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Botschaft zur Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» vom 28. Oktober 1998

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen hiermit die Botschaft zur Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» und beantragen Ihnen, die Volksinitiative Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Ablehnung und ohne Gegenentwurf zur Abstimmung zu unterbreiten.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. Oktober 1998

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Cotti Der Bundeskanzler: Couchepin

1999-496

Übersicht Die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» verlangt, dass in Zukunft Volksinitiativen spätestens zwölf Monate nach ihrer Einreichung Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten sind. Innert dieser Frist tnüsste nicht nur der Bundesrat zur Volksinitiative Stellung nehmen und die entsprechende Botschaft verfassen, sondern auch die beiden Räte der Bundesversammlung müssten die Volksinitiative behandeln und die Abstimmung wäre vorzubereiten und durchzuführen. Die Frist kann mit Zustimmung des Initiativkomitees verlängert werden, sofern die Bundesversammlung einen Gegenentwurf unterbreitet.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Volksinitiative gültig ist. Sie verlangt indessen einen rechtlichen Zustand, der sich bereits in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts eindeutig nicht bewährt hat. Ihre Annahme würde einen Rückschritt bedeuten. Der Bundesrat ist deshalb der Ansicht, dass die Volksinitiative ausfolgenden Gründen Volk und Ständen ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen ist; Durch die am L April 1997 in Kraft getretene Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte und des Geschäftsverkehrsgesetzes hat sich die Rechtslage zu Gunsten einer beförderlichen Behandlung von Volksinitiativen durch den Bundesrat und die Bundesversammlung wesentlich verbessert. Die neuen Bestimmungen mit den verkürzten Fristen haben das Anliegen der Volksinitiative weitgehend vorweggenommen.

Die Frist von einem Jahr für die Ausarbeitung der Botschaft, die Beratung der Volksinitiative in den beiden Räten und die Vorbereitung und Durchführung der Abstimmung von Volk und Ständen würde zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen. Der Zeitdruck liesse eine vertiefte Prüfung einer Volksinitiative im bisherigen Rahmen nicht mehr zu. Die Botschaft mit der darin enthaltenen Beurteilung einer Volksinitiative würde deswegen zwangsläufig an Qualität einbüssen.

In Zukunft wäre bei der Behandlung von Volksinitiativen eine Gewichtsverschiebung von der Bundesversammlung zum Bundesrat nicht auszuschliessen. Vor allem die parlamentarischen Kommissionen, aber auch die beiden Räte wären in ihrer Arbeitsweise und in der Meinungsbildung eingeschränkt. Das Parlament müsste sich in seiner Beurteilung
einer Volksinitiative wohl ausschliesslich auf die Stellungnahme des Bundesrates stützen. Der Einfluss der Regierung auf das Parlament nähme entsprechend zu.

Die Volksinitiative würde die Möglichkeiten reduzieren, einen sinnvollen Gegenentwurf zu unterbreiten. Bundesrat und Bundesversammlung wären kaum in der Lage, einen Gegenentwurf auszuarbeiten und so eine Änderung eines als unbefriedigend beurteilten rechtlichen Zustands herbeizuführen. Die grundsätzliche Innovationsfunktion einer Volksinitiative für die Erneuerung der Rechtsordnung würde dadurch wesentlich beeinträchtigt. Die vorliegende Volksinitiative erwiese sich nachfolgenden Volksinitiativen gegenüber als kontraproduktiv.

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Das Initiativkomitee würde mit der Zustimmung zu einer Fristverlängerung, sofern die Bundesversammlung einen Gegenentwurf unterbreitet, über einen erheblichen Einfluss auf das Parlament verfugen. Eine solche Einflussnahme wäre mit der verfassungsmässigen Stellung der Bundesversammlung unvereinbar.

Im Rahmen der Verfassungsreform behandelt das Parlament eine Reform der Volksrechte. Gegenstand dieser Reform ist auch die Einführung einer allgemeinen Volksinitiative, die eine taugliche Variante zur Beschleunigung der direkten Demokratie darstellen könnte. Es gilt, zuerst die begonnene Verfassungsreform im Bereich der Volksrechte zu Ende zufuhren.

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Botschaft I II

Formelle Beurteilung der Volksinitiative Wortlaut

Die Volksinitiative lautet:

I Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 121 Abs. 6 6 Wird das Begehren in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs gestellt, findet die, Abstimmung von Volk und Ständen darüber spätestens 12 Monate nach der Einreichung des Initiativbegehrens statt. Die Bundesversammlung kann dem Begehren einen Gegenvorschlag gegenüberstellen, der gleichzeitig zur Abstimmung vorgelegt wird. Mit Zustimmung der Mehrheit des Initiativkomitees kann dann, wenn ein Gegenvorschlag erfolgen soll, die Frist für die Abstimmung um höchstens ein Jahr verlängert werden.

II Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt:

Art. 24 (neu) Gesetzliche oder Verordnungsbestimmungen, welche mit der Frist von Artikel 121 Absatz 6 BV nicht zu vereinbaren sind, gelten als aufgehoben. Dies trifft insbesondere für die Artikel 26, 27 und 29 des Geschäftsverkehrsgesetzes sowie für Artikel 74 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte zu.

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Zustandekommen

Mit Verfügung vom 29. Juli 1997 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Unterschriftenliste für die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» den gesetzlichen Anforderungen entspricht (BB1 1997 III 1412). Der Wortlaut der Volksinitiative wurde im Bundesblatt vom 12. August 1997 veröffentlicht (BB1 1997III1414). Am 5. Dezember 1997 wurde die Volksinitiative fristgerecht bei der Bundeskanzlei eingereicht. Mit Verfügung vom 16. Januar 1998 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Volksinitiative mit 115 684 gültigen Unterschriften formell zu Stande gekommen ist (BB11998 235).

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Behandlungsfrist

Nach Artikel 29 Absatz l Buchstabe a des Geschkftsverkehrsgesetzes (GVG; SR 171.U)1 unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung Botschaft und Antrag spätestens ein Jahr nach Einreichung einer Initiative. Diese Frist wird mit der Verabschiedung dieser Botschaft gewahrt. Die Bundesversammlung hat innert 30 Monaten nach Einreichung der Volksinitiative, d.h. bis spätestens zum 5. Juni 2000, darüber Beschluss zu fassen, ob sie der Initiative zustimmt oder nicht (Art. 27 Abs. l GVG).

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Gültigkeit

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Einheit der Form

Eine Volksinitiative kann in der Form der allgemeinen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfs eingereicht werden (Art. 121 Abs. 4 BV). Mischformen sind unzulässig- (Art. 75 Abs. 3 BPR). Die vorliegende Volksinitiative ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf abgefasst. Die Einheit der Form ist somit gewahrt.

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Einheit der Materie

Eine Volksinitiative darf nur ein Thema zum Gegenstand haben. Die Einheit der Materie ist gewahrt, wenn zwischen den einzelnen Teilen einer Initiative ein sachlicher Zusammenhang besteht (Art. 121 Abs, 3 BV und Art. 75 Abs. 2 BPR). Die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» schlägt eine Neufassung von Artikel 121 Absatz 6 BV vor. Demnach ist eine Volksinitiative spätestens ein Jahr nach der Einreichung Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten.

Die Behandlungsfrist kann mit Zustimmung der Mehrheit des Initiativkomitees verlängert werden. Die Volksinitiative enthält zudem eine Übergangsbestimmung der Bundesverfassung, wonach gesetzliche oder Verordnungsbestimmungen, die mit der geforderten Frist nicht zu vereinbaren sind, als aufgehoben gelten. Die neue Übergangsbestimmung weist einen sachlichen Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung auf. Die Volksinitiative bezieht sich somit nicht auf mehrere Themen, weshalb sie dem Grundsatz der Einheit der Materie entspricht.

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Durchführbarkeit

Die Bundesverfassung nennt die Durchführbarkeit einer Volksinitiative nicht als Gültigkeitsvoraussetzung. Dennoch gilt die Undurchführbarkeit nach gängiger Praxis der Bundesbehörden als Grund für die Ungültigerklärung einer Volksinitiative, denn eine Volksinitiative, deren Begehren nicht erfüllt werden kann, ist unmöglich und darf Volk und Ständen nicht zur Abstimmung unterbreitet werden (BB119971

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In der Fassung der Änderung vom 21. Juni 1996 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1); in Kraft seit dem 1. April 1997 (AS 1997757).

445). Würde die hier zu beurteilende Volksinitiative angenommen, würde dies, wie weiter unten näher ausgeführt wird (vgl. Ziff. 42), zwar zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen. Die Volksinitiative ist jedoch nicht undurchführbar.

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Zusammenfassung

Aus den dargelegten Gründen ist der Bundesrat der Auffassung, dass die Volksinitiative gültig ist.

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Die Volksinitiative aus der Sicht des Initiativkomitees

Das Initiativkomitee möchte gemäss Angaben in einem Zeitungsinserat und in einer Pressemitteilung einem der vielen Missstände in unserem Land ein Ende setzen und eine Beschleunigung der direkten Demokratie erreichen. Nach Ansicht des Initiativkomitees können Bundesrat und Bundesversammlung Volksbegehren trotz der gesetzlichen Fristen beinahe endlos verschleppen. Die direkte Demokratie, auf die die Schweizerinnen und Schweizer stolz seien, werde dadurch ausgehöhlt. Dies sei nicht mehr akzeptabel und es müsse damit definitiv aufgeräumt werden. Es sei wichtig, dass das Schweizervolk besonders in einer Zeit, in der sich die Verhältnisse immer häufiger und schneller ändern, rasch und wirksam auf politische Ereignisse reagieren und diese korrigieren könne. Mit der Volksinitiative werde Regierung und Parlament eine zwölfmonatige «Bedenkfrist» gesetzt. In dieser Frist müsse jede eingereichte Volksinitiative Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet werden.

Eine Verschleppung von Volksinitiativen solle verunmöglicht werden.

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Behandlung von Volksinitiativen im Allgemeinen Frühere Rechtslage betreffend die Behandlungsfristen (1892-1996)

Die geltende Bundesverfassung enthalt keine Fristen für die Behandlung von Volksinitiativen, wie dies mit der hier zu beurteilenden Volksinitiative gefordert wird.

Hingegen bestehen auf Gesetzesstufe Behandlungsfristen. Der folgende Überblick fasst die Entwicklung der Rechtslage von 1892 bis 1996 zusammen.

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Rechtslage vor 1962

Nach der Einführung der Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung im Jahre 1891 sah das Bundesgesetz vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Revision der Bundesverfassung (BS l 169) vor, dass die eidgenössischen Räte binnen Jahresfrist darüber Beschluss zu fassen haben, ob sie einer Initiative zustimmen oder nicht (Art. 8). 1950 wurde die Frist auf drei Jahre nach Einreichung der Initiative verlängert (AS Ì951 18). Die Notwendigkeit einer Verlängerung begründete der Bundesrat 1948 unter anderem wie folgt: Die Frist sei schon lange als zu kurz empfunden worden und habe sich in der Praxis auch als zu kurz erwiesen. Sehr oft habe der Bundesrat innert dieser Frist nicht einmal seine Stellungnahme vorlegen können. Einerseits hätten die Zahl der

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Volksinitiativen und die Arbeitslast bei allen Departementen zugenommen, andererseits sei auch die Erledigung der Initiativen (z.B. durch ausführlichere Botschaften des Bundesrates) zeitraubender geworden. Dass das Verfahren allein (Vorbereitung durch die Bundesvenvaltung, Behandlung im Bundesrat und in der Bundesversammlung) in vielen Fällen ein Jahr und mehr in Anspruch nehme, bedürfe wohl keiner näheren Ausführungen (BEI 1948III911 ff.).

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Rechtslage mit Inkrafttreten des Geschäftsverkehrsgesetzes 1962

Das Geschäftsverkehrsgesetz trat am 1. Dezember 1962 in Kraft. Es regelt in den Artikeln 27 und 29 die Behandlung von Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs durch den Bundesrat und die Bundesversammlung. Diese Bestimmungen wurden seit 1962 mehrmals geändert.

Zuerst musste die Bundesversammlung innert dreier Jahre Über eine Volksinitiative Beschluss fassen, wobei dem Bundesrai zwei Jahre für die Ausarbeitung der Botschaft zur Verfügung standen. War der Bundesrat infolge besonderer Verhältnisse nicht in der Lage, innert dieser Frist zu einer Volksinitiative Stellung zu nehmen, so konnte die Bundesversammlung die gesetzliche Frist von drei Jahren um ein weiteres Jahr verlängern (Art. 29 Abs. 3 GVG).

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Änderung von 1974

1974 trat eine Änderung von Artikel 29 GVG in Kraft (Ergänzung durch einen Abs.

4; Änderung vom 14. März 1974, in Kraft seit 20. Juni 1974; AS 1974 1051). Danach konnte die Bundesversammlung in Ergänzung der Regelung von Absatz 3 eine Fristverlängerung um ein weiteres Jahr beschliessen, wenn die Beschlüsse der Räte über einen Gegenentwurf oder einen mit der Volksinitiative eng zusammenhängenden Erlass voneinander abwichen; d.h. mindestens ein Rat musste sich für einen (direkten oder indirekten) Gegenentwurf ausgesprochen haben (Art. 29 Abs. 4, heute: Art. 27 Abs. 5bîs GVG). Grund für diese Fristverlängerungsmöglichkeit war nach Ansicht der Fraktionspräsidentenkonferenz, auf deren Initiative die entsprechende Gesetzesänderung zurückging, die Tatsache, dass die damals geltende Jahresfrist praktisch nie ausreichte, um im Parlament einen Gegenentwurf auszuarbeiten, wenn der Bundesrät davon absehen wollte. Diese Regelung bewirke, dass in der Frage eines Gegenentwurfs nicht so sehr der nach der Verfassung massgebende Wille des Parlaments entscheide, sondern die Vorarbeiten des Bundesrates, die jedoch bloss eine Hilfe für die parlamentarische Beratung bilden sollten. Deshalb sei dem Parlament für die Bereinigung von Differenzen bei direkten oder indirekten Gegenentwürfen zu Volksinitiativen mehr Zeit einzuräumen (BB1 7975 II 830;,vgl.

auch Ziff. 35).

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Änderung von 1976

Die ordentliche Frist von drei Jahren erwies sich wegen der Vielzahl der Initiativen und der komplexen Gegenstände jedoch als zu kurz. Der Zeitdruck war nach Auffassung des Bundesrates einer sorgfältigen Behandlung von Volksinitiativen ab870

träglich. Da die in Artikel 29 Absatz 3 GVG für Ausnahmefälle vorgesehene Fristerstreckung durch die Bundesversammlung um ein Jahr relativ häufig Anwendung fand (BB1 1975 I 1351), wurde 1976 die ordentliche Behandlungsfrist durch das Bundesgesetz über die politischen Rechte auf vier Jahre verlängert (Änderung von Art. 29 GVG, in Kraft seit 1. Juli 1978; AS 1978 688 708). Dem Bundesrat standen nun drei Jahre für die Ausarbeitung einer Botschaft zu. Dafür wurde jedoch die Möglichkeit gestrichen, diese Frist zu erstrecken (Aufhebung von Art. 29 Abs. 3 GVG). Der Bundesversammlung verblieb auch weiterhin lediglich ein Jahr für die Behandlung einer Volksinitiative (mit Verlängerungsmöglichkeit bei einem Gegenentwurf).

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Änderung von 1986

Die Frist von vier Jahren, die der Gesetzgeber zwischen dem Bundesrat (3 Jahre) und der Bundesversammlung (l Jahr) aufteilte, bewährte sich indessen ebenfalls nicht. Dies insbesondere deshalb, weil die Fristen nicht mehr als Ordnungsfristen, sondern als Verwirkungsfristen angesehen wurden (vgl. Ziff. 35). Angesichts der allgemein gestiegenen Geschäftslast der Bundesversammlung genügte nach Auffassung der Kommission des Nationalrates die nach damals geltendem Recht zur Verfügung stehende Frist von einem Jahr nicht mehr, um eine Volksinitiative in beiden Räten ohne übertriebenen Zeitdruck durchzuberaten; zudem sei es der Bundesversammlung praktisch nicht möglich, innert eines Jahres einen eigenen Gegenentwurf auszuarbeiten. Die Kommission schlug deshalb im Rahmen einer parlamentarischen Initiative eine Neuverteilung der Fristen zwischen dem Bundesrat und der Bundesversammlung vor (BB1 Ì983 IV 497 f., mit Hinweis auf BB1 1982 III 1136). Der Bundesrat konnte sich allerdings dem Vorschlag nicht anschliessen, da sich bei kürzeren Fristen keine fundierten Entscheidungsgrundlagen erarbeiten Hessen; es liege aber im Interesse einer sicheren Rechtsordnung, Volksinitiativen nicht ohne zuverlässige Entscheidungsgrundlagen in Beratung zu ziehen (BB11984 II 981 ff., 987).

Gleichwohl wurde das Geschäftsverkehrsgesetz am 20. Juni 1986 geändert. Am 1. Januar 1987 trat die Änderung in Kraft (AS 1986 1712). Die bisherige Frist von vier Jahren für eine Stellungnahme der Bundesversammlung blieb unverändert (Art. 27 Abs. l GVG). Von der vierjährigen Frist waren neu dem Bundesrat 24 Monate für die Ausarbeitung seiner Botschaft reserviert; bei einem (direkten oder indirekten) Gegenentwurf standen dem Bundesrat sogar 30 Monate zur Verfügung (Art. 29 Abs. l und 2 GVG).

Kam ein übereinstimmender Beschluss der beiden Räte der Bundesversammlung innert der gesetzlichen Frist, d.h. innert vier Jahren (in Ausnahmefällen innert 5 Jahren), nach Einreichung der Volksinitiative nicht zu Stande, so ordnete der Bundesrat die Abstimmung von Volk und Ständen an (vgl. Art. 27 Abs. 6 GVG). Der Bundesrat verfügte bisher bei der Festsetzung des Abstimmungstermins über ein grosses Ermessen (vgl. BB1 1993 III497); allerdings durfte er die Abstimmung nicht über Gebühr verzögern oder verschleppen2.

Luzius Wildhaber, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Basel/Zürich/Bern, Rz. 76 zu Art. 121/122.

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Geltende Rechtslage betreffend die Behandlungsfristen

Die Bundesversammlung hat am 21. Juni 1996 eine Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte und des Geschäftsverkehrsgesetzes verabschiedet3. Die Gesetzesänderung ist am 1. April 1997 in Kraft getreten (AS 1997 753). Sie hat unter anderem eine Verkürzung der Fristen zur Behandlung von Volksinitiativen zum Gegenstand (Art. 74 BPR sowie Art. 27 Abs. l und 29 Abs. l Bst. a GVG).

Nach neuer Rechtslage hat der Bundesrat der Bundesversammlung Botschaft und Antrag spätestens ein Jahr (bisher 2 Jahre) nach Einreichung der Volksinitiative zu unterbreiten (bei Unterbreitung eines Gegenentwurfs \lh. Jahre, Art, 29 GVG). Die Bundesversammlung hat spätestens nach zweieinhalb Jahren (bisher 4 Jahre) über die Volksinitiative zu beschliessen (Art. 27 Abs. l GVG). Auch in Zukunft kann die Bundesversammlung die gesetzliche Frist um ein Jahr verlängern, wenn mindestens ein Rat über einen direkten oder indirekten Gegenentwurf Beschluss gefasst hat (Art. 27 Abs. 5*>" GVG).

Hinsichtlich der Kompetenz des Bundesrates, die Daten und Gegenstände der Abstimmungen festzusetzen, anerkannte die Staatspolitische Kommission des Nationalrates, dass der Bundesrat einen - allerdings limitierten - Spielraum benötigt, namentlich in Nationalratswahljahren, im Falle inkompatibler Abstimmungsvorlagen oder bei einer Häufung gleichzeitig zur Abstimmungsreife gelangender Volksinitiativen (AB 1990 N 1887). Neu hat der Bundesrat deshalb eine Volksinitiative innert neun Monaten nach der Schlussabstimmung in der Bundesversammlung, spätestens aber neun Monate nach Ablauf der erwähnten gesetzlichen Fristen Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten (Art. 74 Abs. l BPR).

Die neuen gesetzlichen Bestimmungen haben das Anliegen der Volksinitiative weitgehend vorweggenommen. Der Unterschied liegt einerseits in der Länge der Behandlungsfrist: Nach der hier zu beurteilenden Volksinitiative ist die Behandlung grundsätzlich auf ein Jahr befristet, während nach geltendem Recht die Behandlungsfrist grundsätzlich höchstens drei Jahre und drei Monate dauern kann. Andererseits ist die Regelungsstufe verschieden: Die Volksinitiative fordert eine Regelung auf Verfassungsstufe, während das geltende Recht eine Befristung auf Gesetzesstufe festhält. Das mit der erwähnten Gesetzesänderung unter anderem angestrebte Ziel der Beschleunigung der
Behandlung von Volksinitiativen wird sich erst in Zukunft auswirken. Die vorliegende Volksinitiative ist nämlich das erste Volksbegehren, auf das die neuen Gesetzesbestimmungen Anwendung finden, da die Unterschriftensammlung nach dem 31. März 1997 begonnen wurde (vgl. Art. 2 der Verordnung vom 26. Febr. 1997 über die Inkraftsetzung der Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte; AS 1997 760).

U.a. gestützt auf eine Motion des Nationalrates (zu 88.235), die eine Verkürzung der Behandlungsfristen forderte; auf Grund dieser Motion wurde der parlamentarischen Initiative von Nationalrat Dünki (88.235), der eine Volksabstimmung innert 6 Monaten nach der Schlussabstimmung vorschlug, keine weitere Folge gegeben (AB 1990 N 1886

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Weitere Bestrebungen für eine Regelung der Behandlungsfristen

Bereits 1989 wurde eine Volksinitiative «gegen die Verschleppung von Volksinitiativen» lanciert (BB11989 l 1505). Die Volksinitiative sah vor, dass die Volksabstimmung über ein Volksbegehren binnen zweier Jahre seit dessen Einreichung stattfinden muss. Die Volksinitiative kam jedoch nicht zu Stande (BB1 1990 HI 1189).

Im Rahmen der Beratung über die parlamentarische Initiative 91.410 von Nationalrat Zwingli betreffend die Behandlung von rückwirkenden Bestimmungen in Volksinitiativen beschloss der Nationalrat am 28. April 1993 eine Ergänzung von Artikel 122 BV, wonach ein Bundesgesetz Maximalfristen für die Behandlung von Initiativbegehren bis zur Abstimmung von Volk und Ständen festzulegen habe (AB 1993 N 793 ff., 820). Der Ständerat trat auf die parlamentarische Initiative und den Gegenentwurf des Nationalrates nicht ein (AB 1994 S 740ff., 742). Da es zu keiner Einigung zwischen den beiden Räten kam, wurde das Geschäft von der Traktandenliste gestrichen (AB 1995 S 969f.).

Am 9. Oktober 1997 reichte Nationalrat Maspoli eine von 57 weiteren Mitgliedern des Nationalrates unterzeichnete parlamentarische Initiative ein (97.440). Sie ist praktisch identisch mit der hier zu behandelnden Volksinitiative, mit dem einzigen Unterschied, dass die Behandlungsfrist nicht zwölf, sondern 18 Monate dauern soll.

Begründet wurde die parlamentarische Initiative damit, dass Volksinitiativen, so beispielsweise die «Kleinbauern-Initiative»4, häufig praktisch grundlos «schubladisiert» würden. Häufig komme es vor, dass ein Volksbegehren erst dann zur Abstimmung gelange, wenn es an Aktualität verloren habe. Die parlamentarische Initiative wolle diesbezüglich Abhilfe schaffen. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates beschloss an ihrer Sitzung vom 27. März 1998, dem Nationalrat zu beantragen, es sei der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben. Begründet wurde der Entscheid damit, dass die bisher geltenden Fristen 1997 massiv verkürzt worden seien, was sich allerdings erst in zwei bis drei Jahren auswirken werde (vgl, Ziff. 32). Noch weiter zu gehen, hätte zur Folge, dass sich die Bundesbehörden nicht mehr vertieft mit den Initiativen auseinandersetzen könnten und dass die Ausarbeitung von Gegenentwürfen kaum mehr möglich wäre.

Die Subkommission l der Verfassungskommission des Ständerates hat an ihrer
Sitzung vom 17. November 1997 beschlossen, im Rahmen der Reform der Volksrechte die Fristen zur Behandlung von Volksinitiativen durch Bundesrat und Bundesversammlung in der Verfassung zu verankern. Diese Behandlungsfristen entsprechen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs denjenigen nach den Artikeln 27 und 29 GVG und Artikel 74 BPR (vgl. Ziff. 32). Die Verfassungskommission des Ständerates hat sich mit der Frage der verfassungsmässigen Verankerung von Behandlungsfristen noch nicht abschliessend beschäftigt. In der Verfassungskommission des Nationalrates ist diese Frage praktisch nicht zur Sprache gekommen.

Volksinitiative «für preisgünstige Nahrungsmittel und ökologische Bauernhöfe», eingereicht am 17. Juni 1994, von der Bundesversammlung behandelt am 21. März 1997, von Volk und Ständen verworfen am 27. Sept. 1998 (vgl. Anhang, Volksinitiative Nr. 52).

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Von der Ausarbeitung einer Botschaft zu einer Volksinitiative bis zur Abstimmung von Volk und Ständen

In dieser Ziffer werden im Sinne einer Erhebung des Ist-Zustands das Verfahren der Ausarbeitung, Verabschiedung und Beratung einer Botschaft zu einer Volksinitiative sowie die Vorbereitung und Durchführung einer Abstimmung von Volk und Ständen dargestellt. Zu jeder Volksinitiative hat der Bundesrat der Bundesversammlung eine Botschaft mit Antrag zu unterbreiten (Art. 29 GVG). In der Botschaft spricht sich der Bundesrat über die formelle und materielle Gültigkeit der Volksinitiative aus und beurteilt deren Inhalt und Ziele sowie die Auswirkungen bei ihrer Annahme. Gleichzeitig stellt er der Bundesversammlung Antrag auf Annahme oder Ablehnung der Volksinitiative, und unterbreitet gegebenenfalls einen Gegenentwurf.

Nach der Vorprüfung einer Volksinitiative durch die Bundeskanzlei wird der Text der Volksinitiative im Bundesblatt veröffentlicht (Art. 69 BPR). Mit der Veröffentlichung beginnt die Frist von 18 Monaten zum Sammeln der Unterschriften (Art. 71 BPR). Gleichzeitig nimmt der Bundesrat vom Beginn der Unterschriftensammlung Kenntnis. Nach Einreichung der Unterschriftenbogen gibt die Bundeskanzlei dem Bundesrat davon Kenntnis. Dieser beauftragt ein Departement, die Botschaft zur Volksinitiative auszuarbeiten. Die Bundeskanzlei prüft die Unterschriften und zählt sie nach. Diese Prüfung dauert normalerweise ein bis zwei Monate; werden hingegen mehrere Volksinitiativen und/oder Referenden fast gleichzeitig eingereicht, kann die Prüfung bis zu fünf Monate in Anspruch nehmen. Je nach Situation bedarf es einer (oder allenfalls weiterer) Nachzählung(en). Nach erfolgter Prüfung stellt die Bundeskanzlei aas formelle Zustandekommen der Volksinitiative fest und publiziert das Ergebnis im Bundesblatt (Art. 72 BPR). Gleichzeitig werden der Bundesrat und das federführende Departement über das Zustandekommen der Volksinitiative unterrichtet.

Im Hinblick auf die Ausarbeitung der Botschaft zur Volksinitiative ist in der Regel spätestens vier Monate nach Einreichung der Volksinitiative durch das federführende Departement beim Bundesrat ein Grundsatzentscheid zu vorab politischen Fragen einzuholen. Bundesratsgeschäfte sind meistens Gegenstand einer Ämterkonsultation und unterliegen stets einem Mitberichtsverfahren (vgl. Art. 15 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997, RVOG; SR
172.010}. Zweck und Ziel der Ämterkonsultation ist es, alle formalen und rein fachtechnischen Fragen auf der Stufe der Bundesämter zu bereinigen sowie alle vom Bundesrat zu entscheidenden politischen Differenzen ersichtlich zu machen. Das Ergebnis der Ämterkonsultation gibt für das nachfolgende Mitberichtsverfahren sowie die Beratung im Bundesrat wichtige Anhaltspunkte und ist im Antrag an den Bundesrat zusammenzufassen. Damit erhalten die Mitglieder des Bundesrates einen Überblick über die nach Abschluss der Ämterkonsultation vollzogenen Bereinigungen und die verbliebenen Differenzen.'Für die Ämterkonsultation ist eine der Bedeutung des Geschäfts beziehungsweise dem Umfang der jeweiligen Unterlagen angemessene Frist anzusetzen (2-4 Wochen). Das Mitberichtsverfahren ist ein Koordinations- und Vorbereitungsverfahren, das der Entlastung des Bundesrates dient.

Zweck und Ziel des Mitberichtsverfahrens ist es, alle nach der Ämterkonsultation noch bestehenden Differenzen soweit möglich vor der Bundesratssitzung interdépartemental zu bereinigen und dem Bundesrat die von ihm zu entscheidenden Differenzen so übersichtlich wie möglich vorzulegen. Das Mitberichtsverfahren dauert in

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der Regel drei Wochen; der Bundesrat kann allerdings auf Gesuch hin die Frist verkürzen.

Ein Grundsatzentscheid des Bundesrates ist besonders dann nötig, wenn ein Gegeneniwurf ausgearbeitet werden soll. In einem solchen Fall ist auch abzuklären, ob eine Expertenkommission einzusetzen ist. In Ausnahmefällen ist es sogar denkbar, dass zu einer Volksinitiative ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird (vgl.

Art. l Abs. 3 der Verordnung vom 17. Juni 1991 Über'das Vernehmlassungsverfahren; SR 172.062).

Das federführende Departement arbeitet gemäss Weisung des Bundesrates die Botschaft zur Volksinitiative aus. Es prüft insbesondere, ob die eingereichte Volksinitiative den Anforderungen an die Gültigkeit einer Volksinitiative im formellen und materiellen Sinn entspricht. Bestehen Zweifel, insbesondere bei einer möglichen Verletzung der Einheit der Materie oder der Form oder bei einem möglichen Verstoss gegen zwingendes Völkerrecht, so holt das Departement in der Regel ein Gutachten beim Bundesamt für Justiz beziehungsweise bei der Direktion für Völkerrecht ein. Allenfalls arbeitet das Departement einen Gegenentwurf aus.

Der Entwurf der Botschaft ist wiederum Gegenstand einer Ämterkonsultation und des anschliessenden Mitberichtsverfahrens. Bis spätestens vier Monate vor Ablauf der dem Bundesrat zustehenden Behandlungsfrist (Art. 29 GVG) sollte das federführende Departement dem Bundesrat Antrag auf Verabschiedung der Botschaft stellen. So bleibt genügend Zeit, um allenfalls notwendige Änderungen vornehmen zu können. Die zu veröffentlichenden Texte müssen in diesem Zeitpunkt mindestens in Deutsch und Französisch vorliegen. Je nach Situation bedarf der Entwurf der Botschaft nach einer ersten Behandlung im Bundesrat einer Überarbeitung oder Anpassung. Im Anschluss an die Verabschiedung der Botschaft durch den Bundesrat wird diese gedruckt. Sie ist der Bundesversammlung in den drei Amtssprachen in der Regel spätestens fünf Wochen vor der Session einzureichen, in der die Kommissionen bestimmt werden sollen, beziehungsweise fünf Wochen vor der Sitzung der zuständigen vorberatenden Kommission.

Die Volksinitiative wird einem der beiden Räte zur Erstbehandlung zugewiesen und von der zuständigen Kommission vorberaten (Art. 9 und 8iuintiuies GVG). Die Kommission ist frei, den allenfalls vom Bundesrat
vorgelegten Gegenentwurf zu ändern oder bei Fehlen eines solchen einen eigenen Gegenentwurf auszuarbeiten. Gegebenenfalls wird zu einem solchen Gegenentwurf ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. Ist das. Geschäft entscheidungsreif, wird es dem Erstrat zur Beratung überwiesen. Danach wird es der vorberatenden Kommission des Zweitrates und anschliessend dem Zweitrat überwiesen. Stimmen die Beschlüsse der beiden Räte nicht überein, so geht das Geschäft zurück an den Erstrat (bzw. an seine vorberatende Kommission, vgl. Art. 12 ff. GVG}. Sind sich die beiden Räte nach dreimaliger Beratung in jedem Rat uneinig, ob sie die Volksinitiative annehmen oder ablehnen, oder können sie sich nicht auf den Text eines Gegenentwurfs einigen, so wird eine Einigungskonferenz eingesetzt, die eine Verständigungslösung zu suchen hat (vgl.

Art. 27 i.V.m. Art. 17 ff. GVG). Kommt innert der gesetzlichen Behandlungsfrist von zweieinhalb Jahren (bei einem Gegenentwurf 3'/ä Jahre) kein übereinstimmender Beschluss der beiden Räte zu Stande, so ordnet der Bundesrat die Abstimmung von Volk und Ständen an (vgl. Art. 27 Abs. l, 5bis und 6 GVG).

Nach Artikel 10 BPR setzt der Bundesrat die Abstimmungstermine fest. Die Blankodaten werden für das ganze Jahr jeweils im Frühling/Sommer des Vorjahres festgelegt. Normalerweise finden eidgenössische Abstimmungen viermal im Jahr statt

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(Februar/April, Mai/Juni, September, November/Dezember). Bisher stand dem Bundesrat grosses Ermessen zu, wann er welche Vorlage zur Abstimmung unterbreitete. Neu hat der Bundesrat eine Volksinitiative spätestens neun Monate nach Ablauf der gesetzlichen Fristen zur Abstimmung zu unterbreiten (Art. 74 Abs. l BPR). Eine Volksabstimmung bedarf einer genügenden Vorbereitungszeit für Layout, Satz, Korrektur, Druck und Versand von Stimmzetteln, Vorlagen und Abstimmungserläuterungen in vier Sprachen an 4,63 Millionen Stimmberechtigte. Diese Vorbereitungszeit beträgt bei bereits festgelegtem Abstimmungsdatum erfahrungsgemäss mindestens 13Î/2 Wochen (vgl. auch Ziff. 424).

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Rechtscharakter der Behandlungsfristen

Das Bundesgericht neigt in seiner Rechtsprechung zum kantonalen Initiativrecht dazu, Behandlungsfristen als Ordnungsfristen anzusehen, deren Nichteinhaltung weitgehend sanktionslos bleibt5. Der Bundesrat vertrat indessen bereits 1948 folgende Ansicht; «Vorschriften, die nicht eingehalten werden, verfehlen nicht nur ihren Zweck; schlimmer ist, dass die dauernde Nichteinhaltung von Vorschriften durch die Behörden das Vertrauen in diese und den Respekt vor den Gesetzen, die beide in der Demokratie von besonderer Wichtigkeit sind, untergräbt, selbst wenn sich für die Überschreitung gute Gründe anführen lassen» (BB11948III912).

Heute ist anerkannt, dass die Behandlungsfristen auf Bundesebene zwingenden Charakter aufweisen0. Aus diesem Grund musste 1982 die am 23. August 1978 eingereichte Volksinitiative «gegen übermässige Futtermittelimporte und sowie für bestmögliche Nutzung des einheimischen Bodens (Futtermittelinitiative)» Volk und Ständen ohne Empfehlung unterbreitet werden, da die Bundesversammlung die Volksinitiative nicht fristgerecht zu Ende beraten konnte (BB1 1982 III 1136)7.

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Bisherige Einhaltung der Behandlungsfristen

Von 1978 bis Ende Juni 1998 wurden 72 Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs mit mehr als 100000 gültigen Unterschriften eingereicht (vgl.

Anhang; nicht berücksichtigt sind die nach der Einreichung zurückgezogenen 19 Volksinitiativen). Davon waren bis Ende Juni 1998 47 Volksinitiativen Gegenstand einer Abstimmung von Volk8 und Ständen (nicht berücksichtigt sind zwei für ungültig erklärte Volksinitiativen ). In 35 von diesen 47 Fällen (74,4%) fand die Abstimmung vor Ablauf des fünften Jahres nach der Einreichung der Volksinitiative statt (davon fand in 18 Fällen [38,2%] die Abstimmung bereits vor Ablauf des vierten Jahres statt). Über zwölf Volksinitiativen (25,5%) wurde erst im sechsten Jahr oder später abgestimmt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Bundesversammlung nach dem bisherigen Recht innert vier Jahren zu Volksinitiativen Beschluss zu fas5 6

7 8

876

Luzius Wildhaber, a.a.O., Rz. 79 zu Art. 121/122, mit Hinweisen.

Vgl. BEI 1973 H 829 und 1983 IV 497; AB 1982 S 421 ff. Vgl. auch Hans-Urs Wili, Jux Populi? Vox Dei? 100 Jahre eidgenössische Volksinitiative auf Partialrevision der Bundesverfassung, ZSR, n.R, Bd. 110,1991,492.

Die Volksinitiative wurde am 28. Okt. 1983 zurückgezogen; sie ist deshalb auch nicht im Anhang aufgeführt.

Anhang; Volksinitiativen Nr. 43 und 44.

sen hatte und der Bundesrat nach freiem Ermessen die Abstimmungen anordnen durfte, kann festgestellt werden, dass Volk und Stände in knapp drei Vierteln der Fälle innert der gesetzlich den Behörden reservierten Behandlungsfristen abstimmen konnten. Bei den zwei Volksinitiativen «zur Rettung unserer Gewässen> und «für eine gesunde Krankenversicherung»9 wurde je ein indirekter Gegenentwurf ausgearbeitet, gegen den das Referendum ergriffen wurde, weshalb sich die Abstimmung über die Volksinitiative in beiden Fällen verzögerte. Bei der Volksinitiative «S.o.S.

- Schweiz ohne Schnüffelpolizei»10 wurde ebenfalls ein indirekter Gegenentwurf verabschiedet11; das dagegen ergriffene Referendum kam allerdings nicht zu Stande, und die vom Referendumskomitee gewünschten Nachzählungen, Nachkontrollen und Zwischenverfügungen brachten nochmals mehrmonatige Verzögerungen (BB1 7997IV 1627).

Von den 23 bis Ende Juni 1998 noch nicht zur Abstimmung unterbreiteten Volksinitiativen wurde die älteste 1993 eingereicht.

37

Verhältnis zwischen Inhalt und Behandlungsfrist von Volksinitiativen

Die Dauer der Behandlung von Volksinitiativen kann von verschiedenen Faktoren abhängen. Folgende Faktoren können beispielsweise die Behandlungsdauer verlängern: Zweifel an der Gültigkeit der Volksinitiative erfordern vertiefte Abklärungen; der Inhalt einer Volksinitiative lässt sich nicht ohne weiteres in die geltende Rechtsordnung einfügen; die Volksinitiative entspricht weder der gängigen Rechtsüberzeugung noch wahrt sie die Rechtssicherheit; die Auswirkungen einer Volksinitiative müssen einer eingehenden Beurteilung unterzogen werden; die Entscheidungsgrundlagen für die Beurteilung einer Volksinitiative genügen nicht und sind erst noch zu erarbeiten bzw. zu ergänzen; Bundesrat und Bundesversammlung anerkennen zwar grundsätzlich das Ziel der Volksinitiative, arbeiten aber einen Gegenentwurf aus, um so den Initiantinnen und Initianten entgegenzukommen; der Inhalt der Volksinitiative steht im Zusammenhang mit anderen Sachgeschäften oder hängt von deren Behandlung ab (z.B. internationale Verhandlungen), so dass sich allenfalls ein Abwarten als unumgänglich erweist.

Demgegenüber lässt sich eine Beschleunigung der Behandlung einer Volksinitiative allenfalls durch folgende Faktoren erreichen: Inhalt und Zweck der Volksinitiative sind in optimaler Weise auf die bestehende Rechtsordnung abgestimmt; die Volksinitiative entspricht einem weit verbreiteten Rechtsempfinden bzw.

einer Rechtsnotwendigkeit; die Volksinitiative betrifft einen Bereich, über den die Entscheidungsgrundlagen vorhanden sind, insbesondere wenn ein sachverwandtes Geschäft erst ?10 11

Anhang, Volksinitiativen Nr. 19 und 26.

Anhang, Volksinitiative Nr. 41.

Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit.

877

kurze Zeit vorher von der Bundesversammlung behandelt worden ist (z. B.

Volksinitiative «für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge»)12; die Umsetzung der Volksinitiative lässt sich durch eine einfache Gesetzesänderung erreichen; Bundesrat und Bundesversammlung beantragen, die Volksinitiative anzunehmen oder ohne Gegenentwurf abzulehnen.

4 41

Materielle Beurteilung der Volksinitiative und der damit verbundenen Auswirkungen bei einer allfiilligen Annahme Inhalt der Volksinitiative

Die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» verlangt eine Neufassung von Artikel 121 Absatz 6 BV, wonach die Abstimmung über eine Volksinitiative grundsätzlich innert eines Jahres nach Einreichung der Unterschriften stattfinden muss. Wenn beabsichtigt ist, gleichzeitig mit der Volksinitiative einen Gegenentwurf zur Abstimmung vorzulegen, kann mit Zustimmung der Mehrheit des Initiativkomitees die Frist für die Abstimmung um höchstens ein Jahr verlängert werden. Die Volksinitiative enthält zudem eine neue Übergangsbestimmung der Bundesverfassung, wonach gesetzliche oder Verordnungsbestimmungen, die mit der geforderten Frist nicht zu vereinbaren sind, als aufgehoben gelten.

Inhalt und Wortlaut der Volksinitiative sind klar und bedürfen keiner näheren Auslegung.

42

Auswirkungen bei Annahme der Volksinitiative

In Ziffer 34 wurde das Verfahren der Ausarbeitung, Verabschiedung und Beratung einer Botschaft zu einer Volksinitiative dargestellt. Nach der hier zu beurteilenden Volksinitiative müsste während der ordentlichen Behandlungsfrist von einem Jahr die Botschaft des Bundesrates vorbereitet und verabschiedet werden, die Bundesversammlung hätte die VolksinitiatJven zu behandeln, und schliesslich wäre auch, die Abstimmung von Volk und Ständen vorzubereiten und durchzuführen.

Die Annahme der Volksinitiative würde zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen. Die Beurteilung einer Volksinitiative durch den Bundesrat und die Bundesversammlung würde an Qualität einbüssen. Der Zeitdruck würde die Chancen einer Erneuerung der Rechtsordnung durch einen Gegenentwurf verringern und die politische Meinungsbildung erschweren.

421

Auswirkungen auf die Ausarbeitung der Botschaft

Damit die ordentliche Frist von einem Jahr gewahrt werden kann, müsste die Bundesverwaltung während der Frist zur Sammlung der Unterschriften nicht nur mit der Vorbereitung der Botschaft beginnen, sondern diese praktisch vollständig fertigstellen. Die Verkürzung der Behandlungsfristen verlangt den Verzicht auf jeglichen 12

878

Anhang, Volksinitiative Nr. 42.

behördlichen Spielraum (BB1 1993 III 502). Der Bundesrat müsste deshalb rasch nach der Einreichung der Unterschriften, voraussichtlich innert rund dreier Monate, die Botschaft zu einer Volksinitiative verabschieden, allenfalls unter Vorbehalt, da im Zeitpunkt seines Entscheids das formelle Zustandekommen der Volksinitiative von der Bundeskanzlei wohl nicht immer bestätigt werden könnte. Gerade in umstrittenen Fällen braucht es erfahrungsgemäss mehrere Monate, bis die eingereichten Unterschriften kontrolliert worden sind. Dies ist in mindestens zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Erstens beträgt die ordentliche Frist zur Sammlung der Unterschriften zwar 18 Monate (Art. 71 BPR). Indessen können die Unterschriften früher eingereicht werden; so wurden die Unterschriften der hier zu beurteilenden Volksinitiative bereits knapp vier Monate nach Sammlungsbeginn eingereicht. Es ist für den Bundesrat in den wenigsten Fällen möglich, in so kurzer Zeit unter Berücksichtigung eigener Prioritäten eine sachgemässe Stellungnahme zu einer Volksinitiative abzugeben13. Bereits 1993 wies der Bundesrat darauf hin, dass die Verkürzung der Behandlungsfristen (vgl, Ziff. 32) zur Folge haben könne, dass er aus Zeitmangel künftig auch berechtigte Anliegen einer Volksinitiative nicht mehr in Form eines direkten oder indirekten Gegenentwurfs werde aufnehmen können (BB1 Ï993 III 502).

Die Qualität einer Botschaft mit der darin enthaltenen Beurteilung einer Volksinitiative würde zwangsläufig darunter leiden. Probleme stellten sich vor allem dann, wenn Zweifel an der Gültigkeit einer Volksinitiative bestehen, so dass ein entsprechendes Gutachten eingeholt werden muss. Der Bundesrat müsste sich voraussichtlich darauf beschränken, eine eingereichte Volksinitiative zu würdigen, ohne dass er zeitlich in der Lage wäre, eine Alternative zur Diskussion zu stellen, die den AnHegen der Initiantinnen und Initianten zumindest teilweise entgegenkommt.

Zweitens wurden von 1978 bis Ende Juni 1998 46 von insgesamt 134 Volksinitiativen zwar im Bundesblatt angekündigt, aber nicht eingereicht. Dies entspricht einem Anteil von 34,3 Prozent. In solchen Fällen müsste der Botschaftsentwurf verfasst und übersetzt werden, ohne dass die Volksinitiative überhaupt zu Stande käme. In Anbetracht der knappen personellen Ressourcen und der schlechten Finanzlage des Bundes erachtet der Bundesrat eine solche Lösung nicht für opportun.

422

Auswirkungen auf die parlamentarische Beratung

Geht man davon aus, dass bei einer ordentlichen Behandlungsfrist von einem Jahr der Bundesrat für die Verabschiedung der Botschaft drei Monate und für die Vorbereitung der Volksabstimmung gut drei Monate benötigt (vgl. Ziff. 34 und 424), würden der Bundesversammlung für die Behandlung einer Volksinitiative knapp sechs Monate zur Verfügung stehen.

Normalerweise werden die Geschäfte in den beiden Räten in verschiedenen Sessionen beraten (Art. 9 Abs. l i.V.m. Art. 11 Abs. l GVG). Um die verfassungsmässige Behandlungsfrist einhalten zu können, müssten die beiden Räte eine Volksinitiative im beschleunigten Verfahren während der gleichen Session behandeln und verabschieden (vgl. Art. 11 GVG). Denn für eine Differenzenbereinigung in der nachfolgenden Session würde die Zeit voraussichtlich nicht ausreichen. Die Bundesversammlung kann allerdings eine Volksinitiative beraten, bevor der Bundesrat Bot-

13

Vgl. Luzius Wildhaber, a.a.O., Rz. 78 zu Art. 121/122.

879

schaff und Antrag unterbreitet hat (Art. 29 Abs. 3 GVG). Dies würde erst recht für parlamentarische Kommissionen gelten.

Anhand des Beispiels der hier zu beurteilenden Volksinitiative sei dies verdeutlicht: Am 5. Dezember 1997 wurde die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» eingereicht. Die letzte Volksabstimmung im Jahr 1998 findet am 29. November 1998 statt. Damit ein Geschäft an dieser Abstimmung unterbreitet werden kann, muss es spätestens am 26. August 1998 abstimmungsreif vorliegen.

Angenommen, der Bundesrat hätte nach drei Monaten, am 2. März 1998, die Botschaft verabschiedet, so stände der Bundesversammlung für die Behandlung der Volksinitiative lediglich die Zeit von März bis Ende August zur Verfügung. Zwar tagt die Bundesversammlung während dieser Zeit ordentlicherweise zweimal. Es wäre somit allenfalls möglich gewesen, die Volksinitiative in einem der beiden Räte bereits während der März-Session auf die Traktandenliste zu setzen. Wäre jedoch die Volksinitiative drei Wochen später eingereicht oder vom Bundesrat später verabschiedet worden, so wäre dies kaum mehr möglich gewesen. Das Beispiel zeigt, dass nur in einem zeitlich günstigen Fall zwei ordentliche Sessionen für die Behandlung einer Volksinitiative zur Verfügung stehen. Im Normalfall müssten in der gleichen Session beide Räte eine Volksinitiative behandeln und verabschieden, oder die Bundesversammlung müsste eine Sondersession durchführen, um die Volksinitiative rechtzeitig behandeln zu können, es sei denn, die Volksinitiative soll ohne Stellungnahme der Bundesversammlung der Abstimmung von Volk und Ständen unterbreitet werden (vgl. Art. 27 Abs. 6 GVG).

Vor allem die parlamentarischen Kommissionen, aber auch die beiden Räte wären in ihrer Arbeitsweise stark eingeschränkt. Infolge des hohen Zeitdrucks müssten sie sich bei ihrer Beurteilung einer Volksinitiative wohl ausschliesslich auf die Stellungnahme des Bundesrates stützen; ergänzende Gutachten und Hearings mit verwaltungsexternen Sachverständigen zur eigenständigen Meinungsbildung wären zeitlich kaum mehr möglich, es sei denn, die Kommissionen würden bereits während der Vorbereitung der Botschaft mit ihrer Arbeit beginnen. Die Kommissionen und die Räte wären ebenso wenig
wie der Bundesrat in der Lage, der Volksinitiative einen Gegenentwurf gegenüberzustellen, der besser auf die übrige Rechtsordnung abgestimmt und damit in der Praxis erfolgversprechender wäre. Es wäre kaum zu vermeiden, dass die Bundesversammlung in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt würde. Der Einfluss der Regierung auf das Parlament würde entsprechend zunehmen.

Zudem sei darauf hingewiesen, dass andere (Gesetzgebungs-)Vorhaben verzögert oder blockiert werden könnten, wenn Volksinitiativen wegen der einzuhaltenden Behandlungsfrist systematisch vor den übrigen Geschäften im Parlament beraten würden. Dies dürfte nur den Überhang an Reformbedarf vergrössern und als weitere Folge einen neuen Schub an Volksinitiativen auslösen.

Auf die Art der Beratung der Volksinitiative im jeweiligen Plenum von Nationalund Ständerat würde sich die Behandlungsfrist kaum wesentlich auswirken; allerdings müsste im Nationalrat die freie Debatte allenfalls zu Gunsten einer organisierten, reduzierten oder kurzen Debatte eingeschränkt werden (Art. 68 ff. des Geschäftsreglements des Nationalrates vom 22. Juni 1990; SR 171.13).

880

423

Auswirkungen bei Fristverlängerung für die Ausarbeitung eines Gegenentwurfs

Die geforderte Einhaltung der Frist von einem Jahr zur Behandlung einer Volksinitiative soll nicht absolut gelten. Bereits nach geltendem Recht kann die Bundesversammlung die gesetzliche Frist zur Behandlung von Volksinitiativen von neu zweieinhalb Jahren um ein Jahr verlängern, wenn mindestens ein Rat über einen Gegenentwurf oder einen.mit der Volksinitiative eng zusammenhängenden Erlass Beschluss gefasst hat (Art. 27 Abs. 5bis GVG). Eine Fristverlängerung setzt voraus, dass ein Gegenentwurf auf Verfassungsstufe oder ein indirekter Gegenentwurf auf Gesetzesstufe zumindest von einer Kammer der Bundesversammlung bereits beraten ist. Der Entscheid, die Frist zu verlängern, steht einzig der Bundesversammlung zu.

Die Volksinitiative, das Referendumsrecht und das Wahlrecht bilden die wichtigsten Instrumente demokratischer Mitwirkung in unserem Bundesstaat. Obwohl Volksinitiativen lediglich in rund zehn Prozent der Fälle von Volk und Ständen angenommen worden sind, vermochten sie die bestehende Rechtsordnung stark zu beeinflussen, sei es bei direkter Annahme, sei es indem sie Impulse zur Ausarbeitung eines Gegenentwurfs gaben. Bundesrat und Bundesversammlung haben von der Möglichkeit, einen Gegenentwurf auszuarbeiten, bisher häufig und tendenziell in zunehmendem Mass Gebrauch gemacht. Sie versuchen damit einem durch eine Volksinitiative geäusserten Begehren, dem nicht zugestimmt werden kann, immerhin teilweise Rechnung zu tragen. Ein Gegenentwurf ist nicht selten das einzige Mittel, um dem Anliegen der Initiantinnen und Initianten zumindest bis zu einem gewissen Grad zum Durchbruch zu verhelfen. Dies wird bestätigt durch die Tatsache, dass Initiativkomitees oft selber einen Gegenentwurf fordern und dass viele Volksinitiativen zu Gunsten des Gegenentwurfs zurückgezogen werden. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die Ausarbeitung eines Gegenentwurfs Zeit benötigt, insbesondere wenn dieser als indirekter Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe ausgestaltet werden soll. Die vorgeschlagene Behandlungsfrist ist selbst bei einer Verlängerung um höchstens ein Jahr in vielen Fällen zu kurz, als dass ein Gegenentwurf ausgearbeitet werden könnte.

Nach der vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung könnte bei Unterbreitung eines Gegenvorschlags die Frist mit Zustimmung der Mehrheit des Initiativkomitees um höchstens ein Jahr
verlängert werden. Diese Bestimmung böte verschiedene Probleme insbesondere in verfahrensrechtlicher Hinsicht, die noch zu lösen wären.

Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine Fristverlängerung in Frage käme, wäre ein übereinstimmender Beschluss beider Räte auf Grund der Beratungen der beiden parlamentarischen Kommissionen über einen Gegenvorschlag. Der Beschluss wäre in die Form eines einfachen Bundesbeschlusses zu kleiden (Art. 8 GVG). Gestützt auf einen solchen Zwischenentscheid wäre wegen der Fristverlängerung mit dem Initiativkomitee Kontakt aufzunehmen.

Würde eine Fristverlängerung abgelehnt, so würde sich dies auf den ohnehin knappen Zeitplan verstärkt auswirken. Das Initiativkomitee könnte seine Zustimmung auch nur zu einem Bruchteil dieser Frist geben, denn bei dieser Verlängerungsmöglichkeit handelt es sich um eine Maximalfrist. Es könnte versuchen, inhaltliche Konzessionen vom Parlament zu erhalten. Ein Feilschen um Wochen oder Monate und um den Inhalt des Gegenvorschlags liegt dann nahe. Derartige Einflussmöglichkeiten beliebiger privater Gruppierungen auf das Parlament wären für dieses unwürdig und unzumutbar, denn eine Fristverlängerung hinge vor allem vom guten Willen des Initiativkomitees ab. Eine solche Einflussnahme wäre mit der verfas-

881

sungsmässigen Stellung der Bundesversammlung, die unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen die oberste Gewalt im Bund ausübt, unvereinbar. Es darf nicht sein, dass sich das repräsentativ gewählte Schweizer Parlament - hinter jedem einzelnen der nahezu 200 Proporzmandate stehen ungefähr 10 000 Stimmberechtigte - in solchem Ausmass in die Abhängigkeit eines maximal 27köpfigen Initiativkomitees begibt.

Die mit der Zustimmung zu einer Fristverlängerung verbundene Aufwertung des Initiativkomitees ist im Übrigen nur eine scheinbare, weil letztlich die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger geschmälert würden. Die Verankerung eines Zustimmungsrechts des Initiativkomitees zur Fristverlängerung durch die Bundesversammlung ist nach Auffassung des Bundesrates deshalb abzulehnen.

424

Auswirkungen auf die Durchführung der Abstimmung von Volk und Ständen

Je nach zeitlicher Konstellation könnte innert der einjährigen Behandlungsfrist eine Volksinitiative nicht an einem der üblichen und vorgesehenen Termine zur Abstimmung gebracht werden. Es wäre deshalb allenfalls notwendig, für eine einzige Vorlage eine besondere Abstimmung von Volk und Ständen durchzuführen.

Indessen gilt es zu beachten, dass die auf Grund langjähriger Erfahrung benötigte minimale Vorbereitungszeit für eine Abstimmung von Volk und Ständen nicht verkürzt werden kann, denn sonst kann eine ordnungsgemässe Durchführung des Urnengangs nicht gewährleistet werden. Einige Monate vor der Abstimmung sind zunächst die Erläuterungen in den vier Landessprachen auszuarbeiten und vom Bundesrat zu genehmigen. Sie können in aller Regel erst verfasst werden, wenn in den parlamentarischen Beratungen sämtliche Differenzen bereinigt worden sind. Die technische Vorbereitung einer eidgenössischen Volksabstimmung erfordert mindestens \y/z Wochen. Davon entfallen eine Woche auf die grafische Vorbereitung'der Manuskripte für die Unterlagen, viereinhalb Wochen auf den Druck (4,8 Millionen Exemplare, aufgeteilt auf vier Sprachen) und vier bis fünf Wochen auf die Verteilung an alle Stimmberechtigten; drei bis vier Wochen sind gesetzlich den Stimmberechtigten für das Studium der Vorlagen reserviert.

Sachzwänge bestehen aber auch in kalendarischer Hinsicht. So müssen vorab aus Gründen der technischen Vorbereitung einerseits und der Information andererseits zwischen zwei Urnengängen mindestens acht Wochen Abstand liegen. Die ordnungsgemässe Durchführung sowie Überlegungen zur Stimmbeteiligung verbieten es, Umengänge an vielerorts verlängerten oder Festtags-Wochenenden (Neujahr, Palmsonntag, Ostern, Sonntag nach Auffahrt, Pfingsten, Bettag, Weihnachten), an Landsgemeindesonntagen (Ende April und Anfang Mai), während der in den einzelnen Regionen zu verschiedenen Zeiten stattfindenden Fasnachten, während regional ebenfalls unterschiedlicher allgemeiner Ferienzeiten (Sportferien, Sommerund Herbstferien) oder an dem für das eidgenössische Feldschiessen vorgesehenen Wochenende durchzuführen. Wegen der Weihnachtsfeiertage ist es der Post unmöglich, in der Zeit vom 1. Dezember bis zum 3. Januar Massensendungen wie Abstimmungsmaterial zuzustellen.

Abstimmungsdaten sollten wenn möglich auch so festgesetzt werden,
dass wichtige Träger der öffentlichen Meinungsbildung - allen voran die Mitglieder des Bundesrates und der eidgenössischen Räte und die Parteien - sich am Abstimmungskampf

882

aktiv beteiligen können. Unter diesem Blickwinkel liegen Abstimmungsdaten während und unmittelbar nach Abschluss von Sessionen der eidgenössischen Räte ungünstig.

Sind - wie vor allem in der zweiten Januar- und in der ersten Februarhälfte oder in der ersten Septemberhälfte - die Zeiträume zwischen zwei Sperrfristen knapp, so ist den Parteien eine Abstimmung in dieser Zwischenzeit schwer zumutbar: eidgenössische und kantonale Delegiertenversammlungen zur Beschlussfassung über die Abstimmungsparolen können nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt vorbereitet, der Abstimmungskampf in dieser gerafften Zeitspanne organisatorisch kaum bewältigt werden. Zeitungen ist die Veröffentlichung der verschiedenen Standpunkte und Stellungnahmen angesichts der übrigen Informationsflut in derart kurzen Zeiträumen kaum mehr möglich. Diese Überlegungen sind umso gewichtiger, als die zwangsläufig beschränkte Zahl der jährlichen Abstimmungen zu einer Häufung von Abstimmungsvorlagen pro Abstimmungssonntag geführt hat, die an die Aufklärungsarbeit und an die Aufnahmefähigkeit der Stimmberechtigten hohe Anforderungen stellt (vgl. auch Geschäftsbericht des Bundesrates 1980, S. 2 f.).

Eine zusätzliche Abstimmung würde sich somit in organisatorischer und finanzieller Hinsicht nicht nur auf Bund, Kantone und Gemeinden auswirken, sondern auch die Parteien und andere am politischen Leben in der Schweiz beteiligten Vereinigungen und Institutionen wären davon betroffen.

Besonders in Wahljahren könnte eine zusätzliche Abstimmung problematisch werden, weil bis anhin während der Wahl des Nationalrates keine Abstimmungen stattfanden. Die bisher vorgenommene Trennung zwischen Volksabstimmungen und Nationalratswahlen liegt im Interesse einer von umstrittenen Abstimmungsvorlagen befreiten und davon nicht beeinflussten Wahl. Sie schont aber auch die Parteikassen und Parteikader, die durch die Finanzierung und die Organisation des Wahlkampfs bereits strapaziert werden.

Die gleichzeitige Auszählung von Wahlzetteln bei einer Proporzwahl und von Abstimmungszetteln bei einer Volksabstimmung (insbesondere bei einer solchen, bei der sowohl über eine Volksinitiative als auch über einen Gegenentwurf zu entscheiden ist) würde im Übrigen angesichts der Ausmittlungsmenge und der Komplexität der Auszählung zu Zeitdruck und praktischen Schwierigkeiten
führen (z.B. Raumprobleme in den Auszählungsräumen, Rekrutierungsschwierigkeiten im Milizsystem).

Könnte trotz der sehr knappen Fristen ein indirekter Gegenentwurf ausgearbeitet werden, so wäre es unmöglich, die Abstimmung über die Volksinitiative mit einer anfälligen Abstimmung über den Gegenentwurf zu verbinden, da die Referendumsfrist nicht abgewartet werden könnte. Gegebenenfalls wären somit zwei Abstimmungen mit den entsprechenden finanziellen und administrativen Folgen notwendig. Die hier zu beurteilende Volksinitiative würde verunmöglichen, dass Volk und Stände in Kenntnis aller relevanten Grundlagen entscheiden könnten.

425

Auswirkungen auf die politische Meinungsbildung

Volksinitiativen artikulieren Oppositionswünsche14 und sind Reaktionen auf gesellschaftliche, soziale oder wirtschaftliche Zustände, die ein Teil des Schweizervolks 14

Hans-Urs Wili, a.a.O., 494.

883

als Missstand beurteilt und beseitigt haben möchte. Volk und Stände haben einen Anspruch darauf, an der Urne über gültige und nicht zurückgezogene Volksinitiativen zu entscheiden. Das Abstimmungsergebnis bedeutet je nach Ausgang Gutheissung oder Ablehnung der vorgeschlagenen Lösung des Problems oder allenfalls auch die Verneinung, dass ein Missstand überhaupt - oder zumindest im behaupteten Ausmass - besteht.

Die Auswirkungen sowohl einer längeren als auch einer kurzen Frist zur Behandlung von Volksinitiativen können als positiv oder negativ beurteilt werden.

Steht für die Beurteilung einer Volksinitiative mehr Zeit zur Verfügung, so besteht eher die Möglichkeit, einen Gegenentwurf auszuarbeiten. Die zeitliche Distanz zwischen dem Ereignis, das als Auslöser einer Volksinitiative dient, und dem Zeitpunkt der Abstimmung würde ermöglichen, zusätzliche Kriterien für die zu entscheidende Problemlösung zu berücksichtigen. Dies würde zu einer unabhängigeren Entscheidfindung beitragen. Allerdings könnte der Zeitverlauf zur Folge haben, dass neue Probleme auftauchen und bisherige verdrängen. Eine Volksinitiative könnte durch Ereignisse überholt werden, die seit ihrer Lancierung eingetreten sind. Sie könnte an Aktualität und dadurch an Unterstützung verlieren, weil sie einer neuen Problemlage nicht Rechnung trägt. Das Sachproblem kann sich als Folge des Zeitablaufs auch als vorübergehender Natur oder gar als Scheinproblem entpuppen.

Je rascher eine Volksinitiative behandelt wird, beziehungsweise je aktueller und problematischer eine Angelegenheit ist, desto grösser dürfte allenfalls das Interesse sein, sich dazu zu äussern. Es ist nicht auszuschliessen, dass dies zu einer höheren Stimmbeteiligung beziehungsweise zu einer grösseren Unterstützung der Volksinitiative führen könnte. Auf Grund der knappen zeitlichen Verhältnisse wäre es dem Bundesrat im Vorfeld der Abstimmung allerdings nur beschränkt möglich, Volk und Ständen den Entscheid der Bundesversammlung über eine Volksinitiative näher zu bringen. Dieser Umstand könnte die politische Meinungsbildung erschweren.

Die direktdemokratischen Institutionen sind eines der Wesens- und Identitätsmerkmale und eine zentrale Errungenschaft unseres politischen Systems. Sie verbinden in einmaliger Weise die direkte Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an wichtigen
Entscheiden in unserem Staat mit Elementen der repräsentativen Demokratie.

Die hier zu beurteilende Volksinitiative würde das bestehende Gleichgewicht zwischen Mitwirkung und repräsentativer Demokratie stören und die Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger durch die Einengung der Entscheidungsspielräume beeinträchtigen.

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Auswirkungen auf die Erneuerung der Rechtsordnung

Volksinitiativen sind das Antriebsrad, das im schweizerischen Konsensualsystem die Verwirklichung bestimmter Problemlösungen punktuell vorantreibt. Sie ermöglichen es, neue politische Impulse und Alternativen in den Entscheidungsprozess einzubringen15. Sie haben Staat, Recht und Politik in der Schweiz nachhaltig zu beeinflussen vermocht16.

15 16

884

Vgl. Luzius Wildhaber, a.a.O., Rz. 38 zu Art. 121/122; Oswald Sigg, Die eidgenössischen Volksinitiativen 1892-1939, Helvetia politica B XIII, Bern 1978.

Vgl. Hans-Urs Wili, a.a.O., 504.

Von 1891 bis Ende Juni 1998 wurden 124 (100%) Volksinitiativen Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet. Davon wurden lediglich zwölf Volksinitiativen (9,6%) angenommen; 112 (90,3%) wurden verworfen. Im gleichen Zeitraum wurden 28 direkte Gegenentwürfe Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Annahme zur Abstimmung unterbreitet. Davon wurden 18 angenommen, zehn wurden verworfen.

Diese Zahlen belegen, dass direkt erfolgreiche Volksinitiativen selten sind. Die Gründe für die starke Ablehnung von Volksinitiativen sind vielschichtig. Gegenstand einer Volksinitiative ist ausschliesslich die Änderung bisherigen Verfassungsrechts. Eine Volksinitiative kann deshalb nicht eine Regelung auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe verlangen. Das Fehlen der Gesetzesinitiative zwingt die Initiativkomitees dazu, den Weg über eine Verfassungsänderung zu wählen, wenn sie im Rahmen der bestehenden direktdemokratischen Mitwirkungsrechte die Rechtsordnung in ihrem Sinn verändern wollen. Drei Viertel aller Volksinitiativen beschlagen heute materiell vorwiegend oder ausschliesslich Gesetzes- oder Verordnungsrecht17.

Einerseits erfolgten Ablehnungen von Volksinitiativen wegen dieses systembedingten Mangels, da die neu in die Bundesverfassung aufzunehmende Regelung nicht als verfassungswürdig betrachtet wurde. Andererseits wurden Volksinitiativen abgelehnt, da deren Inhalt als zu weit gehend beurteilt wurde. In diesen Fällen waren somit nicht vorwiegend formelle, sondern materielle Gründe für die Ablehnung der Volksinitiativen massgebend.

Den Volksinitiativen liegt in vielen Fällen ein bestimmtes gesellschaftspolitisches Problem zu Grunde, dessen Tragweite grundsätzlich auch von Bundesrat und Bundesversammlung anerkannt wird. In einem solchen Fall unterbreitet die Bundesversammlung Volk und Ständen einen Gegenentwurf zur Abstimmung oder beschliesst eine dem Ziel der Volksìnitiative entgegenkommende Gesetzesänderung, wenn sie eine Volksinitiative nicht unterstützt. Wird der Gegenentwurf angenommen oder tritt eine auf Grund einer Volksinitiative vorgenommene Gesetzesänderung in Kraft, so wirkt sich die Volksinitiative selbst zwar nicht direkt, aber dafür indirekt aus.

Bei Annahme der hier zu beurteilenden Volksinitiative würden Bundesrat und Bundesversammlung höchstens neun Monate18 zur Verfügung stehen, um eine eingereichte
Volksinitiative einer Beurteilung zu unterziehen. Der hohe Zeitdruck Hesse eine vertiefte Prüfung im bisherigen Rahmen nicht mehr zu und würde die Ausarbeitung eines direkten Gegenentwurfs auf Verfassungsstufe und insbesondere eines indirekten Gegenentwurfs auf Gesetzesstufe erheblich erschweren. Die Chance, dass zumindest auf dem Weg eines Gegenentwurfs ein als unbefriedigend beurteilter rechtlicher Zustand geändert werden könnte, würde sich gegenüber heute deutlich verringern.

Es ist davon auszugehen, dass die Bundesversammlung bei der kurzen Behandlungsfrist in Zukunft häufiger als heute Volksinitiativen ohne Gegenentwurf mit der Empfehlung auf Ablehnung Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreiten würde.

17

18

Rudolf Wertenschlag, La structure de l'initiative populaire et ses rapports avec la législation parlementaire en Suisse, in: Pouvoir exécutif et pouvoir législatif. Recueil des travaux présentés aux deuxièmes journées juridiques yougoslavo-suisses, Belgrade, 19 au 21 mars 1986, 21-40; ders., Strukturen und Formen der Volksinitiative, in: Aldo Lombardi/Rudolf Wertenschlag, Formen der Volksinitiative im Bund: Heute und morgen, Basel 1990, 55-115.

Maximale Frist von einem Jahr abzüglich der Frist von rund 3 Monaten für die Vorbereitung der Abstimmung.

885

Die hier zu beurteilende Volksinitiätive würde sich somit kontraproduktiv auf nachfolgende Volksinitiativen auswirken.

Allerdings hindert nichts den Bundesrat und die Bundesversammlung daran, notwendige Erneuerungen der Rechtsordnung auch ausserhalb der mit der hier zu beurteilenden Volksinitiative geforderten Behandlungsfrist an die Hand zu nehmen und zu verabschieden.

43

Behandlungsfristen im kantonalen Verfassungsrecht

Seit je hat die Verfassungsgebung.des Bundes aus der Entwicklung des kantonalen Verfassungsrechts Nutzen ziehen können. Es rechtfertigt sich deshalb, rechtsvergleichend die neueren kantonalen Verfassungen beizuziehen.

Nur eine einzigerer seit 1977 angenommenen neuen Verfassungen der Kantone Bern, Uri, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Appenzell-Ausserrhoden, Aargau, Thurgau, Tessin und Jura kennt eine dem Inhalt der hier zu beurteilenden Volksinitiative entsprechende Bestimmung: Im Kanton Tessin muss eine Volksinitiative auf Teilrevision der Verfassung spätestens innert zweier Jahre seit der amtlichen Veröffentlichung ihrer Einreichung der Volksabstimmung unterbreitet werden (Art.

46 Abs. 2 und 90 Abs. 3 der Verfassung des Kantons Tessin vom 14. Dez. 1997).

Die verfassungsmässige Verankerung von Fristen für die Behandlung von Volksinitiativen erscheint zumindest in dieser Hinsicht nicht zwingend.

Auch der Vergleich der Bemessung der Fristen (2 Jahre seit der Publikation der Verfügung .über das Zustandekommen im Tessin, l Jahr nach Einreichung einer Volksinitiative im Bund [Art. 121 Abs. 6 B V in der Fassung des Initiativtexts]) zeigt, wie unrealistisch kurz die vorliegende Volksinitiative den für die innere Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verantwortlichen Bundesbehörden die Frist zu einer sorgfältigen Behandlung von Volksinitiativen ansetzen würde.

44

Möglichkeiten einer beschleunigten Behandlung von Volksinitiativen?

In Ziffer 32 wurde bereits auf die durch die Änderung des Geschäftsverkehrsgesetzes erfolgte Verkürzung der Behandlungsfristen hingewiesen. Die Volksinitiative möchte durch die verfassungsmässige Verankerung einer noch kürzeren Behandlungsfrist eine weitere Beschleunigung der Behandlung von Volksinitiativen erreichen. Es stellt sich die Frage, ob die Behandlung von Volksinitiativen auch durch andere Massnahmen als die vorgeschlagene Verkürzung der Behandlungsfristen beschleunigt werden könnte. Denkbar wären zwei Möglichkeiten: Erstens könnte generell auf die Stellungnahme des Bundesrates zu- Volksinitiativen verzichtet werden. Allerdings wäre dazu eine Änderung von Artikel 23 GVG notwendig, wonach der Bundesrat berechtigt und verpflichtet ist, zu einer Volksinitiative Stellung zu nehmen und Antrag zu stellen. Zudem begutachtet der Bundesrat nach Artikel 102 Ziffer 4 BV unter anderem die Anträge, die von den eidgenössischen Räten oder von den Kantonen an ihn gerichtet werden. Die Bundesversammlung kann somit auf die Beratung durch den fachkundigen und sachvertrauten Bundesrat zählen und ihm als Regierung Gelegenheit zur vorwiegend politischen Stellungnahme geben; der Bundesrat hat Gewähr, dass er Stellung beziehen und Argu-

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mente aus seiner Sicht anbringen kann. Er hat diese Anträge auf Begutachtung stets als eine Verpflichtung, der er sich nicht entziehen kann, verstanden und Stellungnahmen nie verweigert. Im Ergebnis läuft die Praxis darauf hinaus, dass am Bundesrat nicht vorbeigegangen wird und auch nicht vorbeigegangen werden darf19. Bundesrat und Bundesversammlung sind verantwortlich für die Sicherstellung der Kohärenz und der inneren Widerspruchsfreiheit unserer Rechtsordnung. Diese Verantwortlichkeit begründet das Recht, zu einer Volksinitiative Stellung zu nehmen und allenfalls einen Gegenentwurf vorzuschlagen, der sowohl dem Anliegen der Initiantinnen und Initianten als auch der Forderung nach Kohärenz und Widerspruchsfreiheit Rechnung trägt. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass es aus staatspolitischer Sicht problematisch wäre, wenn er überhaupt nicht mehr zu Volksinitiativen Stellung nehmen könnte. Müsste auf eine Beurteilung von Volksinitiativen durch die Regierung verzichtet werden, so bestünde bei Annahme einer Volksinitiative die Gefahr von Umsetzungs- und Vollzugsschwierigkeiten. Ein genereller Ausschluss einer Stellungnahme hätte zudem die Folge, dass der Bundesrat keinen Gegenentwurf unterbreiten könnte.

Zweitens könnte eine Volksinitiative zuerst, von der zuständigen Kommission von National- oder Ständerat behandelt und erst anschliessend dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitet werden. Eine solche primäre Behandlung einer Volksinitiative durch eine parlamentarische Kommission könnte dem Vorprüfungsverfahren bei parlamentarischen Initiativen und Standesinitiativen nachgebildet werden (vgl.

Art. 21bis ff. und 21seP|ics ff. GVG; auch dazu wäre eine Gesetzesänderung erforderlich). Dabei ist festzuhalten, dass eine analoge Behandlung von Volksinitiativen nach dem Verfahren für parlamentarische Initiativen und Standesinitiativen nicht in Frage kommen kann, weil eine Volksinitiative zwingend der Abstimmung von Volk und Ständen unterliegt (vorbehalten bleibt die Ungültigerklärung), was bei den anderen Initiativarten nicht zutrifft. Bei der primären Behandlung ginge es somit nicht um eine Vorprüfung im Sinne einer Filterfunktion. Insbesondere sind Zweifel angebracht, ob ein solches Vorgehen tatsächlich zu einer Beschleunigung führen würde.

Die vorberatende parlamentarische Kommission - beziehungsweise
in ihrem Auftrag die Parlamentsdienste und die Verwaltung - müsste eine erste Beurteilung selbst vornehmen, ohne dass sie über eine entsprechende Stellungnahme des Bundesrates verfügte. Unter diesen Umständen würde eine Vorprüfung wohl kaum weniger Zeit in Anspruch nehmen als entsprechende Vorbereitungsarbeiten der Bundesverwaltung zuhanden des Bundesrates. Das skizzierte Vorgehen hätte deshalb voraussichtlich keinen Zeitgewinn, sondern einen Zeitverlust zur Folge, insbesondere deshalb, weil eine Volksinitiative nach Vorliegen der Stellungnahme des Bundesrates noch einmal von der vorberatenden parlamentarischen Kommission behandelt werden müsste, bevor sie im Plenum des Erstrates und anschliessend in der Kommission und im Plenum des Zweitrates zur Sprache käme.

Der Bundesrat ist hinsichtlich der beiden dargestellten Varianten zur Beschleunigung der Behandlung von Volksinitiativen der Auffassung, dass die Nachteile gegenüber den Vorteilen überwiegen, beziehungsweise dass voraussichtlich kein Zeitgewinn resultiert. Er verzichtet deshalb darauf, entsprechende Änderungen in die Wege zu leiten.

19

Vgl. Kurt Eichenberger, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Basel/Zürich/Bern, Rz. 63 zu Art. 102.

887

An dieser Stelle sei auch auf die im Rahmen der Reform der Volksrechte vorgeschlagene allgemeine Volksinitiative hingewiesen (BB1 7997 Ï 456 ff.). Die allgemeine Volksinitiative überliesse der Bundesversammlung den Entscheid darüber, ob ein Anliegen auf Verfassungs- oder Gesetzesebene verwirklicht werden soll oder muss. Gegebenenfalls könnte die Bundesversammlung gleichzeitig auf beiden Ebenen ergänzend handeln, d.h. sie Könnte eine Verfassungsbestimmung und gleichzeitig auch schon die Ausfuhrungsgesetzgebung dazu ausarbeiten, falls sie den Inhalt des Begehrens unterstützt (vgl. BB1 1994 III 1493 ff., 7997 I 433 f. und 446 f.; AB 1995 S 334 ff., 1996 N 331 ff.).

Es ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft zuerst der Bundesrat die allgemeine Volksinitiative einer Prüfung unterziehen und der Bundesversammlung einen konkreten Vorschlag für deren Umsetzung unterbreiten würde. Würde die allgemeine Volksinitiative auf Verfassungsstufe umgesetzt werden, so dürfte das Vorgehen weitgehend demjenigen der heutigen Volksinitiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs mit Unterbreitung eines Gegenentwurfs entsprechen, weil eine Verfassungsbestimmung auszuarbeiten wäre. Bei der Umsetzung auf Gesetzesstufe müssten allenfalls mehrere Gesetzesbestimmungen oder Teile eines Gesetzes erarbeitet werden. Un.ter Umständen könnte sich der entsprechende Umsetzungsaufwand als recht hoch erweisen. Bundesrat und Bundesverwaltung würden somit auch in Zukunft eine bestimmte Frist für die Beurteilung von allgemeinen Volksinitiativen und für die Ausarbeitung entsprechender Umsetzungsvorschläge benötigen. Es ist davon auszugehen, dass die nach geltendem Recht dem Bundesrat für die Ausarbeitung der Botschaft zu einer Volksinitiative zustehende Frist von einem Jahr (vgl. Ziff. 32) auch auf die allgemeine Volksinitiative anwendbar wäre. Allerdings ist zu beachten, dass der Erlass einer konkreten Verfassungsbestimmung entfallen kann; daraus würde für das gesamte Verfahren (Bundesrat und Bundesversammlung) ein Zeitgewinn gegenüber der heutigen Situation resultieren. Deshalb dürften die mit einer allgemeinen Volksinitiative angestrebten Reformen schneller umgesetzt werden können. Die allgemeine Volksinitiative wäre somit eine taugliche Variante zur Beschleunigung der direkten Demokratie.

45

Zusammenfassende Würdigung

Eine durch eine Volksinitiative vorgeschlagene Änderung der Bundesverfassung verdient es, ernst genommen und ihrer Bedeutung als eine der wichtigsten Errungenschaften eidgenössischen Verfassungsrechts entsprechend sachgerecht, genau und umfassend beurteilt zu werden, allenfalls verbunden mit der Möglichkeit, auch einen Gegenentwurf auszuarbeiten.

Die hier zu beurteilende Volksinitiative verlangt einen rechtlichen Zustand, der sich bereits in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts eindeutig nicht bewährt hat. Ihre Annahme würde einen Rückschritt bedeuten. Sie ist aus folgenden Gründen abzulehnen: Durch die am 1. April 1997 eingetretene Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte und des Geschäftsverkehrsgesetzes hat sich die Rechts-, läge zu Gunsten einer beförderlichen Behandlung von Volksinitiativen durch den Bundesrat und die Bundesversammlung wesentlich verbessert. Die neuen Bestimmungen mit den verkürzten Fristen haben das Anliegen der Volksinitiative weitgehend vorweggenommen.

Die Frist von einem Jahr für die Ausarbeitung der Botschaft, die Beratung der Volksinitiative in den beiden Räten und die Vorbereitung und Durchführung der Abstimmung von Volk und Ständen würde zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen. Der Zeitdruck Hesse eine vertiefte Prüfung einer Volksinitiative im bisherigen Rahmen nicht mehr zu. Die Botschaft mit der darin enthaltenen Beurteilung einer Volksinitiative würde deswegen zwangsläufig an Qualität einbüssen.

In Zukunft wäre bei der Behandlung von Volksinitiativen eine Gewichtsverschiebung von der Bundesversammlung zum Bundesrat nicht auszuschliessen.

Vor allem die parlamentarischen Kommissionen, aber auch die beiden Räte wären in ihrer Arbeitsweise und in der Meinungsbildung eingeschränkt. Das Parlament müsste sich in seiner Beurteilung einer Volksinitiative wohl ausschliesslich auf die Stellungnahme des Bundesrates stützen. -Der Einßuss der Regierung auf das Parlament nähme entsprechend zu.

Die Volksinitiative würde die Möglichkeiten reduzieren, einen sinnvollen Gegenentwurf zu unterbreiten. Bundesrat und Bundesversammlung wären kaum in der Lage, einen Gegenentwurf auszuarbeiten und so eine Änderung eines als unbefriedigend beurteilten rechtlichen Zustands herbeizuführen. Die grundsätzliche Innovationsfunktion einer Volksinitiative für die Erneuerung der Rechtsordnung würde dadurch wesentlich beeinträchtigt. Die vorliegende Volksinitiative erwiese sich nachfolgenden Volksinitiativen gegenüber als kontraproduktiv.

Das Initiativkomitee würde mit der Zustimmung zu einer Fristverlängerung, sofern die Bundesversammlung einen Gegenentwurf unterbreitet, über einen erheblichen Einßuss auf das Parlament verfügen. Eine solche Einflussnahme wäre mit der verfassungsmässigen Stellung der Bundesversammlung unvereinbar.

Im Rahmen der Verfassungsreform behandelt des Parlament eine Reform der Volksrechte. Gegenstand dieser Reform ist auch die Einführung einer allgemeinen Volksinitiative, die eine taugliche Variante zur Beschleunigung der direkten Demokratie darstellen könnte. Es gilt, zuerst die begonnene Verfassungsreform im Bereich der Volksrechte zu Ende zu führen.

5 51

Finanzielle und personelle sowie weitere Auswirkungen bei Annahme der Volksinitiative Finanzielle und personelle Auswirkungen

Damit die von der Volksinitiative geforderte Frist eingehalten werden könnte, wären allenfalls zusätzliche Sitzungen oder Sondersessionen der Bundesversammlung sowie zusätzliche Abstimmungen von Volk und Ständen erforderlich.

Wären zusätzliche Sessionstage erforderlich, so sei darauf hingewiesen, dass allein das Taggeld von 300 Franken, das jedem Mitglied der Bundesversammlung zusteht, pro Sessionstag 73 800 Franken ausmacht (vgl. Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 18. März 1988 zum Entschädigungsgesetz; SR 171.211).

Die finanziellen Aufwendungen einer zusätzlichen eidgenössischen Abstimmung belaufen sich für die öffentliche Hand nach Erhebungen von 1980 auf rund fünf Millionen Franken (einschliesslich der kantonalen und der kommunalen Kosten).

889

Zusätzliche eidgenössische Abstimmungen würden sich auch auf die Kassen der sich an einem Abstimmungskampf beteiligenden Parteien, Vereinigungen und Institutionen auswirken.

Jn personeller Hinsicht ist auf Bundesebene angesichts des recht streng gehandhabten Stellenstopps mit keinen zusätzlichen Stellen zu rechnen. Stattdessen ist bei Verwaltungseinheiten, die eine Volksinitiative zu behandeln haben, mit Verzögerungen in der Bearbeitung anderer Geschäfte oder mit einem (vorläufigen) Aufgabenverzicht zu rechnen. Derlei Verzögerungen könnten wiederum neue Volksinitiativen provozieren.

' '

52

· Weitere Auswirkungen

Mit Annahme der Volksinitiative würde gleichzeitig auch ein neuer Artikel der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung in Kraft treten (Art. 24). Demnach würden Gesetzes- oder Verordnungsbestimmungen, die mit der Frist von Artikel 121 Absatz 6 BV nicht zu vereinbaren sind, insbesondere die Artikel 26, 27 und 29 GVG sowie Artikel 74 BPR, als aufgehoben gelten. Es handelt sich um direkt anwendbares Verfassungsrecht, das die gesetzliche Ordnung ändert. Zur Erreichung einer widerspruchsfreien Rechtsordnung wären die gesetzlichen Bestimmungen denjenigen des Bundesverfassungsrechts anzupassen.

6

Verhältnis zum internationalen Recht

Die Volksinitiative bezieht sich auf die Ausgestaltung der Volksrechte. Diese sind eines der Wesens- und Identitätsmerkmale und eine zentrale Errungenschaft unseres politischen Systems (Botschaft vom 20. Nov. 1996 über eine neue Bundesverfassung; BB119971436). Die Ausgestaltung der Volksrechte ist Bestandteil der innerstaatlichen Ordnung und wird grundsätzlich vom internationalen Recht nicht erfasst, es sei denn, Volksinitiativen enthielten eine Verletzung von zwingendem Völkerrecht; in diesem Fall sind sie ungültig (vgl. BB1 1994 III 1493 ff.; AB 7995 S 334ff.,;9P6N331ff.).

7

Ausarbeitung eines Gegenentwurfs

Angesichts der Tatsache, dass sich die Änderung vom 21. Juni 1996 des Gesetzes über die politischen Rechte und des Geschäftsverkehrsgesetzes (vgl. Ziff. 32), soweit sich diese auf die Beschleunigung der Fristen zur Behandlung von Volksinitiativen bezieht, bisher noch gar nicht auswirken konnte, hält es der Bundesrat im heutigen Zeitpunkt weder für zwingend noch geboten, einen Gegenentwurf auszuarbeiten.

890

8

Schlussfolgerungen

Aus den genannten Gründen ist der Bundesrat der Auffassung, die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» sei abzulehnen und es sei auf die Ausarbeitung eines Gegenentwurfs zu verzichten.

10187

891

Anhang

Liste der von 1978 bis Ende Juni 1998 eingereichten Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs Nicht berücksichtigt sind die nach der Einreichung zurückgezogenen Volksinitiativen.

Volks initial! ve

Datum der Einziehung

Daten der Botschaft Datum der Abstimdes Bundesrates . mung von Volk und des Beschlus- und Stünden ses der Bundesversammlung

Gesamte Behandlungsfrist (Bei der Berechnung wurde der Monat der Einreichung nicht berücksichtigt, wohl aber derjenige der Abstimmung) Bemerkungen

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

«zurVerhinde- 8. Juni 1979 rung missbräuchlicher Preise» «für eine Verlän- 8. Okt. 1979 gerung der bezahlten Ferien» «gegen den 8. Okt. 1979 Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht» «gegen den 26. Okt. 1979 Ausverkauf der Heimat» «für einen echten 14. Dez. 1979 Zivildienst auf der Grundlage des Tatbeweises» «für einen wirk- 21. Jan. 1980 samen Schutz der Mutterschaft» «Rechtauf 30. Juli 1980 Leben» «Kulturinitiative» 11. Aug. 1981

9. «für die Abschaf- 17. Sept. 1981 fung der Vivisektion» 10. «für eine Zukunft 11. Dez. 1981 ohne weitere Atomkraftwerke» 11. «für eine sichere, 11. Dez. 1981 sparsame und umweltgerechte Energieversorgung»

892

9. Sept. 1981 12. März 1982

28. Nov. 1982

3 Jahre 5 Monate

27. Sept. 1982 7. Okt. 1983

10. März 1985

5 Jahre 5 Monate

18. Aug. 1982 24. Juni 1983

20. Mai 1984

4 Jahre 7 Monate

16. Sept. 1981 7. Okt. 1983

20. Mai 1984

4 Jahre 7 Monate

25. Aug. 1982 7. Okt. 1983

26. Febr. 1984

4 Jahre 2 Monate

17. Nov. 1982 7. Okt. 1983

2. Dez. 1984

3 Jahre 1 1 Monate

28. Febr. 1983 22. Juni 1984 18. April 1984 20. Dez. 1985 30. Mai 1984 21. Juni 1985

9. Juni 1985

4 Jahre 1 1 Monate

28. Sept. 1986

5 Jahre 1 Monat

I.Dez. 1985

4 Jahre 3 Monate

26. Jan. 1983 4. Mai 1984

23. Sept. 1984

2 Jahre 9 Monate

LJuni 1983 4. Mai 1984

23. Sept. 1984

2 Jahre 9 Monate

Volksini ti ative

Datum der Einziehung

Daten der Botschaft Datum der Abstimdes Bundesrates mung von Volk und des Beschlusund Ständen ses der Bundesversammlung

Gesamte Behandlungsfrist (Bei der Berechnung wurde der Monat der Einreichung nicht berücksichtigt, wohl aber derjenige der Abstimmung) Bemerkungen

12. «für eine iesi3. Juni 1982 cherté Berufsbildung und Umschulung» 13. «für eine gerechte 28.Okt. 1982 Besteuerung des Schwerverkehrs (Schwerverkehrsabgabe)» 14. «zur Herabset- 24. Febr. 1983 zung des AHVRentenalters auf 62 Jahre für Männer und 60 Jahre für Frauen» 15. «für die Mitspra- 19. Mai 1983 ehe des Volkes bei Militärausgaben (Rüstungsreferendum)» 16. «Stadt-Land24. Mai 1983 Initiative gegen die Bodenspekulation» 17. «zum Schutz der 16. Sept. 1983 Moore - Rothenthurm-Ini tiative» 18. «zur Herabset- 23. Aug. 1984 zung der Arbeitszeit» 19. «zur Rettung 9. Okt. 1984 unserer Gewässer>

22. Aug. 1984 21. März 1986

28. Sept. 1986

4 Jahre 3 Monate

26. Juni 1985 20. Juni 1986

7. Dez. 1986

4 Jahre 2 Monate

17. Juni 1985 9. Okt. 1986

12. Juni 1988

5 Jahre 4 Monate

7. Mai 1986 4. Dez. 1986

5. April 1987

3 Jahre 10 Monate

16. Dez. 1985 20. März 1987

4. Dez. 1988

5 Jahre 6 Monate

11. Sept. 1985 20. März 1987

6. Dez. 1987

4 Jahre 3 Monate

27. Mai 1987 4.Dez. 1988 18. März 1988

4 Jahre 4 Monate

29. April 1987 6. Okt. 1989

17. Mai 1992

20. «pro Tempo 15.Jan. 1985 130/100» 21. «für ein naturna- 28. Febr. 1985 hes Bauern - gegen Tierfabriken (KleinbauernInitiative)» 22. «für die Begren- 10. April 1985 zung der Einwanderung»

2. Juli 1987 7. Okt. 1988 27.Jan. 1988 16. Dez. 1988

26. Nov. 1989

8 Jahre 7 Monate Gegen den indirekten Gegenentwurf wurde das Referendum ergriffen 4 Jahre 10 Monate

4. Juni 1989

4 Jahre 4 Monate

4. Dez. 1988

3 Jahre 8 Monate

25. Nov. 1987 23. Juni 1988

893

Volksinitiative

Datum der Einreichung

Daten der Botschaft Datum der Abstim- Gesamte Behandlungsdes Bundesrates mung von Volk frist

und des Beschlus-

und Ständen

ses der BundesverSammlung

(Bei der Berechnung

wurde der Monat der Einziehung nicht berücksichtigt, wohl aber derjenige der Abstimmung) Bemerkungen

23. «für eine finan- 30. April ziell tragbare Krankenversicherung (Krankenkasseninitiative)» 24. «zur Förderung 24. Febr.

des öffentlichen Verkehrs» 25. «Stopp dem Be- 25. Febr.

ton - für eine Begrenzung des Strassenbaus!» 26. «für eine gesunde 17. März Krankenversicherung»

1985

24. Febr. 1988 23. März 1990

16. Febr. 1992

6 Jahre 10 Monate

1986

13. Febr. 1989 8. Febr. 1990

3. März 1991

5 Jahre

1986

31. Aug. 1988 15. Dez. 1989

1.April 1990

4 Jahre 2 Monate

1986

6. Nov. 1991 18. Dez. 1992

4. Dez. 1994

8 Jahre 9 Monate Gegen den indirekten Gegenentwurf wurde das Referendum ergriffen 3 Jahre 2 Monate

27. «für eine Schweiz 12. Sept. 1986 25. Mai 1988 26. Nov. 1989 ohne Armee und 17. März 1989 für eine umfassende Friedenspolitik» 28. «zur drastischen 30. Okt. 1986 30. Jan. 1989 12. Febr. 1992 5 Jahre 4 Monate und schrittweisen 22. März 1991 Einschränkung der Tierversuche (Weg vom Tierversuch!)» 29. «Stopp dem" 23. April 1987 12. April 1989 23. Sept. 1991 4 Jahre 5 Monate Atomkraftwerk23. März 1990 bau (Moratorium)» 30. «für eine auto- 2. Juli 1987 25. Jan. 1989 1. April 1990 2 Jahre 9 Monate bahnfreie Land15. Dez. 1989 schaft zwischen Murten und Yverdon» 31. «für ein auto2. Juli 1987 25. Jan. 1989 1.April 1990 2 Jahre 9 Monate bahnfreies Kno15. Dez. 1989 nauer Amt» 32. «für eine freie 2. Juli J987 25. Jan. 1989 1. April 1990 2 Jahre 9 Monate Aarelandschaft 15. Dez. 1989 zwischen Biel und Solothurn/ Zuchwil» 33. «für den Ausstieg 1. Okt. 1987 12. April 1989 23, Sept. 1991 3 Jahre 11 Monate aus der Atom23. März 1990 energie»

894

Volksinitiativ

Datum der Einreichung

Daten der Botschaft Datum der Abstimdes Bundesrates mung von Volk und des Beschlusund Ständen ses der Bundesversammlung

Gesamte Behandlungsfrist (Bei der Berechnung wurde der Monat der Einreichung nicht berücksichtigt, wohl aber derjenige der Abstimmung)

Bemerkungen 34. «zurVerminde- II. Okt. 1989 rung der AIko- · holprobleme» 35. «zurVerminde- 11. Okt. 1989 rung der Tabakprobleme» 36. «zum Schutze l 1.Mai 1990 des Alpengebietes vor dem Transitverkehr» 37. «für einen 25. Okt. 1990 arbeitsfreien Bundes feiertag» (1. August-Initiative) 38. «zur Abschaf26. Okt. 1990 fung der Tierversuche» 39. «40 Waffenplätze 14. Dez. 1990 sind genug - Umweltschutz auch beim Militär» 40. «zum Ausbau 30. Mai 1991 von AHV und IV» 41. «S.o.S.-Schweiz 14. Okt. 1991 ohne Schnüffelpolizei» 42. «für eine Schweiz 1. Juni 1992 ohne neue Kampfflugzeuge» 43. «für eine ver6. Juli 1992 nünftige Asylpolitik» 44. «für weniger 24. Sept. 1992 Militärausgaben und mehr Friedenspolitik» 45. «für ein Verbot 24. Sept. 1992 der Kriegsmaterialausfuhr» 46. «Jugend ohne 22. Juli 1993 Drogen» 47. «gegen die ille- 18. Okt. 1993 gale Einwanderung» 48. «Wohneigentum 22. Okt. 1993 für alle»

9. März 1992 18. Juni 1993

28. Nov. 1993 5 Jahre

9. März 1992 18.Juni 1993

28. Nov. 1993

5 Jahre

12. Febr. 1992 20. Febr. 1994 3 Jahre 9 Monate 18.Juni 1993 20. Mai 1992 18. Juni 1993

26. Sept. 1993 2 Jahre 11 Monate

16. März 1992 7. März 1993 18. Dez. 1992

2 Jahre 5 Monate

11. Sept. 1991 28. Aug. 1992

6. Juni 1993

2 Jahre 6 Monate

5.Mai 1993 7. Okt. 1994

25. Juni 1995

4 Jahre l Monat

7. März 1994 21.Juni 1996

7. Juni 1998

6 Jahre 8 Monate

28. Okt. 1992 19. März 1993

6. Juni 1993

l Jahr l Monat

22. Juni 1994 14. März 1996

-

Ungültig erklärt

22.Juni 1994 20. Juni 1995

-

Ungültig erklärt

15. Febr. 1995 8.Juni 1997 4. Okt. 1996

4 Jahre 9 Monate

19. Juni 1995 28. Sept. 1997 4 Jahre 2 Monate 21. März 1997 22. Juni 1994 1. Dez. 1996 3 Jahre 2 Monate 22. März 1996 24. Mai 1995 9. Okt. 1998

7. Febr. 1999

5 Jahre 4 Monate

895

Volksinitiaiive

Damm der Einreichung

Daten der Botschaft Datum der Abstimdes Bundesrates mung von Volk und des Beschlus- und Ständen ses der Bundesversammlung

Gesamte Behandlungsfrist (Bei der Berechnung wurde der Monat der Einreichung nicht berücksichtigt, wohl aber derjenige der Abstimmung) Bemerkungen

49. «zum Schutz 25. Okt. 1993 von Leben und Umwelt vor Genmanipulationen» (Gen-Schutz-Initiative) 50. «zum Schutz 18. Jan. 1994 des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie» (Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung, FMF) 51. «EU-Beitritts- 21. Jan. 1994 Verhandlungen vors Volk!» 52. «für preisgünstige 17. Juni 1994 Nahrungsmittel und ökologische Bauernhöfe» 53. «für eine ver9. Nov. 1994 nünftige Drogenpolitik» 54. «für eine gerechte 21. März 1995 Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)» 55. «für einen Solar- 21.März l995 Rappen (SolarInitiative)» 56. «für die Beloh- 21. März 1995 nung des Energiesparens und gegen die Energieverschwendung (Energie-UmweltInitiative)» 57. «für die 21. Juni 1995 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters»

896

6. Juni 1995 21. März 1997

7.Juni 1998

26. Juni 1996

Ausstehend

23. Aug. 1995 21.Juni 1996

8. Juni 1997

3 Jahre 5 Monate

17. Juni 1996 21. März 1997

27. Sept. 1998

4 Jahre 3 Monate

19. Juni 1995 21. März 1997

29. Nov. 1998

4 Jahre

17. März 1997 Ausstehend

Ausstehend

Ausstehend

4 Jahre 8 Monate

17. März 1997 Ausstehend Ausstehend 17. März 1997 Ausstehend Ausstehend

29. Jan. 1997 19. Dez. 1997

27. Sept. 1998

3 Jahre 3 Monate

Volksinitiative

Datum der Einreichung

Daten der Botschaft des Bundesrates und des Beschlusses der Bundesversammlung

Datum der Abstimmung von Volk und Ständen

Gesamte Behandlungsfrist (Bei der Berechnung wurde der Monat der Einreichung nicht berücksichtigt, wohl aber derjenige der Abstimmung) Bemerkungen

58. «für eine Rege- 28. Aug. 1995 lung der Zuwanderung» 59. «für die Halbie- 20. März 1996 rung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen» (Verkehrshalbierungs-Initiative) 60. «für eine Flexi- 13. Mai 1996 bilisierung der AHV - gegen die Erhöhung des Rentenalters für Frauen» 61. «für ein flexibles 22. Mai 1996 Rentenalter ab 62 für Frau und Mann» 62. «für eine gesi22. Mai 1996 cherte AHV Energie statt Arbeit besteuern!» 63. «gegen eine un- 23. Mai 1996 faire Mehrwertsteuer im Sport und im Sozialbereich (Schweizer Sport- und Gemeinnützigkeitsinitiative)» 64. «Ja zu Europa» 30. Juli 1996

65. «Keine Wasser- 15. Okt. 1996 flugzeuge auf Schweizer Seen!» 66. «Ja zu fairen 14. März 1997 Mieten» 67. «Mehr Rechte 25. März 1997 für das Volk dank dem Referendum mit Gegenvorschlag (Konstruktives Referendum)»

20. Aug. 1997 Ausstehend

Ausstehend

29. Okt. 1997 Ausstehend

Ausstehend

15. Dez. 1997 Ausstehend

Ausstehend

15. Dez. 1997 Ausstehend

Ausstehend

13. Mai 1998 Ausstehend

Ausstehend

15. Dez. 1997 Ausstehend

Ausstehend

Ausstehend Ausstehend 21. Sept. 1998 Ausstehend

Ausstehend

Ausstehend Ausstehend Ausstehend Ausstehend

Ausstehend

Ausstehend

Ausstehend

897

Volksinitiative

Datum der Einreichung

Daten der Botschaft Datum der Abstimdes Bundesrates mung von Volk · und des Beschlus- und Ständen ses der Bundesversammlung

Gesamte Behandlungsfrist (Bei der Berechnung wurde der Monat der Einreichung nicht berücksichtigt, wohl aber derjenige der Abstimmung) Bemerkungen

68. «Sparen beim 26. März 1997 Militär und der Gesamtverteidigung - für mehr Frieden und zukunftsgerichtete Arbeitsplätze (Umverteilungsinitiative)» 69. «für eine freie 23. Juni 1997 Arzt- und Spitalwahl» 70. «für Beschleuni- 5. Dez. 1997 gung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» 71. «für tiefere Arz- 12. Dez. 1997 neimittelpreise» 72. «Sonntags-Ini1.Mai 1998 tiative.» Eidgenössische Volksinitiative «für einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit - ein Versuch für vier Jahre»

10187

898

Ausstehend Ausstehend

Ausstehend

Ausstehend Ausstehend

Ausstehend

28. Okt. 1998 Ausstehend

Ausstehend

Ausstehend Ausstehend Ausstehend Ausstehend

Ausstehend Ausstehend

Bundesbeschluss Entwurf über die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Prüfung der am 5. Dezember 19971 eingereichten Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)», nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. Oktober 19982, beschliesst:

Art. l 1 Die Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» ist gültig und wird Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet.

2 Die Volksinitiative lautet; I

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 121 Abs. 6 6 Wird das Begehren in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs gestellt, findet die Abstimmung von Volk und Ständen darüber spätestens 12 Monate nach der Einreichung des Initiativbegehrens statt. Die Bundesversammlung kann dem Begehren einen Gegenvorschlag gegenüberstellen, der gleichzeitig zur Abstimmung vorgelegt wird. Mit Zustimmung der Mehrheit des Initiativkomitees kann dann, wenn ein Gegenvorschlag erfolgen soll, die Frist für die Abstimmung um höchstens ein Jahr verlängert werden.

II

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt: Art. 24 (neu) Gesetzliche oder Verordnungsbestimmungen, welche mit der Frist von Artikel 121 Absatz 6 BV nicht zu vereinbaren sind, gelten als aufgehoben. Dies trifft insbesondere für die Artikel 26, 27 und 29 des Geschäftsverkehrsgesetzes sowie für Artikel 74 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte zu.

1 2

BEI 1998 235 BB11999 864

899

Volksinitiative

Art. 2 Die Bundesversammlung empfiehlt Volk und Ständen, die Initiative abzulehnen.

10187

900

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zur Volksinitiative «für Beschleunigung der direkten Demokratie (Behandlungsfristen für Volksinitiativen in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs)» vom 28.

Oktober 1998

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1999

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

05

Cahier Numero Geschäftsnummer

98.065

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.02.1999

Date Data Seite

864-900

Page Pagina Ref. No

10 054 922

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