99.420 Parlamentarische Initiative Konkursprivileg und Sozialversicherungen Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 26. März 1999

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht und überweisen ihn gleichzeitig dem Bundesrat zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, ihrem beiliegenden Gesetzesentwurf zuzustimmen.

26. März 1999

Im Namen der Kommission Der Präsident: Rechsteiner

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1999-4479

Bericht

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Allgemeines

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Ausgangslage

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Einleitung

An der Sitzung der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) vom 26. März 1999 reichte Nationalrätin Baumann Stefanie einen Entwurf für eine parlamentarische Initiative in der Form einer Kommissionsinitiative ein, die verlangt, das Konkursprivileg für Sozialversicherungen wieder in die Klasse zwei aufzunehmen. Die Kommission hörte einen Vertreter der Arbeitgeber und eine Vertreterin der Arbeitnehmer an, die beide die Wiedereinführung des Konkursprivilegs befürworteten. Nach Anhörung und Diskussion beschloss die Kommission einstimmig, den Antrag von Frau Baumann als Kommissionsinitiative zu übernehmen.

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Historischer Überblick

Im Laufe der Zeit war die Zahl der Privilegien im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 (SchKG; SR 281.1) von 6 auf 25 angewachsen mit der Folge, dass nicht privilegierte Gläubiger sehr oft leer ausgingen. Zu diesen Vorrechten gehörte auch eine ganze Reihe zu Gunsten der Sozialversicherung statuierter (vgl. Art. 219 Abs. 4 zweite Klasse, Bst. b bis l [ohne Bst. d] a-SchKG).

Dem Konkurs liegt grundsätzlich das Prinzip der Gleichbehandlung aller Gläubiger zu Grunde. An sich widerspricht jedes Privileg, d. h. jedes Recht auf Vorabbefriedigung, dem Wesen des Konkurses. Der SchKG-Gesetzgeber setzte sich deshalb zum Ziel, mit einer radikalen Streichung der Privilegien zum Wesen des Konkurses zurückzufinden.

In der auf den 1. Januar 1997 in Kraft getretenen umfassenden Teilrevision des SchKG schuf er gründlich Remedur: statt wie bisher vier, sieht Artikel 219 Absatz 4 SchKG nur noch zwei privilegierte Forderungskategorien vor. Nach der bundesrätlichen Botschaft zur SchKG-Revision ist «jedes verbliebene Privileg Ausdruck materieller Gerechtigkeit: Privilegiert bleiben nur Forderungen wegen eines spezifischen individuellen Schutzbedürfnisses des Titulars (Arbeitnehmer, Rentenbezüger, Invalide, Verunfallte, Alimentengläubiger, Kind), allesamt natürliche Personen, die in ausgeprägten Abhängigkeitsverhältnissen stehen. Zumindest deren laufende Bedürfnisse sollen vorab gedeckt sein» (BBl 1991 III 129).

Unter diesem Blickwinkel wurde in Bezug auf die Prämien- und Beitragsforderungen der Sozialversicherung einzig geprüft, ob die Aufhebung der entsprechenden Privilegien den Leistungsbezügern einen unmittelbaren Schaden verursachte. Nachdem die Expertenkommission dies in allen Fällen verneinte, war das Schicksal der Privilegien der Sozialversicherung besiegelt (BBl 1991 III 130 ff.).

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Bedeutung des Privilegs

Entgegen der Auffassung des SchKG-Revisionsgesetzgebers schützte das Konkursprivileg vorrangig die Sozialversicherung, nicht den Versicherten. Die Sozialversicherung kann und muss auf Pfändung betreiben (Art. 43 SchKG). Trotz Zwangsvollstreckung geht sie häufig leer aus und muss ohnmächtig zusehen, wie die Schuldner andere Forderungen erfüllen. Kommt es zum Konkurs, den die Sozialversicherung nicht provozieren kann, rangiert sie seit der SchKG-Revision in der dritten und letzten Klasse und hat wieder das Nachsehen.

Der Verlust des Privilegs hat auch zur Folge, dass die Sozialversicherung sich aktiv an den Nachlassverfahren (Art. 293 ff. SchKG) beteiligen muss. Bisher war sie für ihre Forderungen immer gedeckt, ihre vollständige Befriedigung musste sogar sichergestellt sein. Wenigstens faktisch befindet sie sich dabei noch in einer schlechteren Lage als die übrigen Drittklassgläubiger, wird von ihr doch eine grössere Kompromissbereitschaft erwartet als von irgendeinem Privaten. Allerdings kann es nicht ihre Aufgabe sein, mittels Forderungsverzicht über Sein oder Nichtsein von Unternehmen zu entscheiden.

Die wachsenden Verluste führen für die Forderungen von AHV, IV, EO und ALV direkt zu mehr Arbeitgeberhaftungsverfahren. Namentlich bei den Aktiengesellschaften haften die Verwaltungsräte, wenn sie ein grobes Verschulden bei der Nichtablieferung der Sozialversicherungsbeiträge durch die von ihnen geleitete Gesellschaft trifft. Diese wenig sinnvolle Verlagerung weg von den primären Schuldnern verursacht den Durchführungsorganen der Sozialversicherung einen riesigen Mehraufwand und führt letztlich, weil die Einnahmeausfälle nicht wettgemacht werden können, zu einer nicht gerechtfertigten zusätzlichen Inanspruchnahme der Versicherten und der Allgemeinheit.

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Auswirkungen der Abschaffung (erste Erfahrungen)

Wegen der Aufhebung des Konkursprivilegs sind neben dem Arbeitsaufwand der Durchführungsorgane vor allem die Beitragsverluste markant angestiegen. Und zwar quer durch alle Sozialversicherungszweige. So haben sich z. B. die Prämienverluste der SUVA von 4 Millionen Franken für das Jahr 1996 auf rund 9 Millionen Franken für das Jahr 1997 mehr als verdoppelt. Für die Betriebsjahre 1997/1998 hat die Zentrale Ausgleichsstelle in Genf für die AHV/IV/EO je etwas mehr als 450 Millionen Franken zurückgestellt, um die erwarteten, u. a. mit der Aufhebung des Konkursprivilegs verbundenen Risiken abzudecken. Genaue Zahlen liegen zwar nicht vor, die Änderung der Konkursklassen löst allerdings allein bei der AHV/IV/EO jährliche Verluste von mindestens 50 Millionen Franken aus! Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch in den anderen Sozialversicherungszweigen und namentlich in der Krankenversicherung ab.

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Beitragsausstände 1988­1998 (in Mio Fr.)

Jahr

Abgeschriebene AHV/IV/EO-Beiträge

AHV/IV/EO-Beiträge Versicherte und Arbeitgebende

Ausstehende AHV/IV/EO-Beiträge am 31. 12.

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

29,6 28,9 29,5 38,9 44,8 74,3 90,2 82,2 78,0 88,7 117,2

16 566 17 728 19 304 20 844 21 688 22 096 22 099 22 483 22 622 22 902 22 957

575 674 784 832 836 838 852 885 848 872 863

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Gründe für die Wiedereinführung des Konkursprivilegs

Im Unterschied zu den übrigen Gläubigern hat die Sozialversicherung kaum die Möglichkeit, Geschäftsbeziehungen abzulehnen, bei denen ein grösseres Kreditrisiko zu befürchten ist. Sie verfügt gegenüber ihren Schuldnern auch nicht über die üblichen Sicherungsmittel oder andere Gläubigerbehelfe. Durch die Gleichstellung der Sozialversicherung mit anderen Gläubigern wird das Verlustrisiko auf die solventen Prämien- und Beitragszahler überwälzt und eine zusätzliche Solidaritätskomponente geschaffen. Unter den gegebenen Umständen ist das Forderungsprivileg die einzige Möglichkeit, um diese unerwünschte Verlagerung zu verhindern. Anlässlich der SchKG-Revision wurde zu wenig beachtet, dass der Sozialversicherung eine ähnlich schwache Stellung zukommt wie den weiterhin privilegierten Gläubigern. Die ersten Erfahrungen und namentlich die vorliegenden Zahlen zeigen deutlich, dass die Abschaffung des Konkursprivilegs für die Forderungen der Sozialversicherung nicht gerechtfertigt war. Nachdem andere wirksame Mittel nicht zur Verfügung stehen, ist das Privileg wieder einzuführen.

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Arbeiten in der Kommission

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Anhörungen

An der Sitzung vom 26. März 1999 hörte die Kommission Hans Rudolf Schuppisser vom Schweizerischen Arbeitgeberverband und Colette Nova vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund zur Problematik der Zahlungsausstände bei den Sozialversicherungen und zu einer allfälligen Wiedereinführung des Konkursprivilegs an. Beide befragten Personen sprachen sich für die Wiedereinführung des Konkursprivilegs aus.

Die Hauptargumente der Arbeitgeberorganisation lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Zahl der Insolvenzen und Konkurse ist in den letzten Jahren markant gestiegen. Die Zahlungsmoral ist schlechter geworden. Als approximative Grobschät9129

zung im Sinne eines Erfahrungswertes wird heute von einer mittleren Zahlungsfrist von 90 Tagen gesprochen. Die Beitragsausstände über 30 Tage bei der AHV/IV und EO ohne ALV haben sich von 1989­98 anteilsmässig zwar verringert. Gestiegen ist aber die Summe der Verluste. Massiv erhöht hat sich die Zahl der Betreibungen. Die Beitragsverluste sind ab 1998 wegen des Wegfalls des Konkursprivilegs stärker gestiegen als in den vorhergehenden Jahren. Diese Zahlungsausstände verursachen der Wirtschaft Schäden in Milliardenhöhe. In der Vernehmlassung zur 11. AHV-Revision wurde von vielen Vernehmlassungsteilnehmern gefordert, das Konkursprivileg wieder aufzunehmen. Durch die Wiedereinführung des Konkursprivilegs im Bundesgesetz über die Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) könnte der AHV-Fonds vermutlich einen Teil der Rückstellungen wieder auflösen. Die Arbeitslosenversicherung würde von dieser Massnahme ebenfalls profitieren, da der Beitragseinzug über das AHI-System erfolgt.

Die Abschaffung des Konkursprivileges für die Sozialversicherungsbeiträge im Jahre 1997 widersprach offensichtlich dem Zeitgeist. Dieses Konkursprivileg muss wieder ins SchKG eingeführt werden. Damit könnten auch die Vollzugs- und Justizorgane entlastet werden.

Die Argumente der Arbeitnehmerorganisation lauteten wie folgt: Die Beitragsausstände bei AHV/IV/EO/ALV sind relativ hoch. Die absoluten Zahlen steigen zwar an, in Prozenten der Beitragssumme sind die Ausstände ungefähr gleichbleibend.

Die Beitragsverluste aber sind stark steigend: 1,7% 1989, 5,9% 1998. Die Gründe dafür liegen im schwierigeren wirtschaftlichen Umfeld, mehr Konkurse, sind aber auch Folge des verschwundenen Konkursprivilegs. Weiter müssen die Ausgleichskassen grossen Aufwand treiben, dass die Zahlungsfristen eingehalten werden können, was angesichts der hohen Zahl der Betreibungen, Verdoppelung innert 10 Jahren, immer schwieriger wird.

Die Abschaffung des Konkursprivilegs, die nur rechtstheoretisch begründet wurde, war ein Fehler, der korrigiert werden muss. In wirtschaftlich schlechten Zeiten, in denen die Einnahmen der Sozialversicherungen stagnieren, wiegen die höheren Verluste in Folge des Wegfalls dieses Privilegs schwer und lassen sich gegenüber den Versicherten und den Arbeitgebern, die diese Versicherung bezahlen, nicht rechtfertigen. Als Verbesserungsmassnahme,
zusätzlich zur Wiedereinführung des Konkursprivilegs, wäre allenfalls zu prüfen, ob monatliche Zahlungsfristen für den grössten Teil der Beitragszahler sinnvoll wären.

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Mündliche Stellungnahmen der Verwaltung

Das Bundesamt für Justiz (BJ) führte Folgendes aus: Das Konkursprivileg ist ein Recht eines Gläubigers, vor den andern Gläubigern befriedigt zu werden. Konkurs heisst grundsätzlich, alle Gläubiger sollen gleichermassen aus dem Wenigen, das noch vorhanden ist, befriedigt werden. Die SchKG-Revision, die ja erst seit 1997 in Kraft ist, hat sich die Frage der Ausnahmen von diesem Prinzip sehr gründlich überlegt. Sie hat alle Privilegien ausser denjenigen, die sozialpolitisch zwingend indiziert sind, gestrichen. Im geltenden SchKG sind privilegiert: Natürliche Personen (Arbeitnehmer, Kinder) die zum Schuldner in einem sozialen Abhängigkeitsverhältnis stehen, die also Rücksicht nehmen müssen und kein Interesse daran haben, dass der Schuldner in Konkurs gerät. Diese Gläubiger sind nur für gewisse Forderungen privilegiert, die für sie existentiell wichtig sind. Es sollten keine neuen Privilegien 9130

dazukommen, die nicht sozial indiziert sind. Die SchKG-Revision 1994 rühmt sich, die Straffung der Konkursprivilegien im Konsens mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) und BJ erreicht zu haben. Welche Gläubiger würden durch die Einführung neuer Privilegien benachteiligt? Wenn es sich um einen Unternehmenskonkurs handelt, sind es Geschäftspartner, Zulieferfirmen, KMU, die selber auch Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Das Nachlassverfahren des alten SchKG hätte zu einem Sanierungsverfahren umfunktioniert werden sollen. Wenn man jemanden sanieren will, bedarf man freier Aktiven. Solche sind nur vorhanden, wenn entweder die Aktiven nicht verpfändet sind, oder wenn sie nicht der Sicherstellung von gewissen Forderungen dienen. Privilegien sind ein effektvolles Mittel für den privilegierten Gläubiger. Man muss sich aber überlegen, dass die Privilegien auf Kosten aller nicht privilegierten Gläubiger gehen. Bevor man also Privilegien, die damals nach reiflichen Überlegungen abgeschafft worden sind, wieder einführt, sollte man die Alternativen ausschöpfen. Ich denke an ein strengeres Inkasso, an kürzere Inkassofristen, an eine schärfere Aufsicht und an die Möglichkeit der Pfändungsbetreibungen, die die Sozialversicherungen haben.

Das BSV brachte die folgende Stellungnahme ein: Der Bundesrat vertrat bis anhin die Meinung, das Konkursprivileg solle nicht wieder eingeführt werden. Das BSV ist für eine Wiedereinführung des Konkursprivilegs. Den Zahlen, die Sie in Ihren Unterlagen haben, können Sie entnehmen, dass die Abschreibungen bei der AHV in den letzten zwei Jahren um 30 Mio. Franken zugenommen haben. Konkursverfahren dauern in der Regel lange. Deshalb ist anzunehmen, dass es weitere Abschreibungen geben wird. Vor der Revision des SchKG war die AHV privilegiert. Heute ist sie benachteiligt, weil sie nicht auf Konkurs betreiben kann, was andere Gläubiger können. Ich bestreite vehement, dass das Inkasso der AHV vor der Abschaffung des Konkursprivilegs nicht so konsequent war wie heute. Wir hatten trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten in den Neunzigerjahren kaum einen Anstieg der ausstehenden Beiträge zu verzeichnen. Bei einem Nachlassvertrag müssen die privilegierten Gläubiger gedeckt sein. Bis Ende 1996 waren die Sozialversicherungen in einem Nachlassverfahren immer
gedeckt. Heute müssen Ausgleichskassen und Sozialversicherungsträger an den Verhandlungen des Nachlassverfahrens teilnehmen. Man verlangt dann von den Sozialversicherungen, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten, um ein Unternehmen zu retten. Es ist nicht Aufgabe der Sozialversicherungen zu entscheiden, ob ein Betrieb gerettet werden soll oder nicht. Deshalb wäre es sinnvoller, wenn sie nicht an diesen Verhandlungen beteiligt wären. Mit der Arbeitgeberhaftung hat die AHV ein weiteres Notventil, wenn es zu Verlusten kommt.

Insbesondere bei juristischen Personen haften die Verwaltungsräte mit ihrem eigenen Vermögen, wenn sie schuldhaft die Beiträge nicht abgeliefert haben. Ich bin sehr froh über dieses Institut. Letztes Jahr sind über diesen Weg 10 Mio. Franken wieder hereingekommen. Wichtig ist dabei das generalpräventive Moment. Die Arbeitgeberhaftung hat aber durch die Abschaffung des Konkursprivilegs eine Bedeutung und einen Umfang angenommen, der schwer mit dem normalen Inkasso der AHV zu vereinbaren ist. Es ist nicht primär Aufgabe der AHV, Verwaltungsräte haftbar zu machen. Es wäre sinnvoller, wenn man die Beiträge auf dem Weg der Privilegierung einziehen könnte.

Der Bundesrat hat inzwischen beschlossen, die Wiedereinführung des Konkursprivilegs mit der Vorlage zur 11. AHV­Revision dem Parlament zu beantragen.

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Erwägungen der Kommission

Die Kommission sprach sich an ihrer Sitzung vom 26. März 1999 einstimmig für die Wiedereinführung des Konkursprivilegs für die Sozialversicherungen aus. Angesichts der erheblichen Beitragsverluste erachtet sie die Privilegierung der Sozialversicherungsbeiträge als gerechtfertigt. Sie teilt die Ansicht nicht, dass alle Hauptgläubiger einer Firma, in der Regel Banken, in der dritten Klasse leer ausgehen würden, wenn das Konkursprivileg für die Sozialversicherungsbeiträge wieder eingeführt würde. Die Finanzinstitute lassen sich nämlich durch pfandversicherte Forderungen, die vorweg befriedigt werden, bevor die erste Klasse überhaupt zum Zuge kommt, durch Zessionsvereinbarungen absichern. Die Kommission sieht die Gläubiger der Sozialversicherungsbeiträge heute im Nachteil, weil sie nicht auf Konkurs betreiben können und für ihre Forderungen das Nachsehen haben. Als stossend empfindet sie weiter, dass Lohnforderungen privilegiert bleiben, die Sozialversicherungen, die ja ein Ersatzeinkommen garantieren, jedoch nicht.

Die Kommission wählte das Instrument der Kommissionsinitiative, da das Problem genau umgrenzt, seine Auswirkungen bekannt und die Wiedereinführung grundsätzlich unbestritten ist. Es geht eigentlich darum, die vor der SchKG-Revision herrschende Praxis wieder einzuführen. Vor allem aus zeitlichen Gründen wollte sie nicht eine Neuregelung über die 11. AHV-Revision abwarten, da es ungewiss ist, wann diese in Kraft tritt, sicherlich aber erst in einigen Jahren. Nicht zuletzt erachtet die Kommission die mit der Wiedereinführung des Privilegs verbundenen Mehreinnahmen für den Bund und SUVA von rund 55 Millionen Franken pro Jahr. Grund genug, die Gesetzesänderung so rasch wie möglich in Kraft zu setzen.

II

Besonderer Teil

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Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Art. 219 Abs. 4 SchKG Zweite Klasse: Buchstabe a: unverändert Buchstabe b: Der vorgeschlagene Text entspricht den Buchstaben f, k, c, i und h der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung von Artikel 219 Absatz 4. Die Änderungen im Vergleich zu den auf den 1. Januar 1997 abgeschafften Bestimmungen sind mit Ausnahme des Privilegs zu Gunsten der Unfallversicherung rein redaktioneller Natur. Bei der Unfallversicherung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sie neben der SUVA noch andere Versicherer kennt. Das Privileg für Leistungsansprüche der Versicherten gegenüber der Unfallversicherung ist nicht aufgehoben worden, figuriert aber seit der 1997 in Kraft getretenen Revision in der ersten Klasse.

Buchstabe c: Der vorgeschlagene Text entspricht Buchstabe l der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung von Artikel 219 Absatz 4.

Buchstabe d: Der vorgeschlagene Text entspricht Buchstabe g der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung von Artikel 219 Absatz 4.

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Personelle und finanzielle Auswirkungen

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Finanzielle Auswirkungen auf die Sozialversicherung

Die aus der Gesetzesänderung resultierenden finanziellen Folgen lassen sich nicht genau beziffern. Allerdings sind damit allein für die SUVA jährliche Mehreinnahmen von 5 Millionen Franken und für die AHV/IV/EO solche von mindestens 50 Millionen Franken verbunden (vgl. Ziff. 14).

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Personelle Auswirkungen auf Bund und Kantone

Aus der Gesetzesänderung ergeben sich keine personellen Auswirkungen für den Bund und die Kantone.

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Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage ergibt sich aus Artikel 64 Absatz 1 BV.

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