99.049 Botschaft über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Republik Moldova vom 12. Mai 1999

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über das am 13. Januar 1999 unterzeichnete Abkommen mit der Republik Moldova zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Mai 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

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Übersicht Nach nur einer Verhandlungsrunde konnte am 13. Januar 1999 mit Moldova ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen abgeschlossen werden.

Nachdem Moldova im Sommer 1991 die Unabhängigkeit erlangt hatte, gelangte dieses Land relativ rasch mit dem Begehren um Aufnahme von Doppelbesteuerungsverhandlungen an die Schweiz. Im Mai 1996 konnte in einer einzigen Verhandlungsrunde das vorliegende Abkommen ausgehandelt und paraphiert werden.

Moldova kam allerdings auf das Ergebnis dieser Verhandlungen zurück und stellte verschiedene Forderungen nach Abänderung des paraphierten Texts. Deshalb zögerte sich dessen Unterzeichnung recht lange hinaus. Erst nach Rückzug dieser Begehren im Januar 1999 war der Weg frei für die Unterzeichnung des Abkommens.

Das nun abgeschlossene Abkommen bietet den investierenden Unternehmen neben der Beseitigung der Doppelbesteuerung auch einen gewissen steuerlichen Schutz.

Es begünstigt neue Investitionen und stellt zudem sicher, dass die schweizerischen Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten aus anderen westlichen Staaten keine steuerlich bedingten Wettbewerbsnachteile erleiden. Das Abkommen folgt weitestgehend dem Musterabkommen der OECD und der schweizerischen Abkommenspraxis.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Abkommens im Vernehmlassungsverfahren begrüsst.

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Botschaft 1

Vorgeschichte

Nach der Auflösung der Sowjetunion erlangte die Republik Moldova am 27. August 1991 die Unabhängigkeit. Dieses Land ist mit einer Fläche von 33 700 km2 und 4,4 Millionen Einwohner einer der kleinsten Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Die Republik Moldova ist wirtschaftlich nach wie vor eng mit der Russischen Föderation verbunden, aber auch auf internationale Unterstützung angewiesen, um ihre Wirtschaft stabilisieren zu können. Gewisse Erfolge zeigen sich z. B.

im Bereich der Inflationsbekämpfung, wogegen die Privatisierung im Agrar- und im Industriebereich nur sehr langsam vorankommt. Wenn auch gegenwärtig die Bedeutung der Republik Moldova für schweizerische Direktinvestitionen noch gering sein mag, besteht doch ein Interesse, den in diesem Land tätigen Unternehmen einen steuerlichen Schutz zu gewähren und dafür zu sorgen, dass ihnen gegenüber der Konkurrenz aus anderen westlichen Industriestaaten keine steuerlich bedingten Wettbewerbsnachteile erwachsen.

Das am 5. September 1986 zwischen der Schweiz und der Sowjetunion vereinbarte Abkommen über Steuerfragen stellte kein umfassendes Doppelbesteuerungsabkommen dar, sondern beschränkte sich auf diejenigen Fragen im Bereich der Einkommensteuern, die in den damaligen Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern von tatsächlicher Bedeutung waren. Schon im April 1994 gelangte die Republik Moldova mit dem Wunsch nach dem Abschluss eines neuen Doppelbesteuerungsabkommens an die Schweiz. Aus den oben erwähnten Gründen kam die Schweiz diesem Begehren gerne entgegen. Die Gespräche fanden vorgängig von DBA-Verhandlungen mit der Ukraine in Kiew statt. So konnte am 21. Mai 1996, nach bloss einer Verhandlungsrunde, der Entwurf für ein Einkommen- und Vermögensteuerabkommen mit der Republik Moldova paraphiert werden. Bedingt durch verschiedene moldavische Anschlussbegehren, die schliesslich auf dem Korrespondenzweg ausgeräumt werden konnten, verzögerte sich die Unterzeichnung des Abkommens. Nachdem die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise dem Abkommen einhellig zugestimmt hatten, konnte das Vertragswerk am 13. Januar 1999 in Bern unterzeichnet werden.

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Bemerkungen zu den Bestimmungen des Abkommens

Das neue Abkommen zwischen der Schweiz und der Republik Moldova folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitestgehend dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Musterabkommen sowie der schweizerischen Vertragspraxis mit Entwicklungsländern. Es werden deshalb im Folgenden nur die wesentlichsten Abweichungen vom Musterabkommen und die wichtigen Besonderheiten des Abkommens erläutert.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Das Abkommen findet für alle Steuern vom Einkommen und Vermögen Anwendung. Die an der Quelle erhobenen Steuern auf Lotteriegewinnen sind jedoch vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens ausgenommen (Abs. 5).

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Art. 3

Allgemeine Begriffsbestimmungen

In allen Bestimmungen über die internationale Seeschiffahrt und Luftfahrt wird auf den Ort der Ansässigkeit des Unternehmens abgestellt.

Art. 5

Betriebstätte

Eine Bau- oder Montageausführung begründet eine Betriebstätte, sofern ihre Dauer zwölf Monate übersteigt. Die Montage im Zusammenhang mit der Lieferung eigener Maschinen und Ausrüstungen begründet jedoch keine Betriebstätte.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Der Entwurf folgt dem im Musterabkommen der OECD festgelegten Grundsatz, dass eine Betriebstätte nur für diejenigen Gewinne besteuert werden darf, die ihr zugerechnet werden können.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Wie bei den meisten in letzter Zeit vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen gelang es auch hier, die der schweizerischen Praxis entsprechende Formulierung von Absatz 2 einzubringen. Der Abkommensentwurf sieht vor, dass sich die Vertragsstaaten über die Vornahme von Gewinnaufrechnungen konsultieren können, es besteht jedoch kein Zwang zur Vornahme einer Gegenberichtigung, wie dies im OECD-Musterabkommen vorgesehen ist.

Art. 10

Dividenden

Entsprechend der Regelung im OECD-Musterabkommen beträgt die Steuer zu Gunsten des Quellenstaates 5 Prozent bei Beteiligungen von mindestens 25 Prozent, die von einer Gesellschaft (jedoch nicht einer Personengesellschaft) gehalten werden. In den übrigen Fällen ist das Besteuerungsrecht des Quellenstaates auf 15 Prozent begrenzt.

Art. 11

Zinsen

Die Steuer zu Gunsten des Quellenstaates ist nach dem Abkommensentwurf grundsätzlich auf 10 Prozent begrenzt. Zinsen, die im Zusammenhang mit der Lieferung von Waren und Ausrüstungen auf Kredit bezahlt werden sowie Zinsen auf Bankdarlehen sind jedoch ausschliesslich im Ansässigkeitsstaat des Empfängers steuerbar.

Art. 12

Lizenzgebühren

Lizenzgebühren sind ausschliesslich im Ansässigkeitsstaat des Empfängers steuerbar. Die Leasinggebühren werden in dem unter Art. 12 Abs. 2 umschriebenen Begriff der Lizenzgebühr nicht aufgeführt. Das bedeutet, dass für solche Vergütungen die Bestimmungen über Unternehmensgewinne (Art. 7) bzw. selbstständige Arbeit (Art. 14) Anwendung finden werden.

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Art. 17

Künstler und Sportler

Entsprechend der schweizerischen Vertragspraxis erfolgt die Besteuerung am Auftrittsort grundsätzlich auch für Einkünfte, die einer anderen Person als dem Künstler oder Sportler für dessen Auftreten zufliessen. Diese Besteuerung tritt jedoch nicht ein, wenn nachgewiesen werden kann, dass weder der Künstler oder der Sportler noch mit ihnen verbundene Personen an den Gewinnen dieser anderen Person direkt beteiligt sind.

Art. 21

Andere Einkünfte

Die im Abkommen nicht ausdrücklich erwähnten Einkünfte können ausschliesslich im Ansässigkeitsstaat des Empfängers besteuert werden.

Art. 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Moldova vermeidet die Doppelbesteuerung mittels der Anrechnungsmethode bei denjenigen Einkünften, die in beiden Staaten besteuert werden können. Wo im Abkommen das Besteuerungsrecht ausschliesslich der Schweiz zugewiesen wird, befreit Moldova diese Einkünfte und Vermögenswerte unter Progressionsvorbehalt.

Die Schweiz wendet grundsätzlich die Befreiungsmethode an und gewährt für Dividenden und Zinsen die pauschale Steueranrechnung.

Art. 24

Gleichbehandlung

Weil es wegen ungelöster Nationalitätenfragen im Zusammenhang mit der Auflösung der Sowjetunion in der Republik Moldova eine grosse Zahl von Staatenlosen gibt, beharrte die moldavische Seite auf der ausdrücklichen Erwähnung der staatenlosen Personen im Nichtdiskriminierungsartikel. Die schweizerische Seite konnte diesem Wunsch entgegenkommen, da in der Schweiz der Anspruch auf Gleichbehandlung wegen des Wohnsitzprinzips ohnehin auch für staatenlose Personen gilt.

Überdies entspricht der ins Abkommen aufgenommene Absatz 2 in seiner Formulierung dem OECD-Musterabkommen.

Informationsaustausch Das Abkommen enthält keine Bestimmung über den Informationsaustausch.

Art. 28

Inkrafttreten

Auf eine rückwirkende Anwendbarkeit auf Anfang des Jahres des Inkrafttretens wurde entsprechend dem Begehren der moldavischen Seite verzichtet. Die Bestimmungen des Abkommens sind deshalb erstmals ab dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Jahres anwendbar.

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Finanzielle Auswirkungen

In einem Doppelbesteuerungsabkommen verzichten beide Vertragsstaaten auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer und durch die Anrechnung der in Moldova auf Dividenden und Zinsen gestützt auf die Artikel 10 und 11 erhobenen Quellensteuern. Die Einbussen, die sich aus der teilweisen Rückerstattung der Verrech5945

nungssteuer an in der Republik Moldova ansässige Personen ergeben, dürften kaum ins Gewicht fallen. Dagegen wird die durch den Bundesratsbeschluss vom 22. August 1967 eingeführte pauschale Steueranrechnung die schweizerischen Fisken belasten. Diesen Einbussen, deren Ausmass mangels geeigneter Unterlagen nicht geschätzt werden kann, stehen auch finanzielle Vorteile für die schweizerischen Fisken gegenüber. Während bisher die moldavische Quellensteuer zum Abzug von der Bemessungsgrundlage zugelassen werden musste, können inskünftig die aus Moldova stammenden Einkünfte in der Schweiz mit dem Bruttobetrag besteuert werden. Daraus wird sich eine allgemeine Erhöhung des steuerbaren Einkommens ergeben.

Im hier vorliegenden Abkommensentwurf konnten Lösungen vereinbart werden, die für die Schweiz, aber auch für die schweizerische Wirtschaft ausserordentlich günstig sind. Das neue Abkommen bringt wesentliche Verbesserungen und Erleichterungen gegenüber dem bisherigen Zustand unter dem alten Abkommen mit der Sowjetunion. Es darf erwartet werden, dass das Abkommen zur Förderung neuer schweizerischer Direktinvestitionen in der Republik Moldova beitragen und sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung und die politische Neuausrichtung des Landes auswirken wird. Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben dessen Abschluss im Vernehmlassungsverfahren einhellig gutgeheissen. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden, und dass sie ganz allgemein zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beitragen, was ein Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik darstellt.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage dieses Abkommens bildet Artikel 8 der Bundesverfassung, der dem Bund die Befugnis erteilt, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen.

Die Bundesversammlung ist nach Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung zuständig für die Genehmigung des Abkommens. Das Abkommen ist zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht weder den Beitritt zu einer internationalen Organisation vor, noch bringt es eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung. Der Bundesbeschluss unterliegt daher nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 89 Ziffer 3 der Bundesverfassung.

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Schlussfolgerungen

Das vorliegende Abkommen folgt weitgehend dem OECD-Musterabkommen und entspricht der schweizerischen Abkommenspraxis. Es schafft Rechtssicherheit und bringt den schweizerischen Investoren eine erhebliche Entlastung von den moldawischen Steuern. Das Abkommen dürfte sich allgemein günstig auf die weitere Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Moldova auswirken.

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