99.076 Botschaft zur Teilrevision des Mietrechts im Obligationenrecht und zur Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» vom 15. September 1999

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen hiermit die Botschaft zur Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» und beantragen Ihnen, die Volksinitiative Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Ablehnung zur Abstimmung zu unterbreiten.

Der Entwurf zum entsprechenden Bundesbeschluss liegt bei.

Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen im Sinne eines indirekten Gegenvorschlags den Entwurf zur Änderung des Mietrechts im Obligationenrecht mit dem Antrag auf Zustimmung.

Ausserdem beantragen wir Ihnen, folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 1992 M

92.3576

Übergang zur Marktmiete (N 9.6.94 Baumberger; S 20.3.96)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. September 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

10577

Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

1999-5174

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Übersicht Das heutige Mietrecht ist am 1. Juli 1990 in Kraft getreten. Es hat, basierend auf einer Gesamtrevision, den früheren Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BMM) aus dem Jahre 1972 abgelöst. Alle mietrechtlichen Bestimmungen sind seither im Obligationenrecht (OR) zusammengefasst. Obwohl die Revisionsarbeiten insgesamt mehr als 10 Jahre gedauert haben, wurden auch nach Inkrafttreten des neuen Rechts sowohl von Mieter- wie von Vermieterseite immer wieder Rufe nach erneuten Änderungen laut.

1992 hat Nationalrat Baumberger eine Motion eingereicht, welche einen schrittweisen Übergang zur Marktmiete verlangte. Die Motion wurde 1996 vom Parlament überwiesen. Allerdings hat der Nationalrat in der Dezembersession 1997 mit der Abschreibung der parlamentarischen Initiativen Hegetschweiler und Ducret, welche eine Lockerung der mietrechtlichen Schutzbestimmungen des OR verlangten ohne die Marktmiete anzustreben, wieder ein gegenteiliges Zeichen gesetzt. Zur Begründung der Abschreibung wurde angeführt, dass sich für die Vorschläge der parlamentarischen Initiativen in der Kommissionsberatung keine Mehrheit habe finden lassen.

Am 14. März 1997 hat der Schweizerische Mieter- und Mieterinnenverband die Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» eingereicht.

Die Volksinitiative, in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfes, beinhaltet folgende Punkte: a.

Umschreibung der Missbräuchlichkeit von Anfangsmietzinsen;

b.

Festlegung von Mietzinsanpassungen auf Grund der Elemente der Kostenmiete, unter Ausschluss der so genannten absoluten Anpassungsgründe (Orts- und Quartierüblichkeit, Verbesserung der Rendite). Für Mietzinsanpassungen auf Grund von Hypothekarzinsänderungen ist ein über fünf Jahre berechneter Durchschnittssatz massgebend («geglätteter Hypothekarzinssatz»);

c.

Begrenzung und Staffelung von Mietzinserhöhungen im Zusammenhang mit einer Handänderung der Liegenschaft;

d.

Gesetzgebungsdelegation an die Kantone, nur verbrauchsabhängige Nebenkosten zuzulassen;

e.

Generelle Formularpflicht, auch für Anfangsmietzinse und andere Forderungen des Vermieters;

f.

Sonderbestimmungen für gemeinnützige Wohnbauträger und für allgemeinverbindlicherklärte Rahmenmietverträge;

g.

Beweispflicht für gerechtfertigte Gründe einer Kündigung beim Vermieter und Umschreibung der Tatbestände von ungerechtfertigten Kündigungen.

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Mit Übergangsbestimmungen wird dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, bei Annahme der Initiative bis zum Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung die erforderlichen Vollzugsbestimmungen zu erlassen. Im Weiteren ist vorgesehen, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen statistische Mietzinse erhebt.

Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative ab, weil sie die Kostenmiete als alleinige Mietzinsanpassungsmethode zementiert und dadurch dem Mietwohnungsmarkt die nötige Flexibilität entzieht. Er anerkennt aber die Berechtigung einzelner Anliegen des Volksbegehrens und zwar namentlich im Zusammenhang mit den problematischen Wirkungen der geltenden Koppelung von Hypothekar- und Mietzins. Mit dem Vorschlag der Festlegung eines geglätteten Hypothekarzinssatzes würde jedoch das Problem nicht gelöst, sondern nur verlagert. Dazu kommt, dass die Festlegung eines mietrechtlichen Referenzzinssatzes zunehmend schwieriger wird, da die Finanzierungsinstitute generell dazu übergehen, die Hypothekarzinskonditionen einzelfallweise festzulegen und eine zunehmend vielfältigere Palette von Hypothekarmodellen anbieten. Nach Meinung des Bundesrates sollte daher das «Koppelungsproblem» grundsätzlicher angegangen werden. Zugleich möchte er einige allseits unbestrittene Mängel der heutigen Ordnung lindern. Dazu gehören die komplizierten Berechnungs- und Vorbehaltsregeln, die Vermischung von relativen und absoluten Missbrauchskriterien und die daraus entstehende Überforderung der Schlichtungsstellen und Gerichte. Ferner haben die Diskussionen um die bundesrätlichen Vorschläge und die Vernehmlassungsergebnisse gezeigt, dass der am übersetzten Ertrag oder Kaufpreis ansetzende Missbrauchsbegriff letztlich nicht befriedigen kann.

Aus all diesen Gründen hat der Bundesrat beschlossen, der Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» einen indirekten Gegenvorschlag mit den folgenden wichtigsten Neuerungen gegenüberzustellen: Die Mietzinse sollen inskünftig in erster Linie gemäss der Entwicklung des Landesindexes der Konsumentenpreise angepasst werden, im Umfange von höchstens 80 Prozent der eingetretenen Änderung.

Für die Ermittlung der allfälligen Missbräuchlichkeit eines Mietzinses wird nicht mehr auf den übersetzten Ertrag, sondern auf das Vergleichsmieteprinzip abgestellt, für dessen Anwendung der Bund die erforderlichen Instrumente
bereitzustellen hat.

Bei luxuriösen Wohnungen und Einfamilienhäusern wird bezüglich der Grösse der Wohnung auf die Nettowohnfläche und nicht mehr auf die Anzahl Zimmer abgestellt.

Mietzinserhöhungen nach wertvermehrenden Investitionen und Handänderungen müssen zeitlich gestaffelt werden, soweit sie 20 Prozent des bisherigen Mietzinses übersteigen.

Mietzinse von Wohnungen, welche mit Hilfe der öffentlichen Hand bereitgestellt werden, sollen ebenfalls auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft werden können, wobei das Verwaltungsverfahrensrecht zur Anwendung gelangt.

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Die Schlichtungsbehörden sollen alle Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 5000 Franken entscheiden können.

Die Parteien werden von richterlichen Gebühren und Auslagen befreit, und zwar generell bei Fällen des Kündigungsschutzes sowie bei Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 20 000 Franken.

Keine Änderungen sind beim Kündigungsschutz vorgesehen. Dieser Bereich war in der Vergangenheit weniger umstritten als die Mietzinsanpassungsregeln. Die Gesetzesänderung ist daher primär auf die Mietzinsgestaltung ausgerichtet. Bestimmungen des bisherigen Rechts, welche sich bewährt haben, werden beibehalten. In den Übergangsbestimmungen wird sichergestellt, dass Vermieter, welche in der Vergangenheit Hypothekarzinssenkungen weitergegeben haben, unter dem neuen Recht nicht schlechter gestellt werden als diejenigen, die dies nicht getan haben.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

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Ausgangslage

Im Vergleich mit den übrigen westeuropäischen Ländern hat die Schweiz die höchste Mieterquote. Rund 70 Prozent der Einwohner leben in Mietwohnungen. Dem Verhältnis zwischen Vermieterschaft und Mieterschaft kommt daher eine grosse Bedeutung zu. Das Mietrecht gilt als einer der empfindlichsten Bereiche der Wohnungspolitik. Es regelt nicht nur die Nutzungs- und Verfügungsgewalt für ein lebenswichtiges Gut, gegenüber dem in der Regel starke emotionale Bindungen bestehen. Der Eingriff mit rechtlichen Regelungen in die Gestaltung der Mietverhältnisse wirkt sich auf die Wohnungsproduktion, die Boden-, Bau- und Kapitalmärkte sowie auf die gesamte Volkswirtschaft aus. Das Mietrecht berührt unterschiedliche Interessen, was zu Zielkonflikten und politischen Auseinandersetzungen führt.

Im Mietrecht stellen sich im Wesentlichen immer dieselben Grundfragen. Soll der Staat die Vertragsfreiheit zwischen den Mietparteien beschränken und wenn ja, wie weit soll die Einflussnahme gehen? Reichen zum Schutz von Mieterinnen und Mietern wettbewerbsrechtliche Bestimmungen oder privatrechtliche Instrumente wie das Wucherverbot und die Verhinderung der Ausnutzung einer persönlichen Notlage aus, oder bedarf es weiter gehender Regelungen? Haben sich diese auf den Kündigungsschutz zu beschränken oder auch die Mietzinsbildung zu beeinflussen?

Antworten auf diese Fragen sind in der Vergangenheit unterschiedlich ausgefallen.

Sie hingen jeweils von den gesellschaftspolitischen Prioritäten, der allgemeinen Wirtschaftslage und der spezifischen Situation auf dem Wohnungsmarkt ab.

Unbestritten ist, dass Missbräuche zu verhindern und eine angemessene Verzinsung und die Erhaltung des investierten Kapitals sicherzustellen sind. Ebenfalls weitherum anerkannt wird die Tatsache, dass der Markt als Lenkungsinstrument eine ökonomisch effiziente Verwendung knapper Güter gewährleistet. Während aber die eine Seite auf die Besonderheiten des Wohnungsmarktes hinweist (hohe Transaktionskosten, mangelnde Verkehrsfähigkeit des gehandelten Gutes, lokale Monopolbildungen, schlechte Transparenz usw.) und deshalb regulatorische Eingriffe des Staates als notwendig erachtet, hält die andere Seite solche für überflüssig und kontraproduktiv.

Die Verteilungswirkungen des Mieterschutzes sind stark umstritten. Die Befürworter eines freien Marktes sagen,
dass bei staatlichen Eingriffen z.B. die Investitionen gedämpft, die Wohnungen nicht haushälterisch genutzt, die Mobilität und die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes behindert werden. Für die Kritiker der freien Mietpreisbildung stehen dagegen soziale Überlegungen im Vordergrund. Dazu gehören der Schutz wirtschaftlich schwacher Bevölkerungsgruppen, die Verbundenheit mit dem Quartier und tragbare Wohnkosten.

Eine völlig freie Mietpreisbildung kannte die Schweiz seit 1917 allein in den Jahren 1971 und 1972 während rund 18 Monaten. In der ganzen übrigen Zeit war die Vertragsfreiheit eingeschränkt. Dabei fand bezüglich der Intensität der Eingriffe eine graduelle Lockerung von der Mietzinskontrolle über die Mietzinsüberwachung zur Missbrauchsbekämpfung statt. Heute stellt der Mieterschutz ein weitherum akzep-

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tiertes Element der Sozialgesetzgebung dar. In ökonomischer Betrachtung fusst es auf dem so genannten «hold up»-Problem1. Dieses besagt, dass die mietende Partei auf Grund von hohen Umzugs- und sozialen Kosten in einer schlechteren Verhandlungsposition ist und deshalb ­ zumindest während der Dauer des Mietverhältnisses ­ einen Schutz vor unangemessenen Forderungen der Vermieterschaft geniessen sollte.

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Elemente des geltenden Mietrechts

Das Mietrecht ist in den Artikeln 253­274g des OR2 geregelt. Die heutige Fassung ist seit dem 1. Juli 1990 in Kraft. Der erste Abschnitt befasst sich mit allgemeinen Bestimmungen zum Mietvertrag. Der zweite behandelt den Schutz der Mieterschaft von Wohn- und Geschäftsräumen vor missbräuchlichen Mietzinsen und der dritte den Schutz vor missbräuchlichen Kündigungen. Der vierte Abschnitt hält schliesslich die Zuständigkeit der Behörden sowie das anzuwendende Verfahren fest. Die überwiegende Mehrzahl der Bestimmungen ist zwingend.

Einseitige Mietzinsanpassungen in einem laufenden Mietverhältnis sind nur dann möglich, wenn entweder der Mietvertrag eine Anpassungsklausel vorsieht oder das OR eine entsprechende Rechtsgrundlage enthält. Die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 ermächtigt den Bund in Artikel 109, Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen zu erlassen. Auf diese Verfassungsbestimmung stützen sich die Artikel 269­270e des OR, welche die Mieterschaft vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen der Vermieterschaft schützen sollen.

In Artikel 269 OR wird als Regel festgehalten, dass ein Mietzins missbräuchlich ist, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn er auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruht.

Artikel 269a OR enthält demgegenüber eine Liste von Ausnahmen, bei welchen die Nichtmissbräuchlichkeit des Mietzinses vermutet wird. Insbesondere sind Mietzinse in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie im Rahmen der orts- oder quartierüblichen Mietzinse liegen (Bst. a), durch Kostensteigerungen oder Mehrleistungen der vermietenden Partei begründet sind (Bst. b) oder lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausgleichen (Bst. e). Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG)3 hält fest, dass die Erhöhung des Hypothekarzinssatzes eine überwälzbare Kostensteigerung darstellt. Mietzinse dürfen bei neueren Bauten im Rahmen der kostendeckenden Bruttorendite liegen (Bst. c). Schliesslich gelten Mietzinse als nicht missbräuchlich, wenn sie einem vereinbarten Zahlungsplan entsprechen (Bst. d) oder das Ausmass nicht überschreiten, das Vermieter- und Mieterverbände in ihren Rahmenverträgen empfehlen (Bst. f).

Vertraglich können die Parteien vereinbaren, dass der Mietzins dem Landesindex der Konsumentenpreise (Art. 269b OR) oder einer vereinbarten Staffelung (Art. 269c OR) folgen soll.

1 2 3

T. von Ungern-Sternberg, Bases économiques pour une loi sur la protection des locataires, cahiers de recherches économiques, Université de Lausanne, Lausanne 1997.

SR 220 SR 221.213.11

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Das geltende Recht stellt einen Zusammenzug der früheren Bestimmungen des Bundesbeschlusses über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BMM) und des OR dar. Im Bereich der Mietzinsfestlegung wurde mit der Revision von 1990 Folgendes neu geregelt: ­

Für indexierte Mietzinse gilt obligatorisch der Landesindex der Konsumentenpreise;

­

bei gestaffelten Mietzinsen kann nur der Anfangsmietzins angefochten werden;

­

die Überwälzungssätze auf Grund von Hypothekarzinserhöhungen werden reduziert, da die Eigenkapitalverzinsung bei der Berechnung ausser Betracht fällt;

­

Mietzinsausgleiche, die durch Umlagerungen marktüblicher Finanzierungskosten gewährt wurden, sind nicht missbräuchlich, sofern sie der Mieterschaft vorgängig in einem Zahlungsplan bekannt gegeben wurden;

­

bei einer nicht vollständigen Mietzinsanpassung muss ein Vorbehalt in Franken oder Prozent angegeben werden, damit der nicht ausgeschöpfte Teil in einem späteren Zeitpunkt noch überwälzt werden kann;

­

der Anfangsmietzins kann als missbräuchlich angefochten werden, sofern sich die Mieterschaft auf Grund einer persönlichen oder familiären Notlage oder auf Grund der örtlichen Marktverhältnisse zum Vertragsabschluss gezwungen sah. Ferner kann der Anfangsmietzins angefochten werden, wenn er gegenüber dem vorangegangenen Mietverhältnis erheblich erhöht wurde.

Das geltende Mietrecht basiert auf dem Konzept der Kostenmiete. Mietzinsanpassungen sind demnach zulässig, soweit sie durch Kostenänderungen beim Vermietenden begründet sind. Es beinhaltet aber auch Marktelemente wie die Orts- und Quartierüblichkeit oder die Tatsache, dass die Missbräuchlichkeit eines Mietzinses nur auf Antrag der Mietenden von Amtes wegen abgeklärt wird. Die Grundsätze der Kostenmiete und der Marktmiete stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander.

Dieses ist denn auch häufig Gegenstand der Rechtssprechung.

Für die Überprüfung von Mietzinsanpassungen hat die Rechtssprechung die absolute und die relative Methode entwickelt.

Bei der absoluten Methode wird der Mietzins als solcher überprüft und nicht nur im Verhältnis zum vorherigen Mietpreis. Der zulässige Ertrag wird absolut ermittelt.

Diese Methode wird in der Praxis zurückhaltend angewandt, da sie aufwendig und komplex ist.

Im Vordergrund steht heute eindeutig die relative Methode. Bei dieser wird die Mietzinsanpassung nur im Vergleich zur bisherigen Miete überprüft, wobei auch allfällige früher angebrachte Vorbehalte (nicht ausgeschöpfte Mietzinsreserven) berücksichtigt werden. Im Vergleich zur absoluten Methode ist sie wesentlich einfacher zu handhaben.

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Beurteilung der bisherigen Erfahrungen

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Hinweise zur aktuellen Lage auf dem Mietwohnungsmarkt

In der Schweiz gibt es schätzungsweise 3,5 Millionen Wohnungen, von denen rund 3 Millionen auf den Mietwohnungsmarkt entfallen. Vier Fünftel der Mietobjekte befinden sich in städtischen Gebieten. Gut die Hälfte der Mietwohnungen war 1990 im Eigentum von Privatpersonen. Weitere wichtige Wohnungsanbieter sind die institutionellen Anleger (18 Prozent), die Bau- und Immobiliengesellschaften (11 Prozent) und die Genossenschaften (6 Prozent). Der Rest entfällt auf weitere gemeinnützige Bauträger und die öffentliche Hand. 1990 hatten 62 Prozent aller Mietwohnungen drei oder vier Zimmer. Kleinere Wohnungen machten knapp einen Drittel, grössere rund 10 Prozent des Bestandes aus.

Wie aus der Tabelle in Anhang 1 hervorgeht, nimmt der Wohnungsbestand pro Jahr gegenwärtig um rund 35 000 Einheiten zu. Mit einem Neuzugang dieser Grössenordnung kann mittelfristig die erwartete Nachfrage gedeckt werden4. In den Achtzigerjahren sowie im Zeitraum 1994 bis 1996 waren jährlich noch 40 000 bis 45 000 Wohnungen gebaut worden. Auffallend ist, dass im Zeitablauf die Neuproduktion im Eigentumssektor, insbesondere bei den Einfamilienhäusern, stärker schwankt als bei den Mietwohnungen.

Trotz der hohen Erstellungsziffern war der Mietwohnungsmarkt in den Achtzigerund frühen Neunzigerjahren durch Knappheitserscheinungen geprägt. Die Leerwohnungsziffer fiel gesamtschweizerisch auf 0,43 Prozent des gesamten Wohnungsangebots. Danach stieg sie kontinuierlich auf 1,85 Prozent im Jahre 1998. Dies entsprach gut 64 000 Einheiten, wovon mehr als vier Fünftel zur Vermietung angeboten waren. Die Sättigungstendenzen haben dazu geführt, dass der Wohnungsmarkt in den mittleren und oberen Preislagen funktioniert. Die Nachfrager optimieren schneller ihre Wohnsituation bezüglich Grösse, Ausstattung und Lage, was sich neben dem Anstieg der Leerwohnungszahlen vor allem in einer Zunahme der Wohnungswechsel ausdrückt.

Allerdings lässt sich aus einer Mengenbetrachtung allein noch kein reibungsloses Funktionieren des Wohnungsmarktes ableiten. Zu beachten sind auch die Preisentwicklungen und die Preisstruktur. Aus der Abbildung 1 im Anhang 1 lassen sich dazu folgende Sachverhalte ablesen:

4

­

Starke Schwankungen des Hypothekarzinssatzes mit ähnlich starken Schwankungen der Mietzinse;

­

im Vergleich zum Hypothekarzinssatz relativ geringe Schwankungen des Konsumentenpreisindexes;

­

gesamthaft längere Phasen relativer Verteuerung der Wohnungen (Veränderungen im Mietpreisindex höher als Veränderungen des Konsumentenpreis-Indexes) 1972, 1975/76, 1982/83, 1986­1993 und 1996. Ihnen stehen in den Jahren 1973/74, 1978­1981, 1984/85 und 1994/95 Phasen mit relativer Verbilligung der Mieten gegenüber;

­

zwischen 1990 und 1998 sind die Mieten um 28 Prozent gestiegen, die Lebenshaltungskosten insgesamt um 18 Prozent. Bei diesem Vergleich ist zu U. Rey und U. Hausmann, Perspektiven des regionalen Wohnungsbedarfs, Schriftenreihe Wohnungswesen, Band 65, Grenchen 1997.

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beachten, dass allein die Hypothekarzinserhöhungen zu Beginn der Neunzigerjahre rechnerisch zu Mietzinserhöhungen von über 20 Prozent berechtigt haben und auch Mietzinssteigerungen auf Grund von Wertvermehrungen in den Index einfliessen.

Eine Betrachtung des Mietpreisgefüges auf Grund der Wohnungszählung von 1990 und der Mietpreis-Strukturerhebung von 1996 gibt weitere Aufschlüsse zum Mietwohnungsmarkt: ­

Räumlich gesehen kann man von einer klaren Zweiteilung des schweizerischen Wohnungsmarktes sprechen: die fünf Grossagglomerationen heben sich von der übrigen Schweiz deutlich ab. Innerhalb der Grosszentren ist Zürich am teuersten, Lausanne am günstigsten;

­

für dieselbe Wohnung (bezüglich Grösse, Alter und Zustand) erzielen Immobiliengesellschaften, Versicherungen und Private überdurchschnittliche Preise, Pensionskassen durchschnittliche und die öffentliche Hand und Wohnbaugenossenschaften unterdurchschnittliche Preise;

­

je älter die Wohnungen sind, desto günstiger, aber auch desto disperser sind ihre Mietpreise. Bei 45-jährigen und älteren, nicht renovierten Wohnungen ist die Streuung mit 37 Prozent bis 59 Prozent (je nach Raumkategorie) doppelt so hoch wie bei 20-jährigen und jüngeren Wohnungen (20 Prozent bis 30 Prozent)5;

­

es besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den Mietpreisen des gesamten Bestandes und den Mietpreisen der auf dem Markt angebotenen Wohnungen. Obschon Probleme der Vergleichbarkeit bestehen, kann man das Verhältnis heute auf ca. 1:1,3 schätzen. Während die Wohnungen im Gesamtbestand zwischen 1992 und 1996 leicht teurer geworden sind, haben die Preise der auf dem Markt angebotenen Wohnungen um ca. 30 Prozent nachgegeben6.

Als Fazit dieses Überblicks darf festgehalten werden, dass die Bevölkerung in der Schweiz gut mit Wohnungen versorgt ist. Der Wohnflächenkonsum nimmt als Folge der demografischen und sozialen Entwicklung sowie des steigenden Wohlstands kontinuierlich zu. Während er 1980 noch 34 m2 pro Person betrug, wurden 1990 bereits 39 m2 pro Person beansprucht (Westeuropäischer Durchschnitt: 35 m2). Auf Grund der Produktionsziffern und der demografischen Entwicklung dürfte sich dieser Trend seit 1990 fortgesetzt haben. Entsprechend gehen die durchschnittliche Wohnungsbelegung (Anzahl Personen pro Wohnung) und Wohndichte (Anzahl Personen pro Wohnraum) zurück. Die Wohnungsbelegung sank von 2,9 Personen pro Wohnung im Jahr 1970 auf 2,4 Personen 1990. In ländlichen Gebieten beträgt sie 2,65 Personen pro Wohnung, in städtischen Gebieten 2,25. Bei der Wohndichte hingegen bestehen trotz der unterschiedlichen Struktur der Wohnungsgrössen kaum Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Gebieten.

Von der generellen Abnahme der Belegungs- und Wohndichte haben nicht alle Bevölkerungsschichten in gleichem Ausmass profitieren können. Eine Minderheit der Bevölkerung lebt nach wie vor in relativ beengten Verhältnissen.

5 6

Metron AG, Grundlagen für ein neues Mietrecht, Studie im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen, Brugg 1999, www.bwo.admin.ch/pdf/Mietrecht.pdf Wüest & Partner, Bau- und Immobilienmarkt Schweiz ­ Monitoring div. Jahrgänge, Zürich.

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Erhebliche Unterschiede bestehen nicht nur bezüglich Flächenkonsum, sondern auch bei der Wohnkostenbelastung. Die Hälfte der Haushalte hatte 1990 eine NettoMietbelastung von unter 15 Prozent des Einkommens. Bei jedem sechsten Haushalt betrug sie über 25 Prozent. Vor allem Haushalte mit niedrigen Einkommen (unter 4000 Franken monatlich) wiesen eine hohe Belastung auf7. Da die Mieten im Gesamtbestand seit 1990 um einiges rascher angestiegen sind als die verfügbaren Einkommen der Haushalte, dürfte sich der Anteil der Mieterschaft mit hohen Belastungen in dieser Zeitspanne eher ausgeweitet haben8.

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Mietrecht als tragbarer Kompromiss ...

Das Mietrecht legt die «Spielregeln» für den Markt von Wohnungen und Geschäftsräumen fest. Ob sie dessen Versorgungsfunktion zu stark einschnüren oder nicht, ist ein alter Streitpunkt in der Mietrechtsdiskussion. Anhand der obigen Fakten und weiterer Indizien lassen sich dazu einige Antworten geben. Es ist aber zu beachten, dass die Auswirkungen des Mieterschutzes auf Grund der zahlreichen übrigen Einflüsse nur schwer isolierbar sind.

7 8 9 10

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Investitionen in Neubauten scheinen sich nach wie vor zu lohnen. Die hohe Zahl neuerstellter Wohnungen wurde in der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre mit 6 bis 7 pro 1000 Einwohner nur noch in Japan übertroffen9. Neuere Zahlen zeigen, dass im internationalen Vergleich die Wohnungszuwachsquote auch in jüngster Zeit hoch geblieben ist10. Für den Rückgang der Neubautätigkeit in den letzten Jahren ist vor allem die abgeschwächte Wohnungsnachfrage und nicht das Mietrecht verantwortlich. Die Tatsache, dass private Anbieter die grosse Mehrheit der Ersteller ausmachen, deutet ebenfalls nicht auf ein abschreckendes Investitionsklima hin.

­

Auch Erneuerungsinvestitionen werden getätigt. Die MietpreisStrukturerhebung hat 1996 festgestellt, dass jede siebte Wohnung während des laufenden Mietverhältnisses wertvermehrend oder total renoviert worden ist. Bei den vor 1966 erstellten Wohnungen war es jede fünfte. Allerdings ist umstritten, ob diese Häufigkeit für die längerfristige Erhaltung und Modernisierung des Wohnungsbestandes ausreicht und inwiefern das Mietrecht für den allenfalls bestehenden Rückstau mitverantwortlich ist. Es trifft zu, dass das kostenorientierte Mietrecht die Bildung von Rückstellungen für Erneuerungen behindert, was sich negativ auswirken kann. Umgekehrt wird dem Mietrecht aber auch angelastet, dass es unnötig hohe Sanierungen auslöst, weil sich auf Grund der unzulänglichen Anrechnung wertvermehrender Investitionen nur so eine ausreichende Rendite erzielen lasse. Hinzu kommt, dass ein Neubau heute auf Grund der stark gefallenen Baukosten häufig günstiger ist als eine umfassende Erneuerung. Angesichts des Angebotsüberhangs müssen die Investoren befürchten, dass sich erneuerte Wohnungen nicht kostendeckend vermieten lassen. Zudem besteht wegen der tiefe-

F. Gerheuser, Miete und Einkommen 1990­1992, Schriftenreihe Wohnungswesen, Band 58, Bern 1995.

Erst die Auswertung der Verbrauchserhebung 1998 wird dazu aktuellere Angaben liefern.

Studienkommission Marktmiete, Arbeitsberichte Wohnungswesen Heft 28, Bern 1993.

UN/ECE, Annual bulletin of housing and building statistics, Paris 1998.

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ren Liegenschaftswerte auch kein Spielraum mehr für eine Aufstockung der Hypotheken.

11

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Für die nach wie vor bestehende Attraktivität von Anlagen in Mietwohnungen kann auch die relativ geringe Anzahl Umwandlungen von Mietobjekten in Eigentumswohnungen ein Hinweis sein.

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Augenfällig sind die Einflüsse des Mietrechts auf das Mietzinsniveau, wobei deutliche Unterschiede zwischen Neu- und Altwohnungen bestehen. Bei Neuwohnungen entspricht das Preisniveau weitgehend der Marktmiete. Die Streuung in den Mietpreisen drückt hier in erster Linie Differenzen bezüglich Lage und Komfort aus. Die doppelt so hohe Streuung bei den Altwohnungen weist hingegen darauf hin, dass in diesem Segment das Mietzinsniveau erheblich unter dem markträumenden Preis liegt. Diese Preisschere kann nebst der Vernachlässigung der Bausubstanz zu einer Aufblähung des Wohnungskonsums, zur Benachteiligung von Erstmietern, zur Privilegierung der Altbaubewohner und einer tieferen Bewohnermobilität beitragen, doch lassen sich entsprechende Effekte mangels Unterlagen nicht belegen.

Es gibt auch Stimmen, welche auf den in der Mietpreis-Strukturerhebung zwischen 1990 und 1996 festgestellten markanten Rückgang der preisgünstigen Wohnungen hinweisen und in diesem Segment Versorgungsengpässe befürchten.

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Als weitere Folge der Preisschere wird oft die Unterbelegung günstiger Altwohnungen erwähnt. Eine Analyse der Wohnungszählung 1990 stützt diese Vermutung nicht, das Gegenteil ist der Fall: Altwohnungen wiesen über alle Kategorien gesehen sogar eine leicht höhere durchschnittliche Bewohnerzahl auf als neuere Wohnungen.

­

Das geltende Mietrecht führt zu einem Mietzinsverlauf, der für die Mehrheit der Mieterhaushalte finanziell tragbar ist und die Investitionstätigkeit nicht merklich behindert. Für die von zu hohen Belastungen betroffenen Bevölkerungsgruppen sind nicht im Rahmen des Mietrechts, sondern über andere wohnungspolitische Massnahmen Lösungen zu finden.

­

Verschiedene echte oder vermeintliche Unzulänglichkeiten des geltenden Mietrechts werden oft mit Fällen aus der Schlichtungspraxis belegt. Dabei übersieht man, dass es jährlich nur bei rund einem Prozent der Mietverhältnisse zu Konflikten mit anschliessendem Schlichtungsverfahren kommt. Zudem machen Anfechtungen des Mietzinses lediglich etwa einen Drittel der Fälle aus. Auffallend ist, dass die Frage des «korrekten» Mietzinses in der gesamten Romandie ein häufiges Verfahrensthema darstellt. In der Deutschschweiz kommt ihm hingegen nur im Umfeld von grossen Städten Bedeutung zu.

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Dass Konflikte im Verhältnis zwischen Mieterschaft und Vermieterschaft nicht zum Alltag gehören, zeigt auch die grosse Sesshaftigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner. Für Mieterhaushalte im Alter von über 50 Jahren wurde kürzlich festgestellt, dass die durchschnittliche Verweildauer in der Wohnung mehr als 16 Jahre beträgt11. Zweitens hat die gleiche Mieterbefragung einmal mehr eine hohe Zufriedenheit mit der Wohnsituation bestätigt.

M.I.S. Trend SA, Trop chers, les loyers? Etude de satisfaction auprès de locataires romands, Lausanne 1999.

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Dies gilt auch für die Höhe des Mietzinses, den über 70 Prozent der Befragten im Verhältnis zum Leistungsangebot als angemessen erachten.

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Die Neuerungen im Mietrecht und die generelle Regelungsdichte dürften seit 1990 den Trend zur Professionalisierung bei der Vermietung und Verwaltung verstärkt haben. Immer mehr wird auch die Vermietung von Privatliegenschaften von spezialisierten Firmen wahrgenommen.

Diese Hinweise zeigen, dass das geltende Mietrecht im Grossen und Ganzen als ein tragbarer Kompromiss zwischen Mieter- und Vermieterinteressen bezeichnet werden darf. Es ist wenig investitionshemmend und gewährleistet mehrheitlich angemessene Mietzinse. Für eine generelle Belastung der Mieter-/Vermieterbeziehung durch die mietrechtlichen Bestimmungen gibt es wenig Anhaltspunkte. Auch für die mit Recht befürchteten negativen Folgen restriktiver Mietzinseingriffe besteht keine empirische Evidenz. Zum letzten Punkt ist in Erinnerung zu rufen, dass das schweizerische Mietrecht im internationalen Vergleich trotz aller Einschränkungen nach wie vor als relativ liberal einzustufen ist. Wie aus der Darlegung der mietrechtlichen Rahmenbedingungen in den umliegenden Ländern hervorgeht, sind andernorts die Markteingriffe und die bürokratischen Umtriebe in der Regel ausgeprägter (Anhang 2).

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... mit verschiedenen Schwachstellen

Dass trotz der gesamthaft befriedigenden Lage das Mietrecht in ordnungs- und verteilungspolitischer Hinsicht unterschiedlich beurteilt wird, liegt in der Natur der Sache. Es weist jedoch auch verschiedene, praktisch von keiner Seite bestrittene Mängel auf. So z.B.: ­

eine unbefriedigende Systematik und komplizierte Vorbehaltsregeln;

­

lange und kostenintensive Verfahren;

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problematische Beurteilungskriterien;

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fehlende Rückstellungsmöglichkeiten in der Liegenschaftsrechnung;

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überforderte Schlichtungsstellen und Gerichte;

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die fragwürdige Festlegung und Wirkungsweisen von Kostenkomponenten;

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die Vermischung von relativen und absoluten Berechnungsverfahren;

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die praktische Bedeutungslosigkeit des Vergleichsmieteprinzips und

­

die Beurteilung des angemessenen Ertrages anhand von Ertrags- oder Verkehrswerten. Dadurch wird die Missbräuchlichkeit der Miete anhand einer Grösse gemessen, die selber von diesem Mietzins abhängt. Entsprechend konfliktträchtig ist die Handhabung dieses Kriteriums im mietrechtlichen Alltag.

Besonders problematisch ist sodann die Koppelung zwischen Hypothekar- und Mietzinsen. Die Kapitalkosten stellen faktisch nur in der Schweiz ein Element zur Beurteilung missbräuchlicher Mietzinse bzw. eine Referenzgrösse für Mietzinsanpassungen dar12. Die bestehende Überwälzungspraxis wird deshalb von Mieter- und Vermieterorganisationen, von den Banken und der Wissenschaft seit langem kriti12

B.S.S., Mietzinsbindung und Kapitalkostenüberwälzung: ein internationaler Vergleich, Basel 1996.

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siert. Sie führt zu einer Politisierung des Hypothekarzinses und behindert die Geldpolitik. Bei hoher Teuerung kommt es zu übersetzten Mietzinsanpassungen. Zudem entsteht insofern ein «Einklink-Effekt», als Mietzinserhöhungen meist zügig und Mietzinssenkungen eher zögerlich vorgenommen werden (vgl. Abbildung 2 im Anhang 1). Dieser Effekt löst zusammen mit der inflationsbedingten Abnahme der realen Hypothekarschulden eine Einkommensumverteilung zu Gunsten der Vermieterseite aus, die regelmässig zu Kontroversen und heiklen Rechtsfragen führt. Hinzu kommt, dass es den traditionellen variablen Hypothekarzins immer seltener gibt. Der Zins wird individuell in Funktion der Bonität der Schuldner und nach regionalen Gesichtspunkten festgelegt. Zudem sind heute Festhypotheken weit verbreitet. Der «Referenzzinssatz» hat deshalb mit der jeweiligen Kostensituation der Investoren am Wohnungsmarkt oft nicht mehr viel zu tun.

Schliesslich wird durch die gesetzliche Verknüpfung von Hypothekar- und Mietzinsen eine Kausalität zwischen zwei Märkten hergestellt, die bezüglich der Preisbildung der gehandelten Produkte miteinander direkt nichts zu tun haben. Mietzinserhöhungen lassen sich nämlich nur durchsetzen, wenn Veränderungen des Angebots oder der Nachfrage dies erlauben. Eine Erhöhung des Hypothekarzinses bewirkt kurzfristig weder das eine noch das andere. Hingegen kann sie bei knappem Angebot dank der gesetzlich sanktionierten Überwälzungsmechanik eine gute Begründung für Mietpreiserhöhungen liefern. Man kann sagen, dass die «Koppelung» die Nachforderung von Mietzinsrückständen erlaubt, die zum Teil das Resultat der gleichen Gesetzgebung sind. Wie die ungleiche Weitergabe von Erhöhungen und Senkungen der Hypothekarzinsen zeigen, lassen sich damit periodisch Annäherungen an marktübliche Mieten vornehmen, ohne dass das Kriterium der Orts- und Quartierüblichkeit ausdrücklich angerufen werden muss. Das ist auf Grund der im Mietrecht anerkannten Marktelemente nicht a priori verwerflich. Konsequenter und transparenter wäre es jedoch, wenn die Markteinflüsse statt über die Ausnutzung von Kapitalzinsänderungen direkt über Vergleichsmieten wirksam würden.

14

Bewegung im Mietrecht

Wer nach Inkrafttreten des heutigen Mietrechts im Jahre 1990 eine gewisse Beruhigung der Situation erwartet hatte, sah sich getäuscht. Die weiterschwelenden politischen Gegensätze, die objektiven Unzulänglichkeiten und die Deregulierungsbestrebungen lösten schon in den frühen Neunzigerjahren verschiedenste Aktivitäten aus.

Im Jahre 1992 beauftragte der Bundesrat eine Kommission mit der Abklärung der Probleme und Möglichkeiten der Einführung der Marktmiete13. 1995 verabschiedete das Parlament das auf den 1. März 1996 in Kraft gesetzte Bundesgesetz über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung14. Mit einer Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen15 per 1. August 1996 wurden etliche Vereinfachungen umgesetzt, welche in der Ausführungskompetenz des Bundesrates lagen und keiner Gesetzesänderung bedurften.

Schliesslich legte 1997 eine vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) einberu-

13 14 15

Kommission Marktmiete, a.a.O.

SR 221.213.15 Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG), Änderung vom 26. Juni 1996, in Kraft seit 1. August 1996 (AS 1996 2120).

9835

fene Arbeitsgruppe einen Bericht mit ersten Ideen zur Milderung der Probleme des Überwälzungsmechanismus vor16.

Auch im Parlament wurden zum Thema Mietrecht verschiedenste Vorstösse eingereicht. Im Jahre 1992 forderte Nationalrat Baumberger mit einer Motion den schrittweisen Übergang zur Marktmiete17. Der Vorstoss wurde 1996 vom Parlament überwiesen. Allerdings hat der Nationalrat in der Dezembersession 1997 mit der Abschreibung der parlamentarischen Initiativen Hegetschweiler und Ducret18, welche eine Lockerung der mietrechtlichen Schutzbestimmungen des OR verlangten ohne die Marktmiete anzustreben, wieder ein gegenteiliges Zeichen gesetzt. Zur Begründung der Abschreibung wurde angeführt, dass sich für die Vorschläge der parlamentarischen Initiativen in der Kommissionsberatung keine Mehrheit habe finden lassen.

Im Gegenzug sind auch die den Mieterorganisationen nahe stehenden Parlamentarierinnen und Parlamentarier sowie die Mieterverbände tätig geworden. Letztere deponierten am 14. März 1997 die Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten». Diese verlangt u.a. für Mietzinsanpassungen auf Grund von Hypothekarzinsänderungen einen über fünf Jahre geglätteten Durchschnittssatz sowie einen verbesserten Schutz der mietenden Partei bei Handänderungen und bei Kündigungen durch die Vermieterschaft.

Wie in Kapitel 3 dargelegt wird, lehnt der Bundesrat die mit der Initiative angestrebte Verschärfung des Preis- und Kündigungsschutzes ab. Er anerkennt aber die Berechtigung einzelner Anliegen, und zwar namentlich im Zusammenhang mit den oben skizzierten problematischen Wirkungen der geltenden Koppelung von Hypothekar- und Mietzinsen.

2

Teilrevision des Mietrechts im Obligationenrecht

21

Entstehung der Vorlage

Nach der Einreichung der Initiative «Ja zu fairen Mieten» fanden ab Herbst 1997 auf Anregung des BWO zwischen den Spitzenvertretern der Mieter- und Vermieterseite mehrere Gesprächsrunden statt. Sie hatten zum Ziel, auf paritätischem Wege einen Konsens über mögliche Verbesserungsvorschläge bei der Mietzinsgestaltung zu finden. Trotz Bemühens beider Vertragsseiten war es nicht möglich, eine Einigung zu finden. Die Gespräche wurden im Frühsommer 1998 ohne Ergebnis abgebrochen.

Am 2. September 1998 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD), einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative auszuarbeiten. Dieser soll als Hauptziel die Bindung zwischen Hypothekar- und Mietzins lösen und gleichzeitig einige der erwähnten Nachteile der heutigen Ordnung so weit als möglich beseitigen. Nach umfangreichen Vorstudien19 und Kon16 17 18

19

Office fédéral du logement, Rapport interne du groupe de travail intérêts hypothécaires/loyers, Granges 1997.

92.3576 Motion Baumberger vom 18. Dezember 1992, Übergang zur Marktmiete.

92.445 Parlamentarische Initiative Hegetschweiler vom 16. Dezember 1992.

Obligationenrecht. Achter Titel. Die Miete. Änderung. 93.429 Parlamentarische Initiative Hegetschweiler vom 19. März 1993. Änderung des Mietrechts. Obligationenrecht. Achter Titel. 93.421 Parlamentarische Initiative Ducret vom 16. März 1993. Missbräuchliche Mietzinse. Ausnahmen (Art. 269a OR).

Metron AG, a.a.O.

9836

sultationen innerhalb und ausserhalb der Bundesverwaltung lag der Entwurf zur Änderung des Mietrechts im Februar 1999 vor. Am 8. März 1999 hat der Bundesrat vom Entwurf Kenntnis genommen und das EVD beauftragt, bis zum 10. Mai 1999 bei den Kantonen, Parteien und interessierten Organisationen das Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Anschliessend wurde der Vorschlag auf Grund der eingegangenen Stellungnahmen und nach weiteren Gesprächen mit den Spitzen der Mieter- und Vermieterorganisationen bereinigt.

22

Leitlinien der Revision

Der Bundesrat strebt mit seinem indirekten Gegenvorschlag primär die Beseitigung des bestehenden Überwälzungsmechanismus zwischen Hypothekar- und Mietzinsen an. Zwar liessen sich die engen Wechselwirkungen zwischen den beiden Parametern auch mit der in der Initiative geforderten «Glättung» des Hypothekarzinses lockern.

Der Bundesrat lehnt sie jedoch ab, da sie das Problem der Verflechtung von Nominalzinsen und Wohnkosten nicht grundsätzlich löst und es keinen Sinn hat, einen Zinssatz zu «glätten», den es als Referenzgrösse kaum mehr gibt. Der Bundesrat zielt deshalb eine vollständige Entflechtung der Miet- und Hypothekarzinsen an.

Von der Einführung der Marktmiete abgesehen, kann diese dadurch erfolgen, dass man die Mietzinse stärker an der Ortsüblichkeit ausrichtet, sie indexiert oder anhand des Anlagewertes der Liegenschaft mittels einer Bruttorendite ermittelt, in der die Kapitalkosten gebührend berücksichtigt sind.

An diesen drei Punkten setzte der Bundesrat an. Gemäss des in die Vernehmlassung gegebenen Vorschlags hätten sich die Parteien bei Vertragsabschluss künftig entscheiden müssen, ob der Mietzins ­

periodisch dem orts- und quartierüblichen Mietzinsniveau angepasst werden soll,

­

dem Landesindex der Konsumentenpreise folgen oder

­

sich an der Bruttorendite eines neu zu definierenden mietrechtlichen Anlagewerts orientieren soll.

Mit der absoluten Methode des mietrechtlichen Anlagewertes sollte im Interesse grösserer Transparenz und Kostenwahrheit neu ein Instrument der Kostenmiete bereitgestellt werden, welches es erlaubt hätte, die Mietzinse auf der Basis einer branchenüblichen Berechnung der Bruttorendite festzulegen und in bestimmten Zeitabständen zu überprüfen. Für die Ermittlung des mietrechtlichen Anlagewertes galt als Basis der Gebäudeversicherungswert. Diesem wurden Pauschalen für die Baunebenkosten sowie der Landwert hinzugefügt. Ein Abschlag ergab sich für die Altersentwertung der Liegenschaft. Auch musste dem Zustand und der Qualität der Wohnung Rechnung getragen werden. Der so ermittelte Anlagewert hätte zum mehrjährigen Durchschnittssatz der Bundesobligationen zuzüglich angemessener Prozentwerte für Unterhalt, Betrieb, Verwaltung, Abschreibung und Risiko verzinst werden sollen.

Was die konkrete Ausgestaltung der künftigen Mietzinsmodelle betrifft, so waren und sind die folgenden Grundsätze wegleitend:

9837

­

Verteilungsneutralität Die neuen Regeln sollen zwischen Mietenden und Vermietenden in der mittleren und längeren Frist im Vergleich zur heutigen Praxis keine Umverteilungswirkungen entfalten.

­

Verstetigung der Mietzinsentwicklung Ungleichgewichte in den volkswirtschaftlichen Rahmendaten sollen sich nicht in heftige Mietzinsausschläge umsetzen.

­

Einfachheit und Transparenz Das neue System soll für Mieter- und Vermieterschaft möglichst einfach zu handhaben sein. Das bedingt für die Festlegung und Veränderung der Mietzinsen klare, transparente und nachvollziehbare Regeln und Grundlagen.

­

Flexibilität Die Mietzinsmodelle sollen im Prinzip durchlässig sein, d.h. den Übergang von einem zum andern innerhalb bestimmter Fristen ermöglichen.

Berechnungen haben gezeigt, dass zur Sicherung der Verteilungsneutralität und zur Vermeidung heftiger Mietzinsfluktuationen gewisse Leitplanken nötig sind. Dazu gehören z.B. der Verzicht auf den vollen Teuerungsausgleich im Indexierungsmodell sowie gewisse Karenzfristen und «Kappungsgrenzen».

23

Ergebnisse der Vernehmlassung

Der Entwurf zu einer Änderung des Obligationenrechts im Titel über die Miete beinhaltete nebst den Neuerungen bezüglich der Mietzinsgestaltung verfahrensrechtliche Änderungen (erweiterte Entscheidkompetenz für Schlichtungsstellen, Übernahme der Kosten des Gerichtsverfahrens) sowie die Staffelung der Mietzinserhöhung nach wertvermehrenden Investitionen. Er wurde am 8. März 1999 mit Erläuterungen 82 Adressatinnen und Adressaten zur Vernehmlassung zugesandt (26 Kantonsregierungen, Bundesgericht, 16 Parteien, 39 Organisationen). Innert der Vernehmlassungsfrist von 2 Monaten trafen 67 Stellungnahmen ein, davon 63 von Vernehmlassungsadressaten und 4 von Organisationen, die sich spontan verlauten liessen.

Die am Vernehmlassungsverfahren teilnehmenden Kantone, Parteien und Verbände stellten mehrheitlich fest, dass die geltenden Regeln der Mietzinsgestaltung mangelhaft seien und einer Reform bedürfen. Dem vorgelegten Entwurf standen sie jedoch in wesentlichen Teilen kritisch gegenüber. Insbesondere wurden Mietzinsanpassungen, welche sich auf Veränderungen des mietrechtlichen Anlagewertes einer Liegenschaft stützen, von der grossen Mehrheit als zu kompliziert erachtet.

SVP, FDP sowie der Schweizerische Hauseigentümerverband (SHEV) wünschten, dass auf einen Gegenvorschlag zur Initiative «Ja zu fairen Mieten» verzichtet werde.

Sie gaben einer generellen Revision des Mietrechts den Vorzug, welche losgelöst von der Volksinitiative vorzunehmen sei.

Einer Abkoppelung des Mietzinses vom jeweils geltenden Referenzzinssatz für Althypotheken im I. Rang standen die meisten Teilnehmer des Verfahrens positiv gegenüber. Der SHEV machte jedoch zur Bedingung, dass die Vermieterschaft so oder anders immer einen kostendeckenden Ertrag erzielen könne. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) wies darauf hin, dass der Wegfall der Koppelung in ei-

9838

nem Zeitpunkt vorgeschlagen werde, in welchem die Mieterschaft auf Grund der Hypothekarzinssenkungen bedeutende Mietzinssenkungen verlangen könne. Des Öftern wurde festgehalten, dass die Frage nach der richtigen Mietzinsbasis beim Systemwechsel von entscheidender Bedeutung sei.

Der mietrechtliche Anlagewert wurde von den meisten Teilnehmern kritisch beurteilt. Die neu geschaffene Berechnungsmethode stelle keine einfache und transparente Lösung dar. Zum einen sei der Gebäudeversicherungswert keine verlässliche und geeignete Grundlage. Zum andern seien die übrigen Faktoren wie der Landwert oder die Baunebenkosten zu unbestimmt. Eine staatliche Preisbildung im Bereich der Bodenpreise wurde von den Vermieterverbänden klar abgelehnt. Der angemessene Bruttoertrag schliesslich erschien zu wenig transparent, zumal die Einzelheiten erst auf Verordnungsstufe geregelt werden.

Der Vorschlag, die Mietzinsentwicklung künftig vor allem an den Landesindex der Konsumentenpreise zu binden, wurde von nahezu allen Teilnehmern als Schritt in die richtige Richtung gewertet. Uneinig war man sich darüber, wie stark diese Anbindung sein solle. Während die Vermieterverbände wie auch FDP, CVP und SVP eine volle Indexierungsmöglichkeit ohne jegliche Kappungsgrenze forderten, beharrten die Mieterverbände und die SPS auf Schutzbestimmungen zu Gunsten der Mietenden auch in diesem Bereich.

Die Mehrheit der Kantone befürwortete eine erweiterte Entscheidkompetenz der Schlichtungsbehörden. Die SPS wie auch die Mieterverbände begrüssten diese Neuerung ebenfalls, wobei der SMV darauf hinwies, dass auch vor der Schlichtungsbehörde die Verfahrensgarantien des kantonalen Prozessrechts gelten sollen.

Die übrigen Parteien und Verbände äusserten sich hierzu indifferent oder gar nicht.

Die Einführung eines kostenlosen Gerichtsverfahrens für Streitigkeiten aus dem Kündigungsschutz sowie bis zu einem Streitwert von 30 000 Franken wurde von der Mehrheit von Kantonen, Parteien und Verbänden abgelehnt. Offen blieb dabei, inwieweit dem Umstand, dass sich die Kostenlosigkeit nicht auch auf Parteientschädigungen bezieht, Rechnung getragen wurde. Ausdrücklich begrüsst wurde das kostenlose Gerichtsverfahren von der SPS sowie von den Mieterverbänden.

24

Notwendigkeit neuer Mietzinsgestaltungsregeln

Der in die Vernehmlassung gegebene Vorschlag ist als Gesamtpaket nicht konsensfähig. Auf die Methode des mietrechtlichen Anlagewertes wird deshalb verzichtet.

Hingegen ist weitgehend unbestritten, dass die Bindung der Mietzinse an den Hypothekarzins aufgehoben werden sollte. Es wird anerkannt, dass die Entkoppelung volkswirtschaftlich sinnvoll ist, eine Vereinfachung des Mietrechts erlaubt und spätestens dann wieder zum Thema wird, wenn die Hypothekarzinsen erneut nach oben weisen.

Der Bundesrat hält daher an einem indirekten Gegenvorschlag fest, der auf die schlankere Variante der Indexierungslösung abstellt. Das allein befriedigt aber nicht.

Wie die mit dem mietrechtlichen Anlagewert ausgelöste Diskussion und die Vernehmlassungsergebnisse gezeigt haben, vermag auch eine transparente Erfassung der Liegenschaftswerte und Kostenkriterien die Probleme der ertragsbezogenen Definition des Missbrauchs nicht zu beseitigen. Das Abstellen auf den übersetzten Ertrag bzw. den übersetzten Kaufpreis führt zu einem Zirkelschluss. Es ist aufwendig 9839

und belastet die Gerichtsinstanzen mit komplexen Renditeberechnungen. Nach Prüfung der Vor- und Nachteile wird deshalb vorgeschlagen, auf den Begriff des übersetzten Ertrages oder Kaufpreises zu verzichten und stattdessen das Kriterium der orts- und quartierüblichen Vergleichsmiete vorzusehen. Das bedingt, dass der heute schwierige Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit durch ein für beide Vertragsseiten einfaches Instrument zu erleichtern ist.

25

Die wichtigsten Änderungen

251

Überblick

­

Für die Ermittlung der Missbräuchlichkeit eines Mietzinses wird nicht mehr auf den übersetzten Ertrag bzw. den übersetzten Kaufpreis abgestellt. Neu sollen Mietzinse dann missbräuchlich sein, wenn sie die orts- und quartierüblichen Mietzinse um mehr als 15 Prozent übersteigen.

­

Hypothekarzinsänderungen sind kein Grund für Mietzinsanpassungen mehr.

Im Zentrum steht inskünftig die Indexierung der Mietzinse gemäss Landesindex der Konsumentenpreise im Umfang von 80 Prozent. Daneben sind mit Ausnahme der vereinbarten Zahlungspläne weiterhin die bisherigen speziellen Anpassungsgründe möglich.

­

Bei luxuriösen Wohnungen und Einfamilienhäusern wird bezüglich der Grösse der Wohneinheit neu auf die Nettowohnfläche und nicht mehr auf die Anzahl Zimmer abgestellt.

­

Bei der Mietzinsherabsetzung wird neu im Gesetz festgelegt, in welchen konkreten Fällen die Mieterschaft eine Herabsetzung verlangen kann.

­

Mietzinserhöhungen nach wertvermehrenden Investitionen und Handänderungen müssen zeitlich gestaffelt werden, soweit sie 20 Prozent des bisherigen Mietzinses übersteigen.

­

Mietzinse von Wohnungen, welche mit Hilfe der öffentlichen Hand bereitgestellt werden, sollen ebenfalls auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft werden können, wobei das Verwaltungsverfahrensrecht zur Anwendung gelangt.

­

Die Schlichtungsbehörden sollen alle Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 5000 Franken entscheiden können.

­

Neu wird die Befreiung der Parteien von richterlichen Gebühren und Auslagen bei Fällen des Kündigungsschutzes generell sowie bei Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 20 000 Franken vorgesehen.

252

Eingeschränkter Anwendungsbereich

Die Bestimmungen zum Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen sollen die Mieterschaft als den in der Regel schwächeren Vertragspartner schützen. Es gibt jedoch Mieter, die einen solchen Schutz nicht brauchen. Massgebend sind dabei die Kategorie des Mietobjekts oder die wirtschaftliche Leistungskraft des Mieters.

Die Mietzinse von Luxusobjekten, welche über mehr als 150 m2 Nettowohnfläche verfügen, sollen den Schutzbestimmungen nicht unterstehen. Ein Mieter, welcher sich in diesem Preissegment bewegen kann, muss in seinem Verhältnis zum Ver9840

mieter als gleich starker Partner gesehen werden. Auf das bislang verwendete Kriterium der Zimmerzahl wird verzichtet, da die Anzahl Wohnräume für sich allein noch kein Indiz für die Grösse einer Wohnung respektive eines Hauses darstellt.

253

Neue Definition der Missbräuchlichkeit des Mietzinses

Wie dargelegt wurde, hatte die ursprünglich vorgeschlagene Methode des mietrechtlichen Anlagewertes zum Ziel, das Überprüfungskriterium des übersetzten Ertrags zu verbessern und dessen Handhabung zu erleichtern. Nach allen Abklärungen und Reaktionen muss man feststellen, dass eine Beibehaltung des heutigen Missbrauchsbegriffs wesentliche Nachteile der geltenden Ordnung nicht beseitigen kann. Der Bundesrat entschloss sich daher zu einem Systemwechsel. Neu gilt ein Mietzins als missbräuchlich, wenn er vergleichbare Mietzinse erheblich, d.h. um mehr als 15 Prozent, übersteigt. Diese Regelung löst das bisherige Beurteilungskriterium des übersetzten Ertrags oder Kaufpreises ab.

Um den unterschiedlichen Verhältnissen bei Wohnungs- und Geschäftsmieten Rechnung zu tragen, sieht der Revisionsvorschlag zwei Methoden zum Nachweis vor.

Bei Geschäftsräumen wird wie bisher auf den orts- und quartierüblichen Mietzins abgestellt, wobei dessen Nachweis durch drei vergleichbare Objekte erbracht werden kann. Bei Wohnräumen ist ein Mietzins missbräuchlich, wenn er die Vergleichsmiete gemäss eines Mietspiegels oder eines vergleichbaren Erhebungsinstruments übersteigt.

Mietspiegel sind heute in Deutschland weit verbreitet. Sie spielen bei der Mietzinsgestaltung eine zentrale Rolle. In der Schweiz gibt es bloss rudimentäre Ansätze, weshalb die Berufung auf die Orts- und Quartierüblichkeit im heutigen Recht nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist. Entsprechend selten wird dieses Kriterium in der Praxis angewandt. Eine Voraussetzung des beantragten Systemwechsels ist daher die Erarbeitung geeigneter Instrumente. Diese Instrumente sollen durch den Bund unter Beizug der Kantone sowie der Mieter- und Vermieterorganisationen innert dreier Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung bereitgestellt werden.

Mietspiegel oder vergleichbare Instrumente werden nur anerkannt, wenn sie bezüglich Repräsentativität strenge Anforderungen erfüllen. Sie müssen stets aktuell sein und der Segmentierung des Wohnungsmarktes unter Ausschluss verfälschender Kategorien ausreichend Rechnung tragen. Als massgebende Vergleichskriterien werden im Gesetz Lage, Fläche, Ausstattung, Zustand und Alter der Wohnung genannt. Dabei sollen luxuriöse Wohnungen mit mehr als 150 m2 Nettowohnfläche sowie von der öffentlichen Hand geförderte Wohnungen
nicht berücksichtigt werden.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Akzeptanz des neuen Überprüfungskriteriums entscheidend von der Qualität der Vergleichsinstrumente abhängt. Er ist aber überzeugt, dass sich bei vorhandenem politischen Willen Grundlagen erarbeiten lassen, welche den Ausweis anerkannter Referenzmieten ermöglichen. Für die da und dort geäusserte Befürchtung, dass die erhöhte Transparenz zu einer Erstarrung des Marktes oder gar zu öffentlichen Preiskontrollen führt, gibt es wenig Anlass. Die im Gesetzesentwurf enthaltenen Anpassungsgründe sowie Neuvermietungen, Handänderungen und Erneuerungen werden für eine ausreichende Marktdynamik sorgen.

Auch das Gegenargument des hohen Erhebungsaufwandes ist nicht stichhaltig. Die erleichterte Anwendung des Mietrechts wird zu gesamtwirtschaftlichen Einsparun-

9841

gen führen, welche den Mehraufwand der öffentlichen Hand mehr als kompensieren dürften.

Bei einem Einschwenken auf die neue Lösung müssen die Erhebungsmethoden im Detail noch erarbeitet werden. Es bestehen aber heute schon Ansätze, die sich für eine generelle Erhebung von Vergleichsmieten allenfalls weiterentwickeln lassen.

Als Beispiel sei nachfolgend auf zwei dieser Instrumente verwiesen.

Mit dem so genannten Mietpreisraster des Kantons Basel-Stadt besteht ein spezielles Instrument, das zur Ermittlung orts- und quartierüblicher Mietzinse eingesetzt wird.

Der Mietpreisraster enthält durchschnittliche Netto-Quadratmeterpreise pro Monat für insgesamt 1680 Wohnungsteilmärkte, welche durch das Wohnviertel, die Zimmerzahl, die Bauperiode und das Merkmal renoviert/nicht renoviert definiert werden. Die Daten basieren auf der Gebäude- und Wohnungserhebung von 1990. Die Monatsmietpreise werden in m2-Preise umgerechnet. Diese Mietpreise werden vier Mal jährlich mit dem Basler Mietpreisindex fortgeschrieben, wobei derselbe Index für sämtliche im Mietpreisraster enthaltenen Teilmärkte herangezogen wird. Bei diesem Vorgehen wird von einer gleich bleibenden Struktur der Mieten seit der letzten Wohnungszählung ausgegangen. Das Verfahren stösst bei den Parteien auf recht gute Akzeptanz.

Zur Ermittlung der Orts- und Quartierüblichkeit der Mietzinse wird im Rahmen der Wohnbauförderung das so genannte Standort-, Nutzungs- und Landwertberechnungsmodell (SNL-Modell) verwendet. Dieses Modell erlaubt die Bestimmung des (marktüblichen) Mietzinses von Wohnungen anhand von Qualitäts- (Wohnungstyp) und Standortmerkmalen (Standortgüte) und deren Darstellung in Mietzinsgeraden mit verhältnismässig geringem Aufwand. Die Schlichtungsbehörden der Stadt Bern haben das Modell bereits in den Achtzigerjahren getestet und grundsätzlich positive Erfahrungen gemacht.

254

Gründe für Mietzinsanpassungen

254.1

Indexierte Mietzinse

Indexklauseln in Mietverträgen sind in der Schweiz für Geschäftsräume verbreitet.

Das System hat bis heute kaum zu Beanstandungen geführt. Liquiditätsprobleme scheinen kaum das normale Mass überschritten zu haben. Vernachlässigungen im Unterhalt sind ebenfalls nicht bekannt.

In Mietverträgen für Wohnräume waren Indexklauseln bisher nur bei Laufzeiten über 5 Jahre zulässig. Dementsprechend gering ist deren Verbreitung. Neu muss eine Indexierung nicht mehr vereinbart werden, sondern sie stellt einen gesetzlichen Anpassungsgrund dar. Damit entfällt auch die Vereinbarung einer minimalen Vertragsdauer. Bezüglich der Höhe des Teuerungsausgleichs hat sich anhand von Simulationsrechnungen gezeigt, dass eine Überwälzung von 80 Prozent der Veränderung des Konsumentenpreisindexes der Forderung nach Verteilungsneutralität am nächsten kommt. Zudem ist zu beachten, dass im Warenkorb des Landesindexes die Mietzinse bereits mit über 20 Prozent berücksichtigt sind und in Phasen hoher Teuerung eine Scherenentwicklung entsteht. Die Mietzinseinnahmen steigen stärker als die Kosten. Real sinkt die Verschuldung. Die verzerrenden Auswirkungen hoher Inflationsraten sollen deshalb oberhalb einer Teuerungsrate von 5 Prozent auf dem

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Verordnungsweg durch eine angemessene Senkung des Teuerungsausgleichs korrigiert werden.

254.11

Volkswirtschaftliche Aspekte der Indexmiete

Ein Systemwechsel zur Indexmiete wird von verschiedenen Autoren unterstützt20.

Dabei wird von Einzelnen vorgeschlagen, die Teuerungsraten zu glätten, um negative Auswirkungen auf die Geldwertstabilität zu vermeiden. Problematisch sei die Bindung an Herstellungskosten, z.B. an den Baukostenindex wie in Frankreich21.

Von daher empfiehlt sich die Bindung an den Konsumentenpreisindex.

Gemeinhin werden Regelungen wie die Indexierung als Inflationsherd verantwortlich gemacht. Dem gleichen Vorwurf ist auch schon das heutige Recht ausgesetzt.

Diese Annahmen gehen an den realen Inflationszusammenhängen vorbei. Inflationsprozesse sind langfristig ausschliesslich monetäre Phänomene. Mietzinsregelungen haben keinen Einfluss auf die Geldmenge und damit auch nicht auf die Entwicklung des Preisniveaus22. Eine Indexierung der Mieten hat, wie auch die heutige Mietzinsregelung, lediglich einen Einfluss auf die Inflationsdynamik. Dies aber nur kurzfristig und nicht bezüglich des Inflationstrends. Sie hat aber einen Einfluss auf die relativen Preise. Sie friert die realen Mieten ein und «garantiert» bei konstanten Einkommen den Investoren im Wohnungsmarkt ihren Anteil an den Haushaltsausgaben ­ sofern der Markt diese Mietzinserhöhungen zulässt. Eine Indexierung dürfte den Spielraum der Währungsbehörden gegenüber heute erweitern.

Bezüglich der volkswirtschaftlichen Effizienz des Systemwechsels ist zu beachten, dass bei der Koppelung von Miet- und Hypothekarzins die Vermieterseite die Zinsrisiken auf die Bewohner abwälzen kann, solange der Mietzins unter dem markträumenden Preis liegt. Im Falle einer Indexbindung der Miete trägt die Vermieterschaft das Zinsrisiko. Sie muss die Schwankungen des Hypothekarzinses ausgleichen. Das entstehende Risiko will abgegolten sein. Im Falle der Indexbindung könnte deshalb ein etwas höherer Preis für die Wohnungen resultieren. Volkswirtschaftlich gesehen ist diejenige Lösung besser, bei der derjenige Vertragspartner das Zinsrisiko trägt, der das bessere Risikomanagement einsetzen kann. Das ist im Allgemeinen die vermietende Partei, weshalb die Indexierungslösung auch gesamtwirtschaftlich zu bevorzugen ist. Bei ihr kann die Anbieterseite erstens über die Wahl der Finanzierungsart Einfluss auf das Risiko nehmen. Im Falle der Hypothekarzinsbindung bezahlt zwar die Nutzerseite die
Risiken, sie hat aber keinen Einfluss auf das Risikomanagement. Zweitens können Vermieter und Vermieterinnen oft über ihre gesamte Anlagenpalette Gesamtrisiken optimieren.

Die Übernahme der Zinsrisiken durch die Vermieterschaft wird mit einiger Wahrscheinlichkeit zur Folge haben, dass die Banken neue Finanzierungsinstrumente entwickeln, und alternative Finanzierungsformen zur variablen Hypothek eine grössere Bedeutung erlangen. Das Bankensystem ist im Umgang mit Zinsrisiken noch effi20

21 22

T. von Ungern-Sternberg, a.a.O. B. Schips und E. Müller, Der Schweizer Wohnungsmarkt: Ist-Zustand und alternative Lösungsvorschläge, Forschungsstelle für empirische Wirtschaftsforschung St. Gallen, August 1991.

B.S.S., a.a.O.

Bundesamt für Konjunkturfragen, Teuerung bei Inlandgütern, Vorabstudie über Wohnungsmiete und Mieterschutzbestimmungen, Bericht des Bundesamtes für Konjunkturfragen Studie Nr. 14, Bern 1991.

9843

zienter als die Investoren am Wohnungsmarkt. Diese Entwicklung dürfte weiteren volkswirtschaftlichen Gewinn versprechen.

254.12

Vorteile von indexierten Mietzinsen gegenüber der heutigen Lösung

Die Entkoppelung von Hypothekarzins und Mietzinsen durch eine verteilungsneutrale Indexierungslösung weist demnach gegenüber der heutigen Lösung deutliche Vorteile auf: ­

Die Indexmiete führt zu einer ruhigeren Mietzinsentwicklung;

­

in der kurzfristigen Inflationsdynamik reagiert die heutige Regelung viel stärker und verschärft die Ungleichgewichte deutlich, denn die Mietzinsveränderungen, die durch Hypothekarzinsänderungen in Überhitzungsphasen ausgelöst werden, übertreffen die Auswirkungen einer Indexierung stark. In diesem Zusammenhang wird von einer «Überindexierung» gesprochen23;

­

durch die Entkoppelung von Hypothekarzins und Mieten wird die kurzfristige Geldpolitik nicht mehr behindert;

­

die Indexmiete verlagert das Zinsrisiko von der Mieterschaft zur Vermieterschaft. Die Vermieter können in der Regel besser mit Zinsrisiken umgehen, was die Effizienz des Wohnungssektors steigert. Wird das Risikomanagement als Folge von Investorenwünschen vom Bankensektor übernommen, resultieren zusätzliche Effizienzgewinne;

­

die Indexmiete beseitigt die Nachteile des «Einklink-Effekts». Wegen kaum je deutlich negativer Teuerungsraten (im Betrag von mehr als 1 Prozent z. B.) stellt sich die Problematik, dass Mietzinssenkungen nicht weitergegeben werden, nicht mehr. Mietzinssprünge in grösserem Umfange werden praktisch ausgeschlossen.

254.13

Nachteile von indexierten Mietzinsen

Gegenüber der heutigen Regelung liegt ein gewisser Nachteil darin, dass die Indexlösung der zeitlichen Kostenstruktur der Investoren weniger genau folgt. Daraus ergibt sich für die Vermieterschaft mit ungünstiger Finanzierung tendenziell ein Liquiditätsrisiko. Bei näherem Hinsehen ist dieses jedoch wegen der hohen durchschnittlichen Ausstattung mit Eigenkapital, der Amortisationsverpflichtungen, der Korrelation von Teuerung und Hypothekarzins oder der zeitlichen Differenz zwischen Mietzinseinnahmen und Kapitaldienstausgaben in den meisten Fällen vernachlässigbar. Gesamtwirtschaftlich wird dieser Mangel durch die erwähnten Nutzen mehr als kompensiert.

Ein Nachteil eher genereller Natur liegt darin, dass die Indexierung eines Preises das Spiel von Angebot und Nachfrage erschwert. Knappheiten schlagen sich nicht mehr in Preisen nieder, was zu einem Angebotsrückgang führen kann. Alle diese Einwän-

23

T. von Ungern-Sternberg, a.a.O.

9844

de gelten jedoch nur dann, wenn neben der Indexierung keine Marktelemente wirken. Das ist nicht der Fall, und zudem beinhaltet auch die heutige Kostenmiete dasselbe Problem. Ferner können staatliche Preissetzungsregeln wie Kartellbeschlüsse wirken. Die Publikation des Konsumentenpreisindexes lässt sich als Signal für eine allgemeine Mietzinserhöhung benutzen. Allerdings wirkt dieser Mechanismus nur, wenn der Mietzins unterhalb des markträumenden Preises liegt. Die heutige Lösung ist mit demselben Problem behaftet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man mit der Indexierung in der vorgeschlagenen Form eine Verstetigung des Mietzinsverlaufs erreicht. Das Risiko für die Mieterseite ist infolge der tendenziellen Gleichläufigkeit von Inflation und Lohnentwicklung gering. Da die Mieten der Teuerung angepasst werden können, muss die Vermieterschaft keine überhöhten Anfangsmieten verlangen. Für beide Parteien wird das Mietzinsanpassungsverfahren im Vergleich zu heute einfacher und transparenter, was Streitigkeiten vermeidet.

254.2

Anpassung an Vergleichs- bzw. orts- und quartierübliche Mieten

Mietzinsanpassungen unter Berufung auf die Vergleichsmiete bzw. den orts- und quartierüblichen Mietzins können alle vier Jahre vorgenommen werden, sofern in dieser Periode keine Mietzinserhöhung erfolgte. Dabei darf der neue Mietzins den vor vier Jahren geforderten um nicht mehr als 20 Prozent übersteigen. Simulationsrechnungen haben gezeigt, dass zur Wahrung der Verteilungsneutralität eine solche Karenzfrist und Kappungsgrenze unverzichtbar sind. Es ist zu verhindern, dass von der Vermieterseite in kurzen Abständen immer wieder die für sie günstigere Anpassungsvariante gewählt werden kann, da die ungebremste Kombination von Indexierung und Vergleichsmiete zu einer Mietzinsentwicklung führen würde, die mit dem Schutzgedanken unvereinbar ist. Ähnliche Korrekturen sind auch bei der Indexmiete vorgesehen. Damit soll eigentlichen Mietzinsschüben entgegengewirkt und eine Verstetigung der Mietzinse erreicht werden.

254.3

Rahmenmietverträge

Gestützt auf das Bundesgesetz vom 23. Juni 1995 über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung24 können Vermieter- und Mieterverbände oder Organisationen, die ähnliche Interessen wahrnehmen, gemeinsam Musterbestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Mietverhältnisse über Wohn- und Geschäftsräume aufstellen. Der Bundesrat kann auf gemeinsamen Antrag der vertragschliessenden Parteien hin eine Abweichung von den zwingenden Bestimmungen des Mietrechts bewilligen, sofern der Mieterseite ein mindestens gleichwertiger Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen, anderen missbräuchlichen Forderungen und Kündigungen erhalten bleibt. Die Parteien haben zudem die Möglichkeit, einen Antrag auf die Allgemeinverbindlicherklärung eines Rahmenmietvertrages zu stellen.

24

SR 221.213.15

9845

Zurzeit sind in der Westschweiz, namentlich im Kanton Waadt, Bestrebungen im Hinblick auf den Abschluss eines später allgemeinverbindlich zu erklärenden Rahmenmietvertrages im Gange.

Der Entwurf sieht vor, dass Mietzinsanpassungen auch in Zukunft gestützt auf die Empfehlungen eines Rahmenmietvertrags möglich sind.

254.4

Mehrleistungen der Vermieterschaft

Weiterhin möglich sind Mietzinserhöhungen, die sich auf Mehrleistungen der vermietenden Partei stützen. Die Mehrleistung kann darin bestehen, dass der Umfang der Mietsache baulich erweitert wird (z.B. durch einen zusätzlichen Raum oder eine zusätzliche Aussenfläche). Der Mieterseite können auch Vorteile zukommen, welche nicht mit baulichen Änderungen verbunden sind (z.B. ein ausschliessliches Gartenbenutzungsrecht). Schliesslich kann die Mietsache qualitativ verbessert werden, indem wertvermehrende Investitionen getätigt werden (z.B. Renovation der Wohnung, Einbau von neuen Geräten oder Maschinen). In allen Fällen kann die Vermieterschaft Mietzinserhöhungen geltend machen, deren Umfang in den Ausführungsbestimmungen näher umschrieben wird, wie das bisher der Fall ist. Bei wertvermehrenden Investitionen (Renovationen) kommt zudem die Staffelung der Erhöhung nach Artikel 269e Absatz 4 des Entwurfes zum Tragen.

254.5

Gestaffelte Mietzinse

Die bisherige Regelung hat sich bewährt und wird unverändert beibehalten. Die Staffelung setzt voraus, dass das Mietverhältnis mindestens drei Jahre dauert. Zudem kann der Mietzins höchstens einmal jährlich erhöht werden, wobei der Betrag der Erhöhung in der Vereinbarung festzulegen ist.

254.6

Umsatzmiete

Es soll weiterhin zulässig sein, bei Geschäftsräumen den Mietzins vom Umsatz abhängig zu machen, den das eingemietete Geschäft erzielt. Der Mietzins kann entweder ganz oder teilweise der Umsatzentwicklung angepasst werden. In der Praxis wird häufig ein fester Sockelbetrag mit einem variablen Anteil verknüpft. Die Vereinbarung verpflichtet die Geschäftsleute, der Vermieterschaft Einsichtnahme in die jährlichen Bilanzen und Abrechnungen zu gewähren.

255

Änderungen beim Verfahrensrecht

255.1

Kompetenzen der Schlichtungsbehörden

Mit dem Mietrecht von 1990 wurden erstmals den Schlichtungsbehörden Entscheidkompetenzen in den Bereichen Kündigungsschutz, Erstreckung des Mietverhältnisses sowie Hinterlegung des Mietzinses eingeräumt. Die Kompetenzerteilung hat zu einer Aufwertung der Schlichtungsbehörden geführt und sie hat sich in der Praxis bewährt. Neu sollen daher die Schlichtungsbehörden in allen Fällen, bei denen der 9846

Streitwert 5000 Franken nicht übersteigt, entscheiden können. Man erhofft sich dadurch eine Verkürzung der Erledigungsdauer von mietrechtlichen Streitigkeiten sowie eine Entlastung der zivilrichterlichen Instanzen.

255.2

Verfahrenskosten

In Anlehnung an die Regelung beim Arbeitsrecht (vgl. Art. 343 OR) sollen bei allen Fällen des Kündigungsschutzes sowie bei den übrigen mietrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 20 000 Franken den Parteien keine gerichtlichen Verfahrenskosten (Gebühren, Auslagen) auferlegt werden. Damit wird wieder eine Bestimmung aufgenommen, welche der Bundesrat bereits in seiner Botschaft vom 27. März 1985 zur Revision des Miet- und Pachtrechts25 vorgeschlagen hatte, die aber in der parlamentarischen Beratung nicht übernommen wurde. Eine Neubeurteilung zum jetzigen Zeitpunkt zeigt, dass die Kostenlosigkeit, jedenfalls was die richterlichen Kosten anbelangt, nach wie vor ihre Berechtigung hat, dies umso mehr, als die Gerichtskosten seither weiter angestiegen sind. Die Bestimmungen des Mieterschutzes sollen nicht daran scheitern, dass sie auf Grund des Verfahrenskostenrisikos nicht angerufen werden können. Anders ist hingegen die Lage bei den Parteientschädigungen (i.d.R. sind diese deutlich höher als die Verfahrenskosten). Hier erscheint es gerechtfertigt, dass die Richter weiterhin Parteientschädigungen zusprechen können.

26

Erläuterung der einzelnen Bestimmungen

Artikel 253b Absatz 2 Die Schutzbestimmungen finden bei den Wohnungen keine Anwendung, welche einen luxuriösen Charakter aufweisen und über mehr als 150 m2 Nettowohnfläche verfügen. Der Begriff luxuriös ist eng auszulegen; dies bedeutet, dass die fragliche Wohnung aussergewöhnlich komfortabel ausgestattet und tadellos unterhalten sein muss. Es wird neu nicht mehr auf die Zimmerzahl Bezug genommen. Die Praxis hat gezeigt, dass gerade bei luxuriösen Wohnungen nicht die Anzahl Zimmer, sondern die Wohnfläche das entscheidende Kriterium darstellt. So gibt es heute durchaus grosse und luxuriöse Wohnungen, welche lediglich über einen oder zwei Räume verfügen (z.B. Lofts). Es erscheint daher zweckmässig, auf die Nettowohnfläche abzustellen. Eine Wohnung mit mehr als 150 m2 Wohnfläche kann ohne Zweifel als gross bezeichnet werden. Wenn sie zudem auch luxuriös ausgestattet ist, erscheint es gerechtfertigt, die Mietzinsgestaltung von einschränkenden Schutzbestimmungen zu befreien und diese der Autonomie der Vertragsparteien zu überlassen.

Der Ausschluss der Schutzbestimmungen erstreckt sich lediglich auf den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen. Die übrigen Regeln des Mietrechts sind selbstverständlich weiterhin anwendbar (Vertragsrecht, Kündigungsschutz, Nebenkosten usw.).

25

BBl 1985 I 1389.

9847

Artikel 269

Missbräuchliche Mietzinse

Absatz 1 Es handelt sich hier um eine zentrale Bestimmung der Mietrechtsrevision. Neu wird festgelegt, dass ein Mietzins missbräuchlich ist, wenn er die orts- und quartierüblichen Mietzinse um mehr als 15 Prozent überschreitet.

Das Ermitteln des übersetzten Ertrags hat bislang zu grösseren Schwierigkeiten in der Rechtssprechung und zu Unsicherheiten bei den Vertragspartnern geführt. Vor allem die Mieterschaft hat in der Regel keine Kenntnis über die Zahlen, welche zur Berechnung der Nettorendite der Vermieterschaft notwendig sind. Zudem hat sich erwiesen, dass gerade bei älteren Liegenschaften das Bestimmen der Anlagekosten auf fast unüberwindbare Hindernisse stossen kann, weil z.B. der seinerzeitige Erwerbspreis der Liegenschaft oder des Baulandes nicht mehr bekannt ist. Schliesslich ist im geltenden Recht der Referenzzinssatz für Althypotheken sowohl bei den Kapitalkosten wie auch bei der Frage nach der zulässigen Rendite von entscheidender Bedeutung. Wie bereits dargelegt, verliert dieser Referenzzinssatz je länger je mehr an Bedeutung. Er kann deshalb nicht mehr als objektives Kriterium gewertet werden.

Absatz 2 Die Vergleichsmieten für Wohnräume werden in Mietspiegeln oder vergleichbaren Instrumenten festgehalten. Nicht vorgesehen werden Mietspiegel bei Geschäftsräumen. In der Tat gibt es hier auf Grund der unterschiedlichen Verwendungszwecke der gemieteten Räume (Dienstleistung, Gewerbe, Handel, Industrie usw.) eine starke Segmentierung in Einzelmärkte. Zudem spielt bei Geschäftsräumen die Innenausstattung der Räume eine viel grössere Rolle als bei Wohnräumen. Bei Gewerberäumen finden sich oft fest eingebaute Spezialeinrichtungen wie z.B. bei einer Metzgerei, einer Bäckerei oder einer Schreinerei. Im Verhältnis zu diesen Einrichtungen kommt dem Mietobjekt als solchem eine untergeordnete Bedeutung zu.

Diese Überlegungen haben dazu geführt, dass der Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit bei Wohnräumen neu durch Vergleichsmieten und bei Geschäftsräumen neu durch drei vergleichbare Objekte erbracht werden soll. Diese Kriterien sind einfach zu handhaben; komplexe Berechnungen erübrigen sich, was sicher auch zu einem Rückgang der Anfechtungen führen wird. Ein Mietzins ist künftig missbräuchlich, wenn er die Vergleichsmieten bzw. die orts- und quartierüblichen Mietzinse um mehr als 15 Prozent
überschreitet. Dabei handelt es sich um eine unwiderlegbare Vermutung. Die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit, die Vergleichszahlen um bis zu 15 Prozent überschreiten zu können, erlaubt es den Parteien, beim Festlegen des Mietzinses den Verhältnissen vor Ort Rechnung zu tragen. Beruft sich die Vermieterschaft im laufenden Mietverhältnis auf diese Reserve, muss sie auf Anfechtung der Mieterschaft hin die Gründe für die Erhöhung vor der zuständigen Schlichtungsbehörde respektive Gerichtsinstanz darlegen und beweisen.

Absatz 3 Der Bund erarbeitet die notwendigen Vergleichsinstrumente in Form von Mietspiegeln, Mietwertkurven oder Mietwerttabellen. Er ist dafür besorgt, dass das von ihm erhobene Zahlenmaterial den örtlichen Gegebenheiten gerecht wird und repräsentativ ist. Die Statistiken werden periodisch aktualisiert.

9848

Im Interesse einer breiten Abstützung des Instrumentariums sind die Kantone sowie Organisationen der Mietenden und Vermietenden in die Ausarbeitung und Aktualisierung der Vergleichsmieten einzubeziehen.

Dem Bund fällt bei der Ausgestaltung der Mietspiegel eine Führungsrolle zu. Damit wird sichergestellt, dass das bundesrechtliche Instrument der Mietspiegel in der ganzen Schweiz einheitlich angewandt wird.

Absatz 4 Die massgebenden Vergleichskriterien sind insbesondere Lage, Fläche, Zustand, Ausstattung und Alter der Wohnräume.

Luxuriöse Wohnungen mit mehr als 150 m2 Nettowohnfläche sowie Wohnungen, die mit Hilfe der öffentlichen Hand bereitgestellt wurden, fallen als Vergleichsobjekte ausser Betracht.

Artikel 269a

Mietzinserhöhungen

Neu werden im Gesetz alle zulässigen Erhöhungsgründe abschliessend aufgeführt.

Damit erfolgt gegenüber dem heutigen Recht ein Wechsel in der Systematik. Der geltende Artikel 269a sieht einen Katalog von Fällen vor, in denen Mietzinse in der Regel als nicht missbräuchlich gelten. Die zulässigen Erhöhungsgründe und Methoden werden jedoch nicht erwähnt.

Im Sinne einer einfacheren und transparenteren Handhabung werden nun die zulässigen Erhöhungsgründe direkt und abschliessend bezeichnet. Von Gesetzes wegen können Erhöhungen erfolgen, die sich auf die Entwicklung des Landesindexes der Konsumentenpreise stützen (Bst. a); die eine Angleichung an die Vergleichsmieten für Wohnräume oder an die orts- und quartierüblichen Mietzinse bei Geschäftsräumen bezwecken (Bst. b); die sich auf die Empfehlung eines Rahmenmietvertrags stützen (Bst. c); die durch Mehrleistungen des Vermieters begründet sind (Bst. d).

Diese Anpassungsgründe können geltend gemacht werden, ohne vorgängig vertraglich vereinbart worden zu sein.

Die im geltenden Recht vorgesehene Möglichkeit, den Mietzins einem privaten Zahlungsplan folgen zu lassen, fällt weg. In der Praxis hat diese Bestimmung bislang keinerlei Bedeutung erlangt.

Absatz 3 beschreibt zwei weitere Erhöhungsmöglichkeiten, welche aber vertraglich vereinbart werden müssen. Es handelt sich dabei um die Staffelmiete sowie die Umsatzmiete, welche bei Geschäftsräumen den Mietzins an die Entwicklung des Umsatzes anbindet. Im letztgenannten Fall kann die Anbindung des ganzen Mietzinses oder eines Teils davon erfolgen. Die mietende Partei ist verpflichtet, der vermietenden Einblick in die Bilanzen und Abrechnungen zu gewähren.

Mietzinserhöhungen nach Absatz 1 dürfen nicht missbräuchlich im Sinne von Artikel 269 sein. Die Mieterschaft kann sich darauf berufen (Abs. 2 in Verbindung mit dem neuen Artikel 270a Abs. 1 Bst. b). Anders liegt der Sachverhalt bei den vertraglich vereinbarten Anpassungsmethoden der Staffelmiete sowie der Umsatzmiete.

Hier handelt es sich um von beiden Seiten vereinbarte und damit zum Voraus akzeptierte Erhöhungsgründe. Es kann lediglich überprüft werden, ob die konkrete Anpassung der vertraglichen Vereinbarung entspricht.

9849

Artikel 269b

Indexmiete

Absatz 1 Neu können Mietzinse gestützt auf das Gesetz, d.h. ohne vertragliche Vereinbarung, an den Landesindex der Konsumentenpreise angepasst werden. Die Anpassung ist höchstens einmal jährlich zulässig, wobei seit Vertragsabschluss oder seit der letzten Geltendmachung mindestens zwölf Monate verstrichen sein müssen. Wie bis anhin regelt Artikel 269e die Anpassungsmodalitäten.

Absatz 2 Die Steigerung des Landesindexes darf höchstens zu vier Fünfteln auf den Mietzins überwälzt werden. Vergleichsberechnungen haben ergeben, dass eine Indexierung in diesem Umfang etwa der Mietzinsentwicklung nach bisherigem Recht entspricht.

Zudem stellt die begrenzte Überwälzungsmöglichkeit eine Entlastung der Mieterschaft bei hohen Teuerungsraten dar und verfolgt insoweit auch ein gerechtfertigtes verteilungspolitisches Ziel.

Seit der Verordnungsänderung vom 9. Mai 1990 (in Kraft seit 1. Juli 1990) darf die jeweilige Mietzinserhöhung die Zunahme des Landesindexes nicht übersteigen, d.h.

eine Indexveränderung kann zu 100 Prozent überwälzt werden. Die Möglichkeit, den Mietzins an den Landesindex anpassen zu können, erfährt nun eine starke Aufwertung. Bislang war diese Anpassungsform nur bei einer vertraglichen Vereinbarung mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren möglich. Neu ist dies bei allen Mietverhältnissen, unabhängig von Dauer oder Mietobjekt, zulässig. Die im Vergleich zum geltenden Recht reduzierte Überwälzungsmöglichkeit trägt dem viel grösseren Anwendungsbereich der Indexierung Rechnung.

Absatz 3 Lag die durchschnittliche jährliche Basisteuerung während mehr als zwei Jahren über fünf Prozent, ordnet der Bundesrat auf dem Verordnungsweg eine Reduktion des Überwälzungssatzes an. Eine dauernde hohe Teuerungsrate hätte bei der genannten Überwälzungsmöglichkeit zur Folge, dass die Mietpreise überproportional ansteigen würden. Die Frage kann nicht auf Gesetzesebene abschliessend geregelt werden, da hierfür die übrigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von entscheidender Bedeutung sein werden.

Artikel 269c

Staffelmiete

Die bisherige Regelung hat sich bewährt und wird deshalb unverändert beibehalten.

Staffelmietzinse sind in der Praxis vor allem bei neu erstellten Wohnungen im oberen Preissegment von Bedeutung. Sie ermöglichen es den Investoren, bei der Erstvermietung anfänglich auf eine genügende Rendite zu verzichten im Hinblick darauf, dass diese auf Grund der vereinbarten Staffelung in einem späteren Zeitpunkt erreicht werden kann.

Artikel 269d

Anpassungen an die Vergleichsmieten oder nach Ortsüblichkeit

Neu wird festgelegt, dass bei Wohnräumen die Mietzinse im laufenden Mietverhältnis frühestens nach jeweils vier Jahren an die Vergleichsmieten, wie sie in den Mietspiegeln oder in vergleichbaren Instrumenten gemäss Artikel 269 ermittelt worden sind, angepasst werden können. Ebenso können die Mietzinse von Geschäftsräumen 9850

im laufenden Mietverhältnis nach jeweils frühestens vier Jahren an die orts- und quartierüblichen Mietzinse angepasst werden.

Bedingung für die Geltendmachung dieses Anpassungsgrundes ist, dass während mindestens vier Jahren der Mietzins nicht erhöht wurde. Die Kumulation dieses absoluten Anpassungsgrundes mit anderen Erhöhungsgründen (z.B. Anpassung an die Veränderung des Landesindexes der Konsumentenpreise) würde zu einer Erhöhungsspirale führen. Die Erhöhung, welche sich auf die Vergleichsmieten oder auf die Orts- und Quartierüblichkeit stützt, darf nicht mehr als 20 Prozent des Mietzinses betragen, wie er vor vier Jahren galt.

Artikel 269e

Vorgehen bei Mietzinserhöhungen und anderen einseitigen Vertragsänderungen

Absatz 1 Die Regelung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen Artikel 269d Absatz 1.

Demnach kann die Vermieterschaft den Mietzins auf den nächstmöglichen Kündigungstermin erhöhen. Sie muss der Mieterschaft die Erhöhung mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen und begründen. Neu wird klargestellt, dass die Erhöhung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anpassungsmöglichkeiten erfolgen muss. Jene enthalten hinsichtlich Zeitablauf und zulässiger Termine gewisse Einschränkungen. Es betrifft dies die Erhöhung auf Grund einer Indexänderung (nur einmal jährlich zulässig), die Anpassung an die Vergleichsmieten oder an die Orts- und Quartierüblichkeit (frühestens nach jeweils vier Jahren zulässig, sofern in der Zwischenzeit die Miete nicht erhöht wurde) sowie die Staffelmiete (Erhöhung nur auf einen vertraglich vereinbarten Termin zulässig).

Absatz 2 Es handelt sich um die jetzige Regelung von Artikel 269d Absatz 2. Der Wortlaut erfährt keine Änderung.

Absatz 3 Es handelt sich um die jetzige Regelung von Artikel 269d Absatz 3. Der Wortlaut erfährt keine Änderung.

Absatz 4 Neu wird eine Staffelung vorgesehen, sofern eine Mietzinserhöhung auf Grund von wertvermehrenden Investitionen oder gestützt auf eine Handänderung der Liegenschaft erfolgt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass in den beiden genannten Fällen Mietzinserhöhungen resultieren können, welche die finanziellen Möglichkeiten eines durchschnittlichen Mieterhaushalts rasch übersteigen. Sofern die Erhöhung 20 Prozent des bisherigen Mietzinses übersteigt, kann der übersteigende Anteil frühestens ein Jahr später wirksam werden. Damit erhält die Mieterschaft Gelegenheit, in der Zwischenzeit eine günstigere Wohnung zu finden. Für die Vermieterschaft entsteht kein Verlust, weil sie den Zinsausfall auf dem Restbetrag im darauf folgenden Jahr geltend machen kann.

9851

Artikel 270

Anfechtung des Anfangsmietzinses

Die bisherige Regelung wird beibehalten. Es erfolgt lediglich eine kleinere Anpassung, indem Absatz 1 nur noch auf Artikel 269 verweist. Ebenso werden Absatz 2 und der Randtitel redaktionell angepasst.

Artikel 270a

Herabsetzungsbegehren während der Mietdauer

Neu werden die Fälle, in denen die Mieterschaft eine Herabsetzung des Mietzinses verlangen kann, abschliessend aufgeführt. Eine Herabsetzung kann verlangt werden, wenn der Landesindex der Konsumentenpreise gesunken ist (Bst. a); wenn der Mietzins bei Wohnräumen die Vergleichsmieten oder bei Geschäftsräumen die orts- und quartierüblichen Mietzinse im Sinne von Artikel 269 überschreitet (Bst. b); wenn bei Geschäftsräumen Umsatzmiete vereinbart wurde und der Umsatz abgenommen hat (Bst. c); sowie wenn der Mietzins den Empfehlungen eines Rahmenmietvertrags folgt und diese nicht oder nicht mehr eingehalten werden (Bst. d).

Unverändert bleiben demgegenüber die bisherigen Absätze 2 und 3 dieses Artikels.

Artikel 270b Mietzinserhöhungen Absatz 1 Die Bestimmung wird der neuen Systematik der abschliessenden Aufzählung der Erhöhungsgründe angepasst. Die Mieterschaft kann demnach eine Mietzinserhöhung innert 30 Tagen seit Kenntnisnahme bei der Schlichtungsbehörde anfechten, wenn keiner der Erhöhungsgründe nach Artikel 269a sie rechtfertigt oder wenn sie missbräuchlich im Sinne von Artikel 269 ist.

Der bisherige Absatz 2 dieses Artikels bleibt unverändert.

Artikel 270c (alt) Anfechtung indexierter Mietzinse Die bisherige Bestimmung, welche die Anfechtung indexierter Mietzinse weitgehend ausschliesst, wird aufgehoben. Die Einschränkung hat ihre Berechtigung verloren, nachdem die Indexierung nicht mehr auf einer vertraglichen Vereinbarung beruht, sondern neu einen gesetzlichen Anpassungsgrund darstellt. Die Überprüfung des Mietzinses auf eine allfällige Missbräuchlichkeit hin muss bei dieser allgemeinen Regelung uneingeschränkt erfolgen können.

Artikel 270c (neu)

Anfechtung bei Staffel- und Umsatzmiete

Die bisherige Regelung von Artikel 270d, wonach die Mieterschaft unter Vorbehalt der Anfechtung des Anfangsmietzinses gestaffelte Mietzinse nicht anfechten kann, wird beibehalten.

Die gleiche Regelung wird zudem für die Umsatzmiete im Gesetz verankert.

Artikel 270d

Weitergeltung des Mietvertrags während der Anfechtungsdauer

Es handelt sich um den bisherigen Artikel 270e, der inhaltlich keine Änderung erfährt.

Die bisherige Artikelnummer 270e entfällt.

9852

Artikel 274

Behörden und Verfahren

Der Wortlaut von Absatz 1 bleibt unverändert.

Absatz 2 stellt klar, dass für die Überprüfung von Mietzinsen bei Wohnungen, deren Bereitstellung von der öffentlichen Hand gefördert wurde, das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes (wenn Bundeshilfe ausgerichtet wird) oder des Kantons (bei kantonaler oder kommunaler Hilfe) zur Anwendung gelangt. Damit sollen die allgemeine Bestimmung von Artikel 253b Absatz 3 auch im Abschnitt über Behörden und Verfahren ihren Niederschlag finden und Unklarheiten betreffend die verfahrensrechtlichen Folgen vermieden werden. Für die übrigen Streitigkeiten, namentlich aus Vertrag und Kündigungsschutz, findet demgegenüber auch bei durch die öffentliche Hand geförderten Wohnungen das Verfahren nach Absatz 1 Anwendung.

Artikel 274a

Schlichtungsbehörden

Absatz 1 Mit dem geltenden Mietrecht wurde den Schlichtungsbehörden erstmals eine gewisse, über die Schlichtung hinausgehende Entscheidkompetenz eingeräumt. Diese Kompetenzerweiterung in den Bereichen Kündigungsschutz und Hinterlegung des Mietzinses hat sich in der Praxis bewährt. Es erscheint deshalb auch aus verfahrensökonomischen Gründen gerechtfertigt, eine generelle Entscheidkompetenz vorzusehen. Absatz 1 litera c legt neu fest, dass die Schlichtungsbehörden in allen Mietstreitigkeiten einen Entscheid treffen, soweit der Streitwert 5000 Franken nicht übersteigt.

Absatz 2 Es wird präzisiert, dass die Angebotsseite (Vermietende) in den Schlichtungsbehörden unter angemessener Berücksichtigung der einzelnen Kategorien (Privatpersonen, Genossenschaften, institutionelle Anleger) vertreten sein muss. Namentlich in Gegenden mit einem höheren Anteil an Genossenschaftswohnungen sind die Baugenossenschaften bei der Vertretung der Angebotsseite miteinzubeziehen. Eine analoge Ausweitung für die Nachfrageseite (Mietende) erübrigt sich, da hier keine entsprechende Segmentierung vorliegt.

Absatz 3 Der Wortlaut bleibt unverändert.

Art. 274d

Verfahren bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen

Absatz 1 Der Wortlaut bleibt unverändert.

Absatz 2 Der Wortlaut bleibt unverändert.

Absatz 3 Bislang ist bei mietrechtlichen Streitigkeiten lediglich das Verfahren vor den Schlichtungsbehörden kostenlos. Für die nachfolgenden Verfahrensschritte gilt das Prinzip der Kostenpflicht, wobei die kantonalen Verfahrensrechte unterschiedliche 9853

Regelungen vorsehen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass auf Grund des grossen und zum Teil schwer abschätzbaren Prozesskostenrisikos insbesondere die Mieterschaft, in gewissen Fällen aber auch die Vermieterschaft, davor zurückschreckt, ihnen zustehende Rechte wahrzunehmen. Die besten Mieterschutzbestimmungen sind aber letztlich wenig effizient, wenn ihre Anwendung am Verfahrenskostenrisiko scheitert.

Ebenso ist es nicht gerechtfertigt, dass Mieterschutzbestimmungen praktisch nur noch von rechtsschutzversicherten Mietenden in Anspruch genommen werden können. Auf Grund dieser Überlegungen wird daher für mietrechtliche Streitigkeiten eine ähnliche Regelung vorgesehen, wie sie bereits im Arbeitsrecht besteht (vgl.

Art. 343 OR). Der Bundesrat hat diesen Vorschlag bereits in seiner Botschaft vom 27. März 198526 zur Revision des Miet- und Pachtrechts dem Parlament unterbreitet. Dieser wurde zwar in der parlamentarischen Beratung nicht übernommen. Heute muss jedoch festgestellt werden, dass eine Neubeurteilung nötig ist. Das Prozesskostenrisiko ist der Wirksamkeit von mietrechtlichen Schutzbestimmungen ohne Zweifel abträglich.

Verfahren im Rahmen des Kündigungsschutzes sollen grundsätzlich kostenlos sein, da es sich hier um den Kernbereich der mietrechtlichen Schutzbestimmungen handelt. Für die übrigen Streitigkeiten soll eine Streitwertgrenze für die Kostenlosigkeit von 20 000 Franken gelten; dies entspricht dem geltenden Artikel 343 OR. Für mietrechtliche Streitigkeiten muss zumindest die gleiche Höhe wie im Arbeitsrecht festgelegt werden, hat doch die geltende Streitwertberechnung für wiederkehrende Leistungen zur Folge, dass bereits kleine monatliche Mietzinsdifferenzen zu hohen Streitwerten führen (für eine strittige Mietzinserhöhung von 50 Franken pro Monat / 600 Franken jährlich ergibt sich bereits ein Streitwert von 12 000 Franken, da auf eine hypothetische Dauer von 20 Jahren abgestellt wird).

Die neue Regelung wird ebenso wenig wie das im Arbeitsrecht der Fall ist zu einer Prozesslawine führen. Das Abstellen auf Vergleichsmieten wird aller Voraussicht nach dazu beitragen, dass die Zahl der Mietzinsanfechtungen (die rund einen Drittel der Mietrechtsstreitigkeiten ausmachen) abnehmen wird und, falls es doch zu einem Verfahren kommt, eine einfachere und schnellere Behandlung möglich sein wird.
Der Richter kann zudem bei mutwilliger Prozessführung Bussen aussprechen und die Verfahrenskosten ganz oder teilweise den Parteien auferlegen. Schliesslich besteht die Möglichkeit, der obsiegenden Partei auf deren Antrag hin eine Parteientschädigung zuzusprechen.

Übergangsbestimmungen Artikel 1 Mietverhältnisse, die nach Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung beginnen, unterstehen dem neuen Recht.

Artikel 2 Es wird präzisiert, dass Mietzinserhöhungen, die bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung mitgeteilt wurden, aber erst danach wirksam werden, dem alten Recht unterstehen. In Analogie dazu unterstehen auch Herabsetzungsbegehren dem alten Recht, welche vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung, aber mit Wirkung auf einen Zeitpunkt danach gestellt wurden.

26

BBI 1985 I 1389, 1469

9854

Artikel 3 Absatz 1 Mit dieser Bestimmung wird übergangsrechtlich sichergestellt, dass Vermietende, welche Hypothekarzinssenkungen nach bisherigem Recht weitergegeben haben, durch das Inkrafttreten des neuen Rechts nicht schlechter gestellt werden sollen als diejenigen, die dies unterlassen haben. Gleichzeitig werden die Rechte von Mietenden gewahrt, die nach geltendem Recht Anspruch auf eine Mietzinsherabsetzung haben. Sie sollen nicht benachteiligt werden, indem sie auf Grund der Gesetzesänderung ihre Senkungsansprüche unwiederbringlich verlieren. Beide, auf eine gerechte Handhabung von Mietzinsanpassungen ausgerichtete Ziele werden erreicht, indem die Vermieterschaft bei der ersten Erhöhung des Mietzinses nach neuem Recht vorgängig eine Anpassung an den Hypothekarzinsstand bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung vornehmen muss, sofern der bisherige Mietzins auf einem höheren Hypothekarzinssatz beruht. Die Anpassung nach neuem Recht erfolgt dann auf Grund der neu berechneten Basis.

Absatz 2 In Analogie zu Absatz 1 kann die Vermieterschaft bei der ersten Erhöhung nach neuem Recht den Mietzins vorgängig an den Hypothekarzinsstand bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung anpassen, sofern der bisherige Mietzins auf einem tieferen Hypothekarzinssatz beruht. Die Anpassung nach neuem Recht erfolgt dann auf Grund der neu berechneten Basis.

Absatz 3 Es wird präzisiert, dass Mietzinsanpassungen im Sinne von Absatz 1 und 2 nach altem Recht erfolgen. Neben den gesetzlichen Vorschriften (Art. 269a Bst. b OR in Verbindung mit Art. 13 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen) gelangen damit auch die durch die Rechtssprechung entwickelten Regeln hinsichtlich Einreden bei Herabsetzungsverfahren ein letztes Mal zur Anwendung.

Artikel 4 Mietverträge mit indexierten Mietzinsen müssen unter bisherigem Recht für mindestens fünf Jahre abgeschlossen werden. Die Festsetzung des Anfangsmietzinses erfolgte im Hinblick auf diese längere Vertragsdauer. Das vertragliche Übereinkommen beider Parteien soll geschützt werden, weshalb übergangsrechtlich geregelt wird, dass bei diesen Verträgen bis zu deren Ablauf das alte Recht gilt.

Artikel 5 Es wird für laufende Mietverhältnisse klargestellt, dass bei einer Anpassung gemäss neuem Recht an den Landesindex der Konsumentenpreise die Berechnungsbasis
der Indexstand bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung ist. Damit soll verdeutlicht werden, dass eine rückwirkende Anpassung, unter Umständen auf mehrere Jahre zurück, ausgeschlossen ist. In dieser Zeit konnten bereits sämtliche Erhöhungsgründe des bisherigen Rechts geltend gemacht werden.

Artikel 6 Für das Erstellen der Mietspiegel oder vergleichbarer Instrumente nach Artikel 269 wird dem Bund eine Frist von drei Jahren eingeräumt. In Absatz 2 ist eine Über9855

gangsregelung vorgesehen hinsichtlich der Vergleichsmieten. Solange die Mietspiegel nicht vorliegen, kann diejenige Partei, die den Vergleichsmietzins geltend machen will, den Nachweis durch drei vergleichbare Objekte erbringen.

Artikel 7 Der Wechsel von der Anzahl Wohnräume zur Nettowohnfläche als Kriterium für den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen erfordert eine Bestimmung zur Besitzstandwahrung zu Gunsten der mietenden wie der vermietenden Partei. Hat die mietende Partei z.B. einen Vertrag über eine luxuriös ausgestattete 4-Zimmer-Wohnung mit mehr als 150 m2 Nettowohnfläche abgeschlossen, so sollen die Schutzbestimmungen weiterhin Anwendung finden. Umgekehrt sollen diese weiterhin keine Anwendung finden, wenn z.B.

eine luxuriöse 6-Zimmer-Wohnung mit weniger als 150 m2 Nettowohnfläche vermietet wurde.

3

Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten»

31

Wortlaut der Initiative

I Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 34septies Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 1bis (neu) 1

... Er regelt den Schutz der Mieter vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen der Vermieter, die Anfechtbarkeit ungerechtfertigter Kündigungen sowie die befristete Erstreckung von Mietverhältnissen.

1bis

Die Gesetzgebung richtet sich nach folgenden Grundsätzen:

a.

Anfangsmietzinse sind missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn sie auf übersetzten Kosten beruhen. Übersetzt sind Kosten, die zu einem Mietzins führen, der die durchschnittlichen statistischen Mietzinse für vergleichbare Mietobjekte übersteigt. Das risikotragende Kapital darf höchstens zum Hypothekarzinssatz nach Buchstabe b verzinst werden.

b.

Im Laufe des Mietverhältnisses können Mietzinse nur angepasst werden, soweit dies zum Ausgleich der seit Vertragsabschluss nachgewiesenen Kostenentwicklung, zur Abgeltung der Mehrleistungen des Vermieters oder zur Erhaltung der Kaufkraft des risikotragenden Kapitals nötig ist. Die Veränderung des Hypothekarzinssatzes bemisst sich nach dem über fünf Jahre berechneten Durchschnittszinssatz für Hypotheken.

c.

Bei Handänderung der Liegenschaft können die Mietzinse an das nach Buchstabe a zulässige Niveau für Anfangsmietzinse angepasst werden.

Mietzinserhöhungen sind zu staffeln, wenn sie 10 Prozent übersteigen.

d.

Die Kantone können vorsehen, dass nur Auslagen als Nebenkosten belastet werden dürfen, die verbrauchsabhängig anfallen.

e.

Anfangsmietzinse, Mietzinserhöhungen sowie andere Forderungen der Vermieter müssen auf amtlich genehmigtem Formular mit dem Hinweis auf die

9856

Anfechtungsmöglichkeit angezeigt und begründet werden. Andernfalls gilt als Anfangsmietzins höchstens der Mietzins des bisherigen Mieters; Mietzinserhöhungen sowie andere Forderungen sind nichtig.

f.

Die Gesetzgebung kann für Mietzinse gemeinnütziger Wohnträger und für allgemeinverbindlich erklärte Rahmenmietverträge nach Absatz 2 Ausnahmen nach Buchstaben a, b und c vorsehen. Diese Ausnahmen müssen jedoch einen gleichwertigen Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters gewährleisten. Für behördlich kontrollierte Mietzinse können besondere Bestimmungen zur Anwendung kommen.

g.

Für die gerechtfertigten Gründe seiner Kündigung ist der Vermieter beweispflichtig. Ungerechtfertigt ist die Kündigung des Vermieters, wenn sie ohne schützenswertes Interesse erfolgt oder unverhältnismässig ist, insbesondere wenn sie ausgesprochen wird: ­ weil der Mieter in guten Treuen Recht geltend macht oder um ihn davon abzuhalten; ­ im Hinblick auf unverhältnismässige Änderungen, Erneuerungen oder Abbruchvorhaben; ­ um im bestehenden Mietverhältnis oder bei Abschluss eines neuen Mietvertrags einen höheren Mietzins zu erzielen; ­ zur Überführung einer Liegenschaft in Stockwerkeigentum oder eine analoge Eigentumsform; ­ um den Mieter zum Erwerb der Mietsache zu veranlassen.

II Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt: Art. 24 (neu) 1

Innert eines Jahres seit Annahme von Artikel 34septies Absatz 1 zweiter Satz und Absatz 1bis in der Volksabstimmung erlässt der Bundesrat auf dem Verordnungsweg die bis zum Inkrafttreten der Gesetzgebung erforderlichen Vollzugsbestimmungen. Er kann dabei den neuen Verfassungsbestimmungen widersprechende Gesetzesartikel im achten Titel des Obligationenrechts derogieren. Er sieht vor, dass sich der nach Artikel 34septies Absatz 1bis Buchstabe b massgebende Durchschnittszinssatz für Hypotheken in den ersten fünf Jahren nach dem Durchschnitt der seit Inkrafttreten der Vollzugsbestimmungen vergangenen Jahre berechnet. Mietzinsanpassungen an veränderte Hypothekarzinssätze können frühestens vorgenommen werden, wenn der massgebende Durchschnittszinssatz für Hypotheken um wenigstens ein halbes Prozent von der Hypothekarzinsbasis der letzten Mietzinsfestlegung abweicht.

2

Der Bund erhebt in Zusammenarbeit mit den Kantonen innert zweier Jahre nach Annahme von Artikel 34septies Absatz 1bis in der Volksabstimmung die statistischen Mietzinse von nach Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode vergleichbaren Mietobjekten.

Nach der Annahme der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (nBV) wird die Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» nicht mehr die bisherige Nummerierung 9857

tragen können, sondern sie muss an die nBV angepasst eingeordnet werden. Demnach wird Artikel 34septies neu zu Artikel 109; Artikel 24 der Übergangsbestimmungen wird neu zu Artikel 197 Ziff. 1 nBV. Der Text der Volksinitiative hingegen bedarf abgesehen von der Artikelnummerierung nur einer redaktionellen Anpassung: Der als Absatz 1bis redigierte Teil der Initiative wird in der neuen Bundesverfassung mit Vorteil als Absatz 3 dem Artikel 109 beigefügt, was eine kleine Präzisierung im Einleitungssatz erfordert.

32

Zustandekommen

Am 14. März 1997 wurde die Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» vom Initiativkomitee, Schweizerischer Mieterinnen- und Mieterverband, fristgerecht eingereicht.

Mit Verfügung vom 5. September 1997 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative 113 901 gültige Unterschriften aufweist und damit formell zustande gekommen ist27.

33

Gültigkeit

331

Einheit der Form

Eine Initiative kann in der Form der allgemeinen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfs eingereicht werden (Art. 121 Abs. 4 BV). Mischformen sind nach Artikel 75 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte unzulässig28.

Die vorliegende Initiative ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf abgefasst. Die Einheit der Form ist damit gewahrt.

332

Einheit der Materie

Eine Initiative darf nur eine Materie zum Gegenstand haben (Art. 121 Abs. 3 BV).

Die Einheit der Materie ist gewahrt, wenn zwischen den einzelnen Teilen der Initiative ein sachlicher Zusammenhang besteht (Art. 75 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte).

Die vorliegende Initiative umfasst ausschliesslich mietrechtliche Belange. Die Einheit der Materie ist damit gewahrt.

34

Auswirkungen der Initiative

341

Ziel der Initiative

Ziel der Initiative «Ja zu fairen Mieten» ist eine generelle Verbesserung des Schutzes der mietenden Partei im vertraglichen Verhältnis zur vermietenden Partei.

27 28

BBl 1997 IV 449 SR 161.1

9858

Die Initiantinnen und Initianten wollen dies erreichen, indem der Schutz der Mietenden bei Kündigungen nicht nur missbräuchliche, sondern neu alle ungerechtfertigten Kündigungen umfassen soll. Im Weiteren soll die mietrechtliche Gesetzgebung nach folgenden Grundsätzen ausgerichtet werden: ­

Griffige Definition der Missbräuchlichkeit von Anfangsmietzinsen. Es wird detailliert festgehalten, auf Grund von welchen Kostenelementen die Überprüfung von Anfangsmietzinsen auf die Missbräuchlichkeit hin zu erfolgen hat. Kosten, die zu einem Mietzins führen, der die durchschnittlichen statistischen Mietzinse für vergleichbare Mietobjekte übersteigt, sind demnach missbräuchlich; ferner darf das risikotragende Kapital höchstens zum über fünf Jahre berechneten Durchschnittssatz für Hypotheken verzinst werden.

­

Einschränkung der Anpassungsmöglichkeiten im Laufe des Mietverhältnisses. Diese Anpassungen können nur noch erfolgen, soweit sie zum Ausgleich der seit Vertragsschluss nachgewiesenen Kostenentwicklung, zur Abgeltung der Mehrleistungen der Vermietenden oder zur Erhaltung der Kaufkraft des risikotragenden Kapitals nötig sind. Neu werden die Veränderungen des Hypothekarzinssatzes nach einem über fünf Jahre berechneten Durchschnittssatz für Hypotheken bei der Mietzinsanpassung berücksichtigt und nicht mehr nach dem effektiven Leitzins. Ziel dieser Regelung ist es, mit Hilfe des gesetzlichen Durchschnittssatzes auch Hypothekarzinssenkungen im Rahmen der Mietzinsentwicklung verbindlich zu berücksichtigen. Damit soll verhindert werden, dass Mietzinse bei Hypothekarzinserhöhungen regelmässig angepasst werden, während dies bei Hypothekarzinssenkungen deutlich weniger der Fall ist (asymmetrischer Verlauf der Mietzinsentwicklung).

­

Begrenzung und Staffelung von Mietzinserhöhungen bei Handänderung der Liegenschaft. Mietzinse können nur erhöht werden, soweit der neue Betrag nicht missbräuchlich ist nach den Vorgaben für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Anfangsmietzinsen. Zudem sind die resultierenden (nicht missbräuchlichen) Mietzinserhöhungen zu staffeln, wenn sie 10 Prozent des bisherigen Mietzinses übersteigen.

­

Die Kantone können vorsehen, dass nur Auslagen als Nebenkosten belastet werden dürfen, die verbrauchsabhängig anfallen.

­

Generelle Ausweitung der Formularpflicht auf Anfangsmietzinse und andere Forderungen der Vermietenden. Neu ist auch in diesen Fällen immer das amtliche Formular zu verwenden.

­

Für gemeinnützige Wohnbauträger und für allgemeinverbindlicherklärte Rahmenmietverträge können Ausnahmen vorgesehen werden, sofern sie den Mietenden einen gleichwertigen Schutz bieten. Ebenso können für behördlich kontrollierte Mietzinse besondere Regelungen zur Anwendung gelangen.

­

Der Kündigungsschutz wird erweitert. Die Beweislast für gerechtfertigte Gründe einer Kündigung soll neu bei der vermietenden Partei liegen. Die Kündigung ist ungerechtfertigt, wenn sie ohne schützenswertes Interesse erfolgt oder unverhältnismässig ist. Es wird ein Katalog von Gründen festgehalten, welche als ungerechtfertigt gelten.

9859

In der Übergangsbestimmung wird unter anderem festgehalten, dass innert eines Jahres seit Annahme der Initiative in der Volksabstimmung der Bundesrat die bis zum Inkrafttreten der Gesetzgebung nötigen Übergangsbestimmungen zu erlassen hat. Er kann dabei den neuen Verfassungsbestimmungen widersprechende Gesetzesartikel im achten Titel des Obligationenrechts derogieren. Der neue massgebende hypothekarische Durchschnittssatz berechnet sich in den ersten fünf Jahren nach dem Durchschnitt der seit Inkrafttreten der Vollzugsbestimmungen vergangenen Jahre. Im Weiteren erhebt der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen innert zweier Jahre nach Annahme der Initiative in der Volksabstimmung die statistischen Mietzinse von nach Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode vergleichbaren Mietobjekten.

342

Würdigung der Initiative

Die Initiative enthält Anliegen, die berechtigt sind und welche in der Tat die Verbesserung einer heute unbefriedigenden Rechtslage zum Ziele haben. In diesem Zusammenhang ist namentlich die Regelung der Überwälzung von Hypothekarzinsänderungen auf die Mietzinse zu erwähnen. Die Nachteile und die Schwierigkeiten der heutigen Regelung wurden bereits in vorangehenden Kapiteln angesprochen: ­

Hypothekarzinserhöhungen werden signifikant stärker überwälzt als Hypothekarzinssenkungen;

­

es werden zwei Märkte (Kapital- und Wohnungsmarkt) miteinander verknüpft, welche kaum gemeinsame Elemente aufweisen;

­

die zunehmend individuelle Ausgestaltung von Hypothekarverträgen und die grosse Zahl von neu angebotenen Hypothekarmodellen machen es zunehmend schwieriger, einen für die Mietzinsgestaltung massgebenden hypothekarischen Leitsatz festzulegen;

­

schliesslich wird die Geldpolitik durch die notwendige Berücksichtigung von Auswirkungen von Zinsänderungen auf den Mietwohnungsmarkt behindert.

Die Initiative beseitigt mit dem vorgeschlagenen hypothekarischen Durchschnittssatz die problematische Tatsache, dass Hypothekarzinssenkungen ­ anders als Erhöhungen ­ eher zögerlich weitergegeben werden. Durch das Abstellen auf einen über fünf Jahre berechneten hypothekarischen Durchschnittssatz wird erreicht, dass Hypothekarzinssenkungen automatisch in die Mietzinsgestaltung einfliessen. Hinsichtlich der andern angesprochenen Nachteile und Schwierigkeiten bietet jedoch auch das Instrument des Durchschnittssatzes keine Lösung. Die unbefriedigende Koppelung der Mietzinse an die Hypothekarzinsentwicklung wird eher noch verstärkt. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass von der Koppelung vollständig Abstand genommen werden muss. An ihre Stelle sollen die Indexierung der Mietzinse sowie das Vergleichsmieteprinzip treten.

Die Initiative regelt im Weiteren detailliert, wann ein Anfangsmietzins missbräuchlich ist (Art. 34septies Abs. 1bis Bst. a aBV). Es wird festgehalten, dass ein Anfangsmietzins generell missbräuchlich ist, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn er auf übersetzten Kosten beruht. Der Anwendungsbereich wird damit gegenüber dem heutigen Recht entscheidend ausgeweitet.

Dieses lässt Anfechtungen nämlich nur zu, wenn die mietende Partei sich in einer 9860

persönlichen oder familiären Notlage befand oder wenn sie auf Grund von Verknappung des Angebots an Wohn- und Geschäftsräumen zum Vertragsabschluss gezwungen war; ferner wenn die vermietende Partei den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins erheblich erhöht hat. Die Initiative sieht im Weiteren vor, dass Kosten, die zu einem Mietzins führen, welcher die statistischen Werte für vergleichbare Mietobjekte übersteigt, als übersetzt gelten. Ferner wird die Verzinsung des risikotragenden Kapitals auf die Höhe des hypothekarischen Durchschnittssatzes begrenzt.

Der Bundesrat ist der Meinung, dass diese Regelungen zu einschränkend sind und dass das heutige Recht hinsichtlich der Anfechtung der Anfangsmietzinse unverändert beizubehalten ist. Der geltende Artikel 270 OR, welcher diese Anfechtung regelt, wurde mit dem neuen Mietrecht von 1990 eingeführt. Die Bestimmung war eine der markanten Neuerungen der Revision. Die Regelung war das Ergebnis einer nach etlichem Ringen erzielten Kompromisslösung, die jetzt nicht wieder leichtfertig verlassen werden sollte. Dem Anliegen der Initiative hinsichtlich statistischer Mietzinse trägt der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates hingegen insofern Rechnung, als im Artikel 269 Entwurf OR festgehalten wird, dass Mietzinse missbräuchlich sind, wenn sie bei Wohnräumen die Vergleichsmieten oder bei Geschäftsräumen die vergleichbaren orts- und quartierüblichen Mietzinse erheblich überschreiten. Daran anschliessend sieht Artikel 270a Absatz 1 Buchstabe b Entwurf OR vor, dass die mietende Partei während der Mietdauer die Herabsetzung des Mietzinses verlangen kann, wenn die Vergleichsmieten bzw. die orts- und quartierüblichen Mietzinse erheblich überschritten werden.

Die Initiative möchte im Weiteren bei einer Handänderung der Liegenschaft die Mietzinse auf das für Anfangsmietzinse zulässige Niveau begrenzen (Art. 34septies Abs. 1bis Bst. b in Verbindung mit Art. 34septies Abs. 1bis Bst. a aBV). Es wurde weiter oben dargelegt, warum diese Einschränkung als zu weitgehend erachtet und abgelehnt wird. Das Anliegen einer Staffelung von grösseren Mietzinserhöhungen ist demgegenüber vertretbar. Allerdings soll eine Staffelung erst verordnet werden, wenn die Mietzinserhöhung 20 Prozent des bisherigen Mietzinses übersteigt (Art. 269e Abs. 4 Entwurf OR). Bei geringeren
Mietzinserhöhungen ist eine gesetzliche Beschränkung der Möglichkeit der vermietenden Partei, die Kosten auf die Mietzinse zu überwälzen, nicht angebracht.

Die Kantone sollen gesetzlich regeln können, dass nur Auslagen als Nebenkosten belastet werden dürfen, die verbrauchsabhängig anfallen (Art. 34septies Abs. 1bis Bst. d aBV). Dies ist nicht zweckmässig. Zusätzliche Regelungen hinsichtlich der Nebenkosten sind nicht nötig; auch eine Aufsplitterung des Mietrechts als Bundesprivatrecht auf neue kantonalrechtliche Regelungen ist abzulehnen. Zudem würde damit dem Ziel widersprochen, das Mietrecht zu vereinfachen.

Eine generelle Formularpflicht für die Mitteilung von Anfangsmietzinsen, wie sie die Initiative gemäss Artikel 34septies Absatz 1bis Bst. c aBV vorsieht, wird vom Bundesrat abgelehnt. Das geltende Recht sieht in Artikel 270 Absatz 2 OR bereits vor, dass im Falle von Wohnungsmangel die Kantone für ihr Gebiet oder einen Teil davon die Verwendung eines amtlichen Formulars für den Abschluss eines neuen Mietvertrages obligatorisch erklären können. Etliche Kantone haben von dieser Gesetzgebungskompetenz bereits Gebrauch gemacht. Denjenigen Kantonen, welche sich bis jetzt nicht dafür entscheiden konnten, sollte keine Formularpflicht aufgezwungen werden.

9861

Die Anliegen der Initiative gemäss Artikel 34septies Absatz 1bis Bst. f aBV erscheinen hingegen berechtigt. Sie werden durch den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates weitgehend berücksichtigt. Es betrifft dies Regelungen für Rahmenmietverträge (Art. 269a Abs. 1 Bst. c Entwurf OR) und behördlich kontrollierte Mietzinse (Art. 274 Entwurf OR).

Die Initiative verlangt einen deutlichen Ausbau des Kündigungsschutzes im Vergleich zum heutigen Recht. Nach Artikel 34septies Absatz 1 BV des Initiativtextes kann eine Kündigung nicht nur angefochten werden, wenn sie missbräuchlich ist (Regelung des geltenden Rechts), sondern auch dann, wenn kein gerechtfertigter Grund für die Kündigung vorliegt, wobei die vermietende Partei die Beweislast für das Bestehen eines solchen Grundes trägt. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass diese Regelung die vermietende Partei über Gebühr in der Ausübung ihrer Eigentumsrechte einschränkt. Zudem ist das Kündigungsrecht unter der Herrschaft des Mietrechts von 1990 in viel geringerem Umfange Gegenstand der mietrechtspolitischen Diskussion als dies die Mietzinsgestaltungsregeln sind. Es kann vielmehr festgestellt werden, dass sich dieses Recht bewährt hat. Eine erneute Änderung erscheint für diesen Bereich daher nicht angebracht.

Die Initiative verlangt schliesslich in den Übergangsbestimmungen, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen die statistischen Mietzinse von nach Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode vergleichbaren Mietobjekten erhebt.

Dieses Anliegen erscheint vom Grundsatz her berechtigt, da beim Mietwohnungsmarkt in der Tat eine Verbesserung der Preistransparenz wünschbar ist. Dazu brauchen jedoch nicht alle Mietzinse statistisch erfasst zu werden. Mietspiegel oder vergleichbare Instrumente, welche eine gewisse Bandbreite des Mietzinses pro Wohnungstyp anzeigen, sind aussagekräftig genug. Es wird vorgeschlagen, dass der Bund für die Ermittlung der Vergleichsmieten sorgt.

35

Schlussfolgerungen

Obwohl die Initiative berechtigte Anliegen enthält, kommt der Bundesrat zum Schluss, dass sie insgesamt eine Zementierung der Kostenmiete zur Folge hätte.

Auch die Beibehaltung der Koppelung der Mietzinse an die Entwicklung der Kapitalkosten ist trotz der vorgeschlagenen Verwendung eines durchschnittlichen Hypothekarzinssatzes nicht zweckmässig. Schliesslich wird aus den obgenannten Gründen ein weiterer Ausbau des Kündigungsschutzes skeptisch beurteilt.

Der Bundesrat lehnt daher die Initiative ab. Soweit sie einzelne berechtigte Anliegen enthält, werden diese in der dargelegten Weise im Rahmen des indirekten Gegenvorschlages des Bundesrates gebührend berücksichtigt.

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

41

Auf den Bund

Finanzielle Mehrkosten ergeben sich auf Grund des neuen Artikels 269 Absatz 3, welcher dem Bundesrat den Auftrag erteilt, die Instrumente zur Erfassung der Vergleichsmieten zu erstellen. Für Expertisen und Informatikdienstleistungen ist dafür ein einmaliger Betrag von schätzungsweise rund 1 Million Franken nötig. Die an9862

schliessend anfallenden Betriebs- und Aktualisierungskosten sollten 1 Million Franken jährlich nicht überschreiten. Informatikseitig ergeben sich im Übrigen keine weiteren Auswirkungen.

42

Auf die Kantone und Gemeinden

Mehrkosten fallen für die Mehrheit der Kantone auf Grund von Artikel 274d Absatz 3 an, welcher vorsieht, dass gerichtliche Verfahren betreffend den Kündigungsschutz und für Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 20 000 Franken kostenlos sind. In Kantonen, welche die Kostenlosigkeit von mietrechtlichen Verfahren bislang nicht kannten, fallen die entsprechenden bisherigen Einnahmen weg. Keine Änderung und damit kein finanzieller Mehraufwand ergibt sich demgegenüber für die Kantone, welche die Kostenlosigkeit von mietrechtlichen Verfahren bereits kennen (z.B. die Kantone Waadt und Genf).

Die Gesetzesänderung hat keinen personellen Mehraufwand zur Folge.

5

Legislaturplanung

Die beantragte Gesetzesänderung ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten», welche erst am 14. März 1997 eingereicht wurde. Die Vorlage ist daher in der Legislaturplanung 1995­1999 vom 18. März 1996 nicht enthalten.

6

Verhältnis zum europäischen Recht

Das Mietrecht ist in der Europäischen Union eine Angelegenheit der einzelnen Mitgliedstaaten, so dass keine diesbezüglichen Richtlinien oder Vorschriften beachtet werden müssen. Die beantragten Änderungen, insbesondere auch die neuen Mietzinsanpassungsmethoden, sind in einzelnen Ländern der Europäischen Union ebenfalls bekannt. Demgegenüber entfällt mit der Koppelung des Mietzinses an die Entwicklung der Hypothekarzinssätze eine Regelung, welche in dieser verbindlichen Form in Europa nur in der Schweiz bestand. Das neue schweizerische Recht nähert sich dadurch insgesamt stärker demjenigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union an.

7

Rechtliche Grundlagen

71

Verfassungsmässigkeit

Die beantragten Änderungen bewegen sich alle im Rahmen, welcher die geltende Bundesverfassung in Artikel 34septies (Art. 109 gemäss neuer Bundesverfassung vom 18. April 1999) setzt und sie dienen der Bekämpfung von missbräuchlichen Mietzinsen.

9863

72

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Delegationen von Gesetzgebungskompetenzen an den Bundesrat, die über die allgemeine Vollzugskompetenz hinausgehen, sind enthalten in den Artikeln 269 (Erstellung der Grundlagen zur Erfassung der Vergleichsmieten) und Artikel 269b (Reduktion des höchstzulässigen Überwälzungssatzes bei Teuerungsraten über fünf Prozent). Was die Erstellung der Instrumente zur Erfassung der Vergleichsmieten anbelangt, so handelt es sich um eine spezifisch technische Vollzugsaufgabe, welche zweckmässigerweise dem Bundesrat zu übertragen ist. Eine Reduktion des höchstzulässigen Satzes der Überwälzung der Teuerung auf die Mietzinse wird erst vorgesehen, wenn diese während mehr als zwei Jahren über fünf Prozent lag. Es handelt sich damit um eine ausgesprochene Ausnahmeregelung. Deshalb erscheint es angebracht, dass der Bundesrat jeweils auf Grund des tatsächlich auftretenden Inflationspotenzials entscheidet, und die Gesetzgebung keine, gewissermassen auf Vorrat bestimmte, Sätze festlegt.

Insgesamt sind durch die ausführlichen Gesetzesbestimmungen Rahmen und Stossrichtung für die bundesrätlichen Verordnungen jedoch klar vorgegeben.

9864

Anhang 1 Tabelle: Entwicklung einiger Schlüsselgrössen des schweizerischen Wohnungsmarktes

1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1 2 3

Zinssatz für Neuhypotheken1

Landesindex der Konsumentenpreise2

Wohnungsmiete2

Wohnbaukosten Kt. Zürich3

%

Veränd.

%

Index (Basis=1993)

Veränd. %

Index (Basis=1982)

Veränd. %

Index (Basis=1977)

4.43 5.56 6.22 5.52 5.49 5.49 5.48 5.24 5.07 5.85 7.42 7.83 7.80 6.40 5.51 5.48 4.97 4.47 4.07

8.85 25.51 11.87 -11.25 -0.54 0.00 -0.18 -4.38 -3.24 15.38 26.84 5.53 -0.38 -17.95 -13.91 -0.54 -9.31 -10.06 -8.95

62.9 67.0 70.8 72.9 75.0 77.6 78.2 79.3 80.8 83.3 87.8 93.0 96.7 99.9 100.8 102.6 103.4 103.9 104.0

4.0 6.5 5.7 3.0 2.9 3.5 0.8 1.4 1.9 3.1 5.4 5.9 4.0 3.3 0.9 1.8 0.8 0.5 0.1

84.0 87.7 95.9 101.2 103.7 107.0 110.9 114.3 117.5 121.9 132.4 145.6 155.6 163.6 164.6 166.4 168.6 169.5 169.6

1.1 4.4 9.4 5.5 2.5 3.2 3.6 3.1 2.8 3.7 8.6 10.0 6.9 5.1 0.6 1.1 1.3 0.5 0.1

116.5 127.0 135.6 130.1 130.1 133.0 136.9 139.6 145.7 153.4 166.7 176.9 175.7 167.7 165.6 169.7 167.2 164.5 163.8

Die Volkswirtschaft Bundesamt für Statistik Statistisches Amt Kt. Zürich

9865

Neu erstellte Wohnungen2

Leerwohnungsziffer2

Veränd. %

Anz. Whg.

Veränd. %

%

9.3 9.0 6.8 -4.1 0.0 2.2 2.9 2.0 4.4 5.3 8.7 6.1 -0.7 -4.6 -1.3 2.5 -1.5 -1.6 -0.4

40'876 43'348 43'465 41'605 45'249 44'228 42'570 40'230 40'965 40'705 39'984 37'597 35'422 34'580 47'107 46'230 41'988 35'961 33'734

8.1 6.0 0.3 -4.3 8.8 -2.3 -3.7 -5.5 1.8 -0.6 -1.8 -6.0 -5.8 -2.4 36.2 -1.9 -9.2 -14.4 -6.2

0.74 0.55 0.67 keine Erhebung 0.76 0.79 0.71 0.60 0.49 0.43 0.44 0.55 0.70 0.92 1.20 1.39 1.61 1.82 1.85

Abbildung 1

Die Entwicklung der Mietpreise, der allgemeinen Teuerung und der Zinsen für Althypotheken 1972 bis 1998 28,0% 24,0% 20,0% 16,0% 12,0% 8,0% 4,0% 0,0% -4,0% -8,0% -12,0%

Jahresveränderung Index der W ohnungsmieten Jahresveränderung Hypothekarzinssatz (Althypotheken) Jahresveränderung Konsumentenpreisindex

9866

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

1984

1983

1982

1981

1980

1979

1978

1977

1976

1975

1974

1973

1972

-16,0%

Abbildung 2

Entwicklung der durchschnittlichen Mietpreise und der Hypothekarzinsen für Althypotheken in der Schweiz 1980 bis 1996 1200

8,0

1000 6,0 800 5,0

600

4,0

3,0 400 2,0 200 1,0

0,0

0 1980

1981

1982

1983 1984

1985

1986

1987

1988

H yp o th e ka rz in se

Quelle: Mietpreis-Strukturerhebung 1996

9867

1989

1990

1991

1992 1993

N etto m ieten

1994

1995

1996

durchschnittl. Nettomieten in Fr.

Hypothekarzinsen (Althypotheken) in %

7,0

Anhang 2

Rechtsvergleich*) Frankreich In Frankreich gibt es ein komplexes System von Mietrechtsregelungen. Im Einzelfall ist eine Vielzahl von Kriterien zu berücksichtigen um zu bestimmen, welche Regelung zur Anwendung gelangt. Durch das Gesetz Mermaz-Malendin vom 6. Juli 1989 hat sich die Lage etwas vereinfacht, indem dieses Gesetz ganz oder in gewissen Bereichen auf zahlreiche Mietverhältnisse Anwendung findet. Allein dieses Gesetz wird nachfolgend beleuchtet.

In Bezug auf die Höhe des Mietzinses gilt Folgendes: Eine freie Mietzinsvereinbarung ist möglich bei neuen Wohnungen, die nach ihrer Fertigstellung zum ersten Mal bezogen werden sowie bei Wohnungen, bei denen die Eigentümerschaft umfangreiche Verbesserungsarbeiten vorgenommen hat. Bei allen übrigen Mietobjekten ist der Mietzins reglementiert. Die Ermittlung der Mietzinshöhe erfolgt nach dem «Vergleichsmietensystem». Die Vermieterschaft hat eine bestimmte Anzahl von Vergleichsmieten zu nennen, die für vergleichbare Wohnungen im selben Viertel erzielt werden. Es sind mindestens drei Vergleichsmieten anzugeben, in Gemeinden mit mehr als einer Million Einwohner mindestens sechs. Der Staat behält sich jedoch ein Eingriffsrecht vor; er kann in bestimmten Fällen eine Obergrenze festlegen.

Bei der Erneuerung des Mietvertrages kann eine Neufestsetzung des Mietzinses nur erfolgen, wenn dessen Höhe «offensichtlich unterbewertet» ist. Um dies zu beweisen, muss die Vermieterschaft neue Vergleichsmieten bekannt geben. Bei laufendem Mietvertrag können Mietzinsanpassungen nicht völlig frei vereinbart werden. Eine Anpassung des Mietzinses kann nur einmal jährlich erfolgen. Die Anpassung darf nicht über die im Durchschnitt der letzten vier Quartale verzeichnete Entwicklung des gesamtstaatlichen Baukostenindex hinausgehen. Zur Berechnung des Durchschnittswerts wird der Baukostenindex zum Stichtag mit den Indexwerten für die drei vorangegangenen Quartale verglichen.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass sehr detaillierte Regelungen bestehen und dass dem Staat bei der Entwicklung der Mietzinse eine strenge Überwachungsmöglichkeit zur Verfügung steht.

Deutschland Mietrechtliche Regelungen finden sich in Deutschland in erster Linie im Bürgerlichen Gesetzbuch; Vorschriften betreffend Höhe des Mietzinses enthält zudem das Miethöhegesetz.

Die Höhe des Mietzinses ist
bei Neuabschluss von Mietverträgen über Wohnungen, die nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden, zunächst nicht reglementiert.

Eine Grenze findet die freie Preisgestaltung für den Mietzins lediglich im so genannten Mietwucher. Dieser liegt nach der Rechtssprechung vor, wenn die «angemessene Miete» um mehr als 50 Prozent überschritten wird. Um zu bestimmen, wel*)

Kurzdarstellung gemäss der Schrift «Mietrecht in Europa», Johannes Stabentheiner (Hrsg.), Wien 1996, mit Beiträgen von Christian Pisani (das französische Mietrecht), Paolo Pedrazzoli (das Mietrecht in Italien), Rutger V.H. Jonker (das Mietrecht in den Niederlanden), Wolfgang Ott (das Mietrecht in Deutschland) und Helmut Böhm (das Mietrecht in Österreich).

9868

che Höhe der angemessene Mietzins hat, stellt das Gericht oft auf Mietspiegel oder Sachverständigengutachten ab.

Nach Abschluss des Mietvertrages muss die Mieterschaft eine Mietzinserhöhung im Wesentlichen nur dann akzeptieren, wenn der verlangte Mietzins die in der Gemeinde (oder in vergleichbaren Gemeinden) für vergleichbaren Wohnraum üblichen Entgelte nicht übersteigt ­ was durch Benennen entsprechender Vergleichswohnungen von der Vermieterschaft zu belegen ist. Zudem darf der Mietzins innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren um nicht mehr als 30 Prozent beziehungsweise in manchen Fällen 20 Prozent erhöht werden (so genannte «Kappungsgrenze»). Ansonsten können Mietzinserhöhungen bei baulichen Änderungen, nämlich bei Verbesserung der Wohnsubstanz, oder auch bei der Erhöhung der Kapitalkosten vorgenommen werden.

Die Parteien haben die Möglichkeit, den Mietzins für Zeiträume bis zu jeweils 10 Jahren zu staffeln, das heisst, vorweg feste Mietzinserhöhungen festzulegen. Zudem kann die Entwicklung des Mietzinses auch an den Preis von anderen Gütern oder Leistungen gebunden werden. Diese Mietzinsanpassungen sind aber nur mit Genehmigung der Landeszentralbank wirksam und setzen eine Mietvertragsdauer von mindestens zehn Jahren voraus.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die mietrechtlichen Vorschriften in Deutschland sehr kompliziert sind. Es bestehen daher Bestrebungen für eine Vereinfachung. Tendenziell wird eine weitere Liberalisierung des Mietrechts angestrebt.

Italien In Italien gibt es vielfältige öffentlich-rechtliche Eingriffe zum Schutz des schwächeren Vertragspartners. In Bezug auf den Mietzins ist das «Gesetz über die angemessenen Mieten» aus dem Jahre 1978 von besonderer Bedeutung. Das Gesetz lässt keine freie Mietzinsvereinbarung zu, sondern gibt Parameter an, anhand derer der Mietzins berechnet werden muss. Die Berechnungsgrundlagen für den Mietzins umfassen die Nutzfläche der Wohnung und verschiedene Koeffizienten zur Berücksichtigung folgender Faktoren: Wohnungskategorie, Grössenklasse der Gemeinde (Einwohnerzahl), Lage des Gebäudes innerhalb der Gemeinde, Stockwerk, Alter und Erhaltungszustand des Gebäudes. Der auf diese Weise ermittelte Mietzins wird jährlich valorisiert, und zwar im Ausmass von 75 Prozent der vom Statistischen Amt (ISTAT) ermittelten Veränderung des
Verbraucherpreisindexes im vorangegangenen Jahr. Zur gesetzlichen Festlegung angemessener Mietzinse kommt eine sehr restriktive Regelung des Räumungsverfahrens, womit es de facto für die Eigentümerschaft eines Mietobjektes äusserst schwierig wird, sich rechtmässig wieder Besitz an der eigenen Sache zu verschaffen.

In den letzten Jahren geriet das beschriebene System in eine schwere Krise. Die strikte Kontrolle des Wohnungsmarktes durch den Gesetzgeber führte zu einer Marktstörung und zu rückläufiger Bautätigkeit. Daher erfolgte mit Gesetz aus dem Jahre 1992 eine Lockerung der zwingenden Regelungen. Danach fallen nach dem 11. Juli 1992 abgeschlossene Mietverträge über Neubauwohnungen nicht mehr unter die Mietzinsregelungen aus dem Jahr 1978. Im Falle neu abgeschlossener oder nach dem 15. August 1992 erneuerter Verträge können auch die sonstigen Mietverhältnisse von der gesetzlichen Reglementierung ausgenommen werden, sofern die abweichenden Vereinbarungen unter Mitwirkung der Interessenvertretungen der Vermieterschaft und der Mieterschaft zu Stande kommen.

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Diese neue Regelung bringt eine gewisse Liberalisierung bei den Mietzinsen. Die alten zwingenden Normen werden zwar beibehalten, gleichzeitig werden aber doch Ausnahmemöglichkeiten geschaffen.

Österreich Das österreichische Mietrecht ist stark zersplittert. Zentral ist der Mieterschutz; je älter ein Objekt ist, umso stärker greift dieser ein. «Artenvielfalt» und extreme Gegensätze prägen den Mietzinsbereich. In der Vergangenheit wurden verschiedene Systeme der Mietzinsbildung eingeführt und jeweils wieder abgeschafft. Für weiter bestehende Vertragsverhältnisse blieben sie jeweils jedoch gültig. So kann man heute etwa zehn verschiedene «Zinsarten» unterscheiden. Im Wohnungsbereich bestimmen «Richtwerte», die mit komplizierten Zu- und Abschlägen versehen werden, die Preisbildung im Altbau. Zudem gilt das Prinzip der gebundenen Verwendung der Mietzinseinnahmen durch die Vermieterschaft: die Erträge dürfen ­ vorwiegend im Altbaubereich ­ nicht beliebig aufgebraucht werden, sondern müssen weitgehend zur Erhaltung des Gebäudes eingesetzt werden.

Niederlande Auch das niederländische Mietrecht gibt dem Schutz der Mieterschaft grosses Gewicht. Die Vermieterschaft ist vorbehältlich gewisser Ausnahmen dauerhaft an die Mieterschaft gebunden, obwohl sie diese oft nicht einmal selbst auswählen kann. In den Städten können die lokalen Behörden den bei Ihnen vorgemerkten Wohnungssuchenden frei gewordene Wohnungen zuweisen. Dies hat zur Folge, dass die einmal wohnversorgte Mieterschaft dauerhaft in ihren Wohnungen bleibt, dies zumeist auf der Grundlage alter Mietverträge mit niedrigen Mietzinsen.

Die zulässige Höhe des Mietzinses wird durch ein Punktesystem festgelegt, das auf den Faktoren der Nutzfläche und des Wohnkomforts basiert. Das gesetzlich vorgesehene System zur Bestimmung des höchstzulässigen Mietzinses wird jährlich durch Richtlinien des Ministeriums für das Wohnungswesen konkretisiert und durch lokal geltende Richtlinien an die regionalen Gegebenheiten adaptiert. Letzteres geschieht in der Praxis durch Verwendung von «Punktebüchern», welche der spezifischen lokalen Situation Rechnung tragen.

Für die Wohnraummiete kommt grundsätzlich jedes Jahr eine Mietzinserhöhung zum Tragen, deren Ausmass vom Ministerium für das Wohnungswesen zu jedem 1. Juli festgesetzt wird und etwa im Bereich zwischen drei Prozent und 5,5 Prozent liegt.

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