Ablauf der Referendumsfrist: 3. Februar 2000

Bundesgesetz über Bauprodukte (Bauproduktegesetz, BauPG) vom 8. Oktober 1999

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 94 Absatz 2, 95, 97 und 101 der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 2. September 19981, beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Gegenstand und Geltungsbereich

1

Dieses Gesetz regelt das Inverkehrbringen von Bauprodukten.

2

Es gilt nicht, soweit: a.

ein Bauprodukt unter den Geltungsbereich des Bundesgesetzes vom 19. März 19762 über die Sicherheit von technischen Einrichtungen und Geräten fällt;

b.

andere Bundeserlasse das Inverkehrbringen oder die Verwendung bestimmter Bauprodukte abschliessend regeln.

Art. 2

Begriffe

In diesem Gesetz bedeuten:

1 2

a.

Bauprodukt: ein Produkt, das hergestellt wird, um dauerhaft in Bauwerke des Hoch- oder Tiefbaus eingebaut zu werden;

b.

technische Spezifikationen: bezeichnete technische Normen nach Artikel 4 und technische Zulassungen nach Artikel 5;

c.

Inverkehrbringen: die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung oder Überlassung eines Bauproduktes.

BBl 1998 5433 SR 819.1

8758

1999-5360

Bauproduktegesetz

2. Abschnitt: Voraussetzungen für das Inverkehrbringen Art. 3

Grundsätze

1

Bauprodukte dürfen in Verkehr gebracht werden, wenn sie die Voraussetzungen nach anderen Bundeserlassen erfüllen und brauchbar sind.

2 Brauchbar sind Bauprodukte, wenn die Bauwerke, für welche sie zweckentsprechend verwendet werden, die wesentlichen Anforderungen erfüllen hinsichtlich:

a.

mechanischer Festigkeit und Standsicherheit;

b.

Brandschutz;

c.

Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz;

d.

Nutzungssicherheit;

e.

Schallschutz;

f.

sparsamer und rationeller Energieverwendung.

3

Der Bundesrat regelt die wesentlichen Anforderungen an Bauwerke, soweit die Festlegung dieser Anforderungen nicht in den Kompetenzbereich der Kantone fällt; er berücksichtigt dabei das internationale Recht.

4

Wird ein Bauprodukt gemäss technischen Normen nach Artikel 4 hergestellt, so wird vermutet, dass es die Anforderungen gemäss Absatz 2 erfüllt.

5 Bauprodukte, die nicht gemäss technischen Spezifikationen, sondern gemäss entsprechenden Regeln der Technik hergestellt werden, dürfen in der Schweiz weiterhin in Verkehr gebracht werden, wenn sie die Voraussetzungen nach anderen Bundeserlassen erfüllen.

Art. 4

Technische Normen

1

Die zuständige Bundesbehörde bezeichnet nach Anhörung der mitbetroffenen Bundesämter und der Kommission für Bauprodukte nach Artikel 10 sowie im Einvernehmen mit dem für aussenwirtschaftliche Beziehungen zuständigen Bundesamt die technischen Normen, welche geeignet sind, die wesentlichen Anforderungen nach Artikel 3 Absatz 3 zu konkretisieren.

2

Soweit möglich werden international harmonisierte Normen bezeichnet.

3

Unabhängige schweizerische Normenorganisationen können beauftragt werden, technische Normen zu schaffen, wenn keine international harmonisierten Normen bestehen oder in Erarbeitung sind.

4 Titel und Bezugsquelle der bezeichneten technischen Normen werden im Bundesblatt veröffentlicht.

Art. 5

Technische Zulassung

1

Die technische Zulassung ist die Feststellung der Brauchbarkeit des Produktes eines bestimmten Herstellers hinsichtlich der Erfüllung der wesentlichen Anforderungen an Bauwerke, für die das Produkt verwendet wird.

8759

Bauproduktegesetz

2

Eine Zulassungsstelle nach Artikel 9 kann für ein Bauprodukt eine technische Zulassung ausstellen, wenn: a.

für dieses Bauprodukt eine technische Norm weder vorliegt noch in Auftrag gegeben worden ist und nach Feststellung des zuständigen Bundesamtes nicht oder noch nicht ausgearbeitet werden kann;

b.

dieses Bauprodukt wesentlich von einer technischen Norm abweicht.

3 In

Sonderfällen kann eine technische Zulassung auch für Produkte ausgestellt werden, für die eine technische Norm in Auftrag gegeben worden ist oder nach Feststellung des zuständigen Bundesamtes ausgearbeitet werden kann. Eine solche Zulassung gilt bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden technischen Norm.

4 Die technische Zulassung beruht auf Untersuchungen und Prüfungen. Der Bundesrat regelt das Verfahren; er hat dabei internationale Vorschriften und Richtlinien zu berücksichtigen.

5 Der Gegenstand der technischen Zulassung wird im Bundesblatt veröffentlicht und von der Zulassungsstelle den anderen Zulassungsstellen bekannt gemacht.

6 Für ausländische technische Zulassungen gilt Artikel 18 Absätze 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 19953 über die technischen Handelshemmnisse (THG) sinngemäss.

Art. 6

Konformitätsbewertung

1

Der Nachweis der Konformität mit technischen Spezifikationen beruht auf einer Konformitätsbewertung und erfolgt durch die Konformitätserklärung des Herstellers sowie gegebenenfalls durch eine Konformitätsbescheinigung einer Konformitätsbewertungsstelle nach Artikel 8.

2

Die Bewertung der Konformität setzt voraus, dass der Hersteller: a.

über ein werkeigenes Produktionskontrollsystem verfügt;

b.

bei besonderen, in ihrer technischen Spezifikation bezeichneten Produkten zusätzlich eine nach Artikel 8 akkreditierte oder anerkannte Konformitätsbewertungsstelle in die Bewertung der Produktionskontrolle oder des Produkts einbezieht.

3

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten der Konformitätsbewertung.

4

Für Produkte nach Artikel 3 Absatz 5 bedarf es keines Konformitätsnachweises.

Art. 7 1

Sonderfälle

Weicht ein Bauprodukt wesentlich ab von einer technischen Spezifikation, die den Konformitätsnachweis auf Grund einer werkeigenen Produktionskontrolle des Herstellers und einer Erstprüfung des Bauprodukts entweder durch den Hersteller oder durch eine anerkannte Prüfstelle vorsieht, so muss der Nachweis in jedem Fall auf Grund einer Erstprüfung durch eine nach Artikel 8 akkreditierte oder anerkannte Prüfstelle erbracht werden.

3

SR 946.51

8760

Bauproduktegesetz

2 Bauprodukte, die in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit eine untergeordnete Rolle spielen, können in Verkehr gebracht werden, sofern eine Erklärung des Herstellers über die Konformität mit den anerkannten Regeln der Technik vorliegt und die Voraussetzungen anderer Bundeserlasse erfüllt sind. Das zuständige Bundesamt bezeichnet im Einvernehmen mit den mitbetroffenen Bundesämtern und nach Anhörung der Kommission für Bauprodukte nach Artikel 10 die entsprechenden Produkte.

3 Bauprodukte, die nicht in Serie hergestellt werden, dürfen, sofern die technischen Spezifikationen nichts anderes bestimmen und die Voraussetzungen anderer Bundeserlasse erfüllt sind, in Verkehr gebracht werden, wenn eine Konformitätserklärung des Herstellers vorliegt, die auf einer werkeigenen Produktionskontrolle und einer Erstprüfung des Produkts durch den Hersteller beruht.

3. Abschnitt: Prüf-, Konformitätsbewertungs- und Zulassungsstellen Art. 8

Prüf- und Konformitätsbewertungsstellen

1

Prüf- und Konformitätsbewertungsstellen, die Berichte oder Bescheinigungen ausstellen, müssen:

2

a.

in der Schweiz akkreditiert sein;

b.

von der Schweiz im Rahmen von internationalen Übereinkommen anerkannt sein; oder

c.

nach schweizerischem Recht auf andere Weise ermächtigt oder anerkannt sein.

Der Bundesrat kann weitere Anforderungen festlegen.

3

Die Anerkennung ausländischer Prüfberichte und Konformitätsbescheinigungen richtet sich nach Artikel 18 Absätze 2 und 3 THG4.

Art. 9

Zulassungsstellen

1

Der Bundesrat bezeichnet eine amtliche Stelle, welche befugt ist, technische Zulassungen auszustellen. Er bezeichnet, insbesondere für bestimmte Fachgebiete, überdies geeignete private Stellen.

2

Die Zulassungsstellen müssen in der Schweiz akkreditiert sein.

3

Der Bundesrat kann weitere Anforderungen vorschreiben.

4. Abschnitt: Kommission für Bauprodukte Art. 10 1

Der Bundesrat bestellt eine Kommission für Bauprodukte und legt deren Organisation und Aufgaben fest.

4

SR 946.51

8761

Bauproduktegesetz

2 Die Kommission berät die für den Vollzug dieses Gesetzes zuständigen Behörden und Organe und nimmt die übrigen ihr vom Bundesrat übertragenen Aufgaben wahr.

5. Abschnitt: Nachträgliche Kontrolle (Marktüberwachung) Art. 11

Kontrollorgane

Der Bundesrat bezeichnet die Kontrollorgane. Er kann die Kantone sowie öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Fachorganisationen mit Kontrollaufgaben betrauen.

Art. 12

Mitwirkungs- und Schweigepflicht

1

Wer Bauprodukte herstellt oder in Verkehr bringt, darf die Kontrollorgane bei ihrer nachträglichen Kontrolle nicht behindern und ist verpflichtet, die erforderlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen.

2 Die Kontrollorgane unterstehen der Schweigepflicht, soweit sie nicht Tatsachen feststellen, welche die Sicherheit von Bauwerken gefährden.

Art. 13

Datenschutz

1

Die Kontrollorgane sind berechtigt, Personendaten einschliesslich Daten über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen im Sinne von Artikel 18 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 19925 über den Datenschutz zu bearbeiten.

2 Sie können diese Daten elektronisch aufbewahren und, soweit für den einheitlichen Vollzug dieses Gesetzes erforderlich, untereinander austauschen.

6. Abschnitt: Gebühren, Rechtspflege und Strafbestimmungen Art. 14 1

Gebühren

Die Zulassungsstellen erheben für ihre Tätigkeit Gebühren.

2

Die Kontrollorgane erheben Gebühren, wenn die Kontrollen zu Beanstandungen führen.

3

Der Bundesrat legt kostendeckende Gebühren fest.

Art. 15 1

Rechtspflege

Das Verfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege.

5

SR 235.1

8762

Bauproduktegesetz

2

Gegen Verfügungen der Zulassungsstellen und der Kontrollorgane des Bundes kann bei einer eidgenössischen Rekurskommission im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes6 Beschwerde erhoben werden.

Art. 16

1

2

Strafbestimmungen

Mit Haft oder Busse wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

Bauprodukte, welche die Anforderungen dieses Gesetzes nicht erfüllen, in Verkehr bringt;

b.

den Kontrollorganen die Besichtigung oder Prüfung von Bauprodukten verweigert;

c.

die Auskunftspflicht verletzt;

d.

die Schweigepflicht verletzt.

Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Busse.

3 Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone. Die Artikel 6 und 7 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes7 sind anwendbar.

4

Im Übrigen gelten die Artikel 23­29 THG8.

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 17

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.

Art. 18

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Ständerat, 8. Oktober 1999

Nationalrat, 8. Oktober 1999

Der Präsident: Rhinow Der Sekretär: Lanz

Die Präsidentin: Heberlein Der Protokollführer: Anliker

Datum der Veröffentlichung: 26. Oktober 19999 Ablauf der Referendumsfrist: 3. Februar 2000 9988 6 7 8 9

SR 172.021 SR 313.0 SR 946.51 BBl 1999 8758

8763