17.023 Botschaft zur Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität.

Die Landwirtschaft betrifft uns alle» vom 15. Februar 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Februar 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-2138

1611

Übersicht Die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» verlangt eine Ausrichtung der Agrarpolitik auf eine kleinbäuerliche, auf die regionale Versorgung ausgerichtete Landwirtschaft. Dies soll mit umfangreichen staatlichen Eingriffen erreicht werden. Der Bundesrat empfiehlt die Ablehnung der Volksinitiative. Mit einem Ja würden die Errungenschaften der Agrarreform der letzten 25 Jahre in Frage gestellt, die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft geschwächt und der aussenwirtschaftliche Handlungsspielraum der Schweiz eingeschränkt.

Inhalt der Initiative Die Initiative enthält einerseits Forderungen, die mit der heutigen Agrarpolitik bereits berücksichtigt werden. Es sind dies beispielsweise die Förderung einer bäuerlichen, vielfältigen und nachhaltigen Landwirtschaft, die Stützung der inländischen Produzentenpreise und der Schutz des Kulturlandes. Auch das geforderte Verbot von Exportsubventionen wird mit der auf 2019 hin geplanten Umsetzung des WTO-Abkommens erfüllt. Andererseits werden Forderungen gestellt, die im Widerspruch zur Agrarpolitik des Bundes stehen. So verlangt die Initiative, dass der Bund wieder verstärkt in die landwirtschaftlichen Betriebsstrukturen eingreift, damit sich die Anzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten erhöht. Die Ausrichtung auf eine kleinbäuerliche und auf die regionale Versorgung ausgerichtete Landwirtschaft soll mit zusätzlichen staatlichen Marktinterventionen erreicht werden. Importe von Nahrungsmitteln, die nicht dem Schweizer Nachhaltigkeitsstandard entsprechen, sollen ­ unter Inkaufnahme der Verletzung von internationalem Handelsrecht ­ mit zusätzlichen Zöllen belegt oder ganz verboten werden können.

Vorzüge und Mängel der Initiative In der Agrarpolitik der letzten 25 Jahre hat sich der Staat auf die Förderung von Leistungen fokussiert, die von der Bevölkerung gewünscht, aber vom Markt nicht abgegolten werden. Parallel dazu wurden Marktinterventionen abgebaut und Eigenverantwortung sowie unternehmerischer Spielraum der Landwirtinnen und Landwirte erweitert. Durch eine stärkere staatliche Strukturlenkung, Unterstützung von Vermarktungsorganisationen und zusätzliche Markteingriffe würde diesen Errungenschaften wieder entgegengewirkt. Die geforderten staatlichen
Marktinterventionen würden bei Agrarrohstoffen und Lebensmitteln die Preisdifferenz zum Ausland und insbesondere zu unseren Nachbarländern weiter erhöhen und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft schwächen. Zudem wäre mit Wettbewerbsnachteilen für die Tourismus- und Gastronomiebranche zu rechnen. Darüber hinaus führen höhere Preisunterschiede zu mehr Einkaufstourismus. Der administrative Aufwand und die Belastung für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sowie Konsumentinnen und Konsumenten würden massiv erhöht. Der aussenwirtschaftliche Handlungsspielraum der Schweiz würde eingeschränkt, was den volkswirtschaftlich wichtigen Handelsbeziehungen der Schweiz mit anderen Wirtschaftsräumen schaden würde.

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Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten mit dieser Botschaft, die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» Volk und Ständen ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative 1.1 Wortlaut der Initiative 1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen 1.3 Gültigkeit

1615 1615 1616 1617

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

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3

Ziele und Inhalt der Initiative 3.1 Ziele der Initiative 3.2 Inhalt der vorgeschlagenen Regelung 3.3 Erläuterung und Auslegung des Initiativtextes

1619 1619 1619 1621

4

Würdigung der Initiative 4.1 Würdigung der Anliegen der Initiative 4.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme 4.3 Vorzüge und Mängel der Initiative 4.4 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

1624 1624 1635 1636 1638

5

Schlussfolgerungen

1640

Bundesbeschluss zur Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität.

Die Landwirtschaft betrifft uns alle» (Entwurf)

1614

1643

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Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» hat den folgenden Wortlaut: Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert: Art. 104c2

Ernährungssouveränität

Zur Umsetzung der Ernährungssouveränität fördert der Bund eine einheimische bäuerliche Landwirtschaft, die einträglich und vielfältig ist, gesunde Lebensmittel produziert und den gesellschaftlichen und ökologischen Erwartungen der Bevölkerung gerecht wird.

1

Er achtet auf eine Versorgung mit überwiegend einheimischen Lebens- und Futtermitteln und darauf, dass bei deren Produktion die natürlichen Ressourcen geschont werden.

2

3

Er trifft wirksame Massnahmen mit dem Ziel: a.

die Erhöhung der Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen und die Strukturvielfalt zu fördern;

b.

die Kulturflächen, namentlich die Fruchtfolgeflächen, zu erhalten, und zwar sowohl in Bezug auf ihren Umfang als auch auf ihre Qualität;

c.

den Bäuerinnen und Bauern das Recht auf Nutzung, Vermehrung, Austausch und Vermarktung von Saatgut zu gewährleisten.

Er verbietet in der Landwirtschaft den Einsatz genetisch veränderter Organismen sowie von Pflanzen und Tieren, die mithilfe von neuen Technologien entstanden sind, mit denen das Genom auf nicht natürliche Weise verändert oder neu zusammengesetzt wird.

4

5

1 2

Er nimmt namentlich folgende Aufgaben wahr: a.

Er unterstützt die Schaffung bäuerlicher Organisationen, die darauf ausgerichtet sind sicherzustellen, dass das Angebot von Seiten der Bäuerinnen und Bauern und die Bedürfnisse der Bevölkerung aufeinander abgestimmt sind.

b.

Er gewährleistet die Transparenz auf dem Markt und wirkt darauf hin, dass in allen Produktionszweigen und -ketten gerechte Preise festgelegt werden.

SR 101 Die endgültige Artikelnummer wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

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c.

Er stärkt den direkten Handel zwischen den Bäuerinnen und Bauern und den Konsumentinnen und Konsumenten sowie die regionalen Verarbeitungs-, Lagerungs- und Vermarktungsstrukturen.

Er richtet ein besonderes Augenmerk auf die Arbeitsbedingungen der in der Landwirtschaft Angestellten und achtet darauf, dass diese Bedingungen schweizweit einheitlich sind.

6

Zum Erhalt und zur Förderung der einheimischen Produktion erhebt er Zölle auf der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln und reguliert deren Einfuhrmenge.

7

Zur Förderung einer Produktion unter sozialen und ökologischen Bedingungen, die den schweizerischen Normen entsprechen, erhebt er Zölle auf der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln, die diesen Normen nicht entsprechen; er kann deren Einfuhr verbieten.

8

Er richtet keinerlei Subventionen aus für die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und von Lebensmitteln.

9

Er stellt die Information über die Bedingungen für die Produktion und die Verarbeitung von einheimischen und von eingeführten Lebensmitteln und die entsprechende Sensibilisierung sicher. Er kann unabhängig von internationalen Normen eigene Qualitätsnormen festlegen.

10

Art. 197 Ziff. 123 12. Übergangsbestimmung zu Art. 104c (Ernährungssouveränität) Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung die gesetzlichen Bestimmungen, die für die Umsetzung von Artikel 104c erforderlich sind, spätestens zwei Jahre nach dessen Annahme durch Volk und Stände.

1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» wurde am 16. September 20144 von der Bundeskanzlei vorgeprüft und am 30. März 2016 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.

Mit Verfügung vom 25. April 20165 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 108 680 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.

Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag.

Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20026 (ParlG) hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 30. März 2017 einen 3 4 5 6

Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

BBl 2014 6845 BBl 2016 3725 SR 171.10

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Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 30. September 2018 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.

1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV:

2

a.

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.

b.

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

c.

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

Der Begriff der Ernährungssouveränität wurde anlässlich der Welternährungskonferenz 1996 von der internationalen Bauern- und Bäuerinnenbewegung Via Campesina geprägt. Er bezeichnet das Recht aller Völker, Länder und Ländergruppen, ihre Landwirtschafts- und Ernährungspolitik selbst zu bestimmen, ohne anderen Regionen damit zu schaden. Es handelt sich um ein politisches Konzept, das mit diversen Forderungen einhergeht, wie gerechten Löhnen für die Landarbeiterinnen und Landarbeiter, fairen Produktepreisen und dem Verzicht auf die Anwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft.

Leitmodell von Via Campesina ist hierbei eine bäuerliche Landwirtschaft, die auf nachhaltige Weise in erster Linie Nahrung für die regionale Bevölkerung produzieren soll.

Lokaler und regionaler Handel sollen Vorrang vor Exporten und Welthandel haben.

Die Bauern- und Bäuerinnengewerkschaft Uniterre und L'autre syndicat, zwei Mitgliedorganisationen von Via Campesina, sind die treibenden Kräfte der Volksinitiative, gemeinsam mit 70 weiteren Organisationen.

Die Initiative ist eine Reaktion auf die Agrarpolitik und die Strukturentwicklung in der Landwirtschaft seit Mitte der Neunzigerjahre. Kritisiert werden von den Initiantinnen und Initianten der Rückgang der Zahl der Betriebe, die aufgrund der freieren Märkte stärker schwankenden Preise, der damit einhergehende internationale Konkurrenzdruck unter den Bäuerinnen und Bauern, die Macht des Handels, aber auch die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf Mensch und Umwelt. Eine Agrarpolitik nach den Leitlinien von Via Campesina, die sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert, soll hier Gegensteuer geben.

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Parlament und Bundesrat haben sich im Rahmen der Agrarpolitik 2014­2017 ausführlich mit dem Begriff «Ernährungssouveränität» beschäftigt. Die parlamentarische Initiative Bourgeois 08.457 «Ernährungssouveränität» hat letztlich dazu geführt, dass der Begriff in Artikel 2 Absatz 4 des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 19987 (LwG) aufgenommen wurde. Gemäss diesem Artikel orientieren sich die Massnahmen des Bundes am Grundsatz der Ernährungssouveränität zur Berücksichtigung der Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten nach qualitativ hochwertigen, vielfältigen und nachhaltigen inländischen Produkten.

Zusammen mit der vorliegenden Initiative sind zwei weitere die Landwirtschaft und Ernährung betreffende Initiativen hängig.

Volksinitiative «Für Ernährungssicherheit»: Diese will die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln aus vielfältiger und nachhaltiger einheimischer Produktion stärken. Sie schlägt dazu die Ergänzung der Bundesverfassung um einen neuen Artikel 104a BV vor, der Massnahmen zur Reduktion des Verlusts von Kulturland und zur Umsetzung einer Qualitätsstrategie fordert. Zudem soll der Bund dafür sorgen, dass der administrative Aufwand in der Landwirtschaft gering ist sowie die Rechts- und die Investitionssicherheit gewährleistet sind. Der Bundesrat empfiehlt in der Botschaft vom 24. Juni 20158 die Ablehnung der Initiative ohne Gegenvorschlag, da auf Verfassungsebene kein Handlungsbedarf bestehe. Der Ständerat hat am 29. November 2016 einen von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) erarbeiteten Gegenentwurf zur Initiative angenommen und empfiehlt die Initiative zur Ablehnung. Damit dem Parlament genügend Zeit zur Behandlung bleibt, wurde die Behandlungsfrist für diese Volksinitiative bis zum 8. Januar 2018 verlängert.

Volksinitiative «Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel (Fair-Food-Initiative)»: Diese will das Angebot von Lebensmitteln stärken, die von guter Qualität und sicher sind sowie umweltschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Der Bundesrat unterstützt dieses Anliegen grundsätzlich. Er hat für die Produktion von Lebensmitteln in der Schweiz auf der bestehenden Verfassungsgrundlage bereits analoge Ziele umgesetzt oder ist daran, diese umzusetzen. Für Lebensmittel, die in
der Schweiz hergestellt werden, ist die Initiative unnötig. Gemäss Initiative müssten auch importierte Lebensmittel den schweizerischen Anforderungen genügen. Dies ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz nicht vereinbar. Die Initiative steht im Widerspruch zu internationalem Handelsrecht und zu Handelsabkommen, unter anderem mit der EU. Der Bundesrat sieht zudem Schwierigkeiten im Vollzug, wenn überprüft werden muss, ob die eingeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse tatsächlich den Schweizer Anforderungen an die Produktion entsprechen. Deshalb empfiehlt der Bundesrat in der Botschaft vom 26. Oktober 20169 die Ablehnung der Initiative ohne Gegenvorschlag. Die Bundesversammlung hat bis zum 26. Mai 2018 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.

7 8 9

SR 910.1 BBl 2015 5783 BBl 2016 8391

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Die drei Volksinitiativen widersprechen sich nicht. Bezüglich Kulturlandschutz deckt sich die vorliegende Initiative mit der Volksinitiative «Für Ernährungssicherheit». Bezüglich der Anforderungen an den Import von Lebensmitteln gibt es zwischen der vorliegenden Initiative und der Fair-Food-Initiative eine grosse Überschneidung.

3

Ziele und Inhalt der Initiative

3.1

Ziele der Initiative

Die Initiative verlangt vom Bund die Förderung einer vielfältigen, kleinbäuerlichen und gentechfreien Landwirtschaft. Eine vielfältige bäuerliche Landwirtschaft wird bereits heute auf der Basis von Artikel 104 BV mit den bestehenden agrarpolitischen Massnahmen (u.a. mit Direktzahlungen) gefördert, wobei der Bund nicht aktiv in die Strukturentwicklung eingreift. Ziel der Initiative ist es, die Agrarpolitik einseitig auf eine primär kleinbäuerliche Landwirtschaft auszurichten. Der Bund soll sich zudem für eine Erhöhung der Produzentenpreise (aus Sicht der Initiantinnen und Initianten «faire» Preise) einsetzen und damit den Bäuerinnen und Bauern sowie den in der Landwirtschaft Angestellten ein höheres («gerechtes») Einkommen sichern. Mit dieser Forderung bringen die Initiantinnen und Initianten zum Ausdruck, dass die heutige Preisstützung (v.a. durch Grenzschutz) aus ihrer Sicht nicht ausreichend ist und erhöht werden soll. Ein Ziel der Initiative ist es, den Strukturwandel zu stoppen und die Anzahl der in der Landwirtschaft Tätigen wieder zu erhöhen. Damit soll der Staat den Folgen des technologischen Fortschritts entgegenwirken. Mit Zöllen auf der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln sollen kurze Kreisläufe und die regionale Versorgung gefördert werden. Produkte, welche die in der Schweiz geltenden sozialen und ökologischen Bedingungen nicht erfüllen, soll die Einfuhr verweigert werden können. Ausfuhrbeiträge für Produkte aus der Schweizer Landwirtschaft sollen untersagt werden. Der direkte Handel zwischen den Bäuerinnen und Bauern und den Konsumentinnen und Konsumenten soll durch zusätzliche staatliche Massnahmen gestärkt werden. Weiter soll der Bund dafür sorgen, dass Lebens- und Futtermittel überwiegend aus einheimischer Produktion stammen und bei deren Produktion die natürlichen Ressourcen geschont werden. Die Initiative verlangt, dass der Staat wieder verstärkt in die landwirtschaftlichen Betriebsstrukturen eingreift und in die Märkte interveniert.

3.2

Inhalt der vorgeschlagenen Regelung

Die Initiative verlangt einen neuen Artikel 104c10 mit dem Titel «Ernährungssouveränität». Unter dem Begriff «Souveränität» wird die Fähigkeit zu rechtlicher Selbstbestimmung verstanden. Ein Staat ist in Bezug auf der Ernährung seiner Bevölkerung also dann souverän, wenn er unabhängig von anderen Mächten über seine 10

Um eine Kollision mit den anderen hängigen Initiativen zu vermeiden, wurde für die Initiative Artikel 104c gewählt. Die endgültige Artikelnummer wird nach einer Annahme der Initiative in der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

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Politik im Bereich Ernährung befinden kann. Die Verwendung des Begriffs «Ernährungssouveränität» im Titel und in Absatz 1 von Artikel 104c ist insofern missverständlich, als dass mit dem vorgeschlagenen Artikel nicht das Recht über Selbstbestimmung bezüglich Ernährungspolitik gefordert wird, sondern die Ausrichtung der diesbezüglichen Politik auf eine kleinbäuerliche Landwirtschaft.

Die Absätze 1 und 2 enthalten die Zielsetzung der Initiative. Die Ernährungssouveränität gemäss Interpretation der Initiantinnen und Initianten soll umgesetzt werden, indem der Bund eine einheimische bäuerliche Landwirtschaft fördert, die einträglich und vielfältig ist, gesunde Lebensmittel produziert und den gesellschaftlichen und ökologischen Erwartungen der Bevölkerung gerecht wird (Abs. 1). Dabei soll er auf eine Versorgung mit überwiegend einheimischen Lebens- und Futtermitteln und auf eine ressourcenschonende Produktion achten (Abs. 2).

Die Absätze 3­10 enthalten die ausformulierten Massnahmen zur Erreichung der Zielsetzung. Gemäss Absatz 3 soll der Bund wirksame Massnahmen treffen, um die Anzahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen zu erhöhen und die Strukturvielfalt zu fördern, die Kulturfläche und speziell die Fruchtfolgefläche in ihrer Qualität und Quantität zu erhalten und den Bäuerinnen und Bauern das Recht auf Nutzung, Vermehrung, Austausch und Vermarktung von Saatgut zu gewährleisten.

Absatz 4 verbietet in der Landwirtschaft generell den Einsatz genetisch veränderter Organismen sowie von Pflanzen und Tieren, die mittels neuer Technologien entstanden sind, mit denen das Genom auf nicht natürliche Weise verändert oder neu zusammengesetzt wird.

Absatz 5 beschreibt die Aufgaben des Bundes zur Regulierung der inländischen Märkte. Der Bund unterstützt die Schaffung bäuerlicher Organisationen, die bestrebt sind, das Angebot von Seiten der Bäuerinnen und Bauern und die Bedürfnisse der Bevölkerung aufeinander abzustimmen. Er gewährleistet die Transparenz auf dem Markt und wirkt darauf hin, dass in allen Produktionszweigen und -ketten gerechte Preise festgelegt werden. Schliesslich stärkt er den direkten Handel zwischen den Bäuerinnen und Bauern und den Konsumentinnen und Konsumenten sowie die regionalen Verarbeitungs-, Lagerungs- und Vermarktungsstrukturen. Die Liste der Aufgaben ist nicht abschliessend.
Absatz 6 bezieht sich auf die Arbeitsbedingungen der in der Landwirtschaft Angestellten. Der Bund soll ein besonderes Augenmerk darauf richten und darauf achten, dass diese Bedingungen schweizweit einheitlich sind.

Die Absätze 7­9 beziehen sich auf den internationalen Handel und die Regulierung der Importe. Zum Erhalt und zur Förderung der einheimischen Produktion erhebt der Bund Zölle auf der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln und reguliert deren Einfuhrmenge. Zur Förderung einer Produktion unter sozialen und ökologischen Bedingungen, die den schweizerischen Normen entsprechen, erhebt er Zölle auf der Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln, die diesen Normen nicht entsprechen; er kann deren Einfuhr verbieten.

Schliesslich richtet er keinerlei Subventionen aus für die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und von Lebensmitteln.

Absatz 10 bezieht sich auf die Information der Konsumentinnen und Konsumenten.

Der Bund soll die Information über die Bedingungen für die Produktion und die 1620

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Verarbeitung von einheimischen und von eingeführten Lebensmitteln und die entsprechende Sensibilisierung der Konsumentinnen und Konsumenten sicherstellen.

Er kann zudem unabhängig von internationalen Normen eigene Qualitätsnormen festlegen.

Die Übergangsbestimmung in Artikel 197 Ziffer 12 BV verlangt schliesslich vom Bundesrat, dass er der Bundesversammlung bis spätestens zwei Jahre nach Annahme der Initiative entsprechende Gesetzesbestimmungen unterbreitet.

3.3

Erläuterung und Auslegung des Initiativtextes

Verhältnis zu Art. 104 BV Die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung enthält konkrete agrarpolitische Forderungen an den Bund, die den vom bestehenden Artikel 104 BV vorgegebenen politischen Handlungsspielraum einschränken. Normwidersprüche zu Artikel 104 BV oder zu anderen Verfassungsbestimmungen sind im Initiativtext nicht enthalten.

Abs. 1 Absatz 1 hält fest, wie der Bund eine einheimische, bäuerliche, einträgliche und vielfältige Landwirtschaft fördern soll. Der Begriff «einheimisch» ist gleichwertig mit dem Begriff «inländisch», wie er in Artikel 2 Absatz 4 LwG für die Definition der Ernährungssouveränität verwendet wird: «Sie [die Massnahmen des Bundes] orientieren sich am Grundsatz der Ernährungssouveränität zur Berücksichtigung der Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten nach qualitativ hochwertigen, vielfältigen und nachhaltigen inländischen Produkten». Der Begriff «bäuerlich» wird bereits in Artikel 104 Absatz 2 BV verwendet und bedeutet, dass der Landwirt oder die Landwirtin und dessen oder deren Familie einen wesentlichen Teil der erforderlichen Arbeiten selbst ausführen. Der Leiter oder die Leiterin des Betriebs ist auch hauptsächlicher Investor. Der Begriff «einträglich» wird in der Gesetzgebung bisher nicht verwendet. Es ist davon auszugehen, dass damit «mindestens kostendeckend» gemeint ist und der Begriff damit weitergeht als die Vorgaben bezüglich Einkommen in Artikel 5 Absatz 1 LwG. «Vielfalt» bezieht sich auf die Struktur der Landwirtschaft. Es soll Platz haben für verschiedene Betriebstypen und -grössen sowie Produktionsmuster. Die von der Landwirtschaft produzierten Lebensmittel sollen zudem «gesund» sein; sie sollen also bei normalem Konsum der Gesundheit nicht durch unerwünschte Inhaltsstoffe oder Rückstände von Behandlungsmitteln abträglich sein. Schliesslich soll die Landwirtschaft den «gesellschaftlichen und ökologischen Erwartungen» entsprechen. Als gesellschaftliche Erwartungen werden die von der Bevölkerung erwarteten Leistungen verstanden, wie beispielsweise eine gepflegte Landschaft oder die Ernährungssicherheit. Als ökologische Erwartungen der Bevölkerung dürften die Umweltanliegen der Gesellschaft an die Landwirtschaft gemeint sein (z.B. Gewässer, die nicht mit Pestiziden belastet sind), wobei diese Anliegen auch unter den gesellschaftlichen Erwartungen subsumiert werden können.

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Abs. 2 Gemäss dem Argumentarium der Initiantinnen und Initianten vom 8. September 201411 kann «überwiegend einheimisch» so interpretiert werden, dass der Anteil der einheimischen Versorgung sowohl bei den Lebens- als auch bei den Futtermitteln über 50 Prozent liegen soll. Dabei soll die Produktion auf die Ökosysteme Rücksicht nehmen.

Abs. 3 Bst. a 2015 waren rund 69 650 Vollzeitbeschäftigte und 85 530 Teilzeitbeschäftigte in der Landwirtschaft tätig.12 Rund 80 Prozent der Beschäftigten waren familieneigene Arbeitskräfte. Gemäss der Initiative soll somit die Anzahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen gegenüber heute erhöht werden. Da nach Absatz 1 die bäuerliche Landwirtschaft gefördert werden soll, soll auch der Anteil der familieneigenen Arbeitskräfte mindestens erhalten bleiben. Offen lässt die Initiative den Zielwert für die Anzahl in der Landwirtschaft tätigen Personen. Die geforderte strukturelle Vielfalt kann sich sowohl auf die geografische, landschaftliche, organisatorische als auch betriebliche Struktur beziehen.

Abs. 3 Bst. b Die Kultur- und Fruchtfolgeflächen sollen sowohl bezüglich Quantität als auch Qualität im heutigen Umfang und Zustand erhalten werden. Keine Aussage macht die Initiative zur Sömmerungsfläche, die im Gegensatz zur Volksinitiative «Für Ernährungssicherheit» nicht explizit erwähnt wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Initiantinnen und Initianten den Begriff «landwirtschaftliche Nutzfläche», der das Sömmerungsgebiet ausgeschlossen hätte, bewusst nicht verwendet haben.

Somit kann der Absatz so interpretiert werden, dass auch das für die Sömmerung genutzte Land erhalten werden soll. Während heute die Kantone für die Umsetzung konkreter Massnahmen für den Schutz des Kulturlandes zuständig sind, beauftragt die Initiative explizit den Bund mit entsprechenden Massnahmen. Die Kompetenzen beim Kulturlandschutz werden somit primär dem Bund übertragen.

Abs. 3 Bst. c Die Initiative verlangt, dass das Recht auf Nutzung, Vermehrung, Austausch und Vermarktung von Saatgut für Bäuerinnen und Bauern gewährleistet ist. Es ist davon auszugehen, dass dies Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter (natürliche Personen) eines bäuerlichen Betriebs sind. Andere, nicht als bäuerlich geltende Betriebsformen und Personenkreise (nicht direktzahlungsberechtigte Betriebe) wären
demnach von diesem Recht ausgeschlossen.

Abs. 4 Die Initiative fordert, dass der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der schweizerischen Landwirtschaft generell verboten wird. Der Begriff «Einsatz» schliesst neben dem Anbau von Pflanzen und dem Halten von Tieren auch 11 12

Das Argumentarium ist abrufbar unter www.souverainete-alimentaire.ch > Downloads (Stand: 4. Nov. 2016).

Bundesamt für Statistik, Landwirtschaftliche Strukturerhebung 2015.

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gentechnisch veränderte Futtermittel, Pflanzenschutzmittel und Dünger ein. «Mithilfe von neuen Technologien» bezieht sich nur auf Pflanzen und Tiere. Er schliesst auch Technologien in das Verbot mit ein, die nicht oder noch nicht als GVO bezeichnet werden und in die Erbsubstanz eingreifen. Was unter «neu» zu verstehen ist, ist nicht klar. Mutationen können gezielt über das sogenannte «Genome Editing» erzeugt werden, was vermutlich von den Initiantinnen und Initianten als neue Technologie eingestuft würde.

Abs. 5 Bst. a Die Initiative will, dass der Bund den Aufbau von Organisationen fördert, die das Angebot und die Nachfrage entsprechend abstimmen können. Es wird davon ausgegangen, dass sich diese Abstimmung auf marktfähige Güter, also Agrarprodukte bezieht. Der Begriff «Schaffung» kann im Sinne einer Anschubfinanzierung verstanden werden. Die weitere Finanzierung der Organisationen bleibt unklar.

Abs. 5 Bst. b Die Initiative verlangt, dass der Bund Markttransparenz gewährleistet und darauf hinwirkt, dass gerechte Preise festgelegt werden. Sie lässt offen, wie der Begriff «gerecht» definiert ist. Es ist davon auszugehen, dass gerechte Preise zu einer einträglichen Landwirtschaft nach Absatz 1 beitragen sollen. Buchstabe b spricht damit explizit die Frage des Wettbewerbs zwischen den Marktteilnehmern an und damit die gerechte Verteilung der Margen innerhalb der Wertschöpfungsketten. Verschiedene Studien zu den Produktionskosten der Schweizer Landwirtschaft zeigen, dass diese auch bei vergleichbaren Strukturen und geografischen Verhältnissen stark variieren. Einen grossen Einfluss hat die Unternehmensführung. Damit stellt sich die Frage, ob der Bund darauf hinwirken soll, dass kostendeckende Preise auch für Betriebe mit vergleichsweise hohen Produktionskosten festgelegt werden sollen.

Abs. 5 Bst. c Die Forderung, die Direktvermarktung sowie die regionalen Verarbeitungs, Lagerund Vermarktungsstrukturen zu stärken, kann so interpretiert werden, dass der Bund seine heutigen Massnahmen (vgl. Ziff. 4.1) ausweiten soll.

Abs. 6 Die Initiative will, dass der Bund sich verstärkt in die Arbeitsbedingungen der in der Landwirtschaft Angestellten einbringt. Wie «ein besonderes Augenmerk richten» interpretiert werden soll, bleibt unklar. Klar ist aber, dass der Bund dafür sorgen soll, dass die Arbeitsbedingungen
schweizweit einheitlich geregelt werden. Damit wären nicht mehr wie heute die Kantone zuständig.

Abs. 7 Die Initiative sieht vor, dass die Grenze stärker als Regulierungsinstrument eingesetzt wird. Absatz 7 bezieht sich sowohl auf landwirtschaftliche Importprodukte als auch auf Lebensmittel. Nach Artikel 4 des Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 201413 (LMG) gelten als Lebensmittel «alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu 13

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bestimmt sind oder von denen sich vernünftigerweise vorhersehen lässt, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden». Diese Definition umfasst somit auch landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte. Die Initiative verlangt, dass eine spezifische Bundeskompetenz für die Erhebung von Zöllen auf entsprechenden Importprodukten und die Regelung der Einfuhrmengen dieser Produkte auf Verfassungsstufe verankert wird.

Abs. 8 Mit Absatz 8 soll der Bund verpflichtet werden, Zölle auf importierten landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln zu erheben. Er erhält zudem die Kompetenz, deren Import zu verbieten, wenn sie nicht nach den sozialen und ökologischen Normen der Schweiz produziert wurden (z.B. Teigwaren mit Eiern aus Käfighaltung). Ob mit Normen die gesetzlichen Mindestnormen oder die freiwilligen höheren Normen, wie sie für die Direktzahlungen gelten (ökologischer Leistungsnachweis), gemeint sind, lässt die Initiative offen.

Abs. 9 Mit diesem Absatz fordert die Initiative, dass die Subventionierung von exportierten landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln verboten wird.

Abs. 10 Die Initiative verlangt, dass der Bund die Bevölkerung über Produktions- und Verarbeitungsbedingungen von einheimischen und importierten Lebensmitteln informiert und sie dafür sensibilisiert. Dazu soll er ­ unabhängig von international vereinbarten Standards ­ eigene Qualitätsnormen festlegen können. Allfällige bilaterale oder multilaterale Verträge dürfen also das Recht, eigene Qualitätsbestimmungen festzusetzen, nicht untergraben.

Art. 197 Ziff. 12 Die Übergangsbestimmung in Artikel 197 Ziffer 12 BV verlangt vom Bundesrat, dass er der Bundesversammlung bis spätestens zwei Jahre nach Annahme der Initiative entsprechende Gesetzesbestimmungen unterbreitet.

4

Würdigung der Initiative

4.1

Würdigung der Anliegen der Initiative

Abs. 1 Unter Ernährungssouveränität versteht der Bundesrat das Recht eines Staats, selbst über die Landwirtschafts- und Ernährungspolitik zu bestimmen (vgl. Ziff. 3.2).

Dieses Recht ist mit dem direktdemokratischen System in der Schweiz per se gewährleistet. Aufgrund der im Initiativtext formulierten Forderungen verstehen die Initiantinnen und Initianten unter Ernährungssouveränität nicht das Recht auf Selbstbestimmung, sondern eine bestimmte inhaltliche Stossrichtung der Agrarpolitik hin zu einer zusätzlichen Stärkung der Inlandproduktion, einem verstärkten 1624

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Protektionismus und generell einem stärkeren Eingriff des Staates in die Landwirtschaft und die Agrarmärkte.

Der bestehende Artikel 104 BV ist einerseits auf eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft und anderseits auf die Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen ausgerichtet. Die Förderung des Bundes beschränkt sich auf die bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betriebe. Basierend auf Artikel 118 BV wird sichergestellt, dass alle Lebensmittel bei normalem Gebrauch der Gesundheit nicht abträglich sind.

Der Arbeitsverdienst in der Landwirtschaft ist im Durchschnitt zwar nach wie vor tiefer als die Löhne in der übrigen Wirtschaft, die Differenz ist aber in den letzten Jahren kleiner geworden. Während 1995/97 der Arbeitsverdienst pro Familienarbeitskraft rund 50 Prozent unter dem Vergleichslohn lag, betrug die Differenz 2011/13 noch 35 Prozent.14 Da die in Absatz 1 erwähnten Anliegen auf Verfassungsstufe bereits abgedeckt sind, besteht kein Handlungsbedarf für eine Verfassungsergänzung. Die Forderung bezüglich Einträglichkeit würde jedoch eine Anpassung von Artikel 5 LwG und entsprechende zusätzliche staatliche Massnahmen sowie wahrscheinlich auch öffentliche Gelder zur Erreichung des Einkommensziels notwendig machen. Dies hätte längerfristig zur Folge, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft abnehmen und die Belastung des Bundeshaushaltes beträchtlich zunehmen würde.

Abs. 2 Die Brutto-Kalorienproduktion ist in der Schweiz zwischen 2002/04 und 2012/14 um rund 4 Prozent auf 23 600 Terajoule gestiegen.15 Damit wurde das vom Bundesrat für 2017 festgelegte Ziel von 23 300 Terajoule übertroffen. Während die Kalorien aus der tierischen Produktion insgesamt stabil blieben, stieg die Kalorienproduktion im Pflanzenbau in dieser Zeit um 8 Prozent. Berücksichtigt man nur die Lebensmittel, die auf Basis einheimischer Futtermittel produziert wurden, beträgt die Zunahme der Netto-Kalorienproduktion 2 Prozent. Der Anstieg fällt netto geringer aus, da die Futtermittelimporte zugenommen haben. Aufgrund der Bevölkerungszunahme ist der Lebensmittelkonsum im Inland um knapp 6 Prozent gestiegen.

Dies hat zur Folge, dass der Bruttoselbstversorgungsgrad ungefähr konstant blieb, während der Nettoselbstversorgungsgrad leicht sank. Der Bruttoselbstversorgungsgrad bewegte sich in
den letzten Jahren zwischen 58 Prozent und 64 Prozent, der Nettoselbstversorgungsgrad zwischen 50 Prozent und 59 Prozent. Auch die Nutztiere werden vorwiegend mit einheimischen Futtermitteln gefüttert, ist doch die Rindviehhaltung mit der Nutzung des Grünlandes der in der Schweiz wichtigste Produktionszweig im Bereich der tierischen Produktion. Raufutter stammt fast ausschliesslich aus der Schweiz. Die Selbstversorgung beim Kraftfutter war in den

14

15

Botschaft des Bundesrates vom 18. Mai 2016 zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2018­2021, BBl 2016 4503, hier 4509 ff.

Statistische Erhebungen und Schätzungen über Landwirtschaft und Ernährung 2015, Agristat, Brugg.

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letzten Jahren jedoch rückläufig und lag seit 2007 regelmässig unter 50 Prozent (2014: 42,3 %).16 Mit der auf den 1. Januar 2014 in Kraft gesetzten Änderung des LwG vom 22. März 201317 (Agrarpolitik 2014­2017) wurden ökologisch unerwünschte Anreize im Direktzahlungssystem reduziert und besonders umweltfreundliche Produktionssysteme werden verstärkt gefördert. Auf Gesetzesstufe bieten die aktuellen Bestimmungen insbesondere im LwG bereits eine umfassende Grundlage für die Stärkung der inländischen Produktion. Massnahmen, die explizit diese Zielsetzung verfolgen, sind einerseits die Instrumente zur Förderung von Produktion und Absatz gemäss dem 2. Titel des LwG (Grenzschutz, Marktstützungs- und Einzelkulturbeiträge sowie Absatzförderung) und andererseits die mit der Agrarpolitik 2014­2017 neu eingeführten Versorgungssicherheitsbeiträge nach Artikel 72 LwG.

Aufgrund der oben dargestellten Sachlage besteht bezüglich Absatz 2 rechtlich kein Handlungsbedarf. Die Rechtsgrundlagen im LwG sind vorhanden, um gegebenenfalls bei der Selbstversorgung mit Kraftfutter mittels Produktionsanreizen korrigierend eingreifen zu können.

Abs. 3 Bst. a Der Rückgang der Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz betrug in den letzten zehn Jahren durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr. Damit war der Strukturwandel insgesamt kleiner als in Deutschland, Frankreich und Österreich (knapp ­3 % p.a.) und kann als sozialverträglich bezeichnet werden, da die Betriebe in der Regel im Rahmen des Generationenwechsels aufgegeben werden. Der Strukturwandel in der Schweizer Landwirtschaft ist notwendig, um gegenüber der ausländischen Konkurrenz nicht noch mehr an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Wettbewerb in der Schweizer Landwirtschaft ist notwendig, um die Innovation zu fördern und die Anpassung des Angebots an die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten zu unterstützen. Die Landwirtschaftsstruktur der Schweiz ist heute geografisch, landschaftlich und auch betrieblich vielfältig. Dominierend sind die mittleren und kleineren Betriebe, die im Haupt- oder Nebenerwerb mehrere Betriebszweige führen.

Die Schweiz verfügt über eine liberale Wirtschaftsordnung. Artikel 27 BV gewährleistet die Wirtschaftsfreiheit. Eine Erhöhung der Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen durch staatliche Massnahmen würde eine massive Intervention
des Staates in die landwirtschaftliche Strukturentwicklung darstellen und stünde im Widerspruch zur technologischen Entwicklung, welche tendenziell zu einer höheren Arbeitsproduktivität und damit weniger Arbeitseinsatz pro Output führt. Da die in der Schweiz verfügbare landwirtschaftliche Nutzfläche limitiert ist und mit dem technischen Fortschritt der Arbeitsbedarf für die Bewirtschaftung der Fläche laufend sinkt, nimmt auch der Arbeitskräftebedarf in der Schweizer Landwirtschaft stetig ab.

Die Forderung nach einer Erhöhung der Zahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen steht im Widerspruch zu der Forderung nach einer auf Einzelbetriebsstufe einträglichen Landwirtschaft gemäss Absatz 1 der Initiative. Bei einem stabilen 16 17

Statistische Erhebungen und Schätzungen über Landwirtschaft und Ernährung 2015, Agristat, Brugg.

AS 2013 3463

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Gesamteinkommen des Landwirtschaftssektors und einer steigenden Anzahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen sinkt das Einkommen ohne zusätzliche staatliche Stützung. Soll der Gesamterlös der Landwirtschaft durch staatliche Massnahmen gesteigert werden, wären massive staatliche Marktinterventionen nötig, was eine völlige Umkehr der Agrarpolitik der letzten 25 Jahre bedeuten und internationale handelsrechtliche Verpflichtungen der Schweiz verletzen würde. Eine solche Intervention würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft stark negativ beeinflussen und die schweizerische Volkswirtschaft stark belasten.

Abs. 3 Bst. b Der kontinuierliche Verlust von Kulturland steht einer nachhaltigen Entwicklung entgegen und reduziert langfristig das Potenzial zur Produktion von Lebensmitteln in der Schweiz. Der Schutz des Kulturlandes ist daher ein wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen. Dafür gibt es aber mit Artikel 75 BV bereits eine vollumfänglich ausreichende Verfassungsgrundlage. Zudem hat der Gesetzgeber mit der erst kürzlich verabschiedeten ersten Etappe der Revision18 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197919 (RPG) den Kulturlandschutz verbessert. Der Bundesrat beabsichtigt, diesen mit den Instrumenten der Raumplanung weiter zu verstärken.

Die heutige föderale Aufgabenverteilung bei der Raumplanung zwischen Bund und Kantonen würde mit diesem Absatz in Frage gestellt. Verfassungs- und Gesetzgeber waren bisher klar der Meinung, dass die Kantone, welche die lokalen Gegebenheiten besser kennen, raumplanerisch in der Verantwortung stehen sollen. Jedoch wurden mit der Revision des RPG Grundlagen geschaffen, dass die Kantone vom Bund besser strategisch geführt und überwacht werden. Mit dem Vorschlag der Initiantinnen und Initianten würde der Schutz absolut sein. Eine Interessenabwägung durch die Kantone wäre nicht mehr möglich.

Abs. 3 Bst. c Die Bäuerinnen und Bauern haben ein Interesse an hochwertigem Saatgut. Die Artikel 159a und 160 LwG ermöglichen dem Bund, Vorschriften über das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial zu erlassen und die Produzentinnen und Produzenten einer Zulassungspflicht zu unterstellen. Die geltenden Vorschriften sollen gewährleisten, dass anerkanntes Vermehrungsmaterial sortenecht und von hoher Qualität ist und dass die Rückverfolgbarkeit
sichergestellt ist. Die saatgutrechtlichen Vorschriften gelten für das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial.

Dies bedeutet, dass für den Eigengebrauch Vermehrungsmaterial produziert werden darf, ohne dass diese Bestimmungen erfüllt werden. Damit auch andere als Hochertragssorten legal auf den Markt gebracht werden können, ist 2010 zudem ein Bewilligungssystem für Nischensorten eingeführt worden. An die Produktion von Vermehrungsmaterial von Nischensorten werden keine Anforderungen gestellt und das Vermehrungsmaterial wird nicht zertifiziert.

Neben den saatgutrechtlichen Vorschriften können auch Rechte des geistigen Eigentums die Produktion und das Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial beschrän18 19

AS 2014 899 SR 700

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ken. Landwirte dürfen dank dem Landwirteprivileg nach Artikel 7 des Sortenschutzgesetzes vom 20. März 197520 und Artikel 35a des Patentgesetzes vom 25. Juni 195421 (PatG) Vermehrungsmaterial bestimmter Arten selbst dann im eigenen Betrieb vermehren, wenn es mit Schutzrechten belastet ist. Der Austausch und die Vermarktung von Saatgut einer Sorte, auf der Schutzrechte lasten, darf hingegen nur mit einer Lizenz erfolgen (Art. 21 Sortenschutzgesetz, Art. 34 PatG). In der Praxis wird das Landwirteprivileg in der Schweiz kaum genutzt, denn anerkanntes Material bietet punkto Qualität und Ertragssicherheit entscheidende Vorteile und wird von vielen Abnehmern bei Vertragsproduktion verlangt.

Der Schutz von Sorten und Innovation im Saatgutbereich ist ein wichtiger Treiber für die Pflanzenzüchtung. Ohne Schutzmöglichkeit käme die private Pflanzenzüchtung in der Schweiz zum Erliegen. Zudem würde kein modernes Saatgut mehr aus dem Ausland in die Schweiz eingeführt, wenn die im Ausland geschützten Sorten in der Schweiz vermehrt und anschliessend frei vermarktet werden könnten. Beides würde sich negativ auf die Verfügbarkeit von innovativen und neuen Gegebenheiten angepassten Sorten in der Schweiz auswirken. Mit Absatz 3 Buchstabe c nehmen die Initiantinnen und Initianten zudem in Kauf, dass internationale Verpflichtungen wie das Internationale Übereinkommen vom 2. Dezember 196122 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) und Anhang 1C des Abkommens vom 15. April 1994 23 zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO-Abkommen) (Handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum, TRIPS-Abkommen) verletzt würden.

Abs. 4 Artikel 120 BV, in dem der Umgang mit Gentechnologie im Ausserhumanbereich geregelt ist, sieht von einem generellen Technologieverbot ab. Er erlaubt aber, spezifische Vorschriften zu erlassen. Der Anbau von GVO ist in der Schweiz zurzeit verboten. Eine Ausnahme gilt lediglich für Forschungszwecke. Das sogenannte Gentech-Moratorium, das vom Parlament bereits zweimal verlängert wurde, endet im Dezember 2017, wird aber voraussichtlich bis 2021 fortgeführt. Das Moratorium verbietet den Anbau von Pflanzen in der Schweiz, die nach den Bestimmungen des Gentechnikgesetzes vom 21. März 200324 (GTG) als GVO definiert sind. Mit dem Aufkommen neuer Züchtungstechnologien wird die Auslegung und Anwendung
des Gesetzes schwieriger, da die Pflanzen teilweise nicht von herkömmlich gezüchteten unterschieden werden können. Das Moratorium verbietet nicht die Verwendung von zugelassenen GVO-haltigen Pflanzenschutzmitteln, Düngern und Futtermitteln.

Allerdings besteht in der Schweiz keine Nachfrage danach.

Die Verlängerung des Moratoriums bis 2021 soll eine gründliche und sachliche Diskussion des möglichen zukünftigen Einsatzes von GVO in der schweizerischen Landwirtschaft erlauben. Dies soll auf der Grundlage von Erwägungen geschehen, die nicht auf Biosicherheitsaspekte beschränkt sind, sondern etwa auch sozioökonomische, moralisch-ethische und agrarpolitische Gesichtspunkte miteinbezie20 21 22 23 24

SR 232.16 SR 232.14 SR 0.232.163 SR 0.632.20 SR 814.91

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hen. Der von den Initiantinnen und Initianten vorgeschlagene Absatz 4 entzieht dieser Diskussion die Basis und verbietet auch weitere moderne Züchtungsmethoden ohne vorgängige Abwägungen. Ein System, das Produkte verbietet, die sich nur im Herstellungsprozess von anderen ­ erlaubten ­ Produkten unterscheiden, ist zudem anfällig für Täuschung und könnte international auch als unzulässige Wettbewerbsverzerrung betrachtet werden. Bei einem generellen Verbot besteht das Risiko, dass das Innovationspotenzial der Schweiz bezüglich Züchtung und Anbau dauerhaft beschädigt und die Standortattraktivität für innovative Firmen und auch für die Landwirtschaft abnimmt.

Abs. 5 Bst. a Das Abstimmen von Angebot und Nachfrage ist grundsätzlich Sache der Marktakteure. Die Marktmechanismen bestimmen letztlich den Marktpreis des entsprechenden Gutes. Der Bund kann schon heute auf Basis des geltenden LwG auf Angebot und Nachfrage einwirken, indem er die Anstrengungen der Marktpartner mittels Absatzförderung und Selbsthilfemassnahmen unterstützt. Die Absatzförderung nach Artikel 12 LwG bezweckt die subsidiäre Unterstützung von kollektiven MarketingAktivitäten zur Förderung des Absatzes schweizerischer Landwirtschaftsprodukte.

Die Produzenten- und Branchenorganisationen dienen als Diskussions- und Verhandlungsplattform für die Partner einer Branche. Diese Organisationen können Selbsthilfemassnahmen zur Förderung der Qualität und des Absatzes sowie zur Anpassung der Produktion und des Angebotes an die Erfordernisse des Marktes treffen. Der Bund kann nach Artikel 9 LwG gewisse Beschlüsse dieser Organisationen auch auf Nichtmitglieder ausdehnen, wenn die Wirkung der Selbsthilfemassnahmen durch Trittbrettfahrer gefährdet wird. Um Preiszusammenbrüche bei landwirtschaftlichen Produkten zu vermeiden, kann sich der Bund nach Artikel 13 LwG bei ausserordentlichen Entwicklungen an den Kosten befristeter Massnahmen zur Marktentlastung beteiligen. Für den Abbau strukturell bedingter Überschüsse richtet er keine Beiträge aus.

Die Gewährleistung der Wirtschaftsfreiheit, das internationale Handelsrecht und die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen beschränken die Möglichkeiten für weitergehende Interventionen auf dem Markt und insbesondere die Unterstützung von Organisationen, die durch Absprachen den Marktpreis und den Aussenhandel
(Exportförderung oder Importsubstitution) beeinflussen wollen.

Abs. 5 Bst. b Basierend auf Artikel 27 LwG erhebt und publiziert der Bund bereits heute die Preise verschiedener Warengruppen bei Produzenten, Verarbeitern und dem Detailhandel. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen den beteiligten Akteuren hilfreiche Anhaltspunkte für die Marktentwicklungen und die Marktmechanismen liefern. Schliesslich wird die Marktmacht auch mit Artikel 96 BV eingeschränkt, indem der Bund gegen volkswirtschaftlich schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen Vorschriften erlässt.

Mit der Marktbeobachtung des BLW unternimmt der Bund bereits heute grosse Anstrengungen, um die Transparenz auf den Märkten für landwirtschaftliche Pro-

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dukte und Produktionsmittel aus neutraler Warte zu erhöhen. Der Bundesrat hat am 16. September 201625 die Verordnung vom 7. Dezember 199826 über die Marktbeobachtung im Landwirtschaftsbereich auf landwirtschaftliche Produktionsmittel ausgeweitet. Die Gewährleistung einer Transparenz, bei der sich der Bund Einsicht in die Preisgestaltung der Marktteilnehmer verschaffen müsste, hätte einerseits massive staatliche Eingriffe zur Folge und andererseits dürfte der hohe Aufwand in einem markanten Missverhältnis zum volkswirtschaftlichen Nutzen stehen. Zudem müsste der Bund wohl stärker regulierend in die Wertschöpfungsketten eingreifen.

Abs. 5 Bst. c Massnahmen im Sinne von Absatz 5 Buchstabe c kann der Bund im Rahmen von Projekten zur regionalen Entwicklung nach Artikel 93 Absatz 1 Buchstabe c LwG bereits heute fördern. Zudem können im Rahmen der Strukturverbesserungen (Art. 87 LwG) Bauten und Einrichtungen für die Verarbeitung, Lagerung und Vermarktung regionaler landwirtschaftlicher Produkte unterstützt werden.

Der Bund unterstützt nach Artikel 11 LwG bereits heute gemeinschaftliche Massnahmen von Produzentinnen und Produzenten mit Verarbeitern oder Händlern sowie gegebenenfalls mit Konsumentinnen und Konsumenten, die zur Wertschöpfung und zur Verbesserung oder Sicherung der Qualität und der Nachhaltigkeit beitragen. In diesem Kontext werden schon heute gemeinsame regionale Vermarktungsinitiativen («agriculture de proximité») von Landwirtinnen und Landwirten und Konsumentinnen und Konsumenten unterstützt. Nach Artikel 12 LwG unterstützt der Bund auch subsidiär die Absatzförderung von Regionalprodukten.

Mit den oben genannten Massnahmen unterstützt der Bund ergänzend zu den Anstrengungen der Akteure entlang der Wertschöpfungskette Massnahmen im Sinne der Initiative. Damit wird die Forderung der Initiative heute teilweise erfüllt. Weitergehende Massnahmen sind kritisch zu beurteilen, weil sie wettbewerbsverzerrend sein könnten und nichtlandwirtschaftliche Akteure (z.B. Gewerbebetriebe) benachteiligt würden.

Abs. 6 Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten sind in den kantonalen Normalarbeitsverträgen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Landwirtschaft geregelt. Die Kantone Genf, Jura, Neuenburg, Waadt und Wallis haben in ihren Normalarbeitsverträgen Mindestlöhne festgelegt. Bezüglich Entlohnung
werden zwischen dem Schweizer Bauernverband, dem Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverband und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Berufsverbände landwirtschaftlicher Angestellter alljährlich Lohnrichtlinien vereinbart. Diese haben allerdings keinen bindenden Charakter. In der Schweiz gibt es 26 kantonale Normalarbeitsverträge. Es gibt einige mit klaren Lohnauflagen, andere verweisen auf die Empfehlungen des Schweizer Bauernverbandes.

Die Regelung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitszeiten in kantonalen Normalarbeitsverträgen entspricht dem föderalen System der Schweiz und dem Grundsatz 25 26

AS 2016 3407 SR 942.31

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der Subsidiarität nach Artikel 5a BV. Die Lebenskosten in den verschiedenen Kantonen unterscheiden sich stark, insbesondere zwischen urbanen und ländlichen Kantonen. Gesamtschweizerisch einheitliche Normen würden diesen regionalen Unterschieden nicht gerecht. Nicht zuletzt aus diesen Überlegungen sind Vorstösse zur Vereinheitlichung der Normen in der Vergangenheit gescheitert (z.B. Standesinitiative Genf 14.308 «Einführung nationaler Mindestnormen in der Landwirtschaft»).

Abs. 7 Die generelle Kompetenz des Bundes, Zölle zu erheben, ist in Artikel 133 BV geregelt. Basierend auf Artikel 7 des Zollgesetzes vom 18. März 200527 (ZG) und Artikel 17 LwG erhebt der Bund zum Schutz der Inlandproduktion Zölle auf Importen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln. Er reguliert über Zölle, Schwellenpreise und Zollkontingente die Einfuhrmenge von landwirtschaftlichen Produkten, insbesondere derjenigen, welche die Schweizer Landwirtschaft konkurrenzieren (z.B. unterschiedliche Zollansätze für Früchte und Gemüse je nach Angebot an Schweizer Früchten oder Gemüsen). Mit den Artikeln 17, 20 und 21 LwG wird der Bundesrat ermächtigt, bei der Festsetzung der Einfuhrzölle, der Schwellenpreise und der Zollkontingente die Versorgungslage im Inland und die Absatzmöglichkeiten für gleichartige inländische Erzeugnisse zu berücksichtigen. Der angewandte Grenzschutz hängt also meistens von der einheimischen Produktion ab.

Umgekehrt kann der Bund für einen Teil der Zollkontingente bei Nachfrageüberhang eine autonome Erweiterung der Kontingentsgrössen praktizieren.

Die Forderungen der Initiative können so interpretiert werden, dass der Bund die Einfuhrzölle und Zollkontingente stärker als bisher auf die Förderung der einheimischen Produktion ausrichten soll. Das Schutzniveau an der Schweizer Grenze würde damit erhöht.

Abs. 8 Gestützt auf Artikel 18 Absatz 1 LwG erlässt der Bundesrat für Erzeugnisse, die nach Methoden produziert werden, welche in der Schweiz verboten sind, Vorschriften über die Deklaration. Er kann auf dieser Gesetzesgrundlage auch die Einfuhrzölle für solche Erzeugnisse erhöhen oder deren Import verbieten, vorausgesetzt, dass keine internationalen Verpflichtungen verletzt werden.

In der Schweiz verboten sind Produktionsmethoden, die aus Gründen des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von
Personen, Tieren, Pflanzen (Art. 18 Abs. 2 Bst. a LwG) oder der Umwelt (Art. 18 Abs. 2 Bst. b LwG) nicht zulässig sind. Die Differenz der geltenden Rechtslage zur Forderung der Initiantinnen und Initianten besteht darin, dass nicht nur in der Schweiz verbotene, sondern zusätzlich auch von schweizerischen Normen abweichende Produktionsmethoden einen zusätzlichen Grenzschutz ermöglichen sollen. Ein Land kann zwar erhöhte Anforderungen und Normen an Produktionsmethoden stellen, darf diese aber nicht mit diskriminierenden Importregeln umsetzen. Das verstösst grundsätzlich gegen internationales Handelsrecht, welches für die Vergleichbarkeit von zwei im Wettbewerb stehenden Produkten auf die Eigenschaften des Produktes und nicht auf die Produktionsmethode abstellt. Ausnahmen davon sind zwar aufgrund von Artikel XX des Allgemeinen 27

SR 631.0

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Zoll- und Handelsabkommens vom 30. Oktober 194728 (GATT) möglich, allerdings sind Importverbote ohne wissenschaftliche Grundlage innerhalb der WTO schwer durchsetzbar. Anstatt eines Importverbots können Erzeugnisse, die nach Methoden produziert werden, welche in der Schweiz verboten sind, bloss deklariert werden (Art. 18 Abs. 1 LwG).

Als schweizerische Normen verstehen die Initiantinnen und Initianten die sozialen und ökologischen Normen der inländischen Produktion, wobei anzunehmen ist, dass damit die gesetzlichen Mindestanforderungen (z.B. Tierschutz, Mindestlohn) gemeint sind und nicht darüberhinausgehende Normen (z.B. regelmässiger Auslauf im Freien [RAUS] oder besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme [BTS]). Wie diese Normen im Ausland gemessen, kontrolliert und mit den schweizerischen verglichen werden sollen, lassen die Initiantinnen und Initianten ebenso offen wie die Frage, wie allfällige Abweichungen der Normen an der Schweizer Grenze behandelt werden sollen. Es ist unter den aktuellen Umständen unmöglich, dass die Schweiz im Ausland die Einhaltung von Normen kontrollieren kann. Inspektionen im Lebensmittelsicherheitsbereich ausserhalb der EU führt beispielsweise die EU für die Schweiz durch. Der Aufbau eines zuverlässigen Kontrollsystems würde bedeutende finanzielle Aufwände für den Bund und Verhandlungen mit den Handelspartnern über Kooperationsformen ­ soweit deren Kooperationswillen vorhanden ist ­ nach sich ziehen. Diese Massnahme wäre handelsrechtlich zudem höchst problematisch (vgl. Ziff. 4.4). Als weitere Differenz zur gegenwärtigen Rechtslage ist zu nennen, dass das Einhalten von internationalen Verpflichtungen keine Voraussetzung mehr für die zusätzlichen Grenzschutzmassnahmen sein soll. Damit nehmen die Initiantinnen und Initianten eine Verletzung dieser Verpflichtungen mit entsprechenden Gegenmassnahmen (Klagen in der WTO, Ausgleichzölle), die alle Wirtschaftsbereiche treffen können, bewusst in Kauf. Ein Zollsystem der vorgeschlagenen Art, das nur mit grossen Aufwand, wenn überhaupt, überprüfbare Sachverhalte im Ausland und importierte Produkte anhand schweizerischer Standards beurteilt, hätte sehr geringe Chancen, als notwendige Ausnahme von den internationalen Verpflichtungen in Bezug auf importierte Produkte (insbesondere Nichtdiskriminierung, Verbot der über die
gebundenen Zölle hinausgehende Belastungen ) gerechtfertigt zu werden.

Weiter schafft Absatz 8 auch einen Zielkonflikt mit der internationalen Entwicklungspolitik der Schweiz. Die Einhaltung von Schweizer Normen würde die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten aus Entwicklungsländern reduzieren und letztlich den Handel verunmöglichen. Auch würden diesen Exportländern schweizerische Normen aufgezwungen, die nicht den Gegebenheiten vor Ort angepasst sind.

Dem Bund stehen bereits heute wirksame Instrumente (internationale Zusammenarbeit, Produktedeklaration usw.) zur Verfügung, um eine sozialverträgliche und ökologische Landwirtschaftsproduktion national und international zu fördern. Ausserdem bieten verschiedene Marktteilnehmer bereits Produkte an, die mit privatwirtschaftlichen Labels gekennzeichnet sind, welche die Einhaltung von Schweizer Normen ausweisen. Die Konsumentinnen und Konsumenten schaffen somit die Nachfrage für diese Produkte und gleichzeitig wird die Wahlfreiheit gewährt und die 28

SR 0.632.21

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internationalen Verpflichtungen der Schweiz werden berücksichtigt. Die gesetzliche Anwendung von Schweizer Normen auf Prozesse und Produktionsmethoden im Ausland ist aus handelsrechtlicher Sicht höchst problematisch. Es besteht die Gefahr, dass mit autonom vollzogenen Grenzschutzmassnahmen für Landwirtschaftsprodukte ohne Berücksichtigung des internationalen Handelsrechts wichtige Handelsbeziehungen Schaden erleiden mit entsprechenden negativen Auswirkungen für die Volkswirtschaft der Schweiz. Ausserdem würden sich so zahlreiche Importprodukte, welche die verarbeitende Lebensmittelindustrie benötigt, signifikant verteuern (z.B. Kakao und andere Rohstoffe).

Abs. 9 Mit dem Beschluss der WTO-Ministerkonferenz in Nairobi vom 19. Dezember 2015 wurden Exportsubventionen endgültig verboten. Grundsätzlich gilt das Verbot für entwickelte Länder ab diesem Datum. Die Schweiz konnte aber für die Ausfuhrbeiträge, die im Rahmen des Bundesgesetz vom 13. Dezember 197429 über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten (sog. Schoggigesetz) für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte gewährt werden, eine von der sofortigen Aufhebungspflicht abweichende Übergangsfrist von fünf Jahren aushandeln.

Mit dem WTO-Verbot und dessen geplanter Umsetzung mittels Abschaffung der verbleibenden schweizerischen Exportsubventionen wird das von der Initiative geforderte Verbot von Exportsubventionen spätestens Ende 2020 erfüllt.

Abs. 10 Der Bundesrat kann nach Artikel 10 LwG Qualitätsvorschriften erlassen und die Herstellungsverfahren von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Verarbeitungsprodukten regeln, wenn dies erforderlich ist für deren Export oder für die Einhaltung internationaler Verpflichtungen der Schweiz oder internationaler Normen, die von wesentlicher Bedeutung für die schweizerische Landwirtschaft sind.

Zur Förderung der Qualität und des Absatzes von einheimischen Landwirtschaftsprodukten kann der Bundesrat zudem Vorschriften über die Kennzeichnung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Verarbeitungsprodukten erlassen, wenn diese z.B. nach bestimmten Verfahren hergestellt werden, spezifische Eigenschaften aufweisen oder aus dem Berggebiet stammen (Art. 14 LwG). Die Kennzeichnung dieser Produkte ist freiwillig. Der Bundesrat schafft zum Schutz der Herkunft von Landwirtschaftsprodukten
ein Register für Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben (Art. 16 und 16b LwG). Landwirtschaftliche Erzeugnisse und deren Verarbeitungsprodukte dürfen zudem mit Hinweisen auf Eigenschaften oder Produktionsmethoden, welche sich aus Vorschriften ergeben (z.B. umweltgerechte Produktion), versehen werden (Art. 16a LwG).

Für landwirtschaftliche Importprodukte, die nach Methoden produziert werden, welche in der Schweiz verboten sind (z.B. Eier aus Käfighaltung), erlässt der Bundesrat Vorschriften über die Deklaration (Art. 18 Abs. 1 LwG). Als Voraussetzung gilt, dass internationale Verpflichtungen nicht verletzt werden. Mit den genannten

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SR 632.111.72

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Kennzeichnungen können die Konsumentinnen und Konsumenten auf bestimmte Produktions- und Verarbeitungsbedingungen aufmerksam gemacht werden.

Darüber hinaus unterstützt der Bund mit Beiträgen die Absatzförderung von Schweizer Landwirtschaftsprodukten im In- und Ausland (Art. 12 LwG). In diesem Rahmen werden die Vorteile von Schweizer Produkten, zu denen auch die Produktions- und Verarbeitungsbedingungen in der Schweiz gezählt werden können, auf den in- und ausländischen Märkten beworben.

Die Initiative fordert ergänzend zu diesen bestehenden Massnahmen, dass der Bund die Bevölkerung umfassend über die Produktions- und Verarbeitungsbedingungen von inländischen und eingeführten Produkten informiert. Gemäss dem Argumentarium der Initiantinnen und Initianten vom 8. September 201430 könnte auf Bundesebene zum Beispiel eine Kommission namentlich mit Vertreterinnen und Vertretern der Konsumentinnen und Konsumenten, der Landwirtschaft, der Nahrungsmittelverarbeitung, der Zwischenhändler, und der Raumplanung einberufen werden, welche sich mit der gesamtgesellschaftlichen Umsetzung dieses Informationsauftrags beschäftigt. Wie genau dieser umfassende Informationsauftrag aussieht und wie er umgesetzt werden soll, lassen die Initiantinnen und Initianten offen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Sensibilisierung über die bereits existierenden Informationsmöglichkeiten hinausgeht und eine gezielte Lenkung des Konsumverhaltens zum Ziel hat.

Die Initiative fordert, dass der Bund unabhängig von internationalen Normen eigene Qualitätsnormen festlegen kann. Der Begriff «unabhängig» suggeriert, dass der Bund dies heute nicht tun kann, was nicht zutrifft. Der Bund legt schon heute abweichende Normen fest, indem er beispielsweise höhere Tierschutzanforderungen an die Inlandproduktion stellt (Käfighaltungsverbot bei der Eierproduktion, Hormonverbot in der Tierproduktion oder Käfighaltungsverbot bei der Kaninchenfleischproduktion) und damit die Qualitätsnorm für inländische Produkte gegenüber importierten Produkten, welche einer entsprechenden Deklarationsvorschrift unterworfen sind, erhöht. Nicht erlaubt sind aufgrund des Gebots der Inländerbehandlung der WTO höhere Qualitätsanforderungen für importierte als für inländische Produkte.

Das gleiche gilt für Qualitätsanforderungen, die formell auf importierte wie
inländische Produkte gleichermassen anwendbar sind, die sich faktisch aber primär als technische Handelshemmnisse für die importierten Produkte auswirken, weil die Anforderungen so hoch sind, dass sie diese nicht erfüllen können.

Wie oben erläutert, kann der Bundesrat schon heute die Bevölkerung mit zahlreichen Instrumenten über die Produktions- und die Verarbeitungsbedingungen von einheimischen und von importierten Lebensmitteln informieren. Ebenfalls kann er in Abweichung von internationalen Normen eigene Qualitätsnormen festlegen, solange internationale Vereinbarungen nicht verletzt werden.

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Das Argumentarium ist abrufbar unter www.souverainete-alimentaire.ch > Downloads (Stand: 4. Nov. 2016).

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4.2

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

Die bei einer Annahme der Initiative bereits erfüllten Anliegen wurden in Ziffer 4.1 dargestellt. Sie betreffen insbesondere das Verbot von Subventionen für die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und von Lebensmitteln, die Förderung einer sozialverträglichen und ökologischen nationalen und internationalen Landwirtschaftsproduktion und die Information der Bevölkerung über die Bedingungen für die Produktion und die Verarbeitung von einheimischen und von eingeführten Lebensmitteln.

Eine Annahme der Initiative hätte Auswirkungen in folgenden Bereichen: Kulturlandschutz: Beim Kulturlandschutz befindet sich gemäss heutiger Gesetzgebung die Verantwortung bei den Kantonen. Der Bund setzt die Ziele und übernimmt die Aufgabe der Oberaufsicht. Eine Annahme der Initiative würde den Schutz der Kultur- und Fruchtfolgeflächen sowohl bezüglich Quantität als auch Qualität somit primär dem Bund übertragen.

Strukturlenkung: Die von der Initiative vorgeschlagene Strukturlenkung durch den Bund, sowohl bezüglich Betriebsstrukturen als auch bezüglich der Anzahl im Sektor beschäftigten Personen, hätte zusätzliche staatliche Interventionen und hohe finanzielle und personelle Aufwände primär für den Bund, aber auch für die Kantone zur Folge. Zudem reduziert die Strukturlenkung Anreize zur Innovation sowie den unternehmerischen Spielraum der Landwirtinnen und Landwirte.

Zölle zur Förderung der einheimischen Produktion: Bereits heute sind die Zölle im Landwirtschaftssektor so gestaltet, dass der Absatz der einheimischen Produktion gestützt und die Inlandproduktion vor stärkerem Wettbewerb aus dem Ausland geschützt wird. Der Bund müsste die Zölle gezielt auf die Förderung der einheimischen landwirtschaftlichen Produktion ausrichten, was Unvereinbarkeiten mit den internationalen Verpflichtungen bezüglich maximaler Zölle verursachen könnte und den Abschluss zukünftiger Freihandelsabkommen erschweren würde. Direkte wirtschaftliche Folgen wären eine Erhöhung des Preisgefälles zum Ausland, negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Landwirtschaft, eine eingeschränkte Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten und höhere Anreize für den Einkaufstourismus. Der Grenzschutz ist folglich ein volkswirtschaftlich ineffizientes Instrument, das zudem die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft
schwächt.

Unter diesen Umständen wäre es für die Landwirtschaft noch schwieriger, der verarbeitenden Industrie landwirtschaftliche Rohstoffe zu Konditionen anzubieten, die wettbewerbsfähige Exporte der Industrie ermöglichen. Verlagerungen von Betrieben der verarbeitenden Industrie ins Ausland wären dann nicht auszuschliessen.

Im Bereich der Aussenhandelspolitik würde die Verstärkung des Grenzschutzes im Agrarbereich den Abschluss von neuen Freihandelsverträgen mit Partnerländern mit substanziellen Exportinteressen bei Agrargütern erschweren. Wenn die geforderten Massnahmen die im Rahmen von Anhang 1A.3 des WTO-Abkommens31 (Übereinkommen über die Landwirtschaft, [WTO-Agrarabkommen]) oder von Freihandelsabkommen eingegangenen Verpflichtungen überschreiten, müssten diese neu ver31

SR 0.632.20

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handelt werden. Solche Neuverhandlungen könnten zu Kompensationsforderungen der Handelspartner führen. Mit dem neuen Verfassungsauftrag wäre es für die Schweiz schwierig, solchen Forderungen nachzukommen. Wenn die Verhandlungen ergebnislos enden würden, könnten die Handelspartner handelspolitische Gegenmassnahmen treffen, die der Schweiz hohen wirtschaftlichen Schaden anrichten könnten. Die Schweiz würde zudem ihren guten Ruf als zuverlässige Handelspartnerin weltweit aufs Spiel setzen.

Marktinterventionen: Die Initiative verlangt verschiedene Formen von staatlichen Interventionen auf dem inländischen Markt. Solche Interventionen würden zum einen die internationalen Verpflichtungen der Schweiz verletzen und zu Sanktionen führen, welche dem Standort Schweiz und seiner exportorientierten Volkswirtschaft schaden würden. Zum anderen wären Marktinterventionen nur entweder mit grossem finanziellem Aufwand und entsprechenden Auswirkungen auf die Bundesfinanzen umsetzbar oder über eine staatliche Preisregulierung mit zusätzlichen Kosten für die Konsumentinnen und Konsumenten und die verarbeitende Lebensmittelindustrie, welche die Agrarrohstoffe als Vorleistungen bezieht. Weiter würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft aufgrund hoher Preise und schwächerer Innovationsanreize stark negativ beeinflusst.

Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen für in der Landwirtschaft Angestellte: Damit würde die kantonale Hoheit in diesem Bereich abgeschafft und die Verantwortung dem Bund übergeben. Zwar wäre diese Massnahme umsetzbar, das Föderalismusprinzip würde aber verletzt und die kantonalen Besonderheiten (z.B. unterschiedliche Lebenskosten und Steuerrecht) würden nicht mehr berücksichtigt.

4.3

Vorzüge und Mängel der Initiative

Einige Forderungen der Initiantinnen und Initianten liegen auf der Linie der aktuellen Agrarpolitik des Bundesrates: ­

Eine bäuerliche, vielfältige und nachhaltige Landwirtschaft wird über Direktzahlungsinstrumente und Strukturverbesserungsbeiträge gezielt gefördert. Das Volumen der Bundesmittel, welche für diese Zielsetzung eingesetzt wird, ist im internationalen Vergleich sehr hoch.

­

Zur Stützung der inländischen Produzentenpreise greift der Bund bereits heute mit einem hohen Grenzschutz (gemäss OECD im Jahr 2015 3,9 Mrd.

Fr.) markant in die Preisgestaltung ein.

­

Exportsubventionen für verarbeitete Agrarprodukte müssen gemäss Beschluss der WTO-Ministerkonferenz in Nairobi vom Dezember 2015 bis Ende 2020 abgeschafft werden. Der Bundesrat will die entsprechenden Massnahmen per 1. Januar 2019 umsetzen.

­

Der mit dem Rückgang des Kulturlands einhergehende Verlust von Produktionspotenzial steht im Widerspruch zu einer nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft. Der Gesetzgeber hat mit der ersten Etappe

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der Revision des RPG32 den Kulturlandschutz verbessert, und der Bundesrat beabsichtigt, diesen mit den Instrumenten der Raumplanung weiter zu verstärken.

Andere Anliegen der Initiative stehen im Widerspruch zur Stossrichtung der Agrarpolitik des Bundes: In der Agrarpolitik der letzten 25 Jahre hat sich der Staat auf die Förderung von Leistungen fokussiert, die von der Bevölkerung gewünscht, aber vom Markt nicht abgegolten werden. Parallel dazu wurden Marktinterventionen abgebaut und die Eigenverantwortung und der unternehmerische Spielraum der Landwirtinnen und Landwirte erweitert. Durch staatliche Strukturlenkung, Unterstützung von Vermarktungsorganisationen und zusätzliche Markteingriffe würden diese Errungenschaften rückgängig gemacht.

Zusätzliche staatliche Marktinterventionen würden die Preisdifferenz für Agrarrohstoffe und Lebensmittel gegenüber dem Ausland und insbesondere gegenüber unseren Nachbarländern erhöhen und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft schwächen und die Innovation hemmen. Auch für die Tourismus- und Gastronomiebranche würden höhere Preisunterschiede zu zusätzlichen Wettbewerbsnachteilen führen. Dies würde die Problematik des Einkaufstourismus noch weiter verstärken.

Der administrative Aufwand (z.B. für die Umsetzung der Importregelungen) und die Belastung für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler (Finanzierung neuer Massnahmen) sowie Konsumentinnen und Konsumenten (höhere Lebensmittelpreise) würden massiv erhöht.

Der aussenwirtschaftliche Handlungsspielraum der Schweiz würde massiv eingeschränkt und die volkswirtschaftlich wichtigen Handelsbeziehungen der Schweiz mit anderen Wirtschafträumen belasten. Agrarpolitische Restriktionen schränken bereits heute den Handlungsspielraum der Schweiz bedeutend ein. Dieser Nachteil würde zulasten der exportorientierten Wirtschaftszweige nochmals klar verschärft.

Gegenmassnahmen wichtiger Handelspartner der Schweiz, hervorgerufen durch die Verletzung der internationalen Verpflichtungen, würden dem Standort Schweiz und ihrer Volkswirtschaft sowie ihrer Glaubwürdigkeit als verlässlicher Handelspartnerin massiv schaden.

Durch höhere Zölle auf den Import von konventionell produzierten Lebensmitteln würde in der Schweiz die konventionelle gegenüber einer nachhaltigen landwirtschaftliche Produktion gefördert, da die inländischen Preise für konventionelle Lebensmittel gegenüber nachhaltig produzierten relativ steigen würden.

32

SR 700, AS 2014 889

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4.4

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Relevante internationale Verpflichtungen in den Bereichen Lebensmittelproduktion, -handel und -kennzeichnung sind erstens Vereinbarungen, die die Schweiz im Zusammenhang mit dem Abkommen vom 15. April 199433 zur Errichtung der Welthandelsorganisation eingegangen ist, zweitens Verpflichtungen gegenüber der EU im Rahmen der bilateralen Abkommen und drittens Verpflichtungen im Rahmen von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten.

Im Rahmen des WTO-Rechts kommt dem WTO-Agrarabkommen eine grosse Bedeutung zu. Zu beachten sind aber auch die Grundprinzipien des weltweiten Warenhandels, wie sie im GATT, in Anhang des 1A.6 des WTO-Abkommens (Übereinkommen über technische Handelshemmnisse, TBT) und in Anhang 1A.4 des WTOAbkommens über die Anwendung von gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen (SPS) enthalten sind. Im Rahmen des WTOAgrarabkommens ist die Schweiz Marktzugangsverpflichtungen eingegangen und hat diese in Verpflichtungslisten festgeschrieben. Das aus diesen Verpflichtungen resultierende Importregime mit Zöllen und Zollkontingenten gewährleistet den Handelspartnern Marktzugang für Agrarprodukte. Die Schweiz legt die tatsächlich angewandte Höhe des Zollsatzes (bis zur Höhe des gebundenen Niveaus) sowie die tatsächlich freigegebene Zollkontingentsgrösse (über die in der Verpflichtungsliste festgelegte Mindestmenge hinaus) autonom fest und berücksichtigt hierbei verschiedene agrarpolitische und wohlfahrtsökonomische Parameter.

Dabei ist zu beachten, dass das von der Schweiz angewandte Importregime in jedem Fall für alle WTO-Mitgliedstaaten gleich nutzbar sein muss. Die Initiative verlangt jedoch eine Differenzierung der Zölle oder Einfuhrverbote zur Förderung der sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen gemäss den schweizerischen Normen. Dies widerspricht der internationalen Verpflichtung, wonach gleichartige im Wettbewerb stehende Produkte bei der Einfuhr nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Nach bestehendem WTO-Recht sind Vorgaben an die Prozesse oder Produktionsmethoden (PPM), die sich nicht in den physischen Eigenschaften des Produktes niederschlagen (sog. nicht produktbezogene PPM), kein gültiges Unterscheidungskriterium von Produkten. Weiter ist die Schweiz auch in Bezug auf die Anwendung von «Qualitätsnormen» auf importierte Produkte an die Einhaltung
von WTO-Recht (u.a. TBT, SPS) gebunden. In Bereichen, wo internationale Standards bestehen, müssen Abweichungen entsprechend begründbar sein, um nicht als unverhältnismässige Handelsbeschränkung zu gelten. Die Rechtfertigung von handelsbeschränkend und/oder diskriminierend wirkenden Regulierungen gegenüber importierten Landwirtschaftsprodukten ist strengen Anforderungen unterworfen, die im Streitfall schwer zu erfüllen sind. Die Differenzierung von inländischen und importierten Landwirtschaftsprodukten auf der Grundlage von Produktionsbedingungen anstatt von Produkteigenschaften käme einem Paradigmenwechsel mit grossen systemischen Implikationen für das globale Handelssystem gleich, der kaum ohne Widerstand anderer WTO-Mitglieder umgesetzt werden könnte.

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Ebenso ist die Schweiz im Rahmen des WTO-Agrarabkommens Verpflichtungen betreffend interne Stützung und Exportwettbewerb eingegangen. So bestehen Verpflichtungen in Bezug auf das aggregierte Stützungsmass bei produktspezifischen oder handelsverzerrenden Massnahmen. Subventionen von Landwirtschaftsprodukten unterliegen auch den Bestimmungen des WTO-Abkommens (Anhang 1A.13, Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichmassnahmen, namentlich Verbot der rechtlichen oder faktischen Koppelung von Subventionen an die Nutzung einheimischer Rohstoffe, Art. 3.1 Bst. b). Deren Missachtung kann auch durch einseitige Ausgleichzölle auf exportierten Produkten sanktioniert werden.

Das Abkommen vom 21. Juni 199934 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrarabkommen) deckt gewisse Lebensmittel und Produktionsmittel ab (u.a. Produkte aus biologischer Landwirtschaft, Futtermittel, Saatgut, tierische Produkte) und garantiert basierend auf der Gleichwertigkeit der Produktestandards den vereinfachten gegenseitigen Marktzugang für diese landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Nach Artikel 14 Absatz 2 des Agrarabkommens sind die Vertragsparteien verpflichtet, sich aller Massnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Abkommens gefährden könnten, zu enthalten. Die Einführung spezifischer Importregeln für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel, die von den europäischen Vorschriften abweichen, würde dazu führen, dass diese mit der im Agrarabkommen festgelegten Gleichwertigkeit in Konflikt stehen. Dies würde dem gegenseitig gewährten Marktzugang mit der EU in den vom Abkommen abgedeckten Produktbereichen zuwiderlaufen. Landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte fallen unter den Geltungsbereich des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 22. Juli 197235 (und dessen Protokoll 236) und das Abkommen vom 26. Oktober 200437 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft zur Änderung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 22. Juli 1972 in Bezug auf die Bestimmungen über landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse (Freihandelsabkommen, FHA). Das FHA verbietet
in seinem Anwendungsbereich neben der Einführung neuer Ein- und Ausfuhrzölle und Massnahmen zollgleicher Wirkung auch die Einführung neuer mengenmässiger Einfuhrbeschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung. Die Schweiz gewährt im Rahmen des Agrarabkommens sowie des Freihandelsabkommens mit der EU, wie auch in allen anderen Freihandelsabkommen, welche die Schweiz bilateral oder im Rahmen der EFTA abgeschlossen hat, Präferenzzölle, welche nicht erhöht werden dürfen. Bei den gewährten Präferenzzollkontingenten müssen die vereinbarten Mengen für Importe aus den jeweiligen Partnerstaaten freigegeben werden. Eine Erhöhung dieser Zölle oder ein Einfuhrverbot zur Förderung der inländischen Produktion oder zur Förderung einer sozialverträglichen und ökologischen Landwirtschaft würde gegen die Freihandelsabkommen der Schweiz verstossen.

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Das UPOV-Übereinkommen und das TRIPS-Abkommen enthalten Vorschriften über den immaterialgüterrechtlichen Schutz von Pflanzensorten, beziehungsweise Innovationen im Pflanzenzuchtbereich sowie die davon gestatteten Ausnahmen.

Absatz 3 Buchstabe c der Initiative geht über die gemäss den beiden Abkommen zulässigen Ausnahmen hinaus. Damit würde die Gewährleistung der in Absatz 3 Buchstabe c genannten Rechte an Bäuerinnen und Bauern die aus der UPOV beziehungsweise dem TRIPS-Abkommen fliessenden Verpflichtungen der Schweiz verletzen.

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Schlussfolgerungen

Gestützt auf die oben stehenden Ausführungen ergibt sich: ­

Mit dem aktuellen Artikel 104 BV ist die Agrarpolitik auf eine nachhaltige und sozialverträgliche Entwicklung der Landwirtschaft ausgerichtet. Die Förderung ist auf bäuerliche bodenbewirtschaftende Betriebe beschränkt.

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Dem Bund stehen heute wirksame Instrumente (internationale Zusammenarbeit, Produktedeklaration usw.) zur Verfügung, um eine sozialverträgliche und ökologische Landwirtschaftsproduktion national und international zu fördern.

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Die Initiative verlangt höhere Zölle auf den Import von konventionell produzierten Lebensmitteln. Dies erhöht das Preisniveau für konventionelle Produkte auch in der Schweiz und damit den Anreiz solche zu produzieren.

Damit wird im Inland die nachhaltige Produktion geschwächt.

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Die erhöhten Zölle und die staatliche Marktinterventionen hätten eine Zunahme der Preise für Landwirtschaftsprodukte zur Folge. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft, des Tourismus und der Gastronomie schwächen und den Einkaufstourismus stärken. Die Volksinitiative zielt bezüglich Strukturlenkung und Marktinterventionen in Richtung einer Politik, wie sie bis Anfang der Neunzigerjahre des letzten Jahrtausends betrieben wurde, und macht die Errungenschaften der Agrarreform seit 1993 in diesem Bereich rückgängig.

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Auf Basis der aktuellen Verfassungsgrundlage ist bereit ein wirksamer Schutz des Kulturlandes möglich. Bei einer Annahme der Initiative würde der Kulturlandschutz zur Bundesaufgabe und damit ein wesentlicher Teil der Raumplanung aus dem Kompetenzbereich der Kantone fallen.

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Die Forderung, dass sämtliche eingeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel Schweizer «Qualitätsnormen» genügen müssen, steht im Widerspruch zur internationalen Handelspolitik und den handels- und europarechtlichen Verpflichtungen der Schweiz. Der Import von Produkten ausschliesslich nach Massgabe nationaler Standards würde den Handel mit Landwirtschaftsgütern stark einschränken. Einspruch und Widerstand des Auslands in Form von Gegenmassahmen wären die Folgen. Die Vorteile, welche die Schweiz heute aus ihren internationalen Abkommen zieht, würden zunichte gemacht. Damit würden alle Wirtschaftszweige, insbesondere

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aber die exportorientierten, schlechter gestellt. Ausserdem wäre es unmöglich zu überprüfen, ob die eingeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse tatsächlich Schweizer Normen entsprechen.

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Exportsubventionen für verarbeitete Agrarprodukte müssen gemäss Beschluss der WTO-Ministerkonferenz in Nairobi vom Dezember 2015 bis Ende 2020 abgeschafft werden. Betroffen von diesem Verbot sind auch die Schweizer Ausfuhrbeiträge gemäss «Schoggigesetz». Der Bundesrat hat die Vernehmlassung für ein Massnahmenpaket zur Umsetzung des WTOBeschlusses am 30. September 2016 eröffnet. Die Aufhebung der Ausfuhrbeiträge soll per 1. Januar 2019 umgesetzt werden. Damit wird das entsprechende Anliegen der Volksinitiative erfüllt.

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Die von der Initiative geforderten Massnahmen würden für Bund und Kantone zu einem hohen zusätzlichen finanziellen und personellen Ressourcenbedarf führen.

Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten deshalb mit dieser Botschaft, die Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» Volk und Ständen ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.

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