne, die Gesellschaft und die Umwelt angemessen vor strahlungsbedingter und sonstiger Gefährdung geschützt sind.

Zu diesem Zweck trifft jede Vertragspartei die geeigneten Massnahmen, i) um sicherzustellen, dass der Kritikalität und der Abführung der während der Behandlung radioaktiver Abfälle entstehenden Restwärme angemessen Rechnung getragen wird; ii) um sicherzustellen, dass die Erzeugung radioaktiver Abfälle auf das praktisch mögliche Mindestmass beschränkt wird; · iii) um die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen, den verschiedenen Schritten der Behandlung radioaktiver Abfälle zu berücksichtigen; iv) um durch die Anwendung geeigneter Schutzmethoden, die von der staatlichen Stelle genehmigt worden sind, auf nationaler Ebene für einen wirksamen Schutz des Einzelnen, der Gesellschaft und der Umwelt zu sorgen, und zwar im Rahmen innerstaatlicher Rechtsvorschriften, die international anerkannten Kriterien und Normen gebührend Rechnung tragen; · v) um die biologische, chemische und sonstige Gefährdung, die mit der Behandlung radioaktiver Abfälle verbunden sein kann, zu berücksichtigen; vi) um sich zu bemühen, Handlungen zu vermeiden, deren vernünftigerweise vorhersehbare Auswirkungen auf künftige Generationen grösser sind als die für die heutige Generation zulässigen; vü) um zu versuchen, künftigen Generationen keine unangemessenen Belastungen aufzubürden.

Art. 12 Vorhandene Anlagen und frühere Tätigkeiten Jede Vertragspartei trifft zur gegebenen Zeit die geeigneten Massnahmen, i) um die Sicherheit jeder Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle, die.zu dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für die Vertragspartei in Kraft tritt, vorhanden ist, zu überprüfen und um sicherzustellen, dass nötigenfalls alle zumutbaren und praktisch möglichen Verbesserungen zur Erhöhung der Sicherheit dieser Anlage vorgenommen werden; ii) um die Folgen früherer Tätigkeiten zu überprüfen und dann zu entscheiden, ob aus Strahlenschutzgründen ein Eingreifen erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass die Verminderung der Beeinträchtigung infolge der Verringerung der Strahlenbelastung so erheblich sein soll, dass sie den Schaden und die Kosten, einschliesslich der sozialen Kosten, eines solchen Eingreifens rechtfertigt.

4447

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

Art. 13

Wahl des Standorts geplanter Anlagen

(1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass für eine geplante Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle Verfahren festgelegt und angewendet werden, i)

um die Bewertung aller einschlägigen standortbezogenen Faktoren zu ermöglichen, welche die Sicherheit einer solchen Anlage während ihrer Betriebsdauer sowie die Sicherheit eines Endlagers nach dem 'Verschluss beeinträchtigen könnten;

ii)

um die Bewertung der mutmasslichen Auswirkungen einer solchen Anlage auf die Sicherheit des Einzelnen, der Gesellschaft und der Umwelt zu ermöglichen, wobei eine mögliche Veränderung der Standortbedingungen von Endlagern nach dem Verschluss zu berücksichtigen ist;

iii) um der Öffentlichkeit Informationen über die Sicherheit einer solchen Anlage zugänglich zu machen; , iv) um Konsultationen mit Vertragsparteien in der Nachbarschaft einer solchen Anlage aufnehmen zu können, soweit sie durch diese Anlage betroffen sein könnten, und um die Übermittlung allgemeiner Daten über die Anlage an sie auf ihr Verlangen zu ermöglichen, damit diese die mutmasslichen Auswirkungen der Anlage auf die Sicherheit ihres Hoheitsgebiets beurteilen können.

(2) Zu diesem Zweck trifft jede Vertragspartei die geeigneten Massnahmen, um durch die Wahl des Standorts nach den allgemeinen Sicherheitsanforderungen des Artikels 11 sicherzustellen, dass diese Anlagen keine unannehmbaren Auswirkungen auf andere Vertragsparteien haben.

Art. 14

Auslegung und Bau von Anlagen

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i)

dass bei der Auslegung und dem Bau einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle geeignete Vorkehrungen zur Begrenzung möglicher strahlungsbedingter Auswirkungen auf den Einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt, auch auf Grund von Ableitungen oder unkontrollierten Freisetzungen, getroffen werden;

ü)

dass im Stadium der Auslegung Planungskonzepte und, soweit erforderlich, technische Vorschriften für die Stillegung einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle, ausgenommen Endlager, berücksichtigt werden;

iii)

dass im Stadium der Auslegung technische Vorschriften für den Verschluss eines Endlagers ausgearbeitet werden;

iv) dass sich die bei der Auslegung und dem Bau einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle eingesetzten Techniken auf Erfahrung, Erprobung oder Analyse stützen.

4448

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

Art. 15 Bewertung der Anlagensicherheit Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahfhen, um sicherzustellen, i) dass vor dem Bau einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle entsprechend der von der Anlage ausgehenden Gefährdung und unter Berücksichtigung ihrer Betriebsdauer eine systematische Sicherheitsbewertung und eine Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt vorgenommen werden; ii) dass ausserdem vor dem Bau eines Endlagers für die Zeit nach dem Verschluss eine systematische Sicherheitsbewertung und eine Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt vorgenommen und die Ergebnisse anhand der von der staatlichen Stelle festgelegten Kriterien bewertet werden; iii) dass vor Inbetriebnahme einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle auf den neuesten Stand gebrachte detaillierte Fassungen der Sicherheitsbewertung und der Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt erstellt werden, sofern dies zur Vervollständigung der unter Ziffer i genannten Bewertungen für notwendig erachtet wird.

Art. 16 .

Betrieb von Anlagen Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i)

dass die Genehmigung für den Betrieb einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle auf geeigneten Bewertungen nach Artikel 15 beruht und von der Durchführung eines Programms zur Inbetriebnahme abhängt, das zeigt, dass die Anlage, wie sie gebaut wurde, den Auslegungs- und Sicherheitsanforderungen entspricht;

ii)

dass die aus Erprobungen^ der Betriebserfahrung und den Bewertungen nach Artikel 15 hervorgehenden betrieblichen Grenzwerte und Bedingungen festgelegt und bei Bedarf überarbeitet werden;

iii) dass Betrieb, Wartung, Überwachung, Inspektion und Erprobung einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle in Übereinstimmung mit festgelegten Verfahren erfolgen. Bei einem Endlager werden die dabei erzielten Ergebnisse dazu verwendet, die Gültigkeit getroffener Annahmen nachzuweisen und zu prüfen und die Bewertungen nach Artikel 15 für die Zeit nach dem Verschluss auf den neuesten Stand zu bringen;

·

iv) dass die ingenieurtechnische und technische Unterstützung in allen sicherheitsbezogenen Bereichen während der Betriebsdauer einer Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle zur Verfügung steht; v) '

dass Verfahren zur Beschreibung und Trennung radioaktiver Abfälle angewendet werden;

vi) dass für die Sicherheit bedeutsame Ereignisse der staatlichen Stelle rechtzeitig vom Inhaber der Genehmigung gemeldet werden; vii) dass Programme zur Sammlung und Analyse einschlägiger Betriebserfahrungen aufgestellt werden und dass die Ergebnisse daraus gegebenenfalls als Grundlage des Hartdelns dienen;

4449

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

viÜ) dass für eine Anlage zur Behandlung radioaktiver Abfälle, ausgenommen Endlager, Stilllegungspläne ausgearbeitet und bei Bedarf unter Verwendung von Informationen, die während der Betriebsdauer dieser Anlage gesammelt wurden, auf den neuesten Stand gebracht und von der staatlichen Stelle überprüft werden; ix) dass Pläne für den Verschluss eines Endlagers ausgearbeitet und bei Bedarf . unter Verwendung von Informationen, die während der Betriebsdauer dieser Anlage gesammelt wurden, auf den neuesten Stand gebracht und von der staatlichen Stelle überprüft werden.

Art. 17

Behördliche Massnahmen nach dem Verschluss

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass nach dem Verschluss eines Endlagers i)

die von der staatlichen Stelle benötigten Unterlagen über die örtlichen Gegebenheiten, die Auslegung und Bestände der betreffenden Anlage aufbewahrt werden;

ii)

bei Bedarf aktive oder passive behördliche Kontrollen wie etwa_ Überwachungen oder Zugangsbeschränkungen durchgeführt werden;

ni) gegebenenfalls eingegriffen wird, wenn zu irgendeiner Zeit während einer aktiven behördlichen Kontrolle eine ungeplante Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt erkannt wird.

Kapitel 4 Allgemeine Sicherheitsbestimmungen Art. 18

Durchführungsmassnahmen

Jede Vertragspartei trifft im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts die Gesetzes-, Verordnungs- und Verwaltungsmassnahmen und unternimmt sonstige Schritte, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen erforderlich sind.

Art. 19

Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug

(1) Jede Vertragspartei schafft einen Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug zur Regelung der Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle und erhält diesen aufrecht.

(2) Dieser Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug sieht folgendes vor: i)

die Schaffung einschlägiger innerstaatlicher Sicherheitsanforderungen und Strahlenschutzregelungen; '

ii) · ein Genehmigungssystem für Tätigkeiten bei der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle; iii) ein System, das verbietet, eine Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle ohne Genehmigung zu betreiben; 4450



Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

iv) ein System angemessener behördlicher Kontrollen, staatlicher Prüfung sowie Dokumentation und Berichterstattung; v)

die Durchsetzung der einschlägigen Vorschriften und Genehmigungsbestimmungen;

vi) eine eindeutige Zuweisung der Verantwortung der an den verschiedenen Schritten der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle beteiligten Stellen.

(3) Bei der Prüfung der Frage, ob radioaktives Material der für radioaktive Abfälle geltenden staatlichen Aufsicht unterliegen soll, tragen die Vertragsparteien den Zielen dieses Übereinkommens gebührend Rechnung.

, Art. 20

Staatliche Stelle

(1) Jede Vertragspartei errichtet oder bestimmt eine staatliche Stelle, 'die mit der Durchführung des in Artikel 19 genannten Rahmens für Gesetzgebung und Vollzug betraut und mit .entsprechenden Befugnissen, Zuständigkeiten, Finanzmitteln und Personal ausgestattet ist, um die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

(2) Jede Vertragspartei trifft im Einklang mit ihrem Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug die geeigneten Massnahmen, um die tatsächliche Unabhängigkeit der staatlichen Aufgaben von anderen Aufgaben sicherzustellen, wenn Organisationen sowohl an der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle als auch an der staatlichen Aufsicht darüber beteiligt sind.

Art. 21

Verantwortung des Genehmigungsinhabers

(1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Verantwortung für die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle in erster Linie dem jeweiligen Genehmigungsinhaber obliegt, und trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass jeder Inhaber einer solchen Genehmigung seiner Verantwortung nachkommt.

(2) Gibt es keinen Genehmigungsinhaber oder anderen Verantwortlichen, so liegt die Verantwortung bei der Vertragspartei, der die Hoheitsbefugnisse über die abgebrannten Brennelemente oder die radioaktiven Abfälle zukommen.

Art 22

Personal und Finanzmittel

Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i)

dass während der Betriebsdauer einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle das benötigte qualifizierte Personal für sicherheitsbezogene Tätigkeiten zur Verfügung steht;

ii)

dass angemessene Finanzmittel zur Unterstützung der Sicherheit von Anlagen zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle während ihrer Betriebsdauer und für die Stilllegung zur Verfügung stehen;

iii) dass finanzielle Vorsorge getroffen wird, um die Fortführung der entsprechenden behördlichen Kontrollen und Überwachungsmassnahmen während

4451

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

des für erforderlich erachteten Zeitraums nach dem Verschluss eines Endlagers zu ermöglichen.

Art. 23 Qualitätssicherung Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Massnahmen, um sicherzustellen,-dass geeignete Programme zur Qualitätssicherung im Hinblick auf die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfalle aufgestellt und durchgeführt werden.

Art. 24 Strahlenschutz während des Betriebs (1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass während der Betriebsdauer einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle i) die von der Anlage ausgehende Strahlenbelastung für die Beschäftigten und die Öffentlichkeit so gering wie vernünftigerweise erzielbar gehalten wird, wobei wirtschaftliche und soziale Faktoren berücksichtigt werden; ii) niemand unter normalen Umständen einer Strahlendosis ausgesetzt wird, welche die innerstaatlich vorgeschriebenen Grenzwerte, die international anerkannten Strahlenschutznormen gebührend Rechnung tragen, überschreitet; üi) Massnahmen zur Verhinderung ungeplanter und unkontrollierter Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umwelt getroffen werden.

(2) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass Ableitungen begrenzt werden, i) damit die Strahlenbelastung so gering wie vernünftigerweise erzielbar gehalten wird, wobei wirtschaftliche und soziale Faktoren berücksichtigt werden; ii)

damit niemand unter normalen Umständen einer Strahlendosis ausgesetzt wird, welche die innerstaatlich vorgeschriebenen Grenzwerte, die international anerkannten Strahlenschutznormen gebührend Rechnung tragen, überschreitet.

(3) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass während der Betriebsdauer einer staatlich beaufsichtigten, kerntechnischen Anlage für den Fall, dass es zu einer ungeplanten und unkontrollierten Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt kommt, entsprechende Abhilfemassnahmen ergriffen werden, um die Freisetzung unter Kontrolle zu bringen und ihre Folgen zu mildern.

Art. 25 Notfallvorsorge (1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass vor Inbetriebnahme und während des Betriebs einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle innerhalb und nötigenfalls auch ausserhalb der Anlage geeignete Notfallpläne zur Verfügung stehen. Diese Notfallpläne sollen in ausreichend häufigen Abständen erprobt werden.

4452



Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

(2) Jede Vertragspartei trifft in dem Masse, wie sie von einem strahlungsbedingten Notfall in einer Anlage zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle in der Nähe ihres Hoheitsgebiets betroffen sein könnte, die geeigneten' Massnahmen zur Vorbereitung und Erprobung von Notfallplänen für ihr Hoheitsgebiet.

Art 26 Stilliegung Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um die Sicherheit der Stilliegung einer kemtechnischen Anlage zu gewährleisten. Diese Massnahmen haben sicherzustellen, i) dass qualifiziertes Personal und ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen; ii) dass die Bestimmungen des Artikels 24 über den Strahlenschutz während des Betriebs, über Ableitungen sowie über ungeplante und unkontrollierte Freisetzungen zur Anwendung kommen; Üi) dass die Bestimmungen des Artikels 25 über die Notfallvorsorge zur Anwendung kommen; iv) dass Aufzeichnungen über Informationen, die für eine Stilliegung wichtig sind, aufbewahrt werden.

Kapitel 5

Verschiedene Bestimmungen Art. 27 Grenzüberschreitende Verbringung (1) Jede an einer grenzüberschreitenden Verbringung beteiligte Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass eine solche Verbringung in einer Weise durchgeführt wird, die im Einklang mit diesem Übereinkommen und den einschlägigen verbindlichen internationalen Übereinkünften steht.

Zu diesem Zweck i) trifft eine Vertragsparteir die Ursprungsstaat ist, die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass die grenzüberschreitende Verbringung genehmigt ist und nur nach vorheriger Notifikation und Zustimmung des Bestimmungsstaats stattfindet; ii) unterliegt eine grenzüberschreitende Verbringung durch Durchfuhrstaaten den internationalen Verpflichtungen, die für die jeweils verwendeten Beförderungsarten massgeblich sind; iii) stimmt eine Vertragspartei, die Bestimmungsstaat ist, einer grenzüberschreitenden Verbringung .nur dann zu, wenn sie über die erforderlichen administrativen und technischen Mittel sowie über die zum Vollzug erforderliche Struktur zur Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle in einer im Einklang mit diesem Übereinkommen stehenden Weise verfügt;

4453

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

iv) genehmigt eine Vertragspartei, die Ursprungsstaat ist, eine grenzüberschreitende Verbringung nur dann, wenn sie sich im Einklang mit der Zustimmung des Bestimmungsstaats die Gewissheit verschaffen kann, dass die Anforderungen der Ziffer iii vor der grenzüberschreitenden Verbringung erfüllt sind; v) trifft eine Vertragspartei, die Ursprungsstaat ist, für den Fall, dass eine grenzüberschreitende Verbringung nicht in Übereinstimmung mit diesem Artikel zu Ende geführt wird oder werden kann, die geeigneten Massnahmen, um die .Wiedereinfuhr in ihr Hoheitsgebiet zu gestatten, sofern nicht eine andere sichere Regelung getroffen werden kann.

(2) Eine Vertragspartei darf keine Genehmigung für die Beförderung ihrer abgebrannten Brennelemente oder radioaktiven Abfälle an einen südlich von 60 Grad südlicher Breite gelegenen Bestimmungsort zur Lagerung oder Endlagerung erteilen.

(3) Dieses Übereinkommen lässt Folgendes unberührt: i) die Wahrnehmung der im Völkerrecht vorgesehenen Rechte und Freiheiten der See- und Flussschifffahrt durch Schiffe und des Überflugs durch Luftfahrzeuge aller Staaten; ii) das Recht einer Vertragspartei; zu der radioaktive Abfalle zur Aufbereitung ausgeführt worden sind, die radioaktiven Abfälle und andere Erzeugnisse nach der Aufbereitung in den Ursprungsstaat zurückzuführen oder für ihre Rückführung zu sorgen; iii) das Recht einer Vertragspartei, ihre abgebrannten Brennelemente zur Wiederaufarbeitung auszuführen;

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iv) das Recht einer Vertragspartei, zu der abgebrannte Brennelemente zur Wiederaufarbeitung ausgeführt worden sind, radioaktive Abfälle und andere Erzeugnisse, die aus der Wiederaufarbeitung stammen, in den Ursprungsstaat zurückzuführen oder für ihre Rückführung zu sorgen.

Art. 28 Ausgediente geschlossene Quellen (1) Jede Vertragspartei trifft im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass der Besitz, die Wiedernutzbarmachung oder

die Endlagerung ausgedienter geschlossener Quellen auf sichere Art und Weise erfolgt.

· (2) Eine Vertragspartei erlaubt die Wiedereinfuhr ausgedienter geschlossener Quellen in ihr Hoheitsgebiet, wenn sie im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts zugestimmt hat, dass diese Quellen an einen Hersteller zurückgeführt werden, der zur Entgegennahme und zum Besitz ausgedienter geschlossener Quellen befugt ist.

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Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

Kapitel 6 Tagungen der Vertragsparteien Art. 29

Vorbereitungstagung

(l)Eine Vorbereitungstagung der Vertragsparteien findet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens statt.(2) Auf dieser Tagung wird von den Vertragsparteien i) der Zeitpunkt für die in Artikel 30 bezeichnete erste Überprüfungstagung festgelegt. Diese Überprüfungstagung findet so bald wie möglich statt, spätestens jedoch dreissig Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens; ii)

eine Geschäftsordnung und Finanzregeln ausgearbeitet und durch Konsens angenommen; iii) insbesondere und in Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung Folgendes festgelegt: a) Richtlinien hinsichtlich Form und Gliederung der nach Artikel 32 vorzulegenden Staatenberichte; b) der Zeitpunkt für die Vorlage der Berichte;

c) das Verfahren zur Überprüfung der Berichte.

(3) Jeder Staat und jede regionale Organisation mit Intégrations- oder anderem Charakter, die dieses Übereinkomme^ ratifizieren, annehmen, genehmigen, ihm beitreten oder es bestätigen und für die dieses Übereinkommen noch nicht in Kraft ist, dürfen an der Vorbereitungstagung teilnehmen, .als ob. sie Vertragspartei dieses Übereinkommens wären.

Art. 30

Überprüfungstagungen

(1) Die Vertragsparteien halten Tagungen zur Überprüfung der nach Artikel 32 vorgelegten Berichte ab.

(2) Auf jeder Überprüfungs tagung i)

legen die Vertragsparteien den Zeitpunkt für die nächste Überprüfungstagung fest, wobei die Zeitspanne zwischen den Überprüfungstagungen drei Jahre nicht überschreiten darf;

ii)

können die Vertragsparteien die nach Artikel 29 Absatz 2 getroffenen Regelungen überprüfen und Änderungen durch Konsens annehmen, sofern in der Geschäftsordnung nichts anderes vorgesehen ist. Sie können auch die Geschäftsordnung und die Finanzregeln durch Konsens ändern.

(3) Auf jeder Überprüfungstagung erhält jede Vertragspartei angemessen Gelegenheit, die von anderen Vertragsparteien vorgelegten Berichte zu erörtern und um Klarstellung zu diesen Berichten zu ersuchen.

4455

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

Art. 31

Ausserordentliche Tagungen

Eine ausserordentliche Tagung der Vertragsparteien Ì) findet statt, wenn dies von der Mehrheit der auf einer Tagung anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien vereinbart wird, oder ii)

Art. 32

findet auf schriftliches Ersuchen einer Vertragspartei innerhalb von-sechs Monaten nach dem Zeitpunkt statt, zu dem dieses Ersuchen den Vertragsparteien übermittelt wurde und bei dem in Artikel 37 bezeichneten Sekretariat die Notifikation eingelangt ist, dass das Ersuchen von der Mehrheit der Vertragsparteien unterstützt wird.

Berichterstattung

(1) Nach Artikel 30 dieses Übereinkommens legt jede Vertragspartei auf jeder Überprüfungstagung der Vertragsparteien einen'Staatenbericht vor. Dieser Bericht behandelt die Massnahmen, die zur Erfüllung jeder der Verpflichtungen dieses Übereinkommens getroffen worden sind. Für jede Vertragspartei behandelt der Bericht ausserdem i)

die Politik im Bereich der Behandlung abgebrannter Brennelemente;

ü)

die Verfahrensweisen im Bereich der Behandlung abgebrannter Brennelemente;

iii) die Politik im Bereich der Behandlung radioaktiver Abfalle; iv) die Verfahrensweisen im Bereich der Behandlung radioaktiver Abfälle; v)

die Kriterien, die zur Bestimmung und Einstufung radioaktiver Abfalle verwendet werden.

(2) Der Bericht enthält ausserdem i)

eine Liste der Anlagen zur Behandlung abgebrannter Brennelemente, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet, sowie deren Örtliche Gegebenheiten, Hauptzweck und Hauptmerkmale;

ii) . ein Bestandsverzeichnis der abgebrannten Brennelemente, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet und die zur Zeit gelagert werden oder endgelagert worden sind. Dieses Bestandsverzeichnis enthält eine Beschreibung des Materials und, sofern verfügbar, auch Angaben über seine Masse und seine Gesamtaktivität; iii) eine Liste der Anlagen zur Behandlung radioaktiver Abfälle, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet, sowie deren örtliche Gegebenheiten, Hauptzweck und Hauptmerkmale; iv) ein Bestandsverzeichnis der radioaktiven Abfalle, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet und die a) in Anlagen zur Behandlung radioaktiver Abfälle und Einrichtungen des Kernbrennstoffkreislaufs gelagert sind; b) endgelagert sind oder c) aus früheren Tätigkeiten stammen.

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Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

v)

Dieses Bestandsverzeichnis enthält eine Beschreibung des Materials und andere verfugbare einschlägige Angaben wie etwa Volumen oder Masse, Aktivität und bestimmte Radionuklide; eine Liste der kerntechnischen Anlagen, die sich in der Stillegung befinden, und Angaben über den Stand der Stilllegungsarbeiten in diesen Anlagen.

Art. 33 Teilnahme (1) Jede Vertragspartei nimmt an den Tagungen der Vertragsparteien teil und ist durch einen Delegierten und so viele Vertreter, Sachverständige und Berater vertreten, wie sie für erforderlich hält.

(2)' Die Vertragsparteien können durch Konsens jede zwischenstaatliche Organisation, die für die durch dieses Übereinkommen erfassten Angelegenheiten zuständig ist, zur Teilnahme als Beobachter an jeder Tagung oder an einzelnen Sitzungen einer Tagung einladen. Von den Beobachtern wird verlangt, zuvor die Bestimmungen des Artikels 36 schriftlich anzuerkennen.

Art. 34 Zusammenfassende Berichte Die Vertragsparteien nehmen durch Konsens ein Dokument an, das die auf den Tagungen der Vertragsparteien erörterten Fragen und gezogenen Schlussfolgerungen enthält, und machen es der Öffentlichkeit zugänglich.

'Art. 35 Sprachen (1) Die.Sprachen auf den Tagungen der Vertragsparteien sind Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch, sofern in der Geschäftsordnung, nichts anderes vorgesehen ist.

(2) Die nach Artikel 32 vorgelegten Berichte werden in der Landessprache der Vertragspartei abgefasst, die den Bericht vorlegt, oder in einer einzigen in der Geschäftsordnung zu vereinbarenden bezeichneten Sprache. Sollte der Bericht in einer anderen Landessprache als der bezeichneten Sprache vorgelegt werden, so stellt die Vertragspartei eine Übersetzung des Berichts in die bezeichnete Sprache zur Verfügung.

(3) Ungeachtet des Absatzes 2 wird das Sekretariat gegen Kostenerstattung die Übersetzung der in einer anderen Tagungssprache vorgelegten Berichte in die bezeichnete Sprache übernehmen.

Art. 36

Vertraulichkeit

(1) Dieses Übereinkommen lässt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus ihren Rechtsvorschriften zum Schutz von Informationen vor Preisgabe unberührt.

Im Sinne dieses Artikels umfasst der Ausdruck «Informationen» unter anderem Informationen in Bezug auf die nationale Sicherheit oder den physischen Schutz von Kernmaterial, durch Rechte des geistigen Eigentums oder durch industrielle oder gewerbliche Geheimhaltung geschützte Informationen und personenbezogene Daten.

4457

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

(2) Stellt eine Vertragspartei im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen Informationen zur Verfügung, die sie nach der Beschreibung in Absatz l als geschützt eingestuft hat, so werden diese ausschliesslich für die Zwecke, verwendet, für die sie zur Verfügung gestellt wurden; die Vertraulichkeit dieser Informationen ist zu wahren.

(3) Dieses Übereinkommen berührt hinsichtlich der Informationen über abgebrannte Brennelemente oder radioaktive Abfalle, die nach Artikel 3 Absatz 3 von diesem Übereinkommen erfasst werden, nicht das alleinige Ermessen der betreffenden Vertragspartei, zu entscheiden,

i)

ob diese Informationen geheimhaltungsbedürftig sind oder anderweitig kontrolliert werden, um eine Verbreitung auszuschüessen;

ii)

ob die unter Ziffer i bezeichneten Informationen im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen zur Verfügung gestellt werden sollen;

iü) welche Bedingungen hinsichtlich der Vertraulichkeit an diese Informationen geknüpft werden, wenn sie im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen zur Verfügung gestellt werden.

(4) Der Inhalt der Debatten während der Überprüfung der Staatenberichte auf jeder nach Artikel 30 abgehaltenen Überprüfungstagung ist vertraulich.

Art. 37

Sekretariat

(1) Die Internationale Atomenergie-Organisation (im Folgenden als «Organisation» bezeichnet) stellt für die Tagungen der Vertragsparteien das Sekretariat zur Verfügung.

(2) Das Sekretariat · i)

beruft die in den Artikeln 29, 30 und 31 genannten Tagungen der Vertragsparteien ein, bereitet sie vor und stellt auf den Tagungen die Dienstleistungen bereit;

ii)

übermittelt den Vertragsparteien die auf Grund dieses Übereinkommens eingelangten oder vorbereiteten Informationen.

Die der Organisation durch die unter den Ziffern i und Ü genannten Aufgaben entstandenen Kosten werden von der Organisation als Teil ihres ordentlichen Haushalts getragen.

(3) Die Vertragsparteien können durch Konsens die Organisation ersuchen, weitere Dienstleistungen zur Unterstützung der Tagungen der Vertragsparteien zu erbringen.

Die Organisation kann solche Dienste leisten, falls diese im Rahmen ihres Programms und ihres ordentlichen Haushalts erbracht werden können. Sollte dies nicht möglich sein, so kann die Organisation solche Dienstleistungen erbringen, falls Finanzmittel freiwillig aus anderen Quellen zur Verfügung gestellt werden.

4458

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

Kapitel 7 Schlussklauseln und sonstige Bestimmungen Art. 38

Beilegung von Meinungsverschiedenheiten

Im Fall einer Meinungsverschiedenheit zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens konsultieren die Vertragsparteien einander im Rahmen einer Tagung der Vertragsparteien zur Beilegung dieser Meinungsverschiedenheit. Für den Fall, dass die Konsultationen sich als unergiebig erweisen, kann auf die im Völkerrecht vorgesehenen Vermittlungs-, Vergleichs- und Schiedsverfahren zurückgegriffen werden, einschliesslich der Regeln und Praktiken, die in der Organisation gelten.

Art. 39 Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt (1) Dieses Übereinkommen liegt für alle Staaten vom 29. September 1997 bis zu seinem Inkrafttreten am Sitz der Organisation in Wien zur Unterzeichnung auf.

(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Unterzeichnerstaaten.

(3) Nach seinem Inkrafttreten steht dieses Übereinkommen für alle Staaten zum Beitritt offen.

(4) i) Dieses Übereinkommen steht für regionale Organisationen mit Integrationsoder anderem Charakter zur Unterzeichnung vorbehaltlich der Bestätigung oder zum Beitritt offen, sofern diese von souveränen Staaten gebildet sind und für das Aushandeln, den Abschluss und die Anwendung internationaler Übereinkünfte betreffend die durch dieses Übereinkommen erfassten Angelegenheiten zuständig sind.

ii)

Bei Angelegenheiten, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, handeln diese Organisationen bei Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten, die dieses Übereinkommen den Vertragsstaaten zuweist, im eigenen Namen.

iii) Wird eine solche Organisation Vertragspartei dieses Übereinkommens, so übermittelt sie dem in Artikel 43 bezeichneten Depositar eine Erklärung, in der sie angibt, welche Staaten Mitglieder der Organisation sind, welche Artikel dieses Übereinkommens auf sie anwendbar sind und welches der Umfang ihrer Zuständigkeit in dem von diesen Artikeln geregelten Bereich ist. ·

iv) Eine solche Organisation besitzt keine zusätzliche Stimme neben den .Stirn' men ihrer Mitgliedstaaten.

(5) Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs-, Beitritts- oder Bestätigungsurkunden werden beim Depositar hinterlegt.

Art. 40

'Inkrafttreten

(1) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der fünfundzwanzigsten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Depo-

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Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle

sitar in Kraft, einschliesslich der Urkunden von fünfzehn Staaten, von denen jeder über ein betriebsbereites Kernkraftwerk verfügt.

(2) Für jeden Staat oder jede regionale Organisation mit Intégrations- oder anderem Charakter, die dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der letzten zur Erfüllung der in Absatz l genannten Bedingungen notwendigen Urkunde ratifizieren, annehmen, genehmigen, ihm beitreten oder es bestätigen, tritt dieses Übereinkommen am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der entsprechenden Urkunde beim Depositar durch diesen Staat oder diese Organisation in Kraft.

Art. 41

Änderungen des Übereinkommens

(1) Jede Vertragspartei kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen. Anderungsvorschläge werden auf einer Überprüfungstagung oder einer ausserordentlichen Tagung geprüft.

^ >V

(2) Der Wortlaut jedes Änderungsvorschlags und die Begründung dafür werden dem Depositar vorgelegt, der den Vertragsparteien den Vorschlag spätestens neunzig Tage vor der Tagung, auf der er geprüft werden soll, übermittelt. Alle zu einem solchen Vorschlag eingelangten Stellungnahmen werden den Vertragsparteien vom Depositarübermittelt.

(3) Die Vertragsparteien beschliessen nach Prüfung der vorgeschlagenen Änderung, ob sie diese durch Konsens annehmen oder, falls ein Konsens nicht zustande kommt, ob sie sie einer diplomatischen Konferenz vorlegen. Für den Beschluss, eine vorgeschlagene Änderung einer diplomatischen Konferenz vorzulegen, ist die Zweidrittelmehrheit der auf der Tagung anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien erforderlich, mit der Massgabe, dass mindestens die Hälfte der Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Abstimmung anwesend ist.

(4) Die diplomatische Konferenz zur Prüfung und Annahme von Änderungen dieses Übereinkommens wird vom Depositar einberufen; sie findet spätestens ein Jahr nach dem diesbezüglichen gemäss Absatz 3 gefassten Beschluss statt. Die diplomatische Konferenz bemüht sich nach besten Kräften sicherzustellen, dass Änderungen durch Konsens angenommen werden. Ist dies nicht möglich, so werden Änderungen mit Zweidrittelmehrheit aller Vertragsparteien angenommen.

(5) Änderungen dieses Übereinkommens, die nach den Absätzen 3 und 4 angenommen wurden, bedürfen der Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Bestätigung durch die Vertragsparteien; sie treten für die Vertragsparteien, die sie ratifiziert, angenommen, genehmigt oder bestätigt haben, am neunzigsten Tag nach Einlangen der entsprechenden Urkunden von mindestens zwei Dritteln der Vertragsparteien^beim Depositar in Kraft. Für eine Vertragspartei, welche die betreffenden Änderungen später ratifiziert, annimmt, genehmigt oder bestätigt, treten die Änderungen am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der entsprechenden Urkunde durch diese Vertragspartei in Kraft.

Art. 42

Kündigung

(1) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Depositar gerichtete schriftliche Notifikation kündigen.

4460

-- fl

Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfalle

(2) Die Kündigung wird ein Jahr nach Einlangen der Notifikation beim Depositar oder zu einem späteren in der Notifikation festgelegten Zeitpunkt wirksam.

Art 43 Depositar (1) Der Generaldirektor der Organisation ist Depositar dieses Übereinkommens.

(2) Der Depositar unterrichtet die Vertragsparteien i) von der Unterzeichnung dieses Übereinkommens und der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs-, Beitritts- oder Bestätigungsurkunden nach Artikel 39; ii) von dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens nach Artikel 40; iii) von den nach Artikel 42 erfolgten Notifikationen der Kündigung dieses Übereinkommens und dem Zeitpunkt der Kündigung; iv) von den von Vertragsparteien vorgelegten Änderungsvorschlägen zu diesem Übereinkommen und den auf der entsprechenden diplomatischen Konferenz oder der Tagung der Vertragsparteien angenommenen Änderungen sowie von dem Inkrafttreten der betreffenden Änderungen nach Artikel 41.

Art. 44

Authentische Texte

Die Urschrift.dieses Übereinkommens, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen authentisch ist, wird beim Depositar hinterlegt; dieser übermittelt den Vertragsparteien beglaubigte Abschriften.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft betreffend das Gemeinsame Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle vom 31. März 1999

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1999

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

99.035

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.06.1999

Date Data Seite

4409-4461

Page Pagina Ref. No

10 055 108

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