Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates betreffend die vom UVEK ergriffenen Massnahmen zu den Vorkommnissen an der Spitze der Post-Generaldirektion (Periode zwischen Ende 1997 und Anfang 1998) vom 21. Juni 1999

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1999-4825

Bericht 1

Einführung

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Ausgangslage

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-SR) hat sich im Jahre 1998 mit den Vorkommnissen an der Spitze der Post-Generaldirektion von Ende 1997 und Anfang 1998 befasst. Diese veranlassten Jean-Noël Rey, Post-Generaldirektor, auf eine Kandidatur für die Funktion des Vorsitzenden der Geschäftsleitung der neuen Post zu verzichten und sein Dienstverhältnis mit dem Bund per Ende Juni 1998 zu kündigen. Am 25. Mai 1998 unterhielt sich die Kommission mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), Bundesrat Moritz Leuenberger, der bis Ende 1997 die Aufsichtsinstanz der PTT-Betriebe war.

Zahlreiche parlamentarische Vorstösse haben ebenfalls die Vorkommnisse thematisiert: Interpellation Columberg vom 2. März 1998 (98.3058): Postdirektion. Sonderbare Vorkommnisse; Interpellation Sozialdemokratische Fraktion vom 3. März 1998 (98.3065): Bereich der Bundesbetriebe. Fall Haymoz und zur Personalpolitik; Frage Steinemann vom 9. März 1998 (98.5001): Firmen und Freunde. Was kann sich Jean-Noël Rey alles leisten?; Einfache Anfrage Schmid Odilo vom 16. März 1998 (98.1025): Generaldirektion Post; Einfache Anfrage Pini vom 18. März 1998 (98.1028): Was passiert an der Spitze der Generaldirektion der Post?

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Ziel der Inspektion

Im Nachgang zur Aussprache mit Bundesrat Leuenberger beauftragte die Kommission die Sektion «Leistungsstaat», eine Inspektion über die Rolle des UVEK in dieser Angelegenheit durchzuführen.

Die Inspektion hat zum Ziel: a.

zu ermitteln, wie das Departement seine Aufsichtspflicht über die leitenden Organe der Post bei den Vorkommnissen an der Spitze der Post-Generaldirektion wahrgenommen hat;

b.

eine Wertung der getroffenen Massnahmen vorzunehmen.

Der Geschäftsprüfungskommission geht es darum, das Verhalten des UVEK vom politischen Standpunkt aus zu beurteilen, um daraus die erforderlichen Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Die Kommission ist weder ein Gerichtsorgan noch eine Verwaltungsbehörde. Insofern obliegt es ihr nicht, administrative, disziplinar-, straf- oder zivilrechtliche Massnahmen zu treffen oder zu veranlassen. Dies ist allenfalls Sache der Verwaltungsbehörden und der Justizorgane, und es liegt an ihnen, gegebenenfalls entsprechende Verfahren einzuleiten.

Ebenso wenig äussert sich die Kommission über Reys Verhalten und über die Stichhaltigkeit der gegen den ehemaligen Post-Generaldirektor erhobenen Vorwürfe, da

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sich die parlamentarische Oberaufsicht im Bund nur auf den Verantwortungsbereich des Bundesrates erstreckt.

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Vorgehen

Die Sektion «Leistungsstaat» setzte sich aus folgenden Personen zusammen: Ständeräte Bruno Frick (Präsident), Peter Bieri (auch Präsident der GPK-SR), Peter-Josef Schallberger und Hans Uhlmann. Die Sektion widmete sich eingehend der Prüfung und Würdigung aller Elemente des umfangreichen Aktenmaterials dieses Dossiers.

Der Sektion lagen sämtliche von der Post oder dem Departement in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten sowie das Dossier der vom Post-Verwaltungsrat durchgeführten internen Untersuchung vor. Ausserdem hörte die Sektion den stellvertretenden Generalsekretär und Chef des UVEK-Rechtsdienstes, Rolf Lüthi, an. Da der Sachverhalt bekannt war, hat die Sektion selber keine weiteren Ermittlungen durchgeführt. Die Sektion hat insgesamt sieben Arbeitssitzungen abgehalten.

Am Ende der Arbeiten erhielt das UVEK eine provisorische Version des Berichtes zur Stellungnahme. Die Sektion hat die Stellungnahme des UVEK mit dessen Departementsvorsteher, Bundesrat Moritz Leuenberger, und dem Chef des UVEKRechtsdienstes besprochen. Soweit möglich und zweckmässig wurden die eingegangenen Bemerkungen in der endgültigen Fassung des Berichts berücksichtigt.

Der vorliegende Bericht wurde von der Geschäftsprüfungskommission am 21. Juni 1999 verabschiedet und zur Veröffentlichung freigegeben.

2

Feststellungen und Würdigung

Aus der Analyse des relevanten Sachverhalts ergeben sich drei unterschiedliche Fälle, die getrennt geprüft werden:

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Bezahlung einer Abgangsentschädigung an Urs A. Haymoz

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Chronologie der wichtigsten Ereignisse

­

Am 19. September 1997 wählt der Verwaltungsrat der PTT-Betriebe (nachfolgend: VR PTT) per 1. Januar 1998 Urs A. Haymoz zum Stellvertretenden Generaldirektor der Post (Leiter des Geschäftsbereichs «Poststellen und Verkauf»). Vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1997 hatte er als unabhängiger Berater beim Projekt «Change Post» mitgewirkt. Herr Haymoz soll mittels Arbeitsvertrag nach Obligationenrecht (OR) angestellt werden.

Die Ernennung von Herrn Haymoz wird mit Schreiben vom 1. Oktober 1997 formell bestätigt.

­

Die Sonntagszeitung veröffentlicht am 12. Oktober 1997 einen Artikel, in welchem behauptet wird, dass die Staatsanwaltschaft in Halle/Saale (Deutschland) gegen Herrn Haymoz wegen Verdachts auf Aushöhlung einer ostdeutschen Fabrik ermittelt.

­

An der Sitzung vom 16. Oktober 1997 beschliesst der VR PTT, Abklärungen im Fall Haymoz vorzunehmen. Im Anschluss an die Sitzung wird die

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Auflösung des Anstellungsvertrages zwischen Herrn Haymoz einerseits und Bernard Schneider, Präsident des VR PTT, und Jean-Noël Rey, PostGeneraldirektor, andererseits ausgehandelt. Es geht darum, das Vertragsverhältnis mit Herrn Haymoz sobald als möglich aufzulösen, ohne das Ergebnis der vom VR PTT in Auftrag gegebenen Abklärungen abzuwarten. Eine Verzichtsvereinbarung wird zwischen den Herren Haymoz und Schneider abgeschlossen. Auch Herr Rey unterzeichnet diese Verzichtsvereinbarung.

­

Bundesrat Leuenberger, Vorsteher des UVEK, verlangt am 21. Oktober 1997 nähere Angaben über den Fall Haymoz.

­

Der Vorsteher des UVEK erklärt am 4. Dezember 1997 den Herren Schneider und Rey, dass er mit der Zahlung einer Abgangsentschädigung nicht einverstanden ist. Er fordert die Rückforderung der Entschädigung.

­

Am 18. Dezember 1997 stellen die Herren Schneider und Rey in einem Schreiben an Bundesrat Leuenberger fest: «Die Möglichkeit, dass (Herr Haymoz) zu einem heute nicht bestimmbaren Zeitpunkt von einem deutschen Strafgericht verurteilt werden könnte, hätte die Beziehungen zwischen Unternehmen, Herrn Haymoz, Personal und Kundschaft für eine unbestimmte Dauer belastet. Die erforderliche Ruhe für den Ausbau des für die Post besonders wichtigen Geschäftsbereiches Poststellen und Verkauf wäre nicht gewährleistet gewesen.» Die Forderung Leuenbergers vom 4. Dezember 1997, die an Herrn Haymoz gezahlte Abgangsentschädigung zurückzufordern, wird wie folgt beantwortet: «Wir hoffen, mit unseren Ausführungen gezeigt zu haben, dass für eine Rückforderung der Zahlung kein Rechtstitel besteht.»

1

­

Das neue Bundesgesetz über die Organisation der Postunternehmung des Bundes (Postorganisationsgesetz, POG) vom 30. April 19971 tritt am 1. Januar 1998 in Kraft. Der neue Verwaltungsrat der Post (nachfolgend: VR POST) tritt unter dem Präsidium von Gerhard W. Fischer sein Amt an.

­

Am 12. Januar 1998 kritisiert Bundesrat Leuenberger die Abgangsentschädigung für Herrn Haymoz in einem offiziellen Brief an die Herren Schneider und Rey: «obligationenrechtlich hätten die Verpflichtungen gegenüber Herrn Haymoz nicht eingegangen werden müssen.» Er hält dazu fest, dass das Verhalten der Herren Schneider und Rey beim Abschluss der Vereinbarung mit Herrn Haymoz schwer nachvollziehbar sei.

­

Herr Rey teilt am 20. Februar 1998 der Presse mit, dass Herr Haymoz eine Abgangsentschädigung von 277 268 Franken per Saldo aller Ansprüche erhalten hat. Zudem informiert er, dass Prof. Dr. Frank Vischer, Basel, beauftragt wird, das gewählte Verfahren für die Vertragskündigung gründlich zu durchleuchten und darüber ein Gutachten zu erstellen.

­

Am 27. Februar 1998 findet eine Aussprache zwischen den Herren Bundesräten Leuenberger und Villiger, Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), sowie Gerhard W. Fischer, Schneider und Rey statt.

­

Am 9. März 1998 übergibt Prof. Dr. Vischer sein Gutachten dem VR PTT.

In diesem kommt er zum Schluss, dass Herr Haymoz keinen Entschädigungsanspruch hatte, dass aber keine rechtliche Handhabe mehr besteht, um SR 783.1

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den ausbezahlten Geldbetrag zurückzufordern. Zur Verantwortung von Herrn Rey hält er fest: «Auf Grund der Akten kann die Verantwortung von Herrn Rey für die Verzichtleistungen nicht beurteilt werden».

­

Herr Rey teilt am 12. März 1998 dem VR POST mit, dass er für die anstehende Wahl des Vorsitzenden der Geschäftsleitung der Post nicht zur Verfügung stehen wird. Herr Rey löst sein Arbeitsverhältnis mit dem Bund per 30. Juni 1998 auf.

­

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 16. März 1998 prüft Prof. Dr. Vischer im Auftrag des VR PTT die Möglichkeit der Rückforderung der Zahlungen an Herrn Haymoz. Er räumt wenig Hoffnung ein: Könnte von unabhängigen Zeugen bestätigt werden, dass Herr Haymoz im Zeitpunkt seiner Ernennung von dem Ermittlungsverfahren Kenntnis hatte, erschiene eine solche Rückforderung nicht von vornherein als chancenlos.

­

Der VR PTT tagt zum letzten Mal am 18. März 1998. Er nimmt das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Vischer vom 9. März 1998 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 16. März 1998 zur Kenntnis. Der VR PTT empfiehlt seinem Rechtsnachfolger, dem VR POST, die Möglichkeiten und Aussichten für eine Rückforderung der an Herrn Haymoz ausbezahlten Entschädigung zu prüfen.

­

An seiner Sitzung vom 26. Mai 1998 verzichtet der VR POST auf eine Rückforderungsklage gegen Herrn Haymoz, um einen jahrelangen Prozess mit unsicherem Ausgang, die Gefährdung des Postimages und die Erzeugung von Unruhe unter dem Personal zu vermeiden.

­

Am 30. Juni 1998 übergibt Herr Rey die Verantwortung als Generaldirektor der Post seinem Nachfolger und verlässt den Bund.

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Rechtliche Aspekte

Die Tatsachen in Bezug auf den Fall Haymoz haben sich ausschliesslich im Jahr 1997 zugetragen, zu einem Zeitpunkt also, als die Post noch Teil der Bundesverwaltung bildete. Im vorliegenden Fall ist demnach das alte Postorganisationsgesetz anwendbar. Gemäss dem PTT-Organisationsgesetz vom 6. Oktober 1960 (PTT-OG) 2 übt der Bundesrat die Oberaufsicht über die Geschäftsführung und den Finanzhaushalt der PTT-Betriebe aus (Art. 14 Abs. 1 PTT-OG). Laut Artikel 15 ist es in erster Linie die Aufgabe des UVEK, die ihm vom Bundesrat übertragenen Befugnisse und Aufsichtsrechte auszuüben. Zudem ist das UVEK gemäss den Bestimmungen der Beamtenordnung (2) vom 15. März 1993 3 erstinstanzliche Disziplinarbehörde für den Generaldirektor der Post (Art. 34 Abs. 2 BO 2), sofern dieser einen Beamtenstatus besitzt.

2

3

AS 1961 17, 1970 706 1619 Art. 1, 1977 2117, 1979 114 Art. 68 679, 1992 288 Anhang Ziff. 31 581 Anhang Ziff. 3, 1995 3680 Ziff. II 4 5489 Ziff. II; SR 170.512 Art. 17 Ziff. 4, 173.51 Anhang Ziff. 16.

SR 172.221.102

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213

Würdigung der vom UVEK ergriffenen Massnahmen

213.1

Im Allgemeinen

Das Departement ist unmittelbar nach Kenntnis der Sachlage mehrmals bei den PTT-Betrieben vorstellig geworden, um Klärungen zu verlangen und die getroffenen Massnahmen zu kritisieren. Dies zeigte sich in verschiedenen Interventionen, so vor allem am 21. Oktober 1997, am 4. Dezember 1997 und am 12. Januar 1998 sowie in der Aussprache vom 27. Februar 1998 zwischen den Herren Schneider, Fischer und Rey einerseits und den Bundesräten Leuenberger und Villiger andererseits. Ausserdem ist zu betonen, dass sich das UVEK trotz des offensichtlichen Widerstands der Post, die erforderlichen Auskünfte zu liefern, aktiv um Informationen bemühte. Damit hat das Departement die gebotene Entschlossenheit bewiesen und die Interessen des Bundes geltend gemacht. Es wurden Massnahmen getroffen, um künftig eine Wiederholung solcher Situationen zu vermeiden.

Gestützt auf den Sachverhalt und auf ihre Arbeiten vertritt die Kommission die Meinung, dass das UVEK seine Aufsichtsfunktion über die leitenden Organe der Post im Fall Haymoz korrekt erfüllt hat. Es hat bei den Verantwortlichen umgehend eingegriffen, um ihr Verhalten zu rügen und die Rückerstattung der Herrn Haymoz gewährten Entschädigung zu fordern. Das UVEK hat rechtzeitig adäquate Massnahmen getroffen und die Angelegenheit in seine Hände genommen.

Zur besonderen Frage der Administrativuntersuchung und des Disziplinarverfahrens nimmt die Kommission wie folgt Stellung:

213.2

Zur Frage der Administrativuntersuchung

Die Administrativuntersuchung ist definitionsgemäss ein Verfahren der Dienstaufsicht4. Zweck ist, abzuklären, ob ein Sachverhalt vorliege, der im öffentlichen Interesse ein Einschreiten von Amtes wegen erfordere. Die Administrativuntersuchung ist nur ein subsidiäres Mittel. Sie richtet sich nicht gegen bestimmte Personen. Bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein aufzuklärender Sachverhalt auf eine Dienstpflichtverletzung zurückzuführen ist, so soll ein Disziplinarverfahren und keine Administrativuntersuchung angeordnet werden.

Wie das UVEK mitteilte, wurde aus folgendem Grund ­ der sich schon bald und später auch mit der Vorlage des ersten Gutachtens von Prof. Dr. Vischer zeigte ­ keine Administrativuntersuchung eingeleitet: Die Zahlung der Abgangsentschädigung an Herrn Haymoz wurde ausschliesslich von den Herren Schneider und Rey beschlossen. Da die Sachlage und die personellen Verantwortlichkeiten bekannt waren, rechtfertigte sich eine Administrativuntersuchung nicht.

Der Beschluss des UVEK, keine Administrativuntersuchung im Fall Haymoz zu eröffnen, ist vertretbar und wird von der Kommission in keiner Hinsicht kritisiert.

4

Richtlinien des Bundesrates vom 18. November 1981 über Administrativuntersuchungen, BBl 1981 III 1014.

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213.3

Zur Frage des Disziplinarverfahrens

Laut Artikel 30 Absatz 1 des Beamtengesetzes (BtG)5 können «gegen den Beamten, der seine Dienstpflicht absichtlich oder fahrlässig verletzt, Disziplinarmassnahmen ergriffen werden». Die Disziplinarmassnahmen reichen vom Verweis über die Versetzung in das provisorische Dienstverhältnis bis zur Entlassung (Art. 31 Abs. 1 BtG). Die zuständige Disziplinarbehörde beschliesst die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Anders als das Strafrecht, wo der Grundsatz der Legalität der Strafverfolgung gilt, richtet sich das Disziplinarrecht nach dem Opportunitätsprinzip: Ein Beamter, der seine Dienstpflichten verletzt, kann, muss aber nicht bestraft werden.

Dieses System erklärt sich aus dem Zweck des Disziplinarrechtes, in der Verwaltung Ordnung aufrechtzuerhalten. Das Disziplinarrecht hat zum Zweck, den Beamten zum künftigen Wohlverhalten zu konditionieren. Es gehört demzufolge zur internen Administrativordnung und bildet eines von mehreren Mitteln, um die geordnete Funktionsweise des Verwaltungsapparats sicherzustellen. In zeitlicher Hinsicht beschränkt sich die disziplinarische Verantwortlichkeit auf die Dauer des Bestehens des Dienstverhältnisses: Wenn ein Bediensteter aus dem Bundesdienst austritt, verschwinden mit der Beendigung des Dienstverhältnisses ipso iure die Voraussetzungen für eine Disziplinarverfolgung.

Der Fall des ehemaligen Verwaltungsratspräsidenten Schneider und jener des ehemaligen Post-Generaldirektors Rey sind hinsichtlich der Anwendung der Disziplinarbefugnisse zu unterscheiden.

Bis zum Tag seines Ausscheidens, dem 31. Dezember 1997, unterstand Herr Schneider auf Grund seines Dienstverhältnisses dem Disziplinarrecht des Bundes.

Das änderte sich ab dem 1. Januar 1998: Wenn das UVEK 1997 ein Disziplinarverfahren gegen Herrn Schneider hätte eröffnen wollen, so hätte es die Untersuchung am 31. Dezember 1997 einstellen müssen. Für den ehemaligen Generaldirektor Rey wäre eine Disziplinaruntersuchung bis Ende Juni 1998, dem Zeitpunkt seines Austritts aus dem Bundesdienst, denkbar gewesen.

Mit anderen Worten wäre ein Disziplinarverfahren gegen die beiden Protagonisten des Falls «Entschädigung an Haymoz» bis Ende 1997 möglich gewesen. Ab dem 1. Januar 1998 hätte es nur noch gegen den ehemaligen Post-Generaldirektor Rey beschlossen werden können.

Das UVEK hat aus Gründen der Zweckmässigkeit
und der Gleichbehandlung von der Eröffnung einer Disziplinaruntersuchung abgesehen. Die Verwaltung besitzt in der Anwendung des Disziplinarrechtes einen breiten Ermessensspielraum. Sie entscheidet frei über die Zweckmässigkeit solcher Untersuchungen. Im Fall Haymoz hat das Departement von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens abgesehen, da nach seiner Auffassung die Verwarnung mit Schreiben vom 12. Januar 1998 ausreichen sollte, um künftig eine Wiederholung solcher Fälle zu vermeiden. Zudem hätte der Ablauf der Ereignisse die Eröffnung einer Untersuchung vor Januar 1998 kaum erlaubt. Somit wäre Herr Schneider von vornherein ausgeschlossen worden, und die Untersuchung hätte sich einzig gegen Herrn Rey gerichtet. Eine derartige Situation stellte eine offensichtliche Ungleichbehandlung dar.

Neben den oben aufgeführten Gründen hat sich eine Disziplinaruntersuchung auch nicht aufgedrängt, weil es damals fraglich war, ob überhaupt eine Dienstpflichtver-

5

Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 (BtG), SR 172.221.10.

8922

letzung vorlag: eine rechtlich falsche Würdigung eines Sachverhalts führt nicht unbedingt zu einer Dienstpflichtverletzung.

Die Kommission hat Verständnis für den Beschluss des UVEK, kein Disziplinarverfahren im Fall Haymoz einzuleiten. Sie belässt es bei der Feststellung, dass das Departement im vorliegenden Fall im Rahmen des gesetzlichen Ermessens gehandelt hat.

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Führungsverhalten des ehemaligen Post-Generaldirektors

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Chronologie der wichtigsten Ereignisse

6

­

Im Anschluss an den Fall Haymoz erhebt im Februar 1998 die Presse Vorwürfe gegen Post-Generaldirektor Rey6. Herrn Rey wird hauptsächlich Nepotismus und Günstlingswirtschaft vorgeworfen. Es wird behauptet, Herr Rey habe die Post zu einer Art privatem Familienunternehmen umfunktioniert. Gewisse Reisen von Herrn Rey und seiner Lebenspartnerin, Bettina Ramseier, nach China, Kuba und Japan werden auch kritisiert.

­

Am 27. Februar 1998 leitet der VR POST im Einvernehmen mit Herrn Rey und in Absprache mit dem UVEK eine interne Untersuchung ein. Diese soll die behaupteten Dienstpflichtverletzungen des Post-Generaldirektors aufklären.

­

Am 3. März 1998 beantragt der Rechtsanwalt von Herrn Rey eine Administrativuntersuchung beim Bundesrat, um die gegen seinen Mandanten vorgebrachten Vorwürfe klären zu lassen. Das UVEK teilt am gleichen Tag mit, dass es erst nach Vorliegen der Abklärungen des VR POST darüber entschieden werde; dies nicht zuletzt, um parallele Arbeiten zu vermeiden.

­

Am 11. März 1998 liegen die Resultate der Abklärungen dem VR POST vor. Diese bestehen aus Teilberichten der Internen Revision der Post über externe Beratungsfirmen bei der Post und Anstellungen, welche das persönliche Umfeld von Herrn Rey betreffen, sowie aus zwei Berichten der Wirtschaftsprüfungsfirma KPMG über die Tochtergesellschaft Telepost AG/Crea Post Consulting AG und über ein Darlehen der Post an einen Berner Anwalt.

Die Abklärungen stellen unter anderem Folgendes fest: 1. Die Anstellung der beiden Söhne von Herrn Rey bei der Kreispostdirektion Bern und bei der Generaldirektion PTT/Post wurden nicht unter Druck von Herrn Generaldirektor Rey getätigt.

2. Die Anstellung von Frau Ramseier bei der Firma Crea Post Consulting AG war ordnungsgemäss abgelaufen. Trotz Bedenken des Rechtsdienstes der Post wurde ihr im Anstellungsvertrag eine Beschäftigungsgarantie ausgestellt. Der Bericht hält fest: «Solche Garantien werden sonst nur gegenüber Mitarbeitenden abgegeben, die von der Post in Tochtergesellschaften abkommandiert sind».

3. Die Anstellung der Schwester von Frau Ramseier ist «auf sanften Druck von oben hin vorgenommen worden. Die Stelle hätte jetzt im Vgl. u. a. La Liberté, 21.2.1998; Journal de Genève, 21.2.1998; Berner Zeitung, 21.2.1998; Basler Zeitung, 21.2.1998; SonntagsBlick, 22.2.1998; SonntagsZeitung, 22.2.1998; Die Weltwoche, 26.2.1998; SonntagsZeitung, 1.3.1998 usw.).

8923

4.

5.

Rahmen von Change Post aufgehoben werden müssen, was aber ausdrücklich nicht geschehen sei.» Der Berner Anwalt Walo C. Ilg hat von der Post ein Darlehen erhalten, das nie zurückbezahlt wurde. Er hat dieses Darlehen in seiner Eigenschaft als alleiniger Verwaltungsrat zweier Tochtergesellschaften der Post zur Sicherung seiner allfälligen Forderungen gegenüber der Post erhalten. «Das Darlehen wurde in der Folge jeweils mit der Mandatsschuld verrechnet. (Der Betroffene) erhielt von der Post verschiedene Aufträge, die nicht immer zur Zufriedenheit der Auftraggeber, jedoch zu einem stolzen Honorar erledigt wurden.» Laut Beurteilung von zwei diplomierten Wirtschaftsprüfern der KPMG ist «die Begründung für die Darlehensgewährung (...) nicht stichhaltig und aussergewöhnlich».

Verschiedene Fragen wurden nicht geprüft und lassen sich nach den kurzfristigen Abklärungen nicht schlüssig beantworten. Das betrifft unter anderem die personelle Dotation der Tochtergesellschaft Telepost AG/Crea Post Consulting AG, Fragen im Zusammenhang mit der Professur von Herrn Rey am Institut de Hautes Etudes en Administration publique (IDHEAP) sowie die Reisen von Frau Ramseier nach Kuba und Japan. Die Abklärungen unterstreichen auch, dass eine Reihe von Umständen, die zur Anstellung gewisser Personen aus dem näheren Umfeld von Herrn Rey geführt haben, nicht schriftlich dokumentiert sind oder aus zeitlichen Gründen nicht nachgeprüft werden können (Prof. H. Schmid, D. Robbiani, A. Züger).

­

Am gleichen Tage, am 11. März 1998, informiert der Präsident des VR POST Bundesrat Leuenberger summarisch über diese Resultate. Die Aussprache konzentriert sich auf die Tatsache, dass Herr Rey für den Posten des Vorsitzenden der Geschäftsleitung nicht mehr zur Verfügung stehen wird und auf Ende Juni aus dem Bundesdienst ausscheidet.

­

Der vom VR POST eingesetzte Ausschuss kommt am 12. März 1998 zum Schluss, dass Herr Rey sich keine Gesetzesverletzungen zuschulden kommen liess. Die Resultate der Abklärungen werden nicht veröffentlicht. Am gleichen Tag wird mitgeteilt, dass Herr Rey für die anstehende Wahl des Vorsitzenden der Geschäftsleitung der Post nicht zur Verfügung stehen wird. Herr Rey löst sein Arbeitsverhältnis mit dem Bund per 30. Juni 1998 auf.

­

Das UVEK erhält am 3. April 1998 die eingehendere Information über die Ergebnisse der Abklärungen des VR POST und die diesbezüglichen Unterlagen. Das UVEK verlangt zusätzliche Informationen zum Fall des Darlehens. Diese werden eine Woche später nachgeliefert.

­

Das UVEK teilt am 27. Mai 1998 mit, es habe «die in der Öffentlichkeit gegen Rey erhobenen Vorwürfe eingehend geprüft. (...) Die Abklärungen des UVEK bestätigen den Eindruck des Post-Verwaltungsrates, dass die meisten Vorwürfe eine Folge des persönlichen Geschäftsführungsstils Reys sind, nicht strukturelle Belange der Postverwaltung betreffen und zudem strafrechtlich nicht relevant sind. Dazu eine Administrativuntersuchung, wie sie durch den Betroffenen beantragt worden war, oder ein Disziplinarverfahren durchzuführen, erübrigt sich im Hinblick auf das Ausscheiden Reys aus dem Beamtenverhältnis auf Ende Juni 1998.»

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­

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Am 30. Juni 1998 übergibt Herr Rey die Verantwortung als Generaldirektor der Post seinem Nachfolger und verlässt den Bund.

Rechtliche Aspekte

Die meisten in der Öffentlichkeit gegenüber dem Post-Generaldirektor Rey geäusserten Vorwürfe betreffen Tatsachen, die sich vor dem 1. Januar 1998 abspielten (Ausnahme: Reise nach Nagano), d. h. zu einem Zeitpunkt, als die Post noch Teil der Bundesverwaltung bildete. Damit hatte das UVEK die gesetzliche Aufgabe, als Aufsichtsorgan über die POST und als Disziplinarbehörde einzuschreiten.

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Würdigung der vom UVEK ergriffenen Massnahmen

223.1

Im Allgemeinen

De facto ist hauptsächlich der neue Verwaltungsrat der POST ­ an Stelle des UVEK ­ aktiv geworden.

Das zeigt sich auch in der zeitlichen Abfolge der Ereignisse: Am 27. Februar 1998 beschliesst der VR POST, im Einvernehmen mit Herrn Rey und in Absprache mit dem Departement eine interne Untersuchung zu den gegen Herrn Rey erhobenen Vorwürfen einzuleiten. Zu diesem Zweck setzt er einen Ad-hoc-Untersuchungsausschuss ein. Am 3. März teilt das UVEK mit, dass es im Moment auf eigene Abklärungen verzichte, um Überschneidungen mit der internen Untersuchung der Post zu vermeiden. Nach Mitteilung der Ergebnisse der internen Untersuchung am 11. März 1998 bzw. am 3. April 1998 und der Bekanntgabe des Rücktritts von Herrn Rey entscheidet das UVEK am 29. Mai 1998 schliesslich, von weiteren Administrativ- oder Disziplinaruntersuchungen abzusehen.

Es ist festzuhalten, dass die vom VR POST veranlassten Abklärungen keine eigentliche Untersuchung und gründliche Prüfung der Ereignisse darstellen. Sie wurden offensichtlich veranlasst, um dem VR POST Grundlagen für die Weiterführung des Direktionsverhältnisses von Herrn Rey zu beschaffen.

Nach Ansicht der Kommission hat das UVEK bei der Untersuchung der Vorwürfe gegen Herrn Rey eine übermässige Zurückhaltung bewiesen. Während das Departement im Fall Haymoz sehr aktiv war, hat es in dieser Angelegenheit eine abwartende Haltung eingenommen. Offensichtlich hat das UVEK die Initiative dem neuen VR POST überlassen, der dies zum Anlass nahm, seine Unabhängigkeit gegenüber den politischen Behörden zu manifestieren.

Als Begründung für seine Zurückhaltung berief sich das UVEK auf die juristischen Probleme, die der Übergang der Post von einer ehemaligen Verwaltungseinheit zur Stellung eines Unternehmens mit Rechtspersönlichkeit aufwarf. Diese Lage trug zur Verunsicherung hinsichtlich Kompetenzen und Verantwortlichkeiten des UVEK und des Verwaltungsrates im Aufsichts- und Personalbereich bei.

Die Kommission kann die Meinung des UVEK nicht teilen. Sie ist der Ansicht, dass die Befugnisse klar geregelt sind. Bis zum 31. Dezember 1997 war die Post gemäss dem PTT-Organisationsgesetz vom 6. Oktober 1960 (PTT-OG) eine Verwaltungseinheit des Bundes. Wie oben dargelegt, unterstand die Post der direkten Aufsicht

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des Bundesrates im Allgemeinen und des UVEK im Besonderen. Die Direktoren wurden vom Bundesrat ernannt (Art. 14 Abs. 1 Bst. e PTT-OG). Ab dem 1. Januar 1998 änderte sich die Situation. Gemäss dem Bundesgesetz vom 30. April 1997 über die Organisation der Postunternehmung des Bundes (Postorganisationsgesetz, POG) hat der Verwaltungsrat die Aufgabe, die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen auszuüben, auch im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Reglemente und Weisungen (Art. 9 Bst. d POG). Die Dienstverhältnisse des Personals der Post unterstehen der Gesetzgebung über das Bundespersonal (Art. 15 Abs. 1 POG).

Was Herrn Rey als Generaldirektor und Beamten betraf, so unterstand er bis zu seinem Ausscheiden weiterhin dem Beamtengesetz und damit der disziplinarischen Aufsicht des UVEK (Art. 34 Abs. 2 BO 2).

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Zurückhaltung des UVEK sich angesichts des Umfangs der Vorwürfe nicht rechtfertigte. Die meisten vorgeworfenen Handlungen spielten sich während der Geltungszeit des ehemaligen Gesetzes ab: das UVEK hätte deshalb aktiver vorgehen und die gegen Rey gerichteten Vorwürfe lückenlos abklären sollen. Selbst wenn der Gesetzgeber im neuen Postorganisationsgesetz eine weitgehende Entscheidungsautonomie für den VR POST eingeführt hat, wird das UVEK keineswegs von seiner Verantwortung für Sachverhalte aus der Zeit vor dem neuen Gesetz entbunden.

223.2

Zur Frage der Administrativuntersuchung

Wie im Fall Haymoz hat sich rasch herausgestellt, dass die Vorwürfe Herrn Rey als Person und nicht die strukturellen Belange der Postverwaltung betrafen. In solchen Fällen ist die Administrativuntersuchung nicht das geeignete Instrument, und es müsste ein Disziplinarverfahren angeordnet werden.

Das UVEK hat zu Recht beschlossen, auf eine Administrativuntersuchung zu verzichten, um die Vorwürfe an das Führungsverhalten von Herrn Rey abzuklären.

223.3

Zur Frage des Disziplinarverfahrens

Das UVEK hat weder im Februar 1998 noch später ein Disziplinarverfahren gegen Herrn Rey eingeleitet.

Es fragt sich, welche Gründe das UVEK davon abgehalten haben, ein Disziplinarverfahren anzuordnen. Nach dem Fall Haymoz bildeten die öffentlich erhobenen Vorwürfe hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht einer Verletzung der Dienstpflichten. Daher wäre die Einleitung eines Disziplinarverfahrens schon im Februar 1998 durch das UVEK zur endgültigen Klärung des Sachverhalts und zur Feststellung etwaiger Verfehlungen von Herrn Rey angemessen gewesen. Für ein solches Vorgehen sprachen des Weiteren die hohe Verantwortlichkeit von Herrn Rey in der Post-Hierarchie, seine Bekanntheit und die zwangsläufigen Auswirkungen der Vorkommnisse auf die Arbeit der Unternehmung.

Die erste Motivation des Departements gegen ein Disziplinarverfahren scheint darin gelegen zu haben, zwei parallele Verfahren zu vermeiden. Das UVEK wollte zunächst die Ergebnisse der Untersuchung des VR POST abwarten, um dann auch 8926

gleich entscheiden zu können, ob eine Disziplinaruntersuchung einzuleiten war oder nicht.

Es steht ausser Zweifel, dass die interne Untersuchung des VR POST unter Zeitdruck und summarisch ablief. Das Mandat wurde am 27. Februar 1998 beschlossen, und die Resultate lagen am 11. März 1998 bereits vor. Gewisse Fakten konnten jedoch laut den Abklärungen «aus zeitlichen Gründen nicht nachgeprüft werden».

Ausserdem war das für die interne Untersuchung zuständige Organ kein neutrales Gremium; es setzte sich aus Mitgliedern des VR POST zusammen.

Die Kommission kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die vom VR POST durchgeführte interne Untersuchung dazu diente, ein Problem, das durch ein Disziplinarverfahren nicht so schnell und leicht hätte aus der Welt geschafft werden können, rasch und wenig transparent7 zu beseitigen. Zudem verfolgte die interne Untersuchung ein genaues Ziel. Der Rat musste herausfinden, ob Herr Rey in seinem Amt als Post-Generaldirektor bestätigt werden konnte oder nicht. Die Entscheidung wurde für den 13. März 1998 erwartet; demnach mussten die Untersuchungsergebnisse vorher bekannt sein. Laut dem Vorsteher des UVEK konnte der Verwaltungsrat die Ergebnisse einer Administrativ- oder Disziplinaruntersuchung nicht abwarten, da diese wegen der gesetzlichen Vorschriften mehrere Monate gedauert hätte. Die Abklärungen des Post-Verwaltungsrates verfolgten also nicht das gleiche Ziel wie eine Disziplinaruntersuchung, welche die Wahrheit ermitteln soll.

Nach Ansicht der Kommission hätte das UVEK schon vor dem freiwilligen Rücktritt von Herrn Rey ein Disziplinarverfahren anstrengen sollen, selbst wenn das bedeutet hätte, die Entscheidung zur Ernennung des neuen Generaldirektors vorläufig aufzuschieben8.

Nach dem 12. März 1998 gab es aber angesichts der erfolgten Auflösung des Dienstverhältnisses durch Herrn Rey keinen formellen Grund mehr für die Einleitung einer Disziplinaruntersuchung. Wenn nämlich ein Beamter den Bundesdienst verlässt, fallen die Voraussetzungen für eine disziplinarrechtliche Untersuchung bei Auflösung des Dienstverhältnisses ipso iure weg. Rein theoretisch hätte der Bundesrat die Kündigung von Herrn Rey formell ablehnen und sich auf «wesentliche Interessen des Bundes» (Art. 53 Abs. 1 BtG), ein Disziplinarverfahren einzuleiten, berufen können. Hingegen ist fraglich,
ob eine Ablehnung der Kündigung mit dieser Begründung haltbar gewesen wäre. In zeitlicher Hinsicht blieb auch zwischen dem 12. März 1998 und dem 30. Juni 1998 kein Raum mehr für den Abschluss eines erstinstanzlichen Verfahrens.

Die Massnahmen des UVEK hinsichtlich des Disziplinarverfahrens sind aus verfahrensökonomischen Gründen nachvollziehbar. In Bezug auf die allgemeine Verwaltungsaufsicht sind sie ungenügend. Es gehört zu den Führungsaufgaben eines Departements einzuschreiten, wo wesentliche Inkorrektheit vermutet wird. Es geht nicht nur darum, Missbräuche zu sanktionieren, sondern auch durch gezielte Massnahmen eine Präventivwirkung zu erzielen.

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Trotz wiederholter Erklärungen gegenüber der Presse, den Untersuchungsbericht zu veröffentlichen, wurde dieses Versprechen nie eingelöst (vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 2. März 1998, Seite 9: «Die Resultate der Untersuchung sollen in einem schriftlichen Bericht festgehalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden»).

Die Entscheidung hätte jedoch nicht zu lange hinausgeschoben werden können. Artikel 20 Absatz 2 Buchst. d POG sieht dazu vor: «Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes: (...) Der Verwaltungsrat der Post ernennt die mit der Geschäftsführung und Vertretung der Post betrauten Personen (...)».

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Es ist nicht vertretbar, dass in der Öffentlichkeit und durch interne Abklärungen erhebliche Vorwürfe zu Tage treten, auf Grund derer der Betroffene (Rey) kündigt, und welche danach in keiner Weise geahndet werden. Das System, dass der Bund Vorwürfe erhebt, der Betroffene kündigt und der Bund danach die Vorwürfe nicht weiterverfolgt, darf nicht Schule machen.

Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens ist auch im Interesse des Beamten am Platz, wo die Vorwürfe von erheblichem Gewicht sind: Das Vorgehen des UVEK war wie bereits gesagt auf die Verfahrensökonomie ausgerichtet. Diese Bestrebungen sind an sich lobenswert. Allerdings darf der Rechtsschutz der betroffenen Person dadurch nicht geschmälert werden. Auch wenn eine Disziplinaruntersuchung mehr Zeit beansprucht hätte als die interne Untersuchung durch den VR Post, hätte sie Herrn Rey ein unparteiliches Verfahren garantiert. Eine interne Untersuchung bietet nicht die gleichen Verfahrensgarantien wie eine Disziplinaruntersuchung (rechtliches Gehör, Akteneinsichtsrecht, Ausstandregelungen usw.), welche neben anderem auch Schutz vor ungerechtfertigten Vorwürfen bietet. Das Disziplinarverfahren mündet in eine beschwerdefähige Verfügung, was auf die interne Untersuchung nicht zutrifft.

Der Ermessensspielraum über die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens darf nicht zur Umgehung bestimmter Mindestverfahrensgarantien führen.

Diese Überlegung gilt bis zum Zeitpunkt der freiwilligen Kündigung von Herrn Rey; mit seiner Kündigung hingegen hat er in Kauf genommen, dass er den Vorwürfen nicht mehr in einem Verfahren mit Parteistellung entgegen treten kann.

223.4

Zu den Ermittlungen und der Informationspolitik des UVEK

Die Arbeiten der Kommission fördern zu Tage, dass die Schlussfolgerungen des UVEK betreffend Herrn Rey weder auf einer vertieften Prüfung noch auf einer Gegenuntersuchung beruhen. Mit Ausnahme des Falls Ilg (vgl. Ziff. 23) hat das UVEK keine weiteren Nachforschungen zu den Abklärungen der Post angeordnet bzw.

durchgeführt. Die Schlussfolgerungen des UVEK basieren daher einzig auf den Ergebnissen der internen Untersuchung des Verwaltungsrates, die nicht alle relevanten Sachverhaltselemente lückenlos abgeklärt hat (personelle Dotation der Tochtergesellschaft Telepost AG/Crea Post Consulting AG, Fragen im Zusammenhang mit der Professur von Herrn Rey am Institut de Hautes Etudes en Administration publique (IDHEAP), Reisen von Frau Ramseier nach Kuba und Japan, Anstellung von Beratern). Das UVEK hat sich den Schlussfolgerungen des VR POST zu schnell und ohne eigene Prüfung angeschlossen. Es hat Herrn Rey von jedem Verdacht (disziplinarisch, strafrechtlich, vermögensrechtlich) entlastet, ohne jedoch die Stichhaltigkeit der Vorwürfe selber abzuklären.

In diesem Sinn entspricht die Pressemitteilung des UVEK vom 27. Mai 1998 nicht den Tatsachen. Darin steht Folgendes: «Das UVEK hat seine Abklärungen zu den in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfen gegen Post-Generaldirektor Jean-Noël Rey abgeschlossen». Weiter ist zu lesen: «Die Abklärungen des UVEK bestätigten den Eindruck des Post-Verwaltungsrates». Die Pressemitteilung vermittelt den Eindruck, das UVEK habe die Ergebnisse der POST mit seinen eigenen Resultaten verglichen, was jedoch nicht der Wirklichkeit entspricht.

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23

Darlehensgewährung an Walo C. Ilg

231

Chronologie der wichtigsten Ereignisse

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Walo C. Ilg wurde von der Post treuhänderisch als alleiniger Verwaltungsrat der MT Mondial Transport AG und der MT Services AG eingesetzt. Gleichzeitig erhielt er am 21. Dezember 1994 ein verzinsliches Darlehen von 100 000 Franken. Der Vertrag wird von der Schweizerischen PTT, vertreten durch Herrn Rey, und Herrn Ilg unterzeichnet. Das Darlehen dient Folgendem: Falls gegen Ilg als Verwaltungsrat Verantwortlichkeitsansprüche im Sinne der Artikel 752­754 OR geltend gemacht würden, wären diese durch das Darlehen im Voraus von der Post abgedeckt. Nach Beendigung des Mandates sollte das Darlehen in fünf gleich grossen jährlichen Rückzahlungen getilgt werden.

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Das Finanzinspektorat PTT fordert am 24. Januar 1995 einen Auszug aus dem Betreibungs- und Konkursregister an. Gemäss Auszug vom 26. Januar 1995 beträgt der Stand der Betreibungen gegen Walo C. Ilg 1,2 Millionen Franken (22 Betreibungen vom 5. 11. 1993 bis 12.1.1995).

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Die Herren Ilg und Rey schliessen am 6. Juni 1995 eine Zusatzvereinbarung ab. Diese hebt das Darlehen vorzeitig auf und regelt, dass Herr Ilg 50 000 Franken (plus Zinsen) mit noch zu erbringenden Leistungen bis 17. Mai 1997 verrechnen kann. Dafür war bereits im Vertrag vom 21. Dezember 1994 ein Stundenhonorar von 500 Franken festgelegt worden. Der Rest (inkl. Zinsen) wird in zwei Raten zu je 25 000 Franken auf den 17. Mai 1996 und 17. Mai 1997 fällig.

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Herr Ilg erhält am 4. November 1997 einen Zahlungsbefehl über den ausstehenden Betrag von 43 000 Franken (+ Zinsen), weil die vereinbarten Leistungen ausblieben.

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Der VR POST beauftragt am 3. April 1998 diplomierte Wirtschaftsprüfer, die näheren Umstände der Gewährung des Darlehens abzuklären.

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Der Bericht der diplomierten Wirtschaftsprüfer kommt am 7. April 1998 zu folgenden Schlussfolgerungen: 1. «Die Wahl von Herrn Ilg als Verwaltungsrat der Mondial-Gesellschaften war unter den gegebenen Umständen naheliegend und ist nachvollziehbar. (...) Immerhin ist festzuhalten, dass die PTT eigene Juristen beschäftigte, die möglicherweise von den laufenden Strafuntersuchungen gegen Ilg Kenntnis gehabt haben könnten bzw. sollten, und dass das Finanzinspektorat bereits im Januar 1995 Kenntnis von den hohen Betreibungsbegehren hatte. Warum wurde diese Auskunft nicht einen Monat früher, d. h. vor der Auszahlung des Darlehens, eingeholt?

2. Die Begründung für die Darlehensgewährung ist unseres Erachtens nicht stichhaltig und aussergewöhnlich. Es stellt sich daher die Frage, ob bei den Abklärungen die erforderliche Sorgfalt angewendet wurde bzw. ob wegen der bereits bestehenden guten geschäftlichen Beziehungen der Argumentation von Herrn Ilg allzu gutgläubig gefolgt wurde.

3. Massnahmen seitens der Generaldirektion zur Korrektur wurden relativ zögernd und nicht mit der vollen Konsequenz eingeleitet.»

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Das UVEK beauftragt am 29. April 1998 Prof. Dr. Niklaus Schmid, Zürich, die Gewährung des Darlehens strafrechtlich zu prüfen. Es geht darum zu ermitteln, ob das Darlehen einen Straftatbestand laut Artikel 314 des Strafgesetzbuches (StGB) (ungetreue Amtsführung) und gegebenenfalls laut Artikel 158 StGB (ungetreue Geschäftsbesorgung) bildet.

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Am 11. Mai 1998 übergibt Prof. Dr. Niklaus Schmid sein Gutachten dem UVEK. Er kommt zum Schluss, dass der Straftatbestand der ungetreuen Amtsführung gemäss Artikel 314 oder eventuell Artikel 158 StGB durch Herrn Rey in objektiver Hinsicht erfüllt ist, da der Post ein Schaden von rund 50 000 Franken entstanden ist. Dagegen äussert er sich nicht endgültig zum subjektiven Tatbestand. Nach Ansicht des Experten hängt die Antwort auf diese Frage davon ab, «welches Wissen Rey bei Abschluss des Revers um den Charakter und die Üblichkeit dieses als Garantiegeschäft deklarierten Darlehens sowie um die Solvenz Ilgs hatte. Geht man (...) davon aus, dass die Ordnungsmässigkeit der mit W. C. Ilg getroffenen Vereinbarungen vorab hinsichtlich des im Zentrum stehenden Darlehens von PTT-Juristen geprüft wurde, ist (...) ein erheblicher Tatverdacht bezüglich dieses zentralen Vorsatzes zu verneinen (...). Sollte tatsächlich keine solche positive Beurteilung vor Abschluss des Revers erfolgt sein, wäre eine andere Situation gegeben. Alsdann lägen wohl ein Eventualvorsatz auf Schädigung und damit ein dringender Tatverdacht näher (...)». Prof. Dr. Schmid führt aus, dass es sich ohne grossen Aufwand abklären lässt, ob vor Abschluss des Revers eine positive Beurteilung des Geschäfts seitens der PTT-Juristen vorlag. Er fügt hinzu: Unabhängig von der Frage der Strafbarkeit von Herrn Rey hält der Experte fest, dass «kein Zweifel darüber bestehen kann, dass (...) die Verantwortlichen der Post in dieser Angelegenheit die Interessen des Bundes schlecht wahrten. Es kann ohne weiteres festgestellt werden, dass die Verantwortlichen geradezu dilettantisch vorgingen (...)».

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Am 14. Mai 1998 hört das UVEK den zum Zeitpunkt der Vorkommnisse zuständigen Direktor der Post für die Ressorts Finanzen, Strategie und Controlling an. Am 25. Mai 1998 wird Herr Rey, begleitet durch dessen Anwalt, befragt. Es geht bei diesen beiden Anhörungen darum zu prüfen, ob der Tatverdacht hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes erfüllt ist. Laut Herr Rey hatten der Finanzdirektor und ein Jurist der Finanzdirektion ihm bei der Unterzeichnung der Darlehensvereinbarung versichert, ein solches Darlehen sei möglich. Zur Bestätigung seiner Aussage legt Herr Rey einen von Herrn Ilg am 24. April 1998 verfassten Brief vor. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass der damalige Finanzdirektor für das Geschäft zuständig war. Während seiner Anhörung durch das UVEK bestritt der damalige Finanzdirektor, bei der Prüfung der Rechtmässigkeit der Darlehensgewährung eine Rolle gespielt zu haben. Er macht geltend, Herr Rey selbst habe die rechtlichen Abklärungen vorgenommen, wahrscheinlich bei externen Juristen, eventuell bei einem Juristen der Finanzdirektion. Herr Rey habe sich gegenüber dem Finanzdirektor geäussert, die Darlehensgewährung sei in Ordnung, und darauf den Vertrag unterzeichnet. Nicht befragt wurden die Juristen der Post, welche in Zusammenhang mit diesem Geschäft genannt wurden. Herr Ilg wurde auch nicht durch das UVEK angehört.

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Das UVEK teilt am 27. Mai 1998 öffentlich mit, dass eine strafbare Handlung mangels eines Vorsatzes nicht vorliegt und von einer Anzeige abzuse-

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hen ist. Das UVEK hält fest, dass das Geschäft unprofessionnell abgewickelt worden ist. Die Ergebnisse der Abklärungen vom Prof. Dr. Schmid werden dem VR POST übermittelt, damit dieser die nötigen Konsequenzen für die künftige Geschäftsführung ziehen kann.

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Rechtliche Aspekte

Gemäss Beamtenordnung sind die Akten an die Bundesanwaltschaft zu überweisen, wenn eine Straftat eines Beamten in Betracht kommt. Die Anzeigepflicht von Behörden setzt nach allgemeiner Auffassung einen erheblichen Tatverdacht voraus, wobei dieser naturgemäss den objektiven wie den subjektiven Tatbestand einschliessen muss. Die Überweisung der Akten erfolgt für Beamte der Departemente durch den Departementsvorsteher.

Artikel 314 StGB ist ein Vorsatzdelikt. Das bedeutet, dass der Tatverdacht neben der objektiven Schädigung den Vorsatz des Täters verlangt (subjektives Tatbestandselement). Die Verurteilung setzt eine bewusste und absichtliche Verfehlung voraus. Hegte der Täter nicht die Absicht, sich selbst oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, so kann er nicht als schuldig gelten. Der Eventualvorsatz reicht aus.

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Würdigung der vom UVEK ergriffenen Massnahmen

Die Arbeiten der Kommission zeigen, dass die Schlussfolgerungen des UVEK betreffend die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes weder auf einer sachgerechten Prüfung noch auf einer Gegenuntersuchung beruhen. Trotz der unterschiedlichen und zum Teil auch widersprüchlichen Aussagen von Herrn Rey und seines ehemaligen Finanzdirektors bemühte sich das UVEK nicht, abzuklären, ob und welche PTT-internen Juristen nun die rechtliche Prüfung der Vereinbarung vom 21. Dezember 1994 vorgenommen hatten. Die Kommission staunt, dass das UVEK zu dieser Frage weder diese PTT-Juristen noch Herrn Ilg einvernommen hat. Dies ist ein erheblicher Mangel, nachdem das Gutachten von Prof. Dr. Schmid diese Abklärungen als entscheidende Voraussetzung für die Beurteilung der eventuellen Strafbarkeit von Herrn Rey darstellt. Die Schlussfolgerungen des UVEK basieren fast nur auf den Aussagen von Herrn Rey, der alles Interesse an seiner Entlastung hatte. Der von Herrn Rey vorgelegte Brief sagt nichts zur Frage, ob die Vereinbarung vom 21. Dezember 1994 vorab von PTT-Juristen geprüft wurde. Der Brief äussert sich in erster Linie über die Zusatzvereinbarung vom 6. Juni 1995. Zudem wurde der Brief rund vier Jahre nach den Fakten verfasst.

Aus Gründen, die der Kommission unerklärlich bleiben, zog das UVEK den Schluss, dass Herr Rey keinen vorsätzlichen Fehler begangen habe und verzichtete auf die Überweisung der Akten an die Bundesanwaltschaft.

Nach Ansicht der Kommission hat das UVEK bei der Prüfung der Erfüllung des subjektiven Tatbestandes unvorsichtig und oberflächlich gehandelt. Die Frage des erheblichen Tatverdachts wurde nicht sorgfältig geprüft. Nach Auffassung der Kommission konnte das UVEK auf Grund der durchgeführten Anhörungen vom 14. und 25. Mai 1998 die Frage des Vorsatzes zu ungetreuer Amtsführung noch nicht verneinen. In der Folge wurde auch die zivilrechtliche Verantwortlichkeit Reys 8931

nicht mehr geprüft. Die Aussage des Vorstehers UVEK gegenüber der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates, «dass die Verhandlungen über den fraglichen Darlehensvertrag nicht von Herrn Rey geführt worden sind und von ihm auch keine inhaltlichen Vorgaben gemacht worden sind»9, konnte auf Grund der Anhörungen des UVEK nicht bestätigt werden. Das gilt auch für die Aussage, wonach «(Herr Rey) sich vor der Unterschrift des Vertrages postintern noch versichert hat, dass die Gewährung eines Bardarlehens in derartigen Fällen möglich sei».

Auch hinsichtlich dieses Falls erweist sich die Pressemitteilung vom 27. Mai 1998 als missverständlich, wenn nicht irreführend. Die Mitteilung erweckt klar den Eindruck, das UVEK hätte alle Abklärungen getroffen, um den Vorsatz einer strafbaren Handlung Reys abzuklären, und dass es nach gründlicher Prüfung auf eine Strafanzeige verzichte.

Die Kommission ist der Ansicht, dass das Departement weitere Anhörungen hätte vornehmen und/oder eine Anzeige bei der Bundesanwaltschaft hätte erstatten sollen.

Schliesslich ist festzustellen, dass die Bundesanwaltschaft am 26. August 1998 u. a.

im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung an Walo C. Ilg ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen Jean-Noël Rey wegen Verdachts auf ungetreue Amtsführung im Sinne von Artikel 314 des StGB von Amtes wegen eröffnet hat (es handelt sich um ein Offizialdelikt). Laut Bundesanwaltschaft hätte sich der Verdacht auf mehrfache ungetreue Amtsführung zwischenzeitlich bestätigt. Die Bundesanwaltschaft hat am 29. Januar 1999 die Strafsache zur weiteren Untersuchung und Beurteilung den Strafverfolgungsbehörden des Kantons Bern übertragen. Konkrete Prognosen betreffend den Abschluss der kantonalen Untersuchung können zurzeit nicht gemacht werden.

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Schlussfolgerungen

Die Frage der Kommission lautete, ob und inwieweit das UVEK seine Aufsichtspflicht über die Post wahrgenommen habe; zudem sollte die Kommission die ergriffenen Massnahmen würdigen.

Auf der Grundlage ihrer Abklärungen gelangt die Geschäftsprüfungskommission zu folgenden Schlussfolgerungen:

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Im Fall Haymoz hat das UVEK seine Aufsichtsfunktion korrekt ausgeübt. Es hat bei den Verantwortlichen umgehend eingegriffen, um ihr Verhalten zu rügen und die Rückerstattung der Herrn Haymoz gewährten Entschädigung zu fordern. Mit dem Verzicht auf eine Administrativ- oder Disziplinaruntersuchung hat das UVEK sein gesetzliches Ermessen ausgeübt.

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Im Fall der öffentlichen Kritik an Herrn Rey ist festzustellen, dass das UVEK seine Aufsichtspflicht allzu zurückhaltend ausübte. Das UVEK stützte sich ausschliesslich auf die vom VR POST durchgeführte interne Untersuchung und verzichtete im Übrigen auf eine Disziplinaruntersuchung zu Rey, obwohl der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung bereits seit Februar 1998 vorlag. Zudem wirft die Kommission dem UVEK vor, dass es Brief des Vorstehers des UVEK an den Präsidenten der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates, vom 8. Juni 1998.

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mit Ausnahme eines Falles die Möglichkeit der Einreichung einer Strafanzeige und/oder der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche weder selbst prüfte noch prüfen liess.

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Die Pressemitteilung des UVEK vom 27. Mai 1998 entspricht nicht den tatsächlich vom UVEK durchgeführten Abklärungen. Die Mitteilung erweckt den Eindruck, das Departement habe zusätzlich zur internen Untersuchung der Post die an Herrn Rey gerichteten Vorwürfe geprüft. In Wirklichkeit hat das UVEK zusätzliche Untersuchungen nur in einem einzigen Fall durchgeführt und ansonsten die Schlussfolgerungen des VR POST übernommen, ohne sie einer Gegenprüfung zu unterziehen.

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In der Prüfung der strafrechtlichen Aspekte der Darlehensgewährung an Herrn Ilg hat das UVEK unvorsichtig und oberflächlich gehandelt. Insbesondere hat es die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Weiterleitung an die Bundesanwaltschaft erfüllt waren, nicht ausreichend sorgfältig geprüft.

21. Juni 1999

Für die Sektion «Leistungsstaat»: Der Präsident: Bruno Frick, Ständerat Der Sekretär: Philippe Schwab Für die Geschäftsprüfungskommission:

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Der Präsident: Peter Bieri, Ständerat

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Abkürzungsverzeichnis BO 2 BtG EFD GPK-SR IDHEAP OR POG PTT-OG StGB UVEK VR POST VR PTT

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Beamtenordnung (2) vom 15. März 1993 Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 Eidgenössisches Finanzdepartement Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Institut de Hautes Etudes en Administration Publique Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) Bundesgesetz vom 30. April 1997 über die Organisation der Postunternehmung des Bundes (Postorganisationsgesetz, POG) PTT-Organisationsgesetz vom 6. Oktober 1960 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Verwaltungsrat der Post Verwaltungsrat der PTT-Betriebe