Bundesgesetz über die Änderung des Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzes und der Bundesstrafrechtspflege

Entwurf

vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 31. März 19991, beschliesst: I Das Strafgesetzbuch2 wird wie folgt geändert: Art. 260bis Strafbare Vorbereitungshandlungen

1

Mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis wird bestraft, wer planmässig konkrete technische oder organisatorische Vorkehrungen trifft, deren Art und Umfang zeigen, dass er sich anschickt, eine der folgenden strafbaren Handlungen auszuführen: Art. 111

Vorsätzliche Tötung

Art. 112

Mord

Art. 122

Schwere Körperverletzung

Art. 140

Raub

Art. 183

Freiheitsberaubung und Entführung

Art. 185

Geiselnahme

Art. 221

Brandstiftung

Art. 264

Völkermord

2

Führt der Täter aus eigenem Antrieb die Vorbereitungshandlung nicht zu Ende, so bleibt er straflos.

3

Strafbar ist auch, wer die Vorbereitungshandlung im Ausland begeht, wenn die beabsichtigten strafbaren Handlungen in der Schweiz verübt werden sollen. Artikel 3 Ziffer 1 Absatz 2 ist anwendbar.

1 2

BBl 1999 5327 SR 311.0

5354

1999-4548

Änderung des Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzes und der Bundesstrafrechtspflege. BG

Titel 12bis: (neu) Straftaten gegen die Interessen der Völkergemeinschaft Art. 264 (neu) Völkermord

1

Mit lebenslänglichem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren wird bestraft, wer, in der Absicht, eine durch ihre Staatsangehörigkeit, Rasse, Religion oder ethnische Zugehörigkeit gekennzeichnete Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten, 1.

Mitglieder dieser Gruppe tötet oder auf schwerwiegende Weise in ihrer körperlichen oder geistigen Unversehrtheit schädigt,

2.

Mitglieder der Gruppe Lebensbedingungen unterwirft, die geeignet sind, die Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten,

3.

Massnahmen anordnet oder trifft, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind,

4.

Kinder der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt oder überführen lässt.

2

Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland begangen hat, wenn er sich in der Schweiz aufhält, und nicht ausgeliefert werden kann. Artikel 6bis Ziffer 2 ist anwendbar.

3

Artikel 366 Absatz 2 Buchstabe b, die Vorschriften über die Verfolgungsermächtigung nach Artikel 14 und 15 des Verantwortlichkeitsgesetzes3, sowie die Artikel 1 und 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 19344 über die politischen und polizeilichen Garantien zu Gunsten der Eidgenossenschaft sind für den Tatbestand des Völkermordes nicht anwendbar.

Art. 340 1. Bundesgerichtsbarkeit.

Umfang

3 4

1

Der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen: ­

die strafbaren Handlungen des ersten und vierten Titels sowie der Artikel 140, 156, 189 und 190, sofern sie gegen völkerrechtlich geschützte Personen gerichtet sind;

­

die strafbaren Handlungen der Artikel 137­141, 144, 160 und 172ter, sofern sie Räumlichkeiten, Archive und Schriftstücke diplomatischer Missionen und konsularischer Posten betreffen;

­

die Geiselnahme nach Artikel 185 zur Nötigung von Behörden des Bundes oder des Auslandes;

­

die Verbrechen und Vergehen der Artikel 224­226;

SR 170.32 SR 170.21

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Änderung des Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzes und der Bundesstrafrechtspflege. BG

­

die Verbrechen und Vergehen des zehnten Titels betreffend Metallgeld, Papiergeld und Banknoten, amtliche Wertzeichen und sonstige Zeichen des Bundes, Mass und Gewicht;

­

die Verbrechen und Vergehen des elften Titels, sofern Urkunden des Bundes in Betracht kommen;

­

die strafbaren Handlungen des Artikels 260bis sowie des dreizehnten bis fünfzehnten und des siebzehnten Titels, sofern sie gegen den Bund, die Behörden des Bundes, gegen den Volkswillen bei eidgenössischen Wahlen, Abstimmungen, Referendums- oder Initiativbegehren, gegen die Bundesgewalt oder gegen die Bundesrechtspflege gerichtet sind; ferner die Verbrechen und Vergehen des sechzehnten Titels und die von einem Bundesbeamten verübten Amtsverbrechen und Amtsvergehen (18. Titel) und die Übertretungen der Artikel 329­331;

­

die politischen Verbrechen und Vergehen, die Ursache oder Folge von Unruhen sind, durch die eine bewaffnete eidgenössische Intervention veranlasst wird.

2

Der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen ferner die strafbaren Handlungen des Titels 12bis.

3

Die in besonderen Bundesgesetzen enthaltenen Vorschriften über die Zuständigkeit des Bundesgerichts bleiben vorbehalten.

Art. 344

1 Ist jemand mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt, von denen 3. Zusammentreffen von strafdie einen dem Bundesstrafgerichte, die andern der kantonalen Gebaren Handlungen oder Strafbe- richtsbarkeit unterstellt sind, so kann der Bundesrat auf Antrag der stimmungen

Bundesanwaltschaft die Vereinigung der Strafverfolgung und Beurteilung in der Hand der Bundesbehörde oder der kantonalen Behörde anordnen.

Dasselbe gilt, wenn eine Handlung unter mehrere Strafbestimmungen fällt, von denen die einen vom Bundesgericht, die andern von einem kantonalen Gericht anzuwenden sind.

Handelt es sich bei einer der Beschuldigungen um eine strafbare Handlung des Titels 12bis, so gilt Artikel 18 Absatz 2 BStP sinngemäss.

2

Ist jemand mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt, von denen die einen den Bundesassisen, die andern dem Bundesstrafgericht oder der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstellt sind, so sind die Bundesassisen ausschliesslich zuständig.

Dasselbe gilt, wenn eine Handlung unter mehrere Strafbestimmungen fällt, von denen die einen von den Bundesassisen, die andern vom Bundesstrafgericht oder vom kantonalen Richter anzuwenden sind.

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Änderung des Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzes und der Bundesstrafrechtspflege. BG

II Das Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege5 wird wie folgt geändert: Art. 18 1

Der Bundesrat kann eine Bundesstrafsache nach Artikel 340 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches6, für welche das Bundesgericht zuständig ist, den kantonalen Behörden zur Untersuchung und Beurteilung überweisen.

2 Bei strafbaren Handlungen nach dem Titel 12bis des Strafgesetzbuches ist die Voruntersuchung durch die Bundesbehörden durchzuführen. Der Bundesrat kann die Strafsache nach Abschluss der Voruntersuchung der kantonalen Behörde zur Beurteilung übertragen. Der Bundesanwalt vertritt in diesem Fall die Anklage vor dem kantonalen Gericht.

III Das Militärstrafgesetz7 wird wie folgt geändert: Art. 221 1 Ist jemand mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt, die teils der Gerichtsbarkeit bei Zusammentreffen von straf- militärischen, teils der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen, so kann der baren HandlunBundesrat deren ausschliessliche Beurteilung dem militärischen oder gen oder Strafbedem zivilen Gericht übertragen.

stimmungen 2

Handelt es sich bei einer der strafbaren Handlungen um Völkermord nach Artikel 264 StGB8, so ist die ausschliessliche Beurteilung dem zivilen Gericht zu übertragen.

Dasselbe gilt, wenn eine Handlung unter mehrere Strafbestimmungen fällt, die teils der militärischen, teils der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen, und es sich bei einer der strafbaren Handlungen um Völkermord nach Artikel 264 StGB handelt.

IV 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

5 6 7 8

SR 312.0 SR 311.0 SR 321.0 SR 311.0

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