Generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens

Die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung hat an der Plenarsitzung vom 6. Oktober und im Zirkularverfahren vom 7. November 1999 gestützt auf Artikel 321bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0); Artikel 1, 3 Absatz 1, 9 Absatz 4 und 5, 10 und 11 der Verordnung vom 14. Juni 1993 über die Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Bereich der medizinischen Forschung (VOBG; SR 235.154); in Sachen Schulärztlicher Dienst der Stadt Zürich betreffend Gesuch vom 13. April 1999 für eine generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 321bis StGB zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens verfügt:

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Bewilligungsnehmer

Dem schulärztlichen Dienst der Stadt Zürich wird unter den nachfolgenden Bedingungen und Auflagen eine generelle Bewilligung gemäss Artikel 321bis StGB in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 und Artikel 11 VOBG erteilt.

Der für den schulärztlichen Dienst Verantwortliche in bezug auf eine einheitliche medizinische Versorgung ist der Direktor Dr. med. D. Frey.

Durch die Bewilligung wird dem mit dienstinterner Forschung betrauten Personal des schulärztlichen Dienstes gestattet, zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens unter den nachstehenden Bedingungen nicht anonymisierte Daten einzusehen.

Durch die Bewilligung wird die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Daten ermöglicht, ohne dass der Datenanleger dadurch sein Berufsgeheimnis verletzt. Dies gilt jedoch nur innerhalb des als Bewilligungsnehmer bezeichneten schulärztlichen Dienstes der Stadt Zürich. Sollten Forschungsprojekte auf nicht anonymisierte Daten von Spitäler oder medizinischen Instituten angewiesen sein, oder soll externen Forschern Einblick in nicht anonymisierte Daten des schulärztlichen Dienstes gewährt werden, ist der Kommission ein Sonderbewilligungsgesuch einzureichen.

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Zweck und Umfang der Dateneinsicht

Die Bewilligung umfasst das Recht, in den schuldienstinternen Datenbanken und Papierdateien die für interne Forschungsprojekte relevanten Daten einzusehen.

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Bedingungen

Daten von Kindern und Jugendlichen, deren Einwilligung ohne unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten und ohne, dass ihnen ein erheblicher Schaden zugefügt wird, eingeholt werden kann, dürfen nicht gestützt auf dieses Gesuch zu Forschungszwekken verwendet werden.

Es dürfen nur dann nicht anonymisierte Daten verwendet werden, wenn das Forschungsprojekt nicht mit anonymisierten Daten durchgeführt werden kann.

Die Kinder und Jugendlichen beziehungsweise deren Eltern (gesetzliche Vertreter) sind darüber aufzuklären, dass sie die Datenweitergabe untersagen können. Daten, deren Weitergabe untersagt wurde, dürfen nicht zu Forschungszwecken verwendet werden.

Der Direktor hat den Schutz der Daten und die Befolgung allfällig erhobener Verwendungsverbote sicherzustellen.

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Datensammlungen und Kreis der Zugriffsberechtigten a.

Der schulärztliche Dienst der Stadt Zürich hat sicherzustellen, dass die personenbezogenen Angaben klar getrennt werden von den bereits anonymisierten Daten. Die anonymisierten Angaben sind im übrigen mit einem Code zu versehen. Damit soll die Identifikation eines Kindes aus dem Datensatz verhindert werden.

b.

Zu Forschungszwecken können die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des schulärztlichen Dienstes der Stadt Zürich mit Einwilligung der für die Forschung Verantwortlichen oder des Direktors auf neues Datenmaterial Zugriff nehmen. Auf bereits bearbeitete Daten darf je nach Bedürfnis erneut zugegriffen werden. Nach Abschluss des Forschungsprojektes ist für einen erneuten Datenzugriff die Einwilligung der Forschungsverantwortlichen einzuholen.

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Dauer der Datenaufbewahrung

Eine Befristung der Aufbewahrung richtet sich nach kantonalem Recht. Die Vernichtung der Daten des Forschungsprojektes hat gemäss den Vorschriften des kantonalen Datenschutzbeauftragten zu erfolgen.

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Massnahmen für die Anonymisierung

Die den Stammkarten des schulärztlichen Dienstes entnommenen Daten sind zu Beginn der Forschungstätigkeit zu anonymisieren.

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Erkennungsmerkmale

Es ist sicherzustellen, dass in den auf den gesammelten Daten basierenden Publikationen eine Identifizierung der registrierten Personen nicht möglich ist.

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Auflagen a.

Für jedes Forschungsprojekt hat der Gesuchsteller eine ,,non obstat"Erklärung der Ethikkommission des Kantons Zürich einzuholen. Sie hat die ethischen Konformität des jeweiligen Forschungsprojektes zu bestätigen.

Wird diese Erklärung verweigert, darf das Forschungsprojekt nicht gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchgeführt werden; das Einholen einer Sonderbewilligung bleibt diesfalls aber vorbehalten.

b.

Die Stammkarten und die elektronischen Datensammlungen müssen einen Vermerk über die allfällig erfolgte Weigerung der Datenverwendung zu Forschungszwecken enthalten.

c.

Der schulärztliche Dienst hat die einzelnen internen Forschungsprojekte zu registrieren und dem Sekretariat der Expertenkommission jährlich zu Handen des Präsidenten zu melden. Diese Meldung hat folgendes zu beinhalten: den Titel des Forschungsvorhabens; die (vermutete) Grösse des Kollektivs, die Einschlusskriterien und den Forschungszweck den verantwortlichen Projektleiter; die Namen der Personen, welche Einblick in nicht anonymisierte Daten nehmen dürfen; für jedes einzelne Forschungsprojekt den Nachweis einer ,,non obstat"Erklärung der zuständigen Ethikkommission gemäss litera a.

d.

Der schulärztliche Dienst hat ein Zugriffsregelement zu erstellen und dieses dem Sekretariat zu Handen des Kommissionspräsidenten zuzustellen.

Aus dem Zugriffsreglement muss hervorgehen, in welcher Funktion die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu Forschungszwecken Zugriff auf die EDVDatensammlungen mit nicht anonymisierten, personenbezogenen Daten sowie auf die Stammkarten für besondere Vorkommnisse haben. Personen, die Forschung betreiben, aber über keine Zugriffsberechtigung verfügen, ist der Zugriff auf die nicht anonymisierten Daten zu verweigern. Insbesondere dürfen Spitälern, externen Instituten oder externen Forschern nur anonymisierte Daten zur Verfügung gestellt werden.

Diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche zugriffsberechtigt sind, haben die beiliegende Erklärung betreffend die ihnen gemäss Artikel 321bis StGB auferlegte Schweigepflicht zu unterzeichnen und zu Handen der Expertenkommission im schulärztlichen Dienst aufzubewahren.

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Bewilligungsdauer und -beständigkeit

Die vorliegende Bewilligung wird für eine Dauer von fünf Jahren seit Eintritt der Rechtskraft erteilt.

In folgenden Fällen muss vor Ablauf der Bewilligungsdauer ein neues, ergänzendes Gesuch gestellt werden: -

Wechsel des Direktors oder der Forschungsverantwortlichen

-

Änderung der Verwaltungs- oder Organisationsstruktur des schulärztlichen Dienstes

-

Änderung der Datenverwaltung

-

Änderung des Zugriffsreglements

-

Einführung neuer Datenbanken

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Frist für Auflagenerfüllung

Dem schulärztlichen Dienst wird zur Erfüllung der Auflagen gemäss Ziffer 8 Buchstaben b-d eine Frist von 6 Monaten seit Rechtskraft der Bewilligung gesetzt.

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Strafbarkeit

Wer gemäss Artikel 321bis StGB ein Berufsgeheimnis unbefugterweise offenbart, das er durch seine Tätigkeit für die Forschung im Bereich der Medizin oder des Gesundheitswesens erfahren hat, wird nach Artikel 321 StGB bestraft.

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Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Verfügung kann nach Massgabe von Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe c des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) und Artikel 44ff. des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) innert 30 Tagen seit deren Eröffnung resp. Publikation bei der Eidgenössischen Datenschutzkommission, Postfach 5951, 3001 Bern, Verwaltungsbeschwerde erhoben werden. Die Eingabe ist im Doppel einzureichen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten.

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Mitteilung und Publikation

Diese Verfügung wird dem schulärztlichen Dienst und dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten schriftlich mitgeteilt.

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Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht. Wer zur Beschwerde legitimiert ist, kann innert der Beschwerdefrist beim Sekretariat der Expertenkommission, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Recht, 3003 Bern, nach telefonischer Voranmeldung (031/322 94 94) Einsicht in die vollständige Verfügung nehmen.

21. Dezember 1999

Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung Der Vizepräsident: Prof. Dr. phil. Robert Weingart

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