Pro Helvetia 2000­2003 Eingabe an das Eidgenössische Departement des Innern Inhaltliche Ziele und finanzielle Bedürfnisse der Stiftung für die Periode 2000­2003

Schweizer Kulturstiftung Hirschengraben 22 ­ 8024 Zürich Telefon 01 267 71 71 ­ Fax 01 267 71 06 Mail phmail@pro-helvetia.ch ­ Internet www.pro-helvetia.ch 1999-4855

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Pro Helvetia ­ Heute 1999 werden es 60 Jahre sein seit der Gründung der Stiftung Pro Helvetia. Entstanden 1939 in der Zeit der geistigen Landesverteidigung, hat sich diese Institution ­ im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Spielraums ­ laufend dem äusseren Wandel und den neuen Anforderungen angepasst und in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Aufgaben in der Kulturförderung übernommen. Wo steht Pro Helvetia heute?

Gesetzliche Aufgaben der Stiftung

Kernkompetenz

Gemäss Bundesgesetz erfüllt Pro Helvetia eine vierfache Aufgabe: 1.

Kulturwahrung unter besonderer Berücksichtigung der Volkskultur;

2.

Förderung des kulturellen Schaffens;

3.

Stärkung des Austausches zwischen den Sprachregionen und Kulturgruppen;

4.

Pflege der kulturellen Beziehungen zum Ausland.

Die Kernkompetenzen von Pro Helvetia bestehen in folgenden drei Punkten: 1.

Sie begutachtet professionell Projekte aus den verschiedenen Kultursparten, begleitet sie beratend und vermittelnd, unterstützt sie finanziell und ermöglicht damit die Auseinandersetzung mit Werken und Repräsentanten/-innen der Schweizer Kultur und eine dynamische Entwicklung des künstlerischen Schaffens.

2.

Sie dokumentiert mit eigenen Publikationen das kulturelle Schaffen in der Schweiz und informiert über all seine Facetten und Bereiche. Sie wirkt als Kulturinformationszentrum für das In- und Ausland. Damit ermöglicht sie Präsenz und Teilnahme am internationalen Kulturaustausch.

3.

Sie initiiert und realisiert eigene Projekte, um einerseits Lücken zu füllen und anderseits dem kulturellen Leben in der Schweiz und dessen Ausstrahlung im Ausland wichtige Impulse zu geben.

Auf Grund dieser Kernkompetenzen entfaltet Pro Helvetia eine breite Tätigkeit, die allen Landesteilen, den verschiedenen Kulturbereichen, der Verständigung im Inland und mit dem Ausland, Kulturschaffenden und Kulturinteressierten zugute kommt.

Pro Helvetia erweist sich dadurch als eigentliches Denk- und Handlungszentrum für die Schweizer Kultur, dessen Dienste von unzähligen Personen, Projekten, Institutionen und Gremien des kulturellen und politischen Lebens in Anspruch genommen werden.

Förderungskriterien

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Pro Helvetia fördert Kultur nach den Kriterien der Qualität, Professionalität, Innovation, gesellschaftlichen Relevanz und Nachhaltigkeit.

Im «Leitbild zum Selbstverständnis und zur künftigen Arbeit» findet sich eine differenzierte Darstellung der Grundlagen zur Tätigkeit der Stiftung.

Arbeitsweise der Stiftung

Die Stiftung hat als Nonprofit-Organisation ein Milizführungsgremium von 35 Stiftungsratsmitgliedern, die in Arbeitsgruppen die Gesuche beraten und über eigene Initiativen befinden. Im Zentrum der Arbeit von Pro Helvetia steht nach wie vor die Beurteilung der Gesuche der kreativ Tätigen, also die direkte Unterstützung der Künstlerinnen und Künstler.

Im Stiftungsrat sind alle Landessprachen, möglichst viele Kultursparten und breite Fachkompetenzen in Kulturfragen repräsentiert. Im operationellen Bereich arbeiten in 7 Abteilungen mit 41,5 Planstellen im Moment über 70 Personen, wobei temporär für umschriebene Projekte und Sonderaufträge weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt werden. Neben dem Hauptsitz am Hirschengraben in Zürich führt Pro Helvetia eine Antenne Romande in Genf und verschiedene Aussenstellen im Ausland (vgl. unten). Pro Helvetia ist eine autonome Stiftung, die der Aufsicht des EDI und der Oberaufsicht des Bundesrates untersteht; als Kontrollstelle amtet die eidgenössische Finanzkontrolle.

Autonomie der Stiftung als Garant für hohe künstlerische Qualität

Die «Idee» Pro Helvetia mit dem breit abgestützten und fachlich qualifizierten Stiftungsrat und auf der operativen Seite den Fachabteilungen hat sich als professioneller Dienstleistungsbetrieb für das Kulturschaffen grundsätzlich bewährt. Die Stiftung gewährleistet durch ihre Autonomie und durch die in ihr konzentrierte Kompetenz eine hohe künstlerische Qualität der unterstützten Projekte, politische Unabhängigkeit und regionenverbindende Wirkung. Gerade in der heutigen Zeit, wo bei staatlichen Verwaltungen des Kulturbereichs die Tendenz besteht, sich nicht mehr von Fachgremien beraten zu lassen, sondern durch Kulturbeamte direkt im kulturellen Leben zu intervenieren, erweist sich das Modell Pro Helvetia, im Dienste einer sich frei entfaltenden Kultur, als klar überlegen.

Gleichzeitig ist allerdings einzugestehen, dass die breite Abstützung der Entscheidungen auf einem demokratischen Verfahren ihren Preis hat: Beschlüsse zu oft umfangreichen Gesuchsdossiers (Manuskripte für Publikationen, Konzepte für Ausstellungen usw.), die bei mehreren Expertinnen und Experten zirkulieren müssen, können nicht von einem Tag auf den andern gefasst werden.

Bereits heute jedoch versteht die Stiftung ihre Tätigkeit als Erfüllung eines Leistungsauftrages nach den Grundprinzipien einer zeitgemässen Nonprofit-Organisation und den für die öffentliche Verwaltung geltenden Grundsätzen der Wirksamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit.

Zur Stellung der Stiftung im Gesamtkontext einer schweizerischen Kulturförderungspolitik

Das Tätigkeitsgebiet von Pro Helvetia ist gesetzlich und auf Grund der bisherigen Praxis relativ klar umschrieben. Die Stiftung ist subsidiär tätig und konzentriert sich schwergewichtig auf eine gesamtschweizerische Kulturförderung. Mit dem Bundesamt für Kultur und mit der Kultursektion des EDA arbeitet Pro Helvetia seit Jahren zusammen und ist Gründungsmitglied der KoKo (Koordinationskommission für die Präsenz der Schweiz im Ausland). Im Mai 1998 wurden mit dem BAK Diskussionen im Hinblick auf mögliche neue Zuteilungen von

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Aufgaben aufgenommen. Klärungsbedarf gibt es für die Bereiche Film, Kunst und Gestaltung, Erwachsenenbildung, internationale Buchausstellungen, Kulturinformation.

Zur Zeit der Abfassung dieses Berichtes befassen sich mehrere Arbeitsgruppen, in denen das Bundesamt für Kultur und Pro Helvetia vertreten sind, spartenbezogen mit diesen Fragen. Allfällig neue Aufgabenzuteilungen lassen sich nur nach differenzierter Klärung der Aufgabenstellungen erreichen. Das Ziel besteht darin, dass die einzelnen Partner in ihren Kernbereichen effizienter und wirkungsvoller zu Gunsten der Kulturförderung auftreten und dass Lücken gefüllt werden können. Pro Helvetia ist bestrebt, in enger Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen auf Bundesebene Lösungen zu verwirklichen, die einen noch gezielteren Einsatz der vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen im Kulturbereich ermöglichen. Dabei ist sie auch bereit, eine Neuzuteilung von Aufgaben an die geeignetste Stelle mitzutragen.

Zusammenarbeit mit anderen Institutionen der Kultur

Laut bestehender gesetzlicher Grundlage hat die Stiftung «ihre Aufgaben in Zusammenarbeit mit den bestehenden kulturellen Institutionen und Vereinigungen» zu lösen und deren Tätigkeit zu koordinieren. Sie tut dies als Gast mit beratender Stimme in den Konferenzen der kantonalen und städtischen Kulturbeauftragten, als Mitglied der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft kultureller Stiftungen (SAKS), in Zusammenarbeit mit dem Fünferclub (Schweizerischer Tonkünstlerverein, GSMBA, Verband schweiz. Filmgestalterinnen und Filmgestalter, Schweizerischer Schriftstellerinnen- und Schriftstellerverband, Schweizer Autorinnen und Autoren Gruppe Olten) und durch punktuelle Kontakte und Kooperationen mit zahlreichen weiteren Institutionen der öffentlichen und privaten Kulturszene. Pro Helvetia ist daran, mit «culturelinks.ch» auf Internet die gegenseitige Information, Koordination und Kooperation zu stärken.

Verständigung und Austausch im Inland

Lange vor dem neuen Artikel 116 BV aus dem Jahre 1996, in welchem Bund und Kantone den Auftrag erhalten haben, die Verständigung und den Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften zu fördern, hat Pro Helvetia diese Aufgabe als Querschnittsaufgabe aller ihrer Abteilungen und Dienste wahrgenommen. Mit der systematischen Unterstützung von Übersetzungsarbeit, mit der Vergabe von Kompositionsaufträgen und damit verbundenen, sprachregionenübergreifenden Kooperationen, mit Wanderausstellungen, Tagungen und Seminarien, mit Filmvorführungen und mit der Unterstützung von Publikationen, kulturellen Animationsprojekten und Begegnungsanlässen wurde der Brückenschlag zwischen den Sprachregionen konsequent unterstützt. Mit all diesen Massnahmen wurde eine nachhaltige Wirkung und Sensibilisierung erzielt.

Die Stiftung hat somit ein beachtliches Wissen in dieser Domäne und ist bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, falls ihr die dazu notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dabei setzt sie auf folgende Instrumente:

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Austausch von Kulturprojekten unter den Sprachregionen;

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Vergabe von Werkbeiträgen und Aufträgen, mit dem Ziel, Kooperationen zwischen Kunstschaffenden (z. B. Komponisten/ Komponistinnen eines Landesteils und Ensembles eines andern) zu initiieren;

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Vermittlung von Informationen und Kontakten zwischen Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden der verschiedenen Landesregionen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass nicht nur die vier Landessprachen berücksichtigt werden. In der vielsprachigen modernen Schweiz hängt die nationale Verständigung auch davon ab, wie die Angehörigen nichtschweizerischer Sprachen und Kulturen integriert werden. Pro Helvetia versteht die Aufgabe des Einbezugs anderer Ethnien in das kulturelle Leben unseres Landes als eine besondere Herausforderung.

Gemäss Bundesgesetz hat Pro Helvetia den Austausch zwischen den Sprachgebieten und den «Kulturkreisen» zu fördern. Als solche Kulturkreise sollen auch die verschiedenen Regionen innerhalb des gleichen Sprachgebietes verstanden werden. Neben dem interregionalen Austausch hat die intraregionale Kontaktpflege und Vermittlungsarbeit heute einen besondere Stellenwert, wenn es darum geht, Polaritäten auch innerhalb von Sprachgebieten zu überwinden.

Im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines Verständigungsgesetzes hat Pro Helvetia dem Bundesamt für Kultur eine ausführliche Zusammenstellung ihrer bisherigen Arbeit im Verständigungsbereich unterbreitet. Die Stiftung ist gut vorbereitet, um die in Teil II dieses Berichtes von den verschiedenen Abteilungen vorgeschlagenen Massnahmen zur Stärkung des nationalen Zusammenhaltes (cohésion nationale) zu verwirklichen.

Auslandarbeit: 1. Kooperation mit andern Bundesstellen

Zur kulturellen Auslandarbeit hat Pro Helvetia 1997 ein Konzeptpapier in 33 Punkten verabschiedet, in dem Grundsätze, Ziele, Kriterien und Vorgehensweisen zusammengefasst sind. 1998 hat sie zusammen mit dem BAK und der Sektion Kultur des EDA («Tripartite») in einem Strategiepapier die Bedeutung der Kultur für den internationalen Austausch und interkulturellen Dialog dargelegt und unterstrichen.

Die Auslandarbeit erfolgt in Zusammenarbeit und Koordination mit den zuständigen Stellen des EDA und vor Ort mit den schweizerischen diplomatischen Vertretungen.

Das bestehende Netz von Aussenstellen der Stiftung präsentiert sich wie folgt: Kulturzentren in Paris und Mailand, Antennen in Kairo und Kapstadt und ­ im Auftrag der DEZA/AZO bis Ende 1999 ­ in Krakau, Prag, Bratislava und Budapest. Für die Jahre 1999­2001 beabsichtigt das EDA (DEZA/AZO), Pro Helvetia einen neuen Leistungsauftrag für kulturelle Arbeit in der GUS und in Südosteuropa (Ukraine, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Mazedonien) zu erteilen.

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2. Flexibilität

Die auslandsbezogene Arbeit von Pro Helvetia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Die Neuerungen zeigen sich in zweifacher Weise: ­

geographisch, indem die starke Konzentration auf die unmittelbaren Nachbarländer der Schweiz gelockert wurde,

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inhaltlich und formal durch eine Umlagerung von Präsentationsobjekten zu dialogischen Austauschprojekten.

Pro Helvetia erachtet es als notwendig, ihre Tätigkeit im Ausland weiter auszubauen und ist dafür gut vorbereitet. Für ihre kulturelle Auslandarbeit folgt sie den Zielen, die gemeinsam mit der Kultursektion des EDA und mit dem BAK formuliert worden sind. Erstens soll den Kulturschaffenden die Möglichkeit gegeben werden, die Kreativität, Originalität und kulturelle Vielfalt unseres Landes zu zeigen und sich im internationalen Kulturleben zu messen. Zweitens ist der interkulturelle Dialog zu fördern in der Absicht, die gegenseitige Verständigung zu stärken.

Ein wichtiger Grundsatz für den Einsatz von Pro Helvetia im Ausland ist die Flexibilität. Es sollen möglichst wenig Kulturgelder in feste kostspielige Infrastrukturen fliessen, um möglichst viel Mittel für konkrete Projekte freihalten zu können. In der vorliegenden Eingabe wurde deshalb darauf verzichtet, Vorschläge für neue Vor -Ort-Präsenzen zu erarbeiten. Es sollen vorerst die bisherigen Auslandstellen weitergeführt werden, wobei allerdings neu die bis Ende 1999 mit einem Leistungsauftrag der DEZA/AZO finanzierten Antennen in Mittelosteuropa von Pro Helvetia zu übernehmen sein werden. Weiter ausgebaut werden die Gastdozenturen, die eine geeignete Form für eine nachhaltige, effektive und effiziente Präsenz im Ausland und den Kulturdialog darstellen (vgl. 6.2.4 Universitärer Austausch).

Subsidiarität als Prinzip

Pro Helvetia arbeitet subsidiär. Sie beachtet die Aufgaben der Gemeinden, Regionen und Kantone und konzentriert sich auf kulturelle Vorhaben überregionaler und interkantonaler Dimension. Sie ergreift auch selbständig Initiativen, wo die mit Kulturförderung beauftragten Gremien in Gemeinden und Kantonen nicht tätig sein können (z.B. im gesamtschweizerischen Zusammenhang oder in der Auslandtätigkeit).

Als Grundsatz ist die Subsidiarität über die politischen Einheiten (Gemeinden, Kantone, Bund) hinaus wirksam und bestimmt auch die Zusammenarbeit mit privaten Institutionen.

Eigeninitiativen

In der Botschaft von 1938 und auch im Bundesgesetz von 1965 ist Pro Helvetia als handlungsfähiges Instrument zur aktiven Stärkung der schweizerischen Identität und zur Förderung des Austausches im Inland und mit dem Ausland angelegt. Diese ihr zugedachte Rolle nimmt die Stiftung seit ihrem Bestehen unter anderem durch Eigeninitiativen wahr, und zwar vor allem dort, wo keine andern privaten oder staatlichen Institutionen tätig sind.

Pro Helvetia entwickelt auf verschiedenen Ebenen Eigenaktivitäten: ­

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Direktaufträge an herausragende Kunstschaffende in Form von Werk- oder Kompositionsaufträgen;

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spartenspezifische und spartenübergreifende Informationsarbeit im Dienste des Schweizer Kunstschaffens, wie die Publikationen der Stiftung zu Themen der Schweizer Kultur oder die Reihe «Cahiers d'artistes», welche junge Schweizer Künstlerinnen und Künstler im Ausland vorstellt;

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eigene Kulturprojekte, welche in den meisten Fällen Austauschprojekte in allen Kunstsparten über die Sprachregionen im Inland oder mit dem Ausland sind;

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die Pro-Helvetia-Initiative Kulturmobil als Dienstleistungsund Animationsangebot für interessierte Gruppen.

Darüber hinaus entwickelt sich die Stiftung immer mehr zu einem Kompetenzzentrum, welches bei gesamtschweizerischen Kulturprojekten beratend und vernetzend aktiv ist. Nur dank dieser Eigendynamik und aktiver Kooperationsbereitschaft gelingt es Pro Helvetia, sich als treibende Kraft im Kulturleben zu behaupten und die ihr zugeteilten Aufgaben zu erfüllen.

Finanzielles

Im Laufe der 90er-Jahre haben Gemeinden, Kantone und der Bund verschiedene Sparanstrengungen unternommen, um die durch die Rezession entstandenen Defizite der öffentlichen Hand zu vermindern.

Diese Massnahmen haben auch den Kulturbereich betroffen. Gleichzeitig veränderte sich die private Kulturförderung, da von finanzstarken privaten Institutionen vermehrt eigene Sonderprogramme der Unterstützung fremder Projekte vorgezogen wurden. Diese Entwicklung verstärkte den Druck auf Pro Helvetia. Allein innert sieben Jahren stieg die Zahl der jährlichen Gesuche an die Stiftung von 2000 im Jahre 1991 um rund 60% auf 3166 im Jahr 1997. Deshalb sieht sich der Stiftungsrat immer häufiger gezwungen, auch qualifizierte Gesuche abzulehnen, was sich auf das Kulturleben im ganzen Land negativ auswirkt. So konnte beispielsweise die grosse und viel beachtete Ausstellung «Hodler und Mondrian» (Aargauer Kunsthaus Aarau, 1998) aus finanziellen Gründen in keinem ausländischen Museum gezeigt werden. Ebenso konnte wegen fehlender Mittel das Festspiel Basel 1798­1998 von Gruntz/Kutter/Hollmann nicht aufgeführt werden.

In der vorgängig erwähnten Zeitspanne kam das Parlament auf Kreditbeschlüsse zurück und reduzierte die Beiträge an Pro Helvetia. Statt der 1991 vom Parlament beschlossenen 130 Millionen für die Periode 7847

1992­1995 wurden schliesslich 105 Millionen zur Verfügung gestellt, statt der 118,3 Millionen für 1996­1999 werden voraussichtlich höchstens 116,18 Millionen überwiesen. Neben der steigenden Zahl von Gesuchen und trotz stagnierender Finanzmittel musste die Stiftung in den letzten Jahren neue Aufgaben übernehmen, so die Verwaltung der Kulturgelder aus dem Ostkredit des Bundes, die Antenne in Genf und das Centro Culturale Svizzero in Milano.

Die Mittel, die für die einzelnen Sparten eingesetzt werden, verteilen sich wie folgt auf diese (Basis Budget 1998):

Erfüllung des gesetzlichen Auftrages zunehmend in Frage gestellt

Mit ihrer breit angelegten Tätigkeit erfüllt Pro Helvetia einen gesetzlich verankerten Auftrag. Es wird allgemein anerkannt, dass sie mit ihren verhältnismässig bescheidenen Mitteln diesen Auftrag angemessen erfüllt. Durch die fehlenden finanziellen Ressourcen wird die Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe jedoch zunehmend in Frage gestellt, insbesondere wenn qualifizierte Gesuche abgelehnt werden müssen oder wenn regionen- und kantonsübergreifende Aktivitäten nicht unterstützt werden können. Eine Anpassung der Beiträge drängt sich auf, um Pro Helvetia eine korrekte Erfüllung ihres Auftrags zu ermöglichen.

Überprüfung der Stiftungsstrukturen

In verschiedenen Etappen und teilweise mit externer Beratung hat Pro Helvetia in den letzten Jahren ihre Grundlagen erneuert (Wegleitung für Gesuchstellende, Leitbild, Umrisspapier in 33 Punkten zur Auslandarbeit von Pro Helvetia, Richtlinien für die Informationsarbeit u.a.m.) und damit die Effizienz ihrer Arbeitsweise gesteigert. 1997 wurde mit einer Revision der Geschäftsordnung eine neue Kompetenzordnung bei der Gesuchsbehandlung beschlossen. Das Sekretariat und die einzelnen Arbeitsgruppen des Stiftungsrates haben mehr Kompetenzen bekommen; letztere entscheiden nun über Beiträge bis zu 100 000 Franken selbstständig. Zusammen mit weiteren organisatorischen Massnahmen wurden die Abläufe bei der Behandlung der Gesuche verschlankt und beschleunigt.

Trotz der vorgenommenen Verbesserungen wird manchmal kritisiert, der Apparat sei zu schwerfällig, die Entscheidungsfindung zu langsam und die Arbeitsweise zu bürokratisch. Deshalb soll eine grundlegende Überprüfung der Stiftungsstrukturen in die Wege geleitet werden.

Umfassende Abklärungen sollen die folgenden Bereiche betreffen:

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Aufgabe und Stellung der Stiftung in einer gesamtschweizerischen Politik der Kulturförderung,

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Zusammenarbeit von Pro Helvetia mit anderen Institutionen,

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Grösse und Aufgaben des Stiftungsrates,

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Kompetenzen des Leitenden Ausschusses, der Arbeitsgruppen des Stiftungsrates, der Direktion und der Abteilungen des Sekretariates,

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Organisationsstruktur auf operationeller Ebene,

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Finanzierung der Stiftung,

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Aufsicht und Controlling, Qualitätsmanagement.

Noch im Laufe von 1998 wird die Projektorganisation eingesetzt, welche mit einer gemischten Arbeitsgruppe aus Exponenten des Stiftungsrates, des Sekretariates, der mit Kulturfragen befassten Bundesstellen und evtl. Aussenstehender zusammenarbeitet. Erste Ergebnisse und eine Stellungnahme des Stiftungsrates werden bis Ende 1999 vorliegen. In Absprache mit dem EDI wird danach das weitere Vorgehen festgelegt.

Der Name «Pro Helvetia»

Zur Diskussion gestellt wurde in den letzten Jahren auch der Stiftungsname Pro Helvetia: Einerseits besteht die Bezeichnung seit der Gründung der Stiftung im Jahre 1939 und ist im Inland und im nahen Ausland gut bekannt; auch eignet sich die neutrale lateinische Bezeichnung in der mehrsprachigen Schweiz. Andererseits ist die Corporate Identity durch Verwechslungen mit Pro Patria gefährdet; ein direkter Bezug zur Kultur ist in «Pro Helvetia» nicht enthalten, und im entfernteren Ausland, das für Pro Helvetia an Bedeutung gewinnt, kann mit Pro Helvetia kaum operiert werden. Die Bezeichnung Schweizer Kulturstiftung/Fondation suisse pour la culture/Fondazione svizzera per la cultura/Fundaziun svizra per la cultura/Arts Council of Switzerland leistet dort, in die jeweiligen Landessprachen übersetzt, bessere Dienste. Eine Namensänderung will jedoch gut überlegt sein und soll im Rahmen der geplanten Reformen sorgfältig erörtert werden.

Kulturförderung in einem sich rasch wandelnden Umfeld Wir leben heute in einer Zeit der sozialen Verunsicherung auf der einen Seite, und der ungestümen, Grenzen überschreitenden wirtschaftlichen Konzentration und eines sich abzeichnenden erneuten Wachstums auf der andern Seite. Das in sich zusammengebrochene Spannungsverhältnis zwischen den beiden grossen ökonomischen Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts hat im vergangenen Jahrzehnt eine geradezu euphorische wirtschaftliche Aktivität ausgelöst, welche sich weitgehend über die Grenzen der Nationalstaaten hinwegsetzt und wenig Rücksicht auf soziale Folgen und gewachsene kulturelle Strukturen nimmt.

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Die europäischen Nationalstaaten sehen sich in einer Situation, welche ihren Handlungsspielraum immer deutlicher einschränkt: auf der einen Seite wollen sie die wirtschaftliche Entwicklung nicht behindern, und auf der andern Seite beschert ihnen diese fast unlösbare soziale Probleme. Derweil ökonomische Überlegungen längst nicht mehr an den Staatsgrenzen Halt machen, ist der Staat nach wie vor an diese gebunden.

Trotzdem ­ oder vielleicht gerade deshalb ­ wächst die Erkenntnis, dass die grossen anstehenden Probleme, mit denen wir uns am Ende des 20. Jahrhunderts konfrontiert sehen, nur durch einen radikalen Ausbau der internationalen Zusammenarbeit lösbar sind. Auch in unserem Land ist diesbezüglich in den letzten Jahren eine zunehmende Einsicht spürbar, nachdem wir uns Jahrzehnte lang ­ in besonderem Masse während des Zweiten Weltkrieges und seither ­ als «Sonderfall» betrachtet haben. Zur allgemeinen politischen und sozialen Verunsicherung, angesichts der globalen wirtschaftlichen Entwicklung und der anhaltenden Migration, haben die jüngsten Ereignisse im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg das ihrige beigetragen.

Wachsende Bedeutung von Kultur als gesellschaftspolitischer Faktor

Die forcierte Promotion eines Kommunikationsnetzes, das uns suggeriert, jederzeit jede Information abrufen zu können, garantiert allein weder das Verständnis einer immer komplexeren Welt noch die Reflexion des eigenen Standpunkts in der Differenz zum anderen und damit Toleranz und Achtung fremder Denkweisen und Mentalitäten.

Die rasche Entwicklung der weltweiten Kommunikationsmöglichkeiten birgt neben den auf der Hand liegenden Chancen die Gefahr, dass das Medium auch im zwischenmenschlichen Bereich die Botschaft ersetzt.

Die Wahrnehmung der eigenen Person und ihrer Einbettung in einem gemeinschaftlichen, nationalen und internationalen, aber auch geistigen Rahmen, die Begegnung, die Toleranz und der gegenseitige Respekt sind Prozesse, in denen die Kultur in ihren vielfältigen Erscheinungsformen stets eine tragende, wenn nicht entscheidende Rolle gespielt hat. Wenn sich auch jede Epoche der Neuzeit als Periode nie dagewesener Umbrüche gesehen hat, so kommt gerade in einer Zeit atemberaubenden technologischen und ökonomischen Wandels dem kulturellen Schaffen und seiner Förderung grosse Bedeutung zu.

Von der Politik ­ auch in unserem Land ­ wird denn in jüngster Zeit das Potential der Kultur als identitätsstiftende und imagebildende Kraft zunehmend erkannt. Anfang April 1998 hat die Unesco in Stockholm einen Aktionsplan als Empfehlung an ihre Mitgliedstaaten verabschiedet, in welchem sie der Kulturpolitik eine Schlüsselposition für künftige Entwicklungsstrategien einräumt. Der Aktionsplan enthält folgende hauptsächliche Zielvorgaben:

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1.

Kulturpolitik zu einem der Schlüsselelemente einer Entwicklungsstrategie zu gestalten,

2.

die Kreativität und die Teilnahme am kulturellen Leben zu fördern,

Erosion des Selbstverständnisses ­ Unbehagen über die Isolation

3.

Politikplanung und -praxis im Sinne verstärkter Massnahmen für die Wahrung und Aufwertung des materiellen und immateriellen sowie des beweglichen und unbeweglichen Kulturerbes zu gestalten und Kulturindustrien zu fördern,

4.

die kulturelle und sprachliche Vielfalt in und für die Informationsgesellschaft zu fördern,

5.

mehr personelle Kapazitäten und finanzielle Mittel für die kulturelle Entwicklung verfügbar zu machen.

Seit einigen Jahren wird in der Schweiz eine mentale Krise beschworen, deren Überwindung noch nicht absehbar ist. Das Land widersetzte sich lange den Entwicklungen in Europa und gelangte damit in eine Sackgasse, deren Verlassen den eigenen Stolz und das Selbstvertrauen zu bedrohen scheint. In eben dieser Situation belastet die ­ von «aussen» initiierte ­ Aufarbeitung der Rolle der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs das kollektive Bewusstsein in unserem Land zusätzlich.

In der politischen Diskussion kommt ­ neben den grossen ökonomischen und sozialen Fragen ­ damit zwei Problemfeldern ein besonderer Stellenwert zu: ­

der fortschreitenden Erosion unseres kollektiven und nationalen Selbstverständnisses und

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dem zunehmenden Unbehagen über eine Isolation unseres Landes inmitten politischer und wirtschaftlicher Einigungsprozesse.

Beide Probleme sind miteinander verknüpft: Ohne einen Grundkonsens nationalen Selbstverständnisses wird eine Überwindung der Isolation kaum möglich sein, anderseits ist der Schwundprozess nationaler Identität durch die Einigungsschritte des europäischen Umfeldes zwar nicht initiiert, aber doch nicht unwesentlich beschleunigt worden (Antagonismus zwischen EU-Befürworterinnen und EU-Gegnern/ Skeptikern).

Staatstragende Maximen stehen zur Diskussion

Die Umwälzungen weltpolitischer und weltwirtschaftlicher Art zwangen auch unser Land zu einer Infragestellung und Neubewertung identitätsbildender, da als spezifisch schweizerisch wahrgenommener Werte.

Den «Sonderfall Schweiz» gibt es schon seit längerer Zeit nicht mehr; das Land hat den vermeintlichen Vorbildcharakter verloren, nicht nur was seine Geschichte, sondern auch was seine kulturellen Errungenschaften (Mehrsprachigkeit, Bildungssystem, direkte Demokratie, humanitäre Tradition) betrifft. Die weltwirtschaftliche Rezession brachte einen Verlust an Überlegenheit auch in traditionellen wirtschaftlichen Feldern (Tourismus, Finanzplatz, industrielle Technologie). Unser Land sah sich vor einer Umkehrung der gewohnten Perspektive: Nicht mehr, was das Ausland von uns, sondern was wir vom Ausland lernen könnten, wird mehr und mehr zur Frage.

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Durch die genannten äusseren Entwicklungen und durch kritische Stimmen im Land wurden bislang staatstragende Maximen wenn nicht zur Disposition, so doch zur Diskussion gestellt. Einige Stichworte müssen hier genügen: Immerwährende Neutralität (Ende der OstWest-Auseinandersetzung, Neutralitätsdebatte in Österreich und Schweden), Armee (weltweiter Abbau der Rüstungsaufwendungen, Armeeabschaffungsinitiative), direkte Demokratie (retardierendes Element in einer Zeit schnellen internationalen Wandels, Mutlosigkeit durch populistische Referendumsdrohungen), Konkordanzdemokratie und Regierungsproporz.

Durch die Globalisierung im wirtschaftlichen wie im kommunikations-technologischen Bereich und durch das Voranschreiten sowohl der Einigung innerhalb der EU wie auch der Beitritts- und Erweiterungsverhandlungen hat sich die Insellage unseres Kleinstaates in einem Ausmass akzentuiert, das in breiten Kreisen der Bevölkerung, vor allem der jüngeren Generation, Verunsicherung hervorruft, besonders dort, wo Entwicklungsmöglichkeiten und Chancengleichheit in Wirtschaft, Handel, Forschung und Bildung durch das Abseitsstehen unseres Landes beschnitten werden.

Kultur als Impulsgeberin für die gesellschaftliche Entwicklung

Die Künste sind Forschung im Dienste der Gemeinschaft

Die Kultur, insbesondere aber die Künste bringen sowohl innerhalb des Landes als auch im internationalen Austausch einen Dialog in Gang, der nicht zu unterschätzende Impulse für die gesellschaftliche Entwicklung liefert.

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Kunst folgt einem dialogischen Prinzip, das den eigenen Standpunkt im Wechselspiel mit einem Gegenüber stets voraussetzt, ihn jedoch weder verabsolutiert noch ein für allemal festschreibt.

­

Kunst lebt von der Begegnung und vom Austausch, mit dem Publikum, mit fremden Kulturen, mit anderen, auch konträren Weltsichten.

­

Die Künste sind Forschung im Dienste der Gemeinschaft.

Nicht alles, was dabei entsteht, ist ­ so wenig wie in anderen Forschungsgebieten ­ auf Anhieb verständlich. Die Kulturgeschichte zeigt, wie viele Phänomene früherer Kulturen bis heute unverständlich bleiben, und doch stellen sie einen weiterführenden Beitrag dar. Künstlerinnen und Künstler reagieren sensibel, wie Sensoren auf die Zustände der Zeit, auf den Zeitgeist; manchmal zeigen sie zukunftsgerichtete Lösungsansätze auf.

Kultur entwickelt das kollektive Bewusstsein und fördert die Verständigung über die Sprachregionen und die sozialen Gruppen hinweg.

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Die heute dominierenden Wertesysteme sind stark geprägt von materiellem Denken. Wirtschaftlichkeit, Kosten-Nutzen-Rechnung, Umwegrentabilität, Wachstumsrate sind Begriffe, welche heute auf jeden Lebensbereich ­ bis hin zum Umweltschutz oder zum Kulturbetrieb ­ angewendet werden. In einem solchen Umfeld spielt die Kultur als Quelle der geistigen Erneuerung, der Innovation, des Disputes eine für 7852

die Gesellschaft lebenswichtige Rolle, welche ihr neuerdings in vermehrtem Masse auch zuerkannt wird: Unternehmen holen sich heute Kunstschaffende an ihre internen Weiterbildungsveranstaltungen, um ihre Kader mit neuen Denkweisen vertraut zu machen. Kunst ist heute nicht mehr eine Quantité négligeable für eine «schöngeistige Elite», als was sie lange Zeit qualifiziert wurde.

Kultur als Wirtschaftsfaktor: ein Impulsprogramm

Auch wenn Kultur nicht in monetären Grössen gemessen und auf ökonomischen Nutzen reduziert werden kann, so ist sie als Wirtschaftsfaktor durchaus nicht zu unterschätzen. Eine aktuelle Erhebung über deren volkswirtschaftlichen Stellenwert ist derzeit in Arbeit.

Doch schon eine Zusammenstellung aus dem Jahre 1994 (Volkswirtschaft 5/94) auf der Basis der Ergebnisse der Volkszählung von 1990 zeigt, dass bis 2% der erwerbstätigen Bevölkerung als eigentliche Kulturschaffende bezeichnet werden können und dass 1% aller Betriebe Kulturbetriebe im engeren Sinn sind. Zu berücksichtigen sind aber noch weitere Wirtschaftszweige, die dem eigentlichen Kulturbereich vor- bzw. nachgelagert sind (Produktion von und Handel mit kulturellen Gütern). Zieht man diese mit ein, beträgt der Betriebsanteil 5,2% und der Beschäftigungsanteil 2,5% (Zahlen von 1990). In den Neunzigerjahren hat sich der Kulturbereich als Wachstumsbranche mit relativ starker Dynamik erwiesen, sodass heute noch höhere Werte angenommen werden dürfen.

Um die volkswirtschaftliche Bedeutung des Kulturbereiches abschätzen zu können, sind aber auch die so genannten induzierten finanziellen Auswirkungen zu berücksichtigen, die durch den Kulturbetrieb ausgelöst werden, ohne dass die «Kulturproduzenten» unmittelbar beteiligt sind. So verdienen Unternehmungen durch die Lieferung von Produkten, Materialien, Dienstleistungen für kulturelle Aktivitäten; Besucher von Kulturveranstaltungen benützen Verkehrsmittel, tätigen gezielt Einkäufe, besuchen Restaurants, übernachten in Hotels.

Genauer als diese induzierten finanziellen Beziehungen, die nur geschätzt werden können, sind die eigentlichen Umwegrentabilitäten von Kulturinstituten zu berechnen. Dabei werden die Geldkreisläufe zwischen Kulturinstituten einerseits und den öffentlichen Geldgebern, der Wirtschaft und den Privaten anderseits analysiert. Ausgelöst werden diese Geldkreisläufe zum grössten Teil durch die Kulturförderung der öffentlichen Hand. Der Staat gibt nicht nur Geld aus, sondern bekommt auch Geld zurück, über Billettsteuern, Steuern der Kulturschaffenden, Steuern der Wirtschaft auf Einnahmen und Gewinne aus Aufträgen von Kulturinstitutionen.

Von einem staatlichen Beitragsfranken fliessen gemäss Untersuchungen (cf. Volkswirtschaft 5/94) direkt oder indirekt zwischen 29 und 38 Rappen an den Staat zurück. Der öffentliche Beitrag von einem Franken an die Kulturinstitute bewirkt in der Privatwirtschaft ein Umsatzvolumen von 1.50 bis 2.90 Franken.

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Die Ansätze von Pro Helvetia Neben der direkten Förderung künstlerischen Schaffens durch Werkbeiträge legt Pro Helvetia das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf die Trias Begegnung ­ Austausch ­ Vermittlung. Ihr kommt, gerade im Hinblick auf die oben angesprochenen Problemfelder «Identitätskrise» und «Isolation», besondere Bedeutung zu. Alle drei Tätigkeitsformen beziehen sich sowohl auf die Inland- wie auf die Auslandaktivitäten der Stiftung.

Beitrag zum gegenseitigen Verstehen und zur Toleranz

Persönliche Begegnungen zwischen den Kunstschaffenden und dem Publikum leisten ­ auch in kontroversen Formen, die keineswegs zum Konsens führen müssen ­ einen entscheidenden Beitrag zum gegenseitigen Verstehen und zur Toleranz gegenüber Denkweisen und Ausdrucksformen, welche nicht die eigenen sind, die aber ihrerseits Anstoss sein können, eigene Positionen zu relativieren und zu überdenken.

In dieser Sicht ist der Kulturaustausch und seine Förderung ein Beitrag zur Humanität, den politische und wirtschaftliche Kontakte alleine und in dieser Form nicht leisten können.

Für eine Kulturenvielfalt im Inland

Angesichts der Verstärkung zentrifugaler Kräfte zwischen den Kulturräumen unseres Landes ist die in jedem Wortsinn vermittelnde Tätigkeit einer gesamtschweizerischen Kulturstiftung wie Pro Helvetia mehr denn je gefordert. Dies nicht so sehr bei der Suche nach einem ­ sichtlich kleiner gewordenen ­ gemeinsamen Schweizer Kulturnenner als im Bekenntnis zur Vielfalt schweizerischer Kulturen, die ­ in ihrer Gesamtheit und jede auf ihre Weise ­ Ausdruck unseres Landes sind.

Gerade der Nivellierung der Kulturenvielfalt zu einem ebenso leicht konsumierbaren wie schnell zu vergessenden Einheitskulturbrei soll entgegengewirkt werden. (Die Resultate eines solchen Trends sind im internationalen Kontext bereits allabendlich in beliebig austauschbaren und weltweit einsetzbaren TV-Fiktionen zu besichtigen.)

Pro Helvetia setzt in der Inlandarbeit in folgenden Bereichen Akzente: ­

Begegnung von Kunstschaffenden aus allen Landesteilen,

­

besondere Förderung sprachregionenübergreifender Projekte,

­

Übersetzungsförderung zwischen den Landessprachen,

­

Beachtung möglichst grosser Kulturvielfalt bei Auftritten im Ausland,

­

Respektierung der vielen und wechselnden Minderheiten.

Die Schweiz muss sich ein Bild jenseits von Klischee-Vorstellungen schaffen, das Bild eines qualitativ hochstehenden, modernen Staatswesens mit einer Vielfalt von Kulturen und Stilen. Dazu trägt die Kulturstiftung Pro Helvetia bei.

Austausch und Kooperation mit dem Ausland

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Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags obliegt der Pro Helvetia die Pflege der kulturellen Beziehungen mit dem Ausland. Dabei misst die Stiftung dem Austausch grosse Bedeutung bei. Die Schweiz lebt vom Austausch mit dem Ausland. In regelmässigen Abständen ist es not-

wendig, grössere Aktionen zu unternehmen, die sich jedoch nie mit den Anstrengungen etwa Frankreichs werden messen können. Dass z. B. die Schweiz an die Frankfurter Buchmesse 1998 eingeladen wurde, ist ein Ereignis, wovon das Land in verschiedener Hinsicht profitiert.

Der Dialog zwischen Menschen verschiedener Kulturen impliziert eine adäquate Einschätzung seiner selbst (Problemfeld: Identitätskrise) und eine Anteilnahme an der Situation anderer (Problemfeld: Isolation). Kunstschaffende haben seit je eine Vorreiterrolle im internationalen Kontakt gespielt und zu einem differenzierten und vielschichtigen Bild unseres Landes beigetragen. Die gegenwärtige Lage und die Umsetzung des Bekenntnisses zur aktiven Teilnahme der Schweiz an der Welt erfordern es, dass die internationale Kulturarbeit ausgedehnt und verstärkt wird. Dabei soll die Eigenheit und die Vielfalt der Schweizer Kultur zum Ausdruck gebracht werden.

Für die Kunstschaffenden ist Begegnung und Austausch zum Erhalt und zur Entwicklung ihrer Kreativität lebensnotwendig. Die grossen und bleibenden Ideen und Innovationen in andern Bereichen ­ sei es auf dem Gebiet der Rechts- und Staatswissenschaften oder der Naturwissenschaften und der Technik ­ sind stets im Austausch mit der Welt entstanden.

Die schweizerische Tradition der Offenheit bedarf der aktiven Förderung

Die kulturelle Aktivität der Schweiz und der Stiftung Pro Helvetia darf sich nicht zu sehr in kleinräumigem Denken verlieren. Die schweizerische Tradition der Offenheit gegen aussen, die Dynamik, Zugänglichkeit und Stärke, die sie aus ihrer plurikulturellen Beschaffenheit gewinnen kann, bedarf der aktiven Förderung. Von da her drängt sich eine Neuorientierung auf: nicht mehr nur da investieren und weiterbauen, wo der Horizont bislang bereits hinreichte und wo man schon präsent war, sich nicht nur an bereits ausgetretene, dafür bekannte und angstfrei begehbare Pfade halten, sondern bisher noch nicht wahrgenommene Wege gehen, wie es auf wirtschaftlichem und wissenschaftlichem Gebiet bereits seit längerem praktiziert wird.

Gerade in einem kleinflächigen Land, dessen Bevölkerung unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Gruppen angehört, die zudem in ihren Regionen manches mit den angrenzenden Ländern gemein haben, stellen sich vielschichtige Fragen kulturellen Austausches und kultureller Identität. Unter diesen Umständen ist es zur Stärkung der eigenen Identität unerlässlich, den Horizont zu weiten, das Verbindende mit dem «Aus-Land» zu festigen und sich des Trennenden bewusst zu werden.

Die Auseinandersetzung mit dem Fremden ­ das uns immer nur zu einem Teil fremd ist und stets auch Verbindendes enthält, und nicht nur mit den benachbarten Kulturen, mit denen wir sprachlich verbunden sind ­ ist seit langem der Humus unserer eigenen kulturellen Entfaltung. Kultureller Austausch kann die eigene, schweizerische Identität nicht gefährden, sondern nur stärken: denn Austausch und Diversität gehören zu ihren konstitutiven Elementen.

7855

Durch die bisherige Arbeit und Förderungspraxis von Pro Helvetia haben sich folgende Konstanten der Austauschtätigkeit mit dem Ausland herausgebildet: ­

Das Abrücken von vereinzelten Ad-hoc-Aktivitäten zu Gunsten des Aufbaus eines Beziehungsnetzes, das auch längerfristig und unter schwierigen Umständen eine Weiterführung der Tätigkeiten ermöglichen soll;

­

ein wechselseitiger Kulturaustausch, der auf aktiver Kooperation zwischen Partnern beruht und damit den traditionellen Aspekt der reinen Präsentation des Kunst- und Kulturschaffens relativiert;

­

die Zusammenarbeit mit lokal verankerten Partnerinnen und Partnern und Kulturstellen im Ausland, die ­ wenn immer möglich ­ die beteiligten Künstler/innen direkt einbeziehen soll.

Und was tut Pro Helvetia?

Beispiele von geförderten Projekten und von Eigeninitiativen der Stiftung Pro Helvetia war wesentlich an der Realisierung der Ausstellung Swiss, made. Die Schweiz im Austausch mit der Welt beteiligt. Die Ausstellung wird auch als CD-ROM-Version über die Schweizer Botschaften in verschiedenen Ländern zu sehen sein.

Alp-chehr, Heinz Holligers Auseinandersetzung mit der Sagenwelt des Oberwallis und dessen Volksmusikinstrumentarium, wurde zusammen mit einheimischen Sprechern erfolgreich in der Berliner Philharmonie und in Mexiko gezeigt.

Pro Helvetia publiziert die Zeitschrift Passagen mit dem Ziel, Personen, die sich für die kulturelle Schweiz interessieren, schwerpunktmässig über die Schweiz zu informieren. Passagen wird in einer deutschen, einer französischen und in einer englischen Ausgabe herausgegeben.

1997 hat Pro Helvetia aus aktuellem Anlass in den USA das Projekt Switzerland and World War II lanciert, in dessen Rahmen eine Filmreihe mit 12 Schweizer Produktionen aus den Jahren 1946 bis 1997 ­ begleitet von Historikern, Filmemacherinnen und Filmemachern ­ in Boston, Chicago, Houston, Los Angeles, New York und Washington gezeigt und kommentiert wurde.

Pro Helvetia unterstützt in Kooperation mit dem Goethe-Institut München regelmässig Kurse für Lehrpersonal von Universitäten und Gymnasien aussereuropäischer Länder. Im Rahmen dieser Kurse finden einwöchige Workshops in der Schweiz statt, in denen landeskundliche Information über die Schweiz vermittelt wird.

Pro Helvetia ermöglichte die Drucklegung der von Georg Kreis herausgegebenen Publikation Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg in engli7856

scher Sprache im renommierten Verlag Frank Cass. Damit wird gewährleistet, dass das Buch auf den amerikanischen Markt gelangt.

Das neue Liaison Office von Pro Helvetia in Südafrika wurde mit einer Tanzproduktion eröffnet, die aus der Zusammenarbeit zwischen einer Schweizer und einer südafrikanischen Tanzcompagnie (Cie Les Nomades, Vevey, und Jazz Art, Cape Town) entstanden ist.

Pro Helvetia ermöglicht seit mehreren Jahren sechsmonatige «Artist in residence»-Aufenthalte im Künstlerhaus Boswil für Kunstschaffende (bildende Kunst, Fotografie, Literatur) aus dem Süden ­ vor allem aus dem arabischen Raum. Dadurch wird ein längerfristiger, nachhaltiger und lebendiger Austausch zwischen Schweizer Kunstschaffenden und den Gästen gefördert.

Pro Helvetia unterstützt ein Austauschprojekt zwischen albanischen und bosnischen Geigenbauern und -bauerinnen und der Geigenbauschule Brienz BE.

Pro Helvetia unterstützt ein im Herbst `98 in Odense DK stattfindendes Seminar des dänischen Deutschlehrerverbandes zum Thema Die Schweiz im Umbruch.

Seit 1994 initiiert Pro Helvetia langfristige Austausch- und Kooperationsprojekte mit Bosnien, seit 1997 auch mit der Maghreb-Region und dem Nahen Osten.

Pro Helvetia organisiert für die Sparten Tanz und Theater alle zwei Jahre die Rencontres Théâtrales und die Journées de la Danse und schafft damit für in- und ausländische Veranstalter und Veranstalterinnen die Möglichkeit, sich ein Bild des zeitgenössischen Schaffens in diesen Bereichen zu verschaffen.

Unter Volkskultur versteht Pro Helvetia sämtliche Aspekte der alltäglichen Lebensgestaltung in allen Bevölkerungsschichten in Vergangenheit und Gegenwart, neue Ausdrucksformen und Symbolisierungsprozesse, aber auch die Bedeutung der Überlieferung und die Sichtung des kollektiven Gedächtnisses. Die Auseinandersetzung mit dem Andern und Fremden, zu der die Schweizer Bevölkerung immer mehr aufgefordert ist, braucht diese Grundlage.

Kulturmobil ist ein eigenes Angebot von Pro Helvetia, welches gesamtschweizerisch aktiv ist. Animatorinnen und Animatoren begleiten in allen Sprachregionen Gruppen, die sich mit Fragen im kulturellen, sozialen und gesellschaftspolitischen Bereich auseinandersetzen und die zu einem bestimmten Thema zusammen mit andern Menschen im Dorf, im Quartier oder in der Region eine Projektidee umsetzen
möchten. Kulturmobil bietet Hilfe in Form von organisatorischem Know-how, animatorischer Begleitung und technischer Infrastruktur.

Pro Helvetia legt ein besonderes Augenmerk auf die Förderung von Projekten, welche sprachregionenübergreifend angelegt sind. Im Bereich Literatur unterstützt Pro Helvetia nebst Übersetzungen belletristischer oder geisteswissenschaftlicher Werke von einer Landessprache in eine andere Projekte wie new books in German, welches den Zu-

7857

gang von deutschsprachiger Literatur zum englischen und amerikanischen Markt zum Ziele hat.

Pro Helvetia unterstützt mit massgeblichen Beiträgen das über mehrere Jahre hinaus angelegte Progetto Poschiavo. Mittels neuer Kommunikationstechnologien bietet das Projekt Ausbildnerinnen und Ausbildnern im Bereich Kulturvermittlung Weiterbildungsmöglichkeiten über das Internet.

Pro Helvetia unterstützt eine Anthologie zur fremdsprachigen Schweizer Literatur: Küsse und eilige Rosen, Werke von 30 Schriftstellerinnen und Schriftstellern aus Afrika, Asien, Lateinamerika, Osteuropa und aus dem Balkan, welche in die Schweiz migriert sind.

Pro Helvetia unterstützt mit regelmässigen Beiträgen die Organisation Kultur & Entwicklung und ermöglicht dadurch, dass kleinere Veranstaltungen wie Konzerte, Theater- und Tanzaufführungen mit in der Schweiz lebenden Kunstschaffenden aus südlichen Ländern stattfinden können. Diese Veranstaltungen finden vor allem auch in kulturell eher benachteiligten Regionen der Schweiz ­ abseits der Zentren ­ statt.

Durch Beiträge an Festivals wie Afro Pfingsten in Winterthur, Musik der Welt in Basel oder das Festival La Bâtie in Genf unterstützt Pro Helvetia Gastspiele von hervorragenden Musikensembles aus Südländern und fördert dadurch die Auseinandersetzung des Schweizer Publikums mit andern Kulturen.

Mit Beiträgen an die Organisation Erklärung von Bern, welche in verschiedenen Schweizer Städten Lesungen mit Autoren und Autorinnen aus dem Süden veranstaltet, erleichtert Pro Helvetia einem interessierten Publikum den Zugang zu diesen Literaturen.

Pro Helvetia bemüht sich mit verschiedensten Massnahmen und Anregungen um die Vermittlung über die Sprachgrenzen im Inland hinweg: Bei der Vergabe von Kompositionsaufträgen beispielsweise wurde der Genfer Komponist Jean-Claude Schlaepfer eingeladen, für die Camerata Bern ein Stück zu schreiben.

Pro Helvetia unterstützt die Solothurner Literaturtage und legt dabei besonderen Wert darauf, dass literarische Protagonisten aus allen vier Sprachregionen zusammenkommen. Gleichzeitig wird der Dialog mit Schriftstellerinnen und Schriftstellern aus andern Kulturen gefördert.

Pro Helvetia startete 1997 die vorerst auf drei Jahre hinaus geplante Collection Cahiers d'artistes. In den Bereichen Bildende Kunst und Performance/Tanz werden junge Kunstschaffende
auf Grund eines Wettbewerbes mit einer Erstpublikation unterstützt. Die Cahiers d'artistes werden bei in- und ausländischen Galerien, Museen und andern Kulturinstitutionen als Promotionsinstrument für die junge Schweizer Kunstszene eingesetzt.

Die Pro-Helvetia-Antenne Krakau hat in den letzten drei Jahren das Teatr Bücklein als eines ihrer Grossprojekte unterstützt. In der Spielzeit 1998/99 realisiert das Theater Die Totenfresser des Schweizer Autors Niklaus Manuel.

7858

Das Théâtre de Vidy in Lausanne hat sich seit Jahren der Anforderung gestellt, seine Produktionen auch dem europäischen Publikum zugänglich zu machen. Eine der bekanntesten Inszenierungen des renommierten Schweizer Regisseurs Luc Bondy ­ Phèdre von Jean Racine ­ war unter anderem dank Pro Helvetia in allen europäischen Metropolen zu sehen.

Auf Initiative von Pro Helvetia kam das Austauschprojekt Catur Yuga zu Stande. Künstlerinnen und Künstler der Bereiche Musik, Tanz, Bühnen- und Kostümbild aus der Schweiz, Deutschland und Indonesien erarbeiten gemeinsam Produktionen, welche danach in den beteiligten Ländern zu sehen sein werden.

Auf Initiative der Pro-Helvetia-Antenne in Budapest fand im November 1997 eine Tagung mit ungarischen und schweizerischen Referenten zum Thema Die Schweiz, Ungarn und der Zweite Weltkrieg statt.

Ziel der Konferenz war es ­ ausgehend von der Diskussion um die nachrichtenlosen Vermögen ­, sowohl über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg zu informieren als auch eine Plattform zur Verarbeitung der gemeinsamen Geschichte zu bieten.

Pro Helvetia unterstützt im Rahmen ihres EDA-Leistungsauftrages für Osteuropa die tschechische Fotografengruppe Ceske Foto, welche sich zum Ziel gesetzt hat, die Veränderungen in vielen gesellschaftlichen Bereichen der tschechischen Republik zu dokumentieren. Die Gruppe bemüht sich zudem um die Erhaltung und Erschliessung historischer Dokumente und Quellen.

Durch ihre Antennen in Mittelosteuropa unterstützt Pro Helvetia kleinere und grössere Projekte, welche es schwer haben von offizieller Seite des eigenen Landes gefördert zu werden. In der slowakischen Republik beispielsweise unterstützt Pro Helvetia den Filmclubverband ASFK, welcher in 40 Orten künstlerisch anspruchsvolles Kino bietet und die einzige Alternative zum alles beherrschenden HollywoodFilm darstellt.

Diese Reihe von konkreten Beispielen aus dem Tätigkeitsbereich von Pro Helvetia möchte das Spektrum der Aktivitäten der Schweizer Kulturstiftung skizzieren. Eine vollständige Auflistung der geförderten Kunstschaffenden und der unterstützten Projekte und Institutionen sowie der stiftungseigenen Initiativen findet sich jeweils in den alljährlich veröffentlichten Tätigkeitsberichten der Stiftung.

7859

Schwerpunkte und Ziele 2000­2003 Spezifische Gewichtungen und Zielsetzungen für die nächste Finanzperiode sind in den einzelnen nachstehenden Kapiteln angeführt. Aus übergeordneter Sicht ergeben sich folgende Fokussierungen: Schwergewicht 1 Verständigung zwischen Regionen, Sprachen und Kulturen

Verstärkte Förderung von Projekten zur Verständigung und zum Austausch zwischen den Regionen der Schweiz, wobei neben dem Dialog zwischen den Landessprachen auch die Verständigung mit den Angehörigen nichtschweizerischer Sprachen und Kulturen zu vertiefen ist.

­

Stärkung der nationalen Identität und des inneren Zusammenhaltes. Kulturelle Projekte eignen sich in besonderem Masse dazu, den Dialog aufzunehmen, sinnvolle Begegnungen zu veranstalten und die gegenseitige Kenntnis zu vertiefen.

Schwergewicht 2 Kultureller Dialog mit dem Ausland

Gezielter Ausbau des internationalen Kulturaustausches.

­

Kulturschaffenden die Möglichkeit geben, im Ausland die Kreativität, Originalität und Vielfalt unseres Landes zu zeigen.

­

Den interkulturellen, internationalen Dialog fördern, um das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und die Schweiz in den internationalen Kulturdiskurs einzubinden.

­

Den universitären Austausch ausbauen (Gastprofessuren).

Innerhalb obiger Schwerpunktsetzungen soll folgenden Aspekten erhöhte Aufmerksamkeit zukommen: Besondere Berücksichtigung des neuen Kulturschaffens Aktuelles künstlerisches Schaffen

Die künstlerische Innovation ermöglichen und auch jenen Projekten eine Chance geben, die noch nicht auf breite Unterstützung zählen können.

Verstärkte Unterstützung von Projekten, die einer breiten Bevölkerung kulturelle Teilnahme und Eigenaktivität ermöglichen

Kulturelle Teilnahme ermöglichen

Valorisierung und Unterstützung der kulturellen Eigenständigkeit, der bestehenden Vielfalt und der Eigenaktivitäten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

Erhöhte Förderungstätigkeit in Regionen mit eingeschränkter kultureller Infrastruktur

Austausch zwischen urbanen und ländlichen Regionen

7860

Massnahmen zur Intensivierung des Austausches zwischen urbanen und ländlichen Regionen des Landes.

Intensivierung der Kulturvermittlung Kulturvermittlung

Instrumente der Kulturvermittlung gezielt einsetzen, um die Begegnung mit Kultur zu erleichtern.

Akzent: Neue Medien

Neue Medien

Projekte fördern, in denen die neuen Medien innovativ und richtungsweisend eingesetzt werden.

Sowohl die Fokussierung auf die beiden Schwergewichte wie die Akzentsetzungen entsprechen den gesetzlich festgelegten Aufträgen der Stiftung Pro Helvetia: ­

Kulturaustausch im Landesinnern und

­

Pflege der kulturellen Beziehungen mit dem Ausland, mit speziellem Augenmerk auf der innovativen künstlerischen Produktion, auch mit neuen Ausdrucksmitteln,

­

auf der Beteiligung und Eigenaktivität breiter Bevölkerungskreise, also auch auf der Volkskultur, und

­

auf der Kulturvermittlung.

Auf allen diesen Gebieten ist Pro Helvetia natürlich schon bisher intensiv aktiv gewesen. Im nachstehenden Teil der Eingabe wird aufgezeigt, wo sie ihre Förderungstätigkeit mit welchen Massnahmen verstärken und optimieren will.

Planung und Budget 2000­2003 1 Visuelle Künste Die weltweite Vernetzung der Kunstszene, der Künstlerinnen und Künstler ist eine Tatsache. Die Schweiz zeichnete sich schon immer dadurch aus, dass ihre Künstler in den grossen Kunstzentren im Ausland von sich reden machten. Nur ein paar Namen aus der Vergangenheit seien genannt: Johann Heinrich Füssli alias Fuseli und Jacques-Laurent Agasse in London, Arnold Böcklin in München, Le Corbusier und Alberto Giacometti in Paris. Viele Namen von Künstlerinnen und Künstlern, von Architekten aus unserer Zeit könnten dieser Liste angefügt werden. Kunst kennt keine Grenzen, aber auch: Die Schweiz ist zu klein, als dass die Künstler die notwendigen Erfahrungen zu Hause machen könnten.

In diesem Sinn stellt Pro Helvetia ihre internationalen Kontakte den Künstlerinnen und Künstlern, den Ausstellungsmachern, den Museen und ­ unter bestimmten Voraussetzungen ­ den Galerien zur Verfügung.

7861

Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») Die in der Eingabe 1996­1999 angekündigte neue Form der Dokumentationsausstellung zu geisteswissenschaftlichen Themen liess sich nicht so reibungslos realisieren wie geplant. Die technischen und organisatorischen Schwierigkeiten wurden von Pro Helvetia und ihren Partnern unterschätzt. Mit grossem Einsatz gelang es aber, die Idee der ab CD-ROM regenerierbaren Ausstellungen umzusetzen. Zwei Ausstellungen ­ Jean Piaget und Swiss, made. Die Schweiz im Austausch mit der Welt ­ werden derzeit simultan weltweit präsentiert.

Erfolgreiche Cahiers d'artistes

Die Collection Cahiers d'artistes hat grossen Erfolg. Sie bietet jungen Kunstschaffenden eine katalogähnliche Publikation, welche ihnen den Zugang zu nationalen und internationalen Ausstellungen erleichtern soll. Die Reihe wird 1999 nach einer 3-jährigen Pilotphase evaluiert.

Eine Weiterführung zeichnet sich bereits ab.

Abgrenzungen («Was wir warum nicht tun»)

Aufgabenteilung mit dem BAK

Im Bereich der visuellen Künste ist der Bund durch das BAK bereits engagiert. Pro Helvetia unterstützt beispielsweise nicht direkt die Kunstschaffenden, da dieses Feld durch das BAK abgedeckt ist (Kunststipendium).

Die Sektion Kunst und Gestaltung des BAK und die Abteilung Visuelle Künste von Pro Helvetia treffen sich regelmässig zum Gedankenaustausch. Die Aufgabenteilung wird laufend überprüft und verfeinert.

Die Zusammenarbeit ist eng, und die Aktivitäten der beiden Abteilungen ergänzen sich optimal.

Keine Unterstützung an Projekte von lokaler und regionaler Bedeutung.

Ausstellungen und Projekte von lokaler und regionaler Bedeutung werden konsequent nicht unterstützt, da sich Pro Helvetia auf die Projekte von nationaler Bedeutung konzentrieren muss. Die lokalen und regionalen Projekte sind wichtig, sind aber von den Gemeinden und Kantonen zu tragen.

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?»)

Konzentration auf hohes künstlerisches Niveau

Pro Helvetia konzentriert sich auf das höchste Niveau der künstlerischen Produktion in diesem Land. Sie bemüht sich stets darum, die neuen künstlerischen Formen frühzeitig zu entdecken und zu fördern.

Kaum einer der grossen, international renommierten Namen von heute wurde nicht in seinen noch tastenden Anfängen von Pro Helvetia tatkräftig gefördert, z. B. Fischli/Weiss, Helmut Federle, John Armleder, Mario Botta u. v. a.

Vermittlung

Die Integrierung von Künstlerinnen und Künstlern aus der Schweiz in internationalen Ausstellungen wird neben dem reinen «Export» von Schweizer Ausstellungen ins Ausland intensiviert. Die Cahiers d'artistes (vgl. 1.4) dienen ebenfalls diesem Ziel.

Beratungsstelle

In beratender Funktion bietet die Abteilung Visuelle Künste Künstler/innen, Ausstellungsmacher/innen, Galerien und Museen ihr Knowhow und ihr Kontaktnetz an.

7862

Internationale Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern ­ Museen, Universitäten, Galerien, Verlagen u. a. ­ ist intensiv auf inhaltlicher, organisatorischer und finanzieller Ebene.

1.1

Ausland: Ausstellungen mit Schweizer Kunst und zu geisteswissenschaftlichen Themen

Hauptaktivität: Unterstützung, Durchführung und Initiierung von Ausstellungen mit Schweizer Kunst und geisteswissenschaftlichen Themen im Ausland. ­ Neu wird ein Pool für Ausstellungen eingerichtet: Zusammenarbeit mit CH-Museen, die Interesse haben und die Hilfe von PH in Anspruch nehmen möchten, eine Ausstellung an einen ausländischen Partner weiterzugeben bzw. zu vermitteln.

Pro Helvetia organisiert und unterstützt viele Photoausstellungen im Ausland. Wie kein anderes Medium misst die Photographie den Puls der Zeit. Schweizer Photographen sind auf der ganzen Welt tätig, was jeder Ausstellung einen internationalen Anstrich gibt.

Ausstellungen sind heute mit hohen Kosten verbunden. Verpackung und Transporte sind zeitaufwendig und teuer. Der Bund könnte im Bereich der Versicherungen zur Entlastung beitragen, indem er eine Staatsgarantie einführt. Das für 2003 angestrebte Budget von 2,5 Millionen Franken deckt den Aufwand von zwei internationalen Wanderausstellungen. Zur Illustration: Die Ausstellung «Hodler und Mondrian» im Aargauer Kunsthaus Aarau war eine der erfolgreichsten des Jahres 1998. Ihr Budget belief sich auf 1 Million Schweizer Franken.

Ausstellungen von dieser internationalen Ausstrahlung sollte Pro Helvetia an die wichtigsten Museen der Welt vermitteln können wie an das Metropolitan Museum of Art oder das Museum of Art, beide in New York, an die National Gallery in Washington, an die Tate Gallery in London, an den Louvre oder das Musée d'Orsay in Paris. Daneben gilt es, genügend freie Mittel zu haben, um die Ausstellungen der jungen Künstlerinnen und Künstler angemessen zu unterstützen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

1 623 000 2 000 000 2 150 000 2 300 000 2 500 000 1.2 Inland: Ausstellungsaustausch zwischen den Regionen

Ausstellungen von nationaler Bedeutung

Subsidiäre Unterstützung von Ausstellungen im Inland unter dem Titel «Kulturaustausch zwischen den Sprachregionen».

Beiträge an Ausstellungen von nationaler Bedeutung im Inland (wenn mindestens zwei Sprachregionen vertreten sind): Die Künstlerinnen und Künstler dieses Landes schauen seit jeher nach Paris, Mailand, München, Berlin, Wien und natürlich auch nach Brüssel und New York. Auch die Globalisierung verhindert nicht, dass die Kunstschaffenden der französischen Schweiz mehr nach Paris, die deutschschweizerischen nach der BRD und die Tessiner nach Mailand ausgerichtet sind. Es zeigt sich immer wieder, wie schwierig sich die Diskussion über die dadurch entstehenden Stilunterschiede gestalten.

7863

Daher ist es sinnvoll, Ausstellungen zwischen den Landesregionen auszutauschen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

200 000

200 000

250 000

300 000

300 000

1.3 Publikationen über Schweizer Themen

Druckbeiträge an Kunstpublikationen über Schweizer Themen (sofern nicht der Nationalfonds darauf eintreten kann).

Publikationen über Künstlerinnen und Künstler aus der Schweiz, über kunstwissenschaftliche Themen mit Bezug zur Schweiz sprechen naturgemäss eine begrenzte Anzahl von Leserinnen und Lesern an. Für die Förderung des Verständnisses der Kunst und ihrer internationalen Ausstrahlung sind diese Bücher im Verbund mit den neuen Medien unerlässlich.

Die Hilfe von Pro Helvetia ist von zentraler Bedeutung, wenn es gilt, in der Schweiz entstandene oder gepflegte Kunstrichtungen national und international bekannt zu machen.

Immer weniger Verlage können die Mittel für die teure Buchproduktion aufbringen, da sie stets mit zahlreichen Farbabbildungen illustriert werden müssen. Der für 2003 angestrebte Budgetposten von einer halben Million Schweizer Franken vermag nur die Kosten der wichtigsten Publikationen zu decken. Die Steigerung um 140 000 Franken erlaubt die Mitfinanzierung von lediglich ungefähr sieben zusätzlichen Büchern, die sonst nicht oder nicht adäquat bebildert herauskommen könnten.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

360 000

360 000

400 000

440 000

500 000

1.4 Collection Cahiers d'artistes

Die Cahiers d'artistes sind katalogähnliche Publikationen, welche jungen Künstlerinnen und Künstlern den Zugang zu nationalen und internationalen Ausstellungen erleichtern sollen (vgl. Reflexion der bisherigen Tätigkeit).

(im Budget «Spartenübergreifende Aktivitäten»)

1.5 Internet als Informationsmedium über das Schweizer Kunstschaffen: Nutzung des Internets als Distributionskanal für die aufbereiteten Informationen über die Schweizer Kunstschaffenden und ihre Arbeit (und der digitalisierten Ausstellungen, vgl. 1.7).

7864

Neue Tätigkeitsfelder 1.6 Profilierung der Schweizer Kunst im Ausland

Kuratoren und Kuratorinnen aus dem Ausland werden eingeladen, die Schweizer Kunstszene kennen zu lernen und Projekte zu entwickeln.

Schweizerische Fachleute werden ins Ausland gesandt, um den Austausch zu animieren. Was bisher punktuell gemacht wurde, soll auf eine neue kontinuierliche Ebene gehoben werden.

Der persönliche Kontakt der Verantwortlichen mit der Schweizer Kunstszene ist einer der wichtigsten Faktoren im gezielten Ausbau des internationalen Kulturaustausches.

Alle oben genannten Massnahmen dienen in erster Linie dazu, Künstlerinnen und Künstler, aber auch die Kunst und die Sammlungen in der Schweiz generell, im Ausland besser bekannt zu machen.

Besonderes Augenmerk gilt dabei den jüngeren Künstlerinnen und Künstlern, um sie international besser bekannt zu machen in Ausstellungen und Publikationen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

100 000

150 000

150 000

200 000

1.7 Ausstellungen auf CD-ROM

Im Einvernehmen mit dem EDA ist die weltweite Präsenz von Themen aus Kunst und Geisteswissenschaften aus der Schweiz zu verstärken. Dafür bietet sich das 1996/97 entwickelte und erprobte System der digitalisierten Ausstellungen (CD-ROM-Ausstellungen) an. Pro Helvetia strebt pro Jahr zwei Projekte an, wobei derzeit die folgenden im Vordergrund stehen: Toepffer, Comics, Rousseau, Glauser, Stauffer, Art Brut u.a. Der Probelauf mit dem Projekt Jean Piaget belegt die weltweite Akzeptanz des Systems, auch im Rahmen des Süd-NordDialogs.

Budget 1998

Total Ziffer 1

2000

2001

2002

2003

250 000

300 000

350 000

400 000

2 183 000 2 910 000 3 250 000 3 540 000 3 900 000

2 Musik Die verstärkte Verankerung der Musik in der Gesellschaft und nicht zuletzt der Jugendkultur und die erfolgreiche Arbeit der Musikschulen tragen Früchte: Die Spitze hat sich sehr verbreitert. In den letzten Jahren hat sich Pro Helvetia vermehrt auch innovativen Projekten internationaler Qualität in den Bereichen der Popmusik, in Volks-, Blasund Chormusik geöffnet. Die nicht sprachgebundene Kommunika7865

tionsform Musik hat in einer Epoche des Ausbaus der internationalen Beziehungen, der Öffnung gegenüber Osteuropa einen besonderen Stellenwert. All dies führte zu einer aussergewöhnlichen Zunahme hochqualifizierter Gesuche, die auch eine aussergewöhnliche Erhöhung der Mittel bedingt.

Pro Helvetia realisiert und unterstützt im Inland permanent die idée suisse mit Veranstaltungen von überregionaler Bedeutung wie den Jazzfestivals Willisau und Schaffhausen und den Festivals Neuer Musik in Rümlingen BL, Archipel Genf, Oggi musica Lugano, Bodenseefestival, Tage für Neue Musik Zürich.

Pro Helvetia gibt hier immer stärker Impulse, die auf Austausch, Verständigung und Koproduktion zielen.

Die Marginalisierung der Schweiz innerhalb von Europa bedroht Schweizer Musikschaffende vieler Sparten. Diese müssen sich auf wichtigen Festivals im Ausland präsentieren können, was oft nur dank Pro Helvetia möglich ist. Die Auslandkontakte wirken sich auf die Kreativität in der Schweiz aus: Arbeit im In- und Ausland befruchten sich gegenseitig.

Die Informationstechnologie erlaubt neue Vernetzungen (Veranstalter, Kataloge etc. mit Koordinationsfunktionen von Pro Helvetia).

Bei der CD-Produktion führt dies zu einer engeren Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen, wodurch hochwertige CDs von Schweizer Interpreten und Komponistinnen nun weltweit vertrieben werden können (Koproduktionen mit SRG und anderen Institutionen).

Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») Das neue, offensive Konzept der Kompositionsaufträge mit den Prinzipien Eigeninitiative, Überschreitung von Sprach-, Landes- und Spartengrenzen, Schwerpunktsetzung durch wiederholte Förderung sowie die regelmässigen Medienkonferenzen zur öffentlichen Diskussion der neuen Politik haben bei Musikverbänden, Beteiligten, Presse und weiteren Kulturförderern zu sehr positiven Reaktionen geführt.

Entsprechend wurde dieser Budgetposten in den letzten Jahren verdoppelt; er soll noch weiter ausgebaut werden.

Seit DAT und CD lassen sich Tonträger viel kostengünstiger herstellen. Eine Unterstützung der Produktion ist daher nur noch in Einzelfällen nötig. An ihre Stelle tritt eine Label-Förderung, die eine längerfristige Verlagspolitik mit nachhaltiger Wirkung und internationaler Vernetzung ermöglicht (vgl. 2.6).

Die auf strengen Qualitätskriterien basierende Förderung des kreativen Schaffens steht im Zentrum unserer Aufgabe. Sie umfasst insbesondere: Förderungsgebiete

7866

­

Werkbeiträge/Kompositionsaufträge in allen musikalischen Sparten inklusive neuer Impulse für Volks-, Blas- und Chormusik und künstlerische Projekte, die sich mit neuen Technologien auseinandersetzen;

Vernetzung und Beratung

­

Unterstützung wichtiger Ur- und Erstaufführungen von Schweizer Musik im In- und Ausland, unter besonderer Berücksichtigung innovativer Projekte und Tendenzen;

­

Austauschprojekte innerhalb der Schweiz, über Sprach - und Kulturgrenzen hinweg, die der gegenseitigen Verständigung dienen;

­

Auslandtourneen in den verschiedensten musikalischen Bereichen, wobei vor allem der internationale Kulturaustausch ausgebaut wird.

Vernetzung der Veranstalterinnen und Veranstalter (Programmaustausch) und Beratung von Künstlerinnen und Künstlern und Veranstaltern (Vermittlung, Promotion, Programmvorschläge, Dokumentation durch unseren CD- und Noten-Dienst, Geldbeschaffung) bilden schon heute eine wichtige Aufgabe der Pro Helvetia. Ihr Ausbau kommt der Schweizer Musik in besonderem Masse zugute.

Abgrenzungen («Was wir warum nicht tun») Konzerte und Tourneen ohne Schweizer Musik werden nicht unterstützt, da man gleichzeitig mit der Promotion von Schweizer Interpreten auch das kreative Musikschaffen unterstützen, die Auslandarbeit mit der Inlandarbeit verbinden möchte.

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?») 2.1

Schweizer Musikerinnen und Musiker prägen im Ausland die Weiterentwicklung der Neuen Musik und des Jazz massgeblich mit.

Die Weiterentwicklung vor allem der Neuen Musik und des Jazz wird seit einigen Jahren von Schweizerinnen und Schweizern massgeblich mitgeprägt; Schweizer Komponistinnen, Dirigenten, Solistinnen, Kammermusikformationen und Ensembles Neuer Musik sind viel gefragte Vermittler unserer Musik, Dozenten der Schola cantorum basiliensis weltweit gesuchte Experten für Alte Musik. All dies ist nur möglich durch eine langjährige kontinuierliche Aufbauarbeit mit Unterstützung von Pro Helvetia. Soll diese Aufbauarbeit weiterhin Früchte tragen, ist sie gezielt zu intensivieren.

Dank der neu etablierten Kontakte vorab in Osteuropa, aber auch in Südamerika und Südostasien, durch die neue Akzentuierung von nachhaltigen Austauschprojekten in Zusammenarbeit mit den Antennen in Osteuropa, Kairo und Südafrika, durch die Gründung neuer nationaler Festivals, wiederum vorab in den neuen Staaten Osteuropas, dank der Qualitätssteigerung der Schweizer Musikerinnen und Musiker, die immer häufiger an Festivals eingeladen werden, sowie durch die Öffnung gegenüber den Sparten Rock-, Pop- und Laienmusik hat sich die Zahl der vorgelegten Projekte enorm erhöht. Da gleichzeitig das Auslandbudget seit 1992 nicht erhöht werden konnte, führte dies dazu, dass heute etwa dreimal soviele Gesuche abgewiesen werden müssen, wie noch vor fünf Jahren, und die gutgeheissenen Projekte noch etwa mit einem Drittel der Beträge von damals unterstützt werden können ­ was wiederum dazu führt, dass auch diese 7867

Projekte oft wegen ungenügender Finanzierung nicht realisiert werden können. In diesem Bereich ist ein Nachholbedarf in der Grössenordnung von 80% mehr Mittel ausgewiesen. Ausserdem sind zur Jahrtausendwende im Ausland grössere Projekte geplant, u. a. in Hannover und Leipzig.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

1 200 000 2 000 000 2 000 000 2 100 000 2 240 000 2.2 Pflege einer breiten Basis im Inland als Voraussetzung für eine «Spitze» von internationalem Rang

Voraussetzung für diese «Leuchttürme» von Schweizer Musik ist als Basis ein reiches Musikleben in allen Regionen der Schweiz selbst, ein vielfältiges Konzertleben mit einer reichhaltigen Clubszene für Jazz und neuere Formen der Popmusik und herausragenden Festivals; die wichtige Förderung Neuer und insbesondere Schweizer Musik wäre dabei allerdings ohne Pro Helvetia kaum möglich.

Anmerkung zum ausserordentlichen Finanzbedarf 2001: Es sollen mehrere Schweizer Opern uraufgeführt werden, was eine besondere finanzielle Anstrengung bedeutet.

Anmerkung zum Budget 2002: Im Jahre 2002 finden voraussichtlich die World Music Days in der Schweiz statt.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

420 000

500 000

600 000

500 000

530 000

2.3 Austausch über Sprach- und Kulturgrenzen im Inland

Musikerinnen und Musiker beidseits der Saane und des Gottardo wird ermöglicht, in den anderen Landesteilen aufzutreten. Zugleich werden die Veranstalter ermuntert, entsprechende Engagements vorzunehmen.

Dieser Austausch ist beidseitig eine Bereicherung, unterscheiden sich doch Poetik und Ästhetik der verschiedenen Kulturen stark. Neu sollen die wichtigsten Veranstalter miteinander vernetzt werden, um so eine kontinuierliche und nachhaltige Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

180 000

220 000

230 000

240 000

250 000

2.4 Volksmusik: Neue Impulse fördern

7868

Im Bereich Volksmusik werden insbesondere Aktivitäten unterstützt, bei denen diese Sparte neue Impulse erhält: Bewahrung durch Erneuerung, (Kompositionsauftrag an den Innerschweizer Kulturpreisträger Hans Kennel, Urner Festival für neue Volksmusik «Alpentöne Altdorf», Tourneen mit neuen und alten Weisen der «Oberwalliser Spillit» oder der «Fränzlis da Tschlin»).

Pro Helvetia erachtet diesen Bereich als so wichtig, dass er eigens ausgewiesen wird (bisher war er unter den Aktivitäten im In- und Ausland integriert).

Näheres zur Definition des Begriffes Volkskultur und zum diesbezüglichen Förderungsverständnisses der Stiftung siehe Kapitel «Literatur und Geisteswissenschaften» und «Kulturvermittlung, Volkskultur».

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

180 000

220 000

230 000

240 000

250 000

2.5 CD-/NotenDienst

CDs und Partituren werden an Bibliotheken, Radiostationen usw. im Ausland abgegeben. Für devisenarme Länder werden neu auch die Kosten für Orchester-Materialien übernommen. Bei wichtigen Komponisten-Begegnungen und für Masterclasses wird nach Möglichkeit eine Begleitdokumentation beigesteuert.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

60 000

70 000

70 000

70 000

70 000

2.6 CD-Produktionen: Schwerpunkt mit Koproduktionen

Pro Helvetia setzt neue Schwerpunkte mit zwei eigenen Koproduktionsreihen, mit der Ausschreibung eines Wettbewerbes zur Füllung von Repertoirelücken, mit der Integration in die Kompositions- und Projektaufträge sowie mit einer Label-Förderung im Bereich Jazz/Improvisierte Musik, die auf nachhaltige Wirkung und internationale Vernetzung zielt.

CD-Gesuche im Bereich Jazz/Improvisierte Musik können nicht mehr von den Künstlerinnen und Künstlern direkt eingereicht werden, sondern nur noch von CD-Labels, die über einen internationalen Katalog und Vertrieb verfügen (ähnlich wie bei der Literaturförderung, wo Druckkostenzuschüsse nicht von den Autorinnen und Autoren, sondern von den Verlagen beantragt werden). Damit soll gewährleistet werden, dass die künstlerisch hochwertigsten Produkte auch international verkauft werden können und auch noch nach einigen Jahren erhältlich sind. Für Pro Helvetia ist die Änderung kostenneutral.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

140 000

110 000

110 000

120 000

120 000

2.7 Vermittlung von Komponisten und Komponistinnen ins Ausland und über die Sprachgrenzen hinweg

Neue Förderungsmodelle werden bereits erfolgreich erprobt. Ausgebaut wird insbesondere der Bereich der Kompositionsaufträge: Schweizer Komponistinnen und Komponisten mit entsprechender Ausstrahlung werden auf dem internationalen Parkett gefördert (Hanspeter Kyburz, Michael Jarrell, Beat Furrer wirken als Professo7869

ren in Berlin, Wien bzw. Graz). Pro Helvetia vermittelt aktiv Komponisten/Komponistinnen und Interpretinnen/Interpreten, nach Möglichkeit über die Sprachgrenzen hinweg.

Anmerkung zum Budget 2000: Im Jahre 2000 begeht der Schweizer Tonkünstlerverein sein 100-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass sollen mehrere Orchesterwerke in Auftrag gegeben und uraufgeführt werden (2. Fest der Künste).

Ausweitung der Kompositionsaufträge

Neu erstrecken sich die Kompositions- und Projektaufträge auch auf die Bereiche Jazz, Pop, Chanson, Blas-, Chor- und Volksmusik. Im Bereich von Blas-, Chor- und Volksmusik unterstützt Pro Helvetia vorab neue Impulse zur Belebung der Traditionen und fördert Begegnungen über die Spartengrenzen hinweg. Auch hier wird nach Möglichkeit ein Auftrag mit Auftritten und CD-Produktion gekoppelt.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

220 000

340 000

250 000

280 000

280 000

2.8 Komponisten-/ KomponistinnenAteliers

In Zusammenarbeit mit der Schweizer Gesellschaft für Neue Musik wurden auf unsere Initiative hin Kompositions-Ateliers entwickelt, wo jungen Komponistinnen und Komponisten Gelegenheit geboten wird, mit hervorragenden Musikschaffenden und Ensembles zusammenzuarbeiten und die Resultate anschliessend an einem Festival aufzuführen (im Budget Uraufführungen; ca. 10 000­15 000 Fr. pro Jahr).

Budget 1998

Total Ziffer 2

2000

2001

2002

2003

2 400 000 3 460 000 3 490 000 3 550 000 3 740 000

3 Literatur und Geisteswissenschaften Das Erhalten einer eigenständigen und lebendigen Literaturszene in der Schweiz muss bei der heutigen Situation im Buchsektor vordringliches Anliegen der Literaturförderung sein. Die angespannte Lage in der Branche hat sich in den letzten Jahren zugespitzt. Verändertes Leseverhalten, der Konkurrenzdruck durch die neuen Medien, Verlagskonzentrationen zu Mediengiganten und nicht zuletzt die drohende Aufhebung der Preisbindung sind einige Stichworte, die die Lage charakterisieren.

Neben den branchenspezifischen Schwierigkeiten stellen sich in der Schweiz noch zusätzliche Probleme: der kleine Absatzmarkt für die Verlage in den einzelnen Sprachregionen und die schlechte Akzeptanz, bedingt durch Schwächen im Vertrieb, auf dem Markt der gleichsprachigen Nachbarländer. Die Entwicklung in Europa, die Einführung des Euro sind weitere Faktoren, die bei einer künftigen bedürfnisorientierten Literaturförderung berücksichtigt werden müssen.

7870

Die in der Literaturförderung eingeschlagene Richtung ­ eine Konzentration der Leistungen und der finanziellen Mittel auf die im Folgenden aufgeführten inhaltlichen Schwerpunkte ­ und ihre formulierten Ziele sollen konsequent weiterverfolgt werden: ­

eine innovative Kulturförderung, die gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung trägt, nicht aber kurzfristigen Trends folgt;

­

eine sensible Kulturförderung, die Künstler und Partner in den kulturpolitischen Diskurs miteinbezieht;

­

eine Politik des Vermittelns und des Dialogs, weil Kenntnis und Verständnis einer anderen Kultur der Schlüssel zur Zukunft ist;

­

eine bewusste Kulturpolitik, die der Kultur den ihr gebührenden Stellenwert verschafft im Rahmen der auswärtigen Politik der Schweiz.

Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») 3.1 Stützmassnahme zur Verständigung zwischen den Kulturen

Als Reaktion auf die schwierige Situation der Übersetzer und Übersetzerinnen, deren wichtige Rolle als Vermittler über die Sprachgrenzen immer noch unterschätzt und entsprechend schlecht honoriert wird, hat Pro Helvetia Werkbeiträge für Übersetzerinnen und Übersetzer eingeführt. Mit diesen Beiträgen können wichtige literarische und geisteswissenschaftliche Werke unabhängig von Marktzwängen in eine der Landessprachen übertragen werden.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

150 000

150 000

150 000

150 000

150 000

3.2 Vermittlungstätigkeit, deren Potential noch ausgebaut werden soll

Bibliotheken des Auslands werden mit literarischen Werken in allen Landessprachen und Werken von in der Schweiz lebenden Autoren und Autorinnen nichtschweizerischer Sprachen sowie Sachbüchern aus den verschiedenen Kultursparten ausgestattet. Im universitären Bereich wird u. a. darauf geachtet, dass die vier Schweizer Literaturen in Lehre und Forschung einen gebührenden Platz unter den dominanten Nachbarliteraturen einnehmen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

480 000

510 000

510 000

510 000

510 000

7871

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?») 3.3 Mit persönlichen Begegnungen den Kulturdialog fördern

Die Unterstützung von Veranstaltungen im literarischen und geisteswissenschaftlichen Bereich ist ein wichtiges Instrument des Kulturdialogs. Durch persönliche Begegnungen lassen sich leichter Brücken schlagen zwischen verschiedenen Kulturen und Mentalitäten.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

200 000

200 000

200 000

200 000

200 000

3.4 Werkbeiträge an Schriftstellerinnen und Schriftsteller

Vordringlichstes Anliegen der Literaturförderung von Pro Helvetia ist die Erhaltung einer lebendigen und eigenständigen Schweizer Literaturszene bzw. die Pflege ihres «Potentials», der Schriftstellerinnen und Schriftsteller nämlich. Die meisten von ihnen können nicht von ihrer künstlerischen Arbeit leben. Mit Werkbeiträgen wird ihnen temporär ein Freiraum dafür geschaffen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

756 000

760 000

760 000

760 000

760 000

3.5 Übersetzungsförderung

Innerhalb der Schweiz mit ihren vier Sprachregionen, aber auch im sprachenüberschreitenden Dialog der Schweiz mit anderen Kulturen ist die Übersetzungsförderung ein wichtiges Instrument. Pro Helvetia ist derzeit die einzige Institution, die diesen wichtigen Bereich systematisch und professionell abdecken kann.

Mit neuen Massnahmen sollen flankierend intersprachliche Austauschprojekte von Autorinnen und Autoren initiiert und unterstützt werden.

7872

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

550 000

650 000

700 000

750 000

750 000

3.6 Beiträge an kulturelle Zeitschriften und an Sachbücher zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen

Pro Helvetia betreibt im Bereich «Beiträge an Publikationen» eine akzentuierte Förderungspolitik. Ein Schwerpunkt ist die Unterstützung literarischer und kultureller Zeitschriften, die ohne kontinuierliche Förderung nicht überleben können. In Zukunft sollen vermehrt Sachbücher zu aktuellen gesellschaftspolitischen, sozialen und kulturellen Themen gefördert werden.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

350 000

400 000

400 000

400 000

400 000

3.7 Akzentuierte Förderung im Bereich der Publikationen

Eine flächendeckende Unterstützung von Publikationen, deren Zahl in den letzten Jahren explosionsartig angestiegen ist, entsprach nie der Förderpolitik im Literaturbereich und wäre weder finanziell zu bewältigen noch sinnvoll. Nur eine akzentuierte Förderung, abgestimmt auf die vorhandenen Subventionsmöglichkeiten und reagierend auf gesellschaftliche Veränderungen, kann längerfristig Wirkung zeitigen.

Neben den erwähnten Sachbüchern wird und wurde der Volkskultur besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

460 000

460 000

460 000

460 000

460 000

Neue Tätigkeitsfelder 3.8 Verlagsprämien für qualitativ herausragende Schweizer Verlagshäuser

Bei der angespannten Situation in der Buchbranche reichen die indirekten Fördermassnahmen für Verlage nicht mehr aus. Mit Verlagsprämien will Pro Helvetia die kontinuierliche kreative Arbeit literarischer Verlage würdigen, die es heute besonders schwer haben. Nicht gedacht ist dabei an automatische Breitenförderung zur Erhaltung mittelmässiger oder unprofessioneller Verlage. Gestützt werden sollen hingegen jene, die sich profiliert einsetzen für ein besonderes Gebiet, sei es junge Schweizer Literatur, Lyrik oder Übersetzungen, und durch ihre Initiative das kulturelle Leben der Schweiz (und nicht zuletzt den Arbeitsmarkt) bereichern.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

500 000

500 000

500 000

500 000

3.9 Literaturbegegnungen

Künstler-/Künstlerinnenateliers und Kulturhäuser liegen im Trend.

Vielerorts in der Schweiz und im Ausland eröffnen öffentliche und private Schweizer Kulturförderungseinrichtungen neue Aufenthalts-

7873

orte. Diese erfreuliche Tendenz weist jedoch einige Schwachstellen auf: ­

es fehlt eine effiziente Koordination;

­

den Künstlerinnen und Künstlern mangelt es oft an den nötigen Mitteln für den Aufenthalt, weil diese nicht immer mit einem Stipendium verbunden sind;

­

das Überschreiten der Sprach- und Kulturgrenzen findet nur selten statt.

Pro Helvetia wird in diesem Bereich aktiv und richtet einen Aufenthaltsfonds ein, mit dem Ziel, den direkten Dialog zwischen Künstlerinnen und Künstlern und dem lokalen Publikum zu fördern (Lesungen, Diskussionen, Medienberichte).

Budget 1998

Total Ziffer 3

2000

2001

2002

2003

200 000

200 000

200 000

200 000

2 946 000 3 830 000 3 880 000 3 930 000 3 930 000

4 Theater, Tanz Theater In einer Zeit, in der alle kulturellen wie künstlerischen Ereignisse via virtueller Medien ins Haus kommen, in der man mittels Internet um die Welt surft, alles Fremde erreichbar und verständlich erscheint, ist das Theater ein Ort der Tradition, zu dem man sich mit gewöhnlichen Fortbewegungsmitteln hinbegeben muss. Dazu bedarf es der Lust am Schauen und am Zuhören, des Entscheides, den Dialog aufzunehmen.

Ein Dialog zwischen denjenigen, für die die Bretter die Welt bedeuten, und denjenigen, die den Geschichten, die sie erzählen, für zwei, drei Stunden lauschen, zusehen und darüber nachdenken.

Das Theater bleibt als Ort des Dialogs ein Ort des Innehaltens, des Widerstands gegen die Schnelligkeit des Zeitgeschehens. Theater erzählt Geschichten: schöne und traurige, reale und phantastische von Herrschaft, Liebe, Erotik und Tod. Menschen spielen für Menschen jeden Abend. Obwohl die Texte und Inszenierungen reproduzierbar sind, ist jeder Abend ein anderer. Einzigartig. Zum Theater als vergangener Kunst müssen sich die Menschen gegenwärtig verhalten: Jetztzeit. Augenblick. Unmittelbarkeit. Die technischen Mittel der Abrufbarkeit ­ z. B. das Video ­ werden dem Medium Theater niemals gerecht. Man ist versucht zu sagen: sie stehen der Kunstform Theater entgegen. Theater setzt eine Gemeinsamkeit zwischen den Zuschauenden und den Machern voraus: es ist eine Vereinbarung. Lachen, weinen, nachdenken, sich ärgern, streiten. Eine «Gesellschaft», die sich für einige Stunden trifft, zusammen schaut, sich dem Spielen und dem Schauen hingibt, und wieder auseinander geht.

7874

Tanz Kann das Theater als zeitgenössische Kunst in einer temporeichen, rasanten Zeit dabei helfen, zu überleben, kann es zum Innehalten und zur Kontemplation beitragen, so ist der Tanz an der Schwelle zum 21. Jahrhundert die Kunstsparte, die zum interkulturellen Kommunikationsmittel überhaupt wird. Im Zeitalter der Bilder und des Körpers, der Aneignung und Dekonstruktion des Körpers durch die Medien steht der Tanz als Kunstgattung im Mittelpunkt. Tänzer sind zur Projektionsfolie für die Ideale unserer Zeit geworden: Performance, Ausstrahlung, Dynamik, Kraft, Tempo, Schönheit, Effizienz ­ längst hat sich das Vokabular, das einst für spezifische Eigenschaften des Tanzes stand, über alle Sprachgrenzen hinweg in andere Bereiche verlagert.

Welche Kunstgattung spiegelt Zeitgeist und Zeitgefühl am Ende des 20. Jahrhunderts unmittelbarer als der Tanz? Zugleich verharrt diese Kunstgattung jedoch nicht in der blossen Affirmation, dient der zeitgenössische Tanz doch dazu, die glatte Projektionsfläche zu zerstören, das spezifische Vokabular unseres Zeitalters vorzuführen und damit zu hinterfragen.

Die Schweizer Tanzszene erlebt in den letzten zehn Jahren eine Blütezeit. Durch die Rückkehr von Heinz Spoerli in die Schweiz und durch die «Ansiedlung» des Béjart Balletts Lausanne entstand im Umfeld ein Netz von freien Tanzcompagnien, die nicht nur in den angrenzenden Ländern Deutschland und Frankreich Aufmerksamkeit finden, sondern mittlerweile durch ihre Präsenz auf anderen Kontinenten langfristig angelegte Dialoge zwischen den Kulturen eröffnen.

Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») Förderung von Creationen und Produktionen

Bewährt hat sich in den letzten Jahren die Unterstützung: ­

von Schweizer Produktionen im Inland

­

von Gastspielauftritten von Schweizer Theatern und Ballettcompagnien, freien Theater- und Tanzcompagnien

­

des Austausches von Theater- und Tanzproduktionen zwischen den verschiedenen Sprachregionen.

Trägt die Unterstützung der Creationen zum Entstehen eines lebendigen Biotops der freien Theater- und Tanzszene bei, so ist zugleich der Verständigungsgedanke für den Austausch über die Sprachgrenzen hinweg von grosser Bedeutung. Künstlerische Innovation und Professionalität, Hauptkriterien für die Unterstützung des freien Theaterund Tanzschaffens, lässt nicht ausser Acht, dass die Produktionen grenzenüberschreitend im doppelten Sinne sein sollten: innerhalb des eigenen Landes, die verschiedenen Sprachregionen betreffend, und in Bezug auf das Ausland. Koproduktionen zwischen Schweizer Ensembles und Ensembles in den Antennen-Ländern und/oder in den Ländern, in denen Pro Helvetia Aussenstellen unterhält, zeugen nicht nur von einem neuen Verständnis von Kulturarbeit im Ausland, sondern tragen zum Verstehen anderer Kulturen bei.

7875

In den letzten Jahren ist die Anzahl der Gesuche sehr gestiegen: Produktionen im Inland, Gastspielauftritte in anderen Sprachregionen und im Ausland. Eine Erhöhung der finanziellen Mittel für alle drei Bereiche ist dringend notwendig, weil bei dem jetzigen Budget qualitativ hochstehende Produktionen von der Stiftung aus finanziellen Gründen abgelehnt werden müssen. Der internationalen Beachtung, die die Schweizer Theater und der Schweizer Tanz erfahren, ist dringend vermehrt Rechnung zu tragen. Ein Seismograph dafür ist sicherlich auch die Präsenz von Schweizer Regisseuren und Choreographen im Ausland.

Abgrenzungen («Was wir warum nicht tun») Beschränkung auf das professionelle Theaterschaffen

Pro Helvetia beschränkt sich grundsätzlich auf die Unterstützung des professionellen Theaterschaffens, einerseits aus finanziellen Gründen, anderseits aus Gründen der Aufgabenteilung mit Kantonen und Gemeinden.

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?») 4.1

Produktionsförderung in der professionellen, freien Szene

Produktionsförderung im Inland: Unterstützung von Theater- und Tanzproduktionen von professionellen, freien Ensembles, mit dem Ziel, das Schweizer Theaterschaffen auf ein hohes künstlerisches Niveau zu bringen und ihm zu Beachtung auch im Ausland zu verhelfen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

1 506 000 1 656 000 1 656 000 1 656 000 1 656 000 4.2 Förderung des Dialogs zwischen den Regionen

Ausbau des Gastspielaustausches im Inland zur Förderung des Dialogs über die Sprachgrenzen hinweg.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

488 000

610 000

610 000

610 000

610 000

4.3 Tourneen und Festivalteilnahmen im Ausland

7876

Unterstützung von Tourneen und Festivalauftritten schweizerischer Ensembles im Ausland durch Defizitgarantien: Das Theater der Schweiz hat mit einer ganzen Reihe von gefragten Regisseuren und Choreographen einen internationalen Ruf. Die Möglichkeit der Präsenz von Schweizer Theaterproduktionen in den europäischen Metropolen bedeutet, sich auf der internationalen Bühne zu zeigen, sich der internationalen Konkurrenz zu stellen. Durch Auftritte auf Festivals z.B. kann ein Moment von produktiver Auseinandersetzung zwischen

den sich verschieden präsentierenden Theaternationen entstehen, die im besten Fall auf Produktionen im Inland zurückwirkt.

Eine Intensivierung im Bereich «Auslandgastspiele mit Grossproduktionen» ist erforderlich. Die meisten derartigen Projekte können bisher aus finanziellen Gründen nicht unterstützt werden, obwohl Pro Helvetia von deren kulturpolitischen Bedeutung überzeugt ist.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

1 312 000 1 743 000 1 743 000 1 743 000 1 743 000 4.4 Kleintheatervereinigung

Die Kleintheatervereinigung (KTV) trägt im Auftrag von Pro Helvetia wesentlich zur Diffusion von Theater- und Tanzaufführungen in der gesamten Schweiz bei.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

250 000

250 000

250 000

250 000

250 000

Neue Tätigkeitsfelder 4.5 Starthilfe für junge professionelle Ensembles

Vermehrte Aktivitäten im Bereich «Starthilfen für junge Ensembles»: Neben den gestandenen freien Theater- und Tanzcompagnien, die durch ihre Qualität überzeugen konnten und die im Sinne der Nachhaltigkeit unterstützt werden, sollen gerade jungen professionellen Ensembles, die am Beginn ihrer Laufbahn stehen und noch nicht den Erfahrungs- und Qualitätsnachweis erbringen können, Starthilfen gegeben werden. Die Berechnung der eingesetzten Summe fusst auf der Annahme, dass 5 Produktionen junger Compagnien mit jeweils 20 000 Franken unterstützt werden.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

100 000

100 000

100 000

100 000

4.6 Internationale Koproduktionen

Durch den Aufbau von «Antennen» in Osteuropa (im Auftrag des EDA, vgl. Réseaux) und den eigenen Aussenstellen von Pro Helvetia ist ein Kontaktnetz entstanden, welches ein künstlerisch spannendes Koproduktionspotential eröffnet. Dieses sollte durch Anregung und Förderung von internationalen Gemeinschaftsprojekten genutzt werden.

Die Berechnung der eingesetzten Summe beruht auf dem Erfahrungswert, dass solche Koproduktionen, die einen höheren Aufwand an Reise-, Transport- und Aufenthaltskosten bewirken, einen subsidiär zu leistenden Finanzierungsbedarf von ca. 100 000 Franken haben. Zwei

7877

bis drei Koproduktionen im Theater und eine im Tanzbereich wären damit realisierbar.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

300 000

300 000

300 000

300 000

4.7 Förderung der Zusammenarbeit von Autorinnen und Autoren mit Ensembles

Förderung von jungen Theaterautoren und -autorinnen: Die Erarbeitung eines neuen Dramatikförderungsmodells ist notwendig: Mit Geldern von Pro Helvetia sollte man die etablierten Theaterhäuser und gestandene freie Ensembles in die Pflicht nehmen, mehr für die Förderung junger Theaterautoren und -autorinnen tun. Junge Autoren und Autorinnen sind an die Theater oder freien Ensembles zu binden (Hausautoren/-autorinnen). Eine produktionsbezogene Zusammenarbeit sollte Hilfestellungen leisten bei der Umsetzung von dramatischen Stoffen in theatralische Dialoge.

Zur Berechnung der eingesetzten Summe: Fünf «Hausautorenschaften» würden mit jeweils 20 000 Franken finanzierbar sein.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

100 000

100 000

100 000

100 000

4.8 Unterstützung von Gastspielen in der gleichsprachigen Region

Das grenzüberschreitende, dialogische Moment des Theaters soll nicht auf internationaler Ebene allein wirken, sondern kann und muss im Landesinnern selbst eine wichtige Rolle spielen. Da sich Theater vornehmlich durch Sprache vermittelt, ist es sinnvoll, gute Produktionen aus den verschiedenen Kulturkreisen in der gleichsprachigen Region zu spielen. Durch eine intensive Unterstützung in diesem Bereich können Theater- und Tanzproduktionen einem grösseren Publikum zugänglich gemacht, die Verständigung zwischen den verschiedenen Kulturen im eigenen Land gefördert und die Diffusion der einzelnen Produktionen erhöht werden.

Budget 1998

Total Ziffer 4

7878

2000

2001

2002

2003

200 000

200 000

200 000

200 000

3 556 000 4 959 000 4 959 000 4 959 000 4 959 000

5 Kulturvermittlung Volkskultur Die Abteilung gliedert sich in zwei eigenständige Förderungsbereiche: A Kulturvermittlung Unter dem Titel Kulturvermittlung unterstützt die Abteilung Projekte der kulturellen Erwachsenenbildung und der soziokulturellen Animation. Sie geht dabei von einem erweiterten Kulturbegriff aus, der sich auf die Definitionen von Europarat und Unesco abstützt.1 Um in diesem Sinne dem Ziel ­ die Demokratisierung der Kultur ernst zu nehmen und Kultur als Aufgabe der Allgemeinheit zu verstehen (vgl. dazu auch Clottu-Bericht S. 13) ­ zu entsprechen, stellt Kulturvermittlung die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung verschiedener kultureller Inhalte und Ausdrucksformen in den Mittelpunkt und berücksichtigt die schöpferischen Leistungen Einzelner wie die Lebensrealitäten der Vielen. Dabei wird sowohl der bestehenden Vielfalt als auch der Eigenheiten regionaler, sprachlicher, ethnischer und anderer Zugehörigkeiten Rechnung getragen.

Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Förderung der Verständigung geschaffen, wie sie im Schwergewicht 1 (vgl. Kapitel «Schwerpunkte und Ziele 2000­2003») von Pro Helvetia formuliert ist. Gemäss diesen Kriterien werden schwerpunktmässig Initiativen unterstützt, die zum Austausch von Fähigkeiten und Ressourcen führen und Individuen wie Gruppen partizipatives Mitgestalten und Handeln ermöglichen.

Demensprechend werden Veranstaltungen und Projekte gefördert, die allgemein zugänglich sind und Möglichkeiten bieten, zwischen gesellschaftlichen Positionen und Anliegen zu vermitteln. Besondere Aufmerksamkeit kommt der Unterstützung von kulturellen Projekten in geographischen Randregionen zu.

In der gegenwärtigen Zeit tiefgreifenden ökonomischen und sozialen Wandels und zunehmender Orientierungslosigkeit (vgl. Einleitung Eingabe) kommt dieser Kulturarbeit, die breiten Bevölkerungskreisen den Zugang zu neuer Identitäts- und Sinnfindung und zu gemeinsamer Suche nach Perspektiven und Lösungsansätzen eröffnet, vermehrte Bedeutung zu.

B Volkskultur Im Grundverständnis der Stiftung basiert dieser Förderungsbereich auf dem selben erweiterten Kulturbegriff, wie er unter Kulturvermittlung dargelegt ist. In noch etwas spezifischerer Form umfasst Volkskultur sämtliche Aspekte der alltäglichen Lebensgestaltung in allen Bevölkerungsschichten in Vergangenheit und Gegenwart, neue Ausdrucks1

«Kultur ist alles, was dem Individuum erlaubt, sich gegenüber der Welt, der Gesellschaft und auch gegenüber dem heimatlichen Erbgut zurechtzufinden, alles was dazu führt, dass der Mensch seine Lage besser begreift, um sie unter Umständen verändern zu können.» (Europarat) «Kultur umfasst die Strukturen, Ausdrucksformen und Bedingungen des Lebens in einer Gesellschaft und die verschiedenen Arbeiten, mit denen sich das Individuum in der Gesellschaft zum Ausdruck bringt und erfüllt.» (Unesco)

7879

formen und Symbolisierungsprozesse, aber auch die Deutung der Überlieferung des kollektiven Gedächtnisses. Schon die Ausführungen im ersten Teil dieses Berichtes weisen darauf hin, dass die Auseinandersetzung mit dem Anderen und Fremden, zu der die schweizerische Bevölkerung immer mehr aufgefordert ist, diese Grundlage einer bewussten kulturellen Identität braucht. Dazu leisten zum Beispiel die Orts- und Regionalmuseen einen wichtigen Beitrag.

Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») A Kulturvermittlung Gesellschaftliche Bewegungen und Veränderungen und die daraus folgenden Probleme und Bedürfnisse widerspiegeln sich in den Schwerpunkten der Projektunterstützung der letzten vier Jahre, inhaltlich wie methodisch. Im besonderen Mass hat sich die Unterstützung von Pilotprojekten bewährt. Damit wurde eine Möglichkeit geschaffen, um neue Anliegen aufzugreifen und Erfahrungen zu sammeln.

Das hat aus heutiger Sicht sowohl zu grösserer Bewusstheit gegenüber den jeweiligen Anliegen ­ teilweise auch zu Institutionalisierungen ­ als auch zu einer zunehmenden Professionalisierung in der Konzeption und Durchführung von Projekten geführt. Als inhaltliche Beispiele können hier Projekte der Ökologie und solche im Zusammenhang mit Frauenanliegen gelten. Damit verbunden ist in diesen Bereichen eine tendenzielle Verlagerung, weg von Basisprojekten und hin zur Unterstützung von Multiplikatoren und Multiplikatorinnen. In diesem Zusammenhang, auch in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der Eingabe 1996­99, hat Kulturvermittlung in den letzten Jahren mit Erfolg Professionalisierungsprojekte unterstützt (Ausbildung von Ausbildner/-innen, Entwicklung von Curricula in Ausbildungsstätten für Erwachsenenbildung, Durchführung von nationalen Symposien für soziokulturelle Animation, Unterstützung von Fachliteratur im Bereich Erwachsenenbildung und soziokulturelle Animation). Parallel dazu sind in spezifischen gesellschaftlichen Handlungsfeldern (Migrationsfragen, Oral history, Geschichtsschreibung aus Frauenperspektive, Auseinandersetzung mit regionaler Identität, neue Medien) neue Pilotprojekte initiiert worden. Allgemein hat sich das Verständnis für die Bedeutung und die Notwendigkeit von Projektarbeit gewandelt.

Die Akzeptanz von innovativer und demokratisch partizipativer Kulturarbeit
ist gestiegen.

Kulturvermittlung setzt mit dem stiftungseigenen Kulturmobil einen entscheidenden Schwerpunkt in der Förderung der kulturellen Eigenaktivität der breiten Bevölkerung in allen Landesteilen. Seit seiner Gründung hat Kulturmobil in über 200 Projekten initiative Gruppen in Dörfern, Quartieren und Regionen begleitet. Gestiegen sind die Nachfragen nach Weitervermittlung der gemachten Erfahrungen. Neben der Projektarbeit trägt Kulturmobil stark auch zur Professionalisierung im Bereich der soziokulturellen Animation bei.

7880

In der Abteilung Kulturvermittlung lässt sich die Wechselwirkung von Bildung, Wirtschaft und Kultur inhaltlich wie methodisch in den Projekten ablesen. Damit sind wir immer wieder herausgefordert, unsere Kriterien zu überdenken und den gesellschaftlichen Veränderungen beim Beurteilen von Gesuchen und bei Eigeninitiativen Rechnung zu tragen.

Nach wie vor besteht in der Schweiz ein Bedarf nach Koordination und Klärung der Zuständigkeiten im Bereich der Erwachsenenbildung. 1998 ist eine Diskussion mit den involvierten Bundesstellen in Gang gekommen, an der auch Pro Helvetia beteiligt ist. Anlass dazu war die Erstellung des Berichts «Weiterbildung in der Schweiz: Situation und Empfehlungen». In diesen Gesprächen hat sich u.a. gezeigt, dass der von Pro Helvetia geförderte Bereich anderweitig nicht abgedeckt ist.

B Volkskultur Die Zielsetzungen der vergangenen Jahre in diesem Förderungsbereich haben sich als stimmig erwiesen und bedürfen keiner wesentlichen Veränderung. Die deutliche Zunahme unterstützungswürdiger Gesuche ist Zeugnis für das Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit Identität, Herkunft und Geschichte.

Pro Helvetia wird sich in nächster Zukunft mit Inhalt und Begriff von «Volkskultur» befassen.

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?») A Kulturvermittlung 5.1 Kulturmobil hat sich bewährt.

Eine Weiterführung ist unverzichtbar. Ausbau in der italienischsprachigen Schweiz

Partizipation und Basisprojekte fördern, die zum Austausch von Fähigkeiten und Ressourcen führen und gemeinsames Handeln ermöglichen

Mit Kulturmobil führt Pro Helvetia seit 1984 ein eigenes, in der Schweiz einzigartiges innovatives soziokulturelles Projekt. Kulturmobil ist eine besondere Art, Projekte, die auf Initiative interessierter Gruppen in allen Sprachregionen des Landes zu Stande kommen, zu unterstützen und begleiten. Dies geschieht durch fünf erfahrene Animator/-innen, die partnerschaftlich mithelfen, Projektziele zu formulieren, Konzepte zu entwickeln, Finanzpläne zu erstellen und die Projekte zu realisieren. Ziel dieser Animationsarbeit ist u. a., die Initiativen als Kulturarbeit zu valorisieren und die Gruppen zu motivieren, die gemachten Erfahrungen auf neue Projekte zu übertragen. Je nach Bedarf steht eine vielseitig einsetzbare Infrastruktur zur Verfügung: Zwei Kleinlastwagen mit Theater- und Festzelt, Bühne, Licht- und Tonanlagen, Siebdruckeinrichtung, Ausstellungsmaterial, Video- und Foto-Ausrüstung.

Die Weiterführung der Kulturmobil-Arbeit ist unverzichtbar, weil sich damit eine breite Bevölkerung mit ihren Möglichkeiten und in ihrem Lebensumfeld partizipativ am kulturellen Leben beteiligen kann.

Bei Kulturmobil ist ein Ausbau der Tätigkeit in der italienischsprachigen Schweiz notwendig, um dem kulturellen Bedürfnis und Ideen7881

reichtum in dieser Sprachregion vermehrt Rechnung zu tragen. Als weiteres Element muss ­ auf Grund der gesteigerten Anfragen ­ die punktuelle Beratungsarbeit (ergänzend zu den längerfristigen Projektbegleitungen) ausgebaut werden. Daraus ergibt sich eine Krediterhöhung. Im Budget von Kulturmobil ist der Aufwand für Personal, Infrastruktur und Kosten der unterstützten Projekte enthalten.

Anmerkung zum Budget 2000: inkl. 100 000.­ für Anschaffung einer Digitalvideo-Einrichtung.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

664 500

830 000

730 000

730 000

800 000

5.2 Kulturvermittlung Inland beinhaltet kulturelle Erwachsenenbildung und soziokulturelle Erwachsenenbildung.

Kulturvermittlung konzentriert sich im Rahmen der kulturellen Erwachsenenbildung und soziokulturellen Animation schwerpunktmässig auf die Arbeit im Inland.

Gemeint sind: ­

interdisziplinäre, interkulturelle und spartenübergreifende Bildungs-, Animationsprojekte und Kulturveranstaltungen;

­

Tagungen, Workshops und Symposien zu aktuellen kultur und gesellschaftspolitischen Fragestellungen;

­

Projekte für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der soziokulturellen Animation und der kulturellen Erwachsenenbildung;

­

Projekte, in denen sozialgeschichtliche Entwicklungen aufgearbeitet und der Zugang zu heutigen gesellschaftlichen Realitäten geschaffen werden;

­

Projekte in Regionen mit eingeschränkter kultureller Infrastruktur;

­

Projekte mit und für Gruppen mit erschwertem Zugang zu Strukturen und Ressourcen des kulturellen Lebens.

Kulturvermittlung im Inland als Beitrag zur Verständigung und Partizipation

Mit der Unterstützung verschiedener, auch kleiner Projekte leistet Kulturvermittlung einen wesentlichen Beitrag zur regionalen, sprachübergreifenden und kulturellen Verständigung, unter Berücksichtigung zeitgemässer methodischer Umsetzung.

Projektberatung als qualitätssichernde Förderungsmassnahme neben finanziellen Beiträgen

Kulturförderung wird in der Abteilung Kulturvermittlung neben der Gewährung finanzieller Unterstützung auch in Form von Projektberatung geleistet. Diese ist eine Dienstleistung der Abteilung, als Beitrag zur Professionalisierung der Erwachsenenbildung und soziokulturellen Animation. Sie ist Ausdruck der Wertschätzung von Projektvorhaben. Im Hinblick auf die spätere Vergabe von Fördergeldern ist Projektberatung auch eine Form der Qualitätssicherung.

Anmerkung zum Budget: In den vergangenen Jahren hat sich deutlich gezeigt, dass die verfügbaren Mittel nicht ausreichen, um die Vielzahl von zukunftsweisenden Pilotprojekten und von engagierten Kulturinitiativen in peripheren Regionen im notwendigen Ausmass unterstützen zu können. Darauf lässt sich

7882

die einmalige Steigerung des Budgets auf Beginn der Finanzperiode zurückführen.

Anmerkung zum Anstieg für 2001: die Erhöhung beruht auf der absehbaren Zunahme von Projekten im Zusammenhang mit der Expo.01.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

190 500

280 000

350 000

280 000

280 000

5.3 Kontinuität bei wiederkehrenden Angeboten; Stützung der Aufbauarbeit.

Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass im Bereich der kulturellen Erwachsenenbildung und Soziokultur in zunehmendem Masse wiederkehrende Angebote von privat organisierten Trägerschaften realisiert werden (interdisziplinäre Kulturtage, regionale Kultur- und Bildungszentren, soziokulturelle Beratungsinitiativen). Um die in diesen Projekten geleistete wertvolle Aufbauarbeit nachhaltig zu sichern, müssen derartige kulturelle Initiativen vermehrt über einen längeren Zeitrahmen unterstützt werden.

Insbesondere in Regionen mit einem kleinen kulturellen Angebot ist die Erhaltung solcher Veranstaltungen eine wichtige Ergänzung zum bestehenden etablierten und institutionalisierten Kulturangebot.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

180 000

200 000

200 000

200 000

200 000

5.4 Vermittlung von Schweizer Kultur an Multiplikator/-innen im Ausland

In den letzten beiden Jahren kamen bei Austauschprojekten für Multiplikator/-innen wichtige Kontakte mit ausländischen Kulturinstitutionen zu Stande, mit Blick auf die Vermittlung von Schweizer Kultur und Landeskunde (z. B. internationale Tagung für Deutschlehrerinnen und -lehrer in Amsterdam). Vereinzelt konnte bereits auf Anfragen reagiert werden (Mitunterstützung von Symposien und Tagungen u. a.). Die anhaltende grosse Nachfrage nach einem breiteren schweizerischen Engagement hat zu neuen Konzepten geführt, für deren Realisierung zusätzliche Mittel gebraucht werden.

Dank dem Engagement von Pro Helvetia in der Vermittlung von landeskundlichen und kulturellen Inhalten an Multiplikator/-innen kann ein wichtiger Beitrag zur Wahrnehmung eines differenzierten Bildes der Schweiz im Ausland geleistet werden.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

25 000

100 000

100 000

100 000

100 000

7883

B Volkskultur 5.5 Publikationen im Bereich Volkskultur, Gründungs- und Ausbaubeiträge an Orts- und Regionalmuseen

Im Bereich Volkskultur werden Orts- und Regionalmuseen mit Gründungs- und Ausbaubeiträgen unterstützt. Diese Museen sind Ort, wo Geschichte und Brauchtum ­ aus Vergangenheit und Gegenwart ­ der Bevölkerung und Region aufgearbeitet und präsentiert wird. Ein weiterer Bereich ist die Unterstützung von Publikationen, die volkskundliche Themen aufarbeiten. Neben diesen aufwendigen Publikationen ist es vermehrt wichtig, auch andere ­ mehr erlebnisorientierte ­ Formen der Vermittlung (z. B. mündliche Formen der Überlieferung, Nutzung von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, regional abgestützte Veranstaltungen) zu unterstützen, um volkskundliche Inhalte und Fragen auch breiten Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen. Auch hier gilt, dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft und Geschichte identitätsbildend und damit Voraussetzung für einen kulturellen Austausch ist. Auf diesen Bedarf kann nur mit einer entsprechenden Budgeterhöhung adäquat reagiert werden.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

212 000

430 000

450 000

450 000

450 000

Neue Tätigkeitsfelder 5.6 Eigeninitiativen und Schwerpunktaktionen zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen

Kulturvermittlung will vermehrt durch kurzfristige Schwerpunktsetzungen und Eigeninitiativen aktiv auf laufende gesellschaftliche Prozesse einwirken oder durch nachhaltige Unterstützung von Projekten reagieren. Aus heutiger Sicht sind beispielsweise folgende gesellschafts- und kulturpolitischen Handlungsfelder denkbar: Neue Medien (Auswirkungen auf das kommunikative und kulturelle Leben), Interkulturalität (Mehrsprachigkeit, Verständigung, plurikulturelle Gesellschaft), Arbeitszeit­Freizeit (Veränderung von gesellschaftlichen Werten).

Mögliche Umsetzungsformen sind: Tagungen, Publikationen, Animations- und Austauschprojekte usw. Kulturvermittlung kann dabei Anstoss für ein solches Projekt geben, eine Initiative Dritter mittragen, verschiedene Interessengruppen zusammenführen oder einen entsprechenden Auftrag vergeben.

Eine Aufstockung des Budgets für diesen Schwerpunkt gibt Kulturvermittlung die Möglichkeit, in entscheidenden Fragestellungen besondere Akzente zu setzen und diskursive wie handlungsorientierte Impulse zu geben.

Budget 1998

7884

2000

2001

2002

2003

150 000

150 000

150 000

150`000

5.7 Internationales Forum für Fachleute der soziokulturellen Animation.

Projekt für ein internationales Forum für Fachleute der soziokulturellen Animation (im Rahmen von Kulturmobil) mit dem Ziel des Erfahrungsaustausches und der Vernetzung.

(In Budgetposten «Kulturmobil» 5.1 enthalten.)

Budget 1998

Total Ziffer 5

2000

2001

2002

2003

1 272 000 1 990 000 1 980 000 1 910 000 1 980 000

6 Réseaux ­ Internationaler Kulturaustausch Unter der Bezeichnung Réseaux sind seit 1992 die Pro Helvetia-Kulturstellen im Ausland und alle (spartenübergreifenden) Querschnittsdienste zusammengefasst, die primär Auslandarbeit leisten.

Wie der Name sagt, besteht die Aufgabe in der Vernetzung der verschiedenen Austauschaktivitäten der Stiftung mit dem Ausland. Unter «Austausch» wird eine breite Palette von Formen der Begegnung und Zusammenarbeit verstanden, die je nach Projekt und Affinitäten der beteiligten Kulturschaffenden sehr unterschiedlich aussehen können.

Mit der Schaffung von Réseaux wurde ­ neben der besseren Einbindung und Betreuung der Stellen im Ausland ­ der zunehmenden Bedeutung der Auslandarbeit Rechnung getragen, die über diejenige der spezialisierten Fachabteilungen, welche primär auf Gesuche hin tätig werden, hinausgeht.

Der Titel Réseaux ist Programm. Ihm liegen zwei Hauptziele zu Grunde: 1.

die Kreativität, Innovation und Qualität des schweizerischen Kunst- und Geistesschaffens zu stärken, indem es auf internationaler Ebene mit wichtigen Entwicklungen, Veranstaltungen und Partnern/Partnerinnen in Kontakt gebracht wird,

2.

im gleichen Zug eine verbesserte Vermittlung des schweizerischen Kunstschaffens ins internationale Kunstgeschehen gewährleisten ­ und umgekehrt.

Lücken in der Auslandarbeit sollen anhand folgender Methoden gefüllt werden: ­

Koordination und Vernetzung mit externen Partnern/Partnerinnen im In- und Ausland;

­

Einrichtung kleiner, möglichst flexibler Kulturbüros bzw.

-zentren im Ausland, dort, wo eine permanente Präsenz vor Ort notwendig ist.

7885

Die Arbeit der Abteilung Réseaux gliedert sich in die folgenden Bereiche/Dienste: ­

Aussenstellen ­ Kulturstellen im Ausland

­

Service Initiatives culturelles

­

Accueil et Echanges avec l'étranger

­

ECSN ­ Echanges culturels Sud-Nord

­

ECEO ­ Echanges culturels Est-Ouest (Aussenstellen Mittelosteuropa)

Aufgaben der einzelnen Dienste

Neben den seit langem zu den Stiftungsaktivitäten gehörenden Diensten Initiatives (welcher längerfristig geplante Eigenprojekte im Ausland entwirft und durchführt) und Accueil et Echanges (der den Personenaustausch mit dem Ausland betreut) sind in Réseaux die beiden Kulturaustauschdienste Ost-West und Süd-Nord integriert. Während die kulturelle Unterstützung der Länder Mittel- und Osteuropas auf einem Mandat des EDA innerhalb des vom Parlament beschlossenen Osteuropaprogrammes beruht, wurde der Kulturaustausch mit Ländern der südlichen Hemisphäre schon früher als eigenständige und ausgleichende Stiftungsaktivität eingerichtet.

Durchführung eigener Projekte der Stiftung, Vernetzung, Koordination und Beratung

Réseaux ist komplementär zu den spezialisierten Fachabteilungen tätig und leistet im Dialog mit ihnen einen wichtigen Teil der Grundlagenarbeit für die Auslandtätigkeit der Stiftung. Zur eigenen Projektarbeit kommt die Aufgabe der Vernetzung und Koordination (Zusammenarbeit mit EDA und BAK und privaten Institutionen) und die Beratung und Unterstützung von Projekten Dritter.

Längerfristige, spartenübergreifende Austauschprojekte

Unterstützt werden wechselseitige Austausch- und Begegnungsprojekte, insbesondere Vorhaben, die längerfristig und spartenübergreifend angelegt sind und in diesem Sinn interdisziplinär wirken. Bei der Konzeption der Projekte wird darauf geachtet, dass die teilnehmenden Kunstschaffenden im In- wie Ausland möglichst direkt einbezogen sind.

Aufbau und Betrieb von «Antennen» in Mittelosteuropa im Auftrag des EDA

Seit Anfang der Neunzigerjahre ist Pro Helvetia im Mandat des EDA für die Führung des Kulturteiles des Osteuropakredits verantwortlich.

Im gegenwärtig noch laufenden EDA-Leistungsauftrag (1996­1998) liegt der Schwerpunkt der Tätigkeiten auf den vier mittelosteuropäischen Ländern Polen, Tschechische Republik, Slowakische Republik

7886

und Ungarn. Zur Betreuung der Projekte hat Pro Helvetia in diesen vier Ländern 1992/93 kleine Aussenstellen eröffnet, die zur Verdeutlichung ihrer Funktion Antennen genannt werden. Diese werden vom Dienst Echanges culturels Est-Ouest betreut (vgl. Neue Tätigkeitsfelder). Da das EDA seine Aktivitäten ab 1999/2000 nach Südosteuropa verlagert, stehen die Mittel für die Antennen in Mittelosteuropa nicht mehr zur Verfügung. Pro Helvetia ist jedoch bereit, drei der vier Antennen ab 2000 über den ordentlichen Stiftungskredit zu finanzieren, sofern dieser angemessen erhöht wird.

Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») Längerfristige, mehrphasige Austauschprojekte, die auch in der Schweiz selbst stattfinden

Auf einseitige und lediglich punktuelle Präsentationsveranstaltungen ist so weit wie möglich zu verzichten. Prioritär gefördert werden sollen stattdessen längerfristig angelegte Projekte, die sich über mehrere Phasen entwickeln können und bei denen die schweizerische Seite eng mit ausländischen Partnern zusammenarbeitet. Aus der Erkenntnis, dass Auslandarbeit vermehrt auch im Inland stattfinden muss, sollen solche Projekte verstärkt auch in der Schweiz selbst stattfinden.

Wo braucht es im Ausland eine Vertretung der Stiftung vor Ort?

Eine unmittelbare Präsenz vor Ort in Form einer lokalen «Antenne» ­ im wörtlichen Sinn ­ in Ländern und Regionen, in denen auf keiner breiten Tradition kulturellen Austausches aufgebaut werden kann, ist ein wirkungsvolles Instrument und beste Voraussetzung zur Förderung des schweizerischen kulturellen und künstlerischen Schaffens mittels einer Intensivierung des Kulturdialoges. Soll die internationale Vermittlung schweizerischen Kultur- und Kunstschaffens über das einzelne Ereignis hinaus nachhaltig wirken und den gegenseitigen Austausch fördern, bedarf es an diesen Orten einer permanenten Struktur.

In Ländern und an Orten, die bereits gut mit der Schweiz vernetzt sind und zu denen im Bereich von Kunst und Kultur vielsträngige Beziehungen bestehen, braucht es keine Pro-Helvetia-Vertretung. Deshalb wurde z.B. die Vertretung der Stiftung in Berlin aufgehoben.

Abgrenzungen («Was wir warum nicht tun») Es werden keine ausschliesslichen Publikationsprojekte unterstützt, da der direkte persönliche Kontakt Hauptmittel einer nachhaltigen Begegnung sein soll.

Neue Tätigkeitsfelder

Neue Anforderungen und Aufgaben

In den letzten Jahren hat die Stiftung im Bereich Réseaux zahlreiche zusätzliche Aufgaben übernommen: Notwendige geographische Ausweitung der Initiatives-Tätigkeit über Westeuropa hinaus, Eigeninitiativen im Bereich Süd-Nord, universitärer Austausch im Gebiet Accueil et Echanges. Dazu kommen die neu aufgebauten Aussenstellen in Milano und Südafrika und die ab 2000 vom EDA zu übernehmenden Antennen in Mittelosteuropa. Dieser starke Aufgabenzuwachs im Bereich Réseaux konnte auf der Struktur-/Personalseite bisher nicht angemessen aufgefangen werden.

7887

Um die gesetzten Réseaux-Ziele zu erreichen und den Kriterien zu entsprechen (s. oben), kann sich die Arbeit nicht auf die simple Zusprechung eines Unterstützungsbeitrages beschränken ­ die «Renditeaussichten» würden damit durch fehlende Beachtung der Rahmenbedingungen in nicht vertretbarer Weise geschmälert. In zahlreichen Fällen sind in erster Linie Beratung, Begleitung und Weitervermittlung gefragt; zudem sind ein begleitendes Monitoring und Controlling und eine abschliessende Evaluation der Projekte erforderlich, um einen optimalen Mitteleinsatz zu gewährleisten. Das gilt sowohl für selbst initiierte Projekte wie für von Drittseite an die Stiftung herangetragene Gesuche. Alle diese Aufgaben aber sind sehr personalintensiv.

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?») 6.1 Aussenstellen Aussenstellen: Kulturzentren und Verbindungsbüros im Dienste des Schweizer Kulturschaffens

Im Vergleich mit ausländischen Kulturinstituten unterhält Pro Helvetia nur sehr wenige Vertretungen im Ausland. Da sie so weit wie möglich auf die lokalen Bedingungen abgestimmt sein sollen, folgen sie keinem einheitlichen Modell. Während in den kulturell und sprachlich benachbarten Ländern eigentliche Kulturzentren unterhalten werden, die auch Veranstaltungsorte sind (das Centre Culturel Suisse in Paris und das Centro Culturale Svizzero in Mailand), wurden in entfernteren Ländern so genannte Verbindungsbüros oder «Antennen» eingerichtet (Kairo, Kapstadt, Antennen Mittelosteuropa).

Ihr Hauptzweck ist es, als Drehscheiben, Netz- und Vermittlungsstellen zu fungieren, um das schweizerische Kulturschaffen in Kontakt zu setzen mit demjenigen des entsprechenden Landes und um für die Erhöhung seiner internationalen Vermittlung allgemein zu sorgen.

Die internationale Vermittlung und Bekanntmachung schweizerischen Kulturschaffens ist beste Voraussetzung für ein breiteres Verständnis schweizerischer Positionen auf den verschiedensten Gebieten. Besondere Anstrengungen sollen in der nächsten Finanzierungsperiode der erhöhten Vernetzung und Koordination unter den verschiedenen Aussenstellen und dem Dienst Initiatives zukommen.

6.1.1

Centre Culturel Suisse Paris

Seit seiner Gründung 1985 hat das Centre Culturel Suisse in Paris (CCSP) seine Projekte und sein Engagment vervielfacht und ist so zu einem anerkannten Ort in der Pariser Landschaft geworden und zu einer eigentlichen «Schleuse» für Schweizer Künstlerinnen und Künstler, die in Frankreich bekannt werden wollen.

Die Aufgaben des Teams haben sich deshalb beträchtlich erweitert.

Darüber hinaus verspürt Pro Helvetia das Bedürfnis, an der Schwelle zum Jahr 2000, verstärkt auf die Bedürfnisse junger, noch unbekannter Künstlerinnen und Künstler einzugehen. Deshalb möchte man dem kleinen Saal J.-J. Rousseau eine neue Funktion geben. Er könnte im Rahmen der Programmplanung wechselweise Ausstellungsgalerie für

7888

junge Plastiker und Fotografinnen sein oder Raum für Lektüre und literarische Begegnungen bieten und zu einem Ort für den direkten Austausch mit Verlegern und für Konferenzen werden, oder auch zu einem Pied-à-terre für kontaktsuchende Kulurvertreterinnen und -verteter aus der Schweiz (Pressekonferenzen, Versammlungsräume usw.).

Zusätzlich zu diesen Zielen soll das Zentrum in Paris in den kommenden Jahren verstärkt als Scharnierstelle und Antenne der Stiftung für Aktivitäten in ganz Frankreich eingesetzt werden. So sollen die vom CCSP konzipierten Projekte an andere Orte in Frankreich weitervermittelt werden, in Zusammenarbeit mit dem Dienst Initiatives und mit den Fachabteilungen. Nachdem das CCSP seine Wirksamkeit als vielbeachteter Ort im kulturellen Leben von Paris bewiesen hat, geht es in der Finanzierungsperiode 2000­2003 darum, die dank diesen neuen Funktionen möglichen Synergieeffekte zu nutzen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

1 485 000 1 850 000 1 950 000 2 050 000 2 150 000 6.1.2 Centro Culturale Svizzero Milano

1997 eröffnet, fungiert das Centro Culturale Svizzero Milano (CCSM) als Scharnierstelle zwischen schweizerischem und italienischem Kulturleben. Seine Aktivität beruht auf zwei Säulen: 1. CCSM als Verbindungsbüro und Kulturzentrum ­

Koordinations-, Vermittlungsbüro und Schaltstelle Schweiz­ Italien,

­

Eigenes Veranstaltungsprogramm in den Centro-Räumlichkeiten.

2. Initiierung und Durchführung von Projekten in ganz Italien (Initiatives-Arbeit) in Zusammenarbeit mit italienischen oder/und anderen ausländischen Partnern (Vermittlung von Projekten, Eigenproduktionen, Koproduktionen).

Das Centro hat seine Tätigkeit höchst erfolgreich begonnen und sich bereits ein beträchtliches Stammpublikum geschaffen. Es konnten jedoch insbesondere die Initiatives-Aufgaben wegen unzureichender Mittel und zu kleinem Personalbestand bisher nicht genügend zum Tragen kommen. Die Priorität der zusätzlich für das CCSM eingesetzten Mittel soll nicht dem Ausbau des eigenen Veranstaltungsprogrammes zukommen ­ vielmehr wird angestrebt, in ganz Italien breiter tätig zu sein, soweit wie möglich in Abstimmung mit dem Istituto Svizzero di Roma.

Budget 1998

838 000

2000

2001

2002

2003

950 000 1 050 000 1 150 000 1 250 000

7889

6.1.3 Pro Helvetia Kairo

Die Aussenstelle in Kairo initiiert und betreut über Ägypten hinaus Projekte in den arabischen Ländern. Die Arbeit der Pro-Helvetia-Delegierten in Kairo soll mit einem stärkeren Akzent auf Dialogprojekten in Zusammenarbeit mit lokalen Kulturschaffenden und -einrichtungen fortgesetzt werden. Verschiedene Vorhaben in den Bereichen Visuelle Künste, Film/Video, Musik, Theater, Tanz und Literatur werden über die entsprechenden Pro-Helvetia-Abteilungen abgewickelt. Dank der seit Anfang 1997 in Gaza stationierten freien Mitarbeiterin, die organisatorische und logistische Aufgaben erledigen kann, ist es auch möglich, einzelne Projekte in Palästina zu realisieren. Um die Möglichkeiten des Regionalbüros voll auszuschöpfen, sind unbedingt vermehrt auch die anderen Nachbarländer Ägyptens in die Projekte einzubeziehen. Der damit verbundene Mehraufwand ist gering und zahlt sich mehrfach aus (Multiplikationseffekte).

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

230 000

350 000

375 000

425 000

450 000

6.1.4 Liaison Office South Africa (Kapstadt)

1998 eröffnet, ist das Liaison Office in Südafrika die jüngste Antenne von Pro Helvetia im Ausland. Die Tatsache, dass der administrative Sitz sich im Herzen von Kapstadt befindet, hindert dieses nicht daran, sämtliche Eigenschaften eines mobilen Zentrums zu besitzen, das den gesamten südafrikanischen Raum abdecken will.

Beim Aufbau dieses Regionalbüros konnte von den Erfahrungen mit den Antennen in Mittelosteuropa profitiert werden. Das nun in Südafrika erprobte, leichte und mobile Modell soll seinerseits Rückwirkungen auf die Funktionsweise der anderen Aussenstellen haben.

Das Hauptziel der südafrikanischen Aussenstelle ist es, den Austausch zwischen schweizerischen und südafrikanischen Persönlichkeiten und Institutionen im kulturellen Bereich zu fördern. Deshalb besitzt sie keinen eigenen Veranstaltungsraum, sondern nutzt die dort bereits bestehenden Räumlichkeiten.

Physisch mit dem Schweizer Konsulat in Kapstadt verbunden, arbeitet das Liaison Office in Südafrika eng zusammen mit den diplomatischen Repräsentanten, unter Beibehaltung seiner Unabhängigkeit in der Programmation.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

150 000

300 000

325 000

375 000

400 000

6.1.5 Initiatives, die ambulante Antenne von Pro Helvetia

7890

Der Service Initiatives culturelles kann als «ambulante Aussenstelle» von Pro Helvetia bezeichnet werden. Da es finanziell ausgeschlossen ist, in allen Ländern, mit denen eine Zusammenarbeit wünschbar ist,

Aussenstellen einzurichten, arbeitet Initiatives ­ gemeinsam mit den spezialisierten Fachabteilungen ­ projektbezogen mit den verschiedensten Ländern zusammen. Der Dienst initiiert sparten- und länderübergreifende Projekte in Zusammenarbeit mit Kulturschaffenden, mit andern schweizerischen Institutionen und mit ausländischen Partnerorganisationen.

Initiatives realisiert Veranstaltungen in allen Disziplinen: Visuelle Kunst, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film. Dabei muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Künste zunehmend in Interaktionen treten und sich mehr und mehr vermischen. Pro Helvetia muss deshalb verstärkt diese Querverbindungen sichern und erfüllen helfen.

Die unten stehend erwähnten punktuellen oder nachhaltigen Interventionen sind oft noch sehr stark auf Europa zentriert, weil das Bedürfnis nach Integration gegenüber den Nachbarn wichtig bleibt. Um die Kenntnis und die Integration von Schweizer Künstlerinnen und Künstlern zu fördern und wertvolle Austauschprojekte und Koproduktionen zu realisieren, ist es wichtig, Projekte in der Schweiz zu entwickeln.

6.1.5.1 Aufbau von Kontaktnetzen

Entwickeln und Intensivieren eines Kontaktnetzes zwischen den Regionen, Städten, Stiftungen, nationalen wie internationalen Institutionen (z.B. eine Veranstaltungsreihe im Ausland oder Tanz- und Theater-«Vitrinen» für Professionelle).

6.1.5.2

Thematische Projekte

Studien zur Interdisziplinarität, zu einem Thema, einer Disziplin, einer Künstlerin oder einem Künstler (z.B. die internationalen, thematischen Veranstaltungen «Suisses visionnaire» und «Voglio vedere le mie montagne»).

6.1.5.3 Nachhaltige Projekte zwischen schweizerischen und ausländischen Künstlerinnen und Künstlern, Städten und Regionen (z.B. mit Bosnien, Mittelmeerländer, Südamerika).

Die neuen internationalen Begebenheiten erfordern eine Instensivierung der Kontakte zu Regionen, die auch ausserhalb von Europa liegen und/oder bisher kaum beachtet wurden. Verschiedene Gründe können Ursprung dieser Veränderungen sein, wie beispielsweise der Ausnahmezustand in Bosnien, die Problematik der an das Mittelmeer angrenzenden Länder, oder die Opportunität und Qualität einer Partnerorganisation.

Austausch und Koproduktion

Für die Periode 2000­2003 geht es in erster Linie darum, die bestehenden Aktivitäten markant zu verstärken und damit die Entwicklung von aussereuropäischen Aktivitäten vor allem mit Austauschprojekten und nachhaltigen Koproduktionen zu intensivieren.

7891

Neue Anforderungen und Perspektiven

Die Existenz dieses Bereichs ist neben den subsidiären Aufgaben von Pro Helvetia zentral. Einerseits erlaubt er eine Flexibilität und eine Handlungsfreiheit, welche notwendig sind, wenn man dem sich wandelnden kulturellen Milieu auf adäquate Weise begegnen will. Andererseits ist er ein unentbehrliches Instrument für eine dynamische Kulturpolitik, eine maximale Nutzung der bestehenden Synergien, und schliesslich trägt er zu einem lebendigen Bild bei, nicht nur der Institution, sondern in erster Linie des künstlerischen Lebens unseres Landes im Austausch mit der Welt.

Budget 1998

645 000

2000

2001

2002

2003

900 000 1 000 000 1 100 000 1 200 000

6.2 Accueil et Echanges avec l'étranger Accueil et Echanges unterstützt den projektbezogenen Personenaustausch

Accueil et Echanges fördert und unterstützt den projektbezogenen Personenaustausch von und nach der Schweiz. Er vermittelt zwischen in- und ausländischen Kunst- und Kulturschaffenden, Kulturinstitutionen, Universitäten, Botschaften und weiteren politischen Institutionen. Hauptbereiche der Arbeit sind die Unterstützung von Studienund Informationsaufenthalten von ausländischen Kulturschaffenden oder Geisteswissenschaftlern, welche über ein schweizerisches Thema recherchieren, die Unterstützung von Teilnahmen an Kolloquien, Symposien oder Festivals, von Lesungen, Vorträgen und Workshops schweizerischer Kulturschaffender im Ausland sowie die Förderung des Austausches im Bereich der Universitäten.

6.2.1

Aufenthalte in der Schweiz

Studien- und Informationsaufenthalte von ausländischen Kunstschaffenden aus allen Sparten bzw. den entsprechenden wissenschaftlichen Disziplinen, die in der Schweiz über ein schweizerisches, kulturelles Thema recherchieren oder sich mit Aspekten schweizerischer künstlerischer Aktivitäten vertraut machen möchten.

Die aktive, projektbezogene Zusammenarbeit der ausländischen Kunst- und Kulturschaffenden mit Schweizer Künstlern und Wissenschaftlerinnen soll zu einer erhöhten Vernetzung führen. Dazu sind neu die Möglichkeiten zu nutzen, die das Internet eröffnet.

Besonderer Wert ist auf die Organisation der Aufenthalte sowie auf die Betreuung der ausländischen Gäste in der Schweiz und auf ihre Weitervermittlung zu legen; die bisherige personelle Ausstattung des Dienstes Accueil et Echanges liess es nur ansatzweise zu, diese Aufgabe wahrzunehmen. Des Weiteren bedingt der notwendige Ausbau der Unterstützung ausländischer Künstlerinnen und Wissenschaftler bei Reisen in die Schweiz eine Mittelaufstockung.

Als eine der im Rahmen der «Tripartite»-Absprachen mit EDA und BAK als für die auswärtige Kulturpolitik der Schweiz prioritär defi-

7892

nierte Aufgabe sind die Mittel in diesem Bereich im Sinn einer Schwerpunktsetzung signifikant auszubauen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

175 000

275 000

325 000

350 000

400 000

6.2.2 Teilnahme an Kolloquien, Symposien und Festivals

Ob Schweizer Kunst- und Kulturschaffende an ein Treffen im Ausland gehen oder ausländische Referenten an schweizerische Veranstaltungen mit (inter-)nationaler Ausstrahlung kommen ­ z. B. in den Bereichen Kunst-, Film-, Musik- oder Literaturwissenschaften: Accueil et Echanges wird für Kolloquien, Symposien und Festivals im Bereich der Künste und ihrer theoretischen Aufarbeitung weiterhin die Teilnahme von kompetenten Persönlichkeiten, die über die erforderlichen kommunikativen Fähigkeiten verfügen, empfehlen, vorbereiten und finanzieren. Dies auf Eigeninitiative der Stiftung hin, auf Empfehlung diplomatischer Vertretungen oder auf Anfrage von Veranstaltern.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

212 000

275 000

300 000

325 000

325 000

6.2.3 Vorträge, Workshops, Lesungen

In diesem Bereich haben im Ausland stattfindende Lesungen, Vorträge, Workshops und andere Darbietungen, sowohl Einzelveranstaltungen als auch Tourneen, von Schweizer Kunstschaffenden und Fachleuten die klare Priorität. Neu sollen auch Internetprojekte mit ausgeprägtem Vernetzungscharakter gefördert werden können.

Pro Helvetia will aber ebenso die Möglichkeit von Gastveranstaltungen ausländischer Persönlichkeiten in der Schweiz ausbauen, sofern der Austausch- und Vernetzungsgedanke berücksichtigt ist. Veranstaltungen, die Künstler, Schriftstellerinnen, Geisteswissenschaftler aus aller Welt zusammenführen, sind wichtige Beiträge zur kulturellen Bereicherung unseres Landes, wenn sie in einem geeigneten Kontext stattfinden. Diese neuen Anforderungen machen zusätzliche Koordinations-, Vermittlungs- und Vernetzungsanstrengungen nötig.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

212 000

300 000

300 000

325 000

350 000

6.2.4 Universitärer Austausch

Die Präsenz von Schweizer Professorinnen, Professoren, Lehrkräften und Kunstschaffenden an ausländischen Universitäten soll eine Neuorientierung erfahren.

Der Akzent auf flexiblen, leichten, womöglich interdisziplinären und vor allem bilateral finanzierten und organisierten Modellen wird verstärkt. Angestrebt wird ausserdem eine geographische Diversifikation 7893

(neben den Vereinigten Staaten vermehrt Programme in Europa, Südamerika, Afrika, Asien, im Mittleren Osten). Verschiedene schweizerische Wissenschaftsorgane bleiben weiterhin Partner und Berater (Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Schweizerische Zentralstelle für Hochschulwesen, KoKo, Bundesamt für Bildung und Wissenschaft). In Absprache mit ihnen soll die Unterstützungstätigkeit von Pro Helvetia auf diesem Gebiet Modelle fördern, die folgende grundlegende Ausrichtung aufweisen: ­

eine nachhaltige Wirkung gewährleisten (im Sinne von weiterführenden und nicht nur punktuellen Projekten),

­

auf geistes- und kulturwissenschaftliche Themen fokussiert sein,

­

beziehungsfördernd vernetzt, d. h. gut in lokale Kommunikationsnetze eingebunden sein und

­

Bereitschaft der Partner- und Gastorganisationen zu Ko-Finanzierung und Ko-Organisation.

Flexible und auch zeitlich nicht zu starre Lösungen sind zu bevorzugen, um auf interessante Angebote von Lehr- und Forschungspartnerschaften eintreten zu können. Dazu gehören Modelle wie das Schweizerische Dokumentations- und Forschungszentrum (SDFZ) an der Fremdsprachen-Universität von Beijing, dessen Betrieb und Aktivitäten gemeinsam mit der Schweizerischen Hochschulrektorenkonferenz (SHRK) unterhalten wird und das Austauschprojekte in beiden Richtungen ermöglicht.

Neue Anforderungen und Projekte

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

175 000

250 000

275 000

300 000

325 000

Damit sich der Dienst über die rein administrative Verwaltung der immer zahlreicheren Projekte hinaus in verstärktem und angemessenem Masse der notwendigen Vernetzung und Vermittlung der Personen, der Evaluation und Weiterführung der Projekte sowie den immer anspruchsvolleren inhaltlichen Aufgaben widmen kann, ist eine Aufstockung der finanziellen und personellen Mittel notwendig. Accueil et Echanges will in Zukunft seine Vermittlungstätigkeit spürbarer und seine Projekte gegen aussen besser sichtbar machen und sieht deshalb im Aufbau besonderer, laufend aktualisierter Internet-Seiten ein wichtiges Hilfsmittel für den internationalen Informationsaustausch.

6.3 Echanges culturels Sud-Nord 6.3.1

Förderung des Verständnisses für die Kulturen der südlichen Hemisphäre

7894

Echanges culturels Sud-Nord wurde Mitte der Achtzigerjahre eingerichtet aus der Erkenntnis heraus, dass es auf diesem wenig etablierten Gebiet eine spezifische Kulturförderungspolitik braucht. Eine der wichtigsten Aufgaben besteht darin, mehr Verständnis für kulturelle

Beiträge aus der südlichen Hälfte des Globus zu schaffen, sei dies nun in der Sparte Musik, Film, Literatur, Theater, Tanz oder visuelle Kunst. Um dieses Ziel zu erreichen, engagiert sich Pro Helvetia auch in Beratung und Vermittlung sowie ­ soweit möglich ­ durch die Durchführung eigener Projekte. Dabei wird auf eine besonders enge Koordination mit Partnerorganisationen geachtet.

6.3.2 Förderungskriterien

Neben der künstlerischen Qualität als Grundvoraussetzung fallen bei der Förderung von Süd-Nord-Projekten spezielle Kriterien ins Gewicht.

Vermehrt sollen Veranstaltungen unterstützt werden, die ­

einen direkten Austausch und persönliche Begegnungen mit Künstlerinnen und Künstlern sowie Intellektuellen aus Südländern ermöglichen,

­

auf nachhaltige, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten aus Süd und Nord abzielen,

­

Südkultur besonders auch in Kleinstädte und in ländliche, weniger ereignisverwöhnte Regionen unseres Landes vermitteln,

­

Südkultur nicht als exotische Beigabe im Programm behandeln, sondern als eigenständigen künstlerischen Ausdruck wahrnehmen.

Über die punktuelle Unterstützung von Gesuchen hinaus wird Pro Helvetia im Süd-Nord-Kulturaustausch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Kulturvermittlern, Veranstaltern und Institutionen im In- und Ausland weiter ausbauen.

6.3.3 Schwerpunkt in der Auslandtätigkeit

Die Stiftung ist nach wie vor der Auffassung, dass dem in der Botschaft des Bundesrates von 1991 und von 1995 erteilten Auftrag an Pro Helvetia, vermehrt Projekte zu unterstützen, die auf einen Aufund Ausbau der kulturellen Beziehungen mit den Ländern der südlichen Hemisphäre abzielen, erste Priorität zukommt. Um den laufend zunehmenden Bedürfnissen bei der Beratung und Vermittlung gerecht zu werden und die in diesem Bereich besonders wichtigen Koordinationsaufgaben zu erfüllen, sollen die Mittel signifikant erhöht werden.

6.3.4

Neue Anforderungen und geographische Schwerpunktsetzungen

Das in Kapstadt neu eröffnete Verbindungsbüro wird die Kontakte zu den sich neu formierenden Kulturszenen im südlichen Afrika aktiv fördern. Dafür sind zusätzliche Mittel nötig. Als Vorbild dient die 1987 gegründete Aussenstelle von Pro Helvetia in Kairo, die mit grossem Erfolg eine Brücke zwischen Kulturschaffenden aus der Schweiz und dem arabischen Raum geschlagen hat. Geographische Schwerpunkte in der Tätigkeit ergeben sich durch die Präsenz von Pro Helvetia in diesen beiden Räumen, aber vermehrt auch über Vertrauens-

7895

personen der Stiftung, die als freie Mitarbeiter/innen projektweise eingesetzt werden können (wie in Bolivien, Indien und Senegal).

Budget 1998

2000

2001

430 000

800 000

900 000

2002

2003

900 000 1 000 000

6.4 Internationaler Austausch im Bereich Volkskultur Volkskultur

Im Rahmen der in allen Kunstsparten verstärkt zu berücksichtigenden Gesuche/Projekte im Bereich der Volkskultur ­ Unterstützung von Projekten, die einer breiten Bevölkerung den Zugang zu kultureller Teilnahme und Eigenaktivität ermöglichen ­, wird es besonders fruchtbar sein, auch in der Auslandarbeit diesem Ansatz verpflichtete Projekte zu fördern. Das gilt insbesondere für Accueil et Echanges (Personenaustausch zwischen dem Ausland und der Schweiz) und Kulturaustausch Süd-Nord: die Zusammenarbeit mit Partnern südlicher Länder, in denen in der breiteren Gesellschaft z.B. nicht zwischen «Kunst» und «Handwerk» unterschieden wird, eröffnet hier für verschiedene Ausdrucksformen schweizerischer Volkskultur viel versprechende, bisher wenig genutzte Perspektiven.

Budget 1998

Total Ziffer 6

2000

2001

2002

2003

200 000

200 000

200 000

200 000

4 552 000 6 450 000 7 000 000 7 500 000 8 050 000

7 Antennen Mittelosteuropa Weiterführung der bisher durch das EDA finanzierten Antennen in Mittelosteuropa

Das EDA hat Pro Helvetia für die Jahre 1999-2001 erneut einen Leistungsauftrag für den Kulturaustausch mit Osteuropa übertragen.

Verantwortlich und federführend für dieses Mandat ist wiederum die DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) resp. die AZO (Abteilung für Zusammenarbeit mit Osteuropa). Die Aktivitäten werden von Mittelosteuropa nach Südosteuropa (Rumänien, Bulgarien, Mazedonien, Albanien) und die GUS (Ukraine) verlagert.

Um den Abbruch der kulturellen Zusammenarbeit mit den Visegrad-Ländern und einen abrupten Rückzug von der nun achtjährigen Aufbauarbeit in diesem Raum zu verhindern, ist Pro Helvetia bereit, den Auftrag der Pflege der kulturellen Beziehungen zu Mittelost- wie zu Osteuropa zu übernehmen und die entsprechenden Aufgaben neu über den ordentlichen Vierjahres-Kredit (2000­2003) der Stiftung zu decken. Dafür sind zusätzliche Mittel notwendig.

Pro Helvetia plant, die Antennen im Visegrader Raum, die nur bis Ende 1999 über den Sonderkredit Osteuropa des EDA finanziert werden, als Aussenstellen der Stiftung zu übernehmen. Die Infrastrukturen der als «Kontaktstellen» und «Regionalbüros» weitergeführten

7896

Antennen werden dem veränderten Aktivitätenprofil angepasst. Die vierte Antenne dagegen ­ wahrscheinlich diejenige in Bratislava ­ soll geschlossen werden. Pro Helvetia muss sich auf jeden Fall vorbehalten, je nach zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln andere Formen der Präsenz und der Vertretung in den Ländern Mittelosteuropas bzw. je nach Erfordernissen einen anderen Mitteleinsatz zu prüfen.

Die Antennen werden aus Spargründen redimensioniert und künftig als Kontaktstellen ohne Bibliotheken und Dokumentationsstellen weitergeführt. Kosteneinsparungen sind über die Redimensionierung der Infrastruktur erreichbar, ferner dadurch, dass die Antennen längerfristig so weit als möglich von einheimischen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern geführt werden. Die in diesem Bereich ausfallenden Dienstleistungen sollen teilweise über die ausgebaute Vernetzung via Internet kompensiert werden.

Im Unterschied zur Praxis während des EDA-Mandats werden künftig Austauschprojekte mit der Schweiz im Vordergrund stehen. Die Mittel, die den Antennenleiterinnen für punktuelle Projekte in ihrem Einzugsbereich zur Verfügung stehen, sind deshalb zu beschränken. Um die bisherige Arbeit nicht zu gefährden, werden allerdings von Fall zu Fall weiterhin einzelne lokale Projekte unterstützt, auch wenn sie keinen direkten Bezug zur Schweiz haben (direkte Förderung einheimischer Kulturschaffender).

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

(1998 über EDA)

1 306 000 1 306 000 1 306 000 1 306 000

Total Ziffer 7

1 306 000 1 306 000 1 306 000 1 306 000

8 Kommunikation/Filmdienst 8.1 Kommunikation Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») Die Abteilung Kommunikation stellt Informationsmittel her, mit denen über das kulturelle Leben der Schweiz informiert wird. Der Ausstoss an gedruckter Information (Broschüren, Zeitschrift «Passagen», Komponistenblätter, Prospekte) entspricht der Produktion eines grösseren Verlags. Der angesehene NZZ-Buchverlag hat sich schriftlich sehr positiv zum Inhalt und zur Gestaltung der Broschüren geäussert, die Nachfrage im Inland ist innert kurzer Zeit stark angestiegen.

Zudem informiert die Abteilung über die Aktivitäten der Stiftung. Zusätzlich zur Jahres-Medienkonferenz führt die Abteilung Medienanlässe in den Sprachregionen durch, die sich mit besonderen Aktivitäten der einzelnen Abteilungen befassen. Diese Medienanlässe zu den 7897

Cahiers d'artistes, zu den Werkbeiträgen Literatur oder zu den Kompositionsaufträgen haben in der Regel eine gute Resonanz gefunden.

Einzig eine Jahrespressekonferenz in Fribourg vermochte nicht genügendes Medieninteresse zu finden, weil sich die Medienschaffenden aus den grossen Zentren nicht in die zweisprachige Stadt begeben wollten.

Starke Resonanz erfahren die Pro-Helvetia-Broschüren im Ausland. In ihnen werden einzelne Aspekte des kulturellen Lebens in der Schweiz beleuchtet. Einzig die italienischsprachigen Broschüren konnten weder im Tessin noch in Italien eine breite Leserschaft finden.

Das direkte Gespräch und die direkt erfolgende Verteilung der Informationsmittel führen erfahrungsgemäss zu guten Kontakten mit Personen, die sich für die Schweiz oder für die Aktivitäten der Stiftung interessieren. So konnte an einem Sprachlehrerkongress in Amsterdam, an der Buchmesse in Frankfurt, an der Fiera d'arte in Bologna und am Salon du livre et de la presse in Genf an eigenen Messeständen Informationen direkt im Stiftungssekretariat abgegeben und verteilt werden.

Das kulturelle Auskunftsbüro der Dokumentationsstelle wird zeitweise mit Anfragen aus Ost- und Mitteleuropa sowie aus dem nordafrikanischen Raum geradezu überschwemmt, was zu Kapazitätsengpässen führt.

Noch ist es nicht gelungen, einen elektronisch geführten Veranstaltungskalender über Internet der hausinternen Gesuchsverwaltung anzukoppeln.

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?») 8.1.1 Information über die Tätigkeit von Pro Helvetia

Mit Pressemitteilungen und Berichten über Internet und Nachrichtenagenturen, mit der Produktion und mit dem Aussand eines detaillierten Jahresberichts, an Medienanlässen und Messeständen sowie mittels eines umfangreichen Veranstaltungskalenders wird regelmässig über Pro Helvetias Aktivitäten im In- und Ausland informiert.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

175 000

210 000

250 000

250 000

250 000

8.1.2 Behandlung von kulturellen Themen aus gesamtschweizerischer Perspektive

7898

Die wenigen noch bestehenden Schweizer Verlage denken und arbeiten in der Regel sprachregional. Pro Helvetia ist die Spezialistin für die Wahrnehmung der Schweiz als Ganzes. Ein Kennzeichen der Pro-Helvetia-Broschüren sowie der Zeitschrift Passagen ist die Behandlung von kulturellen Themen aus gesamtschweizerischer Perspektive. Das bedeutet, dass jeweils kulturelle Manifestationen und

Leistungen stets aus allen vier Sprachräumen der Schweiz zur Darstellung gelangen.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

275 000

400 000

400 000

400 000

400 000

8.1.3 Zeitschrift Passagen

Die Beiträge der zweimal jährlich in drei Sprachausgaben erscheinenden Zeitschrift Passagen werden in Zukunft als «abstracts» auch im Internet zugänglich sein.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

240 000

260 000

260 000

260 000

260 000

8.1.4 Zeitschriftenund ZeitungsAbonnements

Mit der Intensivierung der Vermittlung von Abonnements von Zeitschriften und Zeitungen aus der Schweiz in alle Welt wird Kulturinstitutionen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit geboten, sich kontinuierlich über das kulturelle Leben in der Schweiz zu informieren.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

32 000

32 000

32 000

32 000

32 000

8.1.5 Ausweitung der Informationsblätter über Schweizer Kunstschaffende

Zusätzlich zu den Komponistenblättern und zur neuen Serie Filmemacher aus der Schweiz wird die Serie Autorinnen und Autoren aus der Schweiz Lesern im Ausland die Literaturszene der Schweiz in mehreren Sprachen und mit Übersetzungsbeispielen näherbringen. Die drei Informationsblätter-Reihen können auch als Plakate für Veranstaltungen mit Schweizer Künstlerinnen und Künstlern im Ausland eingesetzt werden.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

45 000

125 000

125 000

125 000

125 000

8.1.6 Gesprächsreihe zu kulturellen Themen

In einer neuen Veranstaltungsserie werden kulturelle Themen gesamtschweizerisch angepackt. Gespräche über das Theaterschaffen, über die zeitgenössische Architektur, über die Tanzszene oder über die Lage der Literatur sollen als Foren für Interessierte aufgebaut werden.

7899

8.1.7 Berichte von Kunstschaffenden

Die neu geplante Publikation Projekte ­ projets wird in Berichten von Kunstschaffenden aufzeigen, wie Kunst aus der Schweiz in der Welt vermittelt wird. Mit dieser Publikation wird gleichzeitig für Verständnis für Künstlerinnen und Künstler geworben und Öffentlichkeitsarbeit für die Stiftung betrieben.

8.1.8

Informationsverbreitung über das Internet

Ein elektronischer Veranstaltungskalender soll über Internet Zugang zu Informationen über alle Schweizer Kultur-Manifestationen im Ausland ermöglichen (mit Namen sowie Orts- und Zeitangaben). Mit dieser Massnahme wird der weltweit zunehmenden Bedeutung elektronischen Zugriffs auf Informationen Rechnung getragen. Gleichzeitig wird dank der Anbindung des Pro-Helvetia-Internet-Sites an das elektronische Suchsystem culturelinks.ch die Möglichkeit geboten, leichter an Daten aus der Schweizer Kulturlandschaft zu kommen.

Parallel dazu wird das eigene Informationsangebot der Stiftung über Internet ausgebaut.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

30 000

90 000

90 000

90 000

90 000

8.1.9 Der Vertrieb der Pro Helvetia-eigenen Veröffentlichungen ermöglicht weltweite Distribution und ist Bedingung für die Entwicklung des Publikationsprogramms.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

55 000

100 000

100 000

100 000

100 000

Total Ziffer 8.1

852 000 1 217 000 1 257 000 1 257 000 1 257 000

8.2 Filmdienst Reflexion der bisherigen Tätigkeit («Was hat sich bewährt, was nicht?») Beitrag zum Bild der Schweiz im Ausland

Das vom Volumen her kleine Filmland Schweiz hat keine Filmindustrie, aber eine künstlerisch und inhaltlich hochstehende FilmManufaktur, deren Qualität von Kennern und Veranstaltern von kulturellen Programmen im Ausland geschätzt wird.

Der Filmdienst, der im Jahr rund 40 Veranstaltungen im Ausland mit etwa 300 Filmen organisiert, kann heute der starken Nachfrage nach Filmen aus der Schweiz kaum mehr nachkommen. Ausser in den europäischen Ländern, vor allem in den an die Schweiz grenzenden Staaten, wie Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, werden Vorstellungen mit Schweizer Filmen im Rahmen unserer Projekte gut

7900

besucht. Problematisch sind in diesen erwähnten Nachbarländern vor allem die Programme geworden, die eine Übersicht über die schweizerische Filmproduktion von mehreren Jahren geben möchten, also Panoramaprogramme, da die Etikette «Schweizer Film» alleine kaum mehr Publikum anzieht. Vermehrt werden themenspezifische oder z. B. eine Ausstellung begleitende Filmprogramme gewünscht.

Positives Echo auf das Projekt Switzerland and World War II

Die positiven Erfahrungen und die erfreuliche Resonanz des 1997/98 in den USA durchgeführten Projektes Switzerland and World War II, wo ein Dutzend Schweizer Filme aus den Jahren 1946 bis 1997, begleitet von Historikern, Filmemacherinnen und Filmemachern in Boston, Chicago, Houston, Los Angeles, New York und Washington gezeigt und kommentiert wurde, bezeugen den starken Wunsch nach Begegnung und Austausch.

Neben Programmen, die in Zukunft vermehrt thematisch konzipiert werden sollten, müssen wir auch Pakete zusammenstellen, die den Film als Kunst präsentieren, also Reihen, die den Ton, das Licht, die Kamera usw. zum Inhalt haben. In Zukunft ist stärker darauf zu achten, dass Programme ganz bewusst auf die Gastländer zugeschnitten sind.

Abgrenzungen («Was wir warum nicht tun»)

Kooperation in der Auslandarbeit

Die Sektion Film des Bundesamtes für Kultur und Pro Helvetia haben im September 1998 gemeinsam den Auftrag erteilt, ein Konzept für die zukünftige Zusammenarbeit der für den Schweizer Film im Ausland tätigen Institutionen zu erstellen. Gesucht wird ein gemeinsames Konzept der intensiveren Kooperation.

Ziele, Kriterien, Projektarten («Mit welchen Massnahmen streben wir welche Ziele an?») 8.2.1

Pflege des Austausches zwischen den Sprachregionen

Im Inland unterstützt der Filmdienst Programme, die den kulturellen Austausch zwischen den Sprachregionen pflegen und fördern. Pro Helvetia leistet finanzielle Beiträge an Filmprogramme, die in den vier Sprachregionen jeweils Filme aus einer der anderen Regionen präsentieren, und stellt bei Bedarf ihre Filmkopien zur Verfügung.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

50 000

50 000

50 000

50 000

50 000

8.2.2 Begleitete Filmprogramme für das Ausland

Der Filmdienst zeigt im Ausland in Zusammenarbeit mit nichtkommerziellen Partnern, wie Cinematheken, Kommunalen Kinos, Kulturinstituten, Filmclubs, Universitäten, etc. Programme mit Schweizer Filmen im Sinne des bilateralen Kulturaustauschs. Diese Veranstaltungen werden begleitet von Filmemachern und Filmemacherinnen oder Sachverständigen, die dem Publikum die Filme erläutern und

7901

Einblick in das schweizerische Filmschaffen gewähren. Die Konzeption der Programme erfolgt in Zusammenarbeit mit den Partnern.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

805 000

800 000

800 000

800 000

800 000

Neue Tätigkeitsfelder 8.2.3 Vermittlung und Promotion des Schweizer Films im Inland

Der Filmdienst initiiert, konzipiert, organisiert und/oder unterstützt kulturvermittelnde Veranstaltungen mit Schweizer Filmen, um den Schweizer Film im eigenen Land wieder bekannt zu machen. Es scheint uns paradox, im eigenen Land weniger für die kulturelle Vermittlung des Schweizer Films zu tun, als im Ausland. Wer nicht in Locarno, Solothurn oder Genf an die Festivals gehen kann, hat heute immer seltener die Möglichkeit, Schweizer Filme kennen zu lernen.

Der Schweizer Film wird vom Schweizer Publikum auch deshalb geringschätzt, weil es ihn eigentlich gar nicht kennt.

Um den Schweizer Film an noch mehr Orten dem Schweizer Publikum näher zu bringen, will Pro Helvetia in der Inlandarbeit neue Pfade begehen und die Vermittlungsarbeit ausweiten, also nicht nur zwischen den Sprachregionen verbinden, sondern auch innerhalb eines sprachlichen Territoriums; selbstverständlich möglichst in Zusammenarbeit mit bestehenden Filmclubs oder Organen wie z.B. Cinélibre.

Es könnten Filmpakete zu aktuellen Themen angeboten werden. Zum Beispiel hätte Switzerland and World War II, die Film- und Referatsreihe, welche 1997/98 in mehreren Städten der USA gezeigt wurde, auch in der Schweiz zirkulieren können. Es liessen sich Programme konzipieren, die Themen wie «Multikulturelle Schweiz ­ eine Legende?» oder «Flüchtlinge ­ Asylpolitik» zum Inhalt haben, aber auch Pakete, welche, analog zu unserer Arbeit im Ausland, den Film als Kunst präsentieren und vermitteln sollen. Auch Retrospektiven vergessener oder zu wenig zur Kenntnis genommener Filmemacher, aber auch Reihen international renommierter Schweizer Fimautoren.

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

200 000

200 000

200 000

200 000

8.2.4 Vermittlung von ausländischen, kulturell wichtigen und nötigen Filmprogrammen in der Schweiz

7902

Pro Helvetia praktiziert bereits in einigen Bereichen den bilateralen Kulturaustausch mit dem Ausland. Das soll auch im Filmbereich in Kooperation (und in Absprache mit der Sektion Film/BAK) mit den über siebzig Filmklubs und deren Dachverband Cinélibre umgesetzt werden:

Im Sinne einer Reziprozität sollen interessante und nötige Filmprogramme aus dem Ausland einem einheimischen Publikum gezeigt werden können.

Budget 1998

Total Ziffer 8.2

2000

2001

2002

2003

150 000

150 000

150 000

150 000

855 000 1 200 000 1 200 000 1 200 000 1 200 000

9 Spartenübergreifende Aktivitäten Projekte und Eigeninitiativen mit interdisziplinärem Charakter und/oder kulturpolitischer Bedeutung

Für kulturpolitisch bedeutende, spartenübergreifende Projekte Dritter und Eigeninitiativen führt Pro Helvetia ein Budgetgefäss, aus welchem der Leitende Ausschuss auf Antrag von mehr als einer Fachgruppe entsprechende Beiträge gewährt.

Zu solchen Projekten und Aktivitäten mit interdisziplinärem Charakter und von stiftungspolitischer Bedeutung, die aus diesem so genannten Pool finanziert werden, zählen beispielsweise die Publikationsreihe Cahiers d'artistes (vgl. 1.4), das Kulturprogramm im Rahmen des Gastauftrittes der Schweiz an der Frankfurter Buchmesse, das facettenreiche Austauschprojekt Catur Yuga mit Südostasien 1997/98 oder die Filmreihe Switzerland and World War II.

Auch Beiträge an die jeweiligen Gastauftritte von Schweizer Kunstschaffenden im Rahmen der Kulturhauptstädte Europas werden mit Pool-Mitteln finanziert.

Wie wichtig solche «Investitionen» in das Image der Schweiz im Ausland sind, zeigt das einleitende Kapitel «Kulturförderung in einem sich rasch wandelnden Umfeld» auf: nur in der aktiven Kooperation und im kontinuierlichen Austausch mit dem Ausland kann die Kultur ihre impulsgebende Rolle für die gesellschaftliche Entwicklung auch im Inland erfüllen und der politischen Isolation des Landes entgegenwirken.

Für die Jahre 2000 und 2001 sind höhere Budgetmittel eingesetzt, weil Pro Helvetia im Vor- und Umfeld der Expo.01 mit zusätzlichen Projekten und Aktivitäten rechnet, bei denen die Stiftung gegebenenfalls als Partnerin anderer Institutionen auftreten wird.

Budget 1998

Total Ziffer 9

2000

2001

2002

2003

2 675 000 3 500 000 3 500 000 3 000 000 3 000 000

7903

10 Gemeinkosten Produktion und Verwaltung Gemeinkosten Produktion ermöglichen kulturelle Aktivität

Pro Helvetia unterscheidet bei jenen Ausgaben, welche nicht unmittelbar in Kulturprojekte Dritter fliessen, zwischen Gemeinkosten Produktion und Gemeinkosten Verwaltung. In den Bereich Produktion fallen sämtliche Kosten, aus welchen direkt oder indirekt kulturelle Aktivität oder Produktion resultiert. Dabei meint «direkt» beispielsweise die Kosten für das Personal, welches für Kulturprojekte der Stiftung eingesetzt wird, etwa die Veranstaltungen des Filmdienstes im Ausland oder die Projekte des Dienstes Initiatives.

«Indirekt» bezieht sich auf die Ausgaben für die Sachbearbeitenden, die beratend und begutachtend zur Realisierung kultureller Vorhaben beitragen, einschliesslich der diesbezüglichen Kosten für die Expertentätigkeit der Mitglieder des Stiftungsrates.

Unter die Gemeinkosten Verwaltung fallen insbesondere die nicht projektausgerichteten Personalkosten, und die Infrastrukturkosten für das Sekretariat (Zürich und Genf).

Die eigentlichen Verwaltungskosten machen heute rund 5% des Gesamtbudgets aus

Diese eigentlichen Administrativkosten (Gemeinkostenanteil Verwaltung) machen mit knapp 1,5 Mio. Franken heute rund 5% des Stiftungsbudgets aus.

Die nachfolgende Tabelle fasst die einschlägigen Budgetkonti in Hauptgruppen zusammen; die Zahlen beziehen sich auf das Budget 1998.

Stiftungsrat (Expertentätigkeit, Sitzungsgelder, Reisespesen) Personalkosten (Saläre, Sozialleistungen, Weiterbildung, Reisespesen)

Verwaltung

Total

490 000

10 000

500 000

4 601 000 1 179 000 5 780 000

Liegenschaften (Miete, Reinigung, Heizung, Unterhalt)

432 000

73 000

505 000

Büroeinrichtungen, -material (inkl. Versicherungen)

107 900

26 100

134 000

Kommunikation (Kopiermaschinen, Informatik, Telekommunikation)

575 000

129 000

704 000

Diverse Verwaltungskosten

230 000

56 000

286 000

71 000

0

71 000

Casa Pantrovà (Lohn Haushälterin, Unterhalt usw.)

Total 1998 7904

Produktion

6 506 900 1 473 100 7 980 000

Budget 1998

Total Ziffer 10

2000

2001

2002

2003

7 980 000 8 700 000 8 780 000 8 860 000 8 940 000

Pro Helvetia hat in den vergangenen Jahren zusätzliche Aufgaben übernommen (neue Aussenstellen z. B.) und wird auch künftig solche übernehmen müssen. Dies hat u. a. auch zur Folge, dass die Gemeinkosten leicht ansteigen werden (durchschnittliche Zunahme für die Jahre 2000­2003: 10,5%), allerdings deutlich unterproportional zum anvisierten Anstieg der Gesamtmittel. Auch unabhängig von personalintensiven neuen Aufgaben wäre es jedenfalls unseriös, bei steigenden Gesamtmitteln gleichbleibende Gemeinkosten zu prognostizieren.

7905

Zusammenfassung Budget

1 Visuelle Künste 2 Musik 3 Literatur und Geisteswissenschaften 4 Theater/Tanz 5 Kulturvermittlung, Volkskultur 6 Réseaux ­ Internationaler Kulturaustausch 7 Antennen Mittelosteuropa 8 Kommunikation und Filmdienst 9 Spartenübergreifende Aktivitäten (Pool) 10 Gemeinkosten Produktion und Verwaltung Gesamttotal

7906

Budget 1998

2000

2001

2002

2003

Total 2000­2003

2 183 000 2 400 000 2 946 000 3 556 000 1 272 000 4 552 000 (EDA-Kredit) 1 707 000 2 675 000 7 980 000 29 271 000

2 910 000 3 460 000 3 830 000 4 959 000 1 990 000 6 450 000 1 306 000 2 417 000 3 500 000 8 700 000 39 522 000

3 250 000 3 490 000 3 880 000 4 959 000 1 980 000 7 000 000 1 306 000 2 457 000 3 500 000 8 780 000 40 602 000

3 540 000 3 550 000 3 930 000 4 959 000 1 910 000 7 500 000 1 306 000 2 457 000 3 000 000 8 860 000 41 012 000

3 900 000 3 740 000 3 930 000 4 959 000 1 980 000 8 050 000 1 306 000 2 457 000 3 000 000 8 940 000 42 262 000

13 600 000 14 240 000 15 570 000 19 836 000 7 860 000 29 000 000 5 224 000 9 788 000 13 000 000 35 280 000 163 398 000

«Sollte Pro Helvetia nicht...?» Antworten auf häufig gestellte Fragen Hat Pro Helvetia eine Kontrolle über die Wirksamkeit der von ihr eingesetzten Steuergelder?

Stichwort: Erfolgskontrolle

Pro Helvetia legt grösstes Gewicht auf eine umfassende Beurteilung der ihr eingereichten Beitragsgesuche. Die in den einzelnen Abteilungen definierten Kriterien bezüglich Qualität, Professionalität, gesellschaftlicher Relevanz, Innovationsgehalt und Nachhaltigkeit bilden die Grundlage für diese Form der Projektevaluation. Pro Helvetia hat in Zusammenarbeit mit der Konferenz der kantonalen und städtischen Kulturbeauftragten einen entsprechenden «Leitfaden für die Evaluation von Kulturprojekten» erarbeitet.

Die nachträgliche Überprüfung der erzielten Wirkung eines realisierten Projektes ist heute noch nicht die Regel. Pro Helvetia hat diese Form der Nachevaluation als Aufgabe erkannt und erste Schritte im Hinblick auf ein Konzept der systematischen Wirkungskontrolle unternommen. Eine solche hat einerseits zum Ziel, die Wirksamkeit ­ im Sinne von Effizienz und Effektivität ­ der von Pro Helvetia eingesetzten Mittel und die Erreichung ihrer übergeordneten Förderungsziele zu überprüfen. Anderseits dient die Rückmeldung der gewonnenen Erkenntnisse an die Projektverantwortlichen dazu, einen Beitrag zu einem Lern- und Entwicklungsprozess in den verschiedenen Sparten und Themen der Kulturförderung zu leisten (Verbesserung der Projekte bezüglich Zielerreichung, Management und Nachhaltigkeit; Unterstützung von Vernetzungen und Transferleistungen).

Sollte Pro Helvetia nicht eher klare Schwerpunkte setzen, statt unzählige kleine Beiträge breit zu verteilen?

Stichwort: Schwerpunkte vs. «Giesskanne»

Pro Helvetia betreibt keine Giesskannenförderung. Die Frage geht von einem unechten Gegensatz aus, wie nur schon folgendes kleine Beispiel zu illustrieren vermag: Ein Beitrag an die Übersetzung einer Einzelpublikation wird kaum als Schwerpunktförderung bezeichnet werden. Wenn es sich jedoch um ein bedeutendes Werk handelt, das in der Übersetzung eine breite Leserschaft findet und entsprechend nachhaltig wirkt, dann ist möglicherweise mehr erreicht als mit einem massiven Beitrag an ein grosses Unterfangen, das aber in der Wirkung einem Strohfeuer gleicht.

Gewichtige Budgetposten institutioneller Natur können als Schwerpunktsetzungen gesehen werden, wie z. B. die Pro-Helvetia-Initiative Kulturmobil oder die Kulturzentren in Paris und Milano, aber auch mit weniger Mitteln ausgestattete Einrichtungen wie die Antennen in Kairo und Kapstadt.

Schwerpunkte setzen kann auch heissen, herausragende Künstlerinnen oder Veranstalter mehrfach im gleichen Jahr, oder über mehrere Jahre hinweg immer wieder, zu unterstützen ­ die einzelne Beitragsleistung erscheint dann punktuell betrachtet fälschlicherweise als dünner Strahl aus der Giesskanne.

7907

Daneben beantwortet Pro Helvetia aber auch zahlreiche Einzelgesuche positiv. Denn auch ein kleiner Pro-Helvetia-Beitrag gilt als Gütesiegel für Qualität und öffnet für Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller häufig andere Geldquellen.

Bei Projekten im Ausland kann auf Grund des Wechselkurses bzw.

des tieferen lokalen Kostenniveaus auch ein in Schweizer Franken kleiner Beitrag sehr viel bewirken.

Sollte Pro Helvetia nicht ihren Stiftungsrat verkleinern und die Zahl der Mitarbeitenden in den Geschäftsstellen Zürich und Genf reduzieren, um weniger Geld für die Verwaltung und mehr für Kulturförderung auszugeben?

Stichwort: «Bürokratie»

Pro Helvetia vergibt Steuergelder. Zur Qualitätssicherung ist sie auf Experten angewiesen, die mit ihrem Fachwissen für einen optimalen Einsatz der beschränkten Mittel bürgen. Die Zahl der Sachgebiete hat sich, wie in allen Lebensbereichen, vergrössert; die Gebiete sind komplexer geworden: Unterschied man früher beispielsweise lediglich zwischen E- und U-Musik, müssen inzwischen mindestens Klassik, Jazz, Improvisation, Rock, Pop, Chancon, Volksmusik auseinander gehalten werden. Schon jetzt ist das eigentlich wünschenswerte Prinzip, für jedes Gebiet mehr als eine einzelne Fachperson zur Beurteilung eines Projektes heranziehen zu können, kaum mehr gewährleistet.

Die Zahl der von Pro Helvetia behandelten Gesuche hat sich in den letzten Jahren drastisch erhöht: In nur fünf Jahren stieg sie um 60% an, von rund 2000 im Jahre 1991 auf 3166 Gesuche im Jahre 1997.

Der Personalbestand erhöhte sich im gleichen Zeitraum um lediglich rund 10%, obwohl sich nebst der Mehrzahl an Gesuchen auch andere neue Arbeitsfelder auftaten (man denke nur schon an die Aussenstellen).

Der Zuspruch eines Geldbetrages ist nur eines der Förderungsmittel von Pro Helvetia. Die von Kunstschaffenden und Veranstaltern gewünschte Unterstützung umfasst immer mehr auch Beratung und Vermittlung. Dies sind personalintensive Aufgaben, die der dafür notwendigen personellen Kapazitäten und eines grossen Know-hows bedürfen.

Mit Pro Helvetia vergleichbare ausländische Kulturinstitute wie das Goethe-Institut oder die Alliance Française weisen anteilsmässig weit höhere Personalausgaben auf und sind immer wieder vom geringen Personalaufwand von Pro Helvetia beindruckt.

Zum Verhältnis der Aufwände für Verwaltungsangelegenheiten und Kulturförderung ist anzumerken, dass Pro Helvetia mit Verwaltungskosten im engeren Sinne von rund 5% (ermittelt von der Treuhandfirma Price Waterhouse) ihrer verfügbaren Mittel im institutionellen Quervergleich sehr gut dasteht. Mit Blick auf die Aufwendungen für den Stiftungsrat bestätigte auch die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte im Bericht über ihre Tätigkeit 1994/95, dass «die jähr-

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lichen Kosten ... auf Grund dieses Milizsystems ... unter den Ansätzen des Bundes für externe Experten» lägen.

Sollte Pro Helvetia angesichts der isolierten Stellung der Schweiz in Europa und der Welt nicht vor allem a. ihre Kräfte auf die Beziehungen zum Ausland konzentrieren?

b. die Kultur des eigenen Landes, seine Identität und damit seine Unabhängigkeit und seine Widerstandskraft stärken?

Stichwort: Verhältnis Inland-/ Auslandarbeit

Das Bundesgesetz von 1965 überträgt Pro Helvetia den doppelten Auftrag, die einheimische Kultur zu fördern und die kulturellen Beziehungen zum Ausland zu pflegen ­ mit gutem Grund: Beides geht Hand in Hand, vielfältig sind die gegenseitig befruchtenden Wirkungen. Wenn Pro Helvetia eine Südamerika-Tournée des Orchestre de Chambre de Lausanne unterstützt, weil extra für diese Gelegenheit ein neues Schweizer Werk (von Jarrell) geschrieben wurde, dann sind hier Inland- und Kreativitätsförderung eng verquickt mit Auslandtätigkeit.

Die Quoten der Budgetmittel, die Pro Helvetia für Ausland- bzw. Inlandaktivitäten einsetzt, betragen seit langem gut 60% resp. knapp 40%. Diese statistische Feststellung hat allerdings nur beschränkte Aussagekraft: Eben weil die beiden Dimensionen der Stiftungstätigkeit letztlich kaum zu trennen sind. Kulturaustausch mit dem Ausland beginnt und endet im Inland. Erst die Herausbildung und die Reflexion der eigenen Identität schafft die Voraussetzung für kulturellen Austausch. Ein Land, das sich nicht zu fremden Kulturen in lebendigen Bezug setzt, kann sich nicht entwickeln.

Im Übrigen findet Auslandarbeit nicht nur im Ausland statt: Die Offenheit einer Gemeinschaft gegenüber anderen Kulturen misst sich nicht zuletzt an ihrem Umgang mit den Ausländerinnen und Ausländern im Inland. Und auch von hier stattfindenden interkulturellen Projekten, an denen ausländische Kunstschaffende beteiligt sind, erhält das Schweizer Kulturleben wichtige Impulse.

Pro Helvetia ist dafür geschaffen worden, auf Bedürfnisse der kulturell Interessierten zu reagieren, indem sie ihnen mit Beiträgen die Realisierung ihrer Vorhaben ermöglicht; sie soll jedoch keine eigenen Initiativen entwickeln.

Stichwort: Reagieren auf Gesuche vs.

Eigeninitiativen

Der erste Teil der Aussage stimmt, der zweite nicht: Es entsprach weder dem Gründerwillen noch jenem des Gesetzgebers von 1965, dass Pro Helvetia rein reaktiv tätig sei. Die Stiftung wurde in akuter Bedrohungslage bei Ausbruch des 2. Weltkrieges als durchaus selbst handlungsfähiges Instrument zur aktiven Stärkung der schweizerischen Identität und damit ihrer Abwehrkraft gegründet: Gezielt und mit Umsicht sollten die vorhandenen geistigen Werte und kulturellen Güter geschützt, die Kontakte zwischen den verschiedenen Kulturgebieten des Landes gestärkt und das aktuelle kreative Schaffen gefördert werden: Schrifttum, Theater, Film, Radio nannte die Botschaft des Bundesrates von 1938 explizit. Schliesslich sollte Pro Helvetia über die Landesgrenzen hinaus «planmässig und in ständiger Tätig7909

keit» an das Ausland herantreten und dort um das «Verständnis für die kulturelle und politische Eigenart unseres Landes» werben.

All diese Aufgaben sollte die Stiftung wahrnehmen, indem sie sowohl Anregungen von Institutionen und Einzelpersonen zur Prüfung entgegennimmt wie auch selbst solche Anregungen ausarbeitet und, wo diese von keiner anderen Stelle übernommen werden können, selbst umsetzt.

An diesen Grundsätzen hat sich bis heute nichts geändert. Allerdings: Zwischen der Unterstützung Dritter und Eigeninitiativen verlaufen die Grenzen fliessend. Bei Gesuchen arbeitet Pro Helvetia oft beratend für Programm, Promotion, Vernetzung, Vermittlung mit. Und eigene Initiativen entwickelt sie, indem sie jeweils Impulse und Ideen gibt und die Projekte beratend und finanziell unterstützend begleitet, während sie für die eigentliche Ausführung Partner sucht, die über das entsprechende Know-how verfügen.

Versucht man trotz dieser fliessenden Übergänge eine Ausscheidung der Budgetanteile für Gesuche resp. Initiativen, so ergeben sich in einer groben Annäherung 2/3 für erstere bzw. 1/3 für letztere.

Warum bemüht sich die Schweizer Kulturstiftung in Zeiten knapper öffentlicher Budgets nicht vermehrt um private Mittel?

Stichwort: Private Mittel für Pro Helvetia

Pro Helvetia erfüllt einen Auftrag, welcher auf Gesetzesebene formuliert ist. Sie betrachtet die öffentliche Kulturförderung als eine staatliche Aufgabe, die nicht «privatisiert» werden kann. Selbstverständlich ist sich Pro Helvetia der Bedeutung und des Anteils der privaten Kulturförderung in der Schweiz bewusst und koordiniert ihre Aktivität soweit möglich mit den privaten Institutionen, z. B. mit der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft kultureller Stiftungen (SAKS).

Private Kulturförderung ist jedoch keine Alternative zur staatlichen, sondern deren Ergänzung. Nur eine staatliche Kulturförderung, welche keinerlei privaten Interessen verpflichtet ist, kann eine dezentrale Förderung und damit eine hohe «kulturelle Dichte» gewährleisten.

Pro Helvetia sieht ihre Aufgabe insbesondere darin, neue, ungewohnte, noch nicht akzeptierte Ausdrucksformen zu fördern. Oft im Gegensatz zu den Privaten und in Ergänzung zu Gemeinden und Kantonen hat die Schweizer Kulturstiftung nicht nur das zu fördern, was gefällt, sondern sie muss darauf achten, dass sich die weniger publikumsträchtige und damit auch kaum kommerzialisierbare Kunst entfalten kann. Das kann sie nur, wenn sie finanziell unabhängig ist, ihre Mittel also rein öffentliche sind.

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Das «System Pro Helvetia»

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