zu 94.434 n Parlamentarische Initiative Sandoz Familiennamen und Bürgerrecht der Ehegatten und Kinder Bericht vom 31. August 1998 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats Stellungnahme des Bundesrates vom 19. April 1999

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, im Sinne von Artikel 21quater Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG; SR 171.11) unterbreiten wir Ihnen unsere Stellungnahme zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats vom 31. August 1998 (BBl 1999 ...) mit Anträgen für eine Revision des Zivilgesetzbuchs (ZGB; SR 210). Vorgeschlagen wird, die Artikel 30 Absatz 2, 134 Absätze 1 und 2 sowie 149 des Zivilgesetzbuchs und den Artikel 44 Buchstabe a des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (Bundesrechtspflegegesetz, OG; SR 173.110) aufzuheben. Gleichzeitig sollen die Artikel 160, 161, 267a, 270 und 271 ZGB, der Artikel 8a des Schlusstitels zum ZGB sowie der Artikel 4 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG; SR 141.0) vom 29. September 1952 geändert und mit den Artikeln 160a und 270a ZGB zwei neue Bestimmungen in das Zivilgesetzbuch aufgenommen werden. Diese Änderungen haben zum Ziel, die Gleichstellung von Ehegatten in Bezug auf den Familiennamen zu verwirklichen. Die vorgeschlagenen Neuerungen ziehen Änderungen der Regelung über den Familiennamen der Kinder nach sich. Schliesslich sollen auch die Bestimmungen über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Ehegatten und der Kinder in die Revision einbezogen werden, um in diesem Bereich ebenfalls die volle Gleichstellung der Geschlechter zu verwirklichen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. April 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

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1999-4550

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Alt Nationalrätin Sandoz hat am 14. Dezember 1994 eine parlamentarische Initiative in Form einer allgemeinen Anregung eingereicht. Darin wird eine Änderung der Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs verlangt, um Mann und Frau in Bezug auf den Familiennamen gleichzustellen.

Bereits die Revision des Eherechts vom 5. Oktober 1984 hatte die Gleichstellung von Mann und Frau zum Ziel. Hinsichtlich der allgemeinen Wirkungen der Ehe und des Güterrechts wurde dieses Anliegen mit dem Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs auf den 1. Januar 1988 auch verwirklicht. Vorbehalten blieben lediglich der Familienname und das Bürgerrecht. Bei der Regelung des Familiennamens sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen. Der Familienname gehört zu den besonders wichtigen Persönlichkeitsrechten; er bezeichnet eine Person und unterscheidet sie von anderen. Weiter dient der Familienname dem öffentlichen Interesse, indem er den Behörden die Identifizierung einer Person und ihre Eintragung in die Zivilstandsregister ermöglicht. Der Familienname hat auch die Funktion, eine Person einer bestimmten Familie zuzuordnen und damit deren Einheit zu betonen. Bei der Regelung des Familiennamens muss schliesslich die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann berücksichtigt werden. Diese Kriterien wurden im Rahmen der erwähnten Revision des Eherechts von 1984 unterschiedlich gewichtet, was zu lebhaften Diskussionen führte. Auch die Neuregelung des Kantons- und Gemeindebürgerrechts war stark umstritten. Gesetz wurde schliesslich ein Kompromiss, welcher der Gleichstellung der Geschlechter nur unvollständig Rechnung trägt.

Seit dem Inkrafttreten des neuen Eherechts sind über zehn Jahre vergangen. Während dieser Zeit hat die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der gesellschaftlichen Entwicklung an Bedeutung gewonnen. Dementsprechend hat sich auch die Rechtsprechung der Gerichte weiterentwickelt. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 22. Februar 1994 in Sachen Burghartz c/Schweiz (Serie A Nr. 280) im konkreten Fall dem Vorbehalt betreffend den Namen und das Bürgerrecht, den die Schweiz zu Artikel 5 des Siebten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention angebracht hat, die Wirkung versagt. Der Bundesrat hat in der Folge Artikel 177a der Zivilstandsverordnung
(SR 211.112.1) geändert und damit die Konsequenz aus einer verfassungs- und menschenrechtskonformen Auslegung des Zivilgesetzbuchs gezogen, wie sie die Lehre bereits vor dem Entscheid des Gerichtshofs verlangt hatte1.

Die parlamentarische Initiative Sandoz fordert nun eine Revision des Zivilgesetzbuchs, um der geschilderten Entwicklung Rechnung zu tragen. Wie das Vernehmlassungsverfahren gezeigt hat, ist die Zeit für eine Lösung gekommen, die der Ehefrau und dem Ehemann bei der Wahl des Familiennamens für sich und die Kinder die gleichen Rechte zugesteht. Begrüssenswert ist, dass der Entwurf der Kommission des Nationalrats die Frage des Kantons- und Gemeindebürgerrechts mit einbe-

1

Vgl. Cyril Hegnauer und Peter Breitschmid, Grundriss des Eherechts, 3. Aufl., Bern 1993, S. 131 f., Rz. 13.28.

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zieht, um auch in diesem Bereich die Ungleichbehandlung von Mann und Frau zu beseitigen.

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Stellungnahme des Bundesrates

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Grundsätzliche Zustimmung zum Entwurf der Rechtskommission des Nationalrats

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Wahl des Familiennamens der Ehegatten

Die parlamentarische Initiative will in erster Linie den Familiennamen der Ehegatten neu regeln, um die Gleichstellung von Frau und Mann zu verwirklichen. Artikel 160 Absatz 1 des Kommissionsentwurfs ermöglicht den Brautleuten, durch Erklärung gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten entweder den bisherigen oder angestammten Namen der Braut oder des Bräutigams als gemeinsamen Familiennamen zu bestimmen. Die Brautleute können aber auch erklären, dass beide ihren bisherigen oder angestammten Namen weiterführen. Wenn keine Erklärung abgegeben wird, so behalten die Eheleute nach Artikel 160 Absatz 2 des Entwurfs ihre bisherigen Namen. Auf den amtlichen Doppelnamen im Sinne des geltenden Artikels 160 Absätze 2 und 3 ZGB und nach Artikel 160 Absätze 3 und 4 des Vernehmlassungsentwurfs soll verzichtet werden.

Der Bundesrat unterstützt die Stossrichtung dieser Vorschläge. Die freie Wahlmöglichkeit zwischen dem Namen der Braut und demjenigen des Bräutigams als künftigem Familiennamen entspricht der Gleichberechtigung und unterstreicht im Übrigen das Selbstbestimmungsrecht der Eheleute. Der Familienname ist ein wesentliches Element der Identität jedes Menschen. Es ist deshalb gerechtfertigt, dass sich die Brautleute darüber bei der Heirat verständigen. Die Persönlichkeitsrechte werden insofern gewahrt, als jeder Ehegatte die Freiheit hat, entweder den Namen der Partnerin oder des Partners zu übernehmen oder seinen bisherigen Namen fortzuführen.

Dagegen kann sich der Bundesrat nicht damit einverstanden erklären, auf den amtlichen Doppelnamen, der mit der Revision des Eherechts 1988 eingeführt worden ist, wieder zu verzichten. Dies würde zu einer radikalen Veränderung der geltenden Namensregelung führen, die in weiten Kreisen der Bevölkerung kaum auf Verständnis stossen dürfte. Im Vernehmlassungsverfahren haben denn auch von den 26 Kantonen und übrigen 41 Interessierten, die geantwortet haben, lediglich 12 Kantone und 8 Interessierte für den Verzicht auf den Doppelnamen plädiert. Die Mehrheit befürwortet dessen Beibehaltung. Der Doppelname entspricht dem Bedürfnis, die Namenskontinuität und damit die Persönlichkeitsrechte der Brautleute zu wahren, gleichzeitig aber die Verbundenheit der Ehegatten untereinander und mit den Kindern im Namen zum Ausdruck zu bringen. Der Doppelname hat sich
in der Praxis gut eingebürgert und erfreut sich einer zunehmenden Beliebtheit. Der Verzicht darauf will deshalb nicht einleuchten. Er würde den Druck wieder verstärken, einen gemeinsamen Familiennamen zu wählen, um zum Ausdruck zu bringen, wer zu wem gehört. Im Gegensatz zum Vernehmlassungsentwurf sollte aber der Doppelname nicht nur einem Ehegatten zur Verfügung stehen, welcher den Namen des andern als Familiennamen annimmt, sondern beiden Ehegatten, wenn sie ihre bisherigen Namen weiterführen wollen.

Da bei der Auflösung der Ehe inskünftig sowohl für geschiedene wie für verwitwete Personen die Freiheit bestehen soll, den früheren Namen wieder anzunehmen (dazu 5308

hinten Ziff. 212), ist der Bundesrat im Übrigen der Auffassung, dass kein zwingendes Bedürfnis besteht, statt den bisherigen Namen fortzuführen, einen angestammten Namen wieder anzunehmen (Art. 160 Abs. 1 Ziff. 2 E), falls die Brautleute keinen gemeinsamen Familiennamen wählen.

Der Bundesrat hat zwar durchaus Verständnis für den Wunsch der Kommission, die Namensregelung zu vereinfachen. Dieses Anliegen darf indessen nicht zu Lasten begründeter familienpolitischer Anliegen gehen. Soll die Wahlfreiheit im Interesse einer Rechtsvereinfachung eingeschränkt werden, so möchte der Bundesrat eine Lösung zur Diskussion stellen, bei welcher die Brautleute nur zwischen einem gemeinsamen Familiennamen und der Weiterführung ihrer bisherigen Namen unter Beifügung des Namens des Partners beziehungsweise der Partnerin wählen könnten. Diese Lösung hätte den Vorteil, dass sie nicht nur die volle Gleichstellung von Frau und Mann gewährleistet, sondern im Sinne der Namensregelung von 1988 in beschränktem Umfang auch die Namenseinheit in der Familie wahren würde.

In Artikel 160 Absatz 3 ihres Entwurfs schlägt die Kommission vor, dass Eheleute, die ihren bisherigen Namen behalten haben, bei der Geburt oder der Adoption ihres ersten Kindes erklären können, fortan den Namen der Frau oder des Mannes als gemeinsamen Familiennamen führen zu wollen. Dieser Vorschlag ist nach Meinung des Bundesrates zu begrüssen, wenn man vom Kommissionsvorschlag ausgeht. Er entspricht zahlreichen Stellungnahmen im Vernehmlassungsverfahren und begünstigt die Einheit des Familiennamens im Zeitpunkt der Geburt oder Adoption des ersten Kindes der Ehegatten.

Zusammenfassend beantragt der Bundesrat, Art. 160 wie folgt zu fassen: Art. 160 1

Die Brautleute erklären gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten, dass sie: a.

den bisherigen oder angestammten Namen der Braut oder des Bräutigams als gemeinsamen Familiennamen führen; oder

b.

beide ihren bisherigen Namen weiterführen.

2

Wenn keine Erklärung abgegeben wird, behalten die Eheleute ihren bisherigen Namen.

3

Werden die bisherigen Namen weitergeführt, so können die Braut und der Bräutigam erklären, dem bisherigen Namen denjenigen des andern anfügen zu wollen.

4

Tragen die Brautleute bereits einen solchen Doppelnamen, so können sie lediglich den ersten Namen als gemeinsamen Familiennamen wählen oder zu einem Doppelnamen verbinden.

5

Eheleute, die ihre bisherigen Namen behalten haben, können bei der Geburt oder der Adoption ihres ersten Kindes erklären, fortan den Namen der Frau oder des Mannes als gemeinsamen Familiennamen führen zu wollen.

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Alternativvorschlag: Art. 160 B. Familienname 1

Die Brautleute wählen den bisherigen oder angestammten Namen der Braut oder des Bräutigams zum gemeinsamen Familiennamen.

2

Wählen sie keinen gemeinsamen Familiennamen, so führen beide ihren bisherigen Namen weiter und fügen den Namen des andern an.

3

Tragen sie bereits einen solchen Doppelnamen, so können sie lediglich den ersten Namen als gemeinsamen Familiennamen wählen oder zu einem Doppelnamen verbinden.

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Familienname nach der Auflösung der Ehe

Der neue Artikel 160a, der die Namensfrage bei Auflösung der Ehe einheitlich und unabhängig davon regelt, aus welchen Gründen diese erfolgt, befriedigt nur inhaltlich, nicht aber aus systematischer Sicht. Nach Auffassung des Bundesrates ist es nicht angezeigt, in einer Bestimmung im fünften Titel über «Die Wirkungen der Ehe im allgemeinen» die namensrechtlichen Folgen der Scheidung, des Todes eines Ehegatten, der Ungültigerklärung der Ehe oder der Auflösung der Ehe infolge Verschollenerklärung zu regeln. Denn in all den genannten Fällen geht es nicht um die Wirkungen der Ehe, sondern vielmehr um die Wirkungen der Auflösung der Ehe.

Der Bundesrat schlägt deshalb vor, die Namensänderung infolge Todes eines Ehegatten in einem neuen Artikel 30a ZGB zu regeln: Antrag des Bundesrates: Art. 30 Marginale 2. Namensänderung a.

Im Allgemeinen

Art. 30a (neu) b. Bei Tod eines Ehegatten Stirbt ein Ehegatte, so behält der andere den bei der Heirat erworbenen Familiennamen, sofern er nicht innerhalb eines Jahres nach dem Tod gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklärt, dass er wieder den angestammten Namen oder den Namen, den er vor der Heirat trug, führen will.

Art. 119 Randtitel und Absatz 2 A. Familienname 2

Aufgehoben

Erläuterungen: Der Familienname nach Auflösung der Ehe ist im Zivilgesetzbuch folgendermassen geregelt: Bei Scheidung gilt Artikel 119 Absatz 1 in der Fassung vom 26. Juni 1998 (AS 1999 1118 ff.), der auf den 1. Januar 2000 in Kraft treten wird. Bei Ungültiger5310

klärung der Ehe finden nach Artikel 109 Absatz 2 des revidierten ZGB die Bestimmungen über die Scheidung und damit Artikel 119 Absatz 1 dieses Erlasses sinngemäss Anwendung. Die Verschollenerklärung löst ab dem 1. Januar 2000 nach Artikel 38 Absatz 3 des revidierten ZGB von Gesetzes wegen die Ehe auf, und es können die gleichen Rechte geltend gemacht werden wie beim Tod eines Ehegatten (Art. 38 Abs. 1 ZGB). Dass sich in diesem Fall die Jahresfrist für die Abgabe der Namenserklärung seit der rechtskräftigen Auflösung der Ehe berechnet, ergibt sich ohne weiteres durch Gesetzesinterpretation. Eine ausdrückliche Bestimmung erübrigt sich. Zu regeln bleibt damit der Namenswechsel bei Auflösung der Ehe durch Tod eines Ehegatten. Nach dem Vorschlag des Bundesrates ist dafür ein neuer Artikel 30a ZGB vorzusehen.

Der bisherige Absatz 2 von Artikel 119 des revidierten ZGB ist zu streichen, da nach dem Entwurf der Rechtskommission des Nationalrats die Eheschliessung inskünftig keine Auswirkungen mehr auf das Kantons- und Gemeindebürgerrecht hat.

Der Randtitel kann entsprechend angepasst und präzisiert werden.

Im Übrigen ist der Entwurf der Rechtskommission des Nationalrats an die Änderung des Zivilgesetzbuchs vom 26. Juni 1998 anzupassen: Die beantragte Streichung von Artikel 134 Absätze 1 und 2 sowie von Artikel 149 ZGB ist gegenstandslos geworden.

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Bürgerrecht der Ehegatten

Die Änderung von Artikel 161 ZGB, wonach die Eheschliessung keinen Einfluss auf das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Ehegatten mehr hat, wird vom Bundesrat ebenfalls unterstützt. Allerdings könnte diese Änderung bei der heutigen Zivilstandsregisterführung zu einem administrativen Mehraufwand führen, da mit Rücksicht auf die Gleichberechtigung von Vater und Mutter die Kinder wohl in die Familienregister an den Heimatorten beider Elternteile einzutragen sind. Im Hinblick auf die geplante Neukonzeption der Registerführung im Zivilstandswesen (insbesondere Übergang zum Einheitsregister, vgl. Projekt «INFOSTAR») dürfte sich der administrative Mehraufwand jedoch in Grenzen halten.

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Familienname des Kindes

Artikel 270 Absatz 1 (Satz 1) des Kommissionsentwurfs schreibt vor, dass das Kind verheirateter Eltern ihren Namen erhält, wenn sie einen gemeinsamen Namen führen. Tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind den Namen, den die Eltern bei der Heirat oder bei der Geburt oder der Adoption des ersten Kindes für ihre gemeinsamen Kinder gewählt haben (Art. 270 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs). Somit ist gesetzlich vorgeschrieben, dass alle gemeinsamen Kinder den gleichen Familiennamen erhalten. Damit wird die Einheit der Familie gestärkt. Die vorgeschlagene Wahlmöglichkeit der Eltern wird vom Bundesrat begrüsst. Die Tatsache, dass bei der Namenswahl beide Eltern beteiligt sind, betont ihre Verantwortung und konkretisiert wiederum die Gleichberechtigung von Frau und Mann. Dass die Brautleute sich nicht bereits bei der Heirat auf einen gemeinsamen Familiennamen für die Kinder einigen müssen, ist durchaus sinnvoll. Diese Lösung zwingt sie nicht zu der Wahl in einem frühen Zeitpunkt, in dem vielleicht noch kein Kinderwunsch besteht.

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Allerdings geht aus dem Entwurf nicht klar hervor, ob eine bei der Heirat getroffene Namenswahl definitiv ist, oder ob die Eltern bei der Geburt oder Adoption des ersten Kindes den Namen noch ändern können. Es ist durchaus denkbar, dass die Eltern ihre Meinung später ändern und auf die bei der Heirat getroffene Namenswahl zurückkommen möchten. Dieser Punkt sollte geklärt werden, und zwar im befürwortenden Sinn. Es wäre kaum sachgerecht, wenn Eltern, die bereits im Zeitpunkt der Heirat eine Namenswahl für das Kind getroffen haben, bei einem späteren Meinungswechsel ein Verfahren auf Namensänderung im Sinne von Artikel 30 Absatz 1 ZGB für ihr Kind einleiten müssten. Nach Auffassung des Bundesrates ist es vorzuziehen, wenn die Eltern auf die frühere Wahl zurückkommen und die endgültige Entscheidung immer noch bei der Geburt oder Adoption des ersten Kindes treffen können.

Der Entwurf enthält keine Regelung für den Fall, dass sich die Eltern über den Namen des Kindes nicht einigen können. Die Möglichkeit vormundschaftlicher Massnahmen wird nicht ausdrücklich erwähnt. Der Bundesrat ist aus verschiedenen Gründen mit dieser Regelung einverstanden. Zunächst verstärkt der Verzicht auf eine subsidiäre gesetzliche Lösung den Grundgedanken von Artikel 270 Absatz 1 des Entwurfs. Er verdeutlicht, dass die Wahl des Familiennamens zur Privatsphäre gehört und in der Elternverantwortung liegt. Die Eltern dürfen sich nicht zu schnell ihrer Verantwortung für das Kind entziehen und darauf verzichten, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Im Übrigen ist es unnötig, eine Frage im Gesetz zu regeln, die in der Praxis kaum Probleme verursachen dürfte. Sollte dennoch einmal der Fall eintreten, dass sich die Eltern trotz der Beratungsmöglichkeiten, z. B. durch enge Verwandte oder eine Ehe- oder Familienberatungsstelle, nicht auf einen Namen einigen, so kann die Vormundschaftsbehörde am Wohnsitz des Kindes gestützt auf Artikel 307 ZGB die Eltern ermahnen und ihnen Weisungen erteilen. Dabei ist das Kindeswohl bestmöglich zu wahren und die familiäre Situation des Kindes zu berücksichtigen. Andere denkbare Lösungen (z. B. Losziehung, Name der Mutter oder Name des Vaters) vermögen nicht zu überzeugen. Es wäre widersprüchlich, wenn das Kind bei Uneinigkeit der Eltern entweder den Namen der Mutter oder den Namen des Vaters erhalten
würde. Die vorliegende Revision will ja gerade die Gleichberechtigung verwirklichen und nicht diese in Frage stellen. Losziehung wäre institutionalisierte Willkür und weder mit dem Kindeswohl noch mit der persönlichkeitsrechtlichen Bedeutung des Namens vereinbar.

Würde Artikel 160 in einer der beiden vom Bundesrat unterbreiteten Varianten verabschiedet, so müsste der Artikel 270 durch einen Absatz 3 ergänzt werden: Art. 270 Abs. 3 3

Führen die Mutter oder der Vater infolge Eheschliessung einen Doppelnamen, so erhält das Kind lediglich den ersten Namen.

Die Namensregelung für das Kind unverheirateter Eltern übernimmt das geltende Recht (Art. 270 Abs. 2 ZGB), das dem Kindeswohl entspricht. Bei Geburt eines Kindes unverheirateter Eltern besteht in vielen Fällen zunächst lediglich zur Mutter ein Kindesverhältnis, während das Kindesverhältnis zum Vater durch Anerkennung (oder Vaterschaftsklage) oft erst noch hergestellt werden muss. Es entspricht dem Kindeswohl, dass das Kind von Gesetzes wegen den Namen seiner Mutter erhält, damit eine Namenseinheit mit der Person entsteht, mit der es in aller Regel seit der Geburt auch zusammenlebt.

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Artikel 270a des Entwurfs der Kommission wird vom Bundesrat grundsätzlich unterstützt, obwohl es materiell darum geht, Artikel 259 ZGB einzuschränken. Die schon in der Lehre angeregte Änderung verbessert die Rechtsstellung der Kinder.

Der Familienname eines Menschen ist ein wichtiger Bestandteil seines Persönlichkeitsrechts. Wenn jemand gegen seinen Willen den Namen wechseln muss, ist damit auch die Persönlichkeit betroffen. Es ist deshalb gerechtfertigt, dass das urteilsfähige Kind zustimmen muss, wenn sich sein Name infolge Heirat seiner Eltern ändern soll. Die Festlegung einer Altersgrenze hat den Vorteil der Klarheit. Auf die Urteilsfähigkeit des Kindes im konkreten Einzelfall abzustellen, wäre kaum praktikabel. Allerdings kann man sich mit guten Gründen fragen, ob die von der Kommission für Rechtsfragen vorgesehene Altersgrenze von 16 Jahren nicht auf 14 Jahre gesenkt werden sollte, vor allem wenn man bedenkt, dass mit 18 Jahren bereits die Mündigkeit eintritt. Jugendliche im Alter von 14 Jahren sind in der Regel in der Lage abzuschätzen, was eine Namensänderung bedeutet.

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Bürgerrecht des Kindes

Artikel 271 des Entwurfs betreffend das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Kindes wird zugestimmt. Nach Absatz 1 der genannten Bestimmung erhält das Kind das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Elternteils, dessen Familiennamen es führt. Damit wird der Automatismus des geltenden Rechts, wonach das Kind verheirateter Eltern das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Vaters erwirbt (Art. 271 Abs. 1 ZGB), aus Gründen der Gleichberechtigung von Frau und Mann aufgehoben.

Angesichts der Verknüpfung von Familiennamen und Bürgerrecht ist es nur konsequent, wenn der Entwurf in Absatz 2 vorsieht, dass bei einem Namenswechsel während der Unmündigkeit des Kindes der entsprechende Wechsel des Kantons- und Gemeindebürgerrechts erfolgt. Auch die im Entwurf vorgeschlagene Änderung von Artikel 267a ZGB, wonach inskünftig das unmündige Kind an Stelle seines bisherigen das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Elternteils erhalten soll, dessen Familiennamen es führt, ist die logische Konsequenz aus dem Konzept von Artikel 271 des Entwurfs. Das Gleiche gilt für die vorgeschlagene Änderung von Artikel 4 Absatz 2 des Bürgerrechtsgesetzes.

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Übergangsrecht

Der Bundesrat begrüsst die von der Kommission beantragte Änderung von Artikel 8a des Schlusstitels zum ZGB grundsätzlich. Danach kann der Ehegatte, der unter dem bisherigen Recht bei der Heirat seinen Namen geändert hat, binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten der hier zur Diskussion stehenden Revision gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass er fortan den Namen, den er vor der Heirat trug, oder den angestammten Namen führe (Art. 8a Abs. 1 SchlT ZGB des Kommissionsentwurfs). Aus Artikel 8a Absatz 4 SchlT ZGB ergibt sich sinngemäss, dass die Ausübung des Wahlrechts durch die Ehefrau keine Auswirkungen auf ihr Kantons- und Gemeindebürgerrecht hat. Im Hinblick auf das revidierte ZGB kann diese Bestimmung aber gestrichen werden.

Würde Artikel 160 gemäss einem der Vorschläge des Bundesrates verabschiedet, so müsste Artikel 8a Schlusstitel entsprechend angepasst werden. Absatz 3 wäre bei beiden Varianten zu streichen und Absatz 1 je nachdem zu modifizieren: 5313

Art. 8a Abs. 1 Schlusstitel 1

Der Ehegatte, ... führt, allenfalls unter Anfügung des Namens des andern Ehegatten. In diesem Fall kann der andere Ehegatte erklären, dass er den Namen seiner Partnerin oder seines Partners seinem Namen anfügt.

Alternativvorschlag: Art. 8a Abs. 1 Schlusstitel

1

Der Ehegatte, der unter dem bisherigen Recht bei der Heirat seinen Namen geändert hat, kann binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten der Änderung vom ... gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass er den Namen, den er vor der Heirat trug, dem Familienname voranstellt. In diesem Fall kann der andere Ehegatte erklären, dass er seinem Namen den Namen des andern anfügt.

Wie weit die bisherige Rechtslage übergangsrechtlich korrigiert werden soll, bleibt immer eine Ermessensfrage. Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Hinblick auf das Kindeswohl dürfte es wohl richtig sein, dass im Sinne der Kommissionsvorschläge die einseitige Erklärung eines Elternteils keine Auswirkungen auf den Familiennamen der gemeinsamen Kinder der Ehegatten hat (Art. 8a Abs. 2 SchlT ZGB des Entwurfs der Kommission). Vorbehalten bleibt immer noch eine Namensänderung nach Artikel 30 ZGB.

Die übrigen Änderungsvorschläge sind reine Anpassungen an die vorgeschlagenen Neuerungen.

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Ablehnung des Minderheitsantrags I (Baumann J. Alexander, Fischer-Hägglingen, Vallender)

Die Gleichberechtigung von Frau und Mann steht im Zentrum aller von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats vorgeschlagenen Rechtsänderungen.

Demgegenüber soll nach dem Minderheitsantrag I zu Artikel 160 Absatz 2 der bisherige Name des Bräutigams der gemeinsame Familienname sein, wenn keine Erklärung im Sinne von Artikel 160 Absatz 1 des Kommissionsentwurfs abgegeben wird.

Damit könnte jeder Bräutigam, wenn er es nur will, im Ergebnis bewirken, dass sein bisheriger Name zum Familiennamen wird. Er müsste lediglich die Erklärung nach Artikel 160 Absatz 1 des Entwurfs unterlassen, sodass die gesetzliche Vermutung von Artikel 160 Absatz 2 in der Fassung des Minderheitsantrags I zum Tragen kommt. Der Minderheitsantrag I widerspricht nach Auffassung des Bundesrates dem Gleichstellungsgebot von Artikel 4 Absatz 2 BV und ist deshalb abzulehnen.

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Ablehnung des Minderheitsantrags II (von Felten, Hollenstein)

Der Antrag der Minderheit II bezieht sich auf Artikel 270 des Kommissionsentwurfs und betrifft die Namenswahl für das Kind verheirateter Eltern. Nach diesem Minderheitsantrag soll das Kind den Namen der Mutter erhalten, wenn die Eltern keine Wahl getroffen haben. Der Bundesrat lehnt auch diesen Minderheitsantrag ab, weil

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er nicht in Einklang steht mit Artikel 4 Absatz 2 BV. Würde dieser Antrag Gesetz, so könnte de facto die Mutter allein bestimmen, welchen Familiennamen das Kind führen soll. Bereits vorne wurde dazu Stellung genommen, weshalb bei Uneinigkeit verheirateter Eltern letztlich die Vormundschaftsbehörde entscheiden muss.

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