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84.064

Botschaft zu einem Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG), zu einem Bundesgesetz über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen (Topographiengesetz, ToG) sowie zu einem Bundesbeschluss über verschiedene völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiete des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte vom 19. Juni 1989

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Antrag auf Zustimmung unterbreiten wir Ihnen die Entwürfe zu : - einem Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG), - einem Bundesgesetz über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen (Topographiengesetz, ToG), - einem Bundesbeschluss über verschiedene völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiete des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte.

Entwürfe und Botschaft treten an die Stelle der von den Eidgenössischen Räten zurückgewiesenen Vorlage vom 29. August 1984 (BB1 1984 III 173).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1953 P

6303

Urheberrechtsgesetz (N 3.6.53, Conzett)

1981 P 81.319 Kabelrundfunk, Weiters enderechte (N 19.6.81, Bratschi) 1982 P 81.597

Urheberrecht (N 19.3.82, Bacciarini)

1982 P 81.902 Urheberrechtsgesetz. Teilrevision (N 15.12.83, /Meier Josi/-Blunschy) 1982 P 82.320

Radio und Fernsehen. Weitersenderechte (N 15.12.83, Oehler)

1988 P 88.356 Folgerecht im Urheberrecht (N 23.6.88, Morf).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. Juni 1989.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Delamuraz Der Bundeskanzler: Buser

19S9-278

19 Bundesblatt. 141. Jahrgang. Bd. III

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Übersicht Die Revision hat das Ziel, den Urheberrechtsschutz der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung anzupassen, die seit dem Erlass des geltenden Gesetzes von 1922 stattgefunden hat. Die Vorlage des Bundesrates vom 29. August 1984 wurde vom Parlament an den Bundesrat zurückgewiesen, weil sie teilweise neu entstandene Schutzbedürfnisse - namentlich diejenigen der ausübenden Künstler und der Hersteller von Computerprogrammen - nicht berücksichtigt hatte. Zudem waren im sehr urheberfreundlichen Gesetzesentwurf von 1984 die Interessen der Arbeitgeber und Produzenten sowie diejenigen der Werknutzer zu wenig beachtet worden. Mit der vorliegenden neuen Botschaft unterbreitet der Bundesrat dem Parlament eine im Sinne des Rückweisungsbeschlusses überarbeitete Vorlage, welche diejenige vom 29. August 1984 vollumfänglich ersetzt.

Bei der Regelung der neuen Schutzbedürfnisse ist der Bundesrat entsprechend den Anweisungen des Parlaments differenziert vorgegangen. Während die Computerprogramme analog den Werken der Literatur und Kunst dem eigentlichen Urheberrechtsschutz unterstellt sind, regelt der Gesetzesentwurf den Schutz der ausübenden Künstler (unter Ausschluss der Zweitnutzungsrechte), der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen unter dem neuen Titel der «verwandten Schutzrechte». Für den ebenfalls regelungsbedürftigen Schutz von Halbleitertopographien («Chips») wurde hingegen ein separater Gesetzesentwurf ausgearbeitet, weil es sich dabei um industrielle Leistungsschutzrechte handelt, die nicht zum Urheberrecht gehören. Diese gesetzgeberischen Massnahmen zum Schutz neuer Kategorien von Immaterialgütern stimmen sowohl inhaltlich afa auch systematisch mit der internationalen Rechtsentwicklung überein, die namentlich durch die USA und die Europäische Gemeinschaft geprägt wird.

Korrekturen zugunsten der Arbeitgeber und der Produzenten sind bei der Regelung der Rechtszuordnung an Werken vorgenommen worden, die in Erfüllung eines Arbeitsvertrages oder unter der Verantwortung eines Produzenten geschaffen werden. Die neue Regelung stärkt die rechtliche Stellung des Trägers des finanziellen Risikos der Werkproduktion und verbessert in Verbindung mit dem Prinzip der Übertragbarkeit der Urheberrechte die Verkehrsfähigkeit von Werken, die beim abhängigen und kollektiven
Werkschaffen entstehen. Auch die Anliegen der Werknutzer sind bei der Überarbeitung des Gesetzesentwurfs besser berücksichtigt worden.

Um eine noch effizientere Kontrolle der kollektiven Rechtswahrnehmung zu gewährleisten, wurde die staatliche Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften weiter ausgebaut. Die Tarife sollen neu auf Angemessenheit geprüft werden, und die Höhe der Entschädigung darf grundsätzlich 10 Prozent der Einnahmen des Werknutzers nicht übersteigen. Ausserdem haben gemeinnützige Einrichtungen, wie beispielsweise Unterrichtsanstalten, gemäss der neuen Regelung Anspruch auf einen Sondertarif. Schliesslich ist zu erwähnen, dass die im Entwurf von 1984 enthaltenen Vergütungsansprüche für die sogenannten unkontrollierbaren Massennutzungen eingeschränkt worden sind. Das Ausleihen von Werkexemplaren durch Biblio-

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theken und die Verwendung von Werken zum eigenen, privaten Gebrauch soll in Anlehnung an das geltende Recht vergütungsfrei zulässig sein. Der neue Gesetzesentwurf kommt somit ohne die umstrittene Geräte- oder Leerkassettenabgabe aus.

Den materiellen Bedürfnissen der Kulturschaffenden ist im Rahmen der Kulturförderung zu entsprechen.

Gestützt auf den neuen Gesetzesentwurf schlägt der Bundesrat dem Parlament neben der bereits in der Botschaft von 1984 erwähnten Ratifikation der Pariser Fassungen von 1971 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst und des Welturheberrechtsabkommens auch die Annahme verschiedener Abkommen auf dem Gebiete der verwandten Schutzrechte vor. Es geht dabei um den Beitritt der Schweiz zum Abkommen von 1961 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (Rom-Abkommen) sowie um die Ratifikation des Übereinkommens von 1971 über den Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger und des Übereinkommens von 1974 über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen progrannmragenden Signale.

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Abkürzungen

AIPPI AS BEI BG BGE BRE

Brüsseler SatellitenÜbereinkommen BS BV EKI EKII EKIII EMSchG

ESchK EToG EURG GATT Genfer TonträgerÜbereinkommen GRUR Int.

IFPI-Schweiz IPRG MMG

MSchG

OG OMPI OR PatG Pro Litteris RBUe

480

Association internationale pour la protection de la propriété intellectuelle Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesblatt Bundesgesetz Bundesgerichtsentscheid Bundesratsentwurf für ein revidiertes Urheberrechtsgesetz vom 29. August 1984 (BEI 1984 III 173) Übereinkommen vom 2I.Mai 1974 über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale Bereinigte Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen 1848-1947 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 (SR 101) I. Expertenkommission II. Expertenkommission III. Expertenkommission Entwurf zu einem BG über den Markenschutz vom 15. August 1988 Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten Entwurf zu einem BG über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen vom 19. Juni 1989 Entwurf zu einem revidierten BG über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 19.Juni 1989 General Agreement on Tariffs and Trade Übereinkommen vom 29. Oktober 1971 zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Schweizerische Landesgruppe der International Fédération of Phonogram and Videogram Producers BG vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (SR 291) BG vom 30. März 1900 betreffend die gewerblichen Muster und Modelle (SR 232.12) BG vom 26. September 1890 betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waren und der gewerblichen Auszeichnungen (SR 232.11) BG vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (SR 173.110) Organisation Mondiale de la Propriété Intellectuelle BG vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) (SR 220) BG vom 25. Juni 1954 betreffend die Erfindungspatente (SR 232.74) Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für literarische, dramatische und bildende Kunst Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, Pariser Fassung von 1971

Rom-Abkommen

SR StGB Suisa Suissimage UNESCO

URG UWG VEI VE II VE III VerwertungsG

VPB VStrR W zum VerwertungsG WUA ZGB

ZSR

Internationales Abkommen vom 26. Oktober 1961 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen Systematische Rechtssammlung Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 3U) _ Schweizerische Gesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke Schweizerische Gesellschaft für die Urheberrechte an visuellen und audiovisuellen Werken Organisation des Nations Unies pour l'éducation, la science et la culture BG vom T.Dezember 1922 betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst (SR 231. T) BG vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (SR 241) I. Vorentwurf für ein revidiertes Urheberrechtsgesetz vom 21.Mai 1971 II. Vorentwurf für ein revidiertes Urheberrechtsgesetz vom I.Mai 1974 III. Vorentwurf für ein revidiertes Urheberrechtsgesetz vom 18.Dezember 1987 BG vom 25. September 1940 betreffend die Verwertung von Urheberrechten (SR 231.2) Verwaltungspraxis der Bundesbehörden BG vom 22.März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0) Vollziehungssverordnung vom 7. Februar 1941 (S9.231.21) Welturheberrechtsabkommen. Pariser Fassung von 1971 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10.Dezember 1907 (SR 210) Zeitschrift für Schweizerisches Recht

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Ausgangslage

Mit der Verabschiedung der Botschaft vom 29. August 1984 zu einem Bundesgesetz über das Urheberrecht (BB1 1984 III 173) wurde ein Schlussstrich unter die langwierigen Vorarbeiten zur Revision des Urheberrechts gesetzt, die bereits im Jahre 1963 mit der Einsetzung einer ersten Expertenkommission begonnen hatten. Die Vorlage von 1984 ist jedoch am 3. Oktober 1985 vom Ständerat und am 10. Juni 1986 vom Nationalrat zurückgewiesen worden. Das Parlament hat die Rückweisung mit dem Auftrag verbunden, den Gesetzesentwurf nochmals gründlich zu überarbeiten. Dabei sollte die Stellung der Produzenten sowie diejenige der verschiedenen Werknutzer verbessert und die Kontrolle über die Verwertungsgesellschaften verschärft werden. Insbesondere aber sollte ein differenzierter Leistungsschütz für die ausübenden Künstler und für Computerprogramme in den Gesetzesentwurf eingebaut werden.

Weitere wichtige Hinweise für die Überarbeitung der Vorlage ergaben sich aus dem Neunpunkteprogramm von Ständerat Jagmetti, das in beiden Kammern eine breite Unterstützung gefunden hatte. Dieses Neunpunkteprogramm lautet: 1. Annäherung der widersprüchlichen Standpunkte mit dem Ziel eines besseren Konsenses.

2. Grösserer Realitätsbezug, das heisst einfachere und praxisnähere Lösungen.

3. Die Wiedergabe von Werken nicht übermässig erschweren, insbesondere mit Blick auf Schulen und Bibliotheken.

4. Die Verwertungsgesellschaften dürfen nicht zu überorganisierten und mächtigen Bürokratien werden.

5. Einbezug des Interpretenschutzes.

6. Prüfung eines Einbezuges der EDV-Programme.

7. Grössere Achtung vor der Vertragsfreiheit.

8. Besserer systematischer Aufbau des Gesetzes.

9. Prüfung des Verhältnisses Urheberrechtsgesetz / Datenschutz.

12

Ergebnisse der weiteren Vorarbeiten

121

Einsetzung einer dritten Expertenkommission

121.1

Zusammensetzung

Zur Überarbeitung des vom Parlament zurückgewiesenen Entwurfs des Bundesrates vom 29. August 1984 betreffend die Revision des Urheberrechtsgesetzes setzte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am 15. August 1986 eine ausserparlamentarische Expertenkommission ein.

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Den Vorsitz dieser dritten Expertenkommission (EK III) führte Professor Dr.

iur. François Dessemontet, Lausanne.

Zu weiteren Mitgliedern der Kommission wurden ernannt: Als Vertreter der Werknutzer: lie. iur. Moritz Arnet, Bern, für die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz und die Vereinigung Schweizerischer Bibliothekare; Prof. Dr. iur. Wolfgang Larese, Rechtsanwalt, Zürich, für den Dachverband der Urheberrechtsnutzer; Dr. iur. Martin J. Lutz, Rechtsanwalt, Zürich, für die Verbände der Kabelnetzbetriebe; lie. iur. Stephan Stadier, Bern, für den Schweizerischen Städte- und Gemeindeverband.

Als Vertreter der Werkvermittler: Beat Durrer, Fürsprecher, Bern, für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft; Prof. Dr. iur. Peter Nobel, Rechtsanwalt, Zürich, für den Schweizerischen Verband der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger; lie. iur. Hans Christof Sauerländer, Aarau, für den Schweizerischen Buchhändler- und Verleger-Verb and; Marc Wehrlin, Fürsprecher, Bern, für die Filmverleiher und -Produzenten.

Als Vertreter der Leistungsschutzansprecher: Dr. iur. Vital Hauser, Rechtsanwalt, Zürich, für die Schweizerische Interpreten-Gesellschaft; Matthias Kummer, Fürsprecher, Zürich, für den Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins ; Dr. iur. Peter Mosimann, Rechtsanwalt, Basel, für den Schweizerischen Bühnenverband; Dr. iur. Jürg Rordorf, Rechtsanwalt, Zürich, für die Schweizer Landesgruppe der IFPI (Tonträgerhersteller).

Als Vertreter der Urheber: Dr. iur. Denis Barrelet, Detligen, für die Arbeitsgemeinschaft der Urheber (Journalisten): Dr. iur. Willi Egloff. Fürsprecher, Bern, für die Arbeitsgemeinschaft der Urheber (Medienschaffende); Arnold Isler, Bern, für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund; Hans Mühlethaler, Herrenschwanden, für die Arbeitsgemeinschaft der Urheber (freischaffende Autoren); lie. iur. Anne Spoerri, Rechtsanwältin. Oetwil am See, für die Arbeitsgemeinschaft der Urheber (Filmschaffende).

Als Vertreter der Verwertungsgesellschaften: Pierre-Henri Dumont, Genf, für die Société Suisse des Auteurs; Dr. iur. Ernst Hefti, Zürich, für die Pro Litteris.

Das Sekretariat besorgte das Bundesamt für geistiges Eigentum.

121.2

Auftrag

Die dritte Expertenkommission erhielt den Auftrag, den Entwurf des Bundesrates im Sinne des Rückweisungsbeschlusses des Parlaments und der Beratungen in den beiden Räten zu überarbeiten und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement bis zum 31.Dezember 1987 einen Bericht über die Kommissionsarbeit zu unterbreiten.

Der Rückweisungsbeschluss lautet: Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag zu prüfen, wie der Schutz der Produzenten und der verschiedenen Nutzerkreise verbessert werden könnte. Vor allem sei ein differenzierter Leistungsschutz - Interpreten, Computerprogramme usw. - in die Vorlage einzubauen und die Kontrolle der Verwertungsgesellschaften zu verstärken.

483

Der Rückweisungsbeschluss setzte somit die Leitlinien, innerhalb derer sich die Arbeiten der EK III zu bewegen hatten. Es ging insbesondere darum, einen besseren Interessenausgleich zu finden und zwar unter Berücksichtigung der Anliegen der Werkvermittler und der Werknutzer. Weitere Ziele waren der Einbau eines nach Kategorien differenzierten Leistungsschutzes sowie eine effizientere Kontrolle der Verwertungsgesellschaften.

Ergänzend waren aber die gesamten Diskussionen beider Kammern miteinzubeziehen, und hier hatte sich, auch im Nationalrat, ein weitgehender Konsens über das Neunpunkteprogramm von Herrn Ständerat Jagmetti herauskristallisiert (vgl. Ziff. 11) 122

Grundzüge des Entwurfs der dritten Expertenkommission

Bei der Überarbeitung der Vorlage des Bundesrates durch die EK III standen gemäss den parlamentarischen Beratungen zwei Postulate im Vordergrund: - der Einbezug eines differenzierten Leistungsschutzes und - die Verbesserung der Konsensfähigkeit der Vorlage!

Ende 1987 schloss die EK III ihre Arbeiten ab und reichte Entwurf und erläuternden Bericht dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement ein.

Dem erstgenannten Postulat wurde der Entwurf der EK III mit einem zweiten und vierten Titel zur Regelung der verwandten Schutzrechte und des industriellen Leistungsschutzes gerecht. Die verwandten Schutzrechte umfassten den Schutz der ausübenden Künstler, der Veranstalter von Bühnenaufführungen und Konzerten, der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeanstalten. Der industrielle Leistungsschutz bezog sich auf Computerprogramme und mikroelektronische Halbleitererzeugnisse. Um die Erfüllung des zweiten Postulates - Verbesserung der Konsensfähigkeit - hatten die Experten hart gerungen, und sie haben schliesslich einstimmig, bei einer Enthaltung und einer Absenz, den erarbeiteten Entwurf gutgeheissen. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde dann der Expertenentwurf vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement unverändert übernommen und in die Vernehmlassung geschickt.

Diese sollte dann allerdings zeigen, dass der derart hartnäckig erstrebte Kompromiss der Experten den politischen Reaktionen nicht standhielt (vgl.

Ziff. 132). Die Vorschläge der Expertenkommission lassen sich in den Grundzügen wie folgt charakterisieren: 122.1

Rechtsstellung des Arbeitgebers und Produzenten

Die Überarbeitung dieses Kapitels erwies sich als ausserordentlich schwierig.

Insbesondere war in der zentralen und umstrittenen Frage der Rechtszuordnung beim abhängigen Werkschaffen (Verhältnis des Urhebers zum Arbeitgeber bzw.

Produzenten) eine Annäherung der Standpunkte nur schwerlich zu erzielen.

Der VE III weist in diesem Bereich, in dem sich die Interessen der Urheber und diejenigen der Werkvermittler (Arbeitgeber, Produzenten, Verleger usw.) gegenüberstehen, namentlich drei wichtige Änderungen auf, nämlich: - die Rückkehr zum System der Übertragbarkeit der Urheberrechte, 484

- die Regelung des Werkschaffens im Arbeitsverhältnis, - die Beibehaltung von Artikel 393 OR (Bearbeitung eines Werks nach Plan des Verlegers), der gemäss BRE aufgehoben werden sollte.

Diese drei Änderungen führten zumindest tendenziell zu einer Besserstellung der Position des finanziellen Risikoträgers der Werkproduktion und entsprachen somit der im Rückweisungsbeschluss angegebenen Stossrichtung. Gemäss der von der EK III vorgeschlagenen Regelung für das Werkschaffen im Arbeitsverhältnis sollten die Rechte am Dienstwerk auf den Arbeitgeber übergehen, soweit es das Arbeitsverhältnis mit sich bringen kann. Die Bestimmung basierte somit auf der sogenannten Zweckübertragungstheorie, die gestützt auf Artikel 9 Absatz 2 URG auch nach geltendem Recht zur Vertragsauslegung herangezogen wird.

Im übrigen überarbeitete die EK III auch die im BRE enthaltene Produzentenbestimmung und fügte ihr die zwingende Regel bei. wonach dem Urheber für Verwendungen des Werks durch den Produzenten ein Anspruch auf Beteiligung am Venvertungserlös zusteht, wenn mit der entsprechenden Verwendung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht gerechnet werden konnte.

122.2

Regelung der Massennutzung

Die vom Bundesrat vorgenommene Grenzziehung zwischen vergütungsfreien und Vergütungspflichtigen Werkverwendungen (Photokopieren sowie privates Überspielen von Ton- und Tonbildträgern) war im Parlament eher als zu urheberfreundlich eingestuft worden. Es bestand die Befürchtung, dass die Vergütungsansprüche zusammen mit denjenigen für das Vermieten und Ausleihen von Werkexemplaren zu einer Aufblähung des Verwertungsapparates, einer Verbürokratisierung des Urheberrechts und einer allzu grossen Belastung der Werknutzer führen würden. Die im Rückweisungsbeschluss enthaltene Forderung nach einer "besseren Berücksichtigung der Anliegen der Werknutzer musste deshalb als Auftrag zur Einschränkung der im BRE enthaltenen Vergütungsansprüche verstanden werden.

Die EK III ist dem Rückweisungsbeschluss in diesem Punkt nur halbherzig gefolgt. Die einzige Korrektur, die sie zugunsten der Werknutzer an den Vergütungsansprüchen des BRE vorgenommen hat, betrifft das Vermiet- und Verleihrecht. So hat die EK III die schulinternen Bibliotheken in bezug auf ihre Ausleihtätigkeit von der Vergütungspflicht ausgenommen. Dasselbe gilt auch für betriebs- und verwaltungsinterne Bibliotheken. Alle anderen Vergütungsansprüche im Bereich der unkontrollierbaren Massennutzung geschützter Werke wurden beibehalten und sogar auf die Träger der verwandten Schutzrechte ausgedehnt. Mit der sogenannten Leerkassettenabgabe (Zuschlag auf den Verkaufspreis von unbespielten Ton- und Videokassetten) sollten nicht nur die Urheber, sondern auch die ausübenden Künstler für das Aufnehmen von Musik, das Mitschneiden von Sendungen und das Aufzeichnen von Filmen entschädigt werden. Die Vorbehalte gegenüber dieser umfassenden Vergütungsregelung wollte die Kommission durch die Festlegung der Höhe der verschiedenen Ansprüche im Gesetz sowie durch die Gewährleistung einer besseren Kontrolle der Verwertungsgesellschaften abbauen (vgl. Ziff. 122.4 und 122.5).

485

122.3

Verwandte Schutzrechte

Das Parlament hat den Bundesrat im Rahmen des Rückweisungsbeschlusses insbesondere damit beauftragt, einen differenzierten Leistungsschutz in die Vorlage einzubauen. Darunter fallen namentlich die sogenannten verwandten Schutzrechte, die den urheberrechtsnahen Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen sowie andere Leistungen betreffen, die mit den Werken der Literatur und Kunst oder der Darbietung des ausübenden Künstlers eng verknüpft sind.

Bei der Ausgestaltung des Schutzes der verwandten Rechte durch die EK III stellten sich insbesondere zwei Fragen: - Welche Leistungen bzw. Schutzanwärter sind neben den Interpreten, den Tonträgerherstellern und den Sendeanstalten noch zu berücksichtigen?

- Ist nur der im Rom-Abkommen vorgesehene Mindestschutz zu gewähren, oder sollen auch im Bereich der verwandten Schutzrechte Vergütungsansprüche für die modernen Massennutzungen eingeführt werden?

In Beantwortung der ersten Frage hat die Kommission beschlossen, neben den vom Rom-Abkommen vorgesehenen Schutzadressaten (Interpreten, Tonträgerhersteller und Sendeunternehmen) auch den Herstellern von Tonbildträgern sowie den Veranstaltern von Aufführungen einen Schutz der verwandten Rechte zu gewähren. Entscheidend war dabei die Überlegung, dass auch diese Kategorien von Schutzadressaten Leistungen erbringen, die mit den Schutzobjekten «Werk» und «Darbietung» in einem direkten Zusammenhang stehen.

Auf Antrag der Verleger hat die Kommission auch die Ausdehnung des Schutzes der verwandten Rechte auf Druckerzeugnisse in Betracht gezogen. Es hat sich gezeigt, dass zur Rechtfertigung des Schutzes von Druckerzeugnissen dieselben Argumente angeführt werden können, mit denen der Schutz der Tonund Tonbildträger begründet wird. Dennoch hat die Kommission beschlossen, die Druckerzeugnisse nicht in die verwandten Schutzrechte aufzunehmen. Ausschlaggebend für diesen Entscheid waren namentlich die folgenden Überlegungen: Einerseits knüpft die verlegerische Leistung, im Gegensatz zu derjenigen der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeanstalten, nicht an die Darbietung des Interpreten an, die im Mittelpunkt des Schutzes der verwandten Rechte steht. Die beantragte Ausdehnung würde somit die Grenzen zwischen Schutz der verwandten Rechte und Leistungsschutz verwischen,
was zu einer Prolifération dieses nicht mehr klar abgegrenzten Sonderschutzes führen könnte. Anderseits wollte die Kommission den Verlegern keinen selbständigen Vergütungsanspruch für das Photokopieren zugestehen, und zwar weder im Sinne eines verwandten schutzrechtlichen Zuschlags zur urheberrechtlichen Vergütung noch im Sinne eines Anspruchs auf Beteiligung am Verwertungserlös gegenüber den Urhebern. Und schliesslich war die Kommission der Auffassung, dass die Verleger durch das neue UWG (Art. 5 Bst. c) über einen angemessenen Leistungsschutz verfügen würden.

Die Beantwortung der Frage nach dem Umfang der zu gewährenden Rechte bot ebenfalls Probleme. Gemäss der vorwiegend von den Werknutzern vertretenen 486

Auffassung sollten die verwandten Schutzrechte nicht über den im Rom-Abkommen vorgesehenen Mindestschutz hinausgehen. Diese Rechte würden ausreichen, um die verschiedenen Kategorien von Schutzadressaten gegen die Ausbeutung ihrer Leistungen durch Dritte zu schützen, und damit sei auch die Zielsetzung eines differenzierten Leistungsschutzes auf dem Gebiet der verwandten Schutzrechte erreicht, Die Interpreten und die ihnen nahestehenden Kreise erwarteten indessen mehr als blosse Abwehrrechte gegen die verschiedenen Formen der Piraterie, denen ihre Leistungen zum Opfer fallen können. Sie forderten einen umfassenden Schutz, der ihnen in Anlehnung an das URG auch Vergütungsansprüche im Bereich der modernen Massennutzungen zugestehen soll. Insbesondere mochten sie nicht auf die im Rom-Abkommen fakultativ vorgesehenen Zweitnutzungsrechte verzichten, wonach für die Verwendung von Ton- und Tonbildträgern zu Sende- und Aufführungszwecken eine Entschädigung an die ausübenden Künstler zu entrichten wäre. Die Geltendmachung,dieser vermögensrechtlichen Ansprüche müsste parallel zum Urheberrecht über ein System der kollektiven Rechtswahrnehmung erfolgen.

Die Kommission hat sich für den umfassenden Schutz entschieden. Damit hat sie die Linie der Initiative Morf für ein Ton- und Bildschutzgesetz eingeschlagen. Der Nationalrat hat diese Initiative zwar abgeschrieben, aber gleichzeitig einer (vom Ständerat dann allerdings abgelehnten) Motion zugestimmt, wonach bei der Überarbeitung der Vorlage gemäss dem Rückweisungsbeschluss des Ständerates dem Schutz der Interpreten, der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen besondere Beachtung zu schenken ist, und zwar unter Berücksichtigung der wesentlichen Elemente des Entwurfs zu einem Tön- und Bildschutzgesetz.

Die EK III schlug vor, die verwandten Schutzrechte in das neue Urheberrechtsgesetz einzubetten. Gemäss dieser Systematik gelten fürs verwandte Schutzrecht dieselben Bestimmungen wie fürs Urheberrecht, sofern eine abweichende Regelung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. In einem separaten verwandten Schutzrechtsgesetz hätten alle gleichlautenden Bestimmungen (Rechtsschutz, kollektive ·Rechtswahrnehmung, Schutzausnahmen usw.) wiederholt werden müssen.

Bei der Ausgestaltung der verwandten Schutzrechte konnte die Kommission auf verschiedene
Vorlagen zurückgreifen. Sie orientierte sich namentlich an der parlamentarischen Initiative Morf zu einem Ton- und Bildschutzgesetz vom S.Oktober 1983 sowie an dem Gesetzesentwurf von Prof. M. Pedrazzini vom 15. Februar 1982, der dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement von der Schweizerischen Interpreten-Gesellschaft, der IFPI-Schweiz, der SUIS A und der Schweizerischen Vereinigung für Urheberrecht eingereicht worden ist. Auch der seinerzeit von der zweiten Expertenkommission zur Revision des Urheberrechts ausgearbeitete Entwurf zu einem Nachbarrechtsgesetz vom l I.Oktober 1974 sowie die gemeinsame Eingabe der Schweizerischen Interpreten-Gesellschaft, der IFPI-Schweiz und der SUISA an die Ständeratskommission (Entwurf vom 14. Aug. 1985) wurden berücksichtigt. Daneben wurden rechtsvergleichend auch ausländische Nachbarrechtsgesetze (BRD, Frankreich und Österreich) herangezogen.

487

Mit dem Entscheid, die verwandten Schutzrechte als Ausführungsbestimmungen zum Rom-Abkommen auszugestalten, war das Schutzkonzept bereits vorgegeben. In Anlehnung an das Abkommen wurden verschiedene Kategorien von Schutzadressaten nebeneinander gestellt und jeder dieser Kategorien ganz bestimmte Rechte betreffend die Verwendung ihrer Leistungen zugeordnet. Wie bereits erwähnt, wurden neben den Interpreten, den Tonträgerherstellern und den Sendeanstalten, die durch das Rom-Abkommen geschützt sind, auch die Hersteller von Tonbildträgern und die Veranstalter von Aufführungen als Schutzsubjekte anerkannt.

Die Hersteller von Tonbildträgern gehören nach der Systematik dieses Schutzes zu den Tonträgerherstellern und haben auch dieselben Schutzbedürfnisse. Demzufolge werden diesen beiden Schutzsubjekten auch dieselben Rechte zugeordnet.

Der Schutz der Veranstalter steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Schutz der «Live-Darbietung». Die beiden Schutzobjekte (Darbietung und Veranstaltung) sind deckungsgleich und unterscheiden sich lediglich bezüglich der Legitimation des Schutzes und der Rechtszuordnung voneinander. An der Aufführung und dem Konzert verfügen die Interpreten und Veranstalter gemäss dem VE III über kongruente Schutzrechte.

122.4

Verwertungsrecht

Der Rückweisungsbeschluss enthält unter anderem den Auftrag, die Kontrolle über die Verwertungsgesellschaften zu verbessern.

Im Vordergrund der Bestrebungen der Kommission, diesen Auftrag zu erfüllen, stand die Einführung der Angemessenheitskontrolle für die Tarife. Als Wegbereiter diente ihr dabei der BGE vom 7. März 1986 betreffend den Genehmigungsbeschluss der Eidgenössischen Schiedskommission vom S.Juni 1984 über den Kabelfernsehtarif. Diesem unveröffentlichten Entscheid ist zu entnehmen, dass die Urheberrechtsentschädigung grundsätzlich 10 Prozent der Bruttoeinnahmen des Werknutzers nicht übersteigen soll (vgl. dazu Ziff. 122.5). Für die verwandten Schutzrechte sah der Entwurf einen Entschädigungsansatz von 3 Prozent vor. Die Endbelastung der Werknutzer würde somit gemäss dem VE III 13 Prozent der aus der Werkverwendung resultierenden Einnahmen bzw. der damit verbundenen Ausgaben betragen.

Konkret schlug die Kommission vor, für eine Übergangszeit von fünf Jahren, die Höhe der neu einzuführenden Vergütungsansprüche für das Vermieten und Ausleihen von Werkexemplaren sowie für das Vervielfältigen zum Eigengebrauch - im Sinne einer Richtlinie für die Zukunft - ausdrücklich im Gesetz festzulegen. Dadurch soll es den Verwertungsgesellschaften ermöglicht werden, diese Entschädigungen unmittelbar ab Inkrafttreten des Gesetzes geltend zu machen. Zum andern schafft eine solche Bestimmung nach Auffassung der EK III für den Nutzer Klarheit über die Belastung, die sich aus den entsprechenden Vergütungsansprüchen ergeben wird. Abgesehen von der Verschärfung und Konkretisierung der Tarifkontrolle hat die Kommission noch eine ganze Reihe weiterer Änderungen und Ergänzungen am Verwertungsrecht vorgenommen, 488

mit dem Ziel, die Bundesaufsicht noch effizienter und griffiger zu machen. Es handelte sich allerdings um Detailverbesserungen, die das Aufsichtssystem nicht grundlegend verändern und zum grossen Teil in den vorliegenden Entwurf aufgenommen worden sind.

122.5

Bemessung der Vergütungsansprüche

Die EK III ist davon ausgegangen, dass die Vorbehalte, die im Rahmen der parlamentarischen Beratungen über den BRE von 1984 gegenüber den darin vorgesehenen Vergütungsansprüchen erhoben worden sind, im wesentlichen auf die Befürchtung der Werknutzer zurückzuführen seien, dass sich daraus unzumutbare Mehrbelastungen ergeben könnten. Ein erster wichtiger Schritt, um diese Vorbehalte.abzubauen, bestand darin, die sogenannte 10-Prozent-Regel (13% unter Einschluss der verwandten Schutzrechte) als massgebliches Kriterium der Angemessenheitskontrolle der Tarife im Verwertungsrecht zu verankern (vgl. Ziff. 122.4). Damit wurde indessen nur eine klare und verbindliche Berechnungsgrundlage geschaffen und noch nichts über die effektiven Kosten ausgesagt, mit denen die Werknutzer rechnen müssten.

Um für die Nutzer und die Berechtigten Klarheit über die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen der Vergütungsansprüche zu schaffen und in der Hoffnung, damit auch die politische Diskussion darüber zu erleichtern, nahm die EK III eine Übergangsregelung in ihren Entwurf auf, in der die Höhe der Vergütungsansprüche beziffert wurde. Die entsprechende Bestimmung hatte den folgenden Wortlaut: Art. 132 Entschädigungen für Urheber- und Nachbarrechte Unter Vorbehalt bestehender Verträge sind für eine Übergangszeit von längstens fünf Jahren bis zum rechtskräftigen Erlass von Tarifen die folgenden Entschädigungen für Urheber- und Nachbarrechte geschuldet: a. Vermieten und Ausleihen (Art. 16, Art. 48 Bst. f) -bei gedruckten Werken: 20 Rappen pro Ausleihe, - bei Tonträgern: 30 Rappen pro Ausleihe, -bei Tonbildträgern: 80 Rappen pro Ausleihe; b. Werkverwendung zum Eigengebrauch (Art. 28, Art. 48 Bst. e) -bei Photokopien geschützter Werke: 5 Rappen pro A4-Seite -- bei Tonträgeraufnahmen: - pro Leerkassette oder anderen Tonträger 20 Rappen pro 30 Minuten Aufnahmekapazität - bei Tonbildträgeraufnahmen: - pro Leerkassette oder anderen Tonbildträger 40 Rappen pro 30 Minuten Aufnahmekapazität ; c. Weitersendung (Art. 29 Abs. 2) - gemäss den gemeinsamen Tarifen I und II.

Die Entschädigungsansätze wurden gestützt auf das sogenannte Tantiemesystem berechnet, wonach die Urheberrechtsentschädigung in der Regel 10 Prozent und diejenige für die verwandten Schutzrechte 3 Prozent der Einnahmen bzw. der Ausgaben des Werknutzers betragen soll (vgl. Ziff. 122.4). Als Berechnungsgrundlagen verwendete die EK III Angaben der Verwertungsgesellschaften, die teilweise auf umfassenden statistischen Erhebungen beruhten.

489

Im Bereich des Vermietens und Ausleihens von Druckerzeugnissen beträgt der durchschnittliche Verkaufspreis urheberrechtlich geschützter Druckwerke nach den speziellen Erhebungen der Pro Litteris 30 Franken pro Exemplar. Der Urheber eines solchen Werks erhält aufgrund der mit seinem Verleger abgeschlossenen Verträge im Schnitt 10 Prozent, also 3 Franken als Urheberrechtsentschädigung. Durch das Ausleihen geht der Urheber dieser Entschädigung insoweit verlustig, als der Ausleiher das Druck-Exemplar nicht kauft. 10 Prozent dieser ausgefallenen Entschädigung ergibt 30 Rappen. Indessen rechtfertigt sich nach Ansicht der Kommission für eine Übergangszeit eine Senkung dieses Ansatzes auf 20 Rappen, weil der Buchverleih im Unterschied zum Verleih von Ton- und Tonbildträgern meist keinen kommerziellen Zwecken dient.

In der Schweiz werden jährlich von allgemein zugänglichen Bibliotheken rund 9 Millionen Werke ausgeliehen. Davon ist ungefähr ein Viertel nicht mehr geschützt. Aufgrund des Ansatzes von 20 Rappen pro Ausleihe ergibt dies somit einen jährlichen Gesamtbetrag von rund 1,4 Millionen Franken, die von den Bibliotheken bzw. von den staatlichen Stellen als Vergütung für den Verleih von geschützten Druckerzeugnissen zu entrichten wären.

Bei der Berechnung der Vergütung für das Vermieten und Auslernen von Tonträgern müssen nebst den Urhebern auch die Interpreten entschädigt werden.

Der massgebende Ansatz beträgt somit insgesamt 13 Prozent von den Einnahmen bzw. hilfsweise vom Aufwand des Nutzers. Da Tonkassetten kaum verliehen werden, ist von der durchschnittlichen Verleihgebühr für die sogenannte «Compact Disc» auszugehen, die gegenwärtig bei etwa 2.50 Franken pro Tag liegen dürfte. 13 Prozent dieser Gebühr ergibt 32 Rappen, was zu einer Entschädigung von 30 Rappen pro Ausleihe führt.

Für die Tonbildträger belaufen sich die Kosten pro Vermietung auf durchschnittlich 7.16 Franken. Die Entschädigung für die Urheber und Interpreten (13 Prozent von 7.16 Franken) müsste somit 93 Rappen betragen. Obwohl es sich bei Videokassetten fast ausnahmslos um geschützte Werke handelt und 90 Prozent des Umsatzes erst noch mit Neuheiten erzielt werden, erachtete die Kommission eine Senkung dieses Ansatzes auf 80 Rappen pro Ausleihe als vertretbar.

Die Berechnung der Entschädigung für das Photokopieren von geschützten
Werken basiert auf der Annahme der Pro Litteris, dass der massgebende Aufwand etwa 25 Rappen pro Kopie beträgt. Das würde eine Entschädigung von 2,5 Rappen pro Kopie ergeben. Die Kommission war indessen der Auffassung, dass bei dieser Nutzung die Voraussetzungen erfüllt .sind, wonach die Entschädigung bis auf das Doppelte erhöht werden kann, wenn mit der Nutzung ein ungewöhnlich geringer massgebender Aufwand verbunden ist oder der Absatz dadurch erheblich beeinträchtigt wird.

Zu beachten ist, dass diese Entschädigung nur auf die Kopien erhoben wird, die urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Die Anteile des kopierten geschützten Materials wurde von der Schweizerischen Gesellschaft für praktische Sozialforschung im Auftrag der Pro Litteris ermittelt. Sie kommt im einzelnen zu folgenden prozentualen Anteilen an geschützten Werken: - öffentliche Verwaltungen: 2 Prozent, 490

- öffentlich zugängliche Kopiergeräte: 26 Prozent, - Schulen: 20-30 Prozent, - Bibliotheken: 35 Prozent, - übrige Gerätebesitzer: 4 Prozent.

Nach diesen Ansätzen hätte zum Beispiel ein Rechtsanwalt für das Photokopieren in seiner Praxis bei einer jährlichen Gesamtmenge von 80000 Kopien der diese Vergütungen einkassierenden Verwertungsgesellschaft eine Urheberrechtsentschädigung von 160 Franken pro Jahr zu bezahlen. Eine industrielle Grossfirma oder ein Dienstleistungsunternehmen müsste bei einer jährlichen Anzahl von 1,5 Millionen Kopien mit einer Entschädigung von 3000 Franken rechnen.

Es ist im übrigen offen, inwieweit die Urheber der verwerteten Rechte von Verwertungsgesellschaften vertreten werden.

Bei der Berechnung des Ansatzes für die sogenannte Leerkassettenabgabe für Tonträger ging die Kommission von einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 5.24 Franken pro 90 Minuten Spieldauer aus. Aufgrund von Erhebungen der Schweizerischen Gesellschaft für praktische Sozialforschung steht fest, dass im Durchschnitt 88 Prozent der auf unbespielte Tonträger aufgenommenen Werke urheberrechtlich geschützt sind. Deshalb verringert sich der Ansatz von 13 Prozent aufgrund der Pro-Rata-Temporis-Regel auf 11,4 Prozent, was eine Entschädigung von 59 Rappen pro 90 bzw. 20 Rappen pro 30 Minuten Leerband ergibt.

Zur Festsetzung der Leerkassettenabgabe für Tonbildträger ging die Kommission aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen von einem durchschnittlichen Preis von 6.70 Franken pro Stunde Leerband aus. Gemäss einer Studie der Gesellschaft für Marktforschung, GfM Hamburg, beträgt der urheberrechtlich relevante Anteil beim privaten Kopieren 90 Prozent. Somit verringert sich der Ansatz von 13 Prozent auf 11,7 Prozent was zu einer Entschädigung von 78 Rappen pro 60 bzw. etwa 40 Rappen pro 30 Minuten Leerband führt. Die Kommission ist sich allerdings bewusst, dass sie sowohl hier, wie auch bei der Berechnung der Leerkassettenabgabe für Tonträger, die Amortisation der Video- bzw.

der Tonbandgeräte nicht berücksichtigt hat.

122.6

Industrieller Leistungsschutz

Die EK III hat sich eingehend mit dem Schutz gewisser technischer Leistungen und Erzeugnisse befasst. Sie kam dabei zum Schluss, dass neben den im parlamentarischen Auftrag ausdrücklich erwähnten Computerprogrammen auch die sogenannten integrierten Schaltungen («Chips») geschützt werden müssen.

Auf internationaler Ebene ist das Schutzbedürfnis beider Objekte weitgehend unbestritten. Nahezu alle Industriestaaten haben im Rahmen ihrer Urheberrechtsgesetze Bestimmungen für den Programmschutz eingeführt und unternehmen Bemühungen, um auch integrierte Schaltungen gesetzlich zu schützen. Spezialgesetze zum Schutz dieser Halbleiterprodukte bestehen bereits in den USA, in Japan, Schweden und in verschiedenen Mitgliedländern der EG. Die Schweizer Industrie ist an einem Schutz der genannten technischen Leistungen interessiert, weil es sich in beiden Bereichen um Schlüsseltechnologien der Zukunft handelt.

491

In Anbetracht der internationalen Entwicklung, der Bedürfnisse unserer Industrie sowie des parlamentarischen Auftrags schien der EK III die Notwendigkeit eines Leistungsschutzes für Programme der Datenverarbeitung und für integrierte Schaltungen ohne weiteres gegeben. Sie fügte den industriellen Leistungsschutz als vierten Titel in ihren Entwurf für ein neues Urheberrechtsgesetz ein und gliederte ihn in drei Kapitel. Das erste ist den Computerprogrammen, das zweite den Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen und das dritte der Registrierung von Topographien gewidmet.

Eine der schwierigsten Fragen, welche die Kommission im Zusammenhang mit dem industriellen Leistungsschutz zu entscheiden hatte, betraf das Verhältnis des Programmschutzes zum eigentlichen Urheberrecht. Im Bereich des Halbleiterschutzes war diese Frage - wie übrigens auch die meisten materiellen Fragen - bereits durch die internationale Entwicklung vorweggenommen: Der Schutz für integrierte Schaltungen gilt anerkanntermassen als Schutz «sui generis», der ausserhalb des Urheberrechts im engeren Sinne zu regeln ist.

Demgegenüber ist die Lage im Bereich des Schutzes von Computerprogrammen wesentlich komplexer: In fast allen Ländern, die einen derartigen Schutz kennen, sind die entsprechenden Bestimmungen in die allgemeinen Urheberrechtsgesetze eingebettet worden. Programme fallen somit unter den Begriff der Geisteswerke und sind geschützt, sofern sie das urheberrechtlich geforderte Mass an Originalität aufweisen. Für den urheberrechtlichen Schutz spricht insbesondere, dass dadurch grundsätzlich die Anwendung der bestehenden Staatsverträge ermöglicht wird.

In der Kommission setzte sich indessen die Auffassung durch, dass das Urheberrecht den Schutzbedürfnissen im Bereich der Computerprogramme in verschiedener Hinsicht nicht entspricht. Es besteht namentlich die Gefahr, dass die Schutzvoraussetzung der Originalität nur bei einem kleinen Anteil der Programme erfüllt wäre und dass die spezifischen urheberrechtlichen Befugnisse sowie die lange Schutzfrist für das neue Schutzobjekt nicht geeignet seien. Gestützt auf diese Überlegungen regelte die EK III den Schutz von Computerprogrammen - wie bereits erwähnt zusammen mit demjenigen für Topographien ausserhalb des eigentlichen Urheberrechts in einem separaten Titel über
den industriellen Leistungsschutz. Sie ging dabei von der Überlegung aus, dass der urheberrechtliche Schutz von Programmen schweizerischer Herkunft im Ausland grundsätzlich unabhängig von der Rechtsnatur der inländischen Schutzbestimmungen ist.

Der im VE III vorgesehene industrielle Leistungsschutz begründete einen einfachen Schutz gegen die Übernahme der technischen Leistung durch Dritte. Danach wäre es trotz des absoluten Charakters der gewährten Rechte nicht möglich, Dritten die Nutzung von unabhängig entwickelten Computerprogrammen oder «Chips» zu verbieten, selbst wenn diese mit der eigenen Entwicklung identisch oder ähnlich sind. Im Streitfall müsste der Richter entscheiden, ob eine solche Parallelschöpfung vorliegt.

Der industrielle Leistungsschutz des VE III lehnte sich eng an bestehende Gesetze und Abkommensentwürfe an. Im Bereich des Programmschutzes dienten als Grundlagen namentlich die Mustervorschriften der Weltorganisation für gei492

stiges Eigentum (OMPI), die nach eingehenden Vorstudien in den Jahren 1974-1976 erarbeitet wurden, sowie der darauf aufgebaute Abkommensentwurf von 1983. Nebst verschiedenen nationalen Gesetzen bzw. Entwürfen wurden ferner auch die Stellungnahme sowie der Bericht der AIPPI zum Schutz der Computerprogramme und der integrierten Schaltungen von 1985 beigezogen.

Der Halbleiterschutz basierte insbesondere auf dem Abkommensentwurf der OMPI von 1987, der Richtlinie des Rates der EG vom 16. Dezember 1986 über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen sowie den Gesetzen der BRD und der USA.

Im Hinblick auf die Berührungspunkte zwischen den beiden Schutzobjekten integrierte Schaltungen können Computerprogramme enthalten - suchte die EK III soweit möglich nach parallelen Lösungen für beide Bereiche. Diese betrafen vor allem den Geltungsbereich, die Schutzvoraussetzungen sowie die Rechtszuordnung. Was hingegen den Umfang der vorgesehenen Rechte und die Schutzausnahmen anbelangt, so erwies sich eine völlige Angleichung der beiden Kapitel des industriellen Leistungsschutzes wegen der verschiedenen Schutzobjekte nicht als möglich. Auf Wunsch der Industrie wurde im übrigen eine Registrierungspflicht für integrierte Schaltungen vorgesehen.

13

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

131

Allgemeines

Am 29. Januar 1988 hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zur Vernehmlassung über den von der ausserparlamentarischen Expertenkommission (EK III) ausgearbeiteten Vorentwurf für ein Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 18. Dezember 1987 (VE III) eingeladen.

Die angehörten Kreise hatten auch zur Frage Stellung zu nehmen, ob die Schweiz neben den revidierten Fassungen der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst und des Welturheberrechtsabkommens auch das Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger und das Übereinkommen über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale ratifizieren sowie dem Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen beitreten soll.

Die Vernehmlassungsfrist wurde bis zum 3I.Mai 1988 angesetzt. Offiziell begrüsst wurden 216 Vernehmlassungsadressaten. Davon haben 119 eine Stellungnahme abgegeben. Weitere 19 Stellungnahmen wurden von nicht angeschriebenen Kreisen abgegeben.

132

Gesamtbeurteilung

Die Kantone haben den Vorentwurf grundsätzlich recht positiv aufgenommen.

In einigen Stellungnahmen wurde festgehalten, dass der neue Entwurf wesentliche Verbesserungen aufweise und auch ausgewogener sei als die vom Parlament 493

zurückgewiesene Vorlage. Materielle Vorbehalte blieben indessen bestehen; sie betreffen in erster Linie die Vergütungsansprüche für die unkontrollierbaren Massennutzungen wie die Bibliotheksausleihe, das Photokopieren zu Informations- und Dokumentationszwecken sowie das Aufnehmen bzw. Aufzeichnen von Werken auf Ton- und Tonbildträgern zum privaten Gebrauch (Verwendung von Kassettengeräten und Videorecordern).

Auch bei den politischen Parteien und den interessierten Organisationen und Verbänden überwog die positive Grundhaltung zur überarbeiteten Vorlage. Wegen der unterschiedlichen Interessenlage gingen jedoch die Meinungen in den umstrittenen Revisionspunkten, dem einstimmig verabschiedeten Konsens der Experten zum Trotz, nach wie vor weit auseinander. Im Brennpunkt der Kritik standen dabei die Bestimmungen, die das Verhältnis der Kulturschaffenden zu den Arbeitgebern und Produzenten einerseits und zu den Werknutzern anderseits betreffen.

So Hessen sich die Stellungnahmen der Produzenten- und Arbeitgeberorganisationen nach der Vernehmlassung nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen.

Die Film Wirtschaft stimmte dem Entwurf zwar zu, wies aber darauf hin, dass die für die Massennutzung vorgesehenen Vergütungsansprüche (namentlich die Leerkassettenabgabe) unbedingt beibehalten werden müssten. Die SRG sah in dem Entwurf verschiedene Verbesserungen gegenüber der zurückgewiesenen Vorlage. Sie vertrat indessen die Auffassung, dass an dem Entwurf noch weitere Korrekturen vorzunehmen seien, um dem im Rückweisungsbeschluss enthaltenen Postulat nach einer besseren Berücksichtigung der Interessen der Produzenten und der Werknutzer gerecht zu werden.

Vorwiegend kritisch haben sich die Werknutzer zum neuen Entwurf geäussert.

Sie lehnten die Vorlage zwar nicht grundsätzlich ab, forderten aber mit Nachdruck eine Eindämmung der in der Vorlage vorgesehenen Vergütungsansprüche. Sie betonten, diese Ansprüche würden die Werknutzer und Konsumenten zusätzlich belasten und die kollektive Rechtswahrnehmung (Verwertungsgesellschaften) aufblähen. In diesen Kreisen wurde denn auch der Standpunkt vertreten, dass die Expertenkommission die vom Parlament angegebenen Leitlinien zur Überarbeitung der Vorlage nur teilweise befolgt habe. Entgegen dem klaren parlamentarischen Auftrag seien die hauptsächlichen Anliegen der
Produzenten und Werknutzer überhaupt nicht berücksichtigt worden.

Dagegen betrachteten die den Urhebern und den ausübenden Künstlern nahestehenden Organisationen und Verbände den Entwurf mehrheitlich als einen gerade noch akzeptablen Kompromiss, dem sie unter dem ausdrücklichen Vorbehalt zustimmen könnten, dass daran keine weiteren Änderungen zugunsten der Produzenten und Werknutzer mehr vorgenommen werden.

Auch hat die Vernehmlassung ergeben, dass die Verlängerung der Schutzfrist von 50 auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers sowie die Einführung des sogenannten Folgerechts, wonach der bildende Künstler an jeder Weiterveräusserung seiner Werke prozentual beteiligt werden sollte, mehrheitlich abgelehnt werden.

Die Einführung eines industriellen Leistungsschutzes, wie ihn der VE III für Computerprogramme und integrierte Schaltungen vorsah, ist in der Vernehm494

lassung mehrheitlich begrüsst worden. Vereinzelt wurde jedoch die Notwendigkeit von immaterialgüterrechtlichen Sonderbestimmungen auf diesem Gebiet unter Hinweis auf den durch Artikel 5 UWG gewährten Leistungsschütz in Frage gestellt. Im übrigen gingen die Stellungnahmen zum Leistungsschutz aber von nahezu kommentarloser Gutheissung des Entwurfs bis zur konstruktiven Kritik. Die meisten Stellungnahmen äusserten sich lediglich zu den Bestimmungen über den Softwareschutz. Die Änderungs- und Verbesserungsvorschläge betrafen hauptsächlich die systematische Einordnung, die Definition des Schutzobjektes, das Erschöpfungsprinzip sowie den Problemkreis «Schutzausnahmen». Die wichtigste Forderung bestand darin, die Computerprogramme analog den Werken der Literatur und Kunst dem Urheberrecht im engeren Sinne zuzuordnen und damit in diesem Bereich auf einen Sonderschutz zu verzichten.

Beim «Chips»-Schutz standen, neben den Bemerkungen zur Systematik, die Umschreibung des Schutzobjektes und das Registerverfahren im Vordergrund.

Die insgesamt mehrheitlich positive Gesamtbeurteilung des Vernehmlassungsentwurfs ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass das Postulat des Parlaments nach Einführung eines industriellen Leistungsschutzes und der verwandten Schutzrechte erfüllt worden ist. In den meisten Stellungnahmen wurde auch darauf hingewiesen, dass die Urheberrechtsrevision dringend notwendig sei und keinen weiteren Aufschub ertrage. Trotz gewichtiger Vorbehalte war man sich darin einig, dass diese zusätzliche Überarbeitungsphase zu einer wesentlichen Verbesserung der Vorlage geführt habe. Dies ergibt sich auch aus den Stellungnahmen derjenigen Kreise, die mit ihren Eingaben an die Kommission des Ständerates Rückweisung der Vorlage bewirkt hatten.

Weniger erfolgreich hat sich der Versuch der Expertenkommission erwiesen, die Konsensfähigkeit der Vorlage zu verbessern. Die zu den neuralgischen Revisionspunkten mühsam erarbeiteten Kompromisslösungen sind namentlich von Seiten der Produzenten und der Werknutzer abgelehnt worden, In der Tat hat die Kommission bei ihrer Suche nach einem besseren Konsens einen sehr urheberfreundlichen Weg eingeschlagen, der in verschiedenen Punkten nicht dem im Rückweisungsbeschluss angegebenen Rahmen entspricht, und den Kulturschaffenden wurden gegenüber dem BRE keine grossen
Konzessionen zugemutet. Verschiedentlich wurde auch bedauert, dass der Entwurf der EK III gegenüber der bundesrätlichen Vorlage komplizierter geworden und jenem fast nicht mehr zugänglich ist, der sich nicht beruflich mit diesen Fragen befasst. Mit Hinweis auf die allzu perfektionistische Regelungsdichte wurde daher angeregt, den Entwurf zu straffen und seine Systematik zu verbessern.

Durchwegs begrüsst wurden dagegen die Bestrebungen zur Ratifikation der neuesten Fassung der Abkommen zum Schutz der Urheberrechte sowie der Beitritt bzw. die Ratifikation der Übereinkommen auf dem Gebiet, der verwandten Schutzrechte. Der internationalen Harmonisierung dieses Rechtsgebietes wird ein hoher Stellenwert beigemessen.

495

133

Beurteilung der Schwerpunkte des Vorentwurfs

133.1

Rechtsstellung des Arbeitgebers und Produzenten

Das geltende Urheberrechtsgesetz geht davon aus, dass das Urheberrecht übertragbar und vererblich ist. Im BRE wurde von diesem Grundsatz abgewichen, indem man die Unübertragbarkeit des Urheberrechts unter Lebenden postulierte. Aufgrund der an dieser Bestimmung geübten Kritik, kehrte die EK III zum Prinzip der Übertragbarkeit zurück. In annähernd allen Vernehmlassungen, die sich dazu äusserten, wurde diese Rückkehr zur Übertragbarkeit begrüsst.

Besonders umstritten waren hingegen die beiden vertragsrechtlichen Bestimmungen über das Werkschaffen im Arbeitsverhältnis und die Rechte am Kollektivwerk. Die den Urhebern und den ausübenden Künstlern nahestehenden Organisationen und Verbände halten eine spezielle Regelung des derivativen Rechtserwerbs im Bereich des abhängigen Werkschaffens für überflüssig und plädieren für die Beibehaltung der Vertragsfreiheit. Einzelne gewerkschaftliche Organisationen haben die Auffassung vertreten, dass die Bestimmung über das Werkschaffen im Arbeitsverhältnis für die Kulturschaffenden nicht annehmbar sei und entweder geändert oder gestrichen werden müsse.

Auf Ablehnung ist die Regelung des derivativen Rechtserwerbs durch den Arbeitgeber und den Produzenten indessen auch bei den Werkvermittlern und Werknutzern gestossen. In diesen Stellungnahmen wurde eine bessere Berücksichtigung der Position des wirtschaftlichen Risikoträgers der Werkproduktion verlangt. Die Arbeitgeberorganisationen und das Gewerbe fordern eine Regelung im Sinne von Artikel 332 des Obligationenrechts (SR 220); danach würden die Rechte an einem im Arbeitsverhältnis geschaffenen Werk in Analogie zur Diensterfindung vollumfänglich dem Arbeitgeber zustehen. Gemäss den Stellungnahmen der Kulturgüterindustrie sollte dagegen die Verbesserung der Position des wirtschaftlichen Risikoträgers eher über eine Änderung der Bestimmung über das kollektive Werkschaffen angestrebt werden. Die Parteien haben sich unterschiedlich zu diesem Problem geäussert.

133.2

Massennutzung (Vergütungsansprüche)

In der Vernehmlassung machte sich auch eine breite Opposition gegen die vorgesehene Regelung der Massennutzung bemerkbar.

Die Kantone brachten insbesondere dort Vorbehalte an, wo sie als Werknutzer direkt betroffen sind. So wurde durchwegs die Freistellung der öffentlichen Bibliotheken vom Vergütungsanspruch für das Vermieten und Ausleihen von Werkexemplaren gefordert. Eine differenzierte Haltung nahmen die Kantone dagegen zur vorgeschlagenen Regelung des Photokopierens ein. Die meisten von ihnen lehnten zwar das Prinzip der Vergütungspflicht nicht ab, verlangten aber, dass das Photokopieren für den Schulgebrauch grundsätzlich vergütungsfrei sein sollte. Sollte sich die gänzliche Freistellung des Schulgebrauchs als nicht durchführbar erweisen, so wäre nach ihrer Auffassung der Bereich des 496

Unterrichts bzw. der Schulen zumindest durch eine Herabsetzung der Vergütungsansätze zu privilegieren.

Die politischen Parteien unterstützten einerseits die Forderung der Kantone nach Freistellung der öffentlichen Bibliotheken von dem für das Vermieten und Ausleihen von Werkexemplaren vorgesehenen Vergütungsanspruch und äusserten anderseits vereinzelt auch Vorbehalte zur Vergütungsregelung beim Photokopieren, namentlich durch Schulen und Bibliotheken. In weiteren Stellungnahmen wurde aber auch zugunsten der Beibehaltung des vergütungsfreien Privatgebrauchs votiert.

Auch die Industrie äusserte gegenüber den Vergütungsansprüchen für das Photokopieren und das Aufnehmen geschützter Werke auf Ton- oder Tonbildträger (Leerkassetten) gewisse Bedenken. Abgelehnt wurden solche Vergütungsansprüche für das Vervielfältigen von Werken zum privaten Gebrauch namentlich von den Arbeitgeberorganisationen, dem Gewerbe und den Urheberrechtsnutzern.

Eine Haltung, die im übrigen auch von weiteren Kreisen vertreten wurde, die einen Verzicht auf die Leerkassetten- oder Geräteabgabe forderten und sich auch ganz generell gegen ein ihrer Ansicht nach undifferenziertes Abgabesystem aussprachen, das mit hohen Verwaltungskosten verbunden sei. Die Verbände und Organisationen, welche die Interessen des Bildungswesens (Bibliotheken, Schulen und Hochschulen) wahrnehmen, lehnten die Belastung des bibliothekarischen Leihverkehrs mit einer Urheberrechtsentschädigung ab. Sie wandten sich auch gegen die Vergütungspflicht für das Photokopieren zu Unterrichtszwecken, könnten sich allerdings mehrheitlich mit dieser Regelung abfinden, falls den Schulen ein Anspruch auf einen Sondertarif zugestanden würde.

133.3

Verwandte Schutzrechte

Im Bereich der verwandten Schutzrechte gaben vorwiegend die Vergütungsansprüche zugunsten der ausübenden Künstler für die Nutzung ihrer auf Tonund Tonbildträger festgelegten Darbietungen (Zweitnutzungsrechte) sowie die Einreihung der Veranstalter von Konzerten und Bühnenaufführungen unter die Schutzberechtigten zu Diskussionen Anlass. So stiess der Miteinbezug des Schutzes der Veranstalter fast durchwegs auf Ablehnung, und zwar namentlich bei den politischen Parteien, den gewerkschaftlich organisierten Verbänden sowie der SRG. Gegen die Zweitnutzungsrechte der Urheber stellten sich vor allem die Werknutzer, die Arbeitgeberorganisationen und das Gewerbe. Diese Kreise vertraten die Ansicht, dass den ausübenden Künstlern und den anderen Schutzanwärtern blosse Abwehrrechte zum Schutz gegen die verschiedene Formen der Piraterie eingeräumt werden sollten. Dabei wurde geltend gemacht, dass diese Vergütungsansprüche wie sie von der EK III zugestanden worden sind, zu einer noch grösseren Belastung der Nutzer führen dürften. Ausserdem wurde argumentiert, dass die Einführung solcher zusätzlicher Vergütungsansprüche dem Auftrag des Parlaments widerspreche, wonach bei der Überarbeitung der Vorlage die Interessen der Werknutzer besser zu berücksichtigen seien.

Es wurde deshalb überwiegend beantragt, nur den im Rom-Abkommen vorgesehenen Mindestschutz zu gewähren.

497

133.4

Verwertungsrecht

In der Mehrheit der Eingaben wurde festgestellt, dass durch die von der EK III vorgesehenen Massnahmen die Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften wirksam verstärkt wird. In etlichen Vernehmlassungen wurde aber auch betont, dass die Urheberrechtsentschädigung 10 Prozent der Bruttoeinnahmen des Werknutzers nicht übersteigen dürfe.

Heftige Diskussionen gab es bezüglich der Übergangslösung, welche für längstens fünf Jahre die Entschädigungsansätze für die im VE III vorgesehenen Vergütungsansprüche für Urheber- und verwandte Schutzrechte festlegt. Während die Urheber die festgelegten Tarife als zu niedrig erachteten, schienen sie den Nutzern als zu hoch angesetzt. Sowohl von Nutzer- wie auch von Urheberseite wurde darauf hingewiesen, dass Urheberrecht Privatrecht sei; gefordert wurde deshalb eine ersatzlose Streichung dieser Übergangsbestimmung.

133.5

Industrieller Leistungsschutz

In annähernd allen Eingaben, welche sich zu diesem Thema äusserten, wurde die grundsätzliche Unterstellung des Schutzes von Computerprogrammen unter das Urheberrecht gefordert. Es wurde darauf hingewiesen, dass ein Abrücken von einer weltweit eingeleiteten und in zahlreichen wichtigen Industrieländern bereits realisierten Lösung rechtspolitisch unerwünscht sei. Die einschlägigen Kreise sind davon überzeugt, dass sich die spezifischen Probleme des Schutzes von Computerprogrammen auch bei deren Einbettung in das Urheberrecht zweckmässig lösen lassen.

Die Umschreibung des Schutzobjektes «Programm» im VE III bildete einen weiteren Schwerpunkt in der Vernehmlassung. Es wurde namentlich gefordert, einen Programmbegriff zu wählen, der von der technischen Entwicklung nicht überholt wird.

So wurde in der Definition des Programmes praktisch durchwegs die Streichung des Wortes «elektronisch» verlangt, weil dadurch etwa Programme auf optischer Basis vom Schutz ausgeklammert würden. Ebenso verlangten nahezu alle Eingaben die Angleichung der Schutzvoraussetzungen an das Urheberrecht.

Hierzu wurde der Begriff «gewisse Originalität» vorgeschlagen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass zwar an das urheberrechtliche Erfordernis der Originalität angeknüpft wird, jedoch eine deutlich niedrigere Schwelle als für die Werke der Literatur und Kunst im engeren Sinne gelten soll.

Auf Kritik stiess auch die im VE III enthaltene Bestimmung, wonach die Rechte an Programmen, die zwar nicht im Rahmen eines Arbeitsvertrages aber aufgrund anderer Verträge auf Arbeitsleistung entwickelt worden sind, auf den Besteller übergehen. Die betroffenen Kreise machten geltend, dass damit die bestehende Praxis in ihr Gegenteil verkehrt werde.

Der VE III basiert grundsätzlich auf der internationalen Erschöpfung des Verbreitungsrechts. Dieser Grundsatz besagt, dass Werkexemplare (z. B. Computerprogramme), welche vom Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung im Inoder Ausland veräussert worden sind, gebraucht oder weiterveräussert werden 498

dürfen. Ein überwiegender Teil der Eingaben verlangte nun bezüglich des industriellen Leistungsschutzes die nationale Erschöpfung, das heisst, der Verbrauch des Rechts soll nur eintreten, wenn Exemplare des Programms innerhalb des Territoriums der Schweiz in Verkehr gebracht worden sind.

Die Schutzdauer von 25 Jahren wurde an sich begrüsst. Allerdings war auch zu vernehmen, dass auf die in der RBUe vorgesehene Mindestschutzfrist von 50 Jahren abgestellt werden sollte, um klarzustellen, dass die Computerprogramme zu den Werken der Literatur und Kunst gehören.

14

Grundzüge der neuen Vorlage

141

Vorbemerkungen

Die Vernehmlassung hat ergeben, dass die Überarbeitung des BRE durch die EK III zu wesentlichen Fortschritten geführt hat; die Kommission hat sich mit Erfolg den im BRE nicht berücksichtigten Schutzbedürfnissen auf dem Gebiet der verwandten Schutzrechte, der Computerprogramme und des industriellen Leistungsschutzes gewidmet und die Vorlage entsprechend ergänzt. Dagegen ist es ihr nicht gelungen, die Konsensfähigkeit in denjenigen Punkten zu verbessern, die im Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessen der Kulturschaffenden, der Werkvermittler sowie der Werknutzer liegen und das Urheberrecht im engeren Sinn betreffen. Gemäss den im Rückweisungsbeschluss enthaltenen Anweisungen sollte die Konsensfähigkeit durch gewisse Konzessionen zugunsten der Werkvermittler und der Werknutzer verbessert werden.

Nach Auswertung der Vernehmlassungsergebnisse ist der VE III deshalb einer verwaltungsinternen Überarbeitung unterzogen worden. Abgesehen von den zugunsten der Werkvermittler und der Werknutzer vorzunehmenden Korrekturen waren diese Arbeiten hauptsächlich auf eine Eingliederung des Schutzes von Computerprogrammen ins Urheberrecht, auf eine Verbesserung der Systematik und auf eine Vereinfachung der Vorlage ausgerichtet. Auch diese Anliegen sind in der Vernehmlassung zum VE III unmissverständlich zum Ausdruck gekommen.

142

Aufbau und Systematik

Mit dem Begehren des Parlaments, im Rahmen der laufenden Urheberrechtsrevision auch einen differenzierten Leistungsschutz vorzusehen, waren nicht nur materiellrechtliche, sondern auch systematische und gesetzestechnische Probleme verbunden. Die EK III hat versucht, den ganzen Stoff (Urheberrecht, verwandte Schutzrechte und industrieller Leistungsschutz) in einem einzigen Erlass zu regeln. Ihr Entwurf ist dadurch von den 88 Artikeln des BRE auf insgesamt 137 Artikel angewachsen und in der Vernehmlassung als zu schwerfällig und unübersichtlich kritisiert worden. Bereits gegenüber dem BRE war der Vorwurf erhoben worden, er weise eine viel zu hohe Regelungsdichte auf und sei dadurch zu kompliziert und praxisfremd.

499

Ein erster Schritt, um dieser Kritik zu begegnen, bestand darin, den zu regelnden Stoff auf zwei Gesetzesentwürfe aufzuteilen. So enthält die neue Vorlage neben dem Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte auch den Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen. Diese Aufteilung des zu regelnden Stoffes beruht auf der Überlegung, dass der Topographienschutz ein Schutz «sui generis» ist, der sowohl in bezug auf das Schutzobjekt als auch in bezug auf das Schutzsystem nicht mit dem Urheberrecht, sondern viel eher mit dem gewerblichen Rechtsschutz verwandt ist. Die Verselbständigung des Topographienschutzes gibt dem Gesetzgeber auch den notwendigen Handlungsspielraum, um der auf diesem Gebiet zur Zeit der Redaktion dieses Textes noch nicht abgeschlossenen Entwicklung auf internationaler Ebene Rechnung tragen zu können.

Der zweite Schritt, um der auch im Neunpunkteprogramm von Ständerat Jagmetti enthaltenen Forderung nach einer einfacheren und praxiskonformeren Gesetzgebung zu entsprechen, bestand in einer rigorosen Herabsetzung der Regelungsdichte. Zu diesem Zweck wurden alle Bestimmungen unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob sie einem tatsächlichen Regelungsbedürfnis entsprechen, oder zumindest zu einem besseren Verständnis der Vorlage beitragen. Alle Normen, welche diese Voraussetzungen nicht erfüllten, wurden gestrichen. · Die systematische Überarbeitung der Vorlage betraf vor allem den URG-Entwurf. Für eine Straffung des Topographienschutzes bestand schon wegen seiner Kürze - der Entwurf umfasst insgesamt 21 Artikel - aber auch wegen dem starken Einfluss der auf diesem Gebiet besonders massgeblichen internationalen Rechtsentwicklung kaum Spielraum. Dagegen führte die konsequente Herabsetzung der Regelungsdichte im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte zum gewünschten Erfolg. Während der VE III für die Regelung dieser Materie insgesamt 104 Artikel benötigt hat, kommt der vorliegende Entwurf mit 78 Bestimmungen aus. Er weist damit sogar zehn Artikel weniger als der BRE auf, der weder die verwandten Schutzrechte regelte noch Sonderbestimmungen über die Hilfeleistung der Zollverwaltung gegen die Einfuhr illegal hergestellter Werkexemplare vorsah. Es ist indessen darauf hinzuweisen, dass diese Herabsetzung
der Anzahl der Artikel nicht bloss auf die Streichung von nicht unbedingt erforderlichen Bestimmungen zurückzuführen ist. Sie ist auch das Resultat einer strafferen Gliederung: Verschiedene Bestimmungen konnten zusammengelegt werden. Ausserdem führten auch gewisse materielle Änderungen zu einer Einsparung von Gesetzesbestimmungen gegenüber dem BRE. So konnten mit der Wiedereinführung der Übertragbarkeit des Urheberrechts (Art. 14) die im BRE enthaltenen Bestimmungen über die Einräumung von Verwendungsbefugnissen (Art. 21-24 BRE) eingespart und durch die Abschaffung der ESchK als Tarifgenehmigungsinstanz (vgl. Ziff. 143.25) vier weitere Artikel gestrichen werden.

Schliesslich hat auch der Einbezug des Schutzes von Computerprogrammen ins Urheberrecht zu einer Vereinfachung des Aufbaus und zur Straffung der Vorlage beigetragen. Die Sonderbestimmungen für den Software-Schutz konnten dadurch weitgehend abgebaut werden.

500

143

Entwurf zum Urheberrechtsgesetz

143.1

Konzeption

In seiner Konzeption weicht der vorliegende Entwurf vor allem darin vom BRE ab, dass er neu neben dem Urheberrecht und dem Verwertungsrecht (Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften) auch die verwandten Schutzrechte regelt. Ein weiterer Unterschied kann darin gesehen werden, dass der Entwurf die Computerprogramme als separate Werkkategorie anführt und dafür auch ganz spezifische Befugnisse vorsieht. Von konzeptioneller Bedeutung ist schliesslich auch die Rückkehr zum System der Übertragbarkeit der Urheberrechte, das schon dem geltenden URG zugrunde liegt. Demgegenüber beruhte der BRE auf dem Grundsatz der Unübertragbarkeit der Urheberfechte und regelte den derivativen Rechtserwerb durch die Möglichkeit der Einräumung einfacher und ausschliesslicher Verwendungsbefugnisse. Vom VE III unterscheidet er sich vor allem darin, dass er keinen industriellen Leistungsschutz mehr enthält, weil die Computerprogramme neu als Werke geschützt werden sollen und der Schutz der Topographien Gegenstand eines separaten Gesetzesentwurfs ist.

143.2

Schwerpunkte

143.21

Schutz von Computerprogrammen

Die Regelung dieser Materie ist im Rückweisungsbeschluss ausdrücklich gefordert worden. Bei der Ausgestaltung dieses Schutzes stand die Frage im Vordergrund, ob für die Computerprogramme ein Schutz «sui generis» vorzusehen sei, oder ob sie ganz einfach dem Urheberrechtsschutz unterstellt werden sollten.

Für beide Varianten gibt es gute Gründe. Die EK III entschied sich für die erstgenannte Lösung, das heisst für einen differenzierten und massgeschneiderten Schutz der Computerprogramme durch spezialgesetzliche Bestimmungen. Dieser Sonderschutz wurde im VE III zusammen mit demjenigen für Topographien unter dem Titel «Industrieller Leistungsschutz» geregelt. Diese spezialrechtliche Regelung sollte dem Urheberrecht als «lex specialis» vorgehen und somit die Computerprogramme vom urheberrechtlichen Schutz ausschliessen.

Die Vernehmlassung hat indessen ergeben, dass die direkt interessierten Kreise der zweiten Variante den Vorzug geben, wonach die Computerprogramme als Werke im Sinne des Urheberrechts geschützt werden können. Diesen Weg haben praktisch alle Länder eingeschlagen, die bis anhin auf diesem Gebiet legiferiert haben.

Für den urheberrechtlichen Schutz spricht vor allem die Tatsache, dass dadurch grundsätzlich die Anwendung der bestehenden Staatsverträge ermöglicht wird, auch wenn sich im gegenwärtigen Zeitpunkt die Frage, ob der Schutz von Computerprogrammen tatsächlich durch die RBUe bzw. das WUA zwingend gefordert wird, nicht schlüssig beantworten lässt. Aber nach der in der Vernehmlassung vorherrschenden Meinung soll die Schweiz die internationale Entwicklung auf diesem Gebiet nicht durch eine Sonderregelung beeinträchtigen, was sich unter Umständen nachteilig auf den Schutz schweizerischer Programme im Ausland auswirken könnte. Einem international einheitlichen Schutzsystem 501

wird somit gegenüber einer massgeschneiderten nationalen Lösung klar der Vorzug gegeben.

Vor diesem Hintergrund ist der Schutz von Computerprogrammen bei der verwaltungsinternen Überarbeitung des VE III umgestaltet worden. Der vorliegende Entwurf sieht diesbezüglich keinen Sonderschutz mehr vor, sondern er subsumiert die Computerprogramme in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe i ausdrücklich unter die urheberrechtlich geschützten Werke. Daneben ist der Entwurf punktuell ergänzt worden, um den besonderen Schutzbedürfnissen dieser Werkkategorie Rechnung zu tragen. Es handelt sich dabei um Bestimmungen betreffend den Schutzumfang (Art. 10 Abs. 3 und 12 Abs. 2), die Rechtszuordnung an Programmen, die im Rahmen eines Arbeitsvertrages entwickelt werden (Art. 16), die Verwendung des Programms zum Eigengebrauch (Art. 19 Abs. 4) und die Regelung der Schutzdauer (Art. 32).

143.22

Rechtsstellung des Arbeitgebers und Produzenten

Nach einhelliger Meinung der Werkvermittler und Werknutzer hat die EK III der im Rückweisungsbeschluss enthaltenen Forderung nach einer Verbesserung der Rechtsstellung des finanziellen Risikoträgers zu wenig Rechnung getragen.

Die Bestimmungen des VE III, die den derivativen Rechtserwerb durch den Arbeitgeber und den Produzenten regeln, sind deshalb nochmals überarbeitet worden. Das Ergebnis dieser Überarbeitung wird zwar die entsprechenden Kreise auch nicht vollends befriedigen, aber es kommt ihren Vorstellungen doch näher als die im BRE und im VE III enthaltenen Regelungen.

Im Unterschied zum BRE, der lediglich die Rechtsstellung des Produzenten regelte, sieht der Entwurf nun auch Bestimmungen für das Werkschaffen im Arbeitsverhältnis vor (Art. 15 und 16). Es handelt sich um eine aus dem VE III übernommene Kompromisslösung, der namentlich auch der VORORT zugestimmt hatte. Da sie auf der sogenannten Zweckübertragungstheorie beruht und nur für Computerprogramme (Art. 16) die Rechte gemäss der in Artikel 332 Absatz l OR für Diensterfindungen vorgesehenen Regelung vollumfänglich dem Arbeitgeber zuweist, wird sie insbesondere von den Arbeitgeberorganisationen und dem Gewerbe als ungenügend angesehen.

Die Artikel 15 und 16 stehen nun aber in einem engen Zusammenhang mit Artikel 17 des Entwurfs, der den Rechtserwerb des Produzenten am Kollektivwerk gemäss den von den Werkvermittler- und Werknutzerorganisationen in der Vernehmlassung gemachten Vorschlägen regelt. Auf diese für den finanziellen Risikoträger vorteilhaftere Regelung, die als «lex specialis» den Artikeln 15 und 16 vorgeht, wird sich nämlich in der Regel auch der Arbeitgeber berufen können, wenn das Werk von mehreren Urhebern geschaffen wird. Für das kollektive und abhängige Werkschaffen, das heute den Regelfall darstellen dürfte, wird somit eine Regelung vorgeschlagen, die den Leitlinien des Rückweisungsbeschlusses durchaus gerecht wird. In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, dass auch auf die Aufhebung von Artikel 393 OR verzichtet werden soll.

Diese Bestimmung weist die Rechte an einem Werk, das nach dem Plan des Verlegers bearbeitet wird, diesem zu.

502

Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass die vorerwähnten Bestimmungen auch auf den Rechtserwerb des Arbeitgebers oder Produzenten an den gemäss Artikel 34 geschützten Darbietungen der ausübenden Künstler Anwendung finden.

143.23

Massennutzung

Die Vernehmlassungsergebnisse haben bestätigt, dass die EK III der Forderung des Parlaments nach einer Eindämmung der Vergütungsansprüche für die unkontrollierbaren Massennutzungen nicht die notwendige Beachtung geschenkt hat. Somit mussten im Rahmen der verwaltungsinternen Überarbeitung des VE III auch in diesem Bereich noch Korrekturen vorgenommen werden. Die Grenze zwischen Vergütungspflichtigen und vergütungsfreien Werkverwendungen musste neu festgelegt werden, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Werknutzer. Sowohl im BRE als auch im VE III war diese Grenzziehung zu urheberfreundlich ausgefallen.

Im vorliegenden Entwurf verläuft diese Grenze so, dass sowohl der bibliothekarische Leihverkehr als auch das Vervielfältigen von Werken zum eigenen persönlichen Gebrauch (Photokopieren, Aufnehmen von Werken auf Tonträger, Mitschnitt von Sendungen usw.) vergütungsfrei sind; nach dem BRE und dem VE III waren diese Massennutzungen hingegen vergütungspflichtig. Durch diese neue Grenzziehung kommt der Entwurf auch ohne die indirekten Abgabesysteme (Leerkassetten- und Geräteabgabe) zur Erfassung des Vervielfältigens von Werken zum privaten Gebrauch aus. die sowohl im Parlament als auch bei den interessierten Kreisen auf heftige Opposition gestossen sind.

Den materiellen Interessen der Kulturschaffenden sollte hingegen mit einer substantiellen und den vorhandenen Bedürfnissen angepassten Kulturförderung Rechnung getragen werden. Auch der Bund hat in jüngster Zeit seine diesbezüglichen Anstrengungen verstärkt, so unter anderem durch eine vom Parlament oppositionslos genehmigte Erhöhung der Beiträge an die Stiftung Pro Helvetia. Für die Zukunft entscheidend wird allerdings die Schaffung eines Kulturartikels in der Bundesverfassung sein; eine entsprechende Vorlage ist in den Regierungsrichtlinien angekündigt und für die zweite Jahreshälfte 1991 geplant. Damit soll die Basis für eine kohärente, subsidiär aufgebaute Kulturpolitik des Bundes, die den zukünftigen Bedürfnissen zu entsprechen vermag, geschaffen werden.

143.24

Verwandte Schutzrechte

Der Entwurf übernimmt die von der EK III gewählte Schutzkonzeption, wonach neben den ausübenden Künstlern noch weitere Kategorien von Schutzadressaten berücksichtigt werden. Abgesehen von, dem für einen Beitritt zum Rom-Abkommen ebenfalls erforderlichen Schutz der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen sollen auch die Hersteller von Tonbildträgern in den Genuss eines nachbarrechtlichen Schutzes kommen, wie dies auch im VE III vorgesehen war. Dagegen wurde der von der EK III zugunsten der Veran503

stalter von Aufführungen vorgesehene Schutz aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse nicht übernommen. Sowohl die hauptsächlichen Organisationen der Kulturschaffenden als auch diejenigen der Nutzer haben sich gegen eine entsprechende Erweiterung der verwandten Schutzrechte ausgesprochen. Die Veranstalter von Aufführungen sind auch wegen ihrem Hausrecht und den damit verbundenen Kontrollmöglichkeiten der Piraterie nicht im gleichen Masse ausgeliefert wie die Hersteller von Ton- und Tonbildträgern oder die Sendeanstalten. Es ist schliesslich auch aus rechtspolitischen Überlegungen angezeigt, eine Prolifération des immaterialgüterrechtlichen Sonderschutzes zu vermeiden.

Ein weiterer Unterschied gegenüber dem VE III besteht darin, dass die verwandten Schutzrechte im vorliegenden Entwurf auf den im Rom-Abkommen vorgesehenen Mindestschutz beschränkt sind. Das heisst, dass den ausübenden Künstlern entgegen ihren Erwartungen keine Vergütungsansprüche im Bereich der Massennutzungen eingeräumt werden. In der Vernehmlassung ist darauf hingewiesen worden, dass die Einführung solcher Ansprüche im Widerspruch mit dem Rückweisungsbeschluss stehen würde, weil sie den Werknutzern und insbesondere den Sendeanstalten zusätzliche Belastungen zumuteten. Aber auch die Problematik der kollektiven Rechtswahrnehmung würde sich verschärfen; im Bereich der verwandten Schutzrechte wäre sie nämlich wegen der grossen Anzahl der Berechtigten (z.B. Darbietung eines Sinfonieorchesters) und dem Fehlen eines internationalen Verwertungssystems noch viel schwieriger und aufwendiger als auf dem Gebiet des Urheberrechts. Auch hiezu kann auf die Ziele und Aufgaben der Kulturförderung verwiesen werden, die auch die Anliegen und Interessen der ausübenden Künstler umfasst. Gestützt auf diese Überlegungen und auf die mit einer als zu urheberfreundlich beurteilten Vorlage gemachten Erfahrungen sind die verwandten Schutzrechte als reine Abwehrrechte gegen die verschiedenen Formen der Piraterie konzipiert worden. Sie haben die Aufgabe, die ausübenden Künstler, die Hersteller von Ton- und Tonbildträgern sowie die Sendeanstalten vor der unautorisierten Übernahme ihrer Leistung durch Dritte zu schützen. Mit dem Opernhausentscheid (BGE 110 II 41 ff.) ist nur gerade dieses Bedürfnis, insbesondere mit Bezug auf die ausübenden Künstler, manifest geworden,
nicht aber das nach zusätzlichen Vergütungsansprüchen. Dieser Entscheid, der gezeigt hat, dass die ausübenden Künstler der Piraterie nach geltendem Recht schutzlos ausgeliefert sind, hat denn auch das Parlament dazu bewegen, eine Regelung der verwandten Schutzrechte im Rahmen der Urheberrechtsrevision zu verlangen.

143.25

Verwertungsrecht

Der Entwurf übernimmt das Konzept des BRE, wonach die Verwertungsgesellschaften nicht generell der Bundesaufsicht unterstehen. Er erfasst neben den nach geltendem Recht bereits unterstellten ausschliesslichen Verwendungsbefugnissen alle Vergütungsansprüche, weil diese schon von Gesetzes wegen nur kollektiv geltend gemacht werden dürfen. Die Verwertungsgesellschaften werden somit auch de lege ferenda einen gewissen Spielraum für Aktivitäten haben, die nicht unter die Bundesaufsicht fallen. Heute sind beispielsweise die Pro Litteris und die Suissimage nur in bezug auf die Wahrnehmung der Weiter504

senderechte unter Bundesaufsicht gestellt, während ihre übrige Verwertungstätigkeit ausserhalb des sachlichen Geltungsbereichs des Verwertungsgesetzes liegt. Die Société suisse des auteurs, die namentlich im Bereich der Aufführungs- und Senderechte an dramatischen Werken tätig ist, bewegt sich vollumfänglich im vorerwähnten Freiraum und wird somit nicht beaufsichtigt.

Die Struktur der Bundesaufsicht ist ebenfalls nicht verändert worden; sie umfasst nach wie vor die Aufsicht über die Geschäftsführung einerseits und über die Tarife der Verwertungsgesellschaften andererseits. Die Mittel und der Umfang der Aufsicht sind jedoch von der EK III noch verbessert worden. Den Schwerpunkt dieser vom Parlament geforderten Verstärkung der: Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften bildet die gesetzliche Verankerung der Angemessenheitskontrolle und deren Konkretisierung durch die sogenannte 10-ProzentRegel. Danach darf die Urheberrechtsentschädigung grundsätzlich nicht mehr als 10 Prozent der Einnahmen betragen, die der Werknutzer mit der Verwendung der Werke erzielt (vgl. Ziff. 214.53, Bemerkungen zu Art. 56).

Neben den aus dem VE III übernommenen Verbesserungen am Aufsichtsinstrumentarium sind im Rahmen der verwaltungsinternen Überarbeitung der Vorlage die Zuständigkeiten und Kompetenzen für die Bundesaufsicht neu geregelt worden. Nach geltendem Recht sind insgesamt drei Behörden für die Beaufsichtigung der Verwertungsgesellschaften zuständig: Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement, dem die Erteilung der Bewilligungen und die Genehmigung der Geschäftsberichte der konzessionierten Gesellschaften obliegt, das Bundesamt für geistiges Eigentum, das die unmittelbare Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften ausübt und die Eidg. Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten, welche die Tarife der Gesellschaften zu prüfen und zu genehmigen hat. Zwischen diesen Aufsichtsbehörden bestehen wiederum gewisse Interdependenzen. So ist das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement auch Einsetzungsbehörde der Schiedskommission und übt über diese die administrative Aufsicht aus. Ausserdem hat das Bundesamt für geistiges Eigentum die Möglichkeit, im Rahmen der Prüfung der Geschäftsberichte der Verwertungsgesellschaften ein Gutachten der Schiedskommission einzuholen. Schliesslich besorgt das Amt den Kanzleidienst
der Schiedskommission und stellt ihr auch den Sekretär zur Verfügung, der bezüglich seiner Tätigkeit für die Kommission nur an die Weisungen des Präsidenten gebunden ist.

Um die Ausübung der Aufsicht effizienter und auch transparenter zu gestalten, ist neu eine einzige Aufsichtsbehörde vorgesehen, die sowohl für die Erteilung der Bewilligungen und die Kontrolle der Geschäftsführung als auch für die Prüfung der Tarife zuständig ist. Diese Behörde ist das Bundesamt für geistiges Eigentum (vgl. Art. 52), dem schon nach geltendem Recht die unmittelbare Ausführung des Verwertungsgesetzes obliegt (Art. 6 W VerwertungsG). Diese Massnahme wird auch den mit der Beaufsichtigung der Verwertungsgesellschaften verbundenen administrativen Aufwand verringern und den für eine effiziente Kontrolle notwendigen Gesamtüberblick gewährleisten. Ein weiterer Vorteil der Bündelung der Aufsichtskompetenzen in einer Hand liegt in der Vereinfachung des Instanzenzuges. Unter Berücksichtigung der Revision des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege werden alle Verfügungen betreffend die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften der Beschwerde an 505

die Rekurskommission für geistiges Eigentum unterliegen (vgl. Art. 52 Abs. 3) und in letzter Instanz der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

Die neu vorgesehene Regelung führt zu einer gewissen Entlastung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und insbesondere zu einer Aufhebung der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten. Dabei ist festzustellen, dass diese Kommission aufgrund ihrer paritätischen Zusammensetzung und der erforderlichen Sachkunde ihrer Mitglieder mit der Ausdehnung des Geltungsbereichs des Verwertungsgesetzes auf fast 50 Mitglieder angewachsen ist. Sie ist damit zu einem Sammelbecken von Experten der Werknutzer geworden, die wegen ihrer auf einen Tarifbereich beschränkten Fachkenntnis nur sporadisch in der aus sieben Mitgliedern bestehenden Spruchkammer mitwirken und somit im Gegensatz zu den Vertretern der Urheber immer weniger die Möglichkeit haben, die Genehmigungspraxis kontinuierlich zu beeinflussen.

Der neue Instanzenzug dürfte in der Praxis dazu führen, dass Genehmigungsentscheide des Amtes betreffend unbestrittene Tarife ohne weiteres in Rechtskraft erwachsen, was eine Entlastung der richterlichen Instanz bedeutet. Für umstrittene Tarife aber stehen nach wie vor zwei richterliche Instanzen - die Rekurskommission und das Bundesgericht - zur Verfügung.

144

Entwurf zum Topographiengesetz

144.1

Allgemeine Bemerkungen

Im Zusammenhang mit der Rückweisung des BRE ist der Bundesrat ausdrücklich beauftragt worden, einen differenzierten Leistungsschutz in seine Vorlage zur Revision des Urheberrechts einzubauen. Dabei stand zwar die Regelung des Schutzes der Hersteller von Computerprogrammen und der ausübenden Künstler im Vordergrund, aber es sollten auch andere, ähnlich gelagerte Schutzbedürfnisse geprüft und gegebenenfalls geregelt werden.

Neben den Computerprogrammen stellen heute die Mikrochips (integrierte Schaltungen aus halbleitendem Material) eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft dar, und auch in bezug auf das Schutzbedürfnis bestehen Parallelen.

Es handelt sich um eine Technologie, die mit einem beträchtlichen Investitionsaufwand verbunden ist und genau wie etwa Computerprogramme, Ton- oder Tonbildträger überaus anfällig auf die Piraterie ist, weil die Topographien dieser Halbleiterprodukte mit einem relativ geringen Kostenaufwand kopiert werden können. Es wird geschätzt, dass der Kopieraufwand ungefähr l Prozent der Produktionskosten des «Chips» ausmacht.

Die Anfälligkeit dieser neuen Technologie auf die gewerbsmässige Piraterie hat dazu geführt, dass die auf diesem Gebiet führenden Industriestaaten bestrebt sind, möglichst rasch ein internationales Schutzsystem aufzubauen. Auf nationaler Ebene ist der Schutz von Topographien zwar erst in einem halben Dutzend Länder geregelt, aber die EG hat bereits eine Richtlinie auf diesem Gebiet erlassen, und im Mai 1989 fand in Washington eine diplomatische Konferenz zum Abschluss eines Abkommens statt. Der vorliegende Entwurf soll die Voraussetzungen für eine Ratifikation dieses Abkommens durch die Schweiz erfüllen.

506

144.2

Konzeption

Der Entwurf ist in enger Anlehnung an den Entwurf zum vorerwähnten Abkommen, die Richtlinie des Rates der EG vom 16. Februar 1986 über den Rechtsschutz von Topographien von Halbleitererzeugnissen sowie den Gesetzen der BRD und der USA ausgestaltet worden. Er begründet einen einfachen Schutz gegen die Übernahme (Nachbildung und Inverkehrbringung) der Topographie durch Dritte. Trotz des absoluten Charakters der gewährten Rechte geht dieser sonderrechtliche Schutz eigentlich nicht weiter als der in Artikel 5 Buchstabe c UWG vorgesehene Leistungsschutz. Gemäss dieser Bestimmung, die einen wettbewerbsrechtlichen Investitionsschutz begründet, ist das Übernehmen eines marktreifen Arbeitsergebnisses durch technische Reproduktionsverfahren unlauter, wenn diese Übernahme - wie im Falle des Kopierens von Topographien - ohne einen angemessenen eigenen Aufwand erfolgt. In der Schweiz besteht somit eigentlich bereits ein Schutz von Topographien vor der gewerbsmässigen Piraterie. Dieser wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz entspricht indessen nicht den Anforderungen des internationalen Schutzsystems, das gegenwärtig aufgebaut wird und dem sich die Schweiz im Interesse der eigenen Industrie anschliessen sollte. Gemäss dem heutigen Stand der internationalen Entwicklung wird eine Gesetzgebung «sui generis» im Sinne des vorliegenden Entwurfs notwendig sein, um das künftige Abkommen zum Schutz von Halbleitererzeugnissen ratifizieren zu können.

Im internationalen Kontext bleibt dem nationalen Gesetzgeber somit nur ein ausserordentlich kleiner Spielraum zur Regelung des Schutzes von Topographien. Der sondergesetzliche Schutz dieses Entwurfs entspricht folglich weniger einem konkreten Schutzbedürfnis der Hersteller von Halbleitererzeugnissen, das eigentlich bereits durch das neue UWG abgedeckt ist, sondern er ist ganz auf die internationale Entwicklung ausgerichtet. Er soll einer internationalen Rechtszersplitterung entgegenwirken und dem Zustandekommen eines vom Grundsatz der Inländerbehandlung ausgehenden Abkommens förderlich sein, der durch verschiedene nationale Gesetze zugunsten des Rezipr.ozitätserfordernisses durchbrochen worden ist.

Gemäss der auf internationaler Ebene erfolgten Weichenstellung schützt der vorliegende Entwurf dreidimensionale Strukturen von integrierten Schaltungen (Topographien) soweit sie
nicht alltäglich sind. Der Schutz besteht unabhängig von der Art der Festlegung oder Kodierung der Topographien und erfasst auch Teile davon. Der Inhaber des Schutzes verfügt über die ausschliesslichen Rechte, die Topographie nachzubilden und sie auf irgendeine Weise in Verkehr zu bringen. Die Schutzdauer beträgt zehn Jahre. Eingeschränkt wird der Schutz durch den Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts (Art. 6), durch die Schutzausnahme betreffend die Nachbildung der Topographie zu Zwecken der Analyse und Forschung (Art. 7; sogenannte «Reverse Engineering») und durch die Aufhebung des Verbotsrechts gegenüber dem gutgläubigen Erwerber von Halbleitererzeugnissen (Art. 8). Schliesslich enthält der Entwurf in Übereinstimmung mit allen bereits in Kraft stehenden Topographiengesetzen den ausserhalb allfälliger Staatsverträge geltenden Vorbehalt der materiellen Reziprozität (Art.2 Abs. 2). Der Schutz ausländischer «Chips»-Hersteller wird somit davon 507

abhängig gemacht, dass deren Heimatstaat den Schweizern Gegenrecht gewährt.

144.3

Registrierungssystem

Mit Ausnahme des Vereinigten Königreiches haben bisher alle Länder, die den Schutz von Topographien geregelt haben, ein Registrierungssystem vorgesehen, obwohl sowohl die EG-Richtlinie als auch der Abkommensentwurf der Weltorganisation für geistiges Eigentum den Staaten keine Registrierung vorschreibt.

Der Entwurf, dessen Regelungsgehalt weitgehend mit den Vorschriften bereits bestehender Gesetze übereinstimmt, sieht ebenfalls ein Registrierungsverfahren vor, das von der Industrie in der Vernehmlassung auch ausdrücklich gewünscht worden ist. Seitens der Industrie besteht ein grosses Interesse, möglichst frühzeitig den Überblick über Neuentwicklungen zu erhalten, und es ist für sie wichtig, feststellen zu können, ob für eine bestimmte Topographie Schutz beansprucht wird oder nicht.

Der Entwurf sieht ein sehr einfach ausgestaltetes Eintragungsverfahren vor. Um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten, ist die Eintragung nicht mit einer Prüfung der Topographie durch das Bundesamt verbunden. Die Eintragung ins Register ist mit negativer Rechtskraft ausgestattet. Der Schutz von Topographien, die nicht zum Registereintrag angemeldet werden, erlischt gemäss Artikel 9 Absatz 2 zwei Jahre nach dem Tag, an dem die Topographie erstmals verbreitet worden ist. Das Register, das jedermann zur Einsicht offen steht, hat Beweisfunktion.

144.4

Verhältnis zu anderen Gesetzen

Das Schutzobje,kt Topographie, also die dreidimensionale Strukturierung von integrierten Schaltungen, könnte auch urheberrechtlich geschützt sein. Das gilt zumindest für diejenigen Topographien, die eine gewisse Originalität (individuellen Charakter) aufweisen. Ausserdem gehören die integrierten Schaltungen zu den vom wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz erfassten «marktreifen Arbeitsergebnissen», deren Übernahme durch technische Reproduktionsmittel ohne angemessenen eigenen Aufwand gemäss Artikel 5 Buchstabe c UWG unlauter ist.

Der vorliegende Entwurf sieht nun aber einen spezialrechtlichen Sonderschutz für Topographien vor, der anerkanntermassen als Schutz «sui generis» gilt. Er ist ganz konkret auf das Schutzobjekt Topographie zugeschnitten. Der sonderrechtliche Schutz geht somit den wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen vor.

Von praktischer Bedeutung ist dies insbesondere für die Schutzdauer: Nach Ablauf der spezialrechtlich vorgesehenen Schutzfrist dürfen die Topographien beliebig nachgebildet und in Verkehr gebracht werden. Dies entspricht auch dem in der Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsatz, dass der spezialrechtliche Schutz nicht auf dem Umweg über das Wettbewerbsrecht verlängert werden kann.

508

145

Völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiete des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte

145.1

Allgemeine Bemerkungen zur Berner Übereinkunft und zum Welturheberrechtsabkommen

145.11

Gegenwärtige Stellung der Schweiz in den beiden Abkommen

145.111

Berner Übereinkunft

Die zu genehmigende Pariser Fassung dieser Übereinkunft enthält: - materiellrechtliche Bestimmungen zum Schutz des Urheberrechts (Art. 1-21); sie wurden unverändert aus der Stockholmer Fassung vom 14.Juli 1967 übernommen (BB1 1968 II 955). Die Schweiz wendet gegenwärtig noch die Brüsseler Fassung von 1948 an (AS 1955 1092; SR 0.231.13); - administrative Bestimmungen (Art. 22-26) sowie Schluss- und Übergangsbestimmungen (Art. 27-3 8); sie wurden mit geringfügigen Änderungen ebenfalls aus der Stockholmer Fassung übernommen. Die Schweiz hat diesen Teil der Stockholmer Fassung mit Wirkung ab 4. Mai 1970 ratifiziert (BB1 1968 II 897; AS 1970 600; SR 0.231.14); - einen in Paris angenommenen Anhang (Art.21); er enthält Sonderbestimmungen zugunsten der Entwicklungsländer und kann nur zusammen mit den materiellen Bestimmungen ratifiziert werden.

145.112

Welturheberrechtsabkommen

Die Schweiz ist seit dem 30. März 1956 Vertragsstaat des in Genf abgeschlossenen Abkommens vom 6. September 1952 (BB1 1954 II 565; AS 1956 101; SR 0.231.0).

145.12

Grundzüge der Abkommen

Beide Konventionen beruhen auf dem Grundsatz der Inländerbehandlung.

Nach Artikel 5 Absatz l RBUe und Artikel II Absatz l WUA sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Werke aus anderen 'Vertragsländern ebenso zu schützen wie diejenigen ihrer eigenen Staatsangehörigen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Art. 14ter Abs.2 RBUe und Art. IV Abs.4 WUA) ist ein Vorbehalt der Gegenseitigkeit ausgeschlossen. Das Schutzniveau für ein Werk hängt somit vom nationalen Recht desjenigen Vertragsstaates ab, in dem der Schutz beansprucht wird.

Beide Übereinkommen garantieren allerdings einen gewissen Mindestschutz und enthalten eine Reihe zwingender materiellrechtlicher Normen, die in den Vertragsstaaten unmittelbar anwendbar sind. Die Mindestschutzbestimmungen der Berner Übereinkunft betreffen namentlich die zu schützenden Werkgattungen (Art. 2 RBUe), die den Urhebern zu gewährenden Rechte (Art.6bis, 8, 9, 11, ll bis , ll ter , 12, 14, 14bis Abs. l RBUe) und die Schutzdauer (Art. 7 und 7bis RBUe). Das Schutzniveau des Welturheberrechtsabkommens liegt viel tiefer; sein Mindestschutz umfasst die in Artikel IV WUA festgelegte Schutzdauer und 20 Bundesblatt. 141. Jahrgang. Bd. III

509

die in Artikel IVbis und V WU A-garantierten Rechte; Artikel IVbis WUA enthält allerdings nicht direkt anwendbares Konventionsrecht. Mit seinem minimalen Schutzniveau steht das WUA auch denjenigen Staaten offen, deren Gesetzgebung auf dem Gebiet des Urheberrechts noch nicht sehr entwickelt ist.

Das Welturheberrechtsabkommen schreibt auch zwingend vor, von welchen Formalitäten die Vertragsstaaten die Gewährung des Rechtsschutzes abhängig machen dürfen (Art. III WUA). Dagegen ist es den Mitgliedstaaten der Berner Übereinkunft nicht erlaubt, die Entstehung des Schutzes mit irgendwelchen Formalitäten zu verknüpfen.

Neben zwingenden und direkt anwendbaren Mindestrechten gewähren die Konventionen der nationalen Gesetzgebung bei der Ausgestaltung des Schutzes gewisse Spielräume. Gemäss der Berner Übereinkunft können die Ausschliesslichkeitsrechte namentlich im Bereich der Rundfunksendung und der Herstellung von Tonträgern durch Zwangslizenzen oder gesetzliche Lizenzen eingeschränkt werden (Art. ll bls Abs.2 und Art. 13 Abs. 1); weitere Möglichkeiten zur Beschränkung des Schutzes sehen die Artikel 2bis Absatz l und 2, 9 Absatz 2 und 10bis RBUe vor. Unser Gesetzesentwurf macht davon Gebrauch, soweit dies im Sinne eines Interessenausgleichs gerechtfertigt ist. Ausserdem sind wichtige Bereiche, wie der Rechtsschutz, das Urhebervertragsrecht und die kollektive Verwertung von Urheberrechten, der Regelung durch den nationalen Gesetzgeber vorbehalten.

145.13

Verhältnis der beiden Konventionen zueinander

Die Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten beider Übereinkommen werden durch Artikel XVII des Welturheberrechtsabkommens und der Zusatzerklärung zu diesem Artikel geregelt. Danach findet zwischen Staaten, die an beide Konventionen gebunden sind, immer diejenige mit dem höheren Schutzniveau Anwendung, also die Berner Übereinkunft. Man spricht in diesem Zusammenhang von der «clause de sauvegarde» für die Berner Übereinkunft.

145.14

Die Pariser Revision

Die Bestrebungen zur Revision der Berner Übereinkunft und des Welturheberrechtsabkommens wurden bereits 1968 koordiniert. Dadurch konnten die beiden Revisionskonferenzen gleichzeitig in Paris, am Sitz der UNESCO abgehalten werden.

Das Ziel der Revision der Berner Übereinkunft bestand darin, das an der Stockholmer Konferenz von 1967 angenommene Protokoll zugunsten der Entwicklungsländer durch eine neue, auch für die industrialisierten Länder annehmbare Fassung zu ersetzen.

Die Revision des Welturheberrechtsabkommens hatte zwei Schwerpunkte: - die Einführung von Schutzvorbehalten zugunsten der Entwicklungsländer unter Berücksichtigung der entsprechenden Bestimmungen der Berner Übereinkunft, 510

- eine geringfügige Anhebung des durch die Konvention gewährleisteten Mindestschutzes im Interesse der Urheber der industrialisierten Länder.

Den beiden Revisionskonferenzen wurden ausgereifte Änderungsvorschläge unterbreitet. Sie waren das Resultat langer und intensiver Verhandlungen zwischen den Entwicklungs- und den Industriestaaten. Diese sorgfältig abgewogenen Kompromisslösungen erfuhren in den Konferenzen keine materiellen Änderungen.

Die Bestimmungen der Stockholmer Fassung der Berner Übereinkunft, die nicht Gegenstand des Revisionsprogramms waren (Art. 1-20 und 22-26 RBUe), wurden unverändert in den Text von 1971 übernommen.

Die Pariser Fassungen der Berner Übereinkunft und des Welturheberrechtsabkommens traten in ihrer Gesamtheit am 10. Oktober bzw. 10. Juli 1974 in Kraft.

145.2

Allgemeine Bemerkungen zu den Abkommen auf dem Gebiete der verwandten Schutzrechte

145.21

Entstehungsgeschichte der Abkommen

145.211

Rom-Abkommen

Nach ersten Vorarbeiten für einen internationalen Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern sowie der Sendeunternehmen wurde im Jahre 1951 der Vorentwurf von Rom verfasst. Im Jahre 1956 legte die Internationale Arbeitsorganisation ihren eigenen Abkommensentwurf (Genf-Entwurf) vor, dem ein von der Berner Union und der Unesco eingesetzter Ausschuss einen getrennten Entwurf (Monaco-Entwurf) gegenüberstellte.

Im Jahre 1960 wurden diese beiden Texte in Den Haag von einem Sachverständigenausschuss überprüft, der von der Internationalen Arbeitsorganisation, der Unesco und dem Büro der Berner Union gebildet und einberufen wurde. Dieser Ausschuss, dem zwei schweizerische Experten angehörten, erstellte einen einheitlichen Abkommensentwurf, der in der Folge den Staaten zur Stellungnahme vorgelegt wurde. Dieser Entwurf diente als Grundlage für die Arbeiten der Diplomatischen Konferenz von Rom, die mit der Annahme des Abkommens endete, von dem hier die Rede ist.

Am 26. Oktober 1961 unterzeichneten 18 Staaten das internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (Rom-Abkommen), welches ' anschliessend am 18. Mai 1964 in Kraft trat. Am 31. Januar 1988 gehörten ihm die folgenden 32 Staaten an: Barbados, Brasilien, Burkina Faso, Chile, Costa Rica, Dänemark, Deutschland (Bundesrepublik), Dominikanische Republik, Equador, El Salvador, Fidschi, Finnland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Guatemala, Irland, Italien, Kolumbien, Kongo, Luxemburg, Mexiko, Monaco, Niger, Norwegen, Österreich, Panama, Paraguay, Peru, Philippinen, Schweden, Tschechoslowakei und Uruguay.

511

145.212

Genfer Tonträger-Übereinkommen

Mit der Zunahme der Tonträgerpiraterie gegen Ende der sechziger Jahre wurde das Bedürfnis nach einem zusätzlichen Schutz der Tonträger auf internationaler Ebene immer stärker. So wurde anlässlich der Tagung des Ausschusses zur Vorbereitung der Revision der Berner Übereinkunft und des Welturheberabkommens von 1970 eine Verbesserung des Schutzes für Tonträger angeregt. Nach Aufnahme der nötigen Vorbereitungsarbeiten konnte im Oktober 1971 in Genf bereits eine Diplomatische Konferenz abgehalten werden. Anschliessend unterzeichneten 23 Staaten das neugeschaffene Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger (Genfer Tonträger-Übereinkommen) vom 29. Oktober 1971; darunter auch die Schweiz. Bis zum 3I.Januar 1988 sind diesem Übereinkommen, welches am 18. April 1973 in Kraft trat, 41 Staaten beigetreten. Diese enorme Entwicklung bestätigt das bestehende Bedürfnis nach einem weitergehenden internationalen Schutz der Tonträger.

145.213

Brüsseler Satelliten-Übereinkommen

Das Übereinkommen über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale (Brüsseler Satelliten-Übereinkommen) wurde nach drei vorbereitenden Konferenzen in Lausanne, Paris und Nairobi im Mai 1974 von der Diplomatischen Konferenz in Brüssel verabschiedet. Am 3I.Januar 1988 gehörten ihm folgende elf Staaten an: Bundesrepublik Deutschland, Italien, Jugoslawien. Kenia, Marokko, Mexiko, Nicaragua, Österreich, Panama, Peru, Vereinigte Staaten von Amerika. Die Schweiz hat dieses Übereinkommen unterzeichnet.

145.22

Grundzüge der Abkommen

145.221

Rom-Abkommen

Das Rom-Abkommen zum Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen verfolgt primär das Ziel, die in der Nachbarschaft zum urheberrechtlich geschützten Werk angesiedelten Leistungen vor der missbräuchlichen Verwendung durch Dritte zu schützen.

In Anlehnung an das dem Urheberrecht zugrunde liegende Schutzsystem gewährt es den Berechtigten ausschliessliche Rechte, um die Verwendung ihrer Leistungen zu erlauben oder zu untersagen. Der im Abkommen vorgesehene Mindestschutz umfasst die folgenden Befugnisse: - Die «Live-Darbietung» des ausübenden Künstlers (Interpreten) darf gemäss Artikel 7 nur mit seiner Zustimmung mit technischen Mitteln ausserhalb des Lokals der Darbietung wahrnehmbar gemacht werden (öffentlicher Lautsprecher und Sendung) oder auf Ton- oder Bildträger festgelegt werden.

- Die Tonträgerhersteller sind gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Produkte zu schützen (Art. 10). Das entsprechende Recht deckt sich mit der aus512

schliesslichen Befugnis des Urhebers, sein Werk in irgendeiner Weise wiederzugeben.

- Den Sendeunternehmen ist gestützt auf Artikel 13 das ausschliessliche Recht zu gewähren, die Festlegung, die Vervielfältigung einer unerlaubten Festlegung sowie die Weitersendung ihrer Sendung zu untersagen.

Abgesehen von diesem Mindestschutz gewährt das Rom-Abkommen den Interpreten Vergütungsansprüche für die Verwendung von Tonträgern zu Sende- und Aufführungszwecken. Gemäss diesen sogenannten Zweitnutzungsrechten haben die Interpreten bei jeder Sendung oder Aufführung, für die ein Tonträger verwendet wird, gegenüber der Sendeanstalt bzw. dem Veranstalter der Aufführung einen Anspruch auf Vergütung.

Diese Zweitnutzungsrechte sind indessen nur fakultativ vorgeschrieben, das heisst, dass es den vertragschliessenden Staaten frei steht, sie zu gewähren oder nicht. Von den 13 europäischen Ländern, die dem Rom-Abkommen bis anhin beigetreten sind, haben Finnland, Luxemburg und Monaco von dem Vorbehalt Gebrauch gemacht, dem Rom-Abkommen ohne Zweitnutzungsrechte beizutreten. Alle anderen Länder gewähren diese Vergütungsansprüche den Interpreten oder den Tonträgerherstellern (Grossbritannien).

Wie die Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts (RBUe und WUA) stützt sich auch das Rom-Abkommen auf das Prinzip der Inländerbehandlung.

Es verpflichtet somit die Vertragsstaaten, ausländische Leistungen (Darbietungen, Tonträger und Sendungen) nach innerstaatlichem Recht zu schützen.

145.222

Genfer Tonträger-Übereinkommen

Das Genfer Tonträger-Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, die Tonträgerhersteller gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Produkte sowie gegen die Einfuhr und das Inverkehrbringen unerlaubt hergestellter Vervielfältigungen zu schützen. Es lässt den einzelnen Staaten jedoch die Wahl des rechtlichen Instrumentariums. Sie können einen Sonderschutz im Sinne der verwandten .Schutzrechte gewähren, die Rechtsvorschriften über den unlauteren Wettbewerb anwenden oder den Schutz durch strafrechtliche Sanktionen sicherstellen.

Dank dieser Flexibilität und seiner einfachen Schutzkonzeption hat dieses Übereinkommen innert kürzester Zeit grosse Verbreitung gefunden. Es wird auch darauf verzichtet, den Beitritt von der vorangehenden Anerkennung einer Urheberschutzkonvention abhängig zu machen, und im Gegensatz etwa zum Rom-Abkommen gilt auch das Prinzip der Inländerbehandlung nicht.

Dieses Übereinkommen ist vor allem auf die Bekämpfung der Piraterie zugeschnitten, der nur durch eine internationale Zusammenarbeit wirksam begegnet werden kann.

Geschützt werden Verwertungshandlungen unter Ausschluss der Zweitverwertungen. Im Gegensatz zum Rom-Abkommen werden alle Stufen der Veröffentlichung erfasst, wobei es nicht möglich ist, irgendwelche Vorbehalte anzubringen.

In der Präambel findet sich der Grundsatz, dass durch das Genfer Übereinkommen die weitere Annahme des Rom-Abkommens sowie anderer internationaler Verträge in keiner Weise behindert werden darf.

513

145.223

Brüsseler Satelliten-Übereinkommen

Das Brüsseler Satelliten-Übereinkommen soll die Sendeanstalten vor dem unbefugten Anzapfen von Fernmeldesatelliten, denen sie ihre programmtragenden Signale zuleiten, schützen. Die Konvention sieht vor, dass die unterzeichnenden Staaten verpflichtet werden, geeignete gesetzliche Bestimmungen zu schaffen, welche die Weiterverbreitung solcher reservierter Signale in oder von ihrem Hoheitsgebiet aus durch einen unbefugten Verbreiter verhindern. Das Übereinkommen schafft kein direkt anwendbares Recht, sondern nur völkerrechtliche, die Vertragsstaaten verpflichtende Normen.

145.3

Erwägungen für einen Beitritt bzw. für eine Ratifikation

145.31

Ratifikation der Pariser Fassungen der Berner Übereinkunft und des Welturheberrechtsabkommens

Zu Beginn der Revisionsarbeiten bestand die Gefahr einer Blockbildung. Man befürchtete, dass sich die industrialisierten Länder der Berner Übereinkunft und die Entwicklungsländer dem Welturheberrechtsabkommen zuwenden würden. Um eine solche für den internationalen Urheberrechtsschutz unheilvolle Entwicklung zu vermeiden, wurden im Laufe der Vorbereitungsarbeiten Vorschläge eingebracht, die darauf abzielten, eine organische und formelle Verbindung der beiden Vertragswerke zu schaffen. Dieses Ziel wurde schliesslich durch das System der Koexistenz und der Komplementarität der beiden autonomen Übereinkommen erreicht.

Gleichzeitig gelang eine gegenseitige Annäherung dieser Abkommen durch eine Anhebung des Schutzniveaus des Welturheberrechtsabkommens und durch die Angleichung der Sonderbestimmungen der beiden Konventionen zugunsten der Entwicklungsländer. Die wichtigsten Beweggründe, die Berner Übereinkunft zu verlassen oder ihr nicht beizutreten, wurden dadurch eliminiert.

1976 haben die Entwicklungsländer mit der Unterstützung der UNESCO und der OMPI in Tunis ein Mustergesetz zum Schutz des Urheberrechts angenommen, das auf die Sonderbestimmungen der beiden Konventionen abgestimmt ist. Es besteht die Hoffnung, dass über dieses Mustergesetz noch mehr Länder den Weg zum internationalen Urheberrechtsschutz finden werden.

Wie die für die Schweiz noch gültigen materiellen Bestimmungen (Art. 1-21) der Brüsseler Fassung von 1948 enthält auch der Pariser Text Vorbehalte zugunsten der nationalen Gesetzgebung, die es ermöglichen, einen gerechten Ausgleich zwischen den legitimen Interessen der Urheber und jenen der Allgemeinheit herbeizuführen.

Bereits in der Botschaft zu den Fassungen der Stockholmer Konferenz über das geistige Eigentum (BB1 1968 II 908) wurde erwähnt, dass die Ratifikation der materiellrechtlichen Bestimmungen (Art. 1-21) der Stockholmer Fassung der Berner Übereinkunft, die unverändert in die Pariser Fassung übernommen wurden, einige Anpassungen des geltenden Urheberrechtsgesetzes erfordert. Der Entwurf zu einem Bundesgesetz, den wir ihnen unterbreiten, berücksichtigt die Fassung von 1971 dieser Übereinkunft.

514

Einer Ratifikation der Pariser Fassungen der Berner Übereinkunft und des Welturheberrechtsabkommens durch die Schweiz steht somit nichts mehr im Wege. Die interessierten Kreise haben sich im Rahmen der Vernehmlassung über den VE III durchwegs positiv zu dieser Frage geäussert.

145.32

Beitritt zum Rom-Abkommen

Da die Schweiz das Rom-Abkommen nicht unterzeichnet hat, kommt keine Ratifikation, sondern nur ein Beitritt in Frage.

Die im dritten Titel des Gesetzesentwurfs geregelten verwandten Schutzrechte wurden bewusst so ausgestaltet, dass sie der Schweiz den Beitritt zu diesem Abkommen gestatten.

Wie die Werke der Literatur bedürfen auch die vom Rom-Abkommen erfassten Leistungen aufgrund ihrer Ubiquität eines internationalen Schutzsystems. Der konkrete Vorteil eines Beitritts ist darin zu sehen, dass die schweizerischen Interpreten und Tonträgerhersteller sowie Sendeunternehmen in den Mitgliedstaaten des Rom-Abkommens denselben Schutz gemessen würden, den diese Staaten ihren eigenen Angehörigen zukommen lassen sowie den Schutz, den das Abkommen selbst gewährt (Mindestschutz). Allerdings soll die Schweiz, in Übereinstimmung mit der Regelung der verwandten Schutzrechte in der Vorlage des Bundesrates, dem Rom-Abkommen unter Ausschluss der Zweitnutzungsrechte beitreten. Dies bedeutet, dass sie gemäss Artikel 16 Absatz l Buchstabe a Ziffer l des Rom-Abkommens einen generellen Vorbehalt anbringen wird, der die in Artikel 12 vorgesehenen Vergütungsansprüche vollumfänglich ausschliesst.

Haben andere Vertragsstaaten einen Gegenseitigkeitsvorbehalt im Sinne von Artikel 16 Absatz l Buchstabe a Ziffer 4 angebracht, so gilt der Schutz nur im Rahmen der materiellen Gegenseitigkeit. Die schweizerischen Berechtigten könnten somit auch in diesen Ländern keine Vergütungsansprüche stellen.

Mit einem Vorbehalt gemäss Artikel 5 Absatz 3 Rom-Abkommen soll erklärt werden, dass der Ort der ersten Festlegung nicht als Voraussetzung für die Inländerbehandlung gilt. Damit knüpft die Inländerbehandlung an die Staatsangehörigkeit oder an die Veröffentlichung an. Das Vorbringen weiterer Vorbehalte (Art. 6 Abs. 2 und Art. 17) ist nicht beabsichtigt.

Artikel 34 der Gesetzesvorlage sieht davon ab, von der in Artikel 9 Rom-Abkommen vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Schutz auf Künstler auszudehnen, die keine Werke der Literatur oder der Kunst darbieten.

145.33

Ratifikation des Genfer Tonträger-Übereinkommens und des Brüsseler Satelliten-Übereinkommens

Das Genfer Tonträger-Übereinkommen und das Brüsseler Satelliten-Übereinkommen sind von der Schweiz unterzeichnet worden; diese beiden Übereinkommen, die bei der Ausgestaltung der verwandten Schutzrechte im dritten Ti515

tel des Entwurfs ebenfalls berücksichtigt worden sind, können somit ratifiziert werden.

Das Tonträger-Übereinkommen hat den Zweck, die Tonträger-Piraterie auf internationaler Ebene einzudämmen. Damit dieses Ziel auch erreicht werden kann, wurde die Beitrittsschwelle möglichst tief angesetzt. So verzichtet das Übereinkommen auf die vorherige Anerkennung anderer Urheber- oder Leistungsschutzkonventionen. Vorbehalte sind grundsätzlich (mit Ausnahme von Art. 7 Abs. 4) nicht zulässig.

Mit der zunehmenden Satellitendichte und der fortschreitenden Technik wächst aber auch die Gefahr, dass Signalpiraten, die im Besitz geeigneter Empfangsanlagen sind, nicht für sie bestimmte Signale auffangen und einem neuen Publikum in einem neuen geographischen Raum zuführen. Die Sendeanstalten erhalten von den Signalpiraten kein Entgelt, werden aber allenfalls von den am Programm Mitwirkenden (Urhebern, ausübenden Künstlern, Phonogramm-, Tonund Tonbildträgerherstellern und sonstigen Inhabern von Nebenrechten) für zusätzliche Nutzungsentschädigungen in Anspruch genommen. Die Ausgangsanstalten haben deshalb ein berechtigtes Kontrollinteresse an der Verbreitung der durch sie ausgestrahlten Programmsignale. Um gegen diese Art der Piraterie vorgehen zu können, wird auch die Ratifikation des Brüsseler Satelliten-Übereinkommens empfohlen.

15

Folgerecht

Die EK III hat sich aufgrund einer Eingabe der Schweiz. Maler, Bildhauer und Architekten (GSMBA) auch mit der Frage nach der Einführung des sogenannten Folgerechts («droit de suite») befasst; die GSMBA unterbreitete ihr den folgenden konkreten Regelungsvorschlag: Art. 16bis Folgerecht 1 Werden Originalwerke der bildenden Kunst an öffentlichen Auktionen oder Versteigerungen durch Kauf oder Tausch weiterveräussert, so hat der Urheber gegenüber dem Veräusserer Anspruch auf einen angemessenen Anteil am Veräusserungserlös, sofern dieser mehr als tausend Franken beträgt.

2 Der Urheber kann auf den Anspruch im voraus nicht verzichten.

3 Der Anspruch kann von ausländischen Urhebern und Rechtsnachfolgern nur geltend gemacht werden, wenn der Staat, dem sie angehören, den schweizerischen Staatsangehörigen ein entsprechendes Recht gewährt.

4 Diese Bestimmungen gelten nicht für Veräusserungen von Werken der Baukunst.

Die EK III stellte sich die Frage, welche Auswirkungen die Einführung des Folgerechts auf den Kunsthandel haben könnte und beauftragte das BAGE mit der Durchführung einer entsprechenden Umfrage. Sie sollte zeigen, ob die grossen internationalen Auktionshäuser vom Folgerecht überhaupt betroffen wären und ob sie gegebenenfalls einen Standortwechsel in Betracht ziehen würden.

Auf die an sieben Auktionshäuser gerichtete Umfrage sind insgesamt vier Antworten eingegangen. Diesen ist zu entnehmen, dass der Umfang des Handels 516

mit noch geschützten Werken in den internationalen Häusern eher gering ist.

Das Folgerecht würde sie auch nicht zu einem Standortwechsel veranlassen; es sei indessen nicht auszuschliessen, dass der Verkauf geschützter Werke ins Ausland verlagert würde (ausländische Filialen), um der zusätzlichen Belastung zu entgehen.

In der Kommission hat sich schliesslich die Auffassung durchgesetzt, dass die Einführung des Folgerechts nicht dem ihr erteilten Auftrag entspricht, die Vorlage des Bundesrates im Sinne des Rückweisungsbeschlusses zu überarbeiten.

Sie hat deshalb davon abgesehen, eine entsprechende Bestimmung in den Gesetzesentwurf aufzunehmen; sie ist aber zum Schluss gekommen, dass die Einführung dieses Rechts zugunsten der bildenden Künstler im Rahmen der parlamentarischen Beratungen in Betracht gezogen werden sollte.

In diese Richtung zielte auch das Postulat von Nationalrätin Morf vom 23. März 1988 (88.356), das den Bundesrat einlud, das Folgerecht bei der parlamentarischen Behandlung der Revision des Urheberrechts zur Beratung zu bringen. Gemäss diesem parlamentarischen Vorstoss sollten die seit langen Jahren auf dieses Recht wartenden bildenden Künstler gegenüber andern, erst vor kurzem zu Urhebern erkorenen Herstellern von Computerprogrammen und «Chips», nicht benachteiligt werden.

Die in der Eingabe der GSMBA und im Postulat Morf für die Einführung des Folgerechts angeführten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. In ihrer Eigenschaft als immaterielle Güter lassen sich die Werke der Literatur und Kunst auf die verschiedensten Arten und beliebig oft verwerten (vervielfältigen, aufführen, vorführen, senden usw.). Alle diese Verwertungsmöglichkeiten sind dem Urheber in Form ausschliesslicher Rechte vorbehalten, damit er daraus Einnahmen erzielen kann. Für die bildenden Künstler sind diese Verwendungsbefugnisse weitgehend nutzlos, weil die primäre und oft einzige Verwertungshandlung in der Veräusserung des Originalwerks besteht.

Um das Urheberrecht auch für den bildenden Künstler fruchtbar zu machen, müsste das sogenannte Folgerecht eingeführt werden. Dieses Recht würde dem Urheber von Werken der bildenden Kunst eine wiederkehrende Einnahme für jede Weiterveräusserung seines Werks sichern und eine Beteiligung des Urhebers an der Wertsteigerung seiner Werke gewährleisten.

2. Das
Folgerecht ist auch in der RBUe (Art. 14Ler der Pariser Fassung) vorgesehen. Auch wenn die Verbandsländer nicht dazu verpflichtet sind, dieses Recht einzuführen, ist es doch bereits in verschiedene Gesetze aufgenommen worden. Ein Folgerecht gibt es namentlich in der BRD, in Belgien, in Frankreich sowie in Italien.

3. Was die Anwendung dieses als Vergütungsansprach ausgestalteten Rechts in der Praxis anbelangt, kann auf die positiven Erfahrungen in der BRD und in Frankreich verwiesen werden. In diesen beiden Ländern ist es mit der Hilfe von Verwertungsgesellschaften gelungen, ein funktionsfähiges System zur Geltendmachung der Ansprüche und zur Verteilung der sich daraus ergebenden Einnahmen aufzubauen.

517

4. In der Schweiz besteht bereits die zur Wahrnehmung des Folgerechts erforderliche Infrastruktur, weil die Urheberrechtsgesellschaft Pro Litteris seit 1983 die Reproduktionsrechte an den Werken der bildenden Kunst verwaltet. Man rechnet damit, dass der Kostenaufwand für die Verwaltung des Folgerechts ungefähr 15 Prozent der Einnahmen betragen würde.

5. Die in der Botschaft von 1984 geäusserte Befürchtung (vgl. BB1 1984 III 188), wonach sich der Kunsthandel im Falle der Einführung des Folgerechts ins Ausland verlagern würde, erscheint unbegründet. Einerseits ist nur ein geringer Teil der an Auktionen verkauften Werke urheberrechtlich geschützt und andererseits hat die Schweiz dem internationalen Kunsthandel noch andere Standortvorteile zu bieten.

Dieser letzte Punkt ist durch die vorerwähnte Umfrage zwar teilweise bestätigt worden, aber damit sind die Vorbehalte gegenüber der Einführung des Folgerechts noch nicht ausgeräumt. Zu Bedenken Anlass gibt die Tatsache, dass von den rund 80 Mitgliedstaaten der Berner Union nur gerade etwa 10 Prozent das Folgerecht kennen. Ausserdem ist festzustellen, dass das Folgerecht in verschiedenen Ländern, die es eingeführt haben, toter Buchstabe geblieben ist, weil sich die Schwierigkeiten seiner Anwendung in der Praxis als zu gross erwiesen haben. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Idee des Folgerechts auf der Vorstellung beruht, dass der bildende Künstler als verkanntes Talent oft erst im hohen Alter entdeckt wird. Diese Vorstellung entspricht jedoch heute nicht mehr der Wirklichkeit. Das Folgerecht würde somit gerade die bekannten Künstler begünstigen, die bereits durch das Schaffen und Verkaufen neuer Werke an der Werksteigerung ihrer Kunst partizipieren.

Gestützt auf diese Überlegungen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Einführung neuer Vergütungsansprüche nicht mit den im Rückweisungsbeschluss angegebenen Leitlinien zur Überarbeitung der Vorlage vereinbaren lässt, wurde von der Einführung des Folgerechts abgesehen.

16

Erledigung der parlamentarischen Vorstösse

Im Verlaufe der Vorarbeiten wurden verschiedene parlamentarische Vorstösse eingereicht.

Das Postulat Conzett vom 20. Juni 1952 (6303; N 3.6.53) verlangte ganz generell eine Anpassung des Urheberrechts an die technische Entwicklung. Das fünfte Kapitel des zweiten Titels und der vierte Titel des vorliegenden Entwurfs verwirklichen dieses Anliegen.

Das Postulat Bacciarini vom 16.Dezember 1981 (81.597; N 9.3.82) zielte auf eine Revision der Regeln für die Verwendung literarischer Werke in Schulbüchern ab. Die Problematik des Schulgebrauchs urheberrechtlich geschützter Werke ist in Artikel 19 Absatz l Buchstabe b des Entwurfs behandelt.

Die Postulate Bratschi vom 4.März 1981 (81.319; N 19.6.81), (Meier Josi)-Blunschy vom 16.Dezember 1981 (81.902; N 15.12.83) und Oehler vom 28.Januar 1982 (82.320; N 15.2.83) bezogen sich auf die durch die Bundesgerichtsurteile vom 20. Januar 1981 ausgelöste urheberrechtliche Situation beim Kabelfernse518

hen; sie haben unterschiedliche Zielsetzungen. Der Entwurf regelt die Materie in den Artikeln 10 Absatz 2 Buchstabe e und 21 sowie im vierten Titel, nachdem bereits die Ausdehnung des Verwertungsgesetzes (vgl. AS 1982 52,3) im Sinne einer Sofortmassnahme eine vorläufige Lösung gebracht hatte.

Auch die Interpellationen Morf vom 17. Dezember 1981 (81.916) und Aubry vom 28. Januar 1982 (82.318) betrafen das Kabelfernsehen, während die Interpellation Morf vom 12. März 1980 (80.359) Fragen des Revisionsverfahrens aufwarf und die Einfache Anfrage Jaggi vom S.Oktober 1980 (80.773) sich auf Staatsverträge auf dem Gebiet des Urheberrechts und der benachbarten Rechtsgebiete sowie auf den Schutz der ausübenden Künstler bezog.

Die Einfache Anfrage Stappung vom 6. März 1986 (86.608) betraf die Zusammensetzung der Expertenkommission III und bemängelte ein Ungleichgewicht zu Ungunsten der Urheber. Die Aufschlüsselung der Zusammensetzung der EK III ergibt das folgende Bild: drei Vertreter der Urheber, zwei Vertreter der Verwertungsgesellschaften, drei Vertreter der Werknutzer, vier Vertreter der Werkvermittler, vier Vertreter der Leistungsschutzanwärter.

Die Interpellation Morf vom 19. März 1986 (86.377) verlangte einen besseren Schutz vor der ständig zunehmenden Piraterie im Bereich des Kulturschaffens (Raubkopien von Schallplatten, Videos sowie unerlaubte Mitschnitte von Aufführungen). Dieses Anliegen ist bei der Überarbeitung der Vorlage durch eine weitere Verbesserung des Rechtsschutzes berücksichtigt worden (vgl. Ziff. 215).

Das Postulat Morf vom 23. März 1988 (88.356) lud den Bundesrat ein, das sogenannte Folgerecht («droit de suite») für bildende Künstler bei der parlamentarischen Behandlung der Revision des Urheberrechts zur Beratung zu bringen.

Mit den in Ziffer 15 enthaltenen Ausführungen über das Folgerecht ist dem Postulat Rechnung getragen worden.

2

Besonderer Teil

21

Kommentar der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs zum Urheberrechtsgesetz

211

Gegenstand

Artikel l Bei dieser Bestimmung handelt es sich eigentlich um einen Programmartikel. In Anbetracht der Ausdehnung des sachlichen Geltungsbereichs des Urheberrechtsgesetzes, die mit der Revision verbunden ist, erscheint es als zweckmässig, über die im vorliegenden Entwurf geregelte Materie zu informieren. Absatz l erfüllt diese Aufgabe und weist darauf hin, dass der Entwurf neben dem Urheberrecht im engeren Sinn neu auch das nach geltendem Recht in einem separaten Gesetz enthaltene Verwertungsrecht und die bis anhin noch nicht bestehenden verwandten Schutzrechte regelt.

Absatz 2 ist deklaratorischer Natur; er zeigt an, dass das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte auch auf internationaler Ebene geregelt sind. Der Vorbehalt gilt indessen nicht nur in bezug auf die auf diesem Gebiet bestehenden Abkommen, sondern er bezieht sich auf alle Staatsverträge, die in irgendeiner 519

Art und Weise im grenzüberschreitenden Verkehr mit Urheber- oder nachbarrechtlich geschützten Gütern von Belang sein können.

Im Gegensatz zum vorliegenden Entwurf regelte der BRE in Artikel l (BB1 1984 III 265) auch den persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes. Danach wurde den ausländischen Urhebern in Anlehnung an Artikel 6 des geltenden URG nur unter gewissen Bedingungen, namentlich im Rahmen der staatsvertraglichen Verpflichtungen, Schutz gewährt. Diese Regelung entsprach der Zielsetzung, anderen Staaten einen Ansporn zum Beitritt zu den Urheberrechtsabkommen zu geben.

In Anbetracht der Tatsache, dass heute rund 80 Staaten der RBUe (seit 1989 auch die USA) oder dem WUA angehören, kommt diesem Argument keine grosse Bedeutung zu. Für die Anwendung dieser Staatsverträge bestehen zudem verschiedene Anknüpfungspunkte (Erstveröffentlichung des Werks in einem Verbandsland, Zugehörigkeit des Urhebers zu einem Verbandsland). Somit ergeben sich aus dem im BRE enthaltenen Vorbehalt Probleme der Rechtsanwendung. Die Beanwortung der Frage, ob ein bestimmtes Werk eines ausländischen Urhebers in der Schweiz geschützt ist, wird schwierig und kostspielig; sie ist mit einer gewissen Rechtsunsicherheit verbunden und bringt den schweizerischen Werknutzern somit eher Nachteile als Vorteile. Diese Überlegungen gelten auch für den Bereich der verwandten Schutzrechte, in dem der internationale Schutz zwar noch nicht so stark ausgeprägt ist, aber das Problem der Anknüpfung ans Konventionsrecht wegen der Vielzahl der Berechtigten (z.B. Mitglieder eines Sinfonieorchesters) noch komplexer sein kann als im Urheberrecht. Es entspricht somit dem Bedürfnis nach einer möglichst einfachen und praxisnahen Regelung, den gesetzlichen Schutz für alle Werke, Darbietungen, Ton- und Tonbildträger sowie Sendungen unabhängig davon zu gewähren, ob ein staatsvertragsrechtlicher Anknüpfungspunkt besteht oder nicht.

Eine weitere Bestimmung, die im BRE im Kapitel «Geltungsbereich» figurierte und im neuen Entwurf nicht mehr enthalten ist, betrifft die Regelung des Verhältnisses des Schutzes des URG zu anderen Gesetzen. Die entsprechende Bestimmung bestätigte unter besonderer Erwähnung des Muster- und Modellschutzes den Grundsatz, wonach verschiedene Schutzrechte kumulativ angerufen werden können. Dieser Grundsatz gilt indessen auch, ohne dass er im Gesetz ausdrücklich erwähnt werden müsste, deshalb konnte auf die Übernahme der entsprechenden Bestimmung aus dem BRE verzichtet werden.

212

Urheberrecht

212.1

Das Werk

Artikel 2 Die EK III hatte in ihrem Entwurf den Werkbegriff über die literarischen und künstlerischen Ausdrucksformen hinaus auf sämtliche geistige Schöpfungen ausgedehnt, die individuellen Charakter haben. In verschiedenen Vernehmlassungen ist darauf hingewiesen worden, dass dieser Schritt unabsehbare Konsequenzen haben könnte und grundsätzliche Fragen aufwirft.

520

Lässt sich ein derart weit gefasster Werkbegriff noch von der blossen Idee, dem Konzept und der Anweisung an den menschlichen Geist unterscheiden? Sind nicht auch Erfindungen geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter?

Fest steht, dass ein so offener Werkbegriff eine breite Palette sehr unterschiedlicher Leistungen erfassen würde, für die ein so umfassender Schutz, wie ihn das auf die Literatur und Kunst ausgerichtete Urheberrecht vorsieht, nicht gerechtfertigt wäre. Aus diesen Überlegungen kommt der Entwurf auf die in der Vorlage von 1984 enthaltene Legaldefmition des Werkbegriffs zurück. Diese Definition baut auf den von der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung entwikkelten Abgrenzungskriterien auf und ändert somit nichts am Anwendungsbereich des Urheberrechts. Mit den relativ flexiblen Kriterien wie «eigenartige Geistesschöpfung von individuellem Gepräge», «Originalität» und «Individualität» (BGE 113 II 196 und 110 IV 105 und dort zitierte Entscheide) wurden bei der Umschreibung des Werkbegriffs für die Praxis befriedigende Ergebnisse erzielt und der Entwurf bleibt auf dieser Linie.

Absatz 1: Der Begriff der geistigen Schöpfung setzt eine Gedankenäusserung voraus. Urheber kann somit nur eine natürliche Person sein, was in Artikel 6 folgerichtig festgehalten ist. Gebilde, die durch blosse handwerkliche Tätigkeit ohne schöpferischen Hintergrund entstehen oder die sogenannten «objets trouvés», wie z.B. eine Wurzel, die nicht von einem Menschen geschaffen worden ist, sind somit keine Werke. Wo hingegen der menschliche Wille über das Ergebnis entscheidet wie bei Computergrafiken oder der Computerkunst ganz allgemein, liegt eine geistige Schöpfung vor, die geschützt ist. wenn sie individuellen Charakter hat. Bei dieser zweiten Schutzvoraussetzung wird nicht auf das persönliche Gepräge des Urhebers abgestellt; das Werk muss nicht die Persönlichkeit des Urhebers widerspiegeln. Der individuelle Charakter, diejenigen Merkmale also, die eine Schöpfung von anderen bestehenden oder möglichen Schöpfungen abheben, sind ausschliesslich im Werk selbst zu suchen. Die Beschränkung auf das Gebiet der Literatur und Kunst verhindert namentlich den Einbezug von blossen Ideen, von Leistungen, von Konzepten und Anweisungen. Sie stellt klar, dass sich der Schutz auf die Ausdrucksformen des menschlichen Geistes
bezieht und nicht auf den Gedanken an sich. Der Ausschluss der Kriterien von Wert und Zweck weist darauf hin, dass Qualität, Aufwand und Bestimmung der geistigen Schöpfung bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit keine Rolle spielen.

In Absatz 2 folgt eine Aufzählung typischer literarischer und künstlerischer Ausdrucksformen, die allerdings nicht abschliessend ist und gegenüber dem geltenden Recht (Art. l Abs. 2 URG) den heutigen Gegebenheiten angepasst und erweitert wurde. Neu sind neben Werken der Musik und der Kinematographie auch andere akustische, beziehungsweise andere visuelle oder audiovisuelle Werke erwähnt. Ebenfalls zum Gebiet der Literatur und Kunst gehören Werke mit wissenschaftlichem oder technischem Inhalt wie Pläne, geographische Karten oder dreidimensionale Darstellungen.

Gemäss Absatz 2 Buchstabe i sind auch Computerprogramme den geistigen Schöpfungen auf dem Gebiet der Literatur und Kunst zuzuordnen. Individuelle Computerprogramme sind somit urheberrechtlich geschützte Werke. Auch diese Bestimmung führt eigentlich nicht zu einer Ausdehnung des Anwendungsbe521

reichs des Urheberrechtsschutzes, denn nach der heute herrschenden Lehre und den bisher ergangenen Gerichtsentscheiden ist auch das geltende URG auf Software anwendbar. Buchstabe i bringt dies klar zum Ausdruck; die Bestimmung dient der Rechtssicherheit und folgt der internationalen Rechtsentwicklung, indem sie die lange Zeit umstrittene Frage nach der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Computerprogrammen positiv beantwortet.

Im einzelnen ist zu Buchstabe i folgendes festzuhalten: Auf eine Legaldefinition des Begriffs «Programm» wird bewusst verzichtet, weil der Bereich der Informatik einem raschen Wandel unterliegt und eine gesicherte Terminologie fehlt.

Ausgehend vom Stand der Technik haben im gegenwärtigen Zeitpunkt als Programme im Sinn dieser Bestimmung einmal die Verfahren zur Lösung von bestimmten Aufgaben zu gelten (algorithmische Programme). Es sind dies die Computerprogramme im herkömmlichen Sinn, verstanden als Folge von Befehlen, die der Computer ausführt, um eine Aufgabe zu lösen.

Unter den Begriff «Programm» können aber auch rein formale Aufgabenbeschreibungen (Spezifikationen) fallen. Im Unterschied zu den algorithmischen Programmen geht es hier insbesondere um die Definition von Zielen, welche der Computer erreichen soll. Solche Definitionen können ebenfalls mit Hilfe sogenannter deklarativer Programmiersprachen (z.B. PROLOG) direkt dem Computer eingegeben werden.

Schützbar sind nur Programme für die automatische Informationsverarbeitung.

Vom Schutz ausgeschlossen sind daher bspw. Lochkartensysteme oder Buchhaltungssysteme. Umgekehrt lässt diese Umschreibung Raum für Programme von Computern, die etwa auf optischer oder biologischer Basis arbeiten.

Der urheberrechtliche Grundsatz, wonach ein Werk unabhängig von der Art seiner Festlegung geschützt ist, hat zur Folge, dass der Schutz die verschiedenen möglichen Erscheinungsformen eines Programms bzw. seiner Teile mitumfasst.

Einerseits spielt es für den Schutz keine Rolle, auf welchem Träger das Programm gespeichert wird. So sind maschinenlesbare Programme (Objektprogramme) auf Magnetplatten oder -bändern, Disketten oder integrierten Schaltungen festgelegt, Quellenprogramme dagegen in der Regel auf Papier ausgedruckt. Andererseits kann aus diesem Grundsatz abgeleitet werden, dass es auch nicht auf die Sprache ankommt, in
der das Programm geschrieben ist (binärer, maschinenlesbarer Code oder Code in problemorientierter Sprache wie Fortran, Pascal usw.). Die Programmiersprachen sind ohnehin durchwegs dem Schutz entzogen.

Analog zu den anderen in Absatz 2 aufgezählten Werkkategorien sind Computerprogramme nur geschützt, wenn es sich um geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter handelt. Gemäss seiner jüngeren Rechtsprechung beurteilt das Bundesgericht die Schutzvoraussetzung der Individualität stets unter Berücksichtigung der Gestaltungsfreiheit, die der entsprechenden Werkkategorie inhärent ist. Wo dem Urheber «zum vorneherein der Sache nach wenig Raum bleibt, wird der urheberrechtliche Schutz gewährt, wenn bloss ein geringer Grad selbständiger Tätigkeit vorliegt» (BGE 113 II 196 E. 2a). Da dem Urheber bei der Entwicklung von Computerprogrammen in der Regel nur ein relativ begrenzter formaler Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, wird man an die 522

Individualität eines Programms keine allzu hohen Anforderungen stellen dürfen.

Die Schutzvoraussetzung muss als erfüllt angesehen werden, wenn dieser Spielraum ausgenützt worden ist und dies dürfte der Fall sein, wenn das Programm aus der Sicht des Fachmanns nicht als banal oder alltäglich bezeichnet werden kann.

Stets vom Schutz ausgenommen sind die einem Computerprogramm zugrunde liegenden Lösungsprinzipien. Dazu gehören insbesondere Algorithmen. Unter einem Algorithmus versteht man einen vollständigen Satz wohldefinierter Regeln zur Lösung eines Problems in einer endlichen Anzahl von Schritten. Obwohl der Begriff aus der Mathematik stammt, löst der Algorithmus nicht notwendigerweise ein mathematisches Problem. Neben den eigentlichen mathematischen Algorithmen gibt es nämlich bspw. auch solche zum Orten von Informationen (Buchhaltung), zum Wiederauffmden von gespeicherten Informationen, zur Durchführung von Spielen sowie zur Steuerung technischer Prozesse. Soweit sich solche Lösungsverfahren von ihrer Implementierung in einem Programm abtrennen und in allgemeiner Form darstellen lassen, können sie keinen selbständigen Schutz geniessen, weil der Urheberrechtsschutz nur die individuelle Ausdrucksform eines Gedankens und nicht dessen Inhalt erfasst. Geschützt ist somit nur die Art. wie solche Lösungsverfahren implementiert werden. Davon hängen nämlich die spezifischen Vorteile eines Programms bezüglich seiner Leistungsfähigkeit ab. Allerdings ist es oft schwierig, den Algorithmus von seiner Implementierung zu trennen. Im Einzelfall wird es der Prüfung durch Sachverständige bedürfen, um zu entscheiden, ob ein Algorithmus vorliegt oder nicht.

In Absatz 3 wird ausdrücklich erwähnt, dass auch Entwürfe, Titel und Teile von Werken geschützt sind, sofern sie die in Absatz l enthaltenen Schutzvoraussetzungen erfüllen. Für die Software bedeutet dies, dass neben dem maschinenlesbaren Programm auch sämtliche Entwürfe dazu (Grobentwurf, Hauptentwurf, Fementwurf) vom Urheberrechtsschutz erfasst werden. Der Schutz erstreckt sich somit auf sämtliche Ergebnisse der verschiedenen Stadien, die ein Programm bis zum Abschluss seiner Entwicklung durchläuft.

Als Teile von Programmen gelten aus gegenwärtiger Sicht auch statische Strukturen von Informationen. Es handelt sich um wirtschaftlich immer wichtiger werdende
Bestandteile eines Informatikpaketes, die ausserhalb von algorithmischen Programmen bestehen. Mit Hilfe spezieller Programmsprachen (ObjektDefinitionssprachen) werden solche Strukturen definiert, wie etwa die Strukturen einer Datenbank, Regelstrukturen, Masken- oder Listenstrukturen. Die Funktion des algorithmischen Programms besteht dann lediglich darin, diese verschiedenen Objekte rechnerisch miteinander zu verknüpfen. Solche Bestandteile von Programmen werden auf dem Markt z.B. im Zusammenhang mit Datenbanken oder integrierten Datenverwaltungssystemen angeboten.

Artikel 3 Absatz 1: Die Definition des Werks zweiter Hand knüpft an den Werkbegriff von Artikel 2 an. Sie erhält ihre Bedeutung im Zusammenhang mit Artikel 11 523

Absatz l Buchstabe b. Sie erlaubt die Abgrenzung zwischen der blossen, urheberrechtlich freien Inspiration durch ein bestehendes Werk und der von der Einwilligung des Urhebers abhängigen Verwendung eines solchen Werks. Letztere liegt nach Absatz l nicht schon dann vor, wenn das vorbestehende Werk im neuen irgendwie erkennbar ist, wenn ersichtlich wird, dass es als Anregung gedient hat. Vielmehr muss das, was der Vorlage erst die Qualifikation als Werk eingebracht hat, nämlich ihre Individualität, im neuen Werk zutage treten. Damit wird klar, dass das Thema, der Stoff eines bestehenden Werks wie die darin enthaltenen Ideen und Erkenntnisse frei verwendet werden dürfen.

Die wohl typischsten Werke zweiter Hand sind Bearbeitungen und Übersetzungen. Aber auch Variationen können dazugehören, denn im Gegensatz zum geltenden Recht (Art. 15 URG) enthält der Entwurf keine Bestimmung, die einen Melodienschutz ausdrücklich ablehnt. Vielmehr hat der Richter von Fall zu Fall zu entscheiden, ob die in einem neuen Werk erkennbare Melodie die Individualität eines schon bestehenden Werks ausmacht: In diesem Falle liegt eine Bearbeitung und damit ein Werk zweiter Hand vor. Wird aber nur das Thema, der musikalische Stoff übernommen, so ist dieser Sachverhalt urheberrechtlich irrelevant.

Die Absätze 2 und 3 bestätigen, dass für jede urheberrechtlich relevante Verwendung eines Werks zweiter Hand die Einwilligung des Urhebers sowohl des vorbestehenden als auch des neuen Werks erforderlich ist.

Artikel 4 Für die Qualifikation als Sammelwerk im Sinne dieser Bestimmung ist es ohne Belang, ob die gesammelten Bestandteile Werke sind oder nicht. Haben sie indessen Werkcharakter, so braucht es für die Verwendung der Sammlung gemäss Absatz 2 auch die Einwilligung ihrer Urheber.

Ein ganzes Programmpaket, das durch die Verknüpfung geschützter oder nicht geschützter Computerprogramme oder von Teilen davon entsteht, ist ebenfalls als Sammelwerk geschützt, wenn es nach individuellen Gesichtspunkten gestaltet ist.

Artikel 5 Diese Bestimmung entspricht im wesentlichen Artikel 23 URG, wonach Werke von Behörden und öffentlichen Verwaltungen grundsätzlich vom urheberrechtlichen Schutz ausgenommen sind. Amtliche Werke sind nicht urheberrechtlich geschützt, da das Interesse an einer ungehinderten Verbreitung gegenüber dem Schutzinteresse
des Urhebers überwiegt.

Neu werden auch die völkerrechtlichen Verträge genannt; sie sollen schon vor ihrer Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts (AS), die sie hinsichtlich ihrer Rechtswirkung landesrechtlichen Erlassen gleichstellt, vom Urheberrechtsschutz ausgenommen sein.

Auch offizielle Zahlungsmittel gehören nun zu den nicht geschützten Werken.

Wer Banknoten zu Werbezwecken oder in einem anderen Zusammenhang abbildet, soll dafür keine Urheberrechte abgelten müssen (Abs. l Bst. b).

524

Eine weitere Ergänzung der nicht geschützten Werke gegenüber dem geltenden Recht bringt Absatz l Buchstabe c mit sich, wonach auch schriftliche und mündliche Äusserungen sowie Bilder und Bildfolgen aus Verhandlungen von Behörden ungeschützt sind. Damit wird die Berichterstattung der elektronischen Medien über solche Anlässe erleichtert.

Die Bestimmung lässt nach wie vor für eine ganze Anzahl von Werken, die aus amtlicher Tätigkeit oder im Zusammenhang damit entstanden sind, den Schutz durch das Urheberrecht bestehen. Dokumente von verwaltungsinternen Studienkommissionen und Arbeitsgruppen, Expertenberichte oder Zeitschriften von Bundesämtern etwa fallen nicht unter die Norm. An ihrer freien Verbreitung besteht kein überwiegendes Interesse, weil sie nicht die Rechtsstellung des Bürgers beeinflussen.

212.2

Der Urheber

Artikel 6 Diese Bestimmung definiert das Schutzsubjekt des Urheberrechts auf der Basis des sogenannten Schöpferprinzips (BGE 74 II 112 f.), auf dem auch die in Artikel 2 enthaltene Umschreibung des Werkbegriffs aufbaut. Urheber des in Artikel 2 definierten Werks kann nur eine natürliche Person sein, deren Geistesschöpfung dem Werk die zur Begründung der Schutzfähigkeit erforderliche Individualität verleiht.

Das Schöpfungskriterium hat eine doppelte Funktion; es schränkt den Anwendungsbereich des Urheberrechts auf das menschliche Schaffen ein und bildet gleichzeitig den Anknüpfungspunkt für den originären Rechtserwerb: Der Urheber erwirbt die Rechte an dem von ihm geschaffenen Werk «ipso iure».

Artikel 7 Werke mit mehr als einem Urheber nehmen heute einen breiten Raum ein; insbesondere die kollektive Werkschöpfung hat seit Erlass des geltenden Gesetzes stark an Bedeutung gewonnen. In den verschiedenen Vernehmlassungsverfahren wurde dies sehr betont, und die vorliegende Regelung wurde von vielen Verbänden als ungenügend bezeichnet. Man beklagte die Vermischung von verbundenen Werken und Werken von Miturhebern und verlangte namentlich eine Normierung für die gemeinschaftlich unter einer Leitung geschaffenen Werke (vgl. Art. 17).

Die nachfolgenden Ausführungen entkräften zusammen mit Artikel 17 und dem Verzicht auf Sonderbestimmungen über die Film- und Fernsehfilmwerke weitgehend die Kritik, die an der vorgeschlagenen Behandlung der komplexen Werke geübt worden ist.

Die Kontroverse zu diesem wesentlichen Fragenkomplex, der auch in anderen Artikeln behandelt wird, ruft nach einer knappen Übersicht über die Problematik. In folgenden Fällen sind mehrere Urheber an einem Werk oder an einem Gefüge von Werken beteiligt: 1. Ein oder mehrere bereits bestehende Werke werden zur Schöpfung eines neuen Werks verwendet, wobei die vorbestehenden Werke entweder verän-

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dert werden (a) oder mit einem (b) oder mehreren andern Werken (c) zusammengefügt werden.

2. Mehrere Urheber schaffen gemeinsam ein Werk. Hier können einerseits die Urheber nach ganz verschiedenen Modellen zusammenarbeiten, und anderseits kann das Ergebnis, das Werk also, mit Bezug auf seine Einheitlichkeit unterschiedliche Merkmale aufweisen.

Bei einer Regelung dieser komplexen Sachverhalte müssen die Frage der Zulässigkeit der Werkschöpfung, der Schutzdauer, des Rechtserwerbs und der Verfügung über die einzelnen Werkteile gelöst werden.

Die unter Ziffer l mit (a) und (c) bezeichneten Fälle sind in den Artikeln 3 und 4 normiert. Der mit (b) bezeichnete Fall des verbundenen Werkes (z.B. Vertonung eines Gedichtes) wird im Entwurf nicht ausdrücklich erwähnt. In allen · drei Fällen dürfte die Problemlösung unbestritten sein. Es braucht für die Schöpfung des neuen Werks bzw. für seine Verwendung die Zustimmung des Urhebers des vorbestehenden Werks. Mit Bezug auf Rechtserwerb und Schutzdauer haben beide Werke ein selbständiges Schicksal: getrennter Rechtserwerb und getrennte Schutzdauer. Die Verfügung über die vorbestehenden Werke schliesslich kann getrennt erfolgen, soweit die getrennte Nutzung nicht vertraglich ausgeschlossen wurde. Soweit sich also die Mitwirkung des Urhebers des vorbestehenden Werks auf die Zustimmung zur Schöpfung des neuen beschränkt, wird wo immer möglich eine getrennte rechtliche Behandlung der beiden betroffenen Werke vorgesehen; nur bei der Verwendung des neuen Werks, die zwangsläufig eine Verwendung des vorbestehenden in sich schliesst, ist die rechtliche Behandlung insofern einheitlich, als die doppelte Zustimmung (des Urhebers des alten und des neuen Werks) erforderlich ist.

Anders bei der zweiten Fallgruppe, die zur Hauptsache im vorliegenden Artikel 7 und mit Bezug auf einen Spezialfall in Artikel 17 geregelt ist. Der Unterschied zur ersten Gruppe liegt darin, dass hier verschiedene Personen als Miturheber des neugeschöpften Werks mitwirken. Dadurch wird zunächst die Frage nach der Zulässigkeit der Werkschöpfung hinfällig. Vor allem aber besteht nun hier bei der rechtlichen Behandlung eine weitgehende gegenseitige Abhängigkeit des Kollektivwerks, der einzelnen Beiträge und ihrer Urheber: Die Lebensdauer jedes einzelnen Urhebers kann für die Bemessung der Schutzdauer
massgeblich sein, je nachdem, ob sich die einzelnen Beiträge trennen lassen (Art. 30 Abs. 2) oder nicht (Art. 30 Abs. 1). Schaffen also ein Librettist und ein Komponist zusammen eine Oper, indem sie gemeinsam schöpferisch auf dieses Kollektivwerk hinwirken, so sind sie beide Miturheber der Oper im Sinne von Artikel 7 und die Schutzdauer der Oper bemisst sich nach dem Tode des zuletzt Gestorbenen. Dagegen bemisst sich die Schutzdauer des Librettos oder der Musik nach dem Tod des entsprechenden Urhebers. Keine Miturheberschaft besteht dagegen in dem der ersten Gruppe angehörenden Fall eines Komponisten, der ein yorbestehendes Gedicht vertont; hier wirkt der Dichter nicht an der Schöpfung des Liedes mit; er muss nur seine Zustimmung zu dessen Verwendung geben. Massgeblich ist also, dass die Schöpfung der einzelnen Beiträge im Hinblick auf ein Kollektivwerk erfolgt, wobei der Urheber des Beitrages sein Schaffen diesem gemeinsamen Ziel unterordnet. Diese Art und 526

Weise der Werkschöpfung und nicht das Kriterium der Trennbarkeit der einzelnen Beiträge ist für die Subsumierung unter Artikel 7 entscheidend.

Der Erwerb des Urheberrechts am Kollektivwerk ist hier gemeinschaftlich, wiederum im Gegensatz zur Fallgruppe l, wo der Urheber des vorbestehenden Werks am Urheberrecht des neuen Werks nicht teilhat. Diese Gemeinsamkeit findet ihren Niederschlag auch bei der Verfolgung von Rechtsverletzungen.

Nach Absatz 3 zweiter Halbsatz kann der einzelne Miturheber nur Leistung an alle fordern; dies gilt jedoch nicht, wenn ein Beitrag selbständig verwendet wurde (Abs. 4).

Auch bei der Verfügung über das Werk ist der Miturheber an die Urhebergemeinschaft und an das Schicksal des Kollektivwerks gebunden, einerseits darf er seine Zustimmung zur Werkverwendung, das heisst zur Ausübung des Urheberrechts am Kollektivwerk, nicht wider Treu und Glauben verweigern (Abs. 2) und anderseits darf er, wo dies faktisch möglich ist, seinen Beitrag nur soweit separat verwenden, als dadurch die Auswertung des Kollektivwerks nicht beeinträchtigt wird.

Artikel 8 Bei der Regelung der Vermutung der Urheberschaft werden gegenüber dem geltenden Recht die Akzente etwas anders gesetzt. Pseudonyme und Kennzeichen sollen in allen Fällen dem Namen gleichgestellt werden, statt wie bis anhin nur bei der bildenden Kunst und der Photographie. Zudem soll die Vermutung nur noch im Zusammenhang mit der Veröffentlichung zum Tragen kommen. Artikel 8 Absatz l Ziffer 2 URG geht in der Tat zu weit, denn die Überwachung der Urheberbezeichnung bei jedem öffentlichen Vortrag usw. kann dem Urheber nicht zugemutet werden; eine falsche Namensangabe in diesem Zusammenhang zwingt aber heute den wirklichen Urheber, die zugunsten eines andern bestehende Vermutung umzustossen.

Absatz 2 schliesst im Falle unbekannter Urheber ausser dem Herausgeber und dem Verleger auch denjenigen in die Vermutung ein, der das Werk veröffentlicht hat; sie können kraft der Vermutung alle Rechte des Urhebers in eigenem Namen geltend machen.

212.3 212.31

Inhalt des Urheberrechts Verhältnis des Urhebers zu seinem Werk

Artikel 9 Diese Bestimmung regelt zwei grundlegende Befugnisse, die auf das unauflösbare Band hinweisen, das zumindest im Bereich der Werke der Literatur und Kunst im engeren Sinn zwischen dem Urheber und seinem Werk besteht: Es ist das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (Abs.l) und das Veröffentlichungsrecht (Abs. 2). Grundsätzlich sind auch diese persönlichkeitsrechtlich gefärbten Befugnisse gemäss Artikel 14 Absatz l übertragbar. Aber es sind Fälle denkbar, in denen der Richter die Abtretung dieser Befugnisse als unsittlich und deshalb den dahingehenden Vertrag als nichtig ansehen wird.

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Absatz l begründet ein selbständiges Recht auf Anerkennung der Urheberschaft. Die Befugnis kann unabhängig von jeder Werkverwendung ausgeübt werden, also auch gegenüber dem Inhaber eines Verwendungsrechts. Daraus ..darf aber nicht geschlossen werden, es sei in jedem Falle unverzichtbar. Diese Aussage wagen auch die Kommentatoren der entsprechenden Bestimmung der Berner Übereinkunft (Art. 6bls Abs. 1) nicht. In gewissen Fällen besteht in der Tat ein schützenswertes Interesse am Abschluss von Vereinbarungen, etwa mit sogenannten «Ghostwriters», die einen Verzicht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft beinhalten.

Aus Absatz 2 geht hervor, dass das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft insbesondere die Namensnennung betrifft; im übrigen regelt er das im geltenden URG dem Urheber nicht ausdrücklich zuerkannte Veröffentlichungsrecht; diese Befugnis beinhaltet die Freigabe des Werks zur Kenntnisnahme durch die Öffentlichkeit. Mit der Veröffentlichung des Werks, die in der Regel mit der Ausübung einer der in Artikel 10 Absatz 2 enthaltenen Verwendungsbefugnisse ausgeübt wird, entlässt der Urheber sein Werk gewissermassen aus der Intimsphäre und nimmt damit eine Verfügungshandlung vor, an die gewisse Rechtsfolgen geknüpft sind. So betreffen die im 5. Kapitel festgelegten-Schranken des Urheberrechts nur veröffentlichte Werke und auch für die in Artikel 8 geregelte Vermutung der Urheberschaft ist die Veröffentlichung des Werks von Bedeutung.

Gemäss der in Absatz 3 enthaltenen Definition muss noch keine Veröffentlichung vorliegen, wenn ein Werk ausserhalb des privaten Kreises nach Artikel 19 Absatz l Buchstabe a verwendet wird. Wenn der Urheber beispielsweise sein Werk einem Verleger schickt, hat es zwar den privaten Kreis verlassen, aber es ist damit nicht einer grösseren Anzahl von Personen zugänglich gemacht und folglich auch nicht veröffentlicht worden. Dagegen liegt eine Veröffentlichung vor, wenn der Urheber sein Werk einem Kreis von Personen zur Kenntnis bringt, den er nicht mehr kontrollieren kann.

Artikel 10 Gemäss der im Absatz l enthaltenen Umschreibung sind die in Absatz 2 vorgesehenen Befugnisse ausschliessliche und absolute Rechte. Die Ausschliesslichkeit kommt darin zum Ausdruck, dass die entsprechenden Verwendungsarten nur dem Urheber vorbehalten sind. Dies schliesst die
Verwendung des Werks durch Dritte aus, die nicht durch Vertrag oder eine gesetzliche Bestimmung dazu berechtigt sind. Es sind absolute Rechte, weil sie der Urheber «erga omnes» geltend machen kann.

Im BRE sowie auch im VE III war der Inhalt des Urheberrechts in Anlehnung an die Generalklausel des Sacheigentums (Art. 641 ZGB) als umfassendes Herrschaftsrecht definiert, das nur durch die Schranken der allgemeinen Rechtsordnung und diejenigen des Urheberrechts begrenzt ist. Dementsprechend wurden die ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse des Urhebers in den beiden Gesetzesentwürferi nur exemplifizierend und nicht abschliessend wie im geltenden Recht (Art. 12 URG) aufgezählt. Gemäss einer solchen Umschreibung des Inhalts des Urheberrechts, die auf den Entwurf der ersten Expertenkommission von 1971 zurückgeht, sind dem Urheber auch diejenigen Werkverwendungsbe528

fugnisse vorbehalten, die im Gesetz nicht ausdrücklich genannt sind, was insbesondere für noch nicht bekannte Nutzungsformen von Bedeutung sein könnte.

Das Vernehmlassungsverfahren über den VE III hat gezeigt, dass die nicht abschliessende Aufzählung der Verwendungsbefugnisse zu einer gewissen Rechtsunsicherheit bei der Abgrenzung zwischen urheberrechtlich relevanten Verwertungshandlungen und der freien Werkbenutzung führt. Unklar ist beispielsweise, ob nach dieser Schutzkonzeption auch das Ausstellen oder das Ausleihen von Werken bzw. von Werkexemplaren dem Urheber als ausschliessliches Recht vorbehalten ist. Gestützt auf diese Überlegungen haben die Organisationen der Werkvermittler und der Werknutzer die Forderung nach einer abschliessenden Aufzählung der Urheberrechte gestellt.

Absatz 2: Im Interesse der Rechtssicherheit sowie einer einfachen und praxisnahen Regelung werden die ausschliesslichen Befugnisse des Urhebers in Anlehnung an das geltende Recht abschliessend aufgezählt. Die Rechtsstellung des Urhebers wird durch diese Änderung gegenüber dem BRE kaum geschmälert.

Die neuen Nutzungsformen, welche die technische Entwicklung in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat, wie z.B. das Kabelfernsehen oder das Photokopieren zu Informationszwecken, sind trotz einem abschliessenden Rechtekatalog vom Urheberrecht erfasst worden. In der Regel werden sich nämlich auch die noch unbekannten Nutzungen unter eines der im Katalog enthaltenen Rechte subsumieren lassen (vgl. BGE 108 II 483).

Ein Vergleich zwischen Absatz 2 und den Artikeln 12 und 13 URG ergibt, dass sämtliche im geltenden Recht enthaltenen Befugnisse in den Rechtekatalog aufgenommen wurden. Gegenüber der in Artikel 13 Absatz 2 BRE enthaltenen Aufzählung wurde das Sende- (Bst. d), das Weitersenderecht (Bst. e) sowie der öffentliche Empfang von Sendungen (Bst. f) neu umschrieben. Neben den erwähnten Buchstaben d, e und f erfasst auch Buchstabe c gewisse Formen der unkörperlichen Werkverbreitung. Dazu gehört beispielsweise der sogenannte «öffentliche Lautsprecher» (oder Bildschirm), mit dem eine Aufführung oder Vorführung andernorts wahrnehmbar gemacht wird sowie die Verbreitung eines Computerprogramms über ein Netzsystem.

Absatz 3 ergänzt den in Absatz 2 enthaltenen Rechtekatalog in bezug auf die Computerprogramme unter Berücksichtigung
der für diese Werkkategorie typischen Verwendungsformen und der in diesem Bereich bestehenden Marktstrukturen. Diese Bestimmung trägt überdies den internationalen Bestrebungen zur Vereinheitlichung des Schutzes von Computerprogrammen Rechnung, wie sie namentlich im «Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über Urheberrecht und die technologische Herausforderung» vom 23. August 1988 ihren Niederschlag gefunden haben.

Die Verwendungsmöglichkeiten eines Programms unterscheiden sich vor allem insoweit von den übrigen Werken, als die wesentliche Benutzungshandlung in der bestimmungsgemässen Verwendung des fertigen Computerprogrammes auf einem Computer («das Laufenlassen eines Programms auf einem Computer») liegt. Dieses Gebrauchsrecht wird in Buchstabe a umschrieben. Es stellt die wirtschaftlich wichtigste Handlung des Benutzers dar und ist Gegenstand der meisten Lizenzverträge. Zudem kann durch die Einführung eines Gebrauchs529

rechts auch der Benutzer eines Programms ins Recht gefasst werden, was vor allem für den Fall wichtig ist, dass Programme im Ausland unrechtmässig vervielfältigt und dann ins Inland eingeführt werden. Im übrigen wird dadurch auch die in der Lehre geführte Diskussion obsolet, ob der Betrieb eines Computers mit einem Programm unter das Vervielfältigungsrecht fällt.

Unter Berücksichtigung der besonderen Natur der Computerprogramme und ihrer typischen Verwendungen empfiehlt das Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Gewährung eines ausschliesslichen Vermietund Verleihrechts. Der (provisorische) Entwurf einer EG-Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen sieht ausserdem ein Importrecht des Urhebers vor. In Buchstabe b wird dem Rechnung getragen.

Artikel 11 Absatz l sieht unabhängig von den in Artikel 10 Absatz 2 und 3 enthaltenen Verwertungsrechten Befugnisse vor, welche die Unversehrtheit des Werks gewährleisten. Es sind .Befugnisse, die vom Wesen her dem Urheberpersönlichkeitsrecht verhaftet sind; aus diesem Grunde werden sie in stärkerem Masse vor Einschränkungen durch vertragliche und gesetzliche Lizenzen bewahrt: Einerseits beschränkt Absatz 2 den vertraglichen Verzicht auf diese Rechte, und anderseits beziehen sich die Schutzausnahmen des fünften Kapitels abgesehen vom persönlichen und vom Schulgebrauch (Art. 19 Abs. l Est. a und b) nur auf das unversehrte Werk. Davon abgesehen sind aber die hier gewährten Rechte keineswegs unverzichtbar; vielmehr kann der Urheber eine entsprechende Befugnis nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend gewähren.

Auch Absatz 2 ist von der ideellen Komponente des Urheberrechts geprägt. Nur der Urheber und sein Rechtsnachfolger von Todes wegen können sich darauf berufen, nicht aber der Inhaber selbst umfassender Nutzungsbefugnisse. Selbst die unbeschränkte Einräumung einer in Absatz l genannten Befugnis kann im Zweifel nicht so weit gehen, dass sie in .die hier geschützten Interessen des Urhebers eingreift. Wird die Befugnis aber spezifiziert, etwa indem der Urheber einer bestimmten Änderung ausdrücklich zustimmt, so steht Absatz 2 dem nicht entgegen.

Vorbehalten bleibt selbstverständlich der Schutz der Persönlichkeit gemäss Artikel 28 ZGB, der jedoch mit dem Tod des Urhebers erlischt und deshalb für sich allein den
Anforderungen von Artikel 6bis RBUe nicht zu genügen vermag.

Absatz 3 regelt neu die Parodierfreiheit. Gemäss dieser aus dem Entwurf der EK III übernommenen Bestimmung, stellt die satirische Dichtungsart, das heisst die komische Darstellung eines bereits bestehenden Werks zum Zwecke der Kritik, keinen Eingriff in die in Absatz l enthaltenen Ausschliesslichkeitsrechte dar, sondern eine freie Werkbenutzung. Die bekannteste Form der literarischen Satire ist die Parodie, bei der die formale Gestalt des Werks beibehalten, aber sein Inhalt (Sujet) geändert wird. Daneben ist die Travestie zu erwähnen, bei der die Form verändert und der Gehalt beibehalten wird.

530

212.32

Verhältnis des Urhebers zum Eigentümer des Werkexemplars

Artikel 12 Absatz l beruht auf dem Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts.

Danach ist die ausschliessliche Befugnis zur Verbreitung eines Werkexemplars (Art. 10 Abs. 2 Bst. b) durch die Veräusserung desselben verbraucht. Die Eigentumsübertragung begründet das Verfügungsrecht über das Werkexemplar als körperliche Sache; der Eigentümer darf es somit weiterveräussern, vermieten, ausleihen, ausstellen oder er kann sonstwie frei darüber verfügen.

In Übereinstimmung mit den bisherigen Gesetzesentwürfe (VE I, VE II, BRE und VE III) kommt auch hier das Prinzip der internationalen Erschöpfung zur Anwendung. Das bedeutet, dass das Verbreitungsrecht auch dann konsumiert ist, wenn der Urheber das Exemplar im Ausland veräussert oder dort eine Veräusserung zugelassen hat. Die internationale Erschöpfung schliesst somit eine territoriale Aufteilung des Verbreitungsrechts mit Wirkung gegenüber Dritten aus.

Absatz 2 sieht eine differenzierte Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes in bezug auf Computerprogramme vor. Während für die sogenannten Stangensoftware (namentlich Programme für Personalcomputer) die Erschöpfung gewisser Rechte unter den gleichen Voraussetzungen eintritt wie für die anderen Werkkategorien (Abs. 1), führt die Veräusserung eines Programms nicht zur Erschöpfung, wenn ein Dauerschuldverhältnis zwischen dem Programmhersteller und -eigentümer vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Rechtsinhaber weitergehende Verpflichtungen hat als die blosse Überlassung eines Programmexemplars.

Dazu gehört z.B. die Verpflichtung, das Programm zu warten und die notwendigen Serviceleistungen vorzunehmen sowie die Verpflichtung zum Ersatz von versehentlich zerstörten Programmexemplaren gegen Ersatz der reinen Materialkosten. Der wesentliche Inhalt eines solchen Dauerschuldverhältnisses ist die Einräumung einer befristeten oder unbefristeten Nutzungsbefugnis an einem bestimmten Programm. In diesem Fall ist die Erschöpfungswirkung auch dann nicht gerechtfertigt, wenn das Sacheigentum am Programmexemplar übertragen wird. Die Übertragung des Sacheigentums an dem Datenträger mit seinem geringen Materialwert hat hier lediglich die Funktion, die vertragliche Nutzung zu ermöglichen.

Der Umfang der Erschöpfungswirkung für Computerprogramme bezieht sich gemäss Absatz 2 auf das Recht, das Programm bestimmungsgemäss
zu gebrauchen, zu importieren und weiterzuveräussern. Andere Verbreitungshandlungen wie insbesondere das Vermieten und Verleihen von Programmen, die den Urhebern als eigenständige Befugnisse vorbehalten sind (Art. 10 Abs. 3 Bst. b), werden nicht vom Erschöpfungsgrundsatz erfasst. Insofern ist der Umfang der Erschöpfungswirkung nach Absatz l und nach Absatz 2 nicht der gleiche.

Das in Absatz 3 geregelte Recht des Eigentümers von Werken der Baukunst, daran Änderungen vorzunehmen, ist gegenüber dem BRE (Art. 19) verstärkt worden. Der Eigentümer ist nicht mehr dazu verpflichtet, den individuellen Charakter des Bauwerks zu bewahren. Der Urheber kann sich somit nur Änderungen widersetzen, die zu einer Verstümmelung, Entstellung oder anderen 531

schweren Beeinträchtigung des Werks führen und ihn in seiner Persönlichkeit verletzen (Art. 11 Abs. 2).

Artikel 13 Um die Opposition gegen die im BRE enthaltene Vergütungspflicht für das Vermieten und Ausleihen von Werkexemplaren abzubauen, hatte die EK III die Schulbibliotheken von dieser Regelung ausgenommen. Die Vernehmlassung hat indessen gezeigt, dass diese Einschränkung nicht ausreicht. Die Kantone und verschiedene Werknutzerorganisationen fordern eine Freistellung des ganzen bibliothekarischen Leihverkehrs. Es wird darauf hingewiesen, dass die meisten Bibliotheken keine Möglichkeit hätten, die Vergütung auf die Bibliotheksbenutzer zu überwälzen und die Entschädigung folglich das Budget der Bibliotheken für den Ankauf von Büchern schmälern würde. Ausserdem wäre die Erfassung des Leihverkehrs zwecks richtiger Verteilung der Entschädigung mit einem grossen administrativen Aufwand verbunden, der in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag stehen würde, mit dem der einzelne Urheber rechnen könnte. Auch an den teilweise prekären Einkommensverhältnissen der Schweizer Autoren würde der sogenannte Bibliotheksgroschen nichts ändern, im Gegenteil. Die Urheber der am meisten ausgeliehenen Standardwerke und Bestseller würden davon profitieren und die entsprechenden Ausgaben der Bibliotheken würden die Mittel zur Anschaffung neuer Publikationen noch unbekannter Autoren schmälern. In diesem Zusammenhang erscheint es auch unter kulturpolitischen Gesichtspunkten nicht als sinnvoll, den bibliothekarischen Leihverkehr mit einer urheberrechtlichen Entschädigung zu belasten.

Die auch für die Urheber wichtige Kulturvermittlungsaufgabe der Bibliotheken würde damit erschwert, ohne dass für die Autorinnen und Autoren wesentliche materielle Vorteile entstünden. Die Verbesserung ihrer grösstenteils prekären Einkommensituation ist hingegen im Rahmen einer mittel- bis längerfristig zu verstärkenden Kulturförderung anzustreben.

Gemäss Absatz l löst nur das Vermieten - also das entgeltliche Zur-VerfügungStellen - von Werkexemplaren einen Vergütungsanspruch aus. Das heisst, dass der bibliothekarische Leihverkehr von dieser Bestimmung nicht berührt wird; die Bibliotheken werden somit nicht mit einer urheberrechtlichen Vergütungspflicht belastet.

Schon in seiner Botschaft von 1984 hatte der Bundesrat darauf hingewiesen,
dass die überragende Bedeutung eines solchen Rechts auf anderen Gebieten liegen dürfte und zwar namentlich auf demjenigen der Tonträger und Videokassetten. Während im Bereich der Tonträger namentlich die unverwüstliche Compact Disc das Mieten zu einer Alternative zum Kauf gemacht hat, stand bei dem Aufkommen der Videokassetten das Vermieten als neue Verwertungsform audiovisueller Werke von Anfang an im Vordergrund.

Absatz 2 schliesst in den Buchstaben a und b mit Bezug auf Werke der Baukunst und der angewandten Kunst die Vergütungspflicht aus, weil hier die Verwendung des materiellen Gutes (Haus, Gebrauchsgegenstand) gegenüber der Nutzung des urheberrechtlich geschützten Werks im Vordergrund steht. Buchstabe c erfasst die Fälle, wo das Vermieten oder Verleihen im Rahmen einer 532

vertraglichen Vereinbarung über die Nutzung ausschliesslicher Urheberrechte erfolgt; hier wäre ein Vergütungsanspruch, der ja über eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden muss, überflüssig und oft sogar störend. Wenn also jemand vom Urheber (oder von einem anderen Inhaber von Verwendungsrechten) eine vertragliche Befugnis zur Verwendung eines Werks erwirbt und für diese Verwendung ein Werkexemplar benötigt, so wird derjenige, der ihm hiefür ein Exemplar vermietet oder ausleiht, nicht vergütungspflichtig. Die Bestimmung kommt vor allem dem Filmverleiher zugute, der dem Kinobesitzer eine Filmkopie zur Verfügung stellt, damit dieser mit seiner auf den Urheber zurückgehenden Einwilligung den Film vorführen kann. Der Verleiher steht seinerseits in vertraglicher Beziehung zum Produzenten, und dieser zum Urheber.

Diese Inhaber von Urheberrechten haben die Kinoauswertung des Films untereinander unter Einschluss der Abgeltung für Überlassung des Werkexemplars vertraglich geregelt. Deshalb hat eine zusätzliche gesetzliche Vergütung hier keinen Platz. Die gleiche Situation besteht beim Verleih von Musiknoten im Zusammenhang mit der Erteilung der Aufführangsbefugnis.

Absatz 4 dient der Klarstellung. Für Computerprogramme besteht nach Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe b ein ausschliessliches Vermiet- und Verleihrecht. Ein blosser Vergütungsanspruch würde hier nämlich das ausschliessliche Recht zum Gebrauch (Art. 10 Abs. 3 Bst. a) aushöhlen, das die primäre Nutzung des Programms erfasst, während es bei anderen Werkkategorien gar nicht vorgesehen ist, weil dort der Gebrauch als eigentliche Werkrezeption (oder Werkgenuss) frei ist.

212.4

Rechtsübergang; Zwangsvollstreckung

Artikel 14 Absatz l enthält den Grundsatz der Übertragbarkeit des Urheberrechts unter Lebenden. Der vorliegende Entwurf kommt damit gestützt auf den VE III auf das dem geltenden Recht zugrunde liegende System der Rechts ab tretung zurück (vgl. Art. 9 Abs. l URG). Dies bedeutet eine ganz entscheidende Änderung gegenüber dem BRE, der in Anlehnung an die Vorentwürfe I und II am Prinzip der Unübertragbarkeit unter Lebenden festgehalten hatte. Die Änderung beruht auf den folgenden Überlegungen: Die im geltenden Recht enthaltene Regelung, wonach das Urheberrecht unter Lebenden übertragbar ist, hat sich in der Praxis bewährt. Sie hat weder aus der Sicht der Urheber noch der Werknutzer zu Nachteilen oder Schwierigkeiten geführt; es besteht somit in rechtstatsächlicher Hinsicht kein Grund, de lege ferenda von diesem Prinzip abzuweichen. Die Stellungnahmen der interessierten Kreisen zu den früheren Gesetzesentwürfen (VE I, VE II und BRE) haben ergeben, dass das System der Unübertragbarkeit zu Missverständnissen Anlass gibt und dadurch zu einer gewissen Rechtsunsicherheit führt. Über die praktischen Auswirkungen der Einführung der Unübertragbarkeit besteht nämlich in breiten Kreisen grosse Ungewissheit. Im übrigen haben nicht nur Organisationen und Verbände der Werknutzer und der Werkvermittler, sondern auch den Urhebern nahestehende Kreise die Beibehaltung des Grundsatzes der Übertragbarkeit des Urheberrechts gefordert, wie er sich aus Artikel 9 Absatz l URG ergibt.

533

Die EK I und II hatten sich eigentlich eher aus rechtsdogmatischen als aus rechtspolitischen Überlegungen heraus für die Unveräusserlichkeit des Urheberrechts ausgesprochen. Sie leiteten diesen Grundsatz aus dem einheitlichen Charakter des Urheberrechts ab, wonach der Urheber im ganzen Umfange seiner teils persönlichkeitsrechtlichen und teils vermögensrechtlichen Beziehungen zu seinem Werk geschützt ist. Die Unübertragbarkeit sollte die Aufspaltung des Urheberrechts in an sich übertragbare vermögensrechtliche Befugnisse und grundsätzlich nicht übertragbare Befugnisse persönlichkeitsrechtlicher Natur vermeiden. In Verbindung mit dem Schöpferprinzip, wonach nur die natürliche Person, die das Werk geschaffen hat, originärer Träger des Urheberrechts sein kann (vgl. Art. 6), würde jedoch die Unveräusserlichkeit des Urheberrechts die Stellung des Urhebers gegenüber den Werkvermittlern (Kulturgüterindustrie) im Vergleich zum geltenden Recht stärken. Diese Stärkung der Position des Urhebers kam insbesondere in Artikel 22 Absatz 3 ERE (BB1 1984 III 270) zum Ausdruck, wonach der Urheber die Möglichkeit hatte, dem Inhaber einer ausschliesslichen Verwendungsbefugnis im Falle der Nichtausübung diese wieder zu entziehen.

Der Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechts steht somit in Widerspruch zu der im Rückweisungsbeschluss enthaltenen Anweisung, im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des abhängigen und kollektiven Werkschaffens die Interessen der Werknutzer und Produzenten besser zu berücksichtigen. Gemäss Absatz l der vorliegenden Bestimmung kann das Urheberrecht grundsätzlich zeitlich und inhaltlich unbeschränkt übertragen werden. Als Zessionar kann somit der Rechtsnachfolger des Urhebers dieselbe Rechtsstellung erwerben wie der originäre Rechtsinhaber; dem Werkvermittler oder dem Werknutzer ist somit ein uneingeschränkter derivativer Rechtserwerb auf vertraglichem Weg möglich. Die schon von der EK III vorgenommene Abkehr vom Prinzip der Unübertragbarkeit ist in der Vernehmlassung zum VE III durchwegs begrüsst worden.

Die Absätze 2 und 3 übernehmen ebenfalls zwei im geltenden Recht enthaltene vertragsrechtliche Bestimmungen (vgl. Art. 9 Abs. 2 und 3 URG).

Artikel 15 Der vorliegende Artikel regelt den Sachverhalt des abhängigen Werkschaffens in Anlehnung an den VE III auf der Basis der
Zweckübertragungstheorie. Sie knüpft an das in Artikel 6 verankerte Schöpferprinzip an, wonach die Urheberrechte originär nur der natürlichen Person zustehen können, die das Werk geschaffen hat. Daraus ergibt sich, dass der hier geregelte Rechtserwerb des Arbeitgebers nur ein derivativer sein kann: Die Rechte entstehen nicht direkt beim Arbeitgeber, sondern sie gehen in einem gewissen Umfang auf ihn über.

Die Bestimmung bezieht sich nur auf die sogenannten «Dienstwerke». In Analogie zu der in Artikel 332 Absatz l des Obligationenrechts umschriebenen Diensterfindung sind das Werke, die der Urheber als Arbeitnehmer «bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit und in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten» schafft. Das Hörspiel, das der Angestellte eines Sendeunternehmens in seiner Freizeit schafft, ist eine freie Schöpfung, die nicht unter diese Bestim534

mung fällt und die vollumfänglich dem Urheber gehört. Dem Parallelfall zu der in Artikel 332 Absätze 2-4 OR geregelten Gelegenheitserfindung kommt im Urheberrecht keine Bedeutung zu, so dass von einer entsprechenden i Regelung abgesehen werden kann.

Die hier vorgesehene Regelung ist das Ergebnis des Ringens um eine Kompromisslösung, um die sich die EK III bemüht hat. Sie findet auf alle Werkkategorien ausgenommen Computerprogramme Anwendung und stellt somit die allgemeine Regel dar, nach der sich die Rechtszuordnung an Dienstwerken richtet.

Diese Bestimmung muss sehr unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen und betrieblichen Bedürfnissen gerecht werden, je nachdem, welchem Bereich (elektronische Medien, Druckmedien, Werbung, Wissenschaft usw.) das Dienstwerk zuzuordnen ist. Die Zweckübertragungstheorie bietet hier die für einen Interessenausgleich erforderliche Flexibilität. Sie erlaubt es, den Arbeitgebern aus den unterschiedlichen Branchen, die jeweils für sie konkret erforderlichen Rechte zuzuordnen und den Rest der Befugnisse beim Urheber zu belassen. Die Regelung berücksichtigt den Umstand, dass der Arbeitgeber zu einer dem Betriebszweck konformen Verwendung des Dienstwerks in der Regel nicht auf die ganze Palette der Vermögens- und persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Urhebers angewiesen ist.

Für die Beurteilung der Frage, in welchem Umfang die Urheberrechte im Einzelfall auf den Arbeitgeber übergegangen sind, soll nicht der hypothetische Vertragszweck, sondern die Natur des konkreten Arbeitsverhältnisses massgeblich sein. In der Regel wird man auf den Betriebszweck als Abgrenzungskriterium abstellen können; das heisst dass Verwendungsbefugnisse, die in keinem Zusammenhang mit der Art des betreffenden Betriebes stehen, grundsätzlich nicht auf den Arbeitgeber übergehen. Einen weiteren Anhaltspunkt gibt die Verkehrssitte: Es kann davon ausgegangen werden, dass der Vertragszweck mit der in der entsprechenden Branche bestehenden Usanz übereinstimmt.

Artikel 15 findet auch auf die verwandten Schutzrechte Anwendung; das ist in Artikel 38 Absatz l ausdrücklich festgehalten. Somit stehen auch die Rechte der ausübenden Künstler an ihrer Darbietung im vorerwähnten Umfang dem Arbeitgeber zu.

Artikel 16 Für die Zuordnung der Urheberrechte an Computerprogrammen ist eine vom Grundsatz der
Zweckübertragungstheorie (Art. 15) abweichende Sonderregelung vorgesehen. Danach gehen die Rechte an Programmen, die in Erfüllung eines Arbeitsvertrages geschaffen werden, direkt und gesamthaft auf den Arbeitgeber über, wie dies Artikel 332 OR für die Diensterfindung vorsieht. Wie bei der Erfindung setzt die gewerbsmässige Benützung des Programms durch den Arbeitgeber die gebündelte Übertragung der Ausschliesslichkeitsrechte voraus. Für Erfindungen und Computerprogramme gibt es nicht so mannigfache Verwertungsformen wie für die Werke der Literatur und Kunst im engeren Sinn, die aufgeführt, gesendet, verfilmt, gedruckt, auf Ton- oder Tonbildträger festgelegt und anderswie vervielfältigt oder verwendet werden können. Die durch den Betriebszweck des Arbeitgebers gerechtfertigte Nutzung von Erfindungen und Programmen ist mit dem Umfang der tatsächlich bestehenden Nutzungsmög535

lichkeiten und den damit verbundenen Rechten deckungsgleich. Zur Auslegung dieser Bestimmung kann auf Lehre und Rechtsprechung zu Artikel 332 OR verwiesen werden.

Artikel 17 Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Werkschöpfung durch mehrere Urheber in Abhängigkeit von einem Unternehmer in immer mehr Bereichen der schöpferischen Tätigkeit zur Regel wird. Sie geht davon aus, dass bei diesen neuen Formen der Werkschöpfung sowohl die wirtschaftlichen als auch die ideellen Interessen der Urheber in den Hintergrund treten, während der Werkproduzent als Träger des finanziellen Risikos eine starke Rechtsstellung benötigt: Das künftige Gesetz muss ihm eine rationelle und wirtschaftliche Verwertung des Werks ermöglichen. Von dieser Prämisse ist auch der BRE ausgegangen, der in seinen Artikeln 25-27 die Rechtsstellung des Produzenten ausführlich regelte (vgl. BB1 1984 III 271). Die entsprechenden Bestimmungen sind allerdings von den direkt betroffenen Kreisen sowohl bezüglich ihres Anwendungsbereichs (Umschreibung der Produzenteneigenschaft) als auch bezüglich ihrer Rechtsfolgen als unbefriedigend kritisiert worden. Das gleiche Schicksal wiederfuhr dem im VE III enthaltenen Produzentenartikel, der sich nicht wesentlich von der im BRE enthaltenen Regelung unterschied.

Die vorliegende Bestimmung beruht auf den vom Dachverband der Urheberrechtsnutzer und der SRG in der Vernehmlassung zum VE III gemachten Änderungsvorschlägen.

Absatz l enthält eine cessio legis zugunsten des Produzenten. Danach gehen die Urheberrechte unter gewissen Voraussetzungen gesamthaft auf den Produzenten über. Dem Produzenten kommt somit eine sehr starke Rechtsstellung zu, die allerdings von der Erfüllung von zwei Voraussetzungen abhängt: Das Werk muss in Erfüllung eines Vertrages geschaffen werden, aus dem sich ergibt, dass der Produzent die Verantwortung, die Kosten und das Risiko der Werkschöpfung trägt (Voraussetzung des abhängigen Werkschaffens) und es müssen mehrere Urheber daran beteiligt sein (kollektives Werkschaffen). Das sind Voraussetzungen, die insbesondere auf den Produzenten audiovisueller Werke zugeschnitten sind; sie,können jedoch auch vom Arbeitgeber erfüllt sein, sofern an der Werkschöpfung mehrere Urheber beteiligt sind. Insoweit gilt diese Bestimmung als lex specialis gegenüber den Artikeln 15 und 16.
Auf den Produzenten gehen auch die gesetzlich vorgesehenen Vergütungsansprüche über. Darauf wird im Gesetzestext nicht ausdrücklich hingewiesen; es ergibt sich indessen aus der ratio legis, welche gewährleisten will, dass der Produzent vollumfänglich über das kommerzielle Gut «Werk» verfügen kann.

Aus Absatz 2 geht hervor, dass hier dispositives Recht gesetzt wird; die Rechte gehen also nur insofern auf den Produzenten über, als nichts anderes vereinbart wurde. Die gegenteilige Vereinbarung kann indessen Dritten unabhängig von ihrem guten Glauben nicht entgegengehalten werden; damit braucht eine zweifelhafte vertragsrechtliche Situation zwischen Urheber und Produzent den Dritten nicht zu belasten.

Auch diese Bestimmung ist wie Artikel 15 sinngemäss auf die Rechte der ausübenden Künstler anwendbar (vgl. Art. 38).

536

,

Artikel 18 Diese Bestimmung übernimmt in grossen Zügen die Regelung des geltenden Rechts (Art. 10 URG). Sie beschränkt den Zugriff der Vollstreckungsbehörden auf die vorwiegend vermögensrechtlich geprägten Nutzungsbefugnisse; Voraussetzung ist, dass das Werk bereits mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht worden ist; ausserdem muss jedes einzelne Recht schon ausgeübt worden sein.

Die vorwiegend persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse bleiben von der Zwangsvollstreckung ausgeschlossen, auch wenn sie eine vermögensrechtliche Komponente haben.

212.5

Schranken des Urheberrechts

212.51

Werkverwendung zum Eigengebrauch - gesetzliche Lizenz

Die im BRE vorgesehenen Vergütungsansprüche für das Photokopieren sowie für das Überspielen von Ton- und Tonbildträgern zum eigenen Gebrauch sind im Parlament mit grosser Skepsis aufgenommen worden. Das ist auch im Rückweisungsbeschluss klar zum Ausdruck gekommen, der den Bundesrat unter anderem damit beauftragt hat, die Interessen der Werknutzer besser zu berücksichtigen. Die EK III wollte aber den Urhebern auch in diesem Bereich der unkontrollierbaren Massennutzung keine Konzessionen zumuten; sie hat die im BRE enthaltene Grenzziehung zwischen Vergütungspflichtigen und vergütungsfreien Werkverwendungen zum Eigengebrauch beibehalten und den Interessenausgleich zwischen Urhebern und Werknutzern im Rahmen des Verwertungsrechts gesucht, das die Ausübung der Vergütungsansprüche regelt.

Die Vernehmlassung hat indessen ergeben, dass ein politisch tragfähiger Interessenausgleich im Bereich der unkontrollierbaren Massennutzungen nicht allein durch eine bessere Kontrolle der Verwertungsgesellschaften erzielt werden kann. Die Forderung nach einem Verzicht auf die Einführung steuerähnlicher Abgabesysteme (Geräte- und Kassettenabgabe) und nach der Beibehaltung eines Freiraums vom Urheberrecht im Sinne von Artikel 22 des geltenden URG (Schutzausnahme des Privatgebrauchs) war in der Vernehmlassung so breit abgestützt, dass sie nicht unberücksichtigt bleiben konnte.

Im vorliegenden Entwurf ist der Eigengebrauch zwar in systematischer und rechtstechnischer Hinsicht genauso geregelt wie im BRE, aber die Grenzziehung zwischen der unentgeltlichen und der entgeltlichen gesetzlichen Lizenz wurde zugunsten der Werknutzer verschoben. Der BRE sah nur für die unkörperliche Wiedergabe von Werken zum eigenen persönlichen Gebrauch und im Kreis des Lehrers mit seinen Schülern Erlaubnis- und Vergütungsfreiheit vor.

Dagegen war die körperliche Wiedergabe für den Eigengebrauch, also das Photokopieren von Werken oder die Aufnahme derselben auf Ton- oder Tonbildträger, generell vergütungspflichtig. Im Unterschied dazu kehrt der vorliegende Entwurf zur Konzeption des geltenden Rechts zurück, wonach der eigentliche Privatgebrauch wie er in Artikel 22 URG umschrieben ist, eine absolute Schranke des Urheberrechts darstellt. Darüber hinaus wird das in Artikel 22 URG enthaltene Verbot des Gewinnzweckes fallengelassen, welches das Bun537

desgericht so auslegt, dass bereits das Einsparen des Kaufpreises als Gewinn angesehen wird, wodurch die Möglichkeit des legalen privaten Kopierens «de lege lata» sehr stark eingeschränkt ist. Nach dem vorliegenden Entwurf ist das Vervielfältigen von Werken wie das Photokopieren eines Zeitschriftenartikels, das Aufnehmen eines Musikwerks auf einen Tonträger oder die Aufzeichnung einer Fernsehsendung auf Videokassette zum eigenen, persönlichen Gebrauch unentgeltlich zulässig. Dies bedeutet auch, dass der Entwurf ohne die umstrittenen Abgabesysteme auskommt, die zur mittelbaren Erfassung des Privatgebrauchs erforderlich wären.

Im Unterschied zum geltenden Recht beschränkt der neue Entwurf den Urheberrechtsschutz nicht nur in bezug auf den Privatgebrauch im engeren Sirin, sondern er sieht in Übereinstimmung mit dem BRE auch bezüglich des sog. internen Gebrauchs von Werken in Schulen, Betrieben, Verwaltungen usw.

Schutzausnahmen vor. Im Vordergrund steht dabei die Regelung des Photokopierens von Werken zu Informations- und Dokumentationszwecken. Das Grundsatzurteil des Bundesgerichts in Sachen Pro Litteris gegen PTT betreffend Pressespiegel (BGE 108 II 475) hat gezeigt, dass die heutige Photokopierpraxis in das ausschliessliche Vervielfältigungsrecht eingreift und sich deshalb viele Werknutzer in der Illegalität befinden. Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung unterstrichen und dabei auf die Möglichkeit der Einführung einer gesetzlichen Lizenz hingewiesen, die schon im VE II den internen Gebrauch regelte.

Die gesetzliche Lizenz hat hier die Aufgabe, die Werknutzer aus der Illegalität herauszuführen. Der vorerwähnte Bundesgerichtsentscheid «Pressespiegel» hat nämlich klargestellt, dass die heutige Kopierpraxis weit über das hinausgeht, was die Schutzausnahme für den Privatgebrauch abdeckt. Die neue Regelung soll aber auch gewährleisten, dass die Urheber für diese Werknutzung angemessen entschädigt werden. Es handelt sich somit um eine entgeltliche gesetzliche Lizenz. Der daraus resultierende Vergütungsanspruch stellt indessen keine Ausdehnung des Urheberrechts auf eine bisher freie Werkverwendung dar, sondern er ergibt sich aus der Beschränkung des ausschliesslichen Rechts, das «de lege lata» auf das Vervielfältigen von Werken zum internen
Gebrauch durchau,s Anwendung findet, wie dies der vorerwähnte Bundesgerichtsentscheid gezeigt hat.

In der Vernehmlassung zum VE III haben auch die Werknutzerverbände die Einführung einer entgeltlichen gesetzlichen Lizenz für das Kopieren zum internen Gebrauch grundsätzlich befürwortet, weil dadurch das Verbotsrecht aufgehoben und die Kopierpraxis legalisiert wird. Es wird jedoch befürchtet, dass die Abgeltung der damit verbundenen Vergütungsansprüche nicht befriedigend geregelt werden könne: Der damit verbundene Verwaltungsaufwand sei zu hoch und eine gerechte Verteilung der Einnahmen an die Berechtigten ohnehin nicht möglich.

Bei dieser Kritik wird übersehen, dass dieses Vergütungssystem mit seinen Unzulänglichkeiten in erster Linie den Werknutzern entgegenkommt. Es entbindet sie von der Pflicht, für jede Photokopie eines geschützten Werks die Einwilligung des Berechtigten einzuholen, was nach geltendem Recht eigentlich notwendig wäre, aber in der Praxis undenkbar ist. Die mit der Erhebung und Verteilung der Entschädigung für das Kopieren zum internen Gebrauch in Schulen, 538

Verwaltungen, Betrieben usw. verbundenen Schwierigkeiten vermögen jedenfalls nicht die Einführung einer unentgeltlichen gesetzlichen Lizenz zu rechtfertigen, wie sie für den Privatgebrauch in den eigenen vier Wänden vorgesehen ist. Eine solche Lösung wäre im Lichte von Artikel 9 Absatz 2 RBUë konventionswidrig; nach dieser Bestimmung ist eine Beschränkung des Vervielfältigungsrechts nur so weit gestattet, als dadurch weder die normale Auswertung des Werks beeinträchtigt noch die berechtigten Interessen des Urhebers unzumutbar verletzt werden. Die Unentgeltlichkeit der gesetzlichen Lizenz für das Vervielfältigen von Werken zum internen Gebrauch würde dem im Urheberrecht allgemein anerkannten Grundsatz widersprechen, dass der Urheber an jeder wirtschaftlich relevanten Verwendung seines Werks zu beteiligen ist und damit die Urheberinteressen unzumutbar verletzen.

Artikel 19 Diese Bestimmung enthält zusammen mit den Artikeln 20 und 21 die grundlegenden Einschränkungen des Urheberrechts auf dem Gebiet der unkontrollierbaren Massennutzung von Werken. Die vorliegende Schranke konkretisiert die Grenze zwischen den verschiedenen Formen der Werkvermittlung und -mitteilung, die dem Urheber als ausschliessliche Befugnisse vorbehalten sind und der blossen Werkrezeption oder dem Werkgenuss, die an sich urheberrechtlich frei sind. Anderseits regelt sie das Vervielfältigen von Werken zum privaten und internen Gebrauch (Photokopieren und Aufnehmen von Werken auf Ton- und Tonbildträger) unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Praxis und der wirtschaftlichen Interessen der Urheber.

Absatz l unterscheidet zwischen drei verschiedenen Kreisen des Eigengebrauchs (Bst. a-c) und enthält die wichtige Einschränkung, wonach diese Schutzausnahme nur auf veröffentlichte Werke (Art. 9 Abs. 3) Anwendung findet. Rechtstechnisch gesehen handelt es sich in Absatz l um gesetzliche Lizenzen, die in Verbindung mit Artikel 20 teils entgeltlich, teils unentgeltlich sind.

Die gesetzliche Erlaubnis bezieht sich auf den Eigengebrauch, der je nach dem Kreis, innerhalb dessen die Werkverwendung erlaubt ist, unterschiedliche Verwendungsarten umfasst. Das Ergebnis der Werkverwendung darf den jeweiligen Kreis nicht verlassen bzw. überschreiten.

Im privaten Kreis gemäss Buchstabe a ist die Werkverwendung ohne jegliche Einschränkung
erlaubt. Im Verwandten- oder Freundeskreis sind somit auch Verwendungen gestattet, welche die ideellen Interessen des Urhebers berühren wie z.B. die Änderung eines Werks.

Im Schulbereich (Bst.b) soll wie im privaten Kreis jede Werkverwendung zulässig sein. Eine umfangmässige Beschränkung der zulässigen Vervielfältigungen ist abgesehen von Absatz 3 Buchstabe a nicht vorgesehen. Damit kommt man einem wesentlichen Bedürfnis des Unterrichts entgegen, indem der umfassende Zugriff auf Werke aller Art und in irgendeiner Form ermöglicht wird. Im Sinne eines Interessenausgleichs ist aber diese zulässige Werkverwendung auf den Kreis beschränkt, der wirklich darauf angewiesen ist: auf den Lehrer mit seinen Schülern. Der Lehrer kann so den Unterricht individuell gestalten. Dem entspricht auch die geforderte Zweckgebundenheit der Werkverwendung; sie muss direkt auf den Unterricht ausgerichtet sein. Gewisse Bedenken der Schulen ge539

genüber dieser Einschränkung gingen dahin, es bestehe auch ein Bedürfnis, ohne Erlaubnis des Urhebers für ganze Unterrichtsanstalten, ja sogar durch eine zentrale Stelle für mehrere Unterrichtsanstalten Kopien herzustellen. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die vorgesehene gesetzliche Erlaubnis vor allem bezweckt, dem Lehrer bei der Wahl der Unterrichtsmittel die erwünschte Flexibilität zu geben und einen frei gestalteten und individuellen Unterricht zu ermöglichen. Stellt eine Unterrichtszentrale die Kopien her, so steht einerseits die individuelle Unterrichtsgestaltung durch den einzelnen Lehrer nicht mehr im Vordergrund, und anderseits ist es einer solchen zentralen Stelle eher zuzumuten, dass sie sich auf vertraglichem Wege um die notwendigen Bewilligungen bemüht. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass das vorgesehene System von Vergütungsansprüchen die Institution und das Funktionieren der kollektiven Rechtswahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften fördern wird. Bestehen und funktionieren aber solche, so wird auch in Bereichen, wo das ausschliessliche Recht des Urhebers beibehalten wird, der Abschluss von Pauschalverträgen erleichtert werden.

Im sogenannten internen Bereich (Bst. c), im weitesten der Kreise, zu deren Gunsten der Gesetzesentwurf Schutzausnahmen vorsieht, lässt er nur das Herstellen und die Verbreitung von Werkexemplaren zu. Eine Einschränkung der in Artikel 11 und 11ter RBUe gewährten ausschliesslichen Rechte des Urhebers (Aufführungs-, Vorführungs- und Vortragsrecht) wäre hier wohl konventionswidrig, weil sie den Rahmen der von den Abkommensmaterialien noch als zulässig erachteten «kleinen Ausnahmen» sprengen würde.

Absatz 2 sieht unter Berücksichtigung der gängigen Kopierpraxis die Befugnis vor, Kopien für den Eigengebrauch durch Dritte herstellen zu lassen. Wer keinen Kopierapparat besitzt, soll einen Selbstbedienungsautomaten benützen oder eine Kopieranstalt mit der Herstellung der für den Eigengebrauch benötigten Vervielfältigungen beauftragen dürfen. Der BRE regelte diesen Sachverhalt, indem er die Besitzer von Kopiergeräten (Betreiber von Selbstbedienungsautomaten und Kopieranstalten) für das Vervielfältigen von Werken zum Eigengebrauch Dritter generell einer Vergütungspflicht unterstellte. Diese auch im VE III enthaltene Bestimmung ist in der Vernehmlassung wegen
ihrer Undifferenziertheit stark kritisiert worden und sie hat auch zu Missverständnissen Anlass gegeben. Das Anknüpfen am Gerätebesitzer führte bei verschiedenen Kreisen zur falschen Schlussfolgerung, die Vergütungspflicht erfasse das ganze reprographische Gewerbe.

Die neue Regelung lässt den Gerätebesitzer aus dem Spiel; sie knüpft an denjenigen an, der zum Eigengebrauch befugt ist und gestattet ihm, die benötigten Exemplare durch Dritte herstellen zu lassen. Dieser Dritte wird dadurch nicht vergütungspflichtig. Ob die entsprechenden Werkkopien einen Vergütungsanspruch auslösen, hängt gemäss Artikel 20 davon ab, ob der Auftraggeber unter Absatz l Buchstabe a oder unter die Buchstaben b und c fällt. Jedenfalls ist er und nicht der Gerätebesitzer der Schuldner einer allfälligen Vergütung. Wer für den Eigengebrauch eines Dritten ein Werk vervielfältigt, kann somit vom Urheber nur belangt werden, wenn er sich nicht an die in Absatz 3 enthaltene Schranke hält, oder auf Vorrat - also ohne Auftrag - geschützte Werke vervielfältigt.

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Absatz 3 konkretisiert die in Artikel 9 Absatz 2 RBUe enthaltene Vorschrift, die den Verbandsländern eine Beschränkung des Vervielfältigungsrechts nur so weit gestattet, als die normale Auswertung des Werks nicht beeinträchtigt wird. Gegen diesen Grundsatz würde nationales Recht verstossen, das mittels des Instituts der gesetzlichen Lizenz und zulasten des Urhebers eine direkte Konkurrenzierung des Verkaufs von Werkexemplaren zulässt. Die Freigabe des Vervielfältigens im Handel erhältlicher Werkexemplare im schulischen und internen Bereich (Abs. l Bst. b und c) und namentlich zum Eigengebrauch Dritter (Abs. 2) würde eine schwerwiegende Bresche in die kommerzielle Werknutzung schlagen, die dem Urheber vorbehalten werden muss. Völlig klar ist die Rechtslage, wenn aus dem im Handel erhältlichen Exemplar nur Auszüge kopiert oder überspielt werden: ein Artikel aus einer wissenschaftlichen Zeitschrift, eine Kurzgeschichte aus einem Sammelband, ein Musikstück aus einer Langspielplatte. Dies alles ist unter den gegebenen Voraussetzungen zulässig. Hier, im selektiven Kopieren und Überspielen liegt ja auch die hauptsächliche Begründung für die gesetzliche Lizenz. Die konventionsrechtlich erforderliche Ausnahme des vorliegenden Absatzes tangiert also den vorrangigen Zweck der gesetzlichen Lizenz nicht.

Die hier vorgesehene generelle Beschränkung des Eigengebrauchs bezüglich der Herstellung von Werkexemplaren findet keine Anwendung auf den persönlichen Gebrauch. Der neu geregelte Eigengebrauch geht, wie bereits erwähnt, vom Grundsatz aus, dass die Privatsphäre eine absolute Schranke des Urheberrechtsschutzes darstellt. Daraus ergibt sich a contrario, dass Absatz 3 für alle Vervielfältigungstatbestände zur Anwendung kommt, die unter Absatz 2 fallen, weil diese Kopien nicht im persönlichen Kreis des nach Absatz l Buchstabe a Berechtigten hergestellt werden.

Absatz 4: Computerprogramme fallen nicht unter diese Schutzausnahme. Im Unterschied zum engeren Bereich der Literatur und Kunst handelt es sich um eine Werkart mit utilitaristischem Charakter, bei der gerade der Gebrauch (Anwendung des Programms) im Mittelpunkt der kommerziellen Verwertung steht.

Deshalb ist diese Form der Verwendung dem Urheber von Programmen auch als ausschliessliches Recht vorbehalten (vgl. Art. 10 Abs. 3 Bst. a). Die vorliegende
Schutzausnahme würde diese für den Schutz von Computerprogrammen zentrale Befugnis wieder aushöhlen.

Auch die im geltenden Recht enthaltene Schutzausnahme der Wiedergabe zum privaten Gebrauch (Art. 22 URG) lässt sich nur bedingt auf Computerprogramme anwenden. Gemäss Artikel 22 URG ist nämlich das private Kopieren nur insofern zulässig, als damit kein Gewinnzweck verbunden ist. Gewinnzweck liegt gemäss dem «Pressespiegel-Entscheid» des Bundesgerichts (BGE 108 II 475) jedoch bereits vor, wenn mit der Kopie die Anschaffung eines Werkexemplars eingespart wird. Das dürfte beim Kopieren eines Programms in der Regel der Fall sein, während beispielsweise beim Photokopieren und beim Mitschnitt von Sendungen das ausschnittweise Vervielfältigen bzw. das ephemere Aufnehmen zu Informationszwecken im Vordergrund steht und nicht die Ersparnis des Anschaffungspreises für ein Werkexemplar.

2l Bundesblatt. 141.Jahrgang. Bd.III

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Artikel 20 Diese Bestimmung bezieht sich direkt auf die in Artikel 19 definierten Schutzschranken. Sie zieht die Grenze zwischen dem zustimmungs- und vergütungsfreien und dem zustimmungsfreien aber Vergütungspflichtigen Eigengebrauch.

Absatz l sieht vor, dass jede Werkverwendung im privaten Kreis, also auch das Herstellen von Photokopien oder das Aufnehmen geschützter Musik sowie das Aufzeichnen einer Sendung auf eine Videokassette, generell vergütungsfrei zulässig ist. Im Unterschied dazu unterstellte der zurückgewiesene BRE die körperliche Werkwiedergabe zum Eigengebrauch generell der Vergütungspflicht.

Es ist zwar nicht zu bestreiten, dass die eben erwähnten Formen der Werkwiedergabe zum persönlichen und privaten Gebrauch von wirtschaftlicher Bedeutung sind, aber ein Eindringen des Urheberrechts in die Privatsphäre erscheint nach Auswertung der Vernehmlassungsergebnisse und im Lichte des Rückweisungsbeschlusses als nicht gerechtfertigt. Die in verschiedenen Ländern eingeführten Abgabesysteme zur indirekten Erfassung des Privatgebrauchs wie die Geräte- oder die Leerkassettenabgabe erweisen sich als zu undifferenziert. Davon abgesehen, dass sie auch diejenigen Geräte- und Leerkassettenbesitzer belasten würden, die damit keine urheberrechtlich relevanten Handlungen vornehmen, lassen sie auch keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Verwendung der Werke zu, die als Anhaltspunkt für eine gerechte Verteilung der Einnahmen dienen könnte. Die Unzulänglichkeiten und Schwierigkeiten, die mit der Einführung eines Vergütungssystems für das private Kopieren von Werken verbunden wären, überwiegen gegenüber den Vorteilen, die sich daraus für die schweizerischen Kulturschaffenden ergeben würden. Dabei ist auch zu beachten, dass die mit der Belastung des Privatgebrauchs erzielten Einnahmen zu einem beträchtlichen Teil den Urhebern aus Ländern zustehen würden, in denen diese Werkverwendungen ebenfalls vergütungsfrei sind, oder die für solche Ansprüche kein Gegenrecht gewähren. Schliesslich erscheinen die mit der Einführung solcher Vergütungsansprüche verbundenen gesetzgeberischen Massnahmen auch im Lichte des Rückweisungsbeschlusses und der Vernehmlassungsergebnisse als derart unpopulär, dass sie die politische Akzeptanz der ganzen Vorlage ernsthaft gefährden könnten.

Absatz 2 sieht für die körperliche
Werkwiedergabe zum internen Gebrauch gemäss Artikel 19 Absatz l Buchstaben b und c die Vergütungspflicht vor. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass damit nicht ein bis anhin bestehender Freiraum einem Vergütungsanspruch unterstellt wird, sondern dass das nach geltendem Recht bestehende ausschliessliche Recht des Urhebers auf einen solchen reduziert wird. Die körperliche Wiedergabe zum internen Gebrauch, die gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (BGE 108 II 475) unter das Verbotsrecht des Urhebers fällt, soll de legeferenda erlaubnisfrei möglich sein. Der Urheberrechtsschutz wird also hier im Interesse der Werknutzer eingedämmt.

In diesem Bereich der Vergütungspflichtigen Werkwiedergabe zum internen Gebrauch besteht die wichtigste Neuerung gegenüber dem BRE darin, dass als Schuldner der Vergütung nicht mehr die Besitzer der Vervielfältigungsgeräte genannt sind. Gemäss der vorliegenden Bestimmung wird die Vergütung von demjenigen geschuldet, der die entsprechende Vervielfältigung für seinen Eigengebrauch tatsächlich herstellt oder von Dritten herstellen lässt. In der Bot542

Schaft von 1984 ist zwar ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der blosse Besitz eines Vervielfältigungsgerätes noch nicht ausreicht, um die Vergütungspflicht zu begründen (BEI 1984 III 223) und die Obligation erst durch die effektive Verwendung von Werken mit dem Einsatz der Geräte entstünde. Aber in der Vernehmlassung wurde der Gerätebesitz als Anknüpfungspunkt für die Vergütungspflicht mehrheitlich abgelehnt. Man befürchtete, dass dadurch ganze Gewerbekreise vergütungspflichtig würden, die zwar geschützte Werke kopieren, aber nicht für den Eigengebrauch, wie das namentlich bei Druckereien und beim reprographischen Gewerbe im allgemeinen der Fall ist. Mit der neuen Regelung ist den Vorbehalten der interessierten Kreise Rechnung getragen worden. Der private Gebrauch ist keiner Vergütung unterstellt und dadurch erübri· gen sich indirekte Abgabesysteme wie die Leerkassetten- oder Geräteabgabe.

212.52 Weitere Schranken Artikel 21 Absatz l schränkt die in Artikel 10 Absatz 2 Buchstaben e und f gewährten Rechte durch eine gesetzliche Lizenz ein. Die Entwicklung seit den Bundesgerichtsurteilen vom 20. Januar 1981 zum Kabelfemsehen (BGE 107 U 57 und 107 II 82), die schon eine Ausdehnung des geltenden Bundesgesetzes betreffend die Verwertung von Urheberrechten (SR 231.2) erforderlich gemacht hat, belegt die Notwendigkeit einer solchen Massnahme. Sie soll namentlich verhindern, dass einzelne Rechtsinhaber durch die Ausübung des Verbotsrechts ganze Kabelnetze lahmlegen können.

Diese Schutzschranke betrifft allerdings nur die zeitgleiche und unveränderte, also die integrale Weitersendung von Werken. Der Integralgrundsatz bezieht sich lediglich auf das urheberrechtlich geschützte Werk und nicht auf das Programm als solches, das gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 107 II 87 f.) kein derartiges Werk ist. Die Ausnahme findet nur Anwendung, wenn das Kabelunternehmen grundsätzlich ein und dasselbe Programm weiterleitet.

Dadurch wird verhindert, dass die Kabelunternehmen gestützt auf die gesetzliche Lizenz - also ohne die Zustimmung der Rechtsinhaber - einzelne Sendungen oder Werke (z.B. Filme) selektiv weiterverbreiten können.

Allerdings muss das Programm nicht vollständig und unverändert übernommen werden, der Integralgrundsatz gilt wie bereits erwähnt nur für das Werk. Das Ausblenden von Werbesendungen oder der Unterbruch während einer gewissen Zeit bleiben zulässig.

Die gesetzliche Lizenz erfasst auch das Wahrnehmbarmachen gesendeter und weitergesendeter Werke, aber das ausschliessliche Vorführangs- und Aufführungsrecht des Urhebers bleibt dadurch unangetastet. Praktische Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang vor allem der Vorführung zu. Der Übergang zwischen Wahrnehmbarmachen nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe f und Vorführen nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe c ist allerdings fliessend. Eine Vorführung ist dann gegeben, wenn sich die Zuschauer vor allem zum Zwecke des Werkgenusses versammeln, blosses Wahrnehmbarmachen dagegen, wenn der Werkgenuss Nebenzweck bleibt. Wird in einem Restaurant ein Fernsehgerät 543

aufgestellt, so werden die am Bildschirm erscheinenden Werke wahrnehmbar gemacht; die Handlung fällt unter die gesetzliche Lizenz. Dagegen wird es nicht ausreichen, wenn in einem Lokal, wo ein gesendetes Werk auf einem Grossbildschirm gezeigt wird, die Gäste auch noch bewirtet werden.

Aus Absatz 2 geht hervor, dass die gesetzliche Lizenz von Absatz l entgeltlich ist und der sich daraus ergebende Vergütungsanspruch nur von einer Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann.

Absatz 3 schränkt den in Absatz 2 enthaltenen Vergütungsanspruch wieder ein.

Er nimmt dabei die Kriterien wieder auf, die das Bundesgericht für die Festlegung der Grenze zwischen Weitersendung und freiem Empfang nach geltendem Recht in seinem Entscheid vom 20. März 1984 aufgestellt hat. Die Zahl der Empfänger muss von vornherein beschränkt sein, wenn das Unternehmen im vergütungsfreien Raum bleiben will. Ist es auf eine grössere Zahl von Anschlüssen ausgelegt, so ist es von Anfang an vergütungspflichtig, auch wenn zunächst nur wenige Empfänger bedient werden. Eine andere Regelung würde dazu führen, dass bei Erreichen der kritischen Zahl von Anschlüssen die bisher freie Tätigkeit plötzlich urheberrechtspfiichtig würde ; um dies zu vermeiden, wäre wohl manches Unternehmen versucht, neue Abonnenten abzulehnen.

Absatz 4 wurde aus dem VE III übernommen. Es wäre nicht gerechtfertigt, das ausschliessliche Weitersenderecht des Urhebers auch für die Kabelnetzverbreitung von Programmen des Abonnementsfernsehens und von solchen, die in der Schweiz nicht direkt empfangbar sind, einzuschränken.

Artikel 22 Diese Bestimmung übernimmt in den Grundzügen die geltende Regelung (Art. 17 ff. URG). Letztere hat zwar wegen der kollektiven Verwertung des Rechts zur Aufnahme von Musikwerken auf Tonträger keine praktische Bedeutung erlangt. Immerhin darf aber angenommen werden, die blosse Existenz der Norm habe dazu beigetragen, dass sie nie gerichtlich durchgesetzt werden musste. Sie dient denn auch zur Verhinderung des Monopols eines bestimmten Tonträgerproduzenten, der weitere Aufnahmen mit neuen Interpreten verunmöglichen und so eine qualitative Verbesserung der Tonträgeraufnahmen eines bestimmten musikalischen Werks verhindern könnte.

Entsprechend ihrem Präventivcharakter wurde die Regelung gegenüber dem geltenden Recht gestrafft. Namentlich
konnte das Verbot der Ausfuhr von zwangslizenzierten Tonträgern weggelassen werden, weil die Verbreitung solcher Tonträger in Ländern, welche die in der Schweiz erteilte Zwangslizenz nicht anerkennen, nach nationalem Recht verhindert werden kann (Art. 13 Abs.3 RBUe). Der Gerichtsstand richtet sich nach Artikel 60; er befindet sich am Sitz der zuständigen Verwertungsgesellschaft oder, wenn das fragliche Werk bei Anwendung von Artikel 40 Absatz 3 in ihrem Repertoire fehlt, am Wohnsitz des Urhebers.

Über das Entgelt wird kaum je ein Streit entstehen, weil die Tarife der zuständigen Verwertungsgesellschaft einen Massstab geben; der Zivilrichter ist zudem an diese Tarife gebunden, soweit die Verwertungsgesellschaft beklagt ist (Art. 55 Abs. 3).

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Artikel 23 Absatz l hat vor allem Bibliotheken. Dokumentationszentren und wissenschaftliche Institute im Auge. Die Bestimmung ist zwar allgemein gehalten, wird aber vor allem dem Schutz kostbarer und zerstörungsanfälliger Originalexemplare (Manuskripte, Stiche usw.) dienen. Sie erlaubt es, entweder das Original zu archivieren und der Öffentlichkeit dafür eine Kopie zur Verfügung zu stellen oder aber den Zugang zum Original und die Erhaltung des Werks durch die Archivierung einer Kopie sicherzustellen. Der vorausgesetzte Zweck, nämlich die Erhaltung des Werks, verhindert eine extensive Anwendung dieser Schutzausnahme. Gegenüber Artikel 33 BRE ist diese Bestimmung dahingehend ergänzt worden, dass das Archivexemplar als solches gekennzeichnet sein muss.

Absatz 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass es im Zusammenhang mit dem Gebrauch eines Programms üblich ist. Sicherungskopien herzustellen. Wird die Sicherungskopie nach Beendigung des Gebrauchs nicht vernichtet oder dem Lizenzgeber zurückgegeben, liegt eine unerlaubte Vervielfältigung vor.

Artikel 24 Im geltenden Recht ist die Zitierfreiheit in verschiedenen Bestimmungen geregelt, die alle unterschiedliche Voraussetzungen enthalten. Ihre Normierung soll gekürzt, vereinfacht und vereinheitlicht werden.

In Absatz l wird ausserdem neu festgehalten, dass das Zitieren nur in dem Umfang gestattet ist, in dem es tatsächlich der Veranschaulichung dient. Es wurde davon abgesehen, auch Werke der bildenden Kunst dem Zitatrecht zu unterstellen wie dies Artikel 34 Absatz 2 BRE vorsah. Ausschlaggebend war dabei die Überlegung, dass das Vervielfältigungsrecht an Werken der bildenden Kunst heute kollektiv verwertet wird (Herstellung von Postkarten, Posters, Werbung usw.) und es nicht sinnvoll ist, über das Zitatrecht eine Bresche in diesen bereits organisierten Verwertungsbereich zu schlagen.

Artikel 25 Abgesehen von einer kleinen Einschränkung stimmt diese Bestimmung mit Artikel 30 Ziffer 2 URG überein. Neu sollen nur noch solche Werke in einem Katalog abgebildet werden dürfen, die sich bleibend in einer öffentlich zugänglichen Sammlung befinden. Leihgaben fallen beispielsweise nicht darunter. Auch diese Einschränkung wird dadurch gerechtfertigt, dass die Reproduktionsrechte über eine Verwertungsgesellschaft abgegolten werden können.

Verschiedene Organisationen
haben beantragt, die Ausnahme auch auf die Herstellung von Auktionskatalogen auszudehnen. Darauf soll verzichtet werden.

Auktionskataloge sind vor allem für eine internationale Kundschaft bestimmt.

Die Verbreitung solcher Kataloge in Ländern, in denen eine entsprechende Schutzausnahme nicht vorgesehen ist, würde gegen deren nationale Urheberrechtsgesetze verstossen, so dass meistens ohnehin eine Bewilligung einzuholen ist. Anderseits ist es, besonders angesichts des Verzichts auf ein Folgerecht, den Veranstaltern von Auktionen durchaus zuzumuten, auf das Wiedergaberecht der Urheber noch geschützter Werke Rücksicht zu nehmen und für die Einräumung einer entsprechenden Lizenz einen Teil ihrer Einnahmen aus der Auktion aufzuwenden.

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Artikel 26 Diese Bestimmung entspricht Artikel 30 Ziffer 3 URG. Die Schutzausnahme gilt auch für Abbildungen zu kommerziellen Zwecken. Absatz 2 stellt klar, dass der Begriff «abbilden» die dreidimensionale Wiedergabe nicht erlaubt. Es wäre somit nicht zulässig, Miniaturen einer öffentlich aufgestellten Statue herzustellen und als Souvenir zu vertreiben.

Artikel 27 Absatz 1: Die Ausnahme ist nur auf erlaubte Sendungen anwendbar; also auf Sendungen, die gestützt auf einen Vertrag oder eine gesetzliche Lizenz (Art. 28) erfolgen. Sie ist gegenüber Artikel 38 BRE erweitert worden und kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Festlegung des Werks nicht unbedingt erforderlich wäre, um die Sendung zu ermöglichen. Die Tragweite der Ausnahme hängt vom Umfang der vertraglichen oder gesetzlichen Lizenz ab. Massgeblich ist also einerseits ein allfälliger Vertrag und anderseits Artikel 28.

Es ist eine Besonderheit dieser Bestimmung, dass sie aufgrund ihrer Ausgestaltung als gesetzliche Lizenz auch bei der Anknüpfung an eine vertragliche Sendeerlaubnis zwingendes Recht schafft. Eine gegenteilige Abmachung, durch die sich der Urheber das Aufnahmerecht vorbehalten würde, wäre deshalb höchstens vertragsrechtlich, nicht aber urheberrechtlich möglich., Würde das Sendeunternehmen in der Folge die Sendung dennoch aufzeichnen, so könnte es nicht wegen Urheberrechtsverletzung, sondern nur wegen Vertragsverletzung ins Recht gefasst werden.

Absatz 2: Die Aufnahme darf zwar nicht veräussert oder sonstwie verbreitet werden, aber sie muss nach der Sendung nicht wieder gelöscht werden. Die Verpflichtung zur Löschung, wie sie in Artikel 38 Absatz 2 BRE enthalten war, würde mit medienrechtlichen Bestimmungen kollidieren. Die Beurteilung der SRG-Sendungen durch die unabhängige Beschwerdeinstanz setzt nämlich das Vorhandensein einer Aufzeichnung voraus. Aus Absatz 2 geht auch hervor, dass die gestützt auf Absatz l gemachte Aufzeichnung oder Aufnahme nicht ohne die Erlaubnis des Urhebers für spätere Sendungen verwendet werden darf.

Artikel 28 Diese gesetzliche Lizenz erweitert die Schutzausnahme von Artikel 33bls URG, indem auch ganze Werke im Rahmen der Berichterstattung über Tagesereignisse verwendet werden dürfen. Der geforderte Zweck verhindert eine extensive Auslegung der Bestimmung. Sie wäre nicht mehr anwendbar, wenn der
Werkgenuss anstelle der Information in den Vordergrund tritt. Selbst wenn also die Premiere einer Aufführung als Tagesereignis und seine allenfalls kommentierte Übertragung am Radio oder Fernsehen als Berichterstattung angesehen würde, so würde die Übertragung unverhältnismässig langer Ausschnitte den Rahmen der blossen Information sprengen.

Absatz 2 knüpft an Artikel 25 URG an. Allerdings werden die Akzente im vorliegenden Entwurf anders gesetzt; das geltende Recht erlaubt den Abdruck ganzer Zeitungsartikel über Tagesfragen namentlich im Interesse kleiner Lokalblätter, die sich aus finanziellen Gründen keinen eigenen Redaktorenstab leisten konnten. Die Interessenlage ist heute nicht mehr dieselbe; aktuelle Informatio-

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nen können über Pressedienststellen beschafft werden. Durch die vorliegende Bestimmung, die auch Presseübersichten abdeckt, ist die Informationsfreiheit hinreichend gewährleistet. Die Formulierung der zulässigen Handlungen erfasst alle in Artikel 10 Absatz 2 Buchstaben a-f genannten Verwendungsformen und namentlich auch die Mitteilung mittels Bildschirmtext.

212.6

Schutzdauer

Artikel 29 Absatz l entspricht geltendem Recht, auch wenn die in der ersten Satzhälfte enthaltene Aussage im URG nicht ausdrücklich erwähnt ist; er dient somit der Klarheit. Wenn ein Werk erst mittels Festlegung entsteht, tritt der Schutz selbstverständlich erst nach seiner Festlegung ein, was in Artikel l Absatz 3 URG noch ausdrücklich gesagt wird.

Absatz 2: Zur Begründung der 50jährigen Schutzdauer kann auf die Ausführungen in der Botschaft von 1984 (BB1 1984 III 194f.) verwiesen werden. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass sich die EK III für eine Verlängerung der Schutzfrist von 50 auf 70 Jahre post martern auctoris ausgesprochen hatte. Ausschlaggebend war dabei die Überlegung, dass die Schutzfrist im Interesse der Verleger an diejenige der Bundesrepublik Deutschland angepasst werden sollte. Die Berner Übereinkunft sieht nämlich vor, dass sich der Schutz eines Werkes nach der Gesetzgebung des Landes der ersten Herausgabe richtet (vgl. Art. 7 Abs. 8 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 4 der Pariser Fassung der RBUe). Wenn also die Schweiz die 50jährige Schutzfrist beibehält, ist es für die Urheber theoretisch günstiger, ihre Werke im benachbarten Ausland herausgeben zu lassen, weil sie dann eine längere Schutzfrist bekommen. Die schweizerischen Verleger erleiden somit gegenüber ihren Konkurrenten aus der BRD einen Wettbewerbsnachteil, falls man die Schutzfrist nicht auf 70 Jahre verlängert. In der Vernehmlassung hat diese Argumentation keine allzu grosse Wirkung gezeigt; die direkt interessierten Kreise haben sich mehrheitlich für die Beibehaltung der 50jährigen Schutzfrist ausgesprochen. Es ist in der Tat fraglich, ob der Urheber bei der Wahl seines Verlegers darauf achtet, im Interesse seiner Erben in den Genuss einer möglichst langen Schutzfrist zu kommen.

Absatz 3 geht auf Artikel 7 Absatz 3 RBUe zurück. Die Regel bezieht sich vor allem auf nicht veröffentlichte Werke unbekannter Urheber, deren Schutzdauer sonst grundsätzlich unbegrenzt sein könnte. Sie gilt aber auch für veröffentlichte Werke, für welche die von der Erstveröffentlichung an berechnete Schutzfrist noch nicht abgelaufen ist.

Artikel 30 Absatz l regelt die Schutzdauer bei Miturheberschaft in Anlehnung an Artikel 39 URG.

Absatz 2 stellt in Übereinstimmung mit Artikel 40 Absatz l URG fest, dass sich die Frist nur dann nach dem Tod des zuletzt gestorbenen Miturhebers richtet, wenn sich die einzelnen Beiträge nicht voneinander trennen lassen.

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In Abweichung von Artikel 42 Absatz 2 BRE wird in Absatz 3 aus Gründen der Praktikabilität bei Filmen und audiovisuellen Werken zur Berechnung der Schutzdauer nicht auf den zuletzt gestorbenen Haupturheber, sondern auf den Tod des Regisseurs abgestellt.

Artikel 31 Diese Bestimmung bezieht sich auf Werke, deren Urheber entweder anonym sind oder trotz des angegebenen Pseudonyms nicht identifiziert werden können.

Sie entspricht in den Grundzügen Artikel 37 Absatz l URG.

Artikel 32 Die EK III hatte in Anlehnung an die in Frankreich getroffene Regelung in ihrem Entwurf eine Schutzfrist von 25 Jahren für Computerprogramme vorgesehen. Unter Berücksichtigung der Vernehmlassungsergebnisse und der Bestimmungen der RBUe über die Schutzdauer sowie des Entwurfs vom 2I.Dezember 1988 einer Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen des Rats der Europäischen Gemeinschaften sieht die vorliegende Bestimmung eine 50jährige Schutzdauer vor.

Artikel 33 Diese Bestimmung entspricht Artikel 41 URG.

213

Verwandte Schutzrechte

Artikel 34 Absatz 1: Wie für das Urheberrecht gilt auch für das Interpretenrecht das Prinzip, dass nur die natürliche Person, welche die schöpferische bzw. künstlerische Leistung erbringt, die Rechte originär erwirbt. Eine juristische Person kann somit auch die in Absatz 2 enthaltenen ausschliesslichen Rechte nur derivativ erwerben.

Dem Darbietenden ist der Mitwirkende gleichgestellt, damit auch diejenigen Personen den Interpretenschutz in Anspruch nehmen können, die zwar das Werk nicht direkt vortragen oder aufführen, aber an einer solchen Darbietung künstlerisch mitwirken, wie beispielsweise der Dirigent, der Chorleiter, der Tonmeister oder der Regisseur. Die Mitwirkung muss indessen eine künstlerische sein, das heisst dass Personen, die im Zusammenhang mit der Darbietung eine rein technische Leistung erbringen, nicht als ausübende Künstler gelten.

Obwohl diese Bestimmung an sich nur auf das Schutzsubjekt Bezug nimmt, ergibt sich daraus auch eine Definition des Schutzobjekts. So sind nur Darbietungen geschützt, die ein Werk im Sinne von Artikel 2 zum Gegenstand haben.

Diese Beschränkung des Schutzes auf Werkinterpretationen ist auch im RomAbkommen (Art. 3 Bst. a) vorgesehen. Artikel 9 des Rom-Abkommens sieht indessen vor, dass die Mitgliedstaaten auch Darbietungen schützen können, die nicht mit der Interpretation eines Werkes verbunden sind, wie beispielsweise Auftritte von Variété- oder Zirkuskünstlern.

548

Die EK III hat es beim Einbezug der verwandten Schutzrechte in ihren Entwurf abgelehnt, andere Darbietungen als Werkinterpretationen zu schützen, weil sie die Rechtfertigung des nachbarrechtlichen Schutzes in der Verwandtschaft der zu schützenden Leistung mit dem Werk sah. Ausserdem befürchtete sie, dass ein Verzicht auf dieses Abgrenzungskriterium zu einem Ausufern der verwandten Schutzrechte bis hin zur sportlichen Darbietung führen könnte.

Diesen Überlegungen kann zugestimmt werden.

Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass auch Darbietungen geschützt sind, welche die Interpretation gemeinfreier Werke betreffen.

Absatz 2: Wie dem Urheber werden auch dem Interpreten ausschliessliche Verwendungsbefugnisse eingeräumt. Durch die ihnen gemäss Buchstaben a, b und c ab initia zustehenden Rechte können die Interpreten die unmittelbare Verwendung ihrer «Live-Darbietung» überwachen. Diese Befugnisse gehören zusammen mit dem Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht (Est. c und d) zum Mindestschutz des Rom-Abkommens. Der «Opernhaus-Entscheid» (BGE 110 II 411) hat die Schutzbedürfnisse der Interpreten aufgedeckt; er hat gezeigt, dass die Darbietung der ausübenden Künstler ohne einen Sonderschutz im Sinne der vorliegenden Bestimmung der Ausbeutung durch Dritte ausgeliefert ist.

Im einzelnen ist zu den Befugnissen folgendes zu bemerken: Gemäss Buchstabe a darf die Darbietung nur mit der Zustimmung des ausübenden Künstlers gleichzeitig einem anderswo versammelten Publikum vermittelt werden.

Buchstabe b macht das Senden der Darbietung, die beispielsweise in einem Konzertsaal oder Theater erfolgt, von der Zustimmung des ausübenden Künstlers abhängig. Das Senderecht des Interpreten ist gleich formuliert wie dasjenige des Urhebers in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe d; die beiden Befugnisse sind somit kongruent.

Buchstabe c gibt dem ausübenden Künstler das ausschliessliche Recht, die Darbietung auf einem materiellen Träger festzulegen. Diese Befugnis bezieht sich nicht bloss auf die Festlegung am Ort der Darbietung, sondern auch auf das Aufnehmen einer andernorts wahrnehmbar gemachten bzw. gesendeten oder weitergesendeten Darbietung. Diese zu den Stammrechten der Interpreten gehörende Befugnis erfasst somit auch mittelbare Verwendungsformen, also beispielsweise die Festlegung einer gesendeten «Live-Darbietung»
auf Ton- oder Tonbildträger. Ebenso wird den Interpreten das ausschliessliche Recht zur Vervielfältigung der festgelegten Darbietung eingeräumt. Die beiden unter Buchstabe c geregelten Befugnisse decken sich mit dem in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a enthaltenen Recht der Urheber zur Herstellung von Werkexemplaren.

In Buchstabe d ist in Analogie zu Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b das Verbreitungsrecht vorgesehen. Diese Befugnis ist zwar nicht im Rom- Ab kommen, enthalten, aber die EK III hat es als zweckmässig erachtet, den ausübenden Künstlern dieses Recht als zusätzliche Interventionsmöglichkeit gegen die Ton- und Tonbildträgerpiraterie zu geben. Gestützt auf diese Bestimmung können sich die Interpreten der Verbreitung unerlaubt hergestellter Ton- und Tonbildträger widersetzen.

549

Im Unterschied zum Urheber verfügt der ausübende Künstler nicht über die in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e und f enthaltenen Befugnisse des Weitersendens und der Wahrnehmbarmachung von Sendungen oder Weitersendungen.

Diese Einschränkung gegenüber dem Urheberrecht ergibt sich aus dem Grundsatzentscheid, den ausübenden Künstlern im Prinzip nur den im Rom-Abkommen vorgesehenen Mindestschutz zu gewähren und ihnen namentlich keine vermögensrechtlichen Ansprüche im Bereich der sogenannten Massennutzungen zuzugestehen (vgl. Ziff. 143.24).

Artikel 35 In Übereinstimmung mit Artikel 7, der das Werkschaffen durch mehrere Urheber regelt, werden die Interpretenrechte an einer Darbietung, an der mehrere Personen künstlerisch mitgewirkt haben, gemeinschaftlich erworben (Abs. 1).

Da an der Darbietung (Theateraufführung, Konzert usw.) in der Regel viele Interpreten mitwirken, erscheint es zweckmässig, eine Regelung betreffend die Vertretung der Künstlergruppe gegenüber Dritten vorzusehen (Abs. 2). Die Bestimmung dient der Verkehrsfähigkeit der Darbietung: Derjenige, der sie verwenden möchte, braucht nicht die Einwilligung aller Interpreten einzuholen; es genügt, wenn er neben der Zustimmung der Solisten, des Dirigenten und der Regisseure (Bst. a) auch diejenige des Vertreters der Künstlergruppe (Bst. b) bekommen hat. Verfügt die Künstlergruppe nicht über einen bezeichneten Vertreter, so ist die Zustimmung beim Leiter der Gruppe einzuholen.

Absatz 3 kommt zur Anwendung, wenn eine Künstlergruppe weder einen Vertreter bezeichnet noch über einen Leiter verfügt. In diesem Fall kann derjenige die Interpretenrechte ausüben, der die Darbietung veranstaltet, auf Ton- oder Tonbildträger festgelegt oder gesendet hat. Die Bestimmung ist Artikel 8 Absatz 2 nachempfunden, der die Rechtsausübung für den Fall regelt, dass der Urheber unbekannt ist. Die zur Vertretung der Künstlergruppe Berechtigten sind nicht im Sirine einer Prioritätsordnung aufgezählt. Der Nutzer soll denjenigen als Vertreter der Interpreten ansehen, dessen Leistung er bei der Verwendung der Darbietung ebenfalls in Anspruch nimmt. Will er eine «Live-Darbietung» senden, so soll er sich an den Veranstalter wenden. Geht es um die Vervielfältigung von Tonträgern, so vertritt der Hersteller derselben die Künstlergruppe.

Artikel 36 Es wurde davon abgesehen,
die verschiedenen in dieser Bestimmung enthaltenen Schutzadressaten und -Objekte zu definieren. Der Begriff des Herstellers macht klar, dass nicht derjenige geschützt ist, der einen Träger vervielfältigt.

Schutzbegründend ist auch nicht die Festlegung von Tönen, Bildern oder Zeichen als solche, sondern der komplexe Produktionsvorgang, der einem Tonoder Tonbildträger zugrunde liegt und auf einer qualifizierten unternehmerischen Leistung beruht.

Im Gegensatz zur Darbietung, die nur geschützt ist, wenn sie sich auf ein Werk im Sinne von Artikel 2 bezieht, sind Ton- und Tonbildträger auch geschützt, wenn sie keine Werke enthalten. Auch der im Rom-Abkommen vorgesehene Schutz der Hersteller von Tonträgern wird unabhängig davon gewährt, ob die festgelegten Töne ein Werk darstellen oder nicht (vgl. Art. 3 Bst. b und c des

550

Rom-Abkommens). Dasselbe gilt für das Genfer Tonträger-Übereinkommen von 1971 (Art. l Est. a und b).

Neben dem in Artikel 10 des Rom-Abkommens vorgesehenen Vervielfältigungsrecht steht den Herstellern von Ton- und Tonbildträgern auch das Verbreitungsrecht zu. Es hat - wie bereits erwähnt (vgl. Bemerkungen zu Art. 34 Abs. 2) - die Aufgabe, den Schutz gegen die Piraterie zu verbessern. Die Hersteller können nicht nur denjenigen ins Recht fassen, der ihre Produkte unerlaubterweise vervielfältigt hat, sondern auch gegen jeden vorgehen, der diese Piraterieprodukte in Verkehr bringt. Sie sind also auch gegen die Einfuhr der Raubkopien geschützt. Im übrigen ist die Gewährung des Verbreitungsrechts auch Voraussetzung für die vorgesehene Ratifikation des Genfer Tonträger-Übereinkommens durch die Schweiz.

Der Schutz der Hersteller gegen das Vervielfältigen ihrer Produkte betrifft in Übereinstimmung mit Artikel 10 des Rom-Abkommens nicht nur das unmittelbare, sondern auch das mittelbare Vervielfältigen. Geschützt ist also nicht nur das Vervielfältigen durch das Nachpressen von Platten oder durch direkte Überspielung eines Ton- oder Tonbildträgers, sondern ebenso die indirekte Vervielfältigung, wie z.B. die Festlegung einer Sendung auf Ton- oder Tonbildträger.

Artikel 37 Auch bei der Regelung des Schutzes der Sendeunternehmen wurde auf Definitionen verzichtet. Das Rom-Abkommen enthält den Begriff der Funksendung.

Gemäss Artikel 3 Buchstabe f des Abkommens ist' damit die Ausstrahlung von Tönen oder von Bildern und Tönen mittels radioelektrischer Wellen zum Zwecke des Empfangs durch die Öffentlichkeit gemeint. Der hier verwendete Begriff der Sendung ist gemäss Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe d weiter als derjenige der Funksendung. Er bezieht sich nicht nur auf die radioelektrische Ausstrahlung von Bildern und Tönen, sondern auch auf deren Verbreitung mittels Draht. Geschützt sind allerdings nur die für den Empfang durch die Öffentlichkeit bestimmten Sendungen, was sich auch aus der vorerwähnten Definition der Sendung ergibt. Private Funksignale von Reedereien, Schiffen, Flugzeugen usw.

sind somit nicht geschützt.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Sendungen unabhängig von ihrem Inhalt geschützt sind; es spielt somit keine Rolle, ob sie Darbietungen oder Werke im Sinne dieses Gesetzesentwurfs enthalten. Es
handelt sich auch um einen selbständigen Schutz: Wer ein Werk oder eine nach diesem Titel geschützte Leistung verwenden will, die Gegenstand einer Sendung ist, braucht abgesehen von der Einwilligung des Sendeunternehmens auch diejenige des Urhebers, des Interpreten und des Herstellers des Ton- oder Tonbildträgers.

Die vorliegende Bestimmung gewährt den Sendeanstalten einen umfassenderen Schutz als das Rom-Abkommen. Das in Buchstabe a geregelte Weitersenderecht soll auch die Drahtübermittlung mit einschliessen, während der in Artikel 13 Buchstabe a des Rom-Abkommens vorgesehene Schutz gemäss den in Artikel 3 Buchstabe f und g enthaltenen Definitionen nur die radioelektrische Weitersendung schützt. In Anbetracht der technischen Entwicklung besteht jedoch kein 551

Grund, die Weiterverbreitung von Sendungen mittels Draht vom Weitersenderecht auszuschliessen. Schliesslich wird auch in der Berner Übereinkunft (Art.ll bis Abs. l Ziff. 2, Paris) und im Urheberrecht (Art. 10 Abs.2 Bst. e) kein Unterschied zwischen radioelektrischer Weitersendung und Drahtübermittlung gemacht.

Das Weitersenderecht des Rom-Abkommens ist auf die gleichzeitige Weiterverbreitung der Sendung beschränkt, es bietet also keinen Schutz gegen die zeitverschobene Weitersendung. Gemäss Artikel 37 Buchstabe a EURG ist das Sendeunternehmen indessen auch gegen die mittelbare Weiterverbreitung seiner Sendung geschützt, was sich indirekt auch aus der in Buchstabe c enthaltenen Befugnis ergibt, die Sendung aufzunehmen; eine zeitverschobene Weitersendung setzt nämlich eine Festlegung der Sendung voraus.

Das den Sendeunternehmen eingeräumte Weitersenderecht ist somit mit demjenigen der Urheber in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e deckungsgleich. Es stimmt auch insofern mit demjenigen der Urheber überein, als es gemäss Artikel 38 Absatz l in Verbindung mit Artikel 21 durch eine gesetzliche Lizenz eingeschränkt wird, wenn die Weitersendung zeitgleich, unverändert und im Rahmen der Übernahme eines Programms erfolgt. Diese für die Kabelverbreitung von Sendungen geschaffene Ausnahme vom ausschliesslichen Weitersenderecht des Urhebers muss auch auf die Rechte der Sendeunternehmen durchschlagen.

Das ergibt sich einerseits aus dem von der EK III aufgestellten Grundsatz, wonach der Nachbarrechtsschutz nicht weitergehen darf als der Urheberrechtsschutz; anderseits drängt sich diese Lösung auch aus Gründen der Praktikabilität auf. Ein Verbotsrecht der Sendeanstalten würde die in Artikel 21 namentlich für die Betreiber von Kabelnetzen vorgesehene gesetzliche Lizenz wertlos machen.

Als zweite Befugnis des Sendeunternehmens figuriert unter Buchstabe b das Wahrnehmbarmachen der Sendung. Dieses Recht deckt sich mit der in Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe a und der in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe f enthaltenen Befugnis der ausübenden Künstler und der Urheber. Es hat den sogenannten öffentlichen Sendeempfang (z. B. in Hotels, Restaurants usw.) zum Gegenstand.

Allerdings wird es durch Artikel 21 in Verbindung mit Artikel 38 wieder eingeschränkt, aber eben auch nur in bezug auf ein Segment dieser Befugnis (vgl. Bemerkungen
zu Art. 21).

Das Rom-Abkommen sieht nur ein beschränktes Recht der öffentlichen Wiedergabe von Sendungen vor (vgl. Art. 13 Bst. d). Es erfasst nur die öffentliche Wiedergabe von Sendungen in Kinos und ähnlichen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, und es gehört gemäss Artikel 16 Absatz l Buchstabe b des Rom-Abkommens nicht zu den Mindestschutzrechten. In Anbetracht der Entwicklung im Bereich der elektronischen Medien (zunehmende Kommerzialisierung und mehr Wettbewerb) scheint es jedoch gerechtfertigt, den Sendeanstalten dieses Recht zu gewähren.

Ferner wird auch dem Sendeunternehmen in den Buchstaben c und d das Recht gewährt, seine Sendung auf einen Träger festzulegen, die festgelegte Sendung zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsexemplare zu verbreiten. In dieser Beziehung stimmt der Schutz der Sendeanstalten mit demjenigen des ausübenden Künstlers und der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern überein.

552

Artikel 38 Absatz l verweist bezüglich der Erschöpfung, der Rechtsnachfolge, der Zwangsvollstreckung und der Schutzschranken auf die entsprechenden urheberrechtlichen Bestimmungen. Es versteht sich allerdings von selbst, dass die Artikel 15 und 17, die das Werkschaffen im Arbeitsverhältnis und die Rechte am Kollektivwerk regeln, im Bereich der verwandten Schutzrechte lediglich für die ausübenden Künstler von Bedeutung sind.

In Absatz 2 kommt der aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse gefasste Entscheid zum Ausdruck, im Bereich der verwandten Schutzrechte keine Vergütungsansprüche vorzuschlagen; damit wird einer zusätzlichen Belastung der Werknutzer und einer Aufblähung des für die kollektive Rechtswahrnehmung erforderlichen Verwaltungsapparates entgegengewirkt.

Artikel 39 Absatz 1: Im Unterschied zur klassischen urheberrechtlichen Schutzfrist, die mit dem Tod des Urhebers zu laufen beginnt (Art. 29 Abs. 2), knüpft die nachbarrechtliche Schutzfrist auch für den Interpreten - am Zeitpunkt an, in dem das Schutzobjekt entsteht. Auch die durch das Rom-Ab kommen (Art. 14) vorgeschriebene Mindestschutzfrist von 20 Jahren geht von diesem Anknüpfungspunkt aus.

Die Frage nach der Schutzdauer war sowohl in der EK III als auch in der Vernehmlassung umstritten. Mit der Einführung der 50jährigen Schutzfrist folgt der Entwurf der international feststellbaren Tendenz, über die Mindestschutzdauer des Rom-Abkommens von 20 Jahren hinauszugehen. So hat beispielsweise Frankreich bei der Einführung der verwandten Schutzrechte anlässlich der Urheberrechtsrevision von 1985 eine 50jährige Schutzfrist vorgesehen.

Absatz 2 sieht für die Berechnung der Schutzdauer dieselbe Regelung vor, die gemäss Artikel 33 für das Urheberrecht gilt.

214

Verwertungsgesellschaften

214.1

Der Bundesaufsicht unterstellte Verwertungsbereiche

Eine Übersicht über den heutigen Stand der kollektiven Rechtswahrnehmung, der damit verbundenen Bundesaufsicht und der früheren Revisionsbestrebungen gibt die Botschaft von 1984 (BB1 1984 III 230 Ziff. 212).

In Zusammenhang mit den Bestrebungen, die Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften im Sinne des Rückweisungsbeschlusses zu verbessern, wurde in der EK III die Frage diskutiert, ob die kollektive Verwertung ganz generell der Bundesaufsicht unterstellt werden soll, wie dies beispielsweise in der BRD, Frankreich und Österreich der Fall ist. Diese Frage stellt sich vor allem auch deshalb, weil nach dem vorgegebenen Konzept, wonach neben den Vergütungsansprüchen nur die in Buchstabe a genannten Befugnisse vom Verwertungsrecht erfasst werden, bestimmte Verwertungsgesellschaften für einen Teil ihrer Tätigkeit der Bundesaufsicht unterstehen und für einen anderen Teil nicht.

Die Aufsichtstätigkeit wird dadurch erschwert und es ergeben sich auch Ab553

grenzungsprobleme. Die Kommission hat es indessen abgelehnt, den Anwendungsbereich des Verwertungsrechts auf alle Formen der kollektiven Rechtswahrnehmung auszudehnen, weil man damit ohne Not ganz unterschiedliche Formen und Strukturen der mittelbaren Rechtswahrnehmung über einen Leisten schlagen würde. Es gibt beispielsweise Bereiche, in denen die Verwertungsgesellschaften nur als Bindeglied zwischen dem Urheber und dem Nutzer tätig sind, also die Rechte nicht im eigenen Namen wahrnehmen (individuell kollektive Verwertung). Hier würde die Bundesaufsicht in Verträge eingreifen, die von den Urhebern - nach Herstellung des Kontakts mit dem Nutzer durch seine Gesellschaft - selbst ausgehandelt werden und dies stünde im Widerspruch zu Artikel 40 Absatz 3.

Artikel 40 Absatz 1: Der Bundesaufsicht unterstellt wird neu die Geltendmachung sämtlicher Vergütungsansprüche, die das Gesetz gewährt. Die Notwendigkeit der kollektiven Verwertung solcher Ansprüche ist ebenfalls schon in der Botschaft von 1984 (BEI 1984 III 189 ff. Ziff. 153) einlässlich begründet worden.

Die Verwertung ausschliesslicher Rechte wird nur im bisherigen Umfang der Bundesaufsicht unterstellt (vgl. Art. l Abs. l der Vollziehungsverordnung zum VerwertungsG). Es sind dies Bereiche, in denen sich die kollektive Rechtswahrnehmung aufgrund von Sachzwängen oder unangefochtener Übung derart durchgesetzt hat, dass die individuelle Verwertung als Alternative weder in Betracht fällt noch gewünscht wird.

Als «Verwertung» ist nur die Einräumung von Nutzungsbefugnissen an einen Werknutzer, das heisst an den, der das Werk auf eine dem Urheber vorbehaltene Art verwenden will, zu verstehen, nicht die Abtretung von Nutzungsbefugnissen an Vermittler. Verwertung ist somit die Erteilung einer Sendeerlaubnis an ein Sendeunternehmen, nicht aber die vertragliche Abtretung des Senderechts durch den Urheber an einen Musikverleger. Jede Geltendmachung der genannten Rechte ist eine Verwertungshandlung, also auch etwa die Durchsetzung des Verbotsrechts.

Absatz 2 ermächtigt den Bundesrat, das Verwertungsrecht auf weitere Verwertungsbereiche auszudehnen. Eine solche Delegationsnorm enthält auch das geltende Recht (Art. l Abs.3 Ziff. l VerwertungsG); der Bundesrat hat davon wie in der Botschaft von 1984 erwähnt erst zweimal Gebrauch gemacht (vgl. BB1 1984 III
177). Er übte diese Kompetenz mit äusserster Zurückhaltung sowie nur auf Initiative der direkt Betroffenen und nach breiter Abklärung der Situation bei allen Beteiligten aus.

Absatz 3 entspricht dem geltenden Recht (Art. l Abs. 2 Ziff. 2 VerwertungsG).

Der Urheber oder seine Erben sollen nicht gezwungen werden, ihre Rechte über eine Verwertungsgesellschaft geltend zu machen. Sie würden sonst ihr Verbotsrecht weitgehend, jedenfalls aber einen wesentlichen Teil ihres Herrschaftsrechts über das Werk verlieren, was sowohl gegenüber dem Grundkonzept des vorliegenden Entwurfs als auch konventionsrechtlich bedenklich wäre. Man würde dann nämlich sehr nahe an eine Zwangslizenz heranrücken, während doch unfreiwillige Lizenzen nur in wohlbegründeten Ausnahmefällen vorgesehen werden sollen.

554

Die Ausnahme zugunsten des Urhebers und seiner Erben gilt allerdings nur für den Bereich der ausschliesslichen Rechte.

Die Vergütungsanspräche kann auch der Urheber nur über eine Verwertungsgesellschaft geltend machen, weil im Bereich der Massennutzung urheberrechtlich ' geschützter Werke eine individuelle Geltendmachung weder für den Urheber durchführbar noch für den Schuldner tragbar wäre.

214.2

Bewilligung

Artikel 41 Die Bewilligungspflicht ist für die Ausübung der Verwertung in den vom Gesetz bestimmten Bereichen unerlässlich. Sie ermöglicht namentlich die Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche der verschiedenen Verwertungsgesellschaften und weitere Massnahmen für ihr Zusammenwirken.

Im Unterschied zum geltenden Recht (vgl. Art. la W zum VerwertungsG) wird die Zuständigkeit für die Erteilung der Bewilligung auf das Bundesamt für geistiges Eigentum übertragen, dem gemäss Artikel 52 Absatz l auch die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften obliegt.

Artikel 42 In Absatz l sind die Bewilligungsvoraussetzungen aufgezählt. Buchstabe a soll den schweizerischen Charakter der Verwertungsgesellschaften sicherstellen. Die weltweite kollektive Urheberrechtsverwertung ist weitgehend auf dem Territorialitätsprinzip aufgebaut, wobei selbständige nationale Verwertungsgesellschaften untereinander ein Netz von Gegenseitigkeitsverträgen schaffen. Der vorliegende Entwurf bleibt diesem System treu und trägt damit zu seiner Erhaltung und Förderung bei. Ausserdem ist eine wirkungsvolle Aufsicht nur möglich, wenn die mit Verwertungshandlungen betrauten Gesellschaften schweizerisch sind. Dass sich auch die Geschäftsführung in der .Schweiz befindet, ist für die Ausübung der Aufsicht aber auch im Hinblick auf die Verhandlungen, mit andern Verwertungsgesellschaften und mit den Werknutzern wichtig. Schon aus praktischen Gründen ist es unerwünscht, dass sich die entscheidungsfähigen Personen im Ausland befinden. Unter Geschäftsführung sind jene Organe zu verstehen, die sowohl die laufenden Geschäfte führen als auch Gründsatzentscheide selbständig fällen können.

Buchstabe b schliesst aus, dass sich Unternehmen der Urheberrechtsverwertung zuwenden können, deren Geschäftstätigkeit schwergewichtig auf andern Gebieten liegt. Dies würde zu Interessenkonflikten führen und auch die Ausübung der Aufsicht vor schwierige Probleme stellen.

Buchstabe c sieht vor, dass die Venvertungsgesellschaften grundsätzlich allen Rechtsinhabern, also nicht nur den Urhebern, offenstehen müssen. Diese Voraussetzung ergibt sich auch aus dem Prinzip der Übertragbarkeit der Urheberrechte sowie aus Artikel 17, der vorsieht, dass die Rechte am Kollektivwerk direkt auf den Produzenten übergehen. Gemäss dieser Voraussetzung könnte eine Verwertungsgesellschaft, die gemäss ihren Statuten nur für die Urheber tätig 555

wird und ihre Rechtsnachfolger von der kollektiven Verwertung ausschliesst, keine Bewilligung erhalten.

Gemäss Buchstabe d kann indessen der Urheber als der originäre Rechtsinhaber nicht nur ein Zugangsrecht im Sinne von Buchstabe c, sondern auch ein Mitbestimmungsrecht beanspruchen. Diese Voraussetzung berücksichtigt den Umstand, dass Verwertungsgesellschaften nicht immer als Selbsthilfeorganisationen der Urheber entstehen müssen. Auch in diesem Fall muss jedoch den originären Rechtsinhabern ein angemessenes Mitbestimmungsrecht eingeräumt werden.

Im Unterschied zum geltenden Recht (Art. 2 Abs. l VerwertungsG) wird im vorliegenden Entwurf auf ein rechtliches Monopol der Verwertungsgesellschaften verzichtet. Die verfassungsrechtliche Grundlage für ein solches Monopol ist jedenfalls mit Bezug auf das ausschliessliche Recht umstritten. Nach Auffassung des Bundesrates wäre es zulässig, wenn kein anderes, weniger stark in Grundrechte eingreifendes Mittel eine funktionierende Verwertung im Bereich der Bundesaufsicht gewährleisten kann. Nun ist es zwar unbestritten, dass idealerweise in jedem Bereich nur eine Verwertungsgesellschaft tätig sein sollte und dass mehrere sich konkurrenzierende Gesellschaften regelmässig zu schweren Störungen im Rechtsverkehr führen. Die gewünschte Konzentration besteht aber schon und sie wird durch Absatz 2 stark begünstigt, der den Gedanken einer grösstmöglichen Bündelung der Rechte klar zum Ausdruck bringt. Es darf also damit gerechnet werden, dass diese Konzentration auch ohne rechtliches Monopol erhalten bleibt und die Bewilligungsbehörde gestützt auf Absatz 2 in der Lage ist, einer Zersplitterung der Rechte im Bereich der kollektiven Rechtswahrnehmung entgegenzuwirken. Ausserdem bietet Artikel 47 Gewähr dafür, dass sich das Nebeneinander mehrerer Gesellschaften nicht nachteilig auf die Werknutzer auswirkt.

Artikel 43 Diese Bestimmung entspricht im wesentlichen dem geltenden Recht (vgl. Art. 5 W zum VerwertungsG).

In Absatz 2 wird im Unterschied zu Artikel 49 BRE an Stelle von «Einschränkung» der weitere Begriff der Änderung verwendet. Damit wird klargestellt, dass auch eine Ergänzung der Bewilligung zu veröffentlichen ist.

214.3

Pflichten der Verwertungsgesellschaften

Artikel 44 Die hier statuierte Pflicht betrifft das Verhältnis der Verwertungsgesellschaften zu den Urhebern und anderen Inhabern von Urheberrechten. Diese Bestimmung sagt nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Verwertungsgesellschaften auch ohne Auftrag für die Berechtigten tätig werden dürfen. Sie begründet jedenfalls weder ein Recht noch eine Pflicht zur Geschäftsführung ohne Auftrag.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Geschäftsführung ohne Auftrag im Bereich der kollektiven Rechtswahrnehmung eine wichtige Rolle spielt. Die Verwertungsgesellschaften müssen sich darauf stützen, um den Werknutzern ein 556

lückenloses Werkrepertoire anbieten zu können, weil sie nie über alle Rechte auf dem entsprechendem Gebiet verfügen werden. Schranken werden der Geschäftsführung ohne Auftrag durch den Vorbehalt der persönlichen Rechtswahrnehmung (Art.40 Abs.3) sowie durch das Willkürverbot (Art.45 Abs.2) gesetzt; sie darf insbesondere nicht gegen den Willen des Berechtigten erfolgen.

Ausserdem ist die Verwertungsgesellschaft dazu verpflichtet, die im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag eingenommenen Beträge nach Massgabe der in Artikel 49 enthaltenen Verteilungsgrundsätze den Berechtigten zukommen zu lassen.

Die Rechtswahrnehmungspflicht der Verwertungsgesellschaften enthält keinen Kontrahierungszwang gegenüber den Werknutzern. Wahrnehmen kann auch heissen, die Verbotsansprüehe der Urheber durchsetzen. Die grundlose Verweigerung einer Verwendungsbewilligung wäre indessen im Rahmen des Willkürverbots (Art. 45 Abs. 2) zu prüfen.

Artikel 45 Die Absätze l und 2 entsprechen geltendem Recht (vgl. Art. 6 Abs. 2 W zum VerwertungsG).

' Nach Absatz 3 müssen die Verwertungsgesellschaften Einnahmenüberschüsse ' (Einnahmen abzüglich des Verwaltungsaufwands) vollumfänglich für die Urheber und deren Rechtsnachfolger verwenden; eine Gewinnabschöpfung durch den Verwaltungsapparat wäre somit nicht zulässig.

Absatz 4 hebt die Wichtigkeit des Abschlusses von Gegenseitigkeitsverträgen mit ausländischen Verwertungsgesellschaften hervor. Die konzessionierten Gesellschaften sind zum Abschluss solcher Verträge verpflichtet, allerdings unter dem Vorbehalt des Prinzips der Gleichbehandlung. Das heisst, der Vertragspartner muss bereit sein, das Werkrepertoire der Schwestergesellschaft zu den gleichen Bedingungen zu verwalten wie die Werke seiner eigenen Mitglieder.

Artikel 46 Absatz l entspricht geltendem Recht (vgl. Art. 4 Abs. l VerwertungsG).

Absatz 2 verlangt entsprechend dem Reglement der Eidgenössischen Schiedskommission vom 22. Mai 1958 für die Verwertung von Urheberrechten (SR 231.22) (Art. l Abs.2 und 3) eigentliche Verhandlungen. Führen sie aber zu keinem Erfolg, oder werden sie von den Nutzerverbänden abgelehnt, so ist die Verwertungsgesellschaft berechtigt, ohne weiteres ihre Tarife zur Genehmigung vorzulegen.

Aus Absatz 3 geht hervor, dass die Tarife nicht mehr von der Eidg. Schiedskommission für die Verwertung von
Urheberrechten (Schiedskommission), sondern neu vom Bundesamt für geistiges Eigentum geprüft und genehmigt werden (vgl.

Art. 55 Abs. 1). Daneben obliegt dem Bundesamt wie bis anhin auch die Aufsicht über die Geschäftsführung der Verwertungsgesellschaften (vgl. Art. 53 Abs. 1). Der Bundesrat verspricht sich von dieser Bündelung der Aufsichtsmittel in einer Hand eine effizientere und griffigere Kontrolle der Verwertungsgesellschaften (vgl. Ziff. 143.25).

557

Gemäss Absatz 3 darf erst nach der Publikation des rechtskräftig genehmigten Tarifs mit dem Inkasso begonnen werden. Damit ist jedoch nichts über den zeitlichen Geltungsbereich des Tarifs ausgesagt; diesen hat der Tarif selbst zu bestimmen. Wäre die Rückwirkung eines Tarifs nicht zulässig, so würde das Verwertungsrecht in das materielle Urheberrecht eingreifen. Die Rückwirkung gewährleistet, dass auf dem Wege der kollektiven Rechtswahrnehmung auch Forderungen für Nutzungshandlungen geltend gemacht werden können, die vor der Genehmigung und Veröffentlichung eines entsprechenden Tarifs erfolgt sind. So werden beispielsweise die Tarife für die neu vorgesehenen Vergütungsansprüche rückwirkend auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes Anwendung finden müssen.

Artikel 47 Absatz l ist für die Werknutzer von entscheidender Bedeutung, weil für jedes Verwendungsrecht und für jeden Vergütungsanspruch, also für jede Verwen-dungsart, mehrere Verwertungsgesellschaften bestehen können. Die Bestimmung verhindert, dass die Werknutzer für bestimmte Verwendungshandlungen, etwa für die Weiterverbreitüng gesendeter Werke, die Vergütungen mit verschiedenen Gläubigern aushandeln müssen. Deshalb muss den Nutzern ein einheitlicher und überblickbarer Gesamttarif angeboten werden. Mit der Leistung der geforderten Vergütung wird jede Verpflichtung aus der betreffenden Verwendung unter Vorbehalt von Artikel 40 Absatz 3 abgegolten.

Auch das Bundesamt wird durch diese Bestimmung in die Lage versetzt, die Tarife nach Artikel 55 zu überprüfen; die Vorlage einzelner Teiltarife zu verschiedenen Zeitpunkten würde ihm einen Überblick verunmöglichen.

Absatz 2 ermächtigt den Bundesrat, nötigenfalls eine weitergehende Kanalisierung, Strukturierung und Vereinfachung der Urheberrechtsverwertung vorzunehmen. Sie erlaubt ihm auch, auf das Innenverhältnis zwischen den einzelnen Verwertungsgesellschaften Einfluss zu nehmen, etwa im Hinblick auf die Festlegung der gemeinsamen Tarife und auf die Verteilung der eingenommenen Beträge unter den einzelnen Verwertungsgesellschaften, besonders wenn mehrere Verwertungsgesellschaften im selben Bereich tätig werden sollten.

Artikel 48 Absatz 1: Keine Bemerkungen.

Absatz 2 berücksichtigt die international anerkannte Usanz der Verwertungsgesellschaften, einen Teil der Einnahmen für soziale
und kulturelle Aufgaben abzuzweigen. Um Missbräuchen auf diesem Gebiet entgegenzuwirken fallen entsprechende Beschlüsse in die Kompetenz des obersten Organs der Gesellschaft.

Ein Verbot der Einrichtung solcher Fonds, wie es von verschiedenen Werknutzerorganisationen gefordert worden ist, würde die schweizerischen Urheber im internationalen Kontext benachteiligen und ihr Selbstbestimmungsrecht als Mitglieder der Verwertungsgesellschaften ungebührlich einschränken.

Artikel 49 Als Argument gegen die vorgesehenen Vergütungsansprüche auf dem Gebiet der unkontrollierbaren Massennutzung wurde auf die Schwierigkeiten bei der 558

Erhebung der Vergütungen und auf die Problematik der Verteilung hingewiesen. Bei den kollektiv verwerteten ausschliesslichen Rechten liegen die Dinge ähnlich. Zur Bewältigung des Einzuges bietet der Entwurf an verschiedenen Stellen Hilfe an: Förderung der Konzentration der Verwertungsgesellschaften, Straffung der Aufsicht, Mitwirkungspflicht der Nutzer nach Artikel 51. Die vorliegende Bestimmung gibt den Rahmen für die Lösung der, anderen Seite des Problems: Die Verteilung der eingenommenen Beträge unter die Berechtigten; sie betrifft somit das Innenverhältnis der Verwertungsgesellschaften zu ihren Mitgliedern oder Auftraggebern bzw. unter sich.

Gegen eine allgemeine und rahmenhafte Formulierung der diesbezüglichen Norm sind im Verlauf der Konsultationen Bedenken erhoben worden; es wurden vor allem seitens der Werknutzer detaillierte Vorschriften für die Verteilung gefordert. Bei aller Anerkennung solcher Forderungen nach gerechter Verteilung ist dem entgegenzuhalten, dass es sich hier um eine Auseinandersetzung zwischen den Berechtigten handelt; sie sind es, die primär ein rechtliches Interesse an einer korrekten Verteilung haben. Gerade die Inhaber von Urheberrechten empfinden aber allzu starre Verteilungsregeln als Eingriff in die Vertragsautonomie zwischen Urheber und Werkvermittler. Vor allem die Werkvermittler verteidigen die Vertragsfreiheit, denn sie halten in vielen Fällen ihren Anspruch auf die volle Vergütung unter Ausschluss des Urhebers für gerechtfertigt.

Schon diese unterschiedlichen Interessen, aber auch objektive Erwägungen sprechen dafür, die Verteilregeln zwar als klare Grundsätze, aber nur in der Form von Rahmenbestimmungen auszugestalten. Die Festlegung solcher Richtlinien ist zunächst erforderlich, weil die Aufsichtsbehörde sonst keinen Anhaltspunkt zur Bekämpfung eines möglichen Missbrauchs hätte. Sodann gilt es, einzelne Zielsetzungen des Verwertungsrechts und des Urheberrechts überhaupt zu verwirklichen (Abs. l und 3); und schliesslich steht nicht nur die Verteilung zwischen Urhebern und Werkvermittlern, sondern viel allgemeiner,schon die Zuweisung von Anteilen an den Einnahmen der gemeinsamen Zahlstelle (Art. 47 Abs. 1) an die einzelnen Verwertungsgesellschaften zur Diskussion. Gerade hier erhalten die Vereilungsgrundsätze eine weitere Dimension.

Absatz l stellt den
Grundsatz auf, dass die Einnahmen aus jeder einzelnen Werknutzung den jeweilig Berechtigten zukommen müssen, und zwar nach Massgabe des Ertrags der einzelnen Werke. Wenn ein Pauschaltarif für eine bestimmte Nutzungsart verschiedene Werkkategorien umfasst, spielt nämlich neben dem messbaren Umfang der erfolgten Werknutzung auch die qualitative Gewichtung eine Rolle. So hat etwa die Weitersendung eines zweistündigen Spielfilms nicht die gleiche wirtschaftliche Relevanz wie die Weitersendung von zwei Stunden Musik. Auch innerhalb der von einer einzigen Verwertungsgesellschaft verwalteten Werke können Kategorien bestehen, deren Gewicht bei einzelnen Nutzungsarten nicht identisch ist.

In diesem Zusammenhang bedeutet der Grundsatz von Absatz l auch, dass nicht nur der Umfang der effektiv erfolgten Nutzung, sondern auch ihre qualitative wirtschaftliche Relevanz für die Verteilung massgeblich sein soll.

Der erste Teil von Absatz l enthält zwei Prinzipien: alle eingenommenen Beträge sind zu verteilen, wobei der Ertrag der erfolgten Werknutzung massgeb559

lieh dafür ist. Die Zuweisung von Einnahmen bestimmter Herkunft an Sozialoder Kulturförderungsfonds usw. oder ihre Verwendung zur Verteilung in anderen Bereichen ist somit ausgeschlossen. Dadurch soll verhindert werden, dass bei Einnahmen aus bestimmten Vergütungsansprüchen zugunsten von Fonds oder zugunsten anderer Verwertungsbereiche auf eine Verteilung nach effektiv erfolgter Werknutzung überhaupt verzichtet wird. So wäre es also im Grundsatz unzulässig, die Einnahmen aus dem Verleih von Werken (Art. 13 Abs. 1) zur Erhöhung der Einnahmen aus der Photokopie (Art.20 Abs.2) zu verwenden; Ausnahmen sind nur aufgrund von Absatz 2 zulässig. Das entspricht dem privatrechtlichen Charakter des Urheberrechts, das dem einzelnen Urheber die Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg seines Werks garantieren soll. Die Regel verhindert aber nicht, dass ein bescheidener Anteil aller Einnahmen (z.B. 10%) der beruflichen Vorsorge der Urheber und andern Inhabern von Urheberrechten zugewiesen wird, wie das heute von den Verwertungsgesellschaften gemacht wird (vgl. die Bemerkungen zu Art. 48 Abs. 2).

Der zweite Halbsatz findet vor allem dort Anwendung, wo die Verwertungsgesellschaft ohne Auftrag der Inhaber von Urheberrechten tätig wird. Gewiss werden aus dieser Tätigkeit immer unverteilbare Summen zurückbleiben, die zur Senkung des Spesenprozentsatzes dienen und damit den bekannten Berechtigten zugute kommen. Häufen sich aber diese Summen, so ist dies ein Indiz für ungenügende Anstrengungen zur Ermittlung der Berechtigten.

Absatz 2 geht von der Tatsache aus, dass im Bereich der Massennutzung nicht jede Werkverwendung festgestellt werden kann. Es ist z. B. unmöglich, von jedem Besitzer eines Reprographiegerätes genaue Angaben über jedes kopierte urheberrechtlich geschützte Werk zu verlangen. Im Sinne einer Ausnahmeregel, die durchaus eine breite Anwendung finden wird, soll daher die Verteilung aufgrund von Schätzungen zugelassen werden. Die geforderte Überprüfbarkeit der Schätzungen erheischt in aller Regel statistische Erhebungen. Massgeblich ist ein Schätzungskriterium dann, wenn es zu einem Resultat führt, das einer Verteilung nach Absatz l ähnlich ist. In gewissen Fällen wird es auch möglich sein, von einer Verwendungsart Rückschlüsse auf eine andere zu ziehen.

Absatz 3 ist eine Konsequenz einer wesentlichen
Zielsetzung des Verwertungsrechts, die darin besteht, dem Urheber ein Mittel zur selbständigen Wahrung seiner vermögensrechtlichen Ansprüche zu gewährleisten. Folgerichtig sollen die Verwertungsgesellschaften nicht zum ausschliesslichen Instrument anderer Inhaber von Urheberrechten und der Verwirklichung ihrer Verträge mit den Urhebern werden.

Diese Bestimmung trägt aber auch der besonderen Interessenlage im Bereich der abhängigen und kollektiven Werkschöpfung Rechnung. In diesem Bereich kann die Verwertungsgesellschaft den ganzen Betrag dem Arbeitgeber oder dem Produzenten auszahlen. Im übrigen kann auch dort auf eine Aufteilung des Verwertungserlöses zwischen dem Urheber und dem Werkvermittler verzichtet werden, wo eine solche aus praktischen Gründen nicht mehr vertretbar ist. Ein typisches Beispiel dafür wäre die Verteilung der Einnahmen aus der Photokopie von wissenschaftlichen Zeitschriften.

Absatz 4 stellt eine Kollisionsnorm für den Fall auf, dass das Verteilungsreglement eine andere Verteilung vorsieht als die Abmachung zwischen dem Urhe560

ber und seinem Vertragspartner. Danach kann die Verwertungsgesellschaft die Verteilung grundsätzlich gestützt auf ihr Reglement vornehmen, ohne dass sie sich in jedem Einzelfall über die vertragsrechtliche Situation Klarheit zu verschaffen braucht. Sie wird allerdings dort davon abweichen müssen, wo dies von den Rechtsinhabern unter Bezugsnahme auf eine abweichende vertragliche Abmachung mit dem Urheber ausdrücklich verlangt wird. Insofern bleibt die Vertragsautonomie der Parteien gewahrt.

Artikel 50 Keine Bemerkungen.

214.4

Mitwirkung der Nutzer

Artikel 51 Es wurde schon in verschiedenen Zusammenhängen deutlich gemacht, dass im Bereich der Massennutzung von Werken die Festlegung und Erhebung der Vergütungen sowie deren Verteilung komplexe Probleme aufwirft, für deren Lösung namentlich statistische Angaben über die erfolgte Werknutzung erforderlich sind. Da sich diese Werknutzung nicht nur im öffentlichen, sondern auch in geschlossenen Bereichen abspielt und die Werknutzer ganz allgemein besser in der Lage sind, auf die massgeblichen Informationen zu greifen, ist ihre Mitwirkung unerlässlich. Das geltende Verwertungsrecht sieht eine allerdings zu kasuistisch gehaltene Bestimmung ebenfalls schon vor (Art. 4 Abs. 3 VerwertungsG).

Die vorliegende Bestimmung ist privatrechtlicher Natur. Mit Bezug auf die gesetzlichen Lizenzen statuiert sie neben der Vergütungspflicht eine weitere Pflicht, die den Werknutzern als Korrelat zu dem ihnen zugestandenen Verwendungsrecht auferlegt wird. Im Rahmen der Verwertung ausschliesslicher Rechte könnte eine solche Mitwirkung ebensogut von den Verwertungsgesellschaften zur vertraglichen Voraussetzung für die Einräumung einer Verwendungsbefugnis gemacht werden.

Die Aufsichtsbehörde kann die Einhaltung dieser Vorschrift nicht durchsetzen, weil die Werknutzer keinerlei Aufsicht unterstellt sind. Dagegen besteht ein klagbarer privatrechtlicher Anspruch der Verwertungsgesellschaften auf die geforderte Mitwirkung. Auf der andern Seite können die Verwertungsgesellschaften eine fehlende oder mangelhafte Mitwirkung der Werknutzer in der Tarifgestaltung berücksichtigen.

214.5

Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften

214.51

Zuständigkeit, Gebühren und Rechtsmittel

Artikel 52 Absatz l regelt die Zuständigkeit der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaft sowohl in bezug auf die Geschäftsführung (Art. 53 und 54) als auch in bezug auf die Tarifgestaltung (Art. 55 und 56). Das Bundesamt für geistiges Eigentum 561

ist neu für beide Aufsichtsfunktionen zuständig. Es übernimmt als nunmehr einzige Aufsichtsinstanz auch die nach geltendem Recht von der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten ausgeübte Tarifkontrolle. Mit der Zusammenlegung von Geschäftsführungs- und Tarifaufsicht wird eine Verbesserung der staatlichen Kontrolle über die Verwertungsgesellschaften angestrebt. Durch die Bündelung der Kompetenzen wird die Position der Aufsichtsbehörde gestärkt und Reibungsverluste, die durch das Nebeneinander verschiedener Kontrollorgane notgedrungen entstehen, werden vermieden. Das vereinfachte Kontrollsystem ist mit einem viel geringeren administrativen Aufwand verbunden und gewährleistet dadurch mehr Effizienz und Transparenz (vgl. dazu auch die Bemerkungen unter Ziff. 143.25).

Gebühren für die Bundesaufsicht wie sie Absatz 2 vorsieht, werden auch auf anderen Gebieten erhoben, z. B. bei der Versicherungs- und Bankenaufsicht (vgl.

Art.24 des BG vom 23. Juni. 1978 betreffend die Aufsicht über die privaten Versicherungseinrichtungen; SR 961.01).

Absatz 3 ist deklaratorischer Natur und sieht den nach der Revision des Bundesge.setzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; SR 173.110) im Bereich des geistigen Eigentums üblichen Instanzenzug vor.

214.52 Aufsicht über die Geschäftsführung De lege lata sind die Mittel der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften recht beschränkt. Bei Pflichtverletzungen bestehen ausser der ultima ratio des Widerrufs der Bewilligung keine Möglichkeiten zur Korrektur. Dieser Mangel hat sich bisher nicht ausgewirkt, weil sich Interventionen der Aufsichtsbehörde nicht aufdrängten, bzw. weil im Gespräch mit der Verwertungsgesellschaft allfällige Probleme laufend bereinigt werden konnten. Dieses informelle Funktionieren der Aufsicht ist zweifellos der optimale Weg und soll auch künftig die Regel sein. Indessen darf nicht verkannt werden, dass aufgrund des vorliegenden Entwurfs, aber auch generell durch die fortschreitende Kollektivierung des Urheberrechts, weit komplexere Aufsichtsprobleme zu lösen sein werden. Dies ergibt sich schon aus der Mehrzahl der seit der letzten Ausdehnung des Verwertungsgesetzes zu beaufsichtigenden Verwertungsgesellschaften. Angesichts dieser Situation muss der Aufsichtsbehörde aufgrund eines angemessenen Instrumentariums
die Ausübung einer effizienten Aufsicht ermöglicht werden. Eine formelle Ordnung dieses Instrumentariums liegt übrigens im Hinblick auf die möglichen Rechtsmittel auch im Interesse der Verwertungsgesellschaften. Ausserdem lässt sich eine Fortbildung und Verfeinerung des Verwertungsrechts durch die Aufsichtsbehörde nur im Rahmen eines geregelten aufsichtsrechtlichen Instrumentariums erreichen, dessen Verbesserung auch im Rückweisungsbeschluss explizit gefordert worden ist.

Artikel 53 Geltendes Recht (vgl. Art. 6 und 7 W zum VerwertungsG) wurde mit dem Unterschied übernommen, dass statt einer Aufzählung der zu prüfenden Punkte ein genereller Auftrag erteilt (Abs. 1) und der Aufsichtsbehörde im Hinblick auf die Informationsbeschaffung ein Weisungsrecht gegeben wurde (Abs. 2).

562

Aus Absatz 3 ergibt sich, dass bei der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften auch Bundesstellen beigezogen werden können. Es ist insbesondere vorgesehen, bei der Beaufsichtigung von Kulturfonds (vgl. Art. 48 Abs. 2) auch das Bundesamt für Kulturpflege beizuziehen, um eine angemessene und zweckmässige Verwendung der entsprechenden Mittel sicherzustellen.

Artikel 54 Diese Bestimmung, die teilweise geltendes Recht übernimmt (vgl. Art. 2 Abs. 3 VerwertungsG), schliesst das informelle Gespräch zwischen Verwertungsgesellschaft und Aufsichtsbehörde keineswegs aus. Unter anderem auch für den Fall, dass ein Interesse am Weiterzug einer Auffassung der erstinstanzlichen Aufsichtsbehörde zwecks letztinstanzlicher Klärung der Rechtslage besteht, soll auch das formelle Vorgehen geregelt werden.

214.53

Aufsicht über die Tarife

Artikel 55 Davon abgesehen, dass neu nicht mehr die Schiedskommission, sondern das Bundesamt für geistiges Eigentum für die Genehmigung der Tarife zuständig ist, enthält diese Bestimmung noch zwei weitere wichtige Änderungen gegenüber dem BRE von 1984. Absatz l sieht ausdrücklich vor, dass die Tarife auf ihre Angemessenheit zu überprüfen sind; das heisst, dass es sich bei der Tarifgenehmigung nicht um eine blosse Missbrauchskontrolle handelt. Ausserdem gibt Absatz 2 der Aufsichtsbehörde die Kompetenz, materielle Änderungen an dem Tarif vorzunehmen.

Absatz 1: Mit der positivrechtlichen Normierung der Angemessenheitskontrolle wird die Änderung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Kognition der Schiedskommission und gleichzeitig ein Hauptanliegen der Werknutzerorgariisationen berücksichtigt. Bis zum unveröffentlichten Entscheid des Bundesgerichts vom 7. März 1986 betreffend den Genehmigungsbeschluss der ESchK vom S.Juli 1984 zum gemeinsamen Tarif I (Verbreitung geschützter Werke in Kabelnetzen) war die ESchK davon ausgegangen, dass ihre Kompetenz zur Prüfung der Tarife auf eine Missbrauchskontrolle beschränkt sei. Demzufolge hat sie gemäss ihrer ständigen Rechtsprechung jeweils geprüft, ob ein Tarif in seinem Aufbau, seinen Ansätzen und seinen sonstigen Bestimmungen nicht eine missbräuchliche Ausnützung der Monopolstellung darstelle, die der konzessionierten Verwertungsgesellschaft eingeräumt worden ist. Diese von einer beschränkten Kognitionsbefugnis ausgehende Genehmigungspraxis stützte sich auf die verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeentscheide des Bundesgerichts vom 20. November 1956 (BGE 82 I 267) und vom 9. November 1960 (Gutachten und Entscheide der ESchK, Bd. I, S. 167ff.).

In seinem Beschwerdeentscheid vom 7. März 1986 änderte das Bundesgericht seine Spruchpraxis mit dem Hinweis, dass mit dem Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG; SR 172.021) eine andere Rechtslage entstanden sei. Dieses Gesetz regelt die Kognition erstinstanzlicher Verwaltungsbehörden nicht ausdrücklich und daraus folge, dass diese 563

nicht eingeschränkt sei. Dies ergäbe sich auch daraus, dass der Entscheidungsbereich der Vorinstanz nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens nicht enger sein könne als derjenige des Bundesgerichts, dessen Kognition sich nach den Artikeln 104 und 105 der revidierten Fassung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (SR 173.110) richte. Im Lichte dieser Rechtsprechung ist die Kognition der ESchK auch nach geltendem Recht nicht beschränkt; die Schiedskommission hat die Tarife somit auch de lege lata auf Angemessenheit zu prüfen. Danach ist ein Tarif nicht erst dann missbräuchlich, wenn im Sinne des Willkürverbots eine offensichtliche Überforderung vorliegt.

Diese vom Bundesgericht eingeleitete Verschärfung der Tarifgenehmigungspraxis im Sinne der Angemessenheitskontrolle findet in der vorliegenden Bestimmung sowie in Artikel 56 ihre Bestätigung.

Absatz 2: Im Gegensatz zu Artikel 6 des Reglements der ESchK, wonach die Schiedskommission, abgesehen von geringfügigen oder redaktionellen Korrekturen, einen Tarif nur genehmigen oder nicht genehmigen kann, gibt diese Bestimmung der Aufsichtsbehörde die Kompetenz, auch materielle Änderungen am Tarif vorzunehmen. Die Aufsichtsbehörde hat somit die Möglichkeit, direkt in die Tarifgestaltung einzugreifen. Sie kann diese Befugnis allerdings nur im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ausüben und nicht von sich aus an einem bereits genehmigten Tarif Änderungen vornehmen.

Absatz 3 soll zu Rechtsunsicherheit führende Doppelspurigkeiten verhindern.

Es wäre untragbar, wenn in einem Forderungsprozess gegen einen zahlungsunwilligen Werknutzer die Höhe der Vergütung anders beurteilt würde als in den von der Aufsichtsbehörde genehmigten und bei Inanspruchnahme der Rechtsmittel auch von der Rekurskommission für geistiges Eigentum und gegebenenfalls sogar vom Bundesgericht gutgeheissenen Tarifen. Ausserdem wäre der Zivilrichter im Rahmen eines Einzelprozesses kaum in der Lage, die gesamte Tarifsituation zu überblicken.

Artikel 56 Die Bestimmung konkretisiert die in Artikel 55 vorgesehene Angemessenheitskontrolle im Sinne des bereits erwähnten verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeentscheids vom 7. März 1986. Darin hat das Bundesgericht unter anderem festgestellt, dass die Tarifbeurteilung aufgrund der komplexen und wenig transparenten Verhältnisse
auf dem Gebiet der kollektiven Verwertung von Urheberrechten auf einigermassen verlässliche und objektive Kriterien angewiesen ist.

Absatz l legt das System zur Berechnung der Urheberrechtsentschädigung in Anlehnung an die im Bereich der kollektiven Rechtswahrnehmung anerkannten Usanzen fest. Danach soll die Entschädigung einen prozentualen Anteil der vom Nutzer mit der Verwendung des Werks erzielten Einnahmen ausmachen.

Die nach diesem Tantiemesystem zu berechnende Urheberrechtsentschädigung wird in Anlehnung an die sog. 10-Prozent-Regel, die auch der Genehmigungspraxis der Schiedskommission zugrunde liegt, begrenzt. Danach darf die Entschädigung maximal 10 Prozent der Bruttoeinnahmen betragen, die mit der Werknutzung erzielt worden sind. Dieser Prozentsatz ist indessen als absoluter Grenzwert zu verstehen, der keinesfalls überstiegen werden darf. Es wäre deshalb falsch, den Schluss zu ziehen, dass eine im Rahmen der 10-Prozent-Regel 564

festgelegte Entschädigung nicht missbräuchlich bzw. nicht unangemessen sein könne. Die Bestimmung stellt insbesondere keine Legitimation für Tariferhöhungen im Sinne einer stufenweise Heranführung der Entschädigungsansätze an den Grenzwert dar. Das heisst, dass auch für Tariferhöhungen, die sich an die 10-Prozent-Regel halten, konkrete Gründe vorliegen müssen.

In Nutzungsbereichen, in denen gar keine Einnahmen erzielt werden oder in denen die Werkverwendung nicht in einem direkten Zusammenhang mit den vom Nutzer erzielten Einnahmen steht (z.B. Hintergrundmusik im Flugzeug, im Restaurant oder im Warenhaus), ist als Berechnungsgrundlage der mit der Werknutzung verbundene Aufwand heranzuziehen. Absatz 2 öffnet für diese Nutzungsbereiche, in denen die Entschädigung nach dem Aufwand des Werknutzers berechnet werden muss, eine Gabel (Est. b und c), die einen gewissen Spielraum für differenzierte Lösungen bietet. Es ist davon auszugehen, dass die Anwendung der 10-Prozent-Regel in diesem Bereich sowohl für die Urheber als auch für die Werknutzer unter Umständen zu einem unangemessenen oder missbräuchlichen Ergebnis führen kann. Deshalb sollen in .besonderen Fällen . andere Grenzwerte gelten.

Absatz 3 enthält zwei im Bereich der Verwertung musikalischer Werke ebenfalls zur Usanz gewordene Berechnungsgrundsätze, nämlich die sogenannte Ballettregel und die Pro-rata-temporis-Regel. Gemäss der Ballettregel wird die Urheberrechtsentschädigung anteilmässig reduziert, falls gleichzeitig mit den kollektiv verwerteten Werken auch andere Werke dargeboten werden wie z.B. beim Ballett, wo neben der Musik auch die Choreographie zu berücksichtigen ist.

Die Pro-rata-temporis-Regel besagt, dass sich die Entschädigung für eine Aufführung mit geschützten und nicht geschützten Werken gemäss dem Anteil der nicht geschützten Werke an der Gesamtdauer der Darbietung reduziert.

Absatz 4 sieht vor, dass die Verwertungsgesellschaften bei der Tarifgestaltung gemeinnützige Einrichtungen mit sozialen und kulturellen Aufgaben berücksichtigen sollen. Das heisst, dass die Entschädigungsansätze für bestimmte Werkverwendungen nach Möglichkeit so abzustufen sind, dass sie die gemeinnützigen Einrichtungen weniger belasten als die kommerziellen Werknutzer. Besondere Bedeutung dürfte dieser Bestimmung im Hinblick auf die Festlegung der
Photokopierentschädigung im Bereich des Unterrichts zukommen: Die entsprechenden Ansätze werden tiefer sein müssen als diejenigen für das Kopieren in Betrieben, Verwaltungen und ähnlichen Institutionen.

215

Rechtsschutz

Im Bereich der Klageansprüche und des Verfahrensrechts stützt sich der Entwurf im Sinne einer Vereinheitlichung und Konzentration der prozessualen Institute auf Bundesebene sowohl begrifflich wie auch systematisch auf die entsprechenden Bestimmungen des Persönlichkeitsschutzes des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210) und das Bundesgesetz vom 19.Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241).

Soweit möglich und sinnvoll, wurden die Bestimmungen ebenfalls mit dem Entwurf vom 15. August 1988 zu einem neuen Markenschutzgesetz (EMSchG) und 565

den übrigen immaterialgüter- und wettbewerbsrechtlichen Erlassen (Bundesgesetz betreffend die Erfindungspatente, PatG; SR 232.14 und Bundesgesetz über Kartelle und ähnliche Organisationen, KG; SR 257) koordiniert.

Die EK III hat die Rechtsschutzbestimmungen des BRE mit dem Ziel überarbeitet, die Stellung des Verletzten zu stärken und die Verfolgung von Verstössen gegen das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte auf zivil- und strafrechtlichem Gebiet wirkungsvoller auszugestalten. Insbesondere galt es, die Waffen gegen die Piraterie zu schärfen.

In diesem Zusammenhang ist unter dem Titel «Rechtsschutz» nachträglich ein zusätzliches Kapitel über die Hilfeleistung der Zollbehörden eingefügt worden (Art. 70, 71 und 72). Eine ähnliche Regelung ist auch im Entwurf für ein neues Markenschutzgesetz vorgesehen. Damit soll das Instrumentarium zur Bekämpfung der Piraterie auf dem Gebiet des Urheber- und des Markenrechts verbessert werden.

215.1 Zivilrechtlicher Schutz Artikel 57 Diese Klage entspricht in ihrer Funktion Artikel 74 PatG. Aktivlegitimiert sind nicht nur der Urheber und der Inhaber verwandter Schutzrechte, sondern auch jeder Dritte, der ein rechtliches Interesse nachweist; dies ist besonders bei der negativen Feststellungsklage von Bedeutung. Die Klage kann mit anderen kumuliert werden. Die EK III hat diese Bestimmung lediglich redaktionell geändert.

Artikel 58 Artikel 58 regelt die Leistungsklagen aus der Verletzung oder Gefährdung von Urheber- oder verwandten Schutzrechten. Absatz l macht deutlich, dass nicht nur der wirklich Verletzte, sondern auch der von einer Verletzung Bedrohte geschützt werden soll.

Die in den Buchstaben a und b von Absatz l präzisierten Unterlassungs- und Beseitigungsklagen sind gegen jedes objektiv rechtswidrige Verhalten des Beklagten gegeben. Ein Verschulden ist ebensowenig erforderlich wie der Nachweis eines Schadens. Buchstabe c gibt neu einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch betreffend widerrechtlich hergestellte oder in Verkehr gebrachte Gegenstände.

Urheberrechtsverletzungen kann nur dann wirksam begegnet werden, wenn es gelingt, eventuell vorhandene Hintermänner ausfindig zu machen. Die prozessualen Rechtsbehelfe des kantonalen Rechts genügen für diesen Zweck in der Regel nicht.

Absatz 2: Gemäss Bundesgerichtspraxis im Patentrecht (BGE 9711
177f. und 98 II 325 ff.) werden der Schadenersatzanspruch und der Gewinnherausgabeanspruch nach den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag nur alternativ gewährt. Dieser Absatz soll jedoch nicht ausschliessen, dass klageweise ein Schaden geltend gemacht werden kann, der teilweise unter den Begriff des Schadenersatzes, teilweise unter die Bestimmungen der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung fällt. Für den glei566

cheti Schadenposten kann indessen nicht die Schadenersatzklage mit der Klage auf Herausgabe eines Gewinns kumuliert werden.

Artikel 59 Die Bestimmung übernimmt die Regelung des geltenden Rechts (vgl. Art. 54 URG).

Artikel 60 In Absatz l wurde dem Wohnsitzgerichtsstand der Gerichtsstand des Verletzungsortes (Ort der Handlung oder des Erfolgs) hinzugefügt. Damit wurde die Gerichtsstandsbestimmung des EURG an diejenige des PatG (Art. 75 Abs. l Bst. a) angepasst. Da auch der EMSchG diese alternativen Gerichtsstände vorsieht (Art. 59), bedeutet dies einen weiteren Schritt zur Vereinheitlichung des Immaterialgüterrechts.

Die Wahlmöglichkeit des Gerichtsstandes wurde dem Kläger vor allem aber auch im Hinblick auf die vorsorglichen Massnahmen (vgl. Art. 61 Abs. 3) zugestanden. Es dürfte in der Regel zweckmässig sein, diese am Ort der Handlung und nicht am Wohnsitz des Beklagten zu beantragen. Die Schaffung eines einheitlichen Gerichtsstandes für die Zivilklage und die vorsorglichen Massnahmen und die damit zusammenhängende Verstärkung des Rechtsschutzes rechtfertigt aber auch ein Abweichen von der in der Bundesverfassung verankerten Gerichtsstandsgarantie (Art. 59 BV).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die grenzüberschreitenden Fälle durch Artikel 109 IPRG geregelt werden.

Gemäss Absatz 2 wird die Zulässigkeit der einfachen Streitgenossenschaft für das Urheber- und die verwandten Schutzrechte auf Bundesebene einheitlich geregelt. Der zuerst angerufene Richter ist ausschliesslich zuständig; dies eröffnet dem Beklagten die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit, womit parallellaufende Prozesse unabhängig vom kantonalen Zivilprozessrecht vermieden werden können. Die Frage der Rechtshängigkeit beurteilt sich nach dem jeweiligen kantonalen Recht.

Absatz 3 entspricht Artikel 76 Absatz l PatG wie auch Artikel 45 Absatz l URG (ebenso Art. 59 Abs. 3 EMSchG). Die Zuständigkeit einer einzigen kantonalen Instanz ist angesichts des speziellen Charakters des Urheberrechts gerechtfertigt. Ausserdem ist die Vorschrift in den einzelnen Kantonen aufgrund des geltenden Rechts bereits eingeführt und es besteht kein Grund, eine Änderung zu bewirken.

Dagegen kann auf Artikel 45 Absatz 2 URG verzichtet werden, da diese Regel schon in Artikel 45 Buchstabe a OG enthalten ist.

Artikel 61 Der Entwurf regelt
die vorsorglichen Massnahmen des Gesetzes systematisch im Zusammenhang mit den zivilrechtlichen Ansprüchen.

Der Kritik an der knappen Regelung des einstweiligen Rechtsschutzes im BRE wurde dadurch Rechnung getragen, dass die wichtigen Fragen ausdrücklich normiert wurden, das sind die Voraussetzungen (Abs. 1), die möglichen Mass567

nahmen (Abs. 2) und der Gerichtsstand (Abs. 3). Für die Einzelheiten wird weiterhin auf die Artikel 28c-28/ZGB (für die Erläuterung der einzelnen Bestimmungen vgl. BB1 1982 II 665 ff.) verwiesen (Abs. 4). Die gleiche Regelung ist auch im EMSchG (Art. 60) vorgesehen.

Artikel 62 Diese Norm entspricht Artikel 70 PatG. Nicht nur der obsiegende Inhaber von Urheber- oder verwandten Schutzrechten, sondern auch der obsiegende Beklagte kann die Publikation verlangen.

215.2

Strafbestimmungen

Artikel 63 Absatz 1: Die Straftatbestände stimmen im wesentlichen mit den in den Artikeln 9-11 aufgezählten Werkverwendungsarten überein. Um die Auskunftspflicht von Artikel 58 Absatz l Buchstabe c wirksamer durchsetzen zu können, wurde die Auskunftsverweigerung als Straftatbestand in Buchstabe i verankert.

Das Strafmass für die hier genannten Verstösse gegen das Urheberrecht ist gegenüber dem geltenden Recht (Busse bis 5000 Fr.) verschärft worden. Die Gefängnis- und die Geldstrafe können kumuliert werden. Die Strafandrohung lässt sich nun mit derjenigen im Patentrecht (Art.81 PatG: Gefängnis bis zu einem Jahr oder Busse bis zu 20000 Fr.) vergleichen; es besteht in der Tat kein Grund, Urheberrechtsverletzungen weniger streng zu bestrafen als Patentverletzungen.

Handelt der Täter gewerbsmässig, ist er gemäss Absatz 2 kumulativ mit einer Freiheitsstrafe und mit einer Busse zu bestrafen. Zudem soll gewerbsmässiges Handeln neu als Offizialdelikt ausgestaltet werden. Erstens wird damit klargestellt, dass eine Verletzung von Urheberrechten kein «Kavaliersdelikt» ist. Zum zweiten soll dadurch die Verfolgung der internationalen Piraterie erleichtert werden. Im Unterschied beispielsweise zur Markenpiraterie sind praktisch durchwegs eine Vielzahl von Urhebern betroffen, so dass es unmöglich ist, von allen Verletzten Strafanträge zu beschaffen. Das Bussenmaximum wurde auf 100000 Franken erhöht. Diese Regelung soll insbesondere als Präventivmassnahme gegen den zunehmenden Diebstahl von geistigem Eigentum durch Raubdruck, Tonträger- und Videopiraterie wirken.

Artikel 64 Die Unterlassung der Quellenangabe wird als einziges Bagatelldelikt als Übertretung behandelt. Der Höchstbetrag der Busse wird hier von 500 Franken (Art. 50 Abs. l Ziff. 3 URG) im geltenden Recht auf 5000 Franken (Art. 106 Abs. l StGB) erhöht.

Artikel 65 Absatz 1: Wie beim Urheberrecht soll auch hier nicht jede Verletzung von verwandten Schutzrechten strafbar sein. So fehlt im Katalog der Straftatbestände das unberechtigte Wahrnehmbarmachen einer Darbietung (Art. 34 Abs. 2 Bst. a) 568

sowie einer Sendung (Art. 37 Bst. b). Die Strafen entsprechen denen im Urheberrecht (Art. 63).

Absatz 2: Siehe die Bemerkungen zu Artikel 63 Absatz 2.

Artikel 66 Die Bestimmung über die ohne Bewilligung erfolgende kollektive Verwertung von Urheberrechten (Art. 66 BRE) ist aus systematischen Gründen in den Rechtsschutztitel verlegt worden.

Diese Strafbestimmung knüpft an Artikel 41 an. Sie entspricht abgesehen von einer Strafverschärfung Artikel 3 des VerwertungsG, dessen Absatz 3 allerdings weggelassen wurde, weil die Nichtigkeit der ohne Bewilligung im Bereich der ausschliesslichen Rechte abgeschlossenen Verträge ebensosehr den Werknutzer wie den Täter treffen müsste. Im Bereich der Vergütungsansprüche wäre eine solche Norm ohnehin bedeutungslos.

Zusätzlich wird präzisiert, dass diese Bestimmung ausschliesslich für Urheberrechte gilt, deren Verwertung der Bundesaufsicht unterstellt ist.

Artikel 67 Keine Bemerkungen.

Artikel 68 Eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung von Artikel 58 StGB ist dadurch gewährleistet, dass die Einziehung nur erfolgt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Gemäss Absatz l Buchstabe a muss diese Massnahme insbesondere zur Beseitigung eines unrechtmässigen Vorteils oder Zustandes geboten sein. Deshalb wird hier nur diejenige Werkkategorie ausdrücklich von der Einziehung ausgenommen, bei der das Missverhältnis zwischen dem Zweck dieser Massnahme und der sich daraus für den Eigentümer ergebenden Folgen von vorneherein evident ist.

Artikel 69 Absatz 1: An der Zuständigkeit der kantonalen Behörden soll nichts geändert werden.

Absatz 2: Als Aufsichtsbehörde der Verwertungsgesellschaften (vgl. Art. 52) verfügt das Bundesamt für geistiges Eigentum über die fachlichen und personellen Voraussetzungen, um diese Aufgabe zu erfüllen.

215.3

Hilfeleistung der Zollverwaltung

Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat am 1. Dezember 1986 eine «Verordnung über Massnahmen zum Verbot der Überführung nachgeahmter Waren in den zollrechtlich freien Verkehr» erlassen, die am 1. Januar 1988 in Kraft getreten ist. Diese Verordnung sieht vor, dass die Zollbehörden im Falle von Waren, bei denen der Verdacht besteht, dass sie nachgeahmt sein könnten, die Genehmigung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr für die Zeit 569

aussetzen, die für die Prüfung der Frage, ob es sich tatsächlich um Warenfälschungen handelt, erforderlich ist.

Obwohl diese Verordnung nur den Markenmissbrauch (Waren, die rechtswidrig mit einer Marke oder einem Warenzeichen versehen sind) betrifft, zeigt sie doch die allgemeine Stossrichtung an, wie sie auch auf anderen Ebenen (OMPI, GATT) diskutiert wird. Dabei wird insbesondere auch auf die bedeutende Rolle hingewiesen, welche die Zollbehörden in der Bekämpfung von Warenfälschungen und Piraterieprodukten einzunehmen in der Lage sind.

Mit dem Kapitel über die Hilfeleistung der Zollverwaltung soll deshalb den Zollbehörden das nötige Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, um bei vermuteten oder tatsächlichen Verletzungen von Urheberrechten oder von verwandten Schutzrechten die erforderlichen Schritte einleiten zu können.

Artikel 70 Diese Bestimmung schafft die rechtliche Grundlage für ein Eingreifen der Zollbehörden, ohne ihnen jedoch die Pflicht aufzuerlegen, nach verdächtigen Sendungen zu suchen.

Artikel 71 Hier sind die Voraussetzungen umschrieben, unter denen der Inhaber von Urheber- oder von verwandten Schutzrechten bei der Zollverwaltung ein Gesuch um Hilfeleistung stellen kann.

Artikel 72 Keine Bemerkungen.

216

Schlussbestimmungen

216.1

Vollzug und Aufhebung bisherigen Rechts

Artikel 73 Der vorliegende Entwurf ist so konzipiert, dass er jedenfalls in einer ersten Phase ohne ergänzende Bundesratsverordnung auskommt. Er sieht indessen an verschiedenen Stellen spezielle fakultative Kompetenzen des Bundesrates vor (Art. 22 Abs. 2, 40 Abs. 2 und 47 Abs. 2). Darüber hinaus kann sich aber besonders beim vierten Titel die Notwendigkeit ergeben, Ausführungsbestimmungen allgemeiner Art zu erlassen.

Artikel 74 Keine Bemerkungen.

216.2

Übergangsbestimmungen

Artikel 75 In Übereinstimmung mit Artikel 62 Absatz l URG sieht Absatz l eine Rückwirkung des neuen Rechts in dem Sinne vor, dass auch alle Werke, Darbietungen, 570

Ton- und Tonbildträger sowie Sendungen, die schon vor seinem Inkrafttreten bestanden, durch das revidierte Gesetz geschützt sind.

Absatz 2 lehnt sich an Artikel 65 URG an. Gewisse im URG enthaltene Schutzausnahmen fehlen im vorliegenden Entwurf, so z.B. diejenige für Anthologien für den Schulgebrauch (Art.27 Abs. l Ziff. 2 URG). Wer nachweisen kann, dass er vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes mit der Herstellung von derartigen Werkexemplaren begonnen hat, darf nach der vorliegenden Bestimmung gestützt auf das alte Recht die Verwertungshandlungen zu Ende führen, im genannten Beispiel somit die Exemplare auch in Verkehr bringen. Der Sinn der Norm ist es, dass in guten Treuen getätigte Investitionen noch realisiert werden können.

Diese Übergangsbestimmung findet insbesondere auch auf die neu im Entwurf vorgesehenen Schutzobjekte (3. Titel: Verwandte Schutzrechte) Anwendung.

Bisher erlaubte Verwendungshandlungen, die sich auf Darbietungen, Ton- oder .Tonbildträger sowie Sendungen beziehen, dürfen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes noch zu Ende geführt werden.

Artikel 76 Diese Norm entspricht im Vertragsrecht bewährten übergangsrechtlichen Kriterien.

Artikel 77 Diese Bestimmung erlaubt es der Bewilligüngsbehörde, unabhängig von der Geltungsdauer der altrechtlichen Bewilligungen sämtliche Bewilligungen unverzüglich und gleichzeitig nach neuem Recht neu zu .erteilen und so namentlich die erforderliche Koordination zwischen den einzelnen Verwertungsgesellschaften sicherzustellen.

216.3

Referendum und Inkrafttreten

Artikel 78 Keine Bemerkungen.

22

Kommentar der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs zum Topographiengesetz

221

Allgemeine Bestimmungen

221.1

Gegenstand und Geltungsbereich

Artikel l Bemerkungen zum Schutzobjekt: Integrierte Schaltungen («puce», «Chips») sind Erzeugnisse, in denen ein dreidimensionales Muster enthalten ist. Solche Schaltungen bestehen heute üblicherweise aus elektronischen Bauteilen (Transistoren, Widerständen usw.). Die Entwicklung ist heute soweit fortgeschritten, dass auf einem rund l cm2 grossen Halbleiterplättchen mehrere 100000 elektronische 571

Bauteile «aufgebaut» werden können. Dies erheischt äusserst kompliziert strukturierte Schaltungen.

Die Verfahren zur Herstellung von integrierten Schaltungen sind ausserordentlich kostenintensiv. Eine einzige integrierte Schaltung kann Investitionen von mehreren 10 Millionen Schweizer Franken kosten und jahrelange Entwicklungsarbeit erfordern. Demgegenüber können sie vergleichsweise einfach und zu einem Bruchteil der Herstellungskosten kopiert werden. Die Übernahme erfolgt in der Regel indem mit Hilfe von Photographien der einzelnen Schichten des Originals ein zur Herstellung identischer integrierter Schaltungen geeigneter Maskensatz fabriziert wird.

Unter «integrierter Schaltung» ist somit die endgültige Form oder Zwischenform eines Erzeugnisses zu verstehen, das in der Regel aus einem halbleitenden Materialteil besteht, der mit einer oder mehreren Schichten aus leitendem, isolierendem oder halbleitendem Material versehen ist, die insgesamt das festgelegte dreidimensionale Muster wiedergeben.

Dieses Muster ist das eigentliche Schutzobjekt des Gesetzes. Es ist definiert als die dreidimensionale Struktur, so wie sie sich aus den miteinander in Verbindung stehenden Schichten ergibt, aus denen eine integrierte Schaltung besteht.

Jede dieser Schichten weist dabei das Muster einer Oberfläche des Halbleitererzeugnisses auf.

Zur Umschreibung dieser Struktur hat die EG in ihrer Richtlinie den Begriff «Topographie» gewählt. Diese Bezeichnung wird daher auch hier verwendet.

Topographien sind gemäss Absatz l geschützt, sobald sie festgelegt sind. Es spielt keine Rolle, ob sie in den zur Herstellung von Topographien häufig verwendeten Masken, in bildlicher Darstellung («Composite Drawing») oder in digitaler Form («Data Base Tape») vorliegen.

Schützbar ist eine Topographie nur, wenn sie im Zeitpunkt der abgeschlossenen Entwicklung nicht alltäglich ist. Sie darf also in den Fachkreisen im Zeitpunkt ihrer Fertigstellung nicht bekannt sein und muss ein gewisses Mass an geistiger Arbeit enthalten. Verlangt wird weder eine besondere erfinderische Leistung noch eine individuelle Ausprägung der Topographie.

Der Hinweis auf Teile von Topographien in Absatz 2 stellt klar, dass auch einzelne Elemente, bspw. eine einzelne Transistorenanordnung geschützt sein kann, wenn ihre Struktur nicht alltäglich ist. Unter
diese Bestimmung fallen ferner Topographien, die zur Verwendung in unterschiedlichen integrierten Schaltungen geeignet sind, und im geschäftlichen Verkehr als für die Ausarbeitung von Gesamttopographien verwendbare Elemente angeboten werden («Gâte Array s»).

Auch Entwürfe, die während der Entwicklung von Topographien entstehen, können gemäss Absatz 2 unter den Schutz des Gesetzes fallen.

Schliesslich ist in Absatz 3 die Möglichkeit vorgesehen, dass auch Topographien, die aus einzelnen bekannten Bestandteilen bestehen, schützbar sind, wenn sie auf einer nicht alltäglichen Zusammenstellung der bekannten Teile beruhen. Viele Neuentwicklungen vermehren oder verbessern gerade durch eine neue Anordnung bekannter Elemente die Funktionen von Halbleitererzeugnissen.

572

Artikel 2 Die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzesentwurfs auf Topographien von ausländischen Staatsangehörigen hängt grundsätzlich davon ab, ob deren Heimatstaat Schweizern Gegenrecht gewährt. Mit diesem System soll für andere Länder ein Anreiz geschaffen werden, Topographien ebenfalls zu schützen. Die vorgesehene Gegenrechtsbedingung entspricht zudem den durch die USA eingeführten und praktisch weltweit befolgten Spielregeln dieses Sonderschutzes.

Absatz 1: Gemäss Buchstabe a ist das Gesetz nur auf Topographien von schweizerischen Herstellern anwendbar, wobei darunter diejenigen Personen gemeint sind, denen das Leistungsschutzrecht originär zusteht (vgl. Kommentar zu Art. 3). Mithin können schweizerische Rechtsnachfolger den Schutz des Gesetzes im Prinzip nicht beanspruchen. Eine solche Situation dürfte aber nur ausnahmsweise eintreten. Es geht um die Fälle, in denen ein schweizerisches Unternehmen die Topographie eines ausländischen Herstellers erwirbt und erstmals im Ausland nutzt, ohne dass eine der Voraussetzungen von Absatz 2 erfüllt ist.

Der in Buchstabe a verwendete Begriff «Niederlassung» bezieht sich auf Fälle, in denen eine juristische Person Rechtsinhaber ist und entspricht, wie übrigens auch der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts, der Terminologie des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht. Danach befindet sich die Niederlassung einer Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung hat (vgl. Art. 21 Abs. 3 IPRG).

Buchstabe b enthält eine Ausnahme vom Gegenreçhtsvorbehalt für Schutzobjekte, die erstmals in der Schweiz genutzt worden sind.

In Absatz 2 erhält der Bundesrat die Kompetenz, den Topographienschutz unter Vorbehalt des Gegenrechts auch auf Topographien ausländischer Hersteller auszudehnen. Es obliegt demnach nicht den Gerichten, im Einzelfall zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des Gegenrechts erfüllt sind.

Die Delegation der Kompetenz an den Bundesrat entspricht den Spielregeln des internationalen Schutzes. Da bis anhin noch keine der Berner Übereinkunft oder dem Welturheberrechtsabkommen vergleichbare Übereinkunft über Topographien in Kraft steht, die das Prinzip der Inländergleichbehandlung vorschreibt, wird der internationale Schutz gegenwärtig mittels bilateraler Reziprozitätserklärungen sichergestellt. Befristete
Ausdehnungserklärungen zugunsten der Schweiz sind bereits seitens der Europäischen Gemeinschaft und der Vereinigten Staaten erfolgt. Der Bundesrat braucht diese Kompetenz, um auf diese und weitere zu erwartende Ausdehnungserklärungen reagieren zu können.

Es ist allerdings möglich, dass im Verlaufe des nächsten Jahres das Abkommen von Washington zum Schutz der Topographien von integrierten Schaltungen in Kraft treten wird. Dieses Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum basiert auf dem Prinzip der Inländergleichbehandlung. In diesem Fall wird Absatz 2 gegenüber denjenigen Ländern zur Anwendung kommen, die diesem Abkommen nicht angehören.

Weil der Entwurf im Gegensatz zu ausländischen Gesetzen den Schutz nicht auf die Topographien von integrierten Schaltungen aus halbleitendem Material beschränkt (vgl. Kommentar zu Art. 1). muss der Bundesrat den Schutz des Ge22 Bundesblatt, 141.Jahrgang. Bd.III

573

setzes im übrigen auch bloss teilweise auf ausländische Staatsangehörige ausdehnen können.

Absatz 3: vgl. Kommentar zu Artikel l Absatz 2 EURG.

221.2

Rechtszuordnung und Rechtsübergang

Artikel 3 Im Unterschied zum Begriff der Schöpfung, der im Urheberrecht Anwendung findet, ist der Begriff «Entwicklung» breiter. Er bezieht sich nicht auf die geistige und schöpferische Tätigkeit der natürlichen Personen, die an der Entwicklung mitwirken, sondern auf die unternehmerische Leistung, die damit verbunden ist. Verlangt wird, dass ein gewisses Mindestmass an Aufwand für die Herstellung der Topographie geleistet worden ist. Dadurch wird klargestellt, dass Kopieren oder einfaches Abändern der Topographie nicht als eigenständiges Entwickeln gilt.

Topographien gehören im Unterschied zu den Werken der Literatur und Kunst in den Bereich der industriellen Erzeugnisse, die üblicherweise in einem Betrieb durch eine Mehrzahl von in unterschiedlicher Art und Weise beteiligten Personen entwickelt werden. Anders als beim Urheberrecht, bei dem der Schutz auf eine eigenpersönliche Schöpfung ausgerichtet ist, geht es hier um einen Investitionsschutz, um den Schutz der unternehmerischen Leistung, die mit der Entwicklung einer Topographie regelmässig verbunden ist. Das Schutzsubjekt dieses industriellen Leistungsschutzes ist der Unternehmer, unter dessen Verantwortung und auf dessen Kosten und Risiko die Topographie entwickelt wird. In aller Regel wird dieser Unternehmer eine juristische Person sein und zwar ein Arbeitgeber oder ein Produzent im Sinne von Artikel 17 EURG.

Gemäss dieser Bestimmung können auch natürliche Personen die originären Inhaber der Rechte an der Topographie sein; dies dürfte allerdings die Ausnahme bleiben. Es setzt nämlich voraus, dass eine natürliche Person eine Topographie auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten herstellt. Wird die Topographie dagegen für einen Arbeitgeber oder einen Produzenten entwickelt, so ist dieser als der Hersteller der Topographie und als der originäre Rechtsinhaber anzusehen und nicht die natürliche Person, die für ihn tätig geworden ist.

Artikel 4 Im gleichen Sinne bestimmen Artikel 9 Absatz l URG und Artikel 14 Absatz l EURG sowie Artikel 33 PatG und Artikel 4 MMG, dass die Rechte an den entsprechenden Immaterialgütern übertragbar und vererblich sind. Es besteht kein Grund, im Bereich des industriellen Leistungsschutzes von dieser Regel abzuweichen.

221.3

Schutzumfang

Artikel 5 Die Nutzungsrechte an Topographien werden wie im EURG (vgl. Art. 10 Abs. 2 und 3) abschliessend aufgezählt. Dem Hersteller von Topographien werden nur 574

diejenigen Rechte eingeräumt, die er zur Bekämpfung der Piraterie - also zum Schutz seiner Investition - benötigt, das ist einerseits das Vervielfältigungsrecht (Bst. a) und anderseits das Verbreitungsrecht (Bst. b).

Das in Buchstabe a vorgesehene Vervielfältigungsrecht umfasst auch den Einbau einer Topographie in eine integrierte Schaltung, also die Herstellung integrierter Schaltungen unter Verwendung geschützter Topographien.

Das Verbreitungsrecht ist in Buchstabe b ähnlich wie in der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 16. Dezember 1986 betreffend den Rechtsschutz von Topographien von Halbleitererzeugnissen umfassend umschrieben, um sicherzustellen, dass es jede Verwertung in Form einer Verbreitungshandlung erfasst, also z.B. auch das Leasing.

In Übereinstimmung mit dem Abkommensentwurf .zum Schutz von Topographien vom 1. September 1988 der Weltorganisation für geistiges Eigentum wird dem Hersteller auch das Einführen von Topographien als ausschliessliche Befugnis vorbehalten. Diese Befugnis geht insofern über das Verbreitungsrecht hinaus, als sie auch die ohne Besitzeswechsel erfolgende Einfuhr von Topographien erfasst und damit den Schutz vor der: Piraterie verbessert. Besondere Bedeutung erlangt das Einfuhrrecht in Zusammenhang mit der Hilfeleistung durch die Zollverwaltung (vgl. Art. 12): Im Falle der Zurückbehaltung der Ware durch die Zollverwaltung kann der Berechtigte auch dann Klage erheben, wenn durch den Import das Verbreitungsrecht nicht verletzt wird, weil die Ware im Besitz des Importeurs bleibt.

Artikel 6 Diese Bestimmung regelt die Erschöpfung des Verbreitungsrechts in Übereinstimmung mit Artikel 12 Absatz l EURG. Auch für Topographien findet somit das Prinzip der internationalen Erschöpfung Anwendung (vgl. Ziff. 212.32). Der Erschöpfungsgrundsatz findet auf alle in Artikel 5 Buchstabe b vorgesehenen Verwendungen Anwendung; folglich ist auch das Einführen rechtmässig .erworbener Topographien erlaubt.

Es ist indessen darauf hinzuweisen, dass die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht generell für ein bestimmtes Schutzobjekt eintritt, sondern immer nur für diejenigen Exemplare («Chips»), die tatsächlich veräussert worden sind.

Auch tritt durch den blossen Besitzeswechsel an einem Exemplar des Schutzobjekts (Vermieten oder Ausleihen von Produkten, die
Topographien enthalten) keine Erschöpfung ein. sondern erst mit dem Eigentumsübergang.

In der Vernehmlassung haben verschiedene Kieise für das Prinzip der nationalen Erschöpfung plädiert. Danach wäre das Verbreitungsrecht nur in bezug auf diejenigen Exemplare des Schutzobjekts konsumiert, die im Inland veräussert worden sind. Es wäre somit möglich, das Verbreitungsrecht mit Wirkung gegenüber Dritten territorial aufzuteilen. Das würde dazu führen, dass der Hersteller von Topographien den Handel mit Erzeugnissen beherrschen könnte, die solche Topographien beinhalten (z.B. Waschmaschinen, Fernsehapparate usw.). Dies wäre angesichts des geringen Wertanteils der Topographien am Gesamtwert des Produkts nicht gerechtfertigt und würde auch den internationalen Bestrebungen nach einem Abbau von Handelsschranken und der Gewährleistung eines möglichst freien Warenverkehrs zuwiderlaufen.

' ,

575

Artikel 7 Absatz l sieht eine Schutzausnahme zugunsten der Lehre und Forschung vor, die man sowohl im OMPI-Abkommen als auch in der EG-Richtlinie sowie in den verschiedenen nationalen Gesetzen wiederfindet. Ohne eine solche Bestimmung könnte der gesetzliche Schutz von Topographien die Weiterentwicklung auf diesem Gebiet der Technologie ernsthaft behindern, deshalb ist ihr auch seitens der Industrie kein Widerstand erwachsen.

Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass eine nach Absatz l erlaubte Nachbildung nicht geschäftlich verwertet werden darf.

Absatz 2 regelt den Fall des sogenannten «Reverse Engineering». Demnach ist es erlaubt, das Ergebnis einer nach Absatz l analysierten Topographie zu übernehmen und weiter zu verarbeiten («Reverse Engineering»). Wird eine geschützte Topographie zurückentwickelt und die dabei gefundenen Erkenntnisse dazu benutzt, um eine neue Topographie zu entwickeln, darf diese ohne Zustimmung des Herstellers der ursprünglichen Topographie auch geschäftlich verwertet werden. Voraussetzung dafür ist, dass die neue Topographie nicht alltäglich ist und somit gemäss Artikel l des Entwurfs einen selbständigen Schutz geniesst. Sie darf also nicht eine blosse Kopie darstellen, sondern sie muss selber das Ergebnis einer eigenen geistigen Arbeit sein.

In der Vernehmlassung wurde die Entrichtung von Lizenzgebühren an die Hersteller der Originaltopographie für die Verwertung der daraus abgeleiteten Topographie verlangt. Eine solche Regelung würde indessen sowohl den internationalen Regelungsbemühungen als auch dem Prinzip des «Reverse Engineering» zuwiderlaufen.

Artikel 8 Anders als in den übrigen immaterialgüterrechtlichen Gesetzen, gewährt Absatz l unter gewissen Voraussetzungen einen Gutglaubensschutz.

Sehr viele Produkte enthalten integrierte Schaltungen und damit häufig auch geschützte Topographien. Der möglichst ungehinderte Verkehr dieser Produkte muss gewährleistet sein. Grosshändlern von Fernsehapparaten, zum Beispiel, kann in der Regel nicht zugemutet werden, jedes Gerät daraufhin zu überprüfen, ob es eine unrechtmässig nachgebildete Topographie enthält. Deshalb wird der in Artikel 5 Buchstabe b vorgesehene Verbotsanspruch des Herstellers gutgläubigen Dritten gegenüber auf eine blosse Vergütung reduziert. Die nachträgliche Zerstörung des guten Glaubens
führt nicht dazu, dass man nicht mehr weiterverbreiten dürfte.

Diese Regelung ist auch deshalb gerechtfertigt, weil - wie oben bereits ausgeführt - der Wert der integrierten Schaltung oft verschwindend klein ist im Vergleich zum Wert des Produkts, in dem sie enthalten ist.

Das Bestehen des guten Glaubens hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; es dürfte aber schwierig sein, dessen Fehlen nachzuweisen. Jedenfalls genügt der blosse Eintrag der Topographie in das Register (vgl. Art. 13 ff.) grundsätzlich nicht, um den guten Glauben zu zerstören.

Die in Absatz 2 festgelegte «angemessene Vergütung» bemisst sich nach den 576

Ansätzen, die für die ordentliche Lizenz zu bezahlen wären. Beim Entscheid über den Anspruch und die Höhe der Vergütung hat der Richter zu prüfen, ob der Schaden bereits durch eine Schadenersatzklage abgedeckt ist. Die mit der Geltendmachung dieses Anspruchs verbundene Zerstörung des guten Glaubens führt nicht dazu, dass die aus dem gutgläubigen Erwerb noch vorhandenen Exemplare nicht mehr weiterverbreitet werden dürften.

221.4

Schutzdauer

Artikel 9 Die Schutzdauer beträgt gemäss Absatz l grundsätzlich zehn Jahre. Sie beginnt entweder mit dem Zeitpunkt der Eintragung der Topographie in das Register oder, falls sie früher zum ersten Mal verbreitet worden ist, mit dem Zeitpunkt ihrer ersten Verbreitung.

Gemäss Absatz 2 erlischt der Schutz, wenn die Topographie nach der, ersten Verbreitungshandlung nicht innerhalb von zwei Jahren in das Register eingetragen wird. Diese Regelung gewährt dem Hersteller eine gewisse Bedenkfrist, ohne das Interesse Dritter, sich über bestehende Schutzrechte .informieren zu können, zu vernachlässigen.

Absatz 3 stellt zur Erhaltung der Rechtssicherheit eine Verwirkungsfrist auf.

Absatz 4 gibt zu keinen Bemerkungen Anlass.

221.5

Rechtsschutz

Artikel 10 Absatz 1: Es kann auf die Ausführungen zu den Artikeln 57-62 EURO verwiesen werden (vgl. Ziff.215.1). Die Ausnahmebestimmung von Absatz 2 nimmt Bezug auf gutgläubig erworbene Halbleitererzeugnisse gemäss Artikel 8 (vgl.

Ziff. 221.3).

Artikel 11 Absatz l Buchstabe a bezieht sich auf alle Nachbildungen von Topographien, die nicht durch ein «Reverse Engineering» geschaffen werden (Art.7).

Buchstabe b erfasst grundsätzlich jede Handlung, mit der Topographien unerlaubterweise in Verkehr gebracht oder sonstwie verbreitet werden. Davon ausgenommen sind gutgläubig erworbene integrierte Schaltungen, die eine unrechtmassig nachgebildete Topographie enthalten (Art. 8).

Buchstabe c verankert die Auskunftsverweigerung als Straftatbestand. Damit soll die Auskunftspflicht wirksamer durchgesetzt werden können. Diese Auskunftspflicht gilt auch für den gutgläubigen Erwerber.

Gemäss Absatz 2 ist gewerbsmässiges Handeln als Offizialdelikt ausgestaltet.

Damit wird klargestellt, dass eine Verletzung der Rechte an Topographien kein «Kavaliersdelikt» ist. Ferner soll auf diese Weise die Verfolgung der internationalen Piraterie erleichtert werden. Entsprechend ist auch das Bussenmaximum 577

von 100000 Franken, das in Koordination mit dem EMSchG, dem KG und dem neuen UWG festgelegt wurde (vgl. Ziff. 215).

Artikel 12 Es kann auf die Ausführungen zu den Artikeln 70-72 EURG verwiesen werden (vgl. Ziff. 215.3).

222

Das Register

Die Industrie verlangt die Einführung eines Registers für integrierte Schaltungen. Der Grund dafür ist der starke internationale Konkurrenzdruck, unter dem die Hersteller von integrierten Schaltungen stehen. Es besteht daher ein grosses Interesse, möglichst frühzeitig einen Überblick über Neuentwicklungen zu erhalten. Zudem ist es für die Industrie wichtig, feststellen zu können, ob für eine Topographie Schutz beansprucht wird. Die meisten Industrieländer, welche Gesetze zum Schutz von Topographien erlassen haben, sehen auch eine Registrierungspflicht vor. In Anbetracht der Tatsache, dass die Herstellung von integrierten Schaltungen einen Hochtechnologiebereich von herausragender Bedeutung darstellt, wird die Einführung eines Registers als gerechtfertigt erachtet.

Artikel 13 Keine Bemerkungen.

Artikel 14 Diese Bestimmung regelt die formellen Voraussetzungen der Eintragung. Nebst einem schriftlichen Eintragungsgesuch, das die Bezeichnung der Topographie enthält und ihren Verwendungszweck angibt, sind Unterlagen zur Identifizierung der Topographie einzureichen. Weil diese Unterlagen ohne weitere Prüfung durch das Amt ins Register eingetragen werden, obliegt es dem Anmelder, zu entscheiden, welche Unterlagen er zur Identifizierung der Topographie als geeignet erachtet. Er wird daher in der Regel - unter Berücksichtigung der eigenen Geheimhaltungsbedürfnisse - seine Topographie nur in dem Rahmen offenlegen, der zur Identifikation notwendig ist. Lässt sich aber die Topographie aufgrund des Registereintrags nicht oder nur ungenügend identifizieren, tritt insoweit auch kein Schutz ein. Die Identifikation entspricht nicht der Offenbarung im Patentrecht; es geht nicht darum, die ganze Lehre und alle Erkenntnisse offenzulegen, die zum Erfolg geführt haben. Es soll lediglich die für die Beweisführung notwendige Identifikation sichergestellt werden, und dafür ist allein der Anmelder verantwortlich.

Artikel 15 Es findet keinerlei vorgängige Prüfung der Topographie durch das Amt statt.

Kontrolliert wird bloss, ob die in Artikel 14 aufgezählten Erfordernisse erfüllt sind. Insbesondere prüft das Amt nicht, ob die eingereichten Unterlagen zur Identifizierung der Topographie genügen, und ebensowenig ob die Topographie nicht alltäglich ist. Ein derart begründeter Antrag auf Löschung der Anmeldung müsste in einem gerichtlichen Verfahren gestellt werden. Zurückgewiesen wer578

den können auch Produkte, die offensichtlich keine Topographie darstellen; aber auch in diesen Fällen sind letztlich die Gerichte zur Beurteilung zuständig.

Absatz 1: Die Anmeldung ist erst dann vollständig, wenn auch die entsprechende Gebühr bezahlt ist (vgl. Art. 14 Abs. 3).

Absatz 2: Keine Bemerkungen.

Artikel 16 Keine Bemerkungen.

Artikel 17 Diese Bestimmung stimmt mit Artikel 52 Absatz 3 EURG überein; sie sieht den nach der Revision des OG im Bereich des geistigen Eigentums üblichen Instanzenzug vor.

223

Schlussbestimmungen

223.1

Vollzug

Artikel 18 Diese Norm'sieht im Hinblick auf das für Topographien einzuführende Registrierungssystem die Kompetenz des Bundesrates zum Erlass der nötigen ausführenden Bestimmungen vor.

223.2

Übergangsbestimmungen

Artikel 19 Diese Übergangsbestimmung regelt den Schutz von Topographien, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes hergestellt worden sind, in Anlehnung an Artikel 75 Absatz l EURG. Gemäss der sich daraus ergebenden Rückwirkung findet das Gesetz auch auf Topographien Anwendung, die vor seinem Inkrafttreten hergestellt worden sind.

Artikel 20 ^ Absatz l entspricht den im Vertragsrecht bewährten übergangsrechtlichen Bestimmungen.

Absatz 2 sieht vor, dass eine Rechts abtretung, die vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes betreffend Topographien abgeschlossen wurde, nur die,Rechte betrifft, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestanden. Rechte, die erst durch das neue Gesetz geschaffen wurden, werden von solchen Abreden nicht erfasst, es sei denn, dass jene neuen Rechte von der Abrede ausdrücklich miteinbezogen werden.

579

223.3

Referendum und Inkrafttreten

Artikel 21 Keine Bemerkungen.

23

Kommentar zu den Staatsverträgen

231

Pariser Fassung der Berner Übereinkunft

231.1

Materiellrechtliche Bestimmungen (Art. 1-21)

Es werden lediglich die wichtigsten Bestimmungen der Brüsseler Fassung (1948) erörtert, die in Stockholm (1967) modifiziert und ohne Änderung in die Pariser Fassung (1971) übernommen wurden.

Artikel 2 Gemäss der Brüsseler Fassung (Art. 2 Abs. 5) waren Werke der angewandten Kunst faktisch nicht in allen Verbandsländern geschützt. Inskünftig muss ein Staat, der solche Werke nicht am Schutz des Spezialgesetzes betreffend Muster und Modelle teilhaben lässt, sie als Werke der Kunst gemäss seinem Urheberrechtsgesetz schützen (Abs. 7).

Artikel 2bis

Der Brüsseler Text (Art.2bis Abs. 2) räumte den Verbandsländern die Möglichkeit ein, der Presse die Benützung von Vorträgen, Ansprachen und anderen Werken zu erlauben. Die revidiert Fassung hat diese Bestimmung auf die elektronischen Informationsmedien ausgedehnt.

Artikel 3-6 Diese Artikel regeln den Anwendungsbereich der Übereinkunft hinsichtlich der Urheber und der geschützten Werke. Die darin enthaltenen Bestimmungen waren in den vorhergehenden Fassungen sehr unübersichtlich angeordnet; sie wurden systematisch neu gegliedert und sind nun leichter verständlich.

Artikel 3 legt die Anknüpfungspunkte für den Konventionsschutz fest. Aufgrund der Pariser Fassung geniessen alle veröffentlichten Werke der Staatsangehörigen eines Verbandslandes den Schutz der Übereinkunft; im Unterschied zur Brüsseler Fassung (Art. 6 Abs. 1) sind damit auch diejenigen Werke geschützt, die ausserhalb der Verbandsländer veröffentlicht wurden. Die Pariser Fassung erweitert zudem den Kreis der durch die Konvention geschützten Urheber, indem sie den Angehörigen der Verbandsländer jene Urheber gleichstellt, die keinem Vertragsstaat angehören, jedoch ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Abs. 2) in einem solchen haben; die Regelung gilt auch für Staatenlose oder Flüchtlinge.

Für die Angehörigen von Staaten, die nicht Mitglieder der Übereinkunft sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Verbandsland haben, behält die Pariser Fassung den Grundsatz der Brüsseler Fassung bei, wonach der 580

Schutz der Übereinkunft nur den erstmals innerhalb des Verbandsgebietes veröffentlichten Werken gewährt wird (Abs. l Bst. b).

Artikel 5 legt den Umfang des durch die Übereinkunft gewährten Schutzes fest und definiert den Begriff des Ursprungslandes eines Werkes. Diese Bestimmung enthält zur Hauptsache die folgenden Regeln: a. als Ursprungsland gilt für unveröffentlichte und für erstmals in einem verbandsfremden Land veröffentlichte Werke das Verbandsland, dem der Urheber angehört (Abs. 4 Bst. c); für Werke, welche in einem Verbandsland veröffentlicht worden sind, gilt das Land der ersten Veröffentlichung als Ursprungsland (Abs.4 Bst. a); b. im Ursprungsland des Werks richtet sich der Schutz nach der innerstaatlichen Gesetzgebung, und zwar auch dann, wenn der Urheber selbst Angehöriger eines anderen Mitgliedstaates des Berner Verbandes ist (Abs. 3); c. ausserhalb des Ursprungslandes entspricht der Schutz in den Verbandsländern - in Anwendung des Grundsatzes der Inländerbehandlung - demjenigen, der den eigenen Staatsangehörigen durch die innerstaatliche Gesetzgebung gewährt wird; dazu kommen die von der Übereinkunft direkt gewährten Mindestrechte (Abs. 1). Die Verbindung dieser beiden Quellen des Urheberrechtsschutzes wird «Verbandsbehandlung» genannt; d. was die Urheber betrifft, die keinem Verbandsland angehören, so werden ihre erstmals in einem Verbandsland veröffentlichten Werke in diesem (Ursprungsland) gemäss der innerstaatlichen Gesetzgebung geschützt; in den anderen Mitgliedstaaten des Berner Verbandes geniessen solche Werke Verbandsbehandlung. Die erstmals ausserhalb des Verbandsgebietes veröffentlichten Werke von solchen Urhebern sind nicht durch die Übereinkunft geschützt, es sei denn, sie hätten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land der Berner Übereinkunft oder sie besässen den Status eines Ausländers, Staatenlosen oder Flüchtlings. In diesen Fällen werden sie den Angehörigen des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthalts gleichgestellt, und es finden die oben bei den Buchstaben a, b und c erörterten Regeln Anwendung.

Artikel 6bis

Die Brüsseler Fassung verpflichtete die Staaten, die ideellen Interessen des Urhebers - insbesondere das Recht, die Urheberschaft am Werk für sich in Anspruch zu nehmen und das Recht, sich Änderungen des Werkes zu widersetzen, die der Ehre oder dem Ruf des Urhebers nachteilig sein könnten - nur bis zu seinem Tode zu schützen. Nach der neuen Fassung müssen diese ideellen Rechte mindestens bis zum Erlöschen der vermögensrechtlichen Befugnisse des Urhebers gewährt werden.

Artikel 7 Die in der Brüsseler Fassung festgelegte Schutzdauer von 50 Jahren ist nicht verlängert worden. In der Stockholmer Konferenz wurde jedoch eine Empfehlung zum Abschluss eines Übereinkommens zur Verlängerung der Schutzdauer angenommen.

581

Für Filmwerke, photographische Werke sowie Werke der angewandten Kunst setzte die Brüsseler Fassung keine Mindestschutzdauer fest; sie richtete sich somit nach dem nationalen Recht des Landes, in dem der Schutz beansprucht wurde (Art. 7 Abs. 3). Die Schutzdauer für Filmwerke beträgt neu mindestens 50 Jahre, wobei die Unionsländer zwischen zwei Berechnungsvarianten wählen können (Abs. 2). Für photographische Werke und Werke der angewandten Kunst müssen die Staaten eine Schutzdauer von mindestens 25 Jahren seit deren Herstellung gewähren (Abs. 4).

Um möglichst vielen Verbandsstaaten den Beitritt zur Stockholmer und nunmehr zur Pariser Fassung zu erleichtern, hat die Konferenz von Stockholm eine Regelung eingeführt, die es den noch durch die Römer Fassung von 1928 gebundenen Staaten erlauben soll, eine Schutzdauer von weniger als 50 Jahren post mortem auctoris beizubehalten, falls diese Dauer in ihrer im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Pariser Fassung (24. Juli 1971) geltenden Gesetzgebung vorgesehen war (Abs. 7). Die Bestimmung ist vor allem für osteuropäische Staaten interessant.

Das in der Konvention festgelegte Prinzip der Inländerbehandlung ohne Rücksicht auf materielle Gegenseitigkeit erfährt eine Ausnahme, wenn das Verbandsland, in dem der Schutz beansprucht wird, eine längere Schutzdauer als die 50jährige Schutzfrist des Ursprungslandes vorsieht. Währt der Schutz in einem Land X beispielsweise 70 Jahre (dies ist in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland der Fall), so sind Werke, die erstmals in einem Land Y (wie z.B.

die Schweiz) mit SOjähriger Schutzdauer veröffentlicht wurden, auch im Land X nur so lange geschützt, es sei denn, die Gesetzgebung des Landes X bestimme etwas anderes ; dies ergibt sich aus Absatz 8, der im Grundsatz die in Artikel 7 Absatz 2 der Brüsseler Fassung enthaltene Regel übernimmt.

Artikel 9 Nach dieser Vorschrift fällt das ausschliessliche Vervielfältigungsrecht unter den vom Abkommen gewährleisteten Mindestschutz; erstaunlicherweise ist sie erst mit der Revision von Stockholm in die Berner Übereinkunft aufgenommen worden. Aus dem Wortlaut der Bestimmung geht hervor, dass alle Vervielfältigungsverfahren von der- ausschliesslichen Befugnis des Urhebers erfasst werden.

Absatz 2 sieht die Möglichkeit von Ausnahmen vor. In «gewissen Sonderfällen» können die
Verbandsländer das Vervielfältigungsrecht einschränken. Die innerstaatlichen Ausnahmen vom Vervielfältigungsrecht dürfen jedoch weder die normale Auswertung des Werks noch die berechtigten Interessen des Urhebers beeinträchtigen.

Diese beiden negativen Kriterien werden im Generalbericht über die Stockholmer Konferenz folgendermassen erläutert. Eine nationale Schutzausnahme, welche ganz generell die Herstellung einer unbeschränkten Anzahl von Photokopien eines Werks ohne die Genehmigung des Urhebers erlaubt, wäre unzulässig, weil sie in die normale Auswertung des Werks eingreift. Dagegen wäre es beispielsweise zulässig, das betriebsinterne Photokopieren gegen eine entsprechende Entschädigung zu erlauben. Eine solche Einschränkung des Vervielfältigungsrechts würde die berechtigten Interessen nicht unzumutbar verletzen.

582

Artikel 10 Während die Brüsseler Fassung nur kurze Zitate aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln zuliess, ist das Zitierrecht nunmehr verallgemeinert worden (Abs. 1).

Nach der Brüsseler Fassung von Absatz 2 konnten die Staaten Entlehnungen aus geschützten Werken zu Unterrichtszwecken, für wissenschaftliche Werke oder Chrestomathien erlauben. Dieser Vorbehalt zugunsten der nationalen Gesetzgebung wurde erweitert. Die neue Fassung ist nicht mehr auf Entlehnungen beschränkt. Sie ermächtigt die Vertragsstaaten ganz generell zur Einführung von Schutzausnahmen, welche die Benützung von Werken zum Zweck der Veranschaulichung des Unterrichts erlauben. Gemeint ist der Unterricht auf allen Stufen, gleichviel ob es sich um öffentliche oder private Schulen handelt. Die erlaubten Verwendungen müssen allerdings den «anständigen Gepflogenheiten» entsprechen.

Artikel 10bis Diese Bestimmung hat wichtige Änderungen erfahren. Nach Artikel 9 Absatz 2 der Brüsseler Fassung durften Artikel über Tagesfragen wirtschaftlicher, politischer oder religiöser Natur mangels eines ausdrücklichen Vorbehalts durch die Presse vervielfältigt werden. Gemäss der Pariser Fassung ist diese Bestimmung nicht mehr direkt anwendbar, sondern sie ermächtigt die nationalen Gesetzgeber, solche Schutzausnahmen vorzusehen.

Abgesehen von dieser Änderung zugunsten des Urhebers wurde die früher nur auf die Presse zugeschnittene Bestimmung auf die Radio- und Fernsehberichterstattung ausgedehnt.

Artikel 14bis Hier werden die Rechte der Filmurheber geregelt. Abgesehen von Absatz l, der dem Artikel 14 Absatz 2 der Brüsseler Fassung entspricht, gehen alle darin enthaltenen Vorschriften auf die Revision von Stockholm zurück. Sie zielen darauf ab, die Verwertung von Filmwerken auf internationaler Ebene zu vereinfachen.

Die urheberrechtlichen Schwierigkeiten bei der Verwertung von Filmwerken ergeben sich hauptsächlich aus dem Umstand, dass die Inhaber der Urheberrechte an solchen Werken aufgrund der unterschiedlichen Regelungen der nationalen Gesetze in den verschiedenen Verbandsstaaten nicht identisch sind.

Absatz 2 Buchstabe b enthält eine Vermutung zugunsten des Produzenten. Die Urheber, die sich zur Leistung von Beiträgen zur Herstellung eines Filmwerkes verpflichtet haben, können sich mangels gegenteiliger Abreden der Nutzung des Werks (Anfertigung
und Verbreitung von Kopien, Kinovorführung, Sendung, Drahtübermittlung, Untertitelung und Textsynchronisation) nicht widersetzen.

Der Produzent gilt somit als berechtigt, das Filmwerk zu verwerten. Die Vermutung kann durch einen Urheber umgestossen werden, wenn er eine gegenteilige Abrede mit dem Produzenten nachweist.

Die Tragweite der Vermutung wird durch Absatz 3 eingeschränkt. Danach findet sie praktisch nur auf untergeordnete Filmschaffende Anwendung, wie Regieassistenten, Tonmeister, Kameramann, Schnittmeister,: Architekten, Kostümzeichner usw. Von der Vermutung nicht erfasst werden namentlich die Urheber 583

des Drehbuchs, der Dialoge und der Musik sowie der Hauptregisseur, es sei denn, die nationalen Gesetzgebungen sähen dies ausdrücklich vor.

Zur Bestimmung der Inhaber der Urheberrechte verweist Absatz 2 Buchstabe a auf die Gesetzgebung der Staaten, in denen der Schutz beansprucht wird. Für die Länder, in denen der Produzent gemäss nationalem Recht der Rechtsinhaber ist, hat die Vermutung zugunsten des Produzenten keine Bedeutung. Wichtig ist sie hingegen für Länder, die wie die Schweiz die Filmschaffenden als Urheber des Filmwerks betrachten und sie als originäre Rechtsinhaber anerkennen. Der vorliegende Entwurf hat allerdings mit Artikel 17 eine allgemeine Bestimmung, die zugunsten des Produzenten über die Regelung der Berner Übereinkunft hinausgeht.

Artikel 15 Dieser Artikel ist bei der Revision von Stockholm durch eine Vermutung zugunsten des Filmherstellers (Abs. 2) und eine Vorschrift betreffend die Werke der Folklore (Abs. 4) ergänzt worden. Absatz 2 vervollständigt die Regeln über die Filmwerke und ist in den Vertragsstaaten direkt anwendbar.

Der neue Absatz 4 nennt die Werke der Folklore nicht ausdrücklich. Ihr Schutz wird als ein Sonderfall anonymer Werke geregelt. Die Staaten haben die Möglichkeit, eine Behörde zu bestimmen, die zur Ausübung der Urheberrechte an solchen Werken befugt ist. Zur Ausübung der Urheberrechte an einem Werk der Folklore müssen jedoch verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein.

231.2

Administrative Bestimmungen (Art. 22-26)

Diese Vorschriften wurden in Paris unverändert aus den entsprechenden Artikeln der Stockholmer Fassung übernommen. Sie werden in der Schweiz, wie bereits erwähnt, seit dem 4. Mai 1970 angewendet (AS 1970 600). Die in Stockholm angenommenen Bestimmungen sind das Ergebnis einer Modernisierung der administrativen Strukturen der Staatsverträge auf dem Gebiet des geistigen Eigentums (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 20. Nov. 1968, BB1 196811 897).

Artikel 22 setzt als souveränes Organ des Berner Verbandes eine Versammlung ein und legt ihre Kompetenzen fest. Der Verband verfügt ausserdem über einen Exekutivausschuss, dem die Schweiz als Sitzstaat der OMPI ex officio angehört und dessen Befugnisse durch Artikel 23 bestimmt sind. Die Aufgaben des Internationalen Büros, welches die Funktion eines Sekretariats des Berner Verbandes erfüllt, sind in Artikel 24 aufgezählt. Artikel 25 regelt die finanziellen Angelegenheiten des Verbandes. Artikel 26 legt schliesslich das Verfahren zukünftiger Revisionen der Artikel 22-25 fest.

231.3

Schlussbestimmungen (Art. 27-38)

In Paris haben hauptsächlich die Artikel 28 und 30 der Stockholmer Fassung Änderungen erfahren.

584

Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe a regelt insbesondere das Inkrafttreten der materiellen Bestimmungen. Nachdem diese Voraussetzungen seit dem lO.Juli 1974 erfüllt sind und dieser Teil der Pariser Fassung am 10. Oktober 1974 in Kraft treten konnte, erübrigt sich eine Kommentierung dieser Vorschrift.

Artikel 30, insbesondere sein Absatz 2, ist an Artikel V des Anhangs gebunden.

Sein Inhalt interessiert lediglich jene Entwicklungsländer, welche die Vergünstigungen des Anhangs für sich in Anspruch nehmen.

231.4

Sonderbestimmungen für Entwicklungsländer

Der Anhang mit der neuen Vorzugsregelung zugunsten der Entwicklungsländer ist das Ergebnis der Pariser Revisionskonferenz. Er ersetzt das Stockholmer Protokoll und bildet einen integrierenden Bestandteil der Pariser Fassung der Berner Übereinkunft.

Auch die neue Sonderregelung erleichtert den Entwicklungsländern den Zugang zu den konventionsrechtlich geschützten Werken der Industriestaaten. Sie geht aber weniger weit als das Stockholmer Protokoll, das zu einer Krise des internationalen Urheberrechts geführt hatte. Im Gegensatz zum Stockholmer Protokoll enthält der Anhang keine direkt anwendbaren Schutzausnahmen; er gibt den Entwicklungsländern lediglich die Möglichkeit, den konventionsrechtlichen Mindestschutz unter bestimmten Voraussetzungen einzuschränken.

Die Sonderregelung der Pariser Fassung besteht aus einem relativ komplizierten System der Erteilung von Zwangslizenzen. Damit kann das ausschliessliche Übersetzungs- und Vervielfältigungsrecht des Urhebers auf einen Vergütungsanspruch reduziert werden. Die Anwendung der Sonderregelung obliegt den Entwicklungsländern, die sie für sich in Anspruch nehmen. Sie müssen dabei allerdings eine ganze Reihe konventionsrechtlicher Verfahrensyorschriften einhalten. Sie haben insbesondere eine nationale Behörde zu bezeichnen, die für die Erteilung der Lizenzen und die Einhaltung der damit verbundenen Bedingungen zuständig ist. Die Lizenzen können erst nach bestimmten Fristen und nur zu Unterrichts- oder Forschungszwecken beansprucht werden; bis zum Ablauf der Fristen bleiben die ausschliesslichen Rechte des Urhebers uneingeschränkt bestehen. Die Lizenzen sind weder ausschliesslicher Natur noch übertragbar und die dem Urheber zu bezahlende Entschädigung soll dem Ertrag aus einer frei ausgehandelten Lizenz entsprechen.

Artikel I Diese Bestimmung umschreibt den Kreis der Länder, die das Sonderstatut für sich in Anspruch nehmen können. Sie regelt auch das entsprechende Verfahren sowie die Geltungsdauer (Abs. 2) und die Tragweite (Abs. 6) der Vorbehaltsmöglichkeit.

Artikel II Durch diese Sonderbestimmung wird das ausschliessliche Übersetzungsrecht eingeschränkt. In den Absätzen 2-5 sind die Voraussetzungen für die Lizenzget 585

Währung festgelegt; diese Vorschriften bedürfen keiner Erläuterung. In bezug auf das Verfahren der Lizenzerteilung wird auf Artikel III des Anhangs verwiesen.

Die wichtigsten Voraussetzungen, von denen die Erteilung einer Übersetzungslizenz abhängig gemacht wird, seien hier kurz erwähnt: a. derjenige, der die Lizenz beansprucht, muss ein Angehöriger eines Entwicklungslandes sein, das sich auf diese Sonderbestimmung berufen hat; b. nur für bereits veröffentlichte Werke dürfen solche Lizenzen erteilt werden; c. seit der ersten Veröffentlichung müssen drei Jahre vergangen sein, ohne dass eine Übersetzung in eine Sprache veröffentlicht wurde, die im entsprechenden Entwicklungsland allgemein gebräuchlich ist.

Gemäss Absatz 9 können Übersetzungslizenzen auch an Sendearistalten vergeben werden, sofern die Übersetzung für Sendungen auf dem Gebiet des Unterrichts oder der Forschung bestimmt ist.

Artikel III Durch die Pariser Revision wurde neu diese Vervielfältigungslizenz geschaffen.

Bisher konnte die Vervielfältigung eines Werks nur auf dem Wege der Übersetzungslizenz durchgesetzt werden. Nun haben die Entwicklungsländer die Möglichkeit, eine selbständige Vervielfältigungslizenz für Werke zu beanspruchen, die nicht übersetzt werden müssen. Das Lizenzerteilungssystem entspricht demjenigen, das Artikel II für Übersetzungen vorsieht. Die Verfahrensvorschriften von Artikel IV des Anhangs sind hier ebenfalls anwendbar.

Absatz 6 erlaubt es dem Inhaber des Vervielfältigungsrechts, eine zwangsweise erteilte Lizenz wieder zum Erlöschen zu bringen. Er muss zu diesem Zweck das Werk in dem Entwicklungsland, wo die Lizenz erteilt wurde, zu einem dort üblichen Preis anbieten. Diese Möglichkeit besteht auch für den Bereich der Übersetzungslizenzen (Art. II Abs. 6).

Artikel IV Wie bereits erwähnt, enthält dieser Artikel eine Reihe von Vorschriften, die bei der Beanspruchung einer Übersetzungs- oder Vervielfältigungslizenz eingehalten werden müssen. Die Anwendung dieser Normen obliegt den Entwicklungsländern, bzw. den für die Einräumung der Lizenzen zuständigen Behörden.

Die Absätze l und 2 enthalten verfahrensrechtliche Vorschriften. Danach muss der Lizenzanwärter beweisen, dass er sich bemüht hat, die Erlaubnis des Rechtsinhabers einzuholen. Kann der Rechtsinhaber nicht ausfindig gemacht werden, ist eine Kopie
des Antrags auf Lizenzerteilung dem Verleger des Werks sowie den dafür zuständigen Informationszentren zuzustellen.

Absatz 3 sorgt für die Einhaltung des Rechts auf Namensnennung (Art.6bis RBUe) und schreibt vor, dass auf jedem aufgrund einer Zwangslizenz hergestellten Werkexemplar der Originaltitel anzugeben ist.

Die Absätze 4 und 5 regeln das Ausfuhrverbot. Danach sind Übersetzungs- oder Vervielfältigungslizenzen nur für das Gebiet desjenigen Entwicklungslandes wirksam, in dem sie erteilt worden sind.

586

Von zentraler Bedeutung für die von den Zwangslizenzen betroffenen Rechtsinhaber ist Absatz 6\ er regelt die Entschädigungfrage. Wie bereits erwähnt, sind die Entwicklungsländer dazu verpflichtet, die Inhaber der Uebersetzungs- und Vervielfältigungsrechte für die beanspruchten Lizenzen angemessen zu entschädigen.

Artikel V Die Bestimmung gibt den Entwicklungsländern die Möglichkeit, zwischen zwei verschiedenen Vorzugsregelungen betreffend das Übersetzungsrecht zu wählen.

Anstelle des in Artikel II des Anhangs vorgesehenen Lizenzsystems können sie die einfachere sog. «Zehnjahresregel» anwenden, die in Artikel 5 der Zusatzakte von Paris von 1896 enthalten ist. Danach verwirkt der Rechtsinhaber das Recht zur Übersetzung in die Sprache des betreffenden Landes, wenn er innert zehn Jahren seit der ersten Veröffentlichung des Werks keine solche Übersetzung veröffentlicht hat.

232

Pariser Fassung des Weltureberrechtsabkommens

232.1

Kommentar der einzelnen Bestimmungen

Es werden lediglich die von der Fassung von 1952 abweichenden Bestimmungen erörtert.

Artikel IVbis Die Bestimmung ist von zentraler Bedeutung; die Fassung von 1952 gestand den Urhebern nur das Übersetzungsrecht ausdrücklich zu (Art. V). Im übrigen beschränkte sich das Abkommen darauf, von den Vertragsstaaten «einen ausreichenden und wirksamen Schutz der Rechte der Urheber...» zu verlangen (Art. 1). Dabei handelte es sich eher um eine moralische als um eine rechtliche Pflicht. Die zu schützenden Rechte sind nunmehr definiert als «die grundlegenden Rechte, die die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers schützen». Die Vertrags Staaten müssen den Urhebern namentlich das Vervielfältigungs-, das Aufführungs- oder Vorführungs- sowie das Senderecht gewähren. Das Werk ist nicht nur in seiner ursprünglichen, sondern auch in einer bearbeiteten Fassung zu schützen.

Absatz 2 schafft einen gewissen Spielraum für nationale Schutzausnahmen.

Artikel Vbis, V1" und F?ua(er Diese Bestimmungen enthalten die gleiche Sonderregelung zugunsten der Entwicklungsländer wie der unter Ziffer 231.4 kommentierte Anhang der Berner Übereinkunft.

Artikel IX In ihren Absätzen 3 und 4 regelt die Bestimmung die Beziehungen zwischen den Ländern, die nur durch die Fassung von 1952 gebunden sind, und denjenigen, welche lediglich der Fassung von 1971 angehören. Danach kann der Staat, der nur durch die Fassung von 1952 gebunden ist, durch eine Notifikation an die 587

UNESCO erklären, dass er in seinen Beziehungen zu den Mitgliedstaaten der Pariser Fassung von 1971 die Normen der neuen Fassung anwendet.

232.2

Artikel XVII und Zusatzerklärung

Die Zusatzerklärung enthält unter Buchstabe a die sogenannte «clause de sauvegarde» für die Berner Übereinkunft. Sie besagt, dass die Werke des Angehörigen eines Staates, der aus der Berner Übereinkunft austritt, in den übrigen Mitgliedstaaten der Berner Union auch nicht den Schutz des Welturheberrechtsabkommens geniesst. Durch diese Ausschaltung des Schutzes iure conventionis wollte man Austritte aus der Berner Übereinkunft verhindern.

Die Revisionskonferenz hat beschlossen, die «clause de sauvegarde» für Entwicklungsländer aufzuheben, die sich aufgrund einer Notifikation bei der UNESCO als solche betrachten.

232.3

Zusatzprotokolle l und 2

Das Zusatzprotokoll l betrifft die Anwendung des Abkommens auf Werke von Staatenlosen und Flüchtlingen. Es ist von der Genfer Fassung von 1952 übernommen worden, die von der Schweiz 1955 ratifiziert wurde (BB1 1954 II 576; AS 1956 101).

Das Zusatzprotokoll 2 betrifft die Anwendung des Abkommens auf Werke internationaler Organisationen. Auch dieses Protokoll ist von der Genfer Fassung des Welturheberrechtsabkommens unverändert übernommen worden.

233

Rom-Abkommen

233.1

Materiellrechtliche Bestimmungen (Art. 1-22)

Artikel l Diese Bestimmung dient der Abgrenzung zwischen dem Urheberrecht und den verwandten Schutzrechten. Sie stellt klar, dass das Rom-Abkommen weder in positiver noch in negativer Hinsicht in den Urheberrechtsschutz eingreift.

Die durch das Abkommen begründeten Rechte der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeanstalten treten neben diejenigen der Urheber. Im Falle der Verwertung eines Werks, das Gegenstand einer Darbietung ist, sind deshalb mehrere nebeneinander bestehende Rechte zu beachten.

Artikel 2 Wie die Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts (RBUe und WUA) stützt sich auch das Rom-Abkommen zur Bestimmung der Art und des Umfangs des zu gewährenden Schutzes auf das Prinzip der Inländerbehandlung. Es verpflichtet somit die Vertragsstaaten, ausländische Leistungen (Darbietungen, Tonträger und Sendungen) nach innerstaatlichem Recht zu schützen. Inländer588

behandlung ist somit die Behandlung, die ein Staat angesichts seiner Gesetzgebung den ausübenden Künstlern, den Herstellern von Tonträgern und den Sendeunternehmen gewährt. Anders als die RBUe stipuliert das Rom-Abkommen als Schutzobjekt nicht die Leistung als solche, sondern bezeichnet ausdrücklich die Begünstigten.

Absatz 2 stellt in Ergänzung des Prinzips der Inländerbehandlung klar, dass der Schutz, den die Vertragsstaaten nach dem Abkommen zu gewähren haben, nicht notwendig mit dem nationalen Recht deckungsgleich ist. Soweit nämlich keine Vorbehalte und Ausnahmen vorgesehen sind, ist der im Abkommen vorgesehene Schutz durch den Vertragsstaat selbst dann zu gewähren, wenn er einen solchen für die inländischen ausübenden Künstler, Hersteller von Tonträgern und Sendeunternehmen nicht vorsieht.

Die im Abkommen enthaltenen Rechte bilden somit den für die Vertragsstaaten verbindlichen Mindestschutz, der nur im Rahmen der vorgesehenen Vorbehalte (Art. 16) eingeschränkt werden kann. Demgemäss kann ein Vertragsstaat die in Artikel 12 enthaltenen Zweitnutzungsrechte, ob diese nun national vorgesehen sind oder nicht, einschränken oder verweigern.

Artikel 3 Artikel 3 enthält eine Reihe von Begriffsbestimmungen: a. Ausübender Künstler Ausübender Künstler ist derjenige, der ein Werk der Kunst oder Literatur darbietet. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses Werk bereits dem freien Gebrauch offen steht. Wichtig ist, dass es sich um ein schutzfähiges Werk im Sinne der RBUe und des WUA handelt. Es trifft zwar zu, dass Artikel 9 des Abkommens dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit gibt, den Abkommensschutz auf Künstler auszudehnen, die keine Werke (z.B. Variete, Zirkusvorstellungen, Sportveranstaltungen) aufführen. Im Entwurf wurde aber darauf verzichtet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Auch eine nichtöffentliche Darbietung gilt als Betätigung, die den ausübenden Künstler kennzeichnet. Bei einer Künstlergruppe stehen die Rechte originär den einzelnen Gruppenmitgliedern zu.

b. Tonträger Tonträger ist derjenige körperliche Gegenstand, auf dem akustisch reproduzierbare Tonfolgen festgelegt sind. Auf die Form, das Material, die Art der technischen Speicherung und des Wiedergabeverfahrens kommt es nicht an. Gegenstand der Festlegung ist das ausschliesslich akustische Programm. Da nur ausschliesslich
auf den Ton beschränkte Festlegungen geschützt sind, geniessen Tonstreifen für Filme den Schutz des Abkommens nicht.

c. Hersteller von Tonträgern Der Schutz wird der natürlichen oder juristischen Person gewährt, die Töne erstmals festlegt. Erfolgt die Aufnahme im Betrieb eines Unternehmens, so entsteht das Schutzrecht nicht in der Person dessen, der die Apparaturen bedient, sondern in der Person des Inhabers des Unternehmens, gegebenenfalls der juri589

stischen Person. Bei mehreren Unternehmern kommt die Herstellereigenschaft demjenigen zu, der die organisatorische Leitung und die wirtschaftliche Verantwortung für die erste Festlegung trägt. Der Schutz der Hersteller von Tonträgern wird unabhängig davon gewährt, ob die festgelegten Töne ein Werk darstellen oder nicht (Naturlaute, Tierstimmen).

d. Veröffentlichung Zur Frage der genügenden Anzahl kann auf die Regelung der RBUe (Art. 4 der Brüsseler Fassung) hingewiesen werden. Eine genügende Anzahl von Vervielfältigungsstücken sollte somit dem vernünftigen Bedürfnis des Publikums gerecht werden und hängt auch von der Natur des Werkes ab.

e. Vervielfältigung Während bei der Festlegung die ihrer Art nach flüchtige Leistung des ausübenden Künstlers oder anderer wahrnehmbarer Vorgänge festgehalten werden, bedeutet Vervielfältigung das Herstellen von mindestens einer weiteren Verkörperung der Erstfixierung.

f. Funksendung Funksendung ist die Ausstrahlung von Tönen und/oder Bildern mittels drahtloser Übertragung zum Zwecke des Empfangs durch die Öffentlichkeit. Erfasst werden damit sowohl Radio- als auch Fernsehsendungen. Unternehmen, die Programme ausschliesslich über Draht übertragen (Drahtrundspruch, Telefonrundspruch) werden dadurch ebensowenig erfasst wie Sendungen, die nur für eine bestimmte Person oder Gruppe bestimmt sind.

Als schützenswerte Leistung werden die aufwendigen und kostspieligen organisatorisch-technischen Massnahmen betrachtet, die für Funksendungen erforderlich sind.

g. Weitersendung Weitersendung ist die zeitgleiche Ausstrahlung der Sendung durch ein anderes als das ursprüngliche Sendeunternehmen. Wird erst eine Aufzeichnung vorgenommen und danach zeitlich versetzt erneut ausgestrahlt, liegt eine Festlegung der Sendung vor.

Artikel 4-6 Die Artikel 4-6 legen fest, in welchen Fällen und gegenüber welchen Rechtssubjekten der Schutz der Konvention nach Massgabe des Inländer- und Mindestschutzprinzips gewährt wird. Welche Rechte den drei Leistungsschutzgruppen zugeordnet werden, bestimmt sich nach den Artikeln 7, 10, 12 und 13.

Zu beachten ist auch, dass das Rom-Abkommen nur internationale Sachverhalte regelt. Der Schutz wird in einem Land beansprucht, welches von demjenigen verschieden ist, dem die Darbietung, Tonfestlegung oder Sendung zugeordnet werden kann.

Im Gegensatz zu
andern multilateralen Abkommen (WUA, RBUe) spricht dasjenige von Rom nicht vom «Ursprungsland». Dies spielt aber keine Rolle, da die Schutzansprecher einzeln genannt sind (Art. 4, 5 und 6).

590

Die vertragschliessenden Staaten sind verpflichtet, die drei Kategorien von Schutzansprechern zu schützen, sofern mindestens eine der aufgezählten Voraussetzungen erfüllt ist (Inländerbehandlung bzw. ins conventionis).

Artikel 4 Für die ausübenden Künstler wird in erster Linie auf den Ort der Darbietung abgestellt. Dieser muss in einem Vertragsstaat sein, der nicht mit demjenigen Vertragsstaat identisch ist, in welchem der Schutz beansprucht wird (Bst. a).

Auf das Kriterium der Staatsangehörigkeit wurde bewusst verzichtet. Dies würde zu Schwierigkeiten bei Ensemble-Darbietungen führen, falls die Mitglieder unterschiedliche Nationalitäten aufweisen.

Unabhängig vom Ort der Darbietung kann der Konventionsschutz dem ausübenden Künstler, dessen Darbietung auf Tonträger aufgenommen oder gesendet worden ist, in all den Fällen gewährt werden, in denen auch der Tonträgerhersteller (Bst. b; vgl. Art. 5) oder das Sendeunternehmen (Bst. c; vgl. Art.6) Schutz gemessen.

Artikel 5 Den Herstellern von Tonträgern wird die Inländerbehandlung aufgrund des Merkmals der Staatsangehörigkeit, der ersten körperlichen Festlegung oder der Erstveröffentlichung gewährt (Abs. 1).

Absatz 2 bestimmt, dass die erstmalige Veröffentlichung in einem Nichtvertragsstaat, die einer Veröffentlichung in einem Vertragsstaat vorausgeht, unbeachtlich ist, wenn der zeitliche Vorsprung 30 Tage nicht überschreitet. Dabei darf die Veröffentlichung im Vertragsstaat nicht bloss eine fiktive sein.

Absatz 3 stellt es den vertragschliessenden Staaten frei, auf die Anwendung entweder des Merkmals der Festlegung oder des Merkmals der Veröffentlichung zu verzichten; auf dasjenige der Staatsangehörigkeit kann mit Ausnahme von Artikel 17 nicht verzichtet werden.

Artikel 6 Absatz l bestimmt, dass Sendeunternehmen den Schutz der Konvention gemessen, wenn sie ihren Sitz in einem andern Vertragsstaat haben (Bst. a) oder die Sendungen von einem im Gebiet eines anderen Vertragsstaates gelegenen Sender ausstrahlen (Bst. b).

Absatz 2 sieht vor, dass ein vertragschliessender Staat sich das Recht vorbehalten kann, Sendungen nur dann zu schützen, wenn sowohl die Voraussetzung der Inländerschaft als auch die Voraussetzung der Ausstrahlung auf inländischem Gebiet erfüllt sind.

Artikel 7 Dieser Artikel regelt, wieweit die Verwertung der Leistung ausübender
Künstler verhindert werden kann, falls diese der Verwertungshandlung nicht zugestimmt haben. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, den ausübenden Künstlern gesetzliche Rechte zu vermitteln, durch deren Hilfe die unerlaubte Verwertung von 591

künstlerischen Darbietungen verwehrt werden kann. Die Wahl der Mittel, die zu diesem Ziel führen, ist den einzelnen Staaten überlassen.

Absatz l Buchstabe a sieht denn auch vor, dass den ausübenden Künstlern die Möglichkeit eingeräumt werden muss zu untersagen, dass ihre «Live-Darbietung» (z. B. in einem Konzertsaal) ohne ihre Zustimmung unmittelbar gesendet oder einem Publikum übermittelt wird, das sich an einem andern Ort als jenem der Darbietung befindet (öffentlicher Lautsprecher und Sendung). Die Rechte der Künstler sind - bezüglich Sendung und öffentliche Wiedergabe - begrenzt auf Leistungen, welche noch nicht festgelegt oder verbreitet worden sind. Die ausübenden Künstler gemessen ferner Schutz dagegen, dass ihre Darbietungen, sofern sie nicht von einer körperlichen Festlegung herrühren, ohne ihre Zustimmung aufgenommen werden (Art. 7 Abs. l Bst. b).

Das Verbotsrecht des ausübenden Künstlers gegenüber der Vervielfältigung einer Festlegung bleibt auf die in Absatz l Buchstabe c erwähnten Sonderfälle beschränkt. Für eine Zustimmungserfordernis bleibt nur noch Platz, wo eine vertragliche Absicherung der ausübenden Künstler gegenüber den Tonträgerherstellern nicht möglich ist.

Weiter sehen die beiden ersten Unterabsätze von Absatz 2 vor, dass ein Vertragsstaat durch seine nationale Gesetzgebung gewisse Fragen zugunsten der Sendeunternehmen regeln kann, sofern der Künstler der Sendung zugestimmt hat oder wenn es sich um für Zwecke von Sendungen vorgenommene Festlegungen durch Sendeunternehmen handelt. Den ausübenden Künstlern muss jedoch die Befugnis bleiben, ihre Beziehungen zu den Sendeunternehmen vertraglich zu regeln.

Artikel 8 Für Darbietungen, an denen eine Mehrheit von ausübenden Künstlern beteiligt ist, wird der nationalen Gesetzgebung ausdrücklich ein Regelungsspielraum gewährt. Zur Erleichterung des Rechtsverkehrs soll die Ausübung von Zustimmungs- und Verbotsrechten bei Ensemble-Künstlern (Orchestern, Chören, Ballett) im «Aussenverhältnis» durch einen von der Gesetzgebung des vertragschliessenden Staates bestimmten Vertreter erfolgen dürfen. Dabei sind die Vertragsstaaten frei, Regelungen über die gemeinsame Rechtsausübung von Ensemble-Mitgliedern in allgemeiner Form zu treffen.

Artikel 9 Das Rom-Abkommen lässt den Vertragsstaaten die Möglichkeit, den Schutz auf Künstler auszudehnen,
die keine Werke der Literatur und Kunst darbieten (Artisten, Varietekünstler).

Artikel 10 Beim Vervielfältigungsrecht handelt es sich um ein vom Abkommen zugestandenes Mindestrecht, das den Tonträgerherstellern originär zusteht. Auch wenn nur reine Tonträger geschützt sind, erstreckt sich der Schutz auch auf Vervielfältigungshandlungen zu Filmzwecken. Unter den Schutz von Artikel 10 fallen auch einzelne Teile von Tonträgern.

592

Ausser der Vervielfältigung werden keine weiteren Verbreitungshandlungen erfasst. So sieht das Rom-Abkommen - im Unterschied zum Tonträger-Übereinkommen - kein Recht der Tonträgerhersteller vor, die Verbreitung ihrer Tonträger ohne ihre Einwilligung zu verbieten.

Artikel 11 Artikel 11 zählt die Förmlichkeiten auf, denen der Schutz der Tonträger in den vertragschliessenden Staaten im Maximum unterworfen werden darf. Diese bestehen im Aufdruck verschiedener Angaben (in der Regel Jahreszahl der ersten Veröffentlichung und des Symbols P) auf jedem Tonträgerexemplar oder seiner Hülle. Die vertragschliessenden Staaten, deren Gesetz zum Beispiel die Hinterlegung eines Tonträgers als Bedingung des Schutzes vorsieht, werden also diese Hinterlegung kraft des Abkommens für die auf ihrem Territorium zu schützenden Tonträger nicht vorschreiben können; sie können höchstens die Erfüllung der in diesem Artikel vorgesehenen Förmlichkeiten verlangen.

In Übereinstimmung mit dem Urheberrecht schreibt der Entwurf keine Förmlichkeit für den Schutz der Tonträger vor, trotz dem praktischen Nutzen, den die in Artikel 11 des Abkommens aufgezählten Angaben für den Dritten, der einen bestimmten Tonträger vervielfältigen will, haben können. Natürlich sind die Tonträgerhersteller nicht daran gehindert, auf den Tonträgern die Angaben anzubringen, die im Rom-Abkommen vorgesehen sind, wenn dies ihren Interessen entspricht.

Artikel 12 Diese Bestimmung stipuliert für die sogenannten Zweitnutzungsrechte einen Vergütungsanspruch. Jedoch kann nach Artikel 16 jeder Staat Ausnahmen von dieser Vergütungspflicht vorsehen. Gemäss diesen Zweitnutzungsrechten haben die Interpreten bzw. die Tonträgerhersteller bei jeder Sendung oder Aufführung, für die ein Tonträger verwendet wird, gegenüber dem Benutzer (Sendeanstalt, Veranstalter der Aufführung) einen Anspruch auf Vergütung. Der Vergütungsanspruch wird nur für Zweitverwertungshandlungen von Tonträgern gewährt, die zu Handelszwecken veröffentlicht worden sind. Tonaufnahmen, die nicht für den Handel bestimmt sind, aber von den Sendeunternehmen zu gewerblichen Zwecken verwendet werden, fallen nicht darunter. Die Vergütungspflicht besteht bei der Inanspruchnahme von Tonträgern für die unmittelbare Sendung sowie zu anderweitiger öffentlicher Wiedergabe (z.B. Gastwirtschaften, Diskotheken),
nicht dagegen für die Fälle der Weitersendung (kein direkter Gebrauch).

Der Artikel 12 verlangt eine einzige angemessene Vergütung und überlässt die Zuordnung des Zahlungsanspruchs der nationalen Gesetzgebung. Die Konvention schliesst nicht aus, dass sich die Anspruchsberechtigten zum Inkasso einer Verwertungsgesellschaft bedienen.

Artikel 13 Dieser Artikel legt die Rechte der Sender fest. Diese haben für bestimmte Aktivitäten ein Verbots- bzw. Erlaubnisrecht.

593

So haben die Sendeunternehmen das Recht, die Weitersendung (Bst. a) oder die Festlegung (Bst. b) ihrer geschützten Sendungen sowie die Vervielfältigung der ohne ihre Erlaubnis vorgenommenen Festlegung ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten. Das Vervielfältigungsrecht setzt eine vorbestehende Festlegung voraus und endet, sobald das Sendeunternehmen diese Festlegung der Sendung erlaubt hat. Allerdings ist die Festlegung sowie deren Vervielfältigung in bestimmten Fällen (vgl. Art. 15) ohne Zustimmung des Berechtigten zulässig.

Wird aber der Ausnahmezweck überschritten, greift das Verbotsrecht ein (Bst.c).

Gemäss Buchstabe d haben die Sendeunternehmen im weiteren die Möglichkeit, die öffentliche Wiedergabe ihrer Fernsehsendungen, wenn sie an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, zu untersagen. Das Verbotsrecht ist somit eingeschränkt auf Orte, die der Allgemeinheit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind. Keine öffentliche Wiedergabe findet deshalb dort statt, wo die Fernsehwiedergabe zwar im gewerblichen Rahmen angeboten wird, aber nur in einer Service-Nebenleistung (z.B. in Hotels) besteht. Artikel 16 Absatz l Buchstabe b gibt zudem den vertragschliessenden Staaten die Möglichkeit, in dieser Hinsicht Vorbehalte anzubringen, die bis zum Ausschluss jeglichen Schutzes gehen können.

Artikel 14 Die Dauer des nach diesem Abkommen zu gewährenden Schutzes beträgt mindestens 20 Jahre seit der Darbietung, der Festlegung oder der Sendung, wobei für den Fristbeginn jeweils unterschiedliche Anknüpfungspunkte gewählt werden. Die Fristen beginnen aber einheitlich erst mit dem Ablauf des massgebenden Jahres zu laufen.

Artikel 15 Nach Absatz l können die vertragschliessenden Staaten in den folgenden vier Fällen Ausnahmen von dem durch das Abkommen gewährleisteten Schutz vorsehen: 1. für die private Benützung, beispielsweise die Aufnahme einer Schallplatte oder einer Radiosendung auf ein Tonband, das nachher im Familienkreis abgespielt wird; 2. für die Benützung kurzer Bruchstücke von Darbietungen anlässlich der Berichterstattung über Tagesereignisse, beispielsweise die Sendung der musikalischen Darbietung eines Militärspiels bei der Reportage über einen Staatsbesuch; 3. für die ephemere Festlegung einer Darbietung durch ein Sendeunternehmen
zum Zweck einer zeitlich verschobenen Sendung; 4. für die Benützung von geschützten Leistungen, die ausschliesslich Zwekken des Unterrichts oder der wissenschaftlichen Forschung dient.

Neben diesen vier Kategorien von Ausnahmen können die vertragschliessenden Staaten Schutzbeschränkungen gleicher Art vorsehen, wie sie in ihrer Urheberrechtsgesetzgebung vorgesehen sind (Abs. 2).

594

Artikel 16 Gemäss Artikel 16 kann ein Staat, der Mitglied des Rom-Abkommens wird, durch Vorbehalte hinsichtlich der Artikel 12 und 13 der Konvention deren Anwendungsgebiet einschränken. Die Vorbehalte sind durch eine entsprechende Erklärung beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu bewirken (Abs. 1).

Diese Vorbehalte können zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Ratifikations-, der Annahme- und der Beitrittsurkunde erklärt werden. Wird eine Vorbehaltsmitteilung erst zu einem späteren Zeitpunkt hinterlegt, so wird sie erst sechs Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam. Die grosse Flexibilität hinsichtlich des Hinterlegungszeitpunktes wie auch der Vorbehaltsmöglichkeiten soll den Beitritt erleichtern.

Absatz l Buchstabe a bezieht sich, auf den Vergütungsanspruch für Zweitnutzungsrechte für Tonträger (Art. 12). Danach kann die Vergütungspflicht im gesamten Regelungsbereich (i) oder in bestimmten Teilbereichen (ii) ausgeschlossen werden. So kann z.B. die Benutzung von Tonträgern zur Ausstrahlung von Sendungen vergütungsfrei sein, während der Vergütungsanspruch bei Benutzung zu anderweitiger öffentlicher Wiedergabe gewährt wird. Ebenso ist es möglich, kulturelle Sendungen von der Vergütungspflicht auszunehmen. Es besteht auch die Möglichkeit, Vergütungszahlungen für Tonträger, deren Hersteller keinem Vertragsstaat angehört, auszuschliessen (iii).

Eine weitere Vorbehaltsvariante basiert auf dem Gesichtspunkt der materiellen Reziprozität (iv). Vertragsstaaten, die den Vergütungsanspruch für Zweitverwertungshandlungen gewähren, können anderen Staaten gegenüber diese Schutzregelung auf das Ausmass beschränken, das von diesem anderen Staat im gleichen Fall gewährt wird. Jedoch kann der Gegenseitigkeitsvorbehalt nicht mit Wirkung auf die unterschiedliche Festlegung der Empfängergruppen erklärt werden. Hat z.B. der Staat A beschlossen, dass die Vergütung gemäss Artikel 12 dem Künstler auszubezahlen ist, kann er durch seine Vorbehaltserklärung keinen Einfluss darauf nehmen, dass die in seinem Staat geschuldeten Vergütungen demselben Empfängerkreis des Staates B zukommt, den seine eigene Gesetzgebung vorsieht.

Absatz l Buchstabe b bezieht sich auf das Erlaubnis- bzw. Verbotsrecht der Sendeunternehmen (Art. 13). Durch eine entsprechende Vorbehaltserklärung kann für die Sendeunternehmen lediglich die Anwendung
des1 Schutzes nach Artikel 13 Buchstabe d ausgeschlossen werden. Macht ein Staat von dieser Möglichkeit Gebrauch, sind die andern Vertragsstaaten nicht verpflichtet, den Sendeunternehmen, die ihren Sitz im Gebiet dieses Staates haben, dieses Recht zu gewäh-

Artikel 17 Art. 17 enthält eine besondere Vorbehaltsmöglichkeit für diejenigen Staaten, die den Tonträgerschutz im Bereich ihrer Gesetzgebung zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens (26. Okt. 1961) allein an das Merkmal der körperlichen Festlegung knüpfen. Diese Staaten können sich vorbehalten, auch bei internationalen Sachverhalten ausschliesslich auf das Merkmal der Festlegung von Tonträgern abzustellen.

595

Artikel 18 Jede Vorbehaltserklärung gemäss den Artikeln 5 Absatz 3, 6 Absatz 2, 16 Absatz l oder 17 kann durch eine erneute Mitteilung eingeschränkt oder zurückgezogen werden. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung an Veränderungen in der nationalen Gesetzgebung.

Artikel 19 Artikel 19 handelt vom Schutz der ausübenden Künstler bei Produktionen, die visuelle Elemente enthalten (kinematographische und Fernsehfilme, Videogramme usw.). Aufgrund von Artikel 7 Absatz l Buchstabe b haben die Künstler die Möglichkeit, die heimliche Verfilmung ihrer Darbietungen zu untersagen. Sofern sie aber der Festlegung ihrer Darbietung auf einem Bildträger oder einem Ton- und Bildträger zugestimmt haben, können sie sich nicht mehr auf das Abkommen berufen, um die späteren Benützungen ihrer festgelegten Darbietungen zu verhindern, z. B. die Herstellung eines neuen Films oder die Fabrikation von Schallplatten anhand des Tonstreifens des mit ihrer Zustimmung gedrehten Filmes. Anderseits muss daran erinnert werden, dass das Abkommen die Hersteller von Tonträgern schützt, allerdings unter Ausschluss der Hersteller von Bildträgem, gleichgültig ob diese mit Tönen verbunden sind oder nicht (Art. 3 Bst. b).

Artikel 19 ist das Ergebnis eines Grundsatzentscheides der Konferenz von Rom, die mit Vorbedacht das kinematographische Gebiet vom Abkommen ausgenommen hat. Dieser Entscheid erklärt sich zu einem guten Teil mit der Opposition dieser Industrie gegen jede Regelung der audiovisuellen Produktionen in einer internationalen Gesetzgebung über die verwandten Schutzrechte. Die ablehnende Haltung beruhte im wesentlichen auf den zwei folgenden Überlegungen: einerseits waren die Filmproduzenten der Ansicht, für ihre Produktionen urheberrechtlichen Schutz beanspruchen zu können. Diese Rechtsstellung wäre nur geschwächt worden, wenn ihnen als Filmproduzenten ein verwandtes Schutzrecht zuerkannt worden wäre. Anderseits befürchteten sie, bei der Auswertung ihrer Produktionen behindert zu werden, wenn den ausübenden Künstlern ausschliessliche Rechte an den Festlegungen ihrer in die Filme eingegliederten Ton- oder Bilddarbietungen zugestanden worden wären. Tatsächlich hätten in diesem Fall die Künstler alle Benützungsarten der Filme überwachen können.

Indem die Konferenz Artikel 19 annahm, hat sie unterstrichen, dass diese Bestimmung
«weder das Recht der ausübenden Künstler berührt, Verträge über die Herstellung von Ton- oder Bildträgern frei abzuschliessen, noch das Recht, die Inländerbehandlung hinsichtlich seiner Festlegungen in Anspruch zu nehmen» (Bericht der Konferenz, Kommentar zu Art. 19). .

Es ist beizufügen, dass die Fernsehunternehmen gegen die Weitersendung und die Festlegung ihrer Sendungen konventiorisrechtlich geschützt sind (Art. 13 Bst.

a und b), und dies selbst dann, wenn sie Filme oder andere audiovisuelle Produktionen verwenden.

Artikel 20 Artikel 20 enthält die Übergangsbestimmungen.

596

Artikel 21 und 22 Die Artikel 21 und 22 sichern die Möglichkeit der Inanspruchnahme über das Rom-Abkommen hinausgehender Schutzgrundlagen sowie des Abschlusses besonderer Vereinbarungen unter den Vertragsstaaten.

233.2

Administrative Bestimmungen (Art. 23-32)

Artikel 23 Keine Bemerkungen.

Artikel 24 Staaten, die das Rom-Abkommen nicht unterzeichnet haben, können ihm jederzeit beitreten. Formelle Voraussetzung des Beitritts ist aber eine Einladung zur Diplomatischen Konferenz von Rom oder die Mitgliedschaft bei der Organisation der Vereinten Nationen. Weitere Voraussetzung ist, dass der beitretende Staat dem Weltureberrechtsabkommen oder der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst angehört (Abs. 2).

Die Artikel 23 und 24 machen klar, dass die verwandten Schutzrechte nicht losgelöst vom Urheberrecht betrachtet werden können.

Artikel 25 Das Rom-Abkommen ist am 18. Mai 1964 in Kraft getreten.

Artikel 26 Artikel 26 ist eine übliche Effektivitätsklausel, die den allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts konkretisiert, wonach jeder Staat durch einen rechtskräftigen Vertrag gebunden und verpflichtet ist, diesen nach Treu und Glauben einzuhalten (Grundsatz des pacta sunt servando).

Die beitrittswilligen Staaten müssen bereits im Zeitpunkt der Hinterlegung der entsprechenden Urkunde - und nicht erst ab Inkrafttreten - in der Lage sein, die Bestimmungen dieses Abkommens anzuwenden (Abs. 2).

Artikel 27 Keine Bemerkungen.

Artikel 28 Artikel 28 enthält das Verfahren, das ein vertragschliessender Staat bei der Kündigung einzuhalten hat. Dieses versteht sich aus dem Konventionstext und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Artikel 29 Diese Bestimmung regelt die Einberufung einer Konferenz zur Revision des Abkommens und legt die erforderliche Mehrheit zur Verabschiedung von allfälligen Revisionen fest.

597

Artikel 30 Zur Beurteilung von Streitfragen zwischen vertragschliessenden Staaten über die Auslegung oder Anwendung der Konvention, die nicht auf dem Verhandlungsweg gelöst werden können, ist auf Antrag eines Staates der Internationale Gerichtshof zuständig.

Artikel 31 Weitergehende Vorbehalte, als die in diesem Artikel erwähnten (Art. 5 Abs. 3, 6 Abs. 2, 16 Abs. l und 17) sind nicht zulässig.

Artikel 32 Gemäss Artikel 32 ist ein Ausschuss aus Vertretern der Vertragsstaaten einzusetzen. Diesem Ausschuss obliegt die Überprüfung von Fragen, die sich auf die Anwendung und Durchführung dieses Abkommens beziehen sowie für vorgesehene Revisionen Vorschläge zu sammeln und Unterlagen vorzubereiten. Dabei kommt ihm aber keinerlei Kontrollfunktion oder Entscheidungsbefugnis zu.

Die Zusammensetzung des Ausschusses, dessen Organisation und die Einberufung von Sitzungen ergibt sich von selbst aus Artikel 32.

233.3

Schlussbestimmungen (Art. 33 und 34)

Artikel 33 und 34 Keine Bemerkungen.

234 234.1

Genfer Tonträger-Übereinkommen Materiellrechtliche Bestimmungen (Art. 1-7)

Artikel l In dieser Bestimmung werden die wichtigsten Begriffe des Übereinkommens definiert: Die Begriffe «Tonträger» (Bst. a) und «Hersteller von Tonträgern» (Bst. b) entsprechen den Definitionen im Rom-Abkommen (vgl. Kommentar zu Art. 3). Die Herstellung der Tonspur eines Tonfilms oder anderer Bildtonträger ist hingegen nicht einbezogen worden, weil der Filmhersteller durch das Urheberrecht gegen Überspielungen geschützt ist. Dagegen erstreckt sich der Schutz des Übereinkommens auch auf Tonträger, die gleichzeitig mit dem Film gesondert aufgenommen oder später mit Einwilligung des Filmherstellers durch Überspielung der Tonspur hergestellt werden.

Der Begriff «Vervielfältigungsstück» (Bst. c) umfasst jegliche Form der Festlegung (Schallplatten, Magnetbänder). Keine Rolle spielt, ob die Festlegung unmittelbar (Nachpressen/Überspielen) oder mittelbar (Kopie eines Tonträgers/ Aufnahme einer ab Tonträger ausgestrahlten Sendung) erfolgt. Mit dieser wei598

ten Umschreibung sollen möglichst viele Formen der Piraterie erfasst werden.

Weiter wird klargestellt, dass auch die Vervielfältigung wesentlicher Teile eines geschützten Tonträgers unzulässig ist.

Buchstabe d gibt eine Definition der «Verbreitung an die Öffentlichkeit». Das Tonträger-Übereinkommen bezweckt damit die Bekämpfung illegaler Tonträger auf allen Stufen. Dabei beschränkt sich das Übereinkommen nicht auf die Weiterverbreitung zu gewerblichen Zwecken. Eine mittelbare Abgabe des verkörperten Tonträgers an die Öffentlichkeit genügt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass schon gegen die Lieferung unerlaubt hergestellter Tonträger an'den Handel vorgegangen werden kann.

Artikel 2 Dieser Artikel enthält die grundlegende Verpflichtung des Übereinkommens.

Ihm kann entnommen werden, welche Tonträgerhersteller gegen welche Handlungen zu schützen sind. Dabei werden die einzelnen Staaten verpflichtet. Die Angehörigen eines Vertragsstaates können sich somit nicht unmittelbar auf das Übereinkommen berufen. Das Tonträger-Übereinkommen baut - im Gegensatz zum Rom-Abkommen - nicht auf dem Grundsatz der Inländerbehandlung auf.

Durch das Übereinkommen werden Tonträgerhersteller geschützt, die Angehörige anderer Vertragsstaaten sind. Damit wird an das Kriterium der Staatsangehörigkeit angeknüpft. Allerdings gibt es auch hier eine dem Rom-Abkommen entsprechende Ausnahme (vgl. Art. 17). Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass hur internationale Sachverhalte durch diese beiden Abkommen geregelt werden.

Geschützt werden soll vor allem gegen die Herstellung von Vervielfältigungsstücken ohne Zustimmung des Herstellers des Tonträgers, gegen die Einfuhr solcher Vervielfältigungsstücke und auch gegen deren Verbreitung an die Öffentlichkeit. Das Verbot der Herstellung und Einfuhr betrifft nur solche Fälle, in denen die Vervielfältigungsstücke zur Verbreitung an die Öffentlichkeit bestimmt sind.

Artikel 3 Es ist den Vertragsstaaten überlassen, wie sie innerhalb des Mindestschutzumfanges ihren Verpflichtungen aus dem Genfer Übereinkommen nachkommen wollen. Die geeigneten Massnahmen zur Durchsetzung des gemäss Artikel 2 zu gewährenden Schutzes können dem Urheberrecht, den verwandten Schutzrechten (andere besondere Rechte), den Rechtsvorschriften über den unlauteren Wettbewerb sowie den
Strafbestimmungen entnommen werden. Es ist auch möglich, die Regelungen aus den verschiedenen Rechtsgebieten zu kombinieren.

Artikel 4 Diese Bestimmung stellt es dem nationalen Gesetzgeber frei, die Schutzdauer festzulegen. Ist eine solche ausdrücklich vorgesehen, darf sie 20 Jahre nicht unterschreiten. Zugleich ist sie wahlweise vom Ende des Jahres der ersten Tonträgerfestlegung oder -Veröffentlichung an zu bemessen.

599

Ein Schutz von mindestens der gleichen Dauer wird aber auch von Vertragsstaaten erwartet, die ihren Schutz allein auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften abstützen.

Artikel 5 Artikel 5 enthält eine ähnliche (nicht zwingende) Vorschrift zur Kennzeichnung der Vervielfältigungsstücke eines Tonträgers wie das Rom-Abkommen. Da das Tonträger-Übereinkommen aber allein den Herstellerschutz bezweckt, konnte auf die Anforderungen zur Nennung der ausübenden Künstler verzichtet werden.

Artikel 6 Artikel 6 erlaubt es den Vertragsstaaten, den Schutz der Tonträgerhersteller in gleicher Weise zu beschränken, wie dies für die Nutzung von Werken der Literatur und Kunst zulässig ist. Schutzausnahmen sind somit möglich, müssen sich aber im Rahmen der nationalen Urheberrechtsgesetzgebung halten. Im übrigen sei klargestellt, dass Zweitverwertungshandlungen durch dieses Übereinkommen nicht berührt werden.

Zwangslizenzen dürfen nur unter drei bestimmten Voraussetzungen vorgesehen werden: So, falls die Vervielfältigung ausschliesslich für den Gebrauch im Unterricht oder in der wissenschaftlichen Forschung bestimmt ist. Eine solche Lizenzgewährung muss sich auf das Hoheitsgebiet des betreffenden Vertragsstaates beschränken und zudem entsteht dadurch beim Tonträgerhersteller ein Anspruch auf angemessene Vergütung.

Artikel 7 Das Genfer Übereinkommen darf in keiner Weise den den Urhebern, ausübenden Künstlern, Tonträgerherstellern oder Sendeunternehmen durch innerstaatliche Rechtsvorschriften oder durch internationale Verträge gewährten Schutz beeinträchtigen oder beschränken. Wie beim Rom-Abkommen wird auch durch das Tonträger-Übereinkommen der Schutzumfang nach oben nicht beschränkt.

Gehört ein Staat beiden Abkommen an, wird der durch das Rom-Abkommen gewährte Vervielfältigungsschutz durch das Tonträger-Übereinkommen auf die Einfuhr und Verbreitung ungenehmigter Vervielfältigungsstücke an die Öffentlichkeit erweitert. Im Ergebnis kommt somit dasjenige Abkommen mit dem weitergehenden Schutz zum Zuge (Abs. 1).

Die Regelung des Schutzes der ausübenden Künstler, deren Darbietungen auf Tonträgern festgelegt sind, wird gemäss Absatz 2 ausdrücklich der innerstaatlichen Gesetzgebung der Vertragsstaaten überlassen.

234.2

Administrative Bestimmungen (Art. 8-12)

Artikel 8 Keine Bemerkungen.

600

Artikel 9 Im Gegensatz zum Rom-Abkommen erfordert das Genfer Übereinkommen nicht die Zugehörigkeit zu einer Urheberrechtskonvention. Die Schweiz hat das Tonträger-Übereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.

Artikel 10 Artikel 10 schliesst jeglichen Vorbehalt (mit Ausnahme von Art. 7 Abs. 4) zu diesem Übereinkommen aus.

Artikel 11 Das Genfer Tonträger-Übereinkommen ist am 18. April 1973 in Kraft getreten.

Artikel 12 Keine Bemerkungen.

234.3

Schlussbestimmung (Art. 13)

Artikel 13 Keine Bemerkungen.

235 235.1

Brüsseler Satelliten-Übereinkommen Materiellrechtliche Bestimmungen (Art. 1-8)

Artikel l In dieser Bestimmung werden die wichtigsten Begriffe des Übereinkommens definiert: Mit «Signal» wird der elektronisch erzeugte Träger bezeichnet, der in der Lage ist, Programme zu übertragen. Auf den momentanen physikalischen Zustand des Signals kommt es nicht an.

Der Programmbegriff ist so umschrieben, dass er sowohl Fernseh- als auch Radiosendungen umfasst und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um LiveSendungen oder um die Ausstrahlung von Aufzeichnungen handelt.

Der Begriff «Satellit» umfasst alle von Menschen geschaffenen, extraterrestrischen Raumkörper. Es kann sich dabei sowohl um Passiv- oder Aktivsatelliten handeln, die sich entweder in freier Umlaufbahn um die Erde oder auf einem natürlichen Raumkörper (Mond) befinden.

Das «ausgestrahlte Signal» ist das von der Ausgangsanstalt dem Satelliten zugeführte und das «abgeleitete Signal», das vom Satelliten wieder abgestrahlte Signal. Die beim Satellitendurchgang erfolgende Modulation und Verstärkung sind ohne Bedeutung.

«Ursprungsunternehmen» sind die natürlichen oder juristischen Personen, denen die Entscheidung zusteht, welche Programme die ausgestrahlten Signale 601

tragen werden. Die Entscheidung, welches Programm die Signale tragen, fällt dabei keineswegs mit der Entscheidung zusammen, welchen Inhalt ein Programm hat.

Der Begriff des «Verbreiters» ergibt sich aus dem der «Verbreitung». Der «Verbreitung» selbst kommt grosse Bedeutung zu, ist sie doch Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit der Konvention. Die Verbreitung geht weiter als die «Funksendung» gemäss Artikel 3 Buchstabe f des Rom-Abkommens, umfasst sie doch auch die Übertragung durch Gemeinschaftsantennen, Kabelnetze sowie andere künftig technisch mögliche Verbreitungsformen. Die Einschränkung «an die Allgemeinheit oder einen Teil der Allgemeinheit» macht deutlich, dass der Privatgebrauch sowie technische Testübertragungen nicht unter die Konvention fallen.

Artikel 2 Als eigentliche Schlüsselvorschrift der Konvention verpflichtet Absatz l die Mitgliedstaaten gesetzliche Vorkehrungen zur Verhinderung nicht genehmigter Verbreitungen zu treffen. Dabei werden auch Verbreitungshandlungen erfasst, die lediglich eine Wahrnehmung ausserhalb des Hoheitsgebietes jenes Staates ermöglichen, von .dem aus die Verbreitung stattfindet. Die «angemessenen Massnahmen» können aus dem Gebiet des Privatrechts, des Strafrechts oder des Verwaltungsrechts stammen. Das Übereinkommen bezieht sich nur auf internationale Sachverhalte; auf bloss nationale Sachverhalte findet es keine Anwendung. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Konvention ist daher die Angehörigkeit der Ausgangsanstalt zu einem andern Vertragsstaat, wobei durch Hinterlegung einer entsprechenden Erklärung anstatt an die Staatsangehörigkeit an das Territorialitätsprinzip angeknüpft werden kann (vgl. auch Art. 8 Abs. 2).

Absatz 2: Dem nationalen Recht unterstellt ist die Dauer der Massnahmen gegen die Verbreitung. An sich sind die unterzeichnenden Staaten frei in der Bemessung der Schutzdauer, wobei im Generalbericht eine Schutzdauer von 20 Jahren empfohlen wird. Erfasst wird dabei nur das Signal selber und nicht dessen Inhalt.

Nach Absatz 3 ist die Konvention nicht anwendbar, wenn eine Weitersendung auf einem terrestrischen Signal aufbaut, das seinerseits von einem geschützten (Satelliten-)Signal abgeleitet ist und von einem anderen vertragschliessenden Land erstmals verbreitet wird. In diesem Falle handelt es sich um eine «Weitersendung» im Sinne von
Artikel 13 Buchstabe a Rom-Abkommen. Findet jedoch die erste Verbreitung von einem nichtvertragschliessenden Staat aus statt und wird die anschliessende Weitersendung durch einen in einem vertragschliessenden Staat befindlichen Sender vorgenommen, so ist die Konvention im Land des Weitersenders wieder anwendbar.

Artikel 3 Die Konvention ist nicht anwendbar, wenn das Satellitensignal direkt von der Allgemeinheit empfangen werden kann; es sich somit um Signale von einem Direktsatelliten handelt. Ein Konventionsschutz ist dann entbehrlich, wenn Ursprungsanstalt und Verbreiter begrifflich zusammenfallen.

602

Artikel 4 Der Inhalt dieses Artikels hält an den typischen urheberrechtlichen Ausnahmeregeln, fest. Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausnahmen nur im Rahmen von Artikel 2 Absatz l Geltung beanspruchen können. Bestehende urheberrechtliche Verpflichtungen sind zu berücksichtigen.

Artikel 5 Artikel 5 enthält das Prinzip der Nichtrückwirkung.

Artikel 6 Keine Bemerkungen.

Artikel 7 Keine Bemerkungen.

Artikel 8 Absatz l verankert den Grundsatz, dass die Konvention, ausser den in den Absätzen 2 und 3 erwähnten Sonderfällen, keine Vorbehalte zulässt.

Absatz 2 regelt die Anknüpfung an das Territorialitätsprinzip (Ort der Ausstrahlung der Satellitensendung), sofern nicht an die Staatszugehörigkeit (Nationalität des Sendeunternehmens) angeknüpft wird.

Absatz 3 sieht unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass durch einen entsprechenden Vorbehalt der Schutz der Verbreitung mittels Draht, Kabel oder ähnlicher Kommunikationskanäle an Abonnenten solcher Verteilersysteme begrenzt oder versagt werden kann.

235.2

Administrative Bestimmungen (Art. 9-11)

Artikel 9 Die Schweiz hat das Übereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.

Artikel 10 Das Brüsseler Übereinkommen ist am 25. August 1979 in Kraft getreten.

Artikel 11 Keine Bemerkungen.

235.3

Schlussbestimtming (Art. 12)

Artikel 12 Keine Bemerkungen.

603

3

Auswirkungen

31

Personelle Auswirkungen

Die neue Vorlage bringt der Bundesverwaltung zusätzliche Aufgaben. Sie ergeben sich einerseits aus dem Ausbau und der Verbesserung der Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften (vgl. Ziff. 143.25) und anderseits aus dem Vollzug des künftigen Bundesgesetzes über den Schutz von Topographien. Das Bundesamt für geistiges Eigentum erhält in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde der Verwertungsgesellschaften neue Kompetenzen. Es soll insbesondere auch für die Genehmigung der Tarife zuständig sein, die nach geltendem Recht von einer Schiedskommission geprüft werden; daneben ist auch mit einer Intensivierung der administrativen Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften zu rechnen. Schliesslich wird das Bundesamt ein Register zur Anmeldung und Eintragung von Topographien aufbauen und führen müssen.

Das Bundesamt ist nicht in der Lage, diese zusätzlichen Aufgaben mit seinem gegenwärtigen Personalbestand zu bewältigen. In der Annahme, dass das Register zur Eintragung von Topographien in einer ersten Phase des Aufbaus nicht stark benützt werden wird, sollten vorerst zwei zusätzliche Dienststellen ausreichen, nämlich je eine für die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften und das Topographien-Register.

32

Finanzielle Auswirkungen

Die Ausgaben für diese beiden Dienststellen liegen etwa bei 170000 Franken im Jahr. Daneben ist allerdings noch ein Aufwand von rund 50000 Franken für den Aufbau des Registers zur Eintragung der Topographien in Rechnung zu stellen. In diesem Betrag ist die Anschaffung eines PC und von zwei Bildschirmen sowie die Entwicklung der zur Führung des Registers benötigten Software inbegriffen.

Diese teils einmaligen, teils wiederkehrenden Ausgaben sollen indessen durch die Gebühren gedeckt werden, die das Bundesamt als Aufsichtsbehörde der Verwertungsgesellschaften (Art. 52 EURG) sowie für die Eintragung von Topographien (Art. 14 Abs. 2 EToG) erheben kann.

4

Legislaturplanung

Der Bericht über die Legislaturplanung 1987-1991 (BEI 1988 I 395) enthält keinen Hinweis auf die Vorlage. Sie beruht auf dem am 3. Oktober 1985 vom Ständerat und am 10. Juni 1986 vom Nationalrat zurückgewiesenen Entwurf des Bundesrates vom 29. August 1984 zu einem neuen Urheberrechtsgesetz (BB1 1984III 173), der in den Richtlinien der Regierungspolitik 1983-87 angekündigt worden war (BB1 1984 l 157, Ziff. 83).

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5

Verhältnis zum europäischen Recht und zur internationalen Rechtsentwicklung

51

Weltweit

Die internationale Dimension ist im Urheberrecht wie im Immaterialgüterrecht überhaupt seit jeher besonders ausgeprägt.

Weltweit bemühen sich vor allem die Weltorganisation für geistiges Eigentum (OMPI), die UNESCO und die Weltorganisation für Arbeit (OIT) mit Erfolg um die Weiterentwicklung des internationalen Urheber- und Nachbarrechtsschutzes. Davon zeugen die RBUe und das WUA, die eine grosse Regelungsdichte sowie einen hohen Universalitätsgrad erreicht haben und damit einen beachtlichen Harmonisierungseffekt erzielen, aber auch das Rom-Abkommen. Zu erwähnen ist zudem das Abkommen über den Schutz von mikroelektronischen Halbleiterschaltungen, das im Mai 1989 in Washington verabschiedet wurde.

Aber auch bei der Entwicklung und Harmonisierung des Urheberrechts auf dem Wege der Auslegung und auf freiwilliger Basis leistet die OMPI unter aktiver Beteiligung der Schweiz Bedeutendes. Regelmässige Veranstaltungen auf Expertenebene über die verschiedensten Problembereiche münden in Empfehlungen, Mustervorschriften oder zumindest in eine breit abgestützte Interpretation der bestehenden Staatsverträge aus. Der Urheberrechtsentwurf liegt grossenteils, aber nicht durchwegs auf der Linie dieser (unverbindlichen) Ergebnisse, die sich oft stark am Schutzbedürfnis der Urheber und ihrer Rechtsnachfolger ausrichten.

Als Teil des Immaterialgüterrechts ist das Urheberrecht auch Thema im Rahmen der Uruguay-Runde der GATT-Verhandlungen. Deren Ausgang ist noch völlig offen, aber es ist nicht auszuschliessen, dass sie in die Festlegung eigentlicher auch privatrechtlicher Normen ausmünden. Die vorliegenden Entwürfe sind auch mit den ambitiösesten Zielsetzungen der GATT-Verhandlungen kompatibel.

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Europarat

Der Europarat hat in den vergangenen Jahren verschiedene Empfehlungen ausgearbeitet und verabschiedet, welche das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte betreffen. Im Mittelpunkt steht dabei die Problematik des Urheberrechts im Bereiche der elektronischen Medien unter besonderer Berücksichtigung der modernen Reproduktions- und Distributionsverfahren. So befasst sich eine Europarats-Empfehlung vorrangig mit den urheberrechtlichen Grundzügen auf dem Gebiet des Satelliten- und Kabelfernsehens. Dabei versucht dieser Text ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen der Notwendigkeit, die Rechte der Urheber zu schützen und dem allgemeinen Interesse, die Entwicklung der neuen Medientechnologien sicherzustellen.

In zwei weiteren Empfehlungen, welche die Anpassung des Urheberrechtsschutzes an die technische Entwicklung betreffen (Recommandations No R [86]9 sur le droit d'auteur et la politique culturelle und No R [88] 1 sur la copie privée sonore et audiovisuelle), propagiert der Europarat die Kassettenabgabe.

23 Bundesblatt. 141. Jahrgang. Bd. III

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Die Einführung der Kassettenabgabe wird allerdings nicht imperativ gefordert.

Die Mitgliedstaaten werden vielmehr eingeladen, die Einführung dieses Vergütungssystems unter Berücksichtigung des Ausmasses des privaten Kopierens und seiner wirtschaftlichen Auswirkungen zu prüfen. Ausserdem wird darauf hingewiesen, dass sich dieses Abgabesystem in den Ländern, die es schon eingeführt haben, bewährt habe.

Die internationale Rechtsentwicklung zeigt, dass sich die Leerkassettenabgabe in Europa mehr und mehr durchsetzt. Nach der BRD, Österreich und den skandinavischen Ländern haben nun auch Frankreich, Portugal und Spanien dieses Vergütungssystem für das private Aufnehmen und Überspielen von Werken eingeführt. In Italien ist die Regierung ermächtigt worden, das bestehende Gesetz zu revidieren und dabei auch die Kassettenabgabe vorzusehen. Auch in GB laufen Revisionsbestrebungen; die Kassettenabgabe scheint jedoch im Parlament auf grosse .Opposition zu stossen.

Schliesslich hat der Ministerrat des Europarats auch eine Empfehlung über Massnahmen zur Bekämpfung der Piraterie im Bereich der Urheber- und der verwandten Schutzrechte verabschiedet (Recommandation No R(88)2 sur des mesures visant à combattre la piraterie dans le domaine du droit d'auteur et des droits voisins). Den Europaratsländern wird insbesondere empfohlen, auch den ausübenden Künstlern sowie den Herstellern von Ton- und Tonbildträgern ausschliessliche Rechte im Sinne des Rom-Abkommens einzuräumen und Mitglieder der verschiedenen Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte zu werden, sofern sie ihnen nicht bereits angehören.

Daneben sollen die Europaratsstaaten aber auch gesetzgeberische Massnahmen zur Verbesserung des zivil- und strafrechtlichen Schutzes der Urheber und Interpreten treffen sowie eine enge Zusammenarbeit auf der Ebene der Polizeiund Zollbehörden anstreben, um die Piraterie auch auf internationaler Ebene wirksam zu bekämpfen.

Im Mediensektor stehen überdies heute drei vom Europarat geschaffene Abkommen in Kraft. Dies sind nebst dem von der Schweiz bereits ratifizierten Europäischen Übereinkommen zur Verhütung von Rundfunksendungen von Stationen ausserhalb nationaler Hoheitsgebiete (SR 0.784.404), einerseits das Europäische Abkommen über den Austausch von Fernsehprogrammen von 1958 und anderseits
das Europäische Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen von 1960 einschliesslich des dazugehörigen Protokolls von 1965 und der Zusatzprotokolle von 1974 bzw. 1985.

Die Revision des Urheberrechts ist an sich nicht auf einen Beitritt der Schweiz zu diesen beiden europäischen Abkommen ausgerichtet, denen die Schweiz noch nicht beigetreten ist. Die im vorliegenden Gesetzesentwurf über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte zugunsten der Sendeunternehmen vorgesehene Regelung steht zwar mit diesen Übereinkommen im Einklang und würde demzufolge einen Beitritt erlauben. Indessen soll die auch medienpolitisch wichtige Frage, ob und gegebenenfalls mit welchen Vorbehalten ein solcher Beitritt erfolgen soll, erst nach dem Abschluss der Urheberrechtsrevision näher geprüft werden.

606

53

Europäische Gemeinschaft

Ausgangspunkt der Vereinheitlichung des Urheberrechts in der Europäischen Gemeinschaft (EG) ist eine Entschliessung des Europäischen Parlaments vom 13. Mai 1974, in der die EG-Kommission um die Harmonisierung der Rechtsvorschriften über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte angegangen wurde. In der Folge wurden mehrere rechtsvergleichende Studien veranlasst, die gezeigt haben, dass eine europäische Harmonisierung des Urheberrechts viele Probleme aufwerfen wird, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die zum Teil ganz unterschiedlichen rechtsdogmatischen Wurzeln, aus denen sich das Urheberrecht in den einzelnen Ländern entwickelt hat. So stellte A. Dietz in seiner Studie «Das Urheberrecht in der Europäischen Gemeinschaft» grosse Unterschiede zwischen den Urheberrechtsgesetzen der einzelnen Mitgliedstaaten namentlich auf den Gebieten der Rechtszuordnung, der Ton- und Bildaufnahme im Privatbereich, der Reprographie, des Kabelfernsehens, der Bibliotheksausleihe und bei der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften fest. In diesen Studien (vgl. dazu GRUR Int. 1978, Heft 3, S. 104) findet sich auch der Hinweis, dass die europäischen Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsbemühungen nicht auf die Mitgliedländer der EG beschränkt sein müssen.

Aufgrund dieser Studien hat die Kommission in einer «Mitteilung der Kommission der EG über die Aktion der Gemeinschaft im kulturellen Bereich» vom 21. November 1977 Vorschläge für eine Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte im Rahmen der EG unterbreitet. Dabei hat sie sich vor allem zur Schutzfristdauer, zur Bibliotheksgebühr, zur Frage der unkontrollierbaren Massennutzung von Werken (Ton- und Bildaufnahmen, Reprographie) und zum Folgerecht geäussert.

Klarere Umrisse und Zielsetzungen der Harmonisierungsbestrebungen der EG ergeben sich aus dem im Juni 1988 von der EG-Kommission veröffentlichten Grünbuch zum Urheberrecht, das als Grundlage für eine breit angelegte Diskussion sowie zur Konsultation der interessierten Kreise dienen soll. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen zur Piraterie im Ton- und Tonbildbereich, zum privaten Kopieren von Ton- und Tonbildträgern, zum Vermieten und Verbreiten von Ton- und Tonbildträgern, zum Schutz von Computerprogrammen sowie die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit der Betreibung von Datenbanken.
Ferner werden in diesem Grünbuch auch die Beziehungen zu nicht der Gemeinschaft angehörenden Ländern angesprochen. In den jeweiligen Kapiteln wird nebst einer Übersicht über den Ist-Zustand in den einzelnen Mitgliedstaaten die jeweilige Problematik offengelegt und auf verschiedene Lösungsmöglichkeiten hingewiesen.

Gestützt auf eine eingehende Untersuchung der verschiedenen Aspekte der Piraterie kommt die Kommission zum Schluss, dass ein umfassender gesetzlicher Schutz zugunsten der Urheber, Produzenten, Künstler und Sendeunternehmen nötig ist. Dazu gehört auch die Einführung wirkungsvoller verfahrensrechtlicher Massnahmen sowie schärferer strafrechtlicher Sanktionen. Vorgeschlagen werden auch zollrechtliche Massnahmen zur Verhinderung des freien Verkehrs von Piraterieprodukten sowie die strafrechtliche Verfolgung der Piraterie von Amtes wegen.

607

Mit ihren Vorschlägen zur Verbesserung des zivil- und strafrechtlichen Schutzes und den neuen Bestimmungen über die Hilfeleistung der Zollverwaltung zur Bekämpfung des Imports von Piraterieprodukten entspricht die Vorlage den im Grünbuch aufgestellten Anforderungen.

In ihrer Analyse des Tatbestands der Vervielfältigung audiovisueller Werke zu privaten Zwecken kommt die Kommission zum Schluss, dass dadurch den Rechtsinhabern (Urhebern, Produzenten und Interpreten) Verluste entstehen, weil das private Kopieren den Kauf der bespielten Videokassetten ersetzt. Sie schlägt deshalb eine Reihe repressiver Massnahmen vor, die das Ziel haben, das private Kopieren einzuschränken, wie z.B. die Verhinderung des Kopierens mit digitalen Aufnahmegeräten durch technische Massnahmen.

Von Harmonisierungsmassnahmen, die dazu führen, dass das private Kopieren auf Gemeinschaftsebene zulässig wird, möchte man hingegen zumindest vorläufig Abstand nehmen. Deshalb wird auch die auf einer gesetzlichen Lizenz beruhende Leerkassettenabgabe, die bereits in verschiedenen Ländern zur Erfassung des privaten Kopierens eingeführt worden ist, eher zurückhaltend beurteilt und nicht als Harmonisierungsvorschlag aufgegriffen. Den Mitgliedstaaten wird es vielmehr freigestellt, solche Abgabesysteme, die zweifellos eine neue Einnahmequelle für die Betroffenen darstellen, beizubehalten bzw. einzuführen.

Der vorliegende URG-Entwurf, der im Gegensatz zum Entwurf von 1984 keine Leerkassettenabgabe vorsieht, sondern das private Kopieren vergütungsfrei zulässt (vgl. Art. 19 und 20), steht somit auch auf diesem Gebiet nicht im Widerspruch zu allfälligen Harmonisierungsbestrebungen. Er kann überdies für sich in Anspruch nehmen, dass er die flankierenden Massnahmen enthält, welche die Kommission zur Eindämmung des privaten Kopierens und der sich daraus ergebenden Einbussen der Rechtsinhaber vorschlägt. Gemeint ist damit die Einführung eines Vermietrechts und die Verbesserung der Rechtsschutzbestimmungen zur Bekämpfung der Piraterie.

Auch im Zusammenhang mit der Untersuchung über die Erschöpfung des Verbreitungsrechts kommt die Kommission zum Schluss, dass das gewerbliche Vermieten von Ton- und Tonbildträgern dem Urheberrecht sowie den verwandten Schutzrechten unterstellt werden sollte. Dieser Schritt sei erforderlich, um den Urhebern, Produzenten
und Interpreten die Kontrolle über die gewerbliche Nutzung ihrer Werke und Leistungen zu sichern. Die Kommission hat die Absicht, das Vermietrecht für Ton- und Tonbildträger zum Gegenstand einer Richtlinie zu machen. Offen ist noch die Frage, ob dieses Recht ein ausschliessliches sein soll, das den Rechtsinhabern die Möglichkeit gibt, das Vermieten von Ton- und Tonbildträgern zu erlauben oder zu verbieten, oder ob es auf einen Vergütungsanspruch beschränkt werden soll.

Der URG-Entwurf enthält in Artikel 13 Absatz l einen Vergütungsanspruch für das Vermieten von Werkexemplaren und liegt damit auf der Linie der Harmonisierungsbestrebungen. Allerdings ist dieser Vergütungsanspruch nur auf das Urheberrecht im engeren Sinn beschränkt, die ausübenden Künstler und die Hersteller von Tonträgern haben somit keinen solchen Anspruch. Zur Regelung der Erschöpfung des Verbreitungsrechts im allgemeinen sieht die Kommission bisher keine Notwendigkeit für eine Rechtsangleichung auf Gemeinschaftsebene.

608

Der Erlass einer weiteren Richtlinie ist gemäss dem Grünbuch auch für den Schutz von Computerprogrammen vorgesehen. Dabei soll als sedes materiae für den Programmschutz das Urheberrecht vorgeschlagen werden. Bis heute hat sich die Kommission allerdings noch nicht in den wesentlichen Fragen (Definition Computerprogramm, Schutzumfang, Schutzdauer, Rechtszuordnung, Beziehung zu den bestehenden internationalen Urheberrechtsabkommen) festgelegt.

Immerhin sind die im Grünbuch enthaltenen Grundsätze für den Schutz von Computerprogrammen durch den EURG vollumfänglich abgedeckt. Im übrigen deckt sich die darin vorgesehene Regelung weitgehend mit denjenigen verschiedener EG-Staaten, die in diesem Bereich bereits legiferiert haben. Es besteht somit auch kein Anlass mit der Revision zuzuwarten, bis die EG ihre in Aussicht gestellten Richtlinien veröffentlichen wird.

Bezüglich des Schutzes von Topographien - der im Grünbuch nicht speziell behandelt wird - hat die EG am 16. Dezember 1986 ausführliche Richtlinien erlassen. Diese müssen allerdings zunächst noch von den einzelnen Staaten ins nationale Recht umgesetzt werden. Die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, die Niederlande und Dänemark haben dies bereits getan.

In diesen Richtlinien verlangt die EG für eine definitive Schutzausdehnung volle Reziprozität. Unser Entwurf zum Schutz der Topographien ist in den wesentlichen Punkten auf das europäische Recht ausgerichtet und erfüllt somit die Voraussetzung der Reziprozität.

6

Rechtliche Grundlagen

61

Verfassungsmässigkeit

611

Urheherrechtsgesetz

Der Entwurf stützt sich auf Artikel 64 und ergänzend auf Artikel 31bis Absatz 2 sowie - für die strafrechtlichen Bestimmungen - auf Artikel 64bis der Bundesverfassung.

Die Kompetenz des Bundes nach Artikel 64 Absatz l zur Gesetzgebung über das Urheberrecht bezieht sich zwar primär auf privatrechtliche Bestimmungen, erfasst aber nach herrschender Lehre den ganzen Sachbereich. Es können somit auch öffentlichrechtliche Normen erlassen werden, wie sie sich vor allem im vierten Titel finden. Voraussetzung ist, dass sie zur Durchsetzung und einheitlichen Anwendung des Bundeszivilrechts oder zur Vermeidung von Rechtskollisionen notwendig sind (vgl. Literaturhinweis unter Ziff.61.2).

Der fünfte Titel enthält prozessuale Bestimmungen, wobei das Prozessrecht nach Artikel 64 Absatz 3 der Bundesverfassung grundsätzlich Sache der Kantone ist. Der Bund darf indessen jene prozessualen Bestimmungen selber erlassen, die für die Verwirklichung des materiellen Rechts erforderlich sind (vgl.

VPB 1981 Nr. 49 S. 284 ff. mit Hinweisen). Diese Voraussetzung ist im Bereich des Immaterialgüterrechts gegeben.

Artikel 60 Absatz l EURG sieht einen auf Bundesebene einheitlichen, alternativen Gerichtsstand vor, da nur einheitliche, leicht bestimmbare und leicht zu609

gängliche Gerichtsstände einen sachgerechten Schutz des äusserst verletzbaren Urheberrechts voll zu verwirklichen vermögen.

Weiter drängt sich für das Urheberrecht eine auf Bundesebene einheitliche Regelung der Zulässigkeit der einfachen Streitgenossenschaft auf (Art. 60 Abs. 2).

Es muss verhindert werden, dass bei gleichgelagerten oder gar zusammenhängenden Ansprüchen gegensätzliche Entscheide gefällt werden. Zudem soll der Urheber sein Schutzrecht möglichst prozessökonomisch verteidigen können, insbesondere mehrere Beteiligte unabhängig von ihrem Wohnsitz zusammen ins Recht fassen können. Diese Regelung durchbricht den Grundsatz des Wohnsitzrichters (Art. 59 BV), die eben erwähnten Gründe rechtfertigen jedoch eine Ausnahme von diesem Prinzip. Im Interesse einer einheitlichen Anwendung des Urheberrechts schliesslich dürfen sich die Urheberrechtsprozesse eines Kantons nicht auf mehrere Gerichte verteilen, vielmehr soll eine kantonale Instanz auf diesem speziellen Rechtsgebiet möglichst viel Erfahrung sammeln können (Art. 60 Abs. 3). Entsprechende Bestimmungen finden sich auch im geltenden Urheberrechtsgesetz (Art. 45, SR 251.1) und in anderen Gesetzen spezialrechtlichen Charakters: im Markenschutzgesetz (Art.29; SR 232.11), im Muster- und Modellgesetz (Art. 33; SR 232.12), im Patentgesetz (Art. 76; SR 232.14), im Sortenschutzgesetz (Art. 42; SR 232.16) und im Kartellgesetz (Art. 7; SR 251).

Der Entwurf befasst sich sodann mit den vorsorglichen Massnahmen (Art. 61), da ein wirksamer Urheberschutz nur gewährt ist, wenn diese Massnahmen dort angeordnet werden können, wo Gefahr im Verzug ist, und wenn ein einfaches und rasches Verfahren gegeben ist. Insbesondere müssen langwierige Zuständigkeitsstreitigkeiten verhindert werden. Zudem ist eine auf Bundesebene einheitliche Regelung erforderlich, da Urheberrechtsverletzungen in kurzen Zeitabständen in verschiedenen Kantonen wirksam werden können.

Die Bestimmungen über die Verwertungsgesellschaften können auch als Vorschriften über die Ausübung von Handel und Gewerbe verstanden werden. Ihre Abstützung finden sie insofern in Artikel 31bis Absatz 2 der Bundesverfassung.

Das Urheberrecht ist wie das übrige Immaterialgüterrecht und das Sachenrecht von zentraler Bedeutung für die Eigentumsordnung. Es dient nicht zuletzt der Ausgestaltung der in Artikel
22ter Absatz l der Bundesverfassung gewährleisteten Eigentumsgarantie. Damit ist die konstitutive Bedeutung der Grundrechte angesprochen, die in der neueren Verfassungsrechtslehre zunehmend betont wird (vgl. etwa Georg Müller, Privateigentum heute, ZSR 1981 II 28f. und 51 f.; Jörg Paul Müller, Elemente einer schweizerischen Grundrechtstheorie, Bern 1982 15ff.; Peter Saladin, Grundrechte im Wandel, 3. Aufl.; Bern 1983 LII ff.

und 292 ff.).

In der Tat ist die Eigentumsgarantie im Bereich des unkörperlichen Urheberrechts in besonderer Weise auf die Verwirklichung durch den Gesetzgeber angewiesen. Das Grundrecht vermöchte hier aus sich selbst kaum direkt Rechtspositionen zu gewährleisten. Kehrseite ist, dass sich der vom Gesetzgeber zu formulierende Inhalt des Urheberrechts aus der Eigentumsgarantie nicht zwingend ableiten lässt. Vielmehr hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum.

Verfassungsrechtliche Richtpunkte für die Ausgestaltung ergeben sich vor allem aus dem Zusammenhang des Urheberrechts mit der Wirtschaftsverfassung. Da610

bei steht die Anspornfunktion des Eigentums im Vordergrund (vgl. auch Georg Müller, a.a.O. 76ff.) Ein hinreichender Anreiz, Werke zu schaffen, besteht nur, wenn der wirtschaftliche Nutzen dem Urheber in angemessenem Umfang zukommt.

.

Das Urheberrecht hat nicht nur für die Eigentumsgarantie, sondern auch für die in Artikel 31 Absatz l der Bundesverfassung gewährleistete Handels- und Gewerbefreiheit konkretisierende Bedeutung. Dies ist bereits mit dem Hinweis auf den Zusammenhang zwischen der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsverfassung angedeutet worden. Die Möglichkeit, das Urheberrecht wirtschaftlich zu verwerten, liegt als wirtschaftliche Tätigkeit mit im Schutzbereich dieses Grundrechtes (vgl. zum Schutzinhalt allgemein etwa Fritz Gygi, Wirtschaftsverfassungsrecht, Bern 1981 S. 39 f.).

Nicht zuletzt hat das Urheberrecht aber auch Bezug zum ungeschriebenen Grundrecht der persönlichen Freiheit. Dies äussert sich namentlich in den ideellen Interessen des Urhebers an seinem Werk.

Die Vorlage trägt diesen Gedanken Rechnung. Die Rechtsstellung des Urhebers wird einerseits verbessert: umfassendes Herrschaftsrecht des Urhebers (Art.9 und 10), besserer Schutz der Werkintegrität (Art. 11), Vergütungsanspruch für das Vermieten und Ausleihen von Werkexemplaren (Art. 13), klare Absicherung einer minimalen Rechtsstellung des Urhebers bei der kollektiven Verwertung von Urheberrechten (Art.41 ff., vor allem Art.42 Est. d und 49 Abs. l und 3), Verbesserung des Rechtsschutzes (Art. 63). Anderseits gebieten öffentliche Interessen gewisse neue Beschränkungen: Legalisierung der Massennutzung urheberrechtlich geschützter Werke (Art. 19, 20 und 21), erlaubte Archivierung von Werkexemplaren (Art. 23), Erweiterung des Zitatsrechts (Art. 24), Aufnahmen für Sendezwecke (Art. 27), Erweiterung der zulässigen Berichterstattung über Tagesereignisse (Art. 28). Insgesamt wird die Rechtsstellung des Urhebers aber nicht geschwächt, sondern konsolidiert.

Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass auch die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Gesetzes auf die verwandten Schutzrechte durch die erwähnte verfassungrechtlicht Grundlage abgedeckt ist. Auch bei der Regelung des Schutzes der ausübenden Künstler, der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern und der Sendeunternehmen handelt es sich um eine Konkretisierung traditioneller Grundrechte im Sinne der vorerwähnten Erwägungen.

612

Topographiengesetz

Der Entwurf stützt sich auf Artikel 64 der Bundesverfassung. Die sich daraus ergebende Kompetenz des Bundes zur Rechtsetzung auf dem Gebiet des Zivilrechts erstreckt sich auch auf eine privatrechtlich ausgestaltete Regelung zum Schutz von Topographien.

Dabei dürfen auch Bestimmungen erlassen werden, die - wie etwa Formvorschriften (Topographienregister) - an sich öffentlichrechtlicher Natur sind, sofern sie zur Durchsetzung und einheitlichen Anwendung des Bundeszivilrechts oder zur Vermeidung von Rechtskollisionen notwendig sind (vgl. Hans Huber, 611

Berner Kommentar, Bd.I, N. 105ff. zu Art.6 ZGB; Raymond Didisheim, la notion du droit civil fédéral, contribution à l'étude de l'article 64 de la constitution fédérale, Diss. Lausanne 1973, S.200ff.).

Die Grundlage für die strafrechtlichen Vorschriften bildet Artikel 64bis BV.

62

Delegation der Gesetzgebungskompetenz

In Artikel 40 EURG ist eine Rechtsetzungsdelegation an den Bundesrat vorgesehen, die über die allgemeine Kompetenz zum Erlassen einer Vollzugsverordnung hinausgeht. Sie ermächtigt den Bundesrat, weitere Verwertungsbereiche der Bundesaufsicht zu unterstellen. Diese auch im geltenden Recht (Art. l Abs. 3 Ziff. l VerwertungsG) enthaltene und bis anhin zweimal angewendete Delegationsnorm gewährleistet eine Anpassung des Verwertungsrechts und der Kontrolle über die Verwertungsgesellschaften an die rasche Entwicklung auf dem Gebiet der kollektiven Rechtswahrnehmung. Weitere Hinweise ergeben sich aus den Erläuterungen zur vorerwähnten Bestimmung.

63

Bundesbeschluss über verschiedene völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiete des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte

Die verfassungsmässige Grundlage des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses ist Artikel 8 der Bundesverfassung. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung.

Es bleibt zu prüfen, ob der Genehmigungsbeschluss der Bundesversammlung nach Artikel 89 Absatz 3 der Bundesverfassung dem fakultativen Staatsvertragsreferendum zu unterstellen ist. Dies ist der Fall bei völkerrechtlichen Verträgen, die unbefristet und unkündbar sind (Art. 89 Abs. 3 Bst. a), die den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Art. 89 Abs. 3 Bst. b) oder welche eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbeiführen (Art. 89 Abs. 3 Bst. c).

Die erwähnten Staatsverträge sind jederzeit kündbar (Art. 35 Ziff. 2 RBUe; Art.

XIV WUA; Art.28 Rom-Abkommen; Art. 12 Tonträger-Übereinkommen; Art. 11 Satelliten-Übereinkommen).

Hingegen setzt die Ratifikation der Pariser Fassung der Berner Übereinkunft den Beitritt zur Weltorganisation für geistiges Eigentum voraus ; die Schweiz ist indessen schon seit dem 26. April 1970 Mitglied dieser Organisation. Diese Mitgliedschaft ermöglicht aber auch die Ratifikation des Tonträger- und des Satelliten-Übereinkommens. Beim Rom-Abkommen genügt zum Beitritt die Einladung zur seinerzeitigen Diplomatischen Konferenz. Allerdings wird zusätzlich die Zugehörigkeit der Schweiz zur Berner Übereinkunft oder zum Welturheberrechtsabkommen verlangt. Aber auch bei diesen Verbänden ist die Schweiz bereits Mitglied (RBUe: Fassung von Brüssel vom 26.Juni 1948; Fassung von Stockholm vom 14. Juli 1967 (Art. 22-38)7 WUA: Fassung von Genf vom 6. September 1952). Somit ist zusätzlich kein Beitritt zu einer internationalen Organisation gemäss Artikel 89 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung mehr erforderlich.

612

Nach bisheriger Praxis bewirken nur solche Verträge eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung im Sinne von Artikel 89 Absatz 3 Buchstabe c der Bundesverfassung, die multilateral auf dem Verhandlungsweg erzeugtes Einheitsrecht enthalten, Landesrecht unmittelbar ersetzen oder zumindest ergänzen und in all ihren wesentlichen Teilen direkt anwendbar sind. Das auf diesem Wege neu erzeugte Einheitsrecht musste ein bestimmtes, genau umschriebenes Rechtsgebiet umfassend regeln, das heisst als völkerrechtlich geschaffenes Einheitsgesetz jenen materiellen und formellen Mindestumfang aufweisen, der auch nach landesrechtlichen Massstäben die Schaffung eines separaten Gesetzes als sinnvoll erscheinen liesse (BB1 1986 II 748 f.).

Anlässlich der Genehmigung der Protokolle Nr. 6 und 7 zur Europäischen Menschenrechtskonvention sowie einiger Übereinkommen im Bereich der Seeschifffahrt (BB1 19871 1015 ff.) hat die Bundesversammlung diese Praxis präzisiert und entschieden, dass in Einzelfällen wegen der Bedeutung und der Art der Bestimmungen oder weil internationale Kontrollorgane geschaffen werden, auch dann eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung vorliegen könne, wenn die in Frage stehenden internationalen Normen nicht zahlreich sind. Der Bundesrat hat von den Überlegungen der eidgenössischen Räte Kenntnis genommen und wird in jedem Einzelfall prüfen, ob sie im Lichte der verfassungsmässigen Ordnung der Schweiz zu konkretisieren seien (BB1 1988 II 912 f.).

Mit der Pariser Fassung des Welturheberrechtsabkommens und dessen Zusatzprotokollen sowie mit dem Genfer Tonträger- und dem Brüsseler SatellitenÜbereinkommen entsteht kein neues materielles Recht, das in der Schweiz unmittelbar anzuwenden wäre. Da damit ein konstitutives Element der multilateralen Rechtsvereinheitlichung fehlt, braucht die Unterstellung dieser Übereinkommen unter das fakultative Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 89 Absatz 3 Buchstabe c der Bundesverfassung nicht weiter geprüft zu werden.

Dagegen schafft die Pariser Fassung der Berner Übereinkunft neues materielles Recht, das in der Schweiz unmittelbar anzuwenden ist. Es betrifft ganz verschiedene urheberrechtliche Aspekte : die Dauer des Schutzes der ideellen Interessen des Urhebers (Art.6bis Abs. 2 RBUe), die Schutzdauer für Filmwerke, photographische Werke und Werke der angewandten
Kunst (Art. 7 Abs. l in Verbindung mit Abs. 2 und 4 RBUe), die Gewährung des Vervielfältigungsrechtes als ausschliessliches Recht (Art. 9 RBUe), eine Vermutung zugunsten des Nutzungsrechts des Produzenten (Art. 14bls Abs. 2 Bst. b RBUe) und die Vermutung der Produzenteneigenschaft (Art. 15 Abs.2 RBUe). Es handelt sich hier aber nur um wenige ganz punktuelle Änderungen und Ergänzungen innerhalb des Urheberrechts, welche Elemente einer Rechtsvereinheitlichung enthalten.

Diese reichen nicht aus, um von einer multilateralen Rechtsvereinheitlichung im Sinne von Artikel 89 Absatz 3 Buchstabe c der Bundesverfassung sprechen zu können.

Das Rom-Abkommen zählt insgesamt 34 Artikel, wovon 22 materiellen Inhaltes sind. Von diesen 22 Artikeln richten sich nur gerade drei an den vertraglich geschützten Personenkreis selbst, nämlich Artikel 10 (Recht der Hersteller, die Vervielfältigung ihrer Tonträger zu erlauben oder zu verbieten), Artikel 12 (Vergütungsansprüche der Tonkünstler und Hersteller) und Artikel 13 (Rechte der Sendeanstalten). Artikel 14 schreibt die Mindestdauer des vertraglich gewährten 613

Schutzes (20 Jahre) vor. Die übrigen Schutzbestimmungen wenden sich primär an die gesetzgebenden Organe der Vertragsparteien. Diese Übersicht zeigt, dass das Abkommen weder den erforderlichen Mindestumfang aufweist, den eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung erfordert, noch in seinen wesentlichen Punkten unmittelbar auf die Rechtsunterworfenen anwendbar ist. Sein Artikel 26 lässt im Gegenteil vermuten, dass die Vertragsparteien dem Rom-Abkommen insgesamt keine unmittelbare Anwendbarkeit verleihen wollten. Die genannte Bestimmung verpflichtet die vertragschliessenden Staaten in Absatz l nämlich, «die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Anwendung dieses Abkommens zu gewährleisten». Gemäss Absatz 2 muss der Staat im Zeitpunkt der Hinterlegung seines Ratifikationsinstrumentes ferner «nach seiner Gesetzgebung in der Lage sein, die Bestimmungen dieses Abkommens anzuwenden».

Diese Anweisungen an die Vertrags Staaten wären überflüssig, wenn die wesentlichen Bestimmungen nach Auffassung der Schöpfer des Rom-Abkommens mit Self-executing-Wirkung hätten ausgestattet werden sollen. Unter diesen Umständen stellt sich auch die Frage einer allfälligen Unterstellung des Rom-Abkommens unter das Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 89 Absatz 3 Buchstabe c der Bundesverfassung aufgrund der Bedeutung einzelner Normen nicht.

Der zur Genehmigung unterbreitete Bundesbeschluss unterliegt somit nicht dem fakultativen Referendum.

'614

Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG)

Entwurf

vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 31bis Absatz 2, 64 und 64bis der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1989 '), beschliesst:

I.Titel: Gegenstand Art. l 1 Dieses Gesetz regelt: a. den Schutz der Urheber von Werken der Literatur und Kunst; b. den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen; c. die Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften.

2 Völkerrechtliche Verträge bleiben vorbehalten.

2.Titel: Urheberrecht I.Kapitel: Das Werk Art. 2

Werkbegriff

1

Werke sind, unabhängig von ihrem Wert oder Zweck, geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen Charakter haben.

2

Dazu gehören insbesondere: a. literarische, wissenschaftliche und andere Sprachwerke; b. Werke der Musik und andere akustische Werke; c. Werke der bildenden Kunst, insbesondere der Malerei, der Bildhauerei und der Graphik; d. Werke mit wissenschaftlichem oder technischem Inhalt wie Zeichnungen, Pläne, Karten oder plastische Darstellungen; e. Werke der Baukunst; f. Werke der angewandten Kunst; g. photographische, kinematograpbische und andere visuelle oder audiovisuelle Werke;

D BEI 1989 III 477

615

Urheberrecht

h. choreographische Werke und Pantomimen; i. Programme für die automatische Informationsverarbeitung.

3 Ebenfalls geschützt sind Entwürfe, Titel und Teile von Werken, sofern es sich um geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter handelt.

Art. 3 Werke zweiter Hand 1 Geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter, die unter Verwendung bestehender Werke so geschaffen werden, dass die verwendeten Werke in ihrem individuellen Charakter erkennbar bleiben, sind Werke zweiter Hand.

2 Werke zweiter Hand sind selbständig geschützt.

3 Der Schutz der verwendeten Werke bleibt vorbehalten.

Art. 4 Sammelwerke 1 Sammlungen sind selbständig geschützt, sofern es sich bezüglich Auswahl oder Anordnung um Schöpfungen mit individuellem Charakter handelt.

2 Der Schutz von in das Sammelwerk aufgenommenen Werken bleibt vorbehalten.

Art. 5 Nicht geschützte Werke 1 Durch das Urheberrecht nicht geschützt sind: a. Gesetze, Verordnungen, völkerrechtliche Verträge und andere amtliche Erlasse; b. Zahlungsmittel; c. Entscheidungen, Protokolle und Berichte von Behörden und öffentlichen Verwaltungen sowie alle schriftlichen und mündlichen Äusserungen, Bilder und Bildfolgen, die Teil von deren Verhandlungen sind; d. Patentschriften und veröffentlichte Patentgesuche.

2 Ebenfalls nicht geschützt sind amtliche oder gesetzlich geforderte Übersetzungen der Werke nach Absatz 1.

2.Kapitel: Der Urheber Art. 6 Begriff Urheber ist die natürliche Person, die das Werk geschaffen hat.

Art. 7 Miturheberschaft 1 Haben mehrere Personen als Urheber an der Schaffung eines Werks mitgewirkt, so steht ihnen das Urheberrecht gemeinschaftlich zu.

616

Urheberrecht 2

Haben sie nichts anderes vereinbart, so können sie das Werk nur mit Zustimmung aller verwenden; kein Miturheber darf die Zustimmung wider Treu und Glauben verweigern.

3 Jeder Miturheber kann Rechtsverletzungen selbständig verfolgen; er kann jedoch nur Leistung an alle fordern.

4 Lassen sich die einzelnen Beiträge trennen und ist nichts anderes vereinbart, so darf jeder Miturheber seinen Beitrag selbständig verwenden, wenn dadurch die Verwertung des gemeinsamen Werkes nicht beeinträchtigt wird.

Art. 8 Vermutung der Urheberschaft 1 Solange nichts anderes nachgewiesen ist, gilt als Urheber, wer auf den Werkexemplaren oder bei der Veröffentlichung des Werks mit seinem Namen, einem Pseudonym oder einem Kennzeichen als Urheber genannt wird.

2 Solange der Urheber ungenannt oder bei einem Pseudonym oder einem Kennzeichen unbekannt bleibt, kann der Herausgeber das Urheberrecht ausüben.

Wird auch der Herausgeber nicht genannt, so kann derjenige das Urheberrecht ausüben, der das Werk veröffentlicht hat.

3.Kapitel: Inhalt des Urheberrechts 1. Abschnitt: Verhältnis des Urhebers zu seinem Werk Art.9 Anerkennung der Urheberschaft; Veröffentlichung des Werks 1 Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft an seinem Werk.

2 Der Urheber hat das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann, wie und unter welcher Urheberbezeichnung sein Werk erstmals veröffentlicht werden soll.

3 Ein Werk ist veröffentlicht, wenn es vom Urheber oder mit seiner Zustimmung erstmals ausserhalb eines privaten Kreises (Art. 19 Abs. l Bst. a) einer grösseren Anzahl Personen zugänglich gemacht wurde.

Art. 10 Verwendung des Werks 1 Der Urheber hat das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie sein Werk verwendet wird.

1 Er hat im einzelnen die folgenden ausschliesslichen Rechte: a. Werkexemplare wie Druckerzeugnisse, Ton-, Tonbild- oder Datenträger herzustellen; b. Werkexemplare anzubieten, zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten; c. das Werk direkt oder mit Hilfe irgendwelcher Mittel vorzutragen, aufzuführen, vorzuführen oder es anderswo wahrnehmbar zu machen; 617

Urheberrecht

d. das Werk durch Radio, Fernsehen oder ähnliche Einrichtungen, auch über Leitungen, zu senden; e. gesendete Werke mit Hilfe von technischen Einrichtungen, deren Träger nicht das ursprüngliche Sendeunternehmen ist, insbesondere auch über Leitungen, weiterzusenden; f. Sendungen und Weitersendungen wahrnehmbar zu machen.

3 Der Urheber von Programmen für die automatische Informationsverarbeitung hat zudem das ausschliessliche Recht: a. das Programm für den Betrieb von Automaten für die Informationsverarbeitung zu gebrauchen; b. das Programm oder Exemplare des Programms zu vermieten, zu verleihen oder einzuführen.

Art. 11 Werkintegrität 1 Der Urheber hat das ausschliessliche Recht zu bestimmen: a. ob, wann und wie das Werk geändert werden darf; b. ob, wann und wie das Werk zur Schaffung eines Werks zweiter Hand verwendet oder in ein Sammelwerk aufgenommen werden darf.

2 Selbst wenn ein Dritter vertraglich oder gesetzlich befugt ist, das Werk zu ändern oder es zur Schaffung eines Werks zweiter Hand zu verwenden, kann sich der Urheber jeder Entstellung des Werks widersetzen, die ihn in seiner Persönlichkeit verletzt.

3 Zulässig ist die Verwendung bestehender Werke zur Schaffung von Parodien oder mit ihnen vergleichbaren Abwandlungen des Werks.

2. Abschnitt: Verhältnis des Urhebers zum Eigentümer des Werkexemplars Art. 12 Erschöpfungsgrundsatz 1 Werkexemplare, die vom Urheber oder mit seiner Zustimmung im In- oder Ausland veräussert worden sind, dürfen weiterveräussert oder sonstwie verbreitet werden.

2 Programme für die automatische Informationsverarbeitung, die vom Urheber oder mit seiner Zustimmung im In- oder Ausland veräussert worden sind, dürfen gebraucht (Art. 10 Abs. 3 Bst. a), eingeführt oder weiterveräussert werden.

Ausgenommen sind Programme, bei denen der Verkäufer sich zur Wartung oder zu ähnlichen Leistungen verpflichtet hat.

3 Ausgeführte Werke der Baukunst dürfen vom Eigentümer geändert werden.

618

Urheberrecht

Art. 13 Vermieten von Werkexemplaren 1 Werden Werkexemplare der Literatur und Kunst .vermietet oder sonstwie gegen Entgelt zur Verfügung gestellt, so haben die Urheber gegenüber dem Vermieter oder Verleiher Anspruch auf .Vergütung.

2 Keine Vergütungspflicht besteht bei: a. Werken der Baukunst; b. Werkexemplaren der angewandten Kunst; c. Werkexemplaren, die für eine vertraglich vereinbarte Nutzung von Urheberrechten vermietet oder ausgeliehen werden.

3 Die Vergütungsansprüche können nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften (Art. 40 ff.) geltend gemacht werden.

4 Dieser Artikel findet keine Anwendung auf Programme für die automatische Informationsverarbeitung; das ausschliessliche Recht nach Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe b bleibt vorbehalten.

4.Kapitel: Rechtsübergang; Zwangsvollstreckung Art. 14 Rechtsübergang 1 Das Urheberrecht ist übertragbar und vererblich.

2 Die Übertragung eines im Urheberrecht enthaltenen Rechtes schliesst die Übertragung anderer .Teilrechte nicht mit ein, wenn nichts Gegenteiliges vereinbart ist.

3 Die Übertragung des Eigentums am Werkexemplar schliesst keine urheberrechtlichen Verwendungsbefugnisse ein, selbst dann nicht, wenn es sich um das Originalwerk handelt.

Art. 15 Werkschaffen im Arbeitsverhältnis Schafft der Arbeitnehmer bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit und in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein urheberrechtlich geschütztes Werk, so gehen ohne gegenteilige Vereinbarung die Rechte an diesem Werk so weit auf den Arbeitgeber über, als es das Arbeitsverhältnis mit sich bringt.

Art. 16 Rechte an Programmen Vom Arbeitnehmer entwickelte Programme für die automatische Informationsverarbeitung gehören nach den Regeln von Artikel 332 Absatz l des Obligationenrechts '' dem Arbeitgeber.

" SR 220 619

Urheberrecht

Art. 17 Rechte am Kollektivwerk 1 Wird ein Werk in Erfüllung eines Vertrages unter der Verantwortung und auf Kosten und Gefahr eines Produzenten von mehreren Urhebern geschaffen, so erwirbt dieser das Urheberrecht an diesem Werk; sowohl natürliche als auch juristische Personen können Produzenten sein.

2 Der Produzent und der Urheber können etwas anderes vereinbaren; solche Verträge können jedoch Dritten nicht entgegengehalten werden.

Art. 18 Zwangsvollstreckung Der Zwangsvollstreckung unterliegen die in den Artikeln 10 Absatz 2 und 3 sowie 11 genannten Rechte, soweit der Urheber sie bereits ausgeübt hat und das Werk mit der Zustimmung des Urhebers bereits veröffentlicht worden ist.

S.Kapitel: Schranken des Urheberrechts Art. 19 Verwendung zum Eigengebrauch 1 Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden; als solcher gilt: a. jede Werkverwendung im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde; b. jede Werkverwendung im Kreis des Lehrers und seiner Schüler im Unterricht; c. das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen für die interne Information oder Dokumentation.

2 Der zum Eigengebrauch Berechtigte darf die dazu erforderlichen Werkexemplare auch durch Dritte herstellen lassen.

3 Ausserhalb des privaten Kreises (Abs. l Bst. a) sind nicht zulässig: a. die vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare ; b. die Vervielfältigung von Werken der bildenden Kunst; c. die Vervielfältigung von graphischen Aufzeichnungen von Werken der Musik; d. die Aufnahme von Vorträgen, Aufführungen oder Vorführungen eines Werkes auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger.

4 Dieser Artikel findet keine Anwendung auf Programme für die automatische Informationsverarbeitung.

Art. 20 Vergütung für den Eigengebrauch 1 Die Werkverwendung im privaten Kreis (Art. 19 Abs. l Bst. a) ist vergütungsfrei.

620

Urheberrecht

2

Wer zu seinem eigenen Gebrauch nach Artikel 19 Absatz l Buchstabe b oder Buchstabe c Werke auf irgendwelche Art vervielfältigt oder nach Artikel 19 Absatz 2 vervielfältigen lässt, schuldet dem Urheber hiefür eine Vergütung.

3 Die Vergütungsansprüche können nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften (Art. 40 ff.) geltend gemacht werden.

Art. 21 Verbreitung gesendeter Werke 1 Es ist erlaubt, gesendete Werke wahrnehmbar zu machen oder zeitgleich und unverändert weiterzusenden; die Weitersendung muss im Rahmen der Weiterleitung eines Sendeprogrammes erfolgen.

2 Die Urheber haben Anspruch auf Vergütung. Die Vergütungsansprüche können nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften (Art. 40 ff.) geltend gemacht werden.

3 Der Betrieb technischer Einrichtungen zur Weitersendung, die von vornherein auf eine kleine Empfängerzahl beschränkt sind, wie Anlagen eines Mehrfamilienhauses oder einer geschlossenen Überbauung, ist vergütungsfrei.

4 Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Weiterleitung von Programmen des Abonnementsfernsehens und von Programmen, die nirgends in der Schweiz empfangbar sind.

Art. 22 Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgern 1 Ist ein Werk der Musik mit oder ohne Text im In- oder Ausland auf Tonträger aufgenommen und in dieser Form mit der Zustimmung des Urhebers angeboten, veräussert oder sonstwie verbreitet worden, so kann jeder Tonträgerhersteller mit einer gewerblichen Niederlassung im Inland vom Inhaber des Urheberrechts gegen Entgelt die gleiche Erlaubnis für die Schweiz ebenfalls beanspruchen.

2 Der Bundesrat kann die Bedingung der gewerblichen Niederlassung im Inland gegenüber den Angehörigen von Ländern, die Gegenrecht gewähren, ausser Kraft setzen.

Art. 23 Archivierungs- und Sicherungskopien 1 Um die Erhaltung des Werks sicherzustellen, darf eine Kopie davon angefertigt werden. Ein Exemplar muss in einem der Allgemeinheit nicht zugänglichen Archiv aufbewahrt und als Archivexemplar gekennzeichnet werden.

2 Wer das Recht hat, ein Programm für die automatische Informationsverarbeitung zu gebrauchen, darf davon Sicherungskopien herstellen; sie müssen zurückgegeben oder vernichtet werden, wenn der Benutzer das Programm nicht mehr gebrauchen darf.

621

Urheberrecht

Art. 24 Zitate 1 Veröffentlichte Werke dürfen zitiert werden, wenn das Zitat zur Erläuterung, als Hinweis oder zur Veranschaulichung dient und der Umfang des Zitats durch diesen Zweck gerechtfertigt ist.

2 Das Zitat als solches, die Quelle und, falls er in ihr genannt ist, der Urheber müssen bezeichnet werden.

Art. 25 Museumskatalog Ein Werk, das sich bleibend in einer öffentlich zugänglichen Sammlung befindet, darf in einem von der Verwaltung der Sammlung herausgegebenen Katalog abgebildet werden.

Art. 26 Werke auf allgemein zugänglichem Grund 1 Ein Werk, das sich bleibend auf allgemein zugänglichem Grund befindet, darf abgebildet werden; die Abbildung darf angeboten, veräussert, gesendet oder sonstwie verbreitet werden.

2 Die Abbildung darf nicht dreidimensional und auch nicht zum gleichen Zweck wie das Original verwendbar sein.

Art. 27 Aufnahmen für Sendezwecke 1 Für eine erlaubte Sendung oder Weitersendung darf ein Werk auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger aufgenommen werden.

2 Eine zu diesem Zweck entstandene Aufnahme darf nicht veräussert oder sonstwie verbreitet werden.

Art. 28 Berichterstattung über aktuelle Ereignisse 1 Soweit es für die Berichterstattung über aktuelle Ereignisse erforderlich ist, dürfen die dabei wahrgenommenen Werke festgehalten, vervielfältigt, vorgeführt, gesendet, verbreitet oder sonstwie wahrnehmbar gemacht werden.

2 Zum Zweck der Information über aktuelle Fragen dürfen kurze Ausschnitte aus Presseartikeln sowie aus Radio- und Fernsehberichten vervielfältigt, verbreitet und gesendet oder weitergesendet werden; der Ausschnitt, die Quelle und, falls er in ihr genannt ist, der Urheber müssen bezeichnet werden.

o.Kapitel: Schutzdauer Art. 29 Im allgemeinen 1 Ein Werk ist urheberrechtlich geschützt, sobald es geschaffen ist, unabhängig davon, ob es festgelegt ist oder nicht.

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Urheberrecht

2

Der Schutz eines Werks erlischt 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

MUSS angenommen werden, der Urheber sei seit mehr als 50 Jahren tot, so besteht kein Schutz mehr.

3

Art. 30 Miturheberschaft 1 Wurde das Werk von mehreren Personen geschaffen (Art. 7), so erlischt der Schutz 50 Jahre nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Miturhebers.

2 Lassen sich die einzelnen Beiträge trennen, so erlischt der Schutz der selbständig verwendbaren Beiträge 50 Jahre nach dem Tod des jeweiligen Urhebers.

3 Bei Filmen und anderen audiovisuellen Werken fällt für die Berechnung der Schutzdauer nur der Regisseur in Betracht.

Art. 31 Unbekannter Urheber 1 Ist der Urheber unbekannt, so erlischt der Schutz seiner Werke 50 Jahre nach der Veröffentlichung oder, wenn das Werk in Lieferungen veröffentlicht wurde, 50 Jahre nach der letzten Lieferung.

2 Wird vor Ablauf dieser Schutzdauer allgemein bekannt, wer der Urheber ist, so erlischt der Schutz 50 Jahre nach seinem Tod.

Art. 32 Programme Der Schutz von Programmen für die automatische Informationsverarbeitung erlischt 50 Jahre nach ihrer Schaffung.

Art. 33 Berechnung Die Schutzdauer wird vom 31. Dezember desjenigen Jahres ah berechnet, in dem das für die Berechnung massgebende Ereignis eingetreten ist.

S.Titel: Verwandte Schutzrechte Art. 34 Rechte des ausübenden Künstlers 1 Ausübender Künstler ist die natürliche Person, die ein Werk darbietet oder an1 der Darbietung eines Werks künstlerisch mitwirkt.

2 Der ausübende Künstler hat das ausschliessliche Recht, seine Darbietung: a. ausserhalb des Raumes, in welchem sie erbracht wird, wahrnehmbar zu machen; b. durch Radio, Fernsehen oder ähnliche Verfahren, auch über Leitungen, zu senden; c. auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger aufzunehmen und solche Aufnahmen zu vervielfältigen; 623

Urheberrecht

d. als Vervielfältigungsexemplare anzubieten, zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten.

Art. 35 Mehrere ausübende Künstler 1 Haben mehrere Personen an einer Darbietung künstlerisch mitgewirkt, so steht ihnen das Schutzrecht gemeinschaftlich zu.

2 Bei einer Chor-, Orchester- oder Bühnenaufführung sind für eine Verwendung der Darbietung nach Artikel 34 erforderlich: a. die Zustimmung der Solisten, Dirigenten und Regisseure; b. die Zustimmung des von der mitwirkenden Künstlergruppe bezeichneten Vertreters oder, wenn ein solcher fehlt, die Zustimmung des Leiters der Gruppe.

3 Solange der Vertreter der Gruppe nicht bezeichnet ist und ihr Leiter unbekannt bleibt, kann der Veranstalter, der Hersteller von Vervielfältigungsexemplaren der festgelegten Darbietung oder das Sendeunternehmen das verwandte Schutzrecht im Sinne der Geschäftsführung ohne Auftrag ausüben.

Art. 36 Rechte des Herstellers von Ton- und Tonbildträgern Der Hersteller von Ton- oder Tonbildträgern hat das ausschliessliche Recht, die Aufnahmen zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsexemplare anzubieten, zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten.

Art. 37 Rechte der Sendeunternehmen Das Sendeunternehmen hat das ausschliessliche Recht: a. seine Sendung weiterzusenden; b. seine Sendung wahrnehmbar zu machen; c. seine Sendung auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger aufzunehmen und solche Aufnahmen zu vervielfältigen; d. die Vervielfältigungsexemplare seiner Sendung anzubieten, zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten.

Art. 38 Rechtsübergang, Zwangsvollstreckung und Schranken des Schutzes 1 Artikel 12 Absatz l sowie das 4. und S.Kapitel des zweiten Titels dieses Gesetzes finden auf die dem ausübenden Künstler, dem Hersteller von Ton- oder Tonbildträgern und dem Sendeunternehmen zustehenden Rechte sinngemäss Anwendung.

2 Die Artikel 20 Absätze 2 und 3 sowie 21 Absatz 2 sind nicht auf die verwandten Schutzrechte anwendbar.

624

Urheberrecht

Art. 39 Schutzdauer 1 Der Schutz beginnt mit der Darbietung des Werks durch den ausübenden Künstler, mit der Herstellung der Ton- oder Tonbildträger sowie mit der Ausstrahlung der Sendung und erlischt nach 50 Jahren.

2 Die Schutzdauer wird vom 3I.Dezember desjenigen Jahres an berechnet, in dem das für die Berechnung massgebende Ereignis eingetreten ist.

4. Titel : Venvertungsgesellschaften I.Kapitel: Der Bundesaufsicht unterstellte Verwertungsbereiche Art. 40 1

Der Bundesaufsicht sind unterstellt: a. die Verwertung der ausschliesslichen Rechte zur Aufführung und Sendung nichttheatralischer Werke der Musik und zur Herstellung von Tonträgern solcher Werke; b. das Geltendmachen der in diesem Gesetz vorgesehenen Vergütungsansprüche nach den Artikeln 13, 20 und 21.

2 Der Bundesrat kann weitere Verwertungsbereiche der Bundesaufsicht unterstellen, wenn es das öffentliche Interesse erfordert.

3 Die persönliche Verwertung ausschliesslicher Rechte durch den Urheber oder seine Erben ist nicht der Bundesaufsicht unterstellt.

2.Kapitel: Bewilligung Art. 41 Grundsatz Wer Urheberrechte verwertet, die nach Artikel 40 der Bundesaufsicht unterstellt sind, braucht eine Bewilligung des Bundesamtes für geistiges Eigentum.

Art. 42 Voraussetzungen 1 Bewilligungen erhalten nur Verwertungsgesellschaften, die: a. nach schweizerischem Recht gegründet wurden sowie ihren Sitz in der Schweiz haben und ihre Geschäfte von der Schweiz aus führen; b. die Verwertung von Urheberrechten zum Hauptzweck haben; c. allen Rechtsinhabern offenstehen; d. den Urhebern ein angemessenes Mitbestimmungsrecht einräumen; e. für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, insbesondere aufgrund ihrer Statuten, Gewähr bieten; f. eine wirksame und wirtschaftliche Verwertung erwarten lassen.

2 In der Regel wird pro Werkkategorie nur einer Gesellschaft eine Bewilligung erteilt.

625

Urheberrecht

Art.43 Dauer; Veröffentlichung 1 Die Bewilligung wird für fünf Jahre erteilt; sie kann nach Ablauf dieser Dauer jeweils für weitere fünf Jahre erneuert werden.

2 Erteilung, Erneuerung, Änderung, Entzug und Nichterneuerung der Bewilligung werden veröffentlicht.

3.Kapitel: Pflichten der Verwertungsgesellschaften Art. 44 Verwertungspflicht Die Verwertungsgesellschaften sind gegenüber den Rechtsinhabern verpflichtet, die zu ihrem Tätigkeitsgebiet gehörenden Urheberrechte wahrzunehmen.

Art. 45 Grundsätze der Geschäftsführung 1 Die Verwertungsgesellschaften müssen ihre Geschäfte nach den Grundsätzen einer geordneten und wirtschaftlichen Verwaltung führen.

2 Sie müssen die Verwertung nach festen Regeln und ohne Willkür besorgen.

3 Sie dürfen keinen eigenen Gewinn anstreben.

4 Sie schliessen nach Möglichkeit mit ausländischen Verwertungsgesellschaften Gegenseitigkeitsverträge ab.

Art. 46 Tarifpfiicht 1 Die Verwertungsgesellschaften müssen für die von ihnen geforderten Vergütungen Tarife aufstellen.

2 Sie müssen über die Gestaltung der einzelnen Tarife mit den massgebenden Verbänden der Werknutzer verhandeln.

3 Sie müssen die Tarife der Aufsichtsbehörde (Art. 52 Abs. 1) zur Genehmigung vorlegen und die genehmigten Tarife veröffentlichen.

Art. 47 Gemeinsamer Tarif 1 Sind mehrere Verwertungsgesellschaften im gleichen Nutzungsbereich tätig, so müssen sie für die gleiche Verwendung von Werken einen gemeinsamen Tarif nach einheitlichen Grundsätzen aufstellen und eine unter ihnen als gemeinsame Zahlstelle bezeichnen.

2

Der Bundesrat kann weitere Vorschriften über ihre Zusammenarbeit erlassen.

Art. 48 Grundlagen der Verteilung 1 Die Verwertungsgesellschaften sind verpflichtet, ein Verteilungsreglement aufzustellen und es der Aufsichtsbehörde (Art. 52 Abs. 1) zur Genehmigung zu unterbreiten.

626

Urheberrecht

2

Die Verwendung von Teilen des Verwertungserlöses zum Zweck der Sozialvorsorge und der angemessenen Kulturförderung bedarf der Zustimmung des obersten Organs der Gesellschaft.

Art. 49 Verteilung des Verwertungserlöses 1 Die Verwertungsgesellschaften müssen den Verwertungserlös nach Massgabe des Ertrags der einzelnen Werke verteilen. Sie haben zur Feststellung der Be-, rechtigten alle ihnen zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen.

2 Ist diese Verteilung unzumutbar aufwendig, so dürfen die Verwertungsgesellschaften das Ausmass des Werkertrags schätzen; die Schätzungen müssen auf überprüfbaren und sachgerechten Gesichtspunkten beruhen.

3 Der Erlös soll so zwischen dem Urheber und andern Berechtigten aufgeteilt werden, dass dem Urheber in der Regel ein angemessener Anteil verbleibt. Eine andere Verteilung ist zulässig, wenn der Aufwand unzumutbar wäre oder wenn es sich um Dienst- (Art. 15) oder Kollektivwerke (Art. 17) handelt.

4 Das Verteilungsreglement hebt vertragliche Abmachungen des originären Rechtsinhabers mit Dritten nicht auf.

Art.50 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht Die Verwertungsgesellschaften müssen der Aufsichtsbehörde alle Auskünfte erteilen und alle Unterlagen zur Verfügung stellen, die für die Durchführung der Aufsicht erforderlich sind, sowie jährlich in einem Geschäftsbericht Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen.

4.Kapitel: Mitwirkung der Nutzer Art. 51 1

Soweit es ihnen zuzumuten ist, müssen die Werknutzer den Verwertungsgesellschaften alle Auskünfte erteilen, welche diese für die Gestaltung und die Anwendung der Tarife sowie die Verteilung des Erlöses brauchen.

2 Die Verwertungsgesellschaften sind verpflichtet, Geschäftsgeheimnisse zu wahren.

S.Kapitel: Aufsicht über die Venvertungsgesellschaften I.Abschnitt: Zuständigkeit, Gebühren und Rechtsmittel Art. 52 1

Das Bundesamt für geistiges Eigentum (Aufsichtsbehörde) beaufsichtigt die Verwertungsgesellschaften.

627

Urheberrecht 2 Die Aufsichtsbehörde erhebt für ihre Tätigkeit Gebühren; der Bundesrat erlässt den Gebührentarif.

3 Verfügungen der Aufsichtsbehörde können mit Beschwerde bei der Rekurskommission für geistiges Eigentum angefochten werden.

2. Abschnitt: Aufsicht über die Geschäftsführung Art. 53 Umfang der Aufsicht 1 Die Aufsichtsbehörde überwacht die Geschäftsführung der Verwertungsgesellschaften und sorgt dafür, dass sie ihren Pflichten nachkommen. Sie prüft und genehmigt den Geschäftsbericht.

2 Sie kann über die Auskunftspflicht (Art. 50) Weisungen erlassen.

3 Sie kann zur Ausübung ihrer Befugnisse auch nicht zur Bundesverwaltung gehörende Beauftragte beiziehen; diese unterstehen der Schweigepflicht.

Art. 54 Massnahmen bei Pflichtverletzungen 1 Kommt eine Verwertungsgesellschaft ihren Pflichten nicht nach, so setzt die Aufsichtsbehörde eine angemessene Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes; wird die Frist nicht eingehalten, so erlässt sie die notwendigen Verfügungen.

2 Bei Ungehorsam gegen Verfügungen kann die Aufsichtsbehörde nach entsprechender Androhung die Bewilligung einschränken oder entziehen.

3 Die Aufsichtsbehörde kann rechtskräftige Verfügungen auf Kosten der Verwertungsgesellschaft veröffentlichen.

3. Abschnitt: Aufsicht über die Tarife Art. 55 Tarifgenehmigung 1 Die Aufsichtsbehörde prüft die Tarife der Verwertungsgesellschaften (Art. 46); sie genehmigt einen ihr vorgelegten Tarif, wenn er in seinem Aufbau und in den einzelnen Bestimmungen angemessen ist.

2 Sie kann nach Anhörung der am Verfahren beteiligten Verwertungsgesellschaft und der Verbände der Werknutzer (Art. 46 Abs. 2) Änderungen vornehmen.

3 Rechtskräftig genehmigte Tarife sind für den Zivil- und Strafrichter verbindlich.

Art. 56 Grundsatz der Angemessenheit 1 Die angemessene Entschädigung wird in Prozenten der vom Nutzer aus der Nutzung erzielten Einnahmen berechnet. Sie beträgt höchstens 10 Prozent.

628

Urheberrecht

2

Werden keine Einnahmen erzielt oder steht die Werknutzung nicht in direktem Zusammenhang mit den vom Nutzer erzielten Einnahmen, wird die Entschädigung nach dem Nutzungsaufwand berechnet. Sie beträgt: a. im Regelfall höchstens 10 Prozent; b. höchstens 5 Prozent, wenn der Nutzungsaufwand ausserordentlich hoch ist oder wenn die Nutzung nur eine geringe selbständige Bedeutung hat; c. höchstens 20 Prozent, wenn die Nutzung nur mit ungewöhnlich geringem massgebendem Aufwand verbunden ist oder wenn sie den Absatz von Werkexemplaren erheblich beeinträchtigt, 3 Bei der Nutzung zusammen mit andern Werken sowie bei mehreren Berechtigten wird die Entschädigung anteilmässig errechnet.

4 Die Nutzung von Werken zu kulturellen und sozialen Zwecken durch gemeinnützige Einrichtungen ist tariflich zu begünstigen.

S.Titel: Rechtsschutz I.Kapitel: Zivilrechtlicher Schutz Art. 57 Feststellungsklage Wer ein rechtliches Interesse nachweist, kann vom Richter feststellen lassen, ob ein Recht oder Rechtsverhältnis nach diesem Gesetz vorhanden ist oder fehlt.

Art. 58 Leistungsklagen 1 Wer in seinem Urheber- oder verwandten Schutzrecht verletzt oder gefährdet wird, kann vom Richter verlangen: a. eine drohende Verletzung zu verbieten; b. eine bestehende Verletzung zu beseitigen; c. den Beklagten zu verpflichten, die Herkunft der in seinem Besitz befindlichen, widerrechtlich hergestellten oder in Verkehr gebrachten Gegenstände anzugeben.

2 Vorbehalten bleiben die Klagen nach dem Obligationenrecht1) auf Schadenersatz, auf Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinns entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.

Art. 59 Einziehung im Zivilverfahren 1 Der Richter kann die Einziehung sowie die Vernichtung oder Unbrauchbarmachung von widerrechtlich hergestellten oder verwendeten Gegenständen anordnen, die sich im Besitz des Beklagten befinden.

2 Ausgenommen sind ausgeführte Werke der Baukunst.

'> SR 220 629

Urheberrecht

Art. 60 Gerichtsstand 1 Zuständig zur Beurteilung von Klagen betreffend Urheber- oder verwandte Schutzrechte ist der Richter am Wohnsitz des Beklagten oder der Richter am Ort, wo die Handlung begangen wurde oder am Ort, wo der Erfolg eingetreten ist.

2 Können mehrere Beklagte belangt werden und stützen sich die Ansprüche im wesentlichen auf die gleichen Tatsachen und Rechtsgründe, so kann bei jedem zuständigen Richter gegen alle geklagt werden; der zuerst angerufene Richter ist ausschliesslich zuständig.

3 Die Kantone bezeichnen das Gericht, das für das ganze Kantonsgebiet als einzige kantonale Instanz für Zivilklagen zuständig ist.

Art. 61 Vorsorgliche Massnahmen 1 Wer glaubhaft macht, dass er in seinem Urheber- oder verwandten Schutzrecht verletzt wird oder eine solche Verletzung befürchten muss und dass ihm aus der Verletzung ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht, kann die Anordnung vorsorglicher Massnahmen beantragen.

2 Er kann insbesondere verlangen, dass der Richter Massnahmen zur Beweissicherung, zur Ermittlung der Herkunft widerrechtlich hergestellter oder in Verkehr gebrachter Gegenstände, zur Wahrung des bestehenden Zustandes oder zur vorläufigen Vollstreckung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen anordnet.

3 Für den Erlass vorsorglicher Massnahmen ist zuständig: a. der Richter am Ort, an welchem die Klage hängig ist; b. falls noch keine Klage hängig ist, der nach Artikel 60 Absatz l zuständige Richter.

4 Im übrigen sind die Artikel 28 c-28/ des Schweizerischen Zivilgesetzbuches ') sinngemäss anwendbar.

Art. 62 Veröffentlichung des Urteils Der Richter kann die obsiegende Partei auf ihren Antrag ermächtigen, das Urteil auf Kosten der anderen Partei zu veröffentlichen. Er bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.

2. Kapitel : Straf bestimmungen Art. 63 Urheberrechtsverletzung 1 Auf Antrag des Verletzten wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse bestraft, wer vorsätzlich und unrechtmässig:

" SR 210 630

Urheberrecht

a. ein Werk unter einer falschen oder einer andern als der vom Urheber bestimmten Bezeichnung verwendet; b. ein Werk veröffentlicht; c. ein Werk ändert; d. ein Werk zur Schaffung eines Werks zweiter Hand verwendet; e. auf irgendeine Weise Werkexemplare herstellt; f. Werkexemplare anbietet, veräussert oder sonstwie verbreitet; g. ein Werk direkt oder mit Hilfe irgendwelcher Mittel vorträgt, aufführt, vorführt oder anderswo wahrnehmbar macht; h. ein Werk durch Radio, Fernsehen oder ähnliche Verfahren, auch über Leitungen, sendet oder ein gesendetes Werk mittels technischer Einrichtungen, deren Träger nicht das ursprüngliche Sendeunternehmen ist, weitersendet; i. sich weigert, der zuständigen Behörde die Herkunft der in seinem Besitz befindlichen, rechtswidrig hergestellten oder in Verkehr gebrachten Werkexemplare anzugeben; k. eine nach Artikel 27 Absatz l gemachte Aufnahme veräussert oder sonstwie verbreitet.

2

Handelt der Täter gewerbsmässig. so wird er von Amtes wegen verfolgt. Die Strafe ist Gefängnis und Busse bis zu 100000 Franken.

Art. 64

Unterlassung der Quellenangabe

Wer es vorsätzlich unterlässt, in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (Art. 24 und 28) die benützte Quelle und, falls er in ihr genannt ist, den Urheber anzugeben, wird auf Antrag des Verletzten mit Busse bestraft.

Art. 65

Verletzung von verwandten Schutzrechten

1

Auf Antrag des Verletzten wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse bestraft, wer vorsätzlich und unrechtmässig: a. eine Werkdarbietung durch Radio, Fernsehen oder ähnliche Verfahren, auch über Leitungen, sendet; b. eine Werkdarbietung auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger aufnimmt; c. Vervielfältigungsexemplare einer Werkdarbietung anbietet, veräussert oder sonstwie verbreitet; d. einen Ton- oder Tonbildträger vervielfältigt, die Vervielfältigungsexemplare anbietet, veräussert oder sonstwie verbreitet; e. eine Sendung weitersendet; f. eine Sendung auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger aufnimmt; g. eine auf Ton-, Tonbild- oder Datenträger festgelegte Sendung vervielfältigt oder solche Vervielfältigungsexemplare verbreitet; h. sich weigert, der zuständigen Behörde die Herkunft der in seinem Besitz befindlichen rechtswidrig hergestellten oder in Verkehr gebrachten Träger einer nach den Artikeln 34, 36 oder 37 geschützten Leistung anzugeben;

631

Urheberrecht

i. einen nach Artikel 27 Absatz l in Verbindung mit Artikel 38 Absatz l hergestellten Träger einer nach den Artikeln 34, 36 oder 37 geschützten Leistung veräussert oder sonstwie verbreitet.

2 Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er von Amtes wegen verfolgt. Die Strafe ist Gefängnis und Busse bis zu 100000 Franken.

Art. 66 Unerlaubte Geltendmachung von Urheberrechten Wer ohne die erforderliche Bewilligung (Art. 41) Urheberrechte geltend macht, deren Verwertung der Bundesaufsicht unterstellt ist (Art. 40), wird mit Haft oder Busse bestraft.

Art. 67 Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben Für Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben, durch Beauftragte und dergleichen sind die Artikel 6 und 7 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht1) anwendbar.

Art. 68 Einziehung im Strafverfahren Ausgeführte Werke der Baukunst können nicht nach Artikel 58 des Schweizerischen Strafgesetzbuches2) eingezogen werden.

Art. 69 Strafverfolgung 1 Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

2 Widerhandlungen nach Artikel 66 werden vom Bundesamt für geistiges Eigentum nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht1) verfolgt und beurteilt.

3.Kapitel: Hilfeleistung der Zollverwaltung Art. 70 Anzeige verdächtiger Sendungen Die Zollverwaltung ist ermächtigt, die Inhaber der Urheber- oder der verwandten Schutzrechte sowie die konzessionierten Verwertungsgesellschaften auf bestimmte Sendungen aufmerksam zu machen, wenn der Verdacht besteht, dass die Einfuhr von Waren bevorsteht, deren Verbreitung im Inland gegen das Urheberrecht oder die verwandten Schutzrechte verstösst.

!) SR 313.0 > SR 311.0

2

632

Urheberrecht

Art. 71 Antrag auf Hilfeleistung 1 Hat der Inhaber von Urheber- oder von verwandten Schutzrechten Anhaltspunkte dafür, dass die Einfuhr von Waren bevorsteht, deren Verbreitung im Inland gegen das Urheberrecht oder die verwandten Schutzrechte verstösst, so kann er bei der Zollverwaltung schriftlich beantragen, dass sie die Freigabe der Waren verweigert.

2 Der Antragsteller hat alle ihm greifbaren zweckdienlichen Angaben zu machen, welche die Zollverwaltung benötigt, um über den Antrag entscheiden zu können. Er übergibt ihr namentlich eine genaue Beschreibung der Waren.

3 Die Zollverwaltung kann eine Gebühr zur Deckung der Verwaltungskosten erheben.

Art. 72 Zurückbehalten von Waren durch die Zollverwaltung 1 Hat die Zollverwaltung aufgrund eines Antrags nach Artikel 71 den begründeten Verdacht, dass die Einfuhr einer Ware gegen das Urheberrecht oder die verwandten Schutzrechte verstösst, so teilt sie dies dem Antragsteller mit.

2 Die Zollverwaltung behält die betreffenden Waren während drei Arbeitstagen vom Zeitpunkt der Mitteilung nach Absatz l an zurück, damit der Antragsteller die Waren prüfen und vorsorgliche Massnahmen beantragen kann.

3 Ersucht der Antragsteller darum, so behält die Zollverwaltung die betreffenden Waren während längstens zwei weiteren Arbeitstagen vom Zeitpunkt des Ablaufs der Frist nach Absatz 2 an zurück, damit der Antragsteller vorsorgliche Massnahmen erwirken kann.

4 Der Antragsteller hat den durch das Zurückbehalten von Waren entstandenen Schaden zu ersetzen, wenn vorsorgliche Massnahmen nicht angeordnet werden oder sich als unbegründet erweisen.

6. Titel : Schlussbestimmungen I.Kapitel: Vollzug und Aufhebung bisherigen Rechts Art. 73 Ausführungsbestimmungen Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

Art. 74 Aufhebung von Bundesgesetzen Es werden aufgehoben: a. das Bundesgesetz vom T.Dezember 1922 ] > betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst;

» BS 2 817; AS 1955 855 633

Urheberrecht

b. das Bundesgesetz vom 25. September 1940 ^ betreffend die Verwertung von Urheberrechten.

2.Kapitel: Übergangsbestimmungen Art. 75 Bestehende Schutzobjekte 1 Dieses Gesetz gilt auch für Werke, Darbietungen, Ton- und Tonbildträger sowie Sendungen, die vor seinem Inkrafttreten geschaffen waren.

2 War die Verwendung eines Werkes, einer Darbietung, eines Ton- und Tonbildträgers oder einer Sendung, die nach diesem Gesetz widerrechtlich wäre, bisher erlaubt, so darf sie vollendet werden, wenn sie vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde.

Art. 76 Bestehende Verträge 1 Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossene Verträge über Urheber- oder verwandte Schutzrechte und aufgrund solcher Verträge getroffene Verfügungen bleiben nach dem bisherigen Recht wirksam.

2 Soweit nichts anderes vereinbart ist, sind diese Verträge nicht anwendbar auf Rechte, die erst durch dieses Gesetz geschaffen werden.

Art. 77 Bewilligungen für die Verwertung von Urheberrechten Die nach dem Bundesgesetz vom 25. September 1940 ·> betreffend die Verwertung von Urheberrechten zugelassenen Verwertungsgesellschaften müssen innert sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes um eine neue Bewilligung (Art. 41) nachsuchen.

3.Kapitel: Referendum und Inkrafttreten Art. 78 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

3347

') BS 2 834 634

Bundesgesetz über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen

Entwurf

(Topographiengesetz, ToG)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 64 und 64 bls der Bundesverfassung.

nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1989l\ beschliesst: I.Kapitel: Allgemeine Bestimmungen I.Abschnitt: Gegenstand und Geltungsbereich Art. l Gegenstand 1 Dieses Gesetz schützt, unabhängig von der Art ihrer Festlegung oder Kodierung, dreidimensionale Strukturen von integrierten Schaltungen (Topographien), soweit sie nicht alltäglich sind.

2 Ebenfalls geschützt sind Teile und Entwürfe von Topographien.

3 Auch Topographien aus alltäglichen Bestandteilen sind geschützt, sofern deren Auswahl oder Anordnung nicht alltäglich ist.

Art. 2 Geltungsbereich 1 Der Schutz dieses Gesetzes gilt für: a. Topographien von schweizerischen Herstellern und solchen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre geschäftliche Niederlassung in der Schweiz haben; b. Topographien, deren erste Verbreitung in der Schweiz erfolgte; c. Topographien, die aufgrund von Staatsverträgen in der Schweiz geschützt sind, 2 Der Bundesrat kann den Schutz dieses Gesetzes ganz oder teilweise auf Topographien von anderen ausländischen Herstellern ausdehnen, wenn der Staat, in dem der Hersteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine geschäftliche Niederlassung hat oder in dem die Topographie ihre erste Verbreitung fand, in ähnlichem Umfang Gegenrecht gewährt oder einführen wird.

3 Völkerrechtliche Verträge bleiben vorbehalten.

" BB1 1989 III 477

635

Topographiengesetz

2.Abschnitt: Rechtszuordnung Art. 3 Rechtsinhaber 1 Rechtsinhaber ist der Hersteller.

2 Hersteller ist die natürliche oder juristische Person, welche die Topographie auf eigene Kosten und Gefahr entwickelt hat.

Art. 4 Rechtsübergang Die Rechte an der Topographie sind übertragbar und vererblich.

S.Abschnitt: Schutzumfang Art. 5 Nutzungsrechte Der Hersteller hat das ausschliessliche Recht: a. die Topographie nachzubilden, gleichviel mit welchen Mitteln oder in welcher Form; b. die Topographie oder nachgebildete Ausführungen der Topographie in Verkehr zu bringen, anzubieten, zu veräussern, zu vermieten, zu verleihen, einzuführen oder sonstwie zu verbreiten.

Art. 6 Erschöpfungsgrundsatz Ausführungen der Topographie, die vom Hersteller oder mit seiner Zustimmung im In- oder Ausland veräussert worden sind, dürfen weiterveräussert oder sonstwie verbreitet werden.

Art. 7 Rechtmässige Nachbildung und Weiterentwicklung 1 Es ist erlaubt, die Topographie für Forschungs- und Unterrichtszwecke nachzubilden.

2 Wird die Topographie weiterentwickelt, so darf die Weiterentwicklung selbständig genutzt werden, sofern sie nicht alltäglich ist.

Art. 8 Gutgläubiger Erwerb 1 In gutem Glauben erworbene integrierte Schaltungen, die eine unrechtmässig nachgebildete Topographie enthalten, dürfen weiterverbreitet werden.

2 Der Hersteller hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Im Streitfall entscheidet der Richter über das Bestehen des Anspruchs und die Höhe der Vergütung.

636

Topographiengesetz

4. Abschnitt : Schutzdauer

Art. 9 1 Der Schutz der Topographie erlischt zehn Jahre nach der gültigen Anmeldung zum Registereintrag (Art. 14) oder dem Tag, an dem die Topographie erstmals verbreitet wurde, falls dieser Zeitpunkt der frühere ist. Absatz 2 bleibt vorbehalten.

2 Der Schutz von Topographien, die nicht zum Registereintrag angemeldet werden, erlischt zwei Jahre nach dem Tag. an dem die Topographie erstmals verbreitet wurde.

3 Der Schutz endet auf jeden Fall 15 Jahre nach der Entwicklung der Topographie.

4 Die Schutzdauer wird vom 3I.Dezember desjenigen Jahres an berechnet, in dem das für die Berechnung mässgebende Ereignis eingetreten ist.

S.Abschnitt: Rechtsschutz Art. 10 Zivilrechtlicher Schutz 1 Der zivilrechtliche Schutz der Topographie richtet sich nach den Artikeln 57-62 des Urheberrechtsgesetzes vom ... : >.

2 Die Einziehung nach Artikel 59 des vorgenannten Gesetzes gilt nicht für gutgläubig erworbene integrierte Schaltungen (Art. 8).

Art. 11 Strafbestimmungen 1 Auf Antrag des Verletzten wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse bestraft, wer vorsätzlich und unrechtmässig: a. mit irgendwelchen Mitteln oder in irgendwelcher Form eine Topographie nachbildet; b. eine Topographie oder nachgebildete Ausführungen einer Topographie in Verkehr bringt, anbietet, veräussert, vermietet, verleiht oder sonstwie verbreitet; c. sich weigert, der zuständigen Behörde die Herkunft der in seinem Besitz befindlichen, rechtswidrig hergestellten oder in Verkehr gebrachten Gegenstände anzugeben.

2 Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er von Amtes wegen verfolgt. Die Strafe ist Gefängnis und Busse bis zu 100000 Franken.

!> AS ...

24 Bundesblalt. 14[.Jahrgang. Bd.III

637

Topographiengesetz

Art. 12 Hilfeleistung durch die Zollverwaltung Die Hilfeleistung durch die Zollverwaltung richtet sich nach den Artikeln 70-72 des Urheberrechtsgesetzes vom ...1).

2.Kapitel: Das Register Art. 13 Zuständigkeit Das Bundesamt für geistiges Eigentum (Bundesamt) führt das Register über die Topographien.

Art. 14 Anmeldung 1 Um gültig zu sein, umfasst die Anmeldung zum Registereintrag für jede Topographie: a. das Eintragungsgesuch mit einer genauen Bezeichnung der Topographie und ihres Verwendungszweckes; b. Unterlagen zur Identifizierung der Topographie; c. das Datum der ersten Verbreitung der Topographie, wenn diese bereits verbreitet wurde; d. Angaben, aus denen sich die formelle Schutzberechtigung nach Artikel 2 ergibt.

2 Für jede Anmeldung ist eine Gebühr zu bezahlen. .

3 Eine Topographie gilt als angemeldet, sobald die Anmeldegebühr bezahlt ist und alle Unterlagen nach Absatz l eingereicht worden sind.

Art. 15 Eintragung und Löschung 1 Das Bundesamt trägt die Topographie in das Register ein, sobald die Anmeldung vollständig erfolgt ist.

2 Es löscht die Eintragung der Topographie ganz oder teilweise, wenn: a. der Hersteller die Löschung beantragt; b. der Schutz durch ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil aberkannt wird.

Art. 16 Öffentlichkeit des Registers Jedermann kann gegen Gebühr in das Register und die Anmeldungsunterlagen Einsicht nehmen, über den Inhalt der Dokumente Auskünfte einholen und Auszüge verlangen.

" AS ...

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Topographiengesetz

Art. 17 Rechtsmittel Verfügungen des Bundesamtes betreffend die Registrierung von Topographien können mit Beschwerde bei der Rekurskommission für geistiges Eigentum angefochten werden.

3. Kapitel : Schlussbestimmungen I.Abschnitt: Vollzug

Art. 18 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. .

2. Abschnitt : Übergangsbestimmungen Art. 19 Bestehende Topographien 1 Dieses Gesetz gilt auch für Topographien, die vor seinem Inkrafttreten entwikkelt worden sind.

2 Der Schutz von Topographien, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verbreitet worden sind, erlischt zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, falls sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht zum Registereintrag angemeldet wurden.

Art. 20 Bestehende Verträge 1 Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossene Verträge über Rechte an Topographien und aufgrund solcher Verträge getroffene Verfügungen bleiben nach dem bisherigen Recht wirksam.

2 Soweit nichts anderes vereinbart ist, sind diese Verträge nicht anwendbar auf Rechte, die durch dieses Gesetz geschaffen werden.

S.Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten

Art. 21 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Es tritt gleichzeitig mit dem neuen Urheberrechtsgesetz vom ... '' in Kraft.

3347

!> AS ...

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Bundesbeschluss Entwurf über verschiedene völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiete des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 8 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1989'', beschliesst:

Art. l 1 Die folgenden von der Schweiz unterzeichneten völkerrechtlichen Verträge werden genehmigt: a. die Pariser Fassung vom 24. Juli 1971 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. September 1886; b. die Pariser Fassung vom 24. Juli 1971 des Welturheberrechtsabkommens vom O.September 1952 und dessen Zusatzprotokolle l und 2; c. das Übereinkommen vom 29. Oktober 1971 zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger; d. das Übereinkommen vom 2I.Mai 1974 über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, diese Verträge zu ratifizieren.

Art. 2 1

Das von der Schweiz nicht unterzeichnete internationale Abkommen vom 26. Oktober 1961 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen wird genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, den Beitritt der Schweiz zu diesem Abkommen zu erklären.

Art. 3

Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

3347

') BEI 1989 III 477 640

Amtlicher deutscher Text gemäss Artikel 37 Absatz 1) Buchstabe b)

Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst revidiert in Paris am 24. Juli 1971 Abgeschlossen in Paris am 24. Juli 1971

Die Verbandsländer, gleichermassen von dem Wunsch geleitet, die Rechte der Urheber an ihren Werken der Literatur und Kunst in möglichst wirksamer und gleichmässiger Weise zu schützen, in Anerkennung der Bedeutung der Arbeitsergebnisse der 1967 in Stockholm abgehaltenen Revisionskonferenz haben beschlossen, die von der Stockholmer Konferenz angenommene Fassung dieser Übereinkunft unter unveränderter Beibehaltung der Artikel 1-20 und 22-26 zu revidieren.

Die unterzeichneten Bevollmächtigten haben daher nach Vorlage ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart:

Artikel l Die Länder, auf die diese Übereinkunft Anwendung findet, bilden einen Verband zum Schutz der Rechte der Urheber an ihren Werken der Literatur und Kunst.

Artikel 2 1) Die Bezeichnung «Werke der Literatur und Kunst» umfasst alle Erzeugnisse auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst, ohne Rücksicht auf die Art und Form des Ausdrucks, wie: Bücher, Broschüren und andere Schriftwerke; Vorträge, Ansprachen, Predigten und andere Werke gleicher Art; dramatische oder dramatisch-musikalische Werke; choreographische Werke und Pantomimen; musikalische Kompositionen mit oder ohne Text; Filmwerke einschliesslich der Werke, die durch ein ähnliches Verfahren wie Filmwerke hervorgebracht sind; Werke der zeichnenden Kunst, der Malerei, der Baukunst, der Bildhauerei, Stiche und Lithographien; photographische Werke, denen Werke gleichgestellt sind, die durch ein der Photographie ähnliches Verfahren hervorgebracht sind; Werke der angewandten Kunst; Illustrationen, geographi-

641

Schutz von Werken der Literatur und Kunst sehe Karten; Pläne, Skizzen und Darstellungen plastischer Art auf den Gebieten der Geographie, Topographie, Architektur oder Wissenschaft.

2) Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt jedoch vorbehalten, die Werke der Literatur und Kunst oder eine oder mehrere Arten davon nur zu schützen, wenn sie auf einem materiellen Träger festgelegt sind.

3) Den gleichen Schutz wie Originalwerke geniessen, unbeschadet der Rechte des Urhebers des Originalwerks, die Übersetzungen, Bearbeitungen, musikalischen Arrangements und andere Umarbeitungen eines Werkes der Literatur oder Kunst.

4) Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten, den Schutz amtlicher Texte auf dem Gebiet der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung sowie der amtlichen Übersetzungen dieser Texte zu bestimmen.

5) Sammlungen von Werken der Literatur oder Kunst, wie zum Beispiel Enzyklopädien und Anthologien, die wegen der Auswahl oder der Anordnung des Stoffes geistige Schöpfungen darstellen, sind als solche geschützt, unbeschadet der Rechte der Urheber an jedem einzelnen der Werke, die Bestandteile dieser Sammlungen sind.

6) Die oben genannten Werke gemessen Schutz in allen Verbandsländern. Dieser Schutz besteht zugunsten des Urhebers und seiner Rechtsnachfolger oder sonstiger Inhaber ausschliesslicher Werknutzungsrechte.

7) Unbeschadet des Artikels 7 Absatz 4) bleibt der Gesetzgebung der Verbandsländer vorbehalten, den Anwendungsbereich der Gesetze, die die Werke der angewandten Kunst und die gewerblichen Muster und Modelle betreffen, sowie die Voraussetzungen des Schutzes dieser Werke, Muster und Modelle festzulegen. Für Werke, die im Ursprungsland nur als Muster und Modelle geschützt werden, kann in einem anderen Verbandsland nur der besondere Schutz beansprucht werden, der in diesem Land den Mustern und Modellen gewährt wird; wird jedoch in diesem Land kein solcher besonderer Schutz gewährt, so sind diese Werke als Werke der Kunst zu schützen.

8) Der Schutz dieser Übereinkunft besteht nicht für Tagesneuigkeiten oder vermischte Nachrichten, die einfache Zeitungsmitteilungen darstellen.

Artikel 2bis 1) Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten, politische Reden und Reden in Gerichtsverhandlungen teilweise oder ganz von dem in Artikel 2 vorgesehenen Schutz auszuschliessen.

2) Ebenso bleibt der Gesetzgebung der Verbandsländer vorbehalten zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Vorträge, Ansprachen und andere in der Öffentlichkeit dargebotene Werke gleicher Art durch die Presse vervielfältigt, durch Rundfunk gesendet, mittels Draht an die Öffentlichkeit übertragen wer642

Schutz von Werken der Literatur und Kunst den und in den Fällen des Artikels l lbis Absatz 1) öffentlich wiedergegeben werden dürfen, wenn eine solche Benützung durch den Informationszweck gerechtfertigt ist.

3) Der Urheber geniesst jedoch das ausschliessliche Recht, seine in den Absätzen 1) und 2) genannten Werke in Sammlungen zu vereinigen.

Artikel 3 1) Aufgrund dieser Übereinkunft sind geschützt: a) die einem Verbandsland angehörenden Urheber für ihre veröffentlichten und unveröffentlichten Werke; b) die keinem Verbandsland angehörenden Urheber für die Werke, die sie zum erstenmal in einem Verbandsland oder gleichzeitig in einem verbandsfremden und in einem Verbandsland veröffentlichen.

2) Die Urheber, die keinem Verbandsland angehören, jedoch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Verbandsland haben, sind für die Anwendung dieser Übereinkunft den Urhebern gleichgestellt, die diesem Land angehören.

3) Unter «veröffentlichten Werken» sind die mit Zustimmung ihrer Urheber erschienenen Werke zu verstehen, ohne Rücksicht auf die Art der Herstellung der Werkstücke, die je nach der Natur des Werkes in einer Weise zur Verfügung der Öffentlichkeit gestellt sein müssen, die deren normalen Bedarf befriedigt. Eine Veröffentlichung stellen nicht dar: die Aufführung eines dramatischen, dramatisch-musikalischen oder musikalischen Werkes, die Vorführung eines Filmwerks, der öffentliche Vortrag eines literarischen Werkes, die Übertragung oder die Rundfunksendung von Werken der Literatur oder Kunst, die Übertragung oder die Rundfunksendung von Werken der Literatur oder Kunst, die Ausstellung eines Werkes der bildenden Künste und die Errichtung eines Werkes der Baukunst.

4) Als gleichzeitig in mehreren Ländern veröffentlicht gilt jedes Werk, das innerhalb von 30 Tagen seit der ersten Veröffentlichung in zwei oder mehr Ländern erschienen ist.

Artikel 4 Auch wenn die Voraussetzungen des Artikels 3 nicht vorliegen, sind durch diese Übereinkunft geschützt: a) die Urheber von Filmwerken, deren Hersteller seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Verbandsland hat; b) die Urheber von Werken der Baukunst, die in einem Verbandsland errichtet sind, oder von Werken der graphischen und plastischen Künste, die Bestandteile eines in einem Verbandsland gelegenen Grundstücks sind.

643

Schutz von Werken der Literatur und Kunst

Artikel 5 1) Die Urheber gemessen für die Werke, für die sie durch diese Übereinkunft geschützt sind, in allen Verbandsländern mit Ausnahme des Ursprungslands des Werkes die Rechte, die die einschlägigen Gesetze den inländischen Urhebern gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden, sowie die in dieser Übereinkunft besonders gewährten Rechte.

2) Der Genuss und die Ausübung dieser Rechte sind nicht an die Erfüllung irgendwelcher Förmlichkeiten gebunden; dieser Genuss und diese Ausübung sind unabhängig vom Bestehen des Schutzes im Ursprungsland des Werkes. Infolgedessen richten sich der Umfang des Schutzes sowie die dem Urheber zur Wahrung seiner Rechte zustehenden Rechtsbehelfe ausschliesslich nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird, soweit diese Übereinkunft nichts anderes bestimmt.

3) Der Schutz im Ursprungsland richtet sich nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften. Gehört der Urheber eines aufgrund dieser Übereinkunft geschützten Werkes nicht dem Ursprungsland des Werkes an, so hat er in diesem Land die gleichen Rechte wie die inländischen Urheber.

4) Als Ursprungsland gilt: a) für die zum erstenmal in einem Verbandsland veröffentlichten Werke dieses Land; handelt es sich jedoch um Werke, die gleichzeitig in mehreren Verbandsländern mit verschiedener Schutzdauer veröffentlicht wurden, das Land, dessen innerstaatliche Rechtsvorschriften die kürzeste Schutzdauer gewähren; b) für die gleichzeitig in einem verbandsfremden Land und in einem Verbandsland veröffentlichten Werke dieses letzte Land; c) für die nichtveröffentlichten oder die zum erstenmal in einem verbandsfremden Land veröffentlichten Werke, die nicht gleichzeitig in einem Verbandsland veröffentlicht wurden, das Verbandsland, dem der Urheber angehört; jedoch ist Ursprungsland, i) wenn es sich um Filmwerke handelt, deren Hersteller seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Verbandsland hat, dieses Land und, ii) wenn es sich um Werke der Baukunst, die in einem Verbandsland errichtet sind, oder um Werke der graphischen und plastischen Künste handelt, die Bestandteile eines in einem Verbandsland gelegenen Grundstücks sind, dieses Land.

Artikel 6 1) Wenn ein verbandsfremdes Land die Werke der einem Verbandsland angehörenden Urheber nicht genügend schützt, kann dieses letzte Land
den Schutz der Werke einschränken, deren Urheber im Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung dieser Werke Angehörige des verbandsfremden Landes sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Verbandsland haben. Wenn das Land

644

Schutz von Werken der Literatur und Kunst der ersten Veröffentlichung von dieser Befugnis Gebrauch macht, sind die anderen Verbandsländer nicht gehalten, den Werken, die in dieser Weise einer besonderen Behandlung unterworfen sind, einen weitergehenden Schutz zu gewähren als das Land der ersten Veröffentlichung.

2) Keine nach Absatz 1) festgesetzte Einschränkung darf die Rechte beeinträchtigen, die ein Urheber an einem Werk erworben hat, das in einem Verbandsland vor dem Inkrafttreten dieser Einschränkung veröffentlicht worden ist.

3) Die Verbandsländer, die nach diesem Artikel den Schutz der Rechte der Urheber einschränken, notifizieren dies dem Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum (im folgenden als «der Generaldirektor» bezeichnet) durch eine schriftliche Erklärung; darin sind die Länder, denen gegenüber der Schutz eingeschränkt wird, und die Einschränkungen anzugeben, denen die Rechte der diesen Ländern angehörenden Urheber unterworfen werden. Der Generaldirektor teilt dies allen Verbandsländern unverzüglich mit.

Artikel 6bis 1) Unabhängig von seinen vermögensrechtlichen Befugnissen und selbst nach deren Abtretung behält der Urheber das Recht, die Urheberschaft am Werk für sich in Anspruch zu nehmen und sich jeder Entstellung, Verstümmelung, sonstigen Änderung oder Beeinträchtigung des Werkes zu widersetzen, die seiner Ehre oder seinem Ruf nachteilig sein könnten.

2) Die dem Urheber nach Absatz 1) gewährten Rechte bleiben nach seinem Tod wenigstens bis zum Erlöschen der vermögensrechtlichen Befugnisse in Kraft und werden von den Personen oder Institutionen ausgeübt, die nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird, hierzu berufen sind. Die Länder, deren Rechtsvorschriften im Zeitpunkt der Ratifikation dieser Fassung der Übereinkunft oder des Beitritts zu ihr keine Bestimmungen zum Schutz aller nach Absatz 1) gewährten Rechte nach dem Tod des Urhebers enthalten, sind jedoch befugt vorzusehen, dass einzelne dieser Rechte nach dem Tod des Urhebers nicht aufrechterhalten bleiben.

3) Die zur Wahrung der in diesem Artikel gewährten Rechte erforderlichen Rechtsbehelfe richten sich nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird.

Artikel 7 1) Die Dauer des durch diese Übereinkunft gewährten Schutzes umfasst das Leben
des Urhebers und 50 Jahre nach seinem Tod.

2) Für Filmwerke sind die Verbandsländer jedoch befugt vorzusehen, dass die Schutzdauer 50 Jahre nach dem Zeitpunkt endet, in dem das Werk mit Zustimmung des Urhebers der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, oder, wenn ein solches Ereignis nicht innerhalb von 50 Jahren nach der Herstellung eines solchen Werkes eintritt, 50 Jahre nach der Herstellung.

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst

3) Für anonyme und pseudonyme Werke endet die durch diese Übereinkunft gewährte Schutzdauer 50 Jahre, nachdem das Werk erlaubterweise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Wenn jedoch das vom Urheber angenommene Pseudonym keinerlei Zweifel über die Identität des Urhebers zulässt, richtet sich die Schutzdauer nach Absatz 1). Wenn der Urheber eines anonymen oder pseudonymen Werkes während der oben angegebenen Frist seine Identität offenbart, richtet sich die Schutzdauer gleichfalls nach Absatz 1). Die Verbandsländer sind nicht gehalten, anonyme oder pseudonyme Werke zu schützen, bei denen aller Grund zu der Annahme besteht, dass ihr Urheber seit 50 Jahren tot ist.

4) Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten, die Schutzdauer für Werke der Photographie und für als Kunstwerke geschützte Werke der angewandten Kunst festzusetzen; diese Dauer darf jedoch nicht weniger als 25 Jahre seit der Herstellung eines solchen Werkes betragen.

5) Die sich an den Tod des Urhebers anschliessende Schutzfrist und die in den Absätzen 2), 3) und 4) vorgesehenen Fristen beginnen mit dem Tod oder dem in diesen Absätzen angegebenen Ereignis zu laufen, doch wird die Dauer dieser Fristen erst vom I.Januar des Jahres an gerechnet, das auf den Tod oder das genannte Ereignis folgt.

6) Die Verbandsländer sind befugt, eine längere als die in den vorhergehenden Absätzen vorgesehene Schutzdauer zu gewähren.

7) Die Verbandsländer, die durch die Fassung von Rom dieser Übereinkunft gebunden sind und die in ihren bei der Unterzeichnung der vorliegenden Fassung der Übereinkunft geltenden Rechtsvorschriften kürzere Schutzfristen gewähren, als in den vorhergehenden Absätzen vorgesehen sind, sind befugt, sie beim Beitritt zu dieser Fassung oder bei deren Ratifikation beizubehalten.

8) In allen Fällen richtet sich die Dauer nach dem Gesetz des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird; jedoch überschreitet sie, sofern die Rechtsvorschriften dieses Landes nichts anderes bestimmen, nicht die im Ursprungsland des Werkes festgesetzte Dauer.

Artikel 7bis Die Bestimmungen des Artikels 7 sind ebenfalls anwendbar, wenn das Urheberrecht den Miturhebern eines Werkes gemeinschaftlich zusteht, wobei die an den Tod des Urhebers anknüpfenden Fristen vom Zeitpunkt des Todes des letzten überlebenden Miturhebers an gerechnet werden.
Artikel 8 Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst, die durch diese Übereinkunft geschützt sind, geniessen während der ganzen Dauer ihrer Rechte am Originalwerk das ausschliessliche Recht, ihre Werke zu übersetzen oder deren Übersetzung zu erlauben.

646

Schutz von Werken der Literatur und Kunst Artikel 9 1) Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst, die durch diese Übereinkunft geschützt sind, gemessen das ausschliessliche Recht, die Vervielfältigung dieser Werke zu erlauben, gleichviel, auf welche Art und in welcher Form sie vorgenommen wird.

2) Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten, die Vervielfältigung in gewissen Sonderfällen unter der Voraussetzung zu gestatten, dass eine solche Vervielfältigung weder die normale Auswertung des Werkes beeinträchtigt noch die berechtigten Interessen des Urhebers unzumutbar verletzt.

3) Jede Aufnahme auf einen Bild- oder Tonträger gilt als Vervielfältigung im Sinne dieser Übereinkunft.

Artikel 10 1) Zitate aus einem der Öffentlichkeit bereits erlaubterweise zugänglich gemachten Werk sind zulässig, sofern sie anständigen Gepflogenheiten entsprechen und in ihrem Umfang durch den Zweck gerechtfertigt sind, einschliesslich der Zitate aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln in Form von Presseübersichten.

2) Der Gesetzgebung der Verbandsländer und den zwischen ihnen bestehenden oder in Zukunft abzuschliessenden Sonderabkommen bleibt vorbehalten, die Benützung von Werken der Literatur oder Kunst in dem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang zur Veranschaulichung des Unterrichts durch Veröffentlichungen, Rundfunksendungen oder Aufnahmen auf Bild- oder Tonträger zu gestatten, sofern eine solche Benützung anständigen Gepflogenheiten entspricht.

3) Werden Werke nach den Absätzen 1) und 2) benützt, so ist die Quelle zu erwähnen sowie der Name des Urhebers, wenn dieser Name in der Quelle angegeben ist.

Artikel 10bis 1) Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten, die Vervielfältigung durch die Presse, die Rundfunksendung oder die Übertragung mittels Draht an die Öffentlichkeit von Artikeln über Tagesfragen wirtschaftlicher, politischer oder religiöser Natur, die in Zeitungen oder Zeitschriften veröffentlicht worden sind, oder von durch Rundfunk gesendeten Werken gleicher Art zu erlauben, falls die Vervielfältigung, die Rundfunksendung oder die genannte Übertragung nicht ausdrücklich vorbehalten ist. Jedoch muss die Quelle immer deutlich angegeben werden; die Rechtsfolgen der Unterlassung dieser Angabe werden durch die Rechtsvorschriften des Landes bestimmt, in dem der Schutz beansprucht wird.

647

Schutz von Werken der Literatur und Kunst 2) Ebenso bleibt der Gesetzgebung der Verbandsländer vorbehalten zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen anlässlich der Berichterstattung über Tagesereignisse durch Photographie oder Film oder im Weg der Rundfunksendung oder Übertragung mittels Draht an die Öffentlichkeit Werke der Literatur oder Kunst, die im Verlauf des Ereignisses sichtbar oder hörbar werden, in dem durch den Informationszweck gerechtfertigten Umfang vervielfältigt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen.

Artikel 11

1) Die Urheber von dramatischen, dramatisch-musikalischen und musikalischen Werken gemessen das ausschliessliche Recht zu erlauben: 1. die öffentliche Aufführung ihrer Werke einschliesslich der öffentlichen Aufführung durch irgendein Mittel oder Verfahren, 2. die öffentliche Übertragung der Aufführung ihrer Werke durch irgendein Mittel.

2) Die gleichen Rechte werden den Urhebern dramatischer oder dramatischmusikalischer Werke während der ganzen Dauer ihrer Rechte am Originalwerk hinsichtlich der Übersetzung ihrer Werke gewährt.

Artikel llbis

1) Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst gemessen das ausschliessliche Recht zu erlauben: 1. die Rundfunksendung ihrer Werke oder die öffentliche Wiedergabe der Werke durch irgendein anderes Mittel zur drahtlosen Verbreitung von Zeichen, Tönen oder Bildern, 2. jede öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes mit oder ohne Draht, wenn diese Wiedergabe von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird, 3. die öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes durch Lautsprecher oder irgendeine andere ähnliche Vorrichtung zur Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern.

2) Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten, die Voraussetzungen für die Ausübung der in Absatz 1) erwähnten Rechte festzulegen; doch beschränkt sich die Wirkung dieser Voraussetzungen ausschliesslich auf das Hoheitsgebiet des Landes, das sie festgelegt hat. Sie dürfen in keinem Fall das Urheberpersönlichkeitsrecht oder den Anspruch des Urhebers auf eine angemessene Vergütung beeinträchtigen, die mangels gütlicher Einigung durch die zuständige Behörde festgesetzt wird.

3) Sofern keine gegenteilige Vereinbarung vorliegt, schliesst eine nach Absatz 1) gewährte Erlaubnis nicht die Erlaubnis ein, das durch Rundfunk gesendete Werk auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt jedoch vorbehalten, Bestimmungen über die von einem Sendeun648

Schutz von Werken der Literatur und Kunst

ternehmen mit seinen eigenen Mitteln und für seine eigenen Sendungen vorgenommenen ephemeren Aufnahmen auf Bild- oder Tonträger zu erlassen. Diese Gesetzgebung kann erlauben, dass die Bild- oder Tonträger aufgrund ihres aussergewöhnlichen Dokumentationscharakters in amtlichen Archiven aufbewahrt werden.

Artikel llter

1) Die Urheber von Werken der Literatur gemessen das ausschliessliche Recht zu erlauben: 1. den öffentlichen Vortrag ihrer Werke einschliesslich des öffentlichen Vertrags durch irgendein Mittel oder Verfahren, 2. die öffentliche Übertragung des Vertrags ihrer Werke durch irgendein Mittel.

2) Die gleichen Rechte werden den Urhebern von Werken der Literatur während der ganzen Dauer ihrer Rechte am Originalwerk hinsichtlich der Übersetzung ihrer Werke gewährt.

Artikel 12 Die Urheber von Werken der Literatur oder Kunst gemessen das ausschliessliche Recht, Bearbeitungen, Arrangements und andere Umarbeitungen ihrer Werke zu erlauben.

Artikel 13 1) Jedes Verbandsland kann für seinen Bereich Vorbehalte und Voraussetzungen festlegen für das ausschliessliche Recht des Urhebers eines musikalischen Werkes und des Urhebers eines Textes, dessen Aufnahme auf einen Tonträger zusammen mit dem musikalischen Werk dieser Urheber bereits gestattet hat, die Aufnahme des musikalischen Werkes und gegebenenfalls des Textes auf Tonträger zu erlauben; doch beschränkt sich die Wirkung aller derartigen Vorbehalte und Voraussetzungen ausschliesslich auf das Hoheitsgebiet des Landes, das sie festgelegt hat; sie dürfen in keinem Fall den Anspruch des Urhebers auf eine angemessene Vergütung beeinträchtigen, die mangels gütlicher Einigung durch die zuständige Behörde festgesetzt wird.

2) Tonträger, auf die musikalische Werke in einem Verbandsland nach Artikel 13 Absatz 3) der am 2. Juni 1928 in Rom und am 26. Juni 1948 in Brüssel unterzeichneten Fassungen dieser Übereinkunft aufgenommen worden sind, können in diesem Land bis zum Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit dem Zeitpunkt, in dem dieses Land durch die vorliegende Fassung gebunden wird, ohne Zustimmung des Urhebers des musikalischen Werkes vervielfältigt werden.

3) Tonträger, die nach den Absätzen 1) und 2) hergestellt und ohne Erlaubnis der Beteiligten in ein Land eingeführt worden sind, in dem sie nicht erlaubt sind, können dort beschlagnahmt werden.

649

Schutz von Werken der Literatur und Kunst Artikel 14 1) Die Urheber von Werken der Literatur oder Kunst haben das ausschliess.liche Recht zu erlauben: 1. die filmische Bearbeitung und Vervielfältigung dieser Werke und das Inverkehrbringen der auf diese Weise bearbeiteten oder vervielfältigten Werke, 2. die öffentliche Vorführung und die Übertragung mittels Draht an die Öffentlichkeit der auf diese Weise bearbeiteten oder vervielfältigten Werke.

2) Die Bearbeitung von Filmwerken, die auf Werken der Literatur oder Kunst beruhen, in irgendeine andere künstlerische Form bedarf, unbeschadet der Erlaubnis ihrer Urheber, der Erlaubnis der Urheber der Originalwerke.

3) Artikel 13 Absatz 1) ist nicht anwendbar.

Artikel 14bis 1) Unbeschadet der Rechte des Urhebers jedes etwa bearbeiteten oder vervielfältigten Werkes wird das Filmwerk wie ein Originalwerk geschützt. Der Inhaber des Urheberrechts am Filmwerk geniesst die gleichen Rechte wie der Urheber eines Originalwerks einschliesslich der in Artikel 14 genannten Rechte.

2) a) Der Gesetzgebung des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird, bleibt vorbehalten, die Inhaber des Urheberrechts am Filmwerk zu bestimmen.

b) In den Verbandsländern jedoch, deren innerstaatliche Rechtsvorschriften als solche Inhaber auch Urheber anerkennen, die Beiträge zur Herstellung des Filmwerks geleistet haben, können sich diese, wenn sie sich zur Leistung solcher Beiträge verpflichtet haben, mangels gegenteiliger oder besonderer Vereinbarung der Vervielfältigung, dem Inverkehrbringen, der öffentlichen Vorführung, der Übertragung mittels Draht an die Öffentlichkeit, der Rundfunksendung, der öffentlichen Wiedergabe, dem Versehen mit Untertiteln und der Textsynchronisation des Filmwerks nicht widersetzen.

c) Die Frage, ob für die Anwendung des Buchstaben b) die Form der dort genannten Verpflichtung in einem schriftlichen Vertrag oder in einem gleichwertigen Schriftstück bestehen muss, wird durch die Rechtsvorschriften des Verbandslands geregelt, in dem der Hersteller des Filmwerks seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Rechtsvorschriften des Verbandslands, in dem der Schutz beansprucht wird, können jedoch vorsehen, dass diese Verpflichtung durch einen schriftlichen Vertrag oder durch ein gleichwertiges Schriftstück begründet sein muss. Die Länder, die von
dieser Befugnis Gebrauch machen, müssen dies dem Generaldirektor durch eine schriftliche Erklärung notifizieren, der sie unverzüglich allen anderen Verbandsländern mitteilt.

d) Als «gegenteilige oder besondere Vereinbarung» gilt jede einschränkende Bestimmung, die in der vorgenannten Verpflichtung gegebenenfalls enthalten ist.

650

Schutz von Werken der Literatur und Kunst

3) Sofern die innerstaatlichen Rechtsvorschriften nichts anderes vorsehen, ist Absatz 2) Buchstabe b) weder auf die Urheber der Drehbücher, der Dialoge und der musikalischen Werke anwendbar, die für die Herstellung des Filmwerks geschaffen worden sind, noch auf dessen Hauptregisseur. Die Verbandsländer jedoch, deren Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Anwendung des Absatzes 2) Buchstabe b) auf den Hauptregisseur vorsehen, müssen dies dem Generaldirektor durch eine schriftliche Erklärung notifizieren, der sie unverzüglich allen anderen Verbandsländern mitteilt.

Artikel 14ter

1) Hinsichtlich der Originale von Werken der bildenden Künste und der Originalhandschriften der Schriftsteller und Komponisten geniesst der Urheber oder nach seinem Tod die von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften dazu berufenen Personen oder Institutionen - ein unveräusserliches Recht auf Beteiligung am Erlös aus Verkäufen eines solchen Werkstücks nach der ersten Veräusserung durch den Urheber.

2) Der in Absatz 1) vorgesehene Schutz kann in jedem Verbandsland nur beansprucht werden, sofern die Heimatgesetzgebung des Urhebers diesen Schutz anerkennt und soweit es die Rechtsvorschriften des Landes zulassen, in dem dieser Schutz beansprucht wird.

3) Das Verfahren und das Ausmass der Beteiligung werden von den Rechtsvorschriften der einzelnen Länder bestimmt.

Artikel 15 1) Damit der Urheber der durch diese Übereinkunft geschützten Werke der Literatur und Kunst mangels Gegenbeweises als solche gelten und infolgedessen vor den Gerichten der Verbandsländer zur Verfolgung der unbefugten Vervielfältiger zugelassen werden, genügt es, dass der Name in der üblichen Weise auf dem Werkstück angegeben ist. Dieser Absatz ist anwendbar, selbst wenn dieser Name ein Pseudonym ist, sofern das vom Urheber angenommene Pseudonym keinen Zweifel über seine Identität aufkommen lässt.

2) Als Hersteller des Filmwerks gilt mangels Gegenbeweises die natürliche oder juristische Person, deren Name in der üblichen Weise auf dem Werkstück angegeben ist.

3) Bei den anonymen Werken und bei den nicht unter Absatz 1) fallenden Pseudonymen Werken gilt der Verleger, dessen Name auf dem Werkstück angegeben ist, ohne weiteren Beweis als berechtigt, den Urheber zu vertreten; in dieser Eigenschaft ist er befugt, dessen Rechte wahrzunehmen und geltend zu machen. Die Bestimmung dieses Absatzes ist nicht mehr anwendbar, sobald der Urheber seine Identität offenbart und seine Berechtigung nachgewiesen hat.

4) a) Für die nichtveröffentlichten Werke, deren Urheber unbekannt ist, bei denen jedoch aller Grund zu der Annahme besteht, dass ihr Urheber Ange-

651

Schutz von Werken der Literatur und Kunst höriger eines Verbandslands ist, kann die Gesetzgebung dieses Landes die zuständige Behörde bezeichnen, die diesen Urheber vertritt und berechtigt ist, dessen Rechte in den Verbandsländern wahrzunehmen und geltend zu machen.

b) Die Verbandsländer, die nach dieser Bestimmung eine solche Bezeichnung vornehmen, notifizieren dies dem Generaldirektor durch eine schriftliche Erklärung, in der alle Angaben über die bezeichnete Behörde enthalten sein müssen. Der Generaldirektor teilt diese Erklärung allen anderen Verbandsländern unverzüglich mit.

Artikel 16

1) Jedes unbefugt hergestellte Werkstück kann in den Verbandsländern, in denen das Originalwerk Anspruch auf gesetzlichen Schutz hat, beschlagnahmt werden.

2) Die Bestimmungen des Absatzes 1) sind auch auf Vervielfältigungsstücke anwendbar, die aus einem Land stammen, in dem das Werk nicht oder nicht mehr geschützt ist.

3) Die Beschlagnahme findet nach den Rechtsvorschriften jedes Landes statt.

Artikel 17

Die Bestimmungen dieser Übereinkunft können in keiner Beziehung das der Regierung jedes Verbandslands zustehende Recht beeinträchtigen, durch Massnahmen der Gesetzgebung oder inneren Verwaltung die Verbreitung, die Aufführung oder das Ausstellen von Werken oder Erzeugnissen jeder Art zu gestatten, zu überwachen oder zu untersagen, für die die zuständige Behörde dieses Recht auszuüben hat.

Artikel 18

1) Diese Übereinkunft gilt für alle Werke, die bei ihrem Inkrafttreten noch nicht infolge Ablaufs der Schutzdauer im Ursprungsland Gemeingut geworden sind.

2) Ist jedoch ein Werk infolge Ablaufs der Schutzfrist, die ihm vorher zustand, in dem Land, in dem der Schutz beansprucht wird, Gemeingut geworden, so erlangt es dort nicht von neuem Schutz.

3) Die Anwendung dieses Grundsatzes richtet sich nach den Bestimmungen der zwischen Verbandsländern zu diesem Zweck abgeschlossenen oder abzuschliessenden besonderen Übereinkünfte. Mangels solcher Bestimmungen legen die betreffenden Länder, jedes für sich, die Art und Weise dieser Anwendung fest.

4) Die vorstehenden Bestimmungen gelten auch, wenn ein Land dem Verband neu beitritt, sowie für den Fall, dass der Schutz nach Artikel 7 oder durch Verzicht auf Vorbehalte ausgedehnt wird.

652

Schutz von Werken der Literatur und Kunst

Artikel 19 Die Bestimmungen dieser Übereinkunft hindern nicht daran, die Anwendung von weitergehenden Bestimmungen zu beanspruchen, die durch die Gesetzgebung eines Verbandslands etwa erlassen werden.

Artikel 20 Die Regierungen der Verbandsländer behalten sich das Recht vor, Sonderabkommen miteinander insoweit zu treffen, als diese den Urhebern Rechte verleihen, die über die ihnen durch diese Übereinkunft gewährten Rechte hinausgehen oder andere Bestimmungen enthalten, die dieser Übereinkunft nicht zuwiderlaufen. Die Bestimmungen bestehender Abkommen, die den angegebenen Voraussetzungen entsprechen, bleiben anwendbar.

Artikel 21 1) Besondere Bestimmungen für Entwicklungsländer sind im Anhang enthalten.

2) Vorbehaltlich des Artikels 28 Absatz 1) Buchstabe b) ist der Anhang ein integrierender Bestandteil dieser Fassung der Übereinkunft.

Artikel 22 l)ajDer Verband hat eine Versammlung, die sich aus den durch die Artikel 22-26 gebundenen Verbandsländern zusammensetzt.

b) Die Regierung jedes Landes wird durch einen Delegierten vertreten, der von Stellvertretern, Beratern und Sachverständigen unterstützt werden kann.

c) Die Kosten jeder Delegation werden von der Regierung getragen, die sie entsandt hat.

2) a) Die Versammlung i) behandelt alle Fragen betreffend die Erhaltung und die Entwicklung des Verbands sowie die Anwendung dieser Übereinkunft; ii) erteilt dem Internationalen Büro für geistiges Eigentum (im folgenden als «das Internationale Büro» bezeichnet), das in dem Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum (im folgenden als «die Organisation» bezeichnet) vorgesehen ist, Weisungen für die Vorbereitung der Revisionskonferenzen unter gebührender Berücksichtigung der Stellungnahmen der Verbandsländer, die durch die Artikel 22-26 nicht gebunden sind; iii) prüft und billigt die Berichte und die Tätigkeit des Generaldirektors der Organisation betreffend den Verband und erteilt ihm alle zweckdienlichen Weisungen in Fragen, die in die Zuständigkeit des Verbands fallen; iv) wählt die Mitglieder des Exekutivausschusses der Versammlung;

653

Schutz von Werken der Literatur und Kunst v) prüft und billigt die Berichte und die Tätigkeit ihres Exekutivausschusses und erteilt ihm Weisungen; vi) legt das Programm fest, beschliesst den Dreijahres-Haushaltsplan des Verbands und billigt seine Rechnungabschlüsse; vii) beschliesst die Finanzvorschriften des Verbands; viii) bildet die Sachverständigenausschüsse und Arbeitsgruppen, die sie zur Verwirklichung der Ziele des Verbands für zweckdienlich hält; ix) bestimmt, welche Nichtmitgliedländer des Verbands, welche zwischenstaatlichen und welche internationalen nichtstaatlichen Organisationen zu ihren Sitzungen als Beobachter zugelassen werden ; x) beschliesst Änderungen der Artikel 22-26; xi) nimmt jede andere Handlung vor, die zur Erreichung der Ziele des Verbands geeignet ist; xii) nimmt alle anderen Aufgaben wahr, die sich aus dieser Übereinkunft ergeben; xiii) übt vorbehaltlich ihres Einverständnisses die ihr durch das Übereinkommen zur Errichtung der Organisation übertragenen Rechte aus.

b) Über Fragen, die auch für andere von der Organisation verwaltete Verbände von Interesse sind, entscheidet die Versammlung nach Anhörung des Koordinierungsausschusses der Organisation.

3) a) Jedes Mitgliedland der Versammlung verfügt über eine Stimme.

b) Die Hälfte der Mitgliedländer der Versammlung bildet das Quorum (die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Mindestzahl).

c) Ungeachtet des Buchstaben b) kann die Versammlung Beschlüsse fassen, wenn während einer Tagung die Zahl der vertretenen Länder zwar weniger als die Hälfte, aber mindestens ein Drittel der Mitgliedländer der Versammlung beträgt; jedoch werden diese Beschlüsse mit Ausnahme der Beschlüsse über das Verfahren der Versammlung nur dann wirksam, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: Das Internationale Büro teilt diese Beschlüsse den Mitgliedländern der Versammlung mit, die nicht vertreten waren, und lädt sie ein, innerhalb einer Frist von drei Monaten vom Zeitpunkt der Mitteilung an schriftlich ihre Stimme oder Stimmenthaltung bekanntzugeben. Entspricht nach Ablauf der Frist die Zahl der Länder, die auf diese Weise ihre Stimme oder Stimmenthaltung bekanntgegeben haben, mindestens der Zahl der Länder, die für die Erreichung des Quorums während der Tagung gefehlt hatte, so werden die Beschlüsse wirksam, sofern gleichzeitig die
erforderliche Mehrheit noch vorhanden ist.

d) Vorbehaltlich des Artikels 26 Absatz 2) fasst die Versammlung ihre Beschlüsse mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

e) Stimmenthaltung gilt nicht als Stimmabgabe.

f) Ein Delegierter kann nur ein Land vertreten und nur in dessen Namen abstimmen.

g) Die Verbandsländer, die nicht Mitglied der Versammlung sind, werden zu den Sitzungen der Versammlung als Beobachter zugelassen.

654

Schutz von Werken der Literatur und Kunst 4)aJDie Versammlung tritt nach Einberufung durch den Generaldirektor alle drei Jahre einmal zu einer ordentlichen Tagung zusammen, und zwar, abgesehen von aussergewöhnlichen Fällen, zu derselben Zeit und an demselben Ort wie die Generalversammlung der Organisation.

b) Die Versammlung tritt nach Einberufung durch den Generaldirektor zu einer ausserordentlichen Tagung zusammen, wenn der Exekutivausschuss oder ein Viertel der Mitgliedländer der Versammlung es verlangt.

5) Die Versammlung gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 23 1) Die Versammlung hat einen Exekutivausschuss.

2) a) Der Exekutivausschuss setzt sich aus den von der Versammlung aus dem Kreis ihrer Mitgliedländer gewählten Ländern zusammen. Ausserdem hat das Land, in dessen Hoheitsgebiet die Organisation ihren Sitz hat, vorbehaltlich des Artikels 25 Absatz 7) Buchstabe b) ex officio einen Sitz im Ausschuss.

b) Die Regierung jedes Mitgliedlands des Exekutivausschusses wird durch einen Delegierten vertreten, der von Stellvertretern, Beratern und Sachverständigen unterstützt werden kann.

c) Die Kosten jeder Delegation werden von der Regierung getragen, die sie entsandt hat.

3) Die Zahl der Mitgliedländer des Exekutivausschusses entspricht einem Viertel der Zahl der Mitgliedländer der Versammlung. Bei der Berechnung der zu vergebenden Sitze wird der nach Teilung durch vier verbleibende Rest nicht berücksichtigt.

4) Bei der Wahl der Mitglieder des Exekutivausschusses trägt die Versammlung einer angemessenen geographischen Verteilung und der Notwendigkeit Rechnung, dass unter den Ländern des Exekutivausschusses Vertragsländer der Sonderabkommen sind, die im Rahmen des Verbands errichtet werden könnten.

5) a) Die Mitglieder des Exekutivausschusses üben ihr Amt vom Schluss der Tagung der Versammlung, in deren Verlauf sie gewählt worden sind, bis zum Ende der darauffolgenden ordentlichen Tagung der Versammlung aus.

b) Höchstens zwei Drittel der Mitglieder des Exekutivausschusses können wiedergewählt werden.

c) Die Versammlung regelt die Einzelheiten der Wahl und der etwaigen Wiederwahl der Mitglieder des Exekutivausschusses.

6) a) Der Exekutivausschuss i) bereitet den Entwurf der Tagesordnung der Versammlung vor; ii) unterbreitet der Versammlung Vorschläge zu den vom Generaldirektor vorbereiteten Entwürfen des Programms und des DreijahresHaushaltsplans des Verbands; 655

Schutz von Werken der Literatur und Kunst

iii) stellt im Rahmen des Programms und des Dreijahres-Haushaltsplans die vom Generaldirektor vorbereiteten Jahresprogramme und Jahreshaushaltspläne auf; iv) unterbreitet der Versammlung mit entsprechenden Bemerkungen die periodischen Berichte des Generaldirektors und die jährlichen Berichte über die Rechnungsprüfung; v) trifft alle zweckdienlichen Massnahmen zur Durchführung des Programms des Verbands durch den Generaldirektor in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Versammlung und unter Berücksichtigung der zwischen zwei ordentlichen Tagungen der Versammlung eintretenden Umstände; vi) nimmt alle anderen Aufgaben wahr, die ihm im Rahmen dieser Übereinkunft übertragen werden.

b) Über Fragen, die auch für andere von der Organisation verwaltete Verbände von Interesse sind, entscheidet der Exekutivausschuss nach Anhörung des Koordinierungsausschusses der Organisation.

7) a) Der Exekutivausschuss tritt nach Einberufung durch den Generaldirektor jedes Jahr einmal zu einer ordentlichen Tagung zusammen, und zwar möglichst zu derselben Zeit und an demselben Ort wie der Koordinierungsausschuss der Organisation.

b) Der Exekutivausschuss tritt nach Einberufung durch den Generaldirektor zu einer ausserordentlichen Tagung zusammen, entweder auf Initiative des Generaldirektors oder wenn der Vorsitzende oder ein Viertel der Mitglieder des Exekutivausschusses es verlangt.

8) a) Jedes Mitgliedland des Exekutivausschusses verfügt über eine Stimme.

b) Die Hälfte der Mitgliedländer des Exekutivausschusses bildet das Quorum.

c) Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst.

d) Stimmenthaltung gilt nicht als Stimmabgabe.

e) Ein Delegierter kann nur ein Land vertreten und nur in dessen Namen abstimmen.

9) Die Verbandsländer, die nicht Mitglied des Exekutivausschusses sind, werden zu dessen Sitzungen als Beobachter zugelassen.

10) Der Exekutivausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 24 1) a) Die Verwaltungsaufgaben des Verbands werden vom Internationalen Büro wahrgenommen, das an die Steile des mit dem Verbandsbüro der internationalen Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vereinigten Büros des Verbands tritt.

b) Das Internationale Büro besorgt insbesondere das Sekretariat der verschiedenen Organe des Verbands.

656

Schutz von Werken der Literatur und Kunst c) Der Generaldirektor der Organisation ist der höchste Beamte des Verbands und vertritt den Verband.

2) Das Internationale Büro sammelt und veröffentlicht Informationen über den Schutz des Urheberrechts. Jedes Verbandsland teilt so bald wie möglich dem Internationalen Büro alle neuen Gesetze und anderen amtlichen Texte mit, die den Schutz des Urheberrechts betreffen.

3) Das Internationale Büro gibt eine monatlich erscheinende Zeitschrift heraus.

4) Das Internationale Büro erteilt jedem Verbandsland auf Verlangen Auskünfte über Fragen betreffend den Schutz des Urheberrechts.

5) Das Internationale Büro unternimmt Untersuchungen und leistet Dienste zur Erleichterung des Schutzes des Urheberrechts.

6) Der Generaldirektor und die von ihm bestimmten Mitglieder des Personals nehmen ohne Stimmrecht an allen Sitzungen der Versammlung, des Exekutivausschusses und aller anderen Sachverständigenausschüsse oder Arbeitsgruppen teil. Der Generaldirektor oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Personals ist von Amts wegen Sekretär dieser Organe.

7)oJDas Internationale Büro bereitet nach den Weisungen der Versammlung und in Zusammenarbeit mit dem Exekutivausschuss die Konferenzen zur Revision der Bestimmungen der Übereinkunft mit Ausnahme der Artikel 22-26 vor.

b) Das Internationale Büro kann bei der Vorbereitung der Revisionskonferenzen zwischenstaatliche sowie internationale nichtstaatliche Organisationen konsultieren.

c) Der Generaldirektor und die von ihm bestimmten Personen nehmen ohne Stimmrecht an den Beratungen dieser Konferenzen teil.

8) Das Internationale Büro nimmt alle anderen Aufgaben wahr, die ihm übertragen werden.

Artikel 25

1) a) Der Verband hat einen Haushaltsplan.

b) Der Haushaltsplan des Verbands umfasst die eigenen Einnahmen und Ausgaben des Verbands, dessen Beitrag zum Haushaltsplan der gemeinsamen Ausgaben der Verbände sowie gegebenenfalls den dem Haushaltsplan der Konferenz der Organisation zur Verfügung gestellten Betrag.

c) Als gemeinsame Ausgaben der Verbände gelten die Ausgaben, die nicht ausschliesslich dem Verband, sondern auch einem oder mehreren anderen von der Organisation verwalteten Verbänden zuzurechnen sind. Der Anteil des Verbands an diesen gemeinsamen Ausgaben entspricht dem Interesse, das der Verband an ihnen hat.

2) Der Haushaltsplan des Verbands wird unter Berücksichtigung der Notwendigkeit seiner Abstimmung mit den Haushaltsplänen der anderen von der Organisation verwalteten Verbände aufgestellt.

657

Schutz von Werken der Literatur und Kunst 3) Der Haushaltsplan des Verbands umfasst folgende Einnahmen: i) Beiträge der Verbandsländer; ii) Gebühren und Beträge für Dienstleistungen des Internationalen Büros im Rahmen des Verbands; iii) Verkaufserlöse und andere Einkünfte aus Veröffentlichungen des Internationalen Büros, die den Verband betreffen; iv) Schenkungen, Vermächtnisse und Zuwendungen; v) Mieten, Zinsen und andere verschiedene Einkünfte.

4) a) Jedes Verbandsland wird zur Bestimmung seines Beitrags zum Haushaltsplan in eine. Klasse eingestuft und zahlt seine Jahresbeiträge auf der Grundlage einer Zahl von Einheiten, die wie folgt festgesetzt wird: Klasse I ".

25 Klasse V 5 Klasse II 20 Klasse VI 3 Klasse III 15 Klasse VII l Klasse IV 10 b) Falls es dies nicht schon früher getan hat, gibt jedes Land gleichzeitig mit der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde die Klasse an, in die es eingestuft zu werden wünscht. Es kann die Klasse wechseln.

Wählt es eine niedrigere Klasse, so hat es dies der Versammlung auf einer ihrer ordentlichen Tagungen mitzuteilen. Ein solcher Wechsel wird zu Beginn des auf diese Tagung folgenden Kalenderjahrs wirksam.

c) Der Jahresbeitrag jedes Landes besteht aus einem Betrag, der in demselben Verhältnis zu der Summe der Jahresbeiträge aller Länder zum Haushaltsplan des Verbands steht wie die Zahl der Einheiten der Klasse, in die das Land eingestuft ist, zur Summe der Einheiten aller Länder.

d) Die Beiträge werden am 1. Januar jedes Jahres fällig.

e) Ein Land, das mit der Zahlung seiner Beiträge im Rückstand ist, kann sein Stimmrecht in keinem der Organe des Verbands, denen es als Mitglied angehört, ausüben, wenn der rückständige Betrag die Summe der von ihm für die zwei vorhergehenden vollen Jahre geschuldeten Beiträge erreicht oder übersteigt. Jedoch kann jedes dieser Organe einem solchen Land gestatten, das Stimmrecht in diesem Organ weiter auszuüben, wenn und solange es überzeugt ist, dass der Zahlungsrückstand eine Folge aussergewöhnlicher und unabwendbarer Umstände ist.

f) Wird der Haushaltsplan nicht vor Beginn eines neuen Rechnungsjahrs beschlossen, so wird der Haushaltsplan des Vorjahrs nach Massgabe der Finanzvorschriften übernommen.

5) Die Höhe der Gebühren und Beträge für Dienstleistungen des Internationalen Büros im Rahmen des
Verbands wird vom Generaldirektor festgesetzt, der der Versammlung und dem Exekutivausschuss darüber berichtet.

6) a) Der Verband hat einen Betriebsmittelfonds, der durch eine einmalige Zahlung jedes Verbandslands gebildet wird. Reicht der Fonds nicht mehr aus, so beschliesst die Versammlung seine Erhöhung.

658

Schutz von Werken der Literatur und Kunst b) Die Höhe der erstmaligen Zahlung jedes Landes zu diesem Fonds oder sein Anteil an dessen Erhöhung ist proportional zu dem Beitrag dieses Landes für das Jahr in dem der Fonds gebildet oder die Erhöhung beschlossen wird.

c) Dieses Verhältnis und die Zahlungsbedingungen werden von der Versammlung auf VorscMag des Generaldirektors und nach Äusserung des Koordinierungsausschusses der Organisation festgesetzt.

7) a) Das Abkommen über den Sitz, das mit dem Land geschlossen wird, in dessen Hoheitsgebiet die Organisation ihren Sitz hat, sieht vor, dass dieses Land Vorschüsse gewährt, wenn der Betriebsmittelfonds nicht ausreicht.

Die Höhe dieser Vorschüsse und die Bedingungen, unter denen sie gewährt werden, sind in jedem Fall Gegenstand besonderer Vereinbarungen zwischen diesem Land und der Organisation. Solange dieses Land verpflichtet ist, Vorschüsse zu gewähren, hat es ex officio einen Sitz im Exekutivausschuss.

b) Das unter Buchstabe a) bezeichnete Land und die Organisation sind berechtigt, die Verpflichtung zur Gewährung von Vorschüssen durch schriftliche Notifikation zu kündigen. Die Kündigung wird drei Jahre nach Ablauf des Jahres wirksam, in dem sie notifiziert worden ist.

8) Die Rechnungsprüfung wird nach Massgabe der Finanzvorschriften von einem oder mehreren Verbandsländern oder von aussenstehenden Rechnungsprüfern vorgenommen, die mit ihrer Zustimmung von der Versammlung bestimmt werden.

Artikel 26 1) Vorschläge zur Änderung der Artikel 22, 23, 24, 25 und dieses Artikels können von jedem Mitgliedland der Versammlung, vom Exekutivausschuss oder vom Generaldirektor vorgelegt werden. Diese Vorschläge werden vom Generaldirektor mindestens sechs Monate, bevor sie in der Versammlung beraten werden, den Mitgliedländern der Versammlung mitgeteilt.

2) Jede Änderung der in Absatz 1) bezeichneten Artikel wird von der Versammlung beschlossen. Der Beschluss erfordert drei Viertel der abgegebenen Stimmen; jede Änderung des Artikels 22 und dieses Absatzes erfordert jedoch vier Fünftel der abgegebenen Stimmen.

3) Jede Änderung der in Absatz 1) bezeichneten Artikel tritt einen Monat nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die schriftlichen Notifikationen der verfassungsmässig zustandegekommenen Annahme des Änderungsvorschlags von drei Vierteln der Länder, die im
Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Änderung Mitglied der Versammlung waren, beim Generaldirektor eingegangen sind. Jede auf diese Weise angenommene Änderung der genannten Artikel bindet alle Länder, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung Mitglied der Versammlung sind oder später Mitglied werden; jedoch bindet eine Änderung, die die finanziellen Verpflichtungen der Verbandsländer erweitert, nur die Länder, die die Annahme dieser Änderung notifiziert haben.

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst

Artikel 27 1) Diese Übereinkunft soll Revisionen unterzogen werden, um Verbesserungen herbeizuführen, die geeignet sind, das System des Verbands zu vervollkommnen.

2) Zu diesem Zweck werden der Reihe nach in einem der Verbandsländer Konferenzen zwischen den Delegierten dieser Länder stattfinden.

3) Vorbehaltlich des für die Änderung der Artikel 22-26 massgebenden Artikels 26 bedarf jede Revision dieser Fassung der Übereinkunft einschliesslich des Anhangs der Einstimmigkeit unter den abgegebenen Stimmen.

Artikel 28 l) a) Jedes Verbandsland kann diese Fassung der Übereinkunft ratifizieren, wenn es sie unterzeichnet hat, oder ihr beitreten, wenn es sie nicht unterzeichnet hat. Die Ratifikations- oder Beitrittsurkunden werden beim Generaldirektor hinterlegt.

b) Jedes Verbandsland kann in seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde erklären, dass sich seine Ratifikation oder sein Beitritt nicht auf die Artikel 1-21 und den Anhang erstreckt; hat jedoch ein Verbandsland bereits eine Erklärung nach Artikel VI Absatz 1) des Anhangs abgegeben, so kann es in der Urkunde nur erklären, dass sich seine Ratifikation oder sein Beitritt nicht auf die Artikel 1-20 erstreckt.

c) Jedes Verbandsland, das gemäss Buchstabe b) die dort bezeichneten Bestimmungen von der Wirkung seiner Ratifikation oder seines Beitritts ausgenommen hat, kann zu jedem späteren Zeitpunkt erklären, dass es die Wirkung seiner Ratifikation oder seines Beitritts auf diese Bestimmungen erstreckt. Eine solche Erklärung wird beim Generaldirektor hinterlegt.

2)ajDie Artikel 1-21 und der Anhang treten drei Monate nach Erfüllung der beiden folgenden Voraussetzungen in Kraft: i) mindestens fünf Verbandsländer haben diese Fassung der Übereinkunft ohne Erklärung nach Absatz 1) Buchstabe b) ratifiziert oder sind ihr ohne solche Erklärung beigetreten; ii) Frankreich, Spanien, das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika sind durch das in Paris am 24. Juli 1971 revidierte Welturheberrechtsabkommen gebunden.

b) Das Inkrafttreten nach Buchstabe a) ist für diejenigen Verbandsländer wirksam, die ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunden ohne Erklärung nach Absatz 1) Buchstabe b) und mindestens drei Monate vor dem Inkrafttreten hinterlegt haben.

c) Für jedes Verbandsland, auf das Buchstabe b) nicht
anwendbar ist und das ohne Abgabe einer Erklärung nach Absatz 1) Buchstabe b) diese Fassung der Übereinkunft ratifiziert oder ihr beitritt, treten die Artikel 1-21 und der Anhang drei Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Generaldi-

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Schutz von Werken, der Literatur und Kunst rektor die Hinterlegung der betreffenden Ratifikations- oder Beitrittsurkunde notifiziert, sofern nicht in der hinterlegten Urkunde ein späterer Zeitpunkt angegeben ist. In diesem Fall treten die Artikel 1-21 und der Anhang für dieses Land zu dem angegebenen Zeitpunkt in Kraft.

d) Die Buchstaben a)-c) berühren die Anwendung des Artikels VI des Anhangs nicht.

3) Für jedes Verbandsland, das mit oder ohne Erklärung nach Absatz 1) Buchstabe b) diese Fassung der Übereinkunft ratifiziert oder ihr beitritt, treten die Artikel 22-38 drei Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Generaldirektor die Hinterlegung der betreffenden Ratifikations- oder Beitrittsurkunde notifiziert, sofern nicht in der hinterlegten Urkunde ein späterer Zeitpunkt angegeben ist. In diesem Fall treten die Artikel 22-38 für dieses Land zu dem angegebenen Zeitpunkt in Kraft.

Artikel 29 1) Jedes verbandsfremde Land kann dieser Fassung der Übereinkunft beitreten und dadurch Vertragspartei dieser Übereinkunft und Mitglied des Verbands werden. Die Beitrittsurkunden werden beim Generaldirektor hinterlegt.

2) a) Vorbehaltlich des Buchstabens b) tritt diese Übereinkunft für jedes verbandsfremde Land drei Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Generaldirektor die Hinterlegung der betreffenden Beitrittsurkunde notifiziert, sofern nicht in der hinterlegten Urkunde ein späterer Zeitpunkt angegeben ist. In diesem Fall tritt die Übereinkunft für dieses Land zu dem angegebenen Zeitpunkt in Kraft.

b) Tritt diese Übereinkunft gemäss Buchstabe a) für ein verbandsfremdes Land vor dem Zeitpunkt in Kraft, in dem die Artikel 1-21 und der Anhang gemäss Artikel 28 Absatz 2) Buchstabe a) in Kraft treten, so ist dieses Land in der Zwischenzeit statt durch die Artikel 1-21 und den Anhang durch die Artikel 1-20 der Brüsseler Fassung dieser Übereinkunft gebunden.

Artikel 29bis Die Ratifikation dieser Fassung der Übereinkunft oder der Beitritt zu ihr durch ein Land, das nicht durch die Artikel 22-38 der Stockholmer Fassung dieser Übereinkunft gebunden ist, gilt, und zwar einzig und allein zum Zweck der Anwendung des Artikels 14 Absatz 2) des Übereinkommens zur Errichtung der Organisation, als Ratifikation der Stockholmer Fassung oder als Beitritt zu ihr mit der in ihrem Artikel 28 Absatz 1) Buchstabe b) Ziffer!) vorgesehenen Beschränkung.

Artikel 30

1) Vorbehaltlich der durch Absatz 2) dieses Artikels, durch Artikel 28 Absatz 1) Buchstabe b) und Artikel 33 Absatz 2) sowie durch den Anhang zugelassenen 661

Schutz von Werken der Literatur und Kunst

Ausnahmen bewirkt die Ratifikation oder der Beitritt von Rechts wegen die Annahme aller Bestimmungen und die Zulassung zu allen Vorteilen dieser Übereinkunft.

2) a) Jedes Verbandsland, das diese Fassung der Übereinkunft ratifiziert oder ihr beitritt, kann vorbehaltlich des Artikels V Absatz 2) des Anhangs die früher erklärten Vorbehalte aufrechterhalten, sofern es bei der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde eine entsprechende Erklärung abgibt.

b) Jedes verbandsfremde Land kann vorbehaltlich des Artikels V Absatz 2) des Anhangs beim Beitritt zu dieser Übereinkunft erklären, dass es den das Übersetzungsrecht betreffenden Artikel 8 dieser Fassung wenigstens vorläufig durch die Bestimmungen des Artikels 5 der im Jahre 1896 in Paris vervollständigten Verbandsübereinkunft von 1886 ersetzen will, wobei Einverständnis darüber besteht, dass diese Bestimmungen nur auf Übersetzungen in eine in diesem Land allgemein gebräuchliche Sprache anwendbar sind. Vorbehaltlich des Artikels l Absatz 6) Buchstabe b) des Anhangs ist jedes Verbandsland befugt, hinsichtlich des Übersetzungsrechts an Werken, deren Ursprungsland von einem solchen Vorbehalt Gebrauch macht, den Schutz anzuwenden, der dem vom Ursprungsland gewährten Schutz entspricht.

c) Jedes Land kann solche Vorbehalte jederzeit durch eine an den Generaldirektor gerichtete Notifikation zurückziehen.

Artikel 31 1) Jedes Land kann in seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde erklären oder zu jedem späteren Zeitpunkt dem Generaldirektor schriftlich notifizieren, dass diese Übereinkunft auf alle oder einzelne in der Erklärung oder Notifikation bezeichnete Gebiete anwendbar ist, für deren auswärtige Beziehungen es verantwortlich ist.

2) Jedes Land, das eine solche Erklärung oder eine solche Notifikation abgegeben hat, kann dem Generaldirektor jederzeit notifizieren, dass diese Übereinkunft auf alle oder einzelne dieser Gebiete nicht mehr anwendbar ist.

3) a) Jede in der Ratifikations- oder Beitrittsurkunde abgegebene Erklärung gemäss Absatz 1) wird gleichzeitig mit der Ratifikation oder dem Beitritt und jede Notifikation gemäss Absatz 1) wird drei Monate nach ihrer Notifizierung durch den Generaldirektor wirksam.

b) Jede Notifikation gemäss Absatz 2) wird zwölf Monate nach ihrem Eingang beim Generaldirektor wirksam.

4) Dieser Artikel
darf nicht dahin ausgelegt werden, dass er für ein Verbandsland die Anerkennung oder stillschweigende Hinnahme der tatsächlichen Lage eines Gebiets in sich schliesst, auf das diese Übereinkunft durch ein anderes Verbandsland aufgrund einer Erklärung nach Absatz 1) anwendbar gemacht wird.

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst Artikel 32 1) Diese Fassung der Übereinkunft ersetzt in den Beziehungen zwischen den Verbandsländern und in dem Umfang, in dem sie anwendbar ist, die Berner Übereinkunft vom 9. September 1886 und die folgenden revidierten Fassungen dieser Übereinkunft. Die früheren Fassungen bleiben in ihrer Gesamtheit oder in dem Umfang, in dem diese Fassung sie nicht gemäss dem ersten Satz ersetzt, in den Beziehungen zu den Verbandsländern anwendbar, die diese Fassung der Übereinkunft weder ratifizieren noch ihr beitreten.

2) Die verbandsfremden Länder, die Vertragsparteien dieser Fassung der Übereinkunft werden, wenden sie vorbehaltlich des Absatzes 3) im Verhältnis zu jedem Verbandsland an, das nicht durch diese Fassung der Übereinkunft: gebunden ist oder das zwar durch diese Fassung gebunden ist, aber die in Artikel 28 Absatz 1) Buchstabe b) vorgesehene Erklärung abgegeben hat. Diese Länder lassen es zu, dass ein solches Verbandsland in seinen Beziehungen zu ihnen i) die Bestimmungen der jüngsten. Fassung der Übereinkunft, durch die es gebunden ist, anwendet und ii) vorbehaltlich des Artikels I Absatz 6) des Anhangs befugt ist, den Schutz dem in dieser Fassung der Übereinkunft vorgesehenen Stand anzupassen.

3) Jedes Land, das eine der im Anhang vorgesehenen Befugnisse in Anspruch genommen hat, kann die diese Befugnis betreffenden Bestimmungen des Anhangs in seinen Beziehungen zu jedem anderen Verbandsland anwenden, das nicht durch diese Fassung der Übereinkunft gebunden ist, aber die Anwendung dieser Bestimmungen zugelassen hat.

Artikel 33 1) Jede Streitigkeit zwischen zwei oder mehr Verbandsländern über die Auslegung oder Anwendung dieser Übereinkunft, die nicht auf dem Verhandlungsweg beigelegt wird, kann von jedem beteiligten Land durch eine dem Statut des Internationalen Gerichtshofs entsprechende Klage diesem Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt werden, sofern die beteiligten Länder keine andere Regelung vereinbaren. Das Land, das die Streitigkeit vor diesen Gerichtshof bringt, hat dies dem Internationalen Büro mitzuteilen; das Büro setzt die anderen Verbandsländer davon in Kenntnis.

2) Jedes Land kann bei der Unterzeichnung dieser Fassung der Übereinkunft oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde erklären, dass es sich durch Absatz 1) nicht als gebunden betrachtet. Auf Streitigkeiten zwischen einem solchen Land und jedem anderen Verbandsland ist Absatz 1) nicht anwendbar.

3) Jedes Land, das eine Erklärung gemäss Absatz 2) abgegeben hat, kann sie jederzeit durch eine an den Generaldirektor gerichtete Notifikation zurückziehen.

663

Schutz von Werken der Literatur und Kunst Artikel 34 1) Vorbehaltlich des Artikels 29bis kann kein Land nach Inkrafttreten der Artikel 1-21 und des Anhangs frühere Fassungen dieser Übereinkunft ratifizieren noch ihnen beitreten.

2) Nach Inkrafttreten der Artikel 1-21 und des Anhangs kann kein Land eine Erklärung gemäss Artikel 5 des der Stockholmer Fassung dieser Übereinkunft beigefügten Protokolls betreffend die Entwicklungsländer abgeben.

Artikel 35 1) Diese Übereinkunft bleibt ohne zeitliche Begrenzung in Kraft.

2) Jedes Land kann diese Fassung der Übereinkunft durch eine an den Generaldirektor gerichtete Notifikation kündigen. Diese Kündigung gilt auch als Kündigung aller früheren Fassungen und hat nur Wirkung für das Land, das sie erklärt hat; für die übrigen Verbandsländer bleibt die Übereinkunft in Kraft und wirksam.

3) Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Tag wirksam, an dem die Notifikation beim Generaldirektor eingegangen ist.

4) Das in diesem Artikel vorgesehene Kündigungsrecht kann von einem Land nicht vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt ausgeübt werden, in dem es Mitglied des Verbands geworden ist.

Artikel 36 1) Jedes Vertragsland dieser Übereinkunft verpflichtet sich, gemäss seiner Verfassung die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Anwendung dieser Übereinkunft zu gewährleisten.

2) Es besteht Einverständnis darüber, dass jedes Land in dem Zeitpunkt, in dem es durch diese Übereinkunft gebunden wird, nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften in der Lage sein muss, den Bestimmungen dieser Übereinkunft Wirkung zu verleihen.

Artikel 37 l) a) Diese Fassung der Übereinkunft wird in einer einzigen Ausfertigung in englischer und französischer Sprache unterzeichnet und vorbehaltlich des Absatzes 2) beim Generaldirektor hinterlegt.

b) Amtliche Texte werden vom Generaldirektor nach Konsultierung der beteiligten Regierungen in arabischer, deutscher, italienischer, portugiesischer und spanischer Sprache sowie in anderen Sprachen hergestellt, die die Versammlung bestimmen kann.

c) Bei Streitigkeiten über die Auslegung der verschiedenen Texte ist der französische Text massgebend.

664

Schutz von Werken der Literatur und Kunst 2) Diese Fassung der Übereinkunft liegt bis 3I.Januar 1972 zur Unterzeichnung auf. Bis zu diesem Datum bleibt die in Absatz 1) Buchstabe a) bezeichnete Ausfertigung bei der Regierung der Französischen Republik hinterlegt.

3) Der Generaldirektor übermittelt zwei beglaubigte Abschriften des unterzeichneten Textes dieser Fassung der Übereinkunft den Regierungen aller Verbandsländer und der Regierung jedes anderen Landes, die es verlangt.

4) Der Generaldirektor lässt diese Fassung der Übereinkunft beim Sekretariat der Vereinten Nationen registrieren.

5) Der Generaldirektor notifiziert den Regierungen aller Verbandsländer die Unterzeichnungen, die Hinterlegungen von Ratifikations- oder Beitrittsurkunden sowie die in diesen Urkunden enthaltenen oder gemäss Artikel 28 Absatz 1) Buchstabe c), Artikel 30 Absatz 2) Buchstaben a) und b) und Artikel 33 Absatz 2) abgegebenen Erklärungen, das Inkrafttreten aller Bestimmungen dieser Fassung der Übereinkunft, die Notifikationen von Kündigungen und die Notifikationen gemäss Artikel 30 Absatz 2) Buchstabe c), Artikel 31 Absätze 1) und 2), Artikel 33 Absatz 3) und Artikel 38 Absatz 1) sowie die im Anhang vorgesehenen Notifikationen.

Artikel 38 1) Verbandsländer, die diese Fassung der Übereinkunft weder ratifiziert haben noch ihr beigetreten sind und die nicht durch die Artikel 22-26 der Stockholmer Fassung dieser Übereinkunft gebunden sind, können, wenn sie dies wünschen, bis zum 26. April 1975 die in diesen Artikeln vorgesehenen Rechte so ausüben, als wären sie durch diese Artikel gebunden. Jedes Land, das diese Rechte auszuüben wünscht, hinterlegt zu diesem Zweck beim Generaldirektor eine schriftliche Notifikation, die im Zeitpunkt ihres Eingangs wirksam wird. Solche Länder gelten bis zu dem genannten Tag als Mitglieder der Versammlung.

2) Solange nicht alle Verbandsländer Mitglieder der Organisation geworden sind, handelt das Internationale Büro der Organisation zugleich als Büro des Verbands und der Generaldirektor als Direktor dieses Büros.

3) Sobald alle Verbandsländer Mitglieder der Organisation geworden sind, gehen die Rechte und Verpflichtungen sowie das Vermögen des Büros des Verbands auf das Internationale Büro der Organisation über.

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst

Anhang

Artikel I 1) Jedes Land, das nach der bestehenden Übung der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Entwicklungsland angesehen wird und das diese Fassung der Übereinkunft, deren integrierender Bestandteil dieser Anhang ist, ratifiziert oder ihr beitritt und das sich aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage und seiner sozialen oder kulturellen Bedürfnisse nicht sogleich imstande sieht, den Schutz aller in dieser Fassung der Übereinkunft vorgesehenen Rechte zu gewährleisten, kann durch eine bei Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde oder, vorbehaltlich des Artikels V Absatz 1) Buchstabe c), zu jedem späteren Zeitpunkt beim Generaldirektor hinterlegte Notifikation erklären, dass es die in Artikel II oder die in Artikel III vorgesehene Befugnis oder beide Befugnisse in Anspruch nimmt. Es kann, statt die in Artikel II vorgesehene Befugnis in Anspruch zu nehmen, eine Erklärung nach Artikel V Absatz 1) Buchstabe a) abgeben.

2) a) Jede Erklärung nach Absatz 1), die vor Ablauf einer mit Inkrafttreten der Artikel 1-21 und dieses Anhangs gemäss Artikel 28 Absatz 2) beginnenden Frist von zehn Jahren notifiziert wird, ist bis zum Ablauf dieser Frist wirksam. Sie kann ganz oder teilweise für jeweils weitere zehn Jahre durch eine frühestens 15 und spätestens drei Monate vor Ende der laufenden Zehnjahresfrist beim Generaldirektor zu hinterlegende Notifikation erneuert werden.

b) Jede Erklärung nach Absatz 1), die nach Ablauf einer mit Inkrafttreten der Artikel 1-21 und dieses Anhangs gemäss Artikel 28 Absatz 2) beginnenden Frist von zehn Jahren notifiziert wird, ist bis zum Ablauf der dann laufenden Zehnjahresfrist wirksam. Sie kann gemäss Buchstabe a) zweiter Satz erneuert werden.

3) Ein Verbandsland, das nicht länger als Entwicklungsland im Sinn von Absatz 1) angesehen wird, ist nicht mehr berechtigt, seine Erklärung gemäss Absatz 2) zu erneuern; gleichviel, ob dieses Land seine Erklärung förmlich zurückzieht oder nicht, verliert es die Möglichkeit, die in Absatz 1) genannten Befugnisse in Anspruch zu nehmen, entweder nach Ablauf der laufenden Zehnjahresfrist oder drei Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem das Land nicht mehr als Entwicklungsland angesehen wird, wobei die später endende Frist massgebend ist.

4) Sind in dem Zeitpunkt, in dem eine gemäss den Absätzen 1) oder 2) abgegebene
Erklärung ihre Wirkung verliert, noch Werkstücke vorrätig, die aufgrund einer nach diesem Anhang gewährten Lizenz hergestellt worden sind, so dürfen sie weiterhin in Verkehr gebracht werden, bis der Vorrat erschöpft ist.

5) Jedes Land, das durch diese Fassung der Übereinkunft gebunden ist und nach Artikel 31 Absatz 1) eine Erklärung oder eine Notifikation über die Anwendung dieser Fassung der Übereinkunft auf ein bestimmtes Gebiet abgege-

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst

ben hat, dessen Lage als der Lage der in Absatz 1) bezeichneten Länder analog erachtet werden kann, kann für dieses Gebiet die Erklärung gemäss Absatz 1) abgeben und die Notifikation der Erneuerung gemäss Absatz 2) hinterlegen. Solange eine solche Erklärung oder Notifikation wirksam ist, sind die Bestimmungen dieses Anhangs auf das Gebiet, für das die Erklärung abgegeben oder die Notifikation hinterlegt worden ist, anwendbar.

6) a) Nimmt ein Verbandsland eine der in Absatz 1) vorgesehenen Befugnisse in Anspruch, so berechtigt dies die anderen Verbandsländer nicht, den Werken, deren Ursprungsland dieses Verbandsland ist, weniger Schutz zu gewähren, als sie nach den Artikeln 1-20 zu gewähren haben.

b) Die in Artikel 30 Absatz 2) Buchstabe b) zweiter Satz vorgesehene Befugnis, Schlitz nur nach Massgabe der Gegenseitigkeit zu gewähren, darf bis zu dem Zeitpunkt, in dem die nach Artikel I Absatz 3) massgebende Frist abläuft, nicht in bezug auf Werke ausgeübt werden, deren Ursprungsland eine Erklärung gemäss Artikel V Absatz 1) Buchstabe a) abgegeben hat.

Artikel II 1) Jedes Land, das erklärt hat, es werde die in diesem Artikel vorgesehene Befugnis in Anspruch nehmen, ist berechtigt, für Werke, die im Druck oder in einer entsprechenden Vervielfältigungsform veröffentlicht worden sind, das in Artikel 8 vorgesehene ausschliessliche Übersetzungsrecht durch ein System nicht ausschliesslicher und unübertragbarer Lizenzen zu ersetzen, die von der zuständigen Behörde unter den folgenden Voraussetzungen und gemäss Artikel IV erteilt werden.

2) a) Ist vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis innerhalb einer Frist von drei Jahren oder einer längeren, in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Landes festgelegten Frist seit der ersten Veröffentlichung eines Werkes eine Übersetzung des Werkes in eine in diesem Land allgemein gebräuchliche Sprache nicht veröffentlicht worden, so kann jeder Angehörige des Landes eine Lizenz zur Übersetzung des Werkes in diese Sprache und zur Veröffentlichung der Übersetzung im Druck oder in einer entsprechenden Vervielfältigungsform erhalten; Absatz 3) bleibt vorbehalten.

b) Eine Lizenz kann aufgrund dieses Artikels auch erteilt werden, wenn alle Ausgaben der in der betreffenden Sprache veröffentlichten Übersetzung vergriffen sind.

3) a) Für Übersetzungen
in eine Sprache, die nicht in einem oder mehreren der entwickelten Länder, die Mitglieder des Verbands sind, allgemein gebräuchlich ist, wird die in Absatz 2) Buchstabe a) genannte Frist von drei Jahren durch eine Frist von einem Jahr ersetzt.

b) Jedes in Absatz 1) bezeichnete Land kann aufgrund einer einstimmigen Vereinbarung mit den entwickelten Ländern, die Mitglieder des Verbands sind und in denen dieselbe Sprache allgemein gebräuchlich ist, für Über-

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst Setzungen in diese Sprache die in Absatz 2) Buchstabe a) genannte Frist von drei Jahren durch eine kürzere, in der Vereinbarung festgelegte Frist ersetzen, die aber iiicht weniger als ein Jahr betragen darf. Der erste Satz ist jedoch auf Übersetzungen in die englische, französische oder spanische Sprache nicht anwendbar. Jede derartige Vereinbarung wird dem Generaldirektor von den Regierungen, die sie getroffen haben, notifiziert.

4) aj Nach diesem Artikel darf eine nach drei Jahren erwirkbare Lizenz erst nach Ablauf einer weiteren Frist von sechs Monaten und eine nach einem Jahr erwirkbare Lizenz erst nach Ablauf einer weiteren Frist von neun Monaten erteilt werden, beginnend i) in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller die in Artikel IV Absatz 1) vorgesehenen Erfordernisse erfüllt, oder, ii) sofern der Inhaber des Übersetzungsrechts oder seine Anschrift unbekannt ist, in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller, wie in Artikel IV Absatz 2) vorgesehen, Abschriften seines bei der zuständigen Behörde gestellten Lizenzantrags absendet.

b) Wird vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis innerhalb der genannten Frist von sechs oder neun Monaten eine Übersetzung in die Sprache veröffentlicht, für die die Lizenz beantragt worden ist, so darf keine Lizenz nach diesem Artikel erteilt werden.

5) Eine Lizenz nach diesem Artikel darf nur für Unterrichts-, Studien- oder Forschungszwecke erteilt werden.

6) Wird eine Übersetzung des Werkes vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis zu einem Preis veröffentlicht, der dem für vergleichbare Werke in dem Land üblichen Preis entspricht, so erlischt jede nach diesem Artikel erteilte Lizenz, sofern diese Übersetzung in derselben Sprache abgefasst ist und im wesentlichen den gleichen Inhalt hat wie die aufgrund der Lizenz veröffentlichte Übersetzung. Werkstücke, die bereits vor Erlöschen der Lizenz hergestellt worden sind, dürfen weiterhin in Verkehr gebracht werden, bis der Vorrat erschöpft ist.

7) Für Werke, die vorwiegend aus Abbildungen bestehen, darf eine Lizenz zur Herstellung und Veröffentlichung einer Übersetzung des Textes und zur Vervielfältigung und Veröffentlichung der Abbildungen nur erteilt werden, wenn auch die Voraussetzungen des Artikels III erfüllt sind.

8) Aufgrund
dieses Artikels darf keine Lizenz erteilt werden, wenn der Urheber alle Werkstücke aus dem Verkehr gezogen hat.

9)a)Eine Lizenz zur Übersetzung eines Werkes, das im Druck oder in einer entsprechenden Vervielfältigungsform veröffentlicht worden ist, kann auch jedem Sendeunternehmen, das seinen Sitz in einem in Absatz 1) bezeichneten Land hat, auf seinen an die zuständige Behörde dieses Landes gerichteten Antrag erteilt werden, sofern alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst

i) die Übersetzung wird anhand eines Werkstücks angefertigt, das in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften dieses Landes hergestellt und erworben wurde; ii) die Übersetzung ist nur für den Gebrauch in Rundfunksendungen bestimmt, die ausschliesslich dem Unterricht oder der Verbreitung wissenschaftlicher oder technischer Forschungsergebnisse an Sachverständige eines bestimmten Berufs dienen; iü) die Übersetzung wird ausschliesslich zu den unter Ziffer ii) bezeichneten Zwecken in rechtmässig ausgestrahlten Rundfunksendungen benutzt, die für Empfänge im Hoheitsgebiet dieses Landes bestimmt sind, einschliesslich der Rundfunksendungen, die mit Hilfe von rechtmässig und ausschliesslich für diese Sendungen hergestellten Aufnahmen auf Bild- oder Tonträger ausgestrahlt werden; iv) der Gebrauch der Übersetzung darf keinen Erwerbszwecken dienen.

b) Aufnahmen einer Übersetzung auf Bild- oder Tonträger, die von einem Sendeunternehmen aufgrund einer nach diesem Absatz erteilten Lizenz angefertigt worden ist, dürfen mit Zustimmung dieses Unternehmens zu den in Buchstabe a) genannten Zwecken und Bedingungen auch von anderen Sendeunternehmen benutzt werden, die ihren Sitz in dem Land haben, dessen zuständige Behörde die Lizenz erteilt hat.

c) Sofern alle in Buchstabe a) aufgeführten Merkmale und Bedingungen erfüllt sind, kann einem Sendeunternehmen auch eine Lizenz zur Übersetzung des Textes einer audiovisuellen Festlegung erteilt werden, die selbst ausschliesslich für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht hergestellt und veröffentlicht worden ist.

d) Vorbehaltlich der Buchstaben a)-c) sind die vorausgehenden Absätze auf die Erteilung und die Ausübung jeder Lizenz anzuwenden, die aufgrund dieses Absatzes erteilt wird.

Artikel m 1) Jedes Land, das erklärt hat, es werde die in diesem Artikel vorgesehene Befugnis in Anspruch nehmen, ist berechtigt, das in Artikel 9 vorgesehene ausschliessliche Vervielfältigungsrecht durch ein System nicht ausschliesslicher und unübertragbarer Lizenzen zu ersetzen, die von der zuständigen Behörde unter den folgenden Voraussetzungen und gemäss Artikel IV erteilt werden.

2) a) Sind Werkstücke einer bestimmten Ausgabe eines Werkes, auf das dieser Artikel gemäss Absatz 7) anwendbar ist, innerhalb i) der in Absatz 3) festgelegten und vom Zeitpunkt der ersten
Veröffentlichung einer bestimmten Ausgabe an zu berechnenden Frist oder ii) einer längeren, in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des in Absatz 1) bezeichneten Landes festgelegten und von demselben Zeitpunkt an zu berechnenden Frist in diesem Land vom Inhaber des Vervielfältigungsrechts oder mit seiner Erlaubnis zu einem Preis, der dem dort für vergleichbare Werke üblichen 25 Bundesblatt. 141Jahrgang. Bd.III

669

Schutz von Werken der Literatur und Kunst Preis entspricht, der Allgemeinheit oder für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht nicht zum Kauf angeboten worden, so kann jeder Angehörige dièses Landes eine Lizenz erhalten, die Ausgabe zu diesem oder einem niedrigeren Preis für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht zu vervielfältigen und zu veröffentlichen.

b) Eine Lizenz zur Vervielfältigung und Veröffentlichung einer Ausgabe, die, wie in Buchstabe a) beschrieben, in Verkehr gebracht worden ist, kann unter den in diesem Artikel vorgesehenen Voraussetzungen auch erteilt werden, wenn nach Ablauf der massgebenden Frist in dem Land mit Erlaubnis des Rechtsinhabers hergestellte Werkstücke dieser Ausgabe zu einem Preis, der dem dort für vergleichbare Werke üblichen Preis entspricht, sechs Monate lang für die Allgemeinheit oder für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht nicht mehr zum Verkauf standen.

3) Die in Absatz 2) Büchstabe a) Ziffer i) bezeichnete Frist beträgt fünf Jahre; dagegen beträgt sie i) drei Jahre für Werke aus den Bereichen der Naturwissenschaften, Mathematik und Technik und ii) sieben Jahre für Romane, Gedichte und Dramen sowie für musikalische Werke und Kunstbücher.

4)«jEine nach drei Jahren erwirkbare Lizenz darf nach diesem Artikel erst nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten erteilt werden, beginnend i) in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller die in Artikel IV Absatz 1) vorgesehenen Erfordernisse erfüllt, oder, ii) sofern der Inhaber des Vervielfältigungsrechts oder seine Anschrift unbekannt ist, in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller, wie in Artikel IV Absatz 2) vorgesehen, Abschriften seines bei der zuständigen Behörde gestellten Lizenzantrags absendet.

b) Sind Lizenzen nach anderen Fristen erwirkbar und ist Artikel IV Absatz 2) anzuwenden, so darf eine Lizenz nicht vor Ablauf einer Frist von drei Monaten seit Absendung der Abschriften des Lizenzantrags erteilt werden.

c) Werden innerhalb der in den Buchstaben a) und b) genannten Fristen von sechs oder drei Monaten Werkstücke der Ausgabe, wie in Absatz 2) Buchstabe a) beschrieben, zum Kauf angeboten, so darf keine Lizenz nach diesem Artikel erteilt werden.

d) Keine Lizenz wird erteilt, wenn der Urheber alle Werkstücke der Ausgabe, für die eine Lizenz zur
Vervielfältigung und Veröffentlichung beantragt worden ist, aus dem Verkehr gezogen hat.

5) Eine Lizenz zur Vervielfältigung und Veröffentlichung der Übersetzung eines Werkes wird nach diesem Artikel nicht' erteilt, i) wenn die Übersetzung nicht vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis veröffentlicht worden ist oder ii) wenn die Übersetzung nicht in einer Sprache abgefasst ist, die in dem Land, in dem die Lizenz beantragt worden ist, allgemein gebräuchlich ist.

670

Schutz von Werken der Literatur und Kunst 6) Werden vom Inhaber des Vervielfältigungsrechts oder mit seiner Erlaubnis Werkstücke der Ausgabe eines Werkes in dem in Absatz 1) bezeichneten Land der Allgemeinheit oder für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht zu einem Preis, der dem für vergleichbare Werke dort üblichen Preis entspricht, zum Kauf angeboten, so erlischt jede nach diesem Artikel erteilte Lizenz, sofern diese Ausgabe in derselben Sprache abgefasst ist und im wesentlichen den gleichen Inhalt hat wie die aufgrund der Lizenz veröffentlichte Ausgabe. Werkstücke, die bereits vor Erlöschen der Lizenz hergestellt worden sind, dürfen weiterhin in Verkehr gebracht werden, bis der Vorrat erschöpft ist.

7) a) Vorbehaltlich des Buchstaben b) ist dieser Artikel nur auf Werke anwendbar, die im Druck oder in einer entsprechenden Vervielfältigungsform veröffentlicht worden sind.

b) Dieser Artikel ist auch auf die audio-visuelle Vervielfältigung rechtmässig hergestellter audio-visueller Festlegungen, soweit sie selbst geschützte Werke sind oder geschützte Werke enthalten, und auf die Übersetzung des in ihnen enthaltenen Textes in eine Sprache anwendbar, die in dem Land, in dem die Lizenz beantragt worden ist, allgemein gebräuchlich ist, immer vorausgesetzt, dass die betreffenden audio-visuellen Festlegungen ausschliesslich für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht hergestellt und veröffentlicht worden sind.

Artikel IV 1) Eine Lizenz nach Artikel II oder III darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller gemäss den Rechtsvorschriften des betreffenden Landes nachweist, dass er um die Erlaubnis des Rechtsinhabers je nachdem zur Übersetzung des Werkes und zur Veröffentlichung der Übersetzung oder zur Vervielfältigung und Veröffentlichung der Ausgabe ersucht und diese nicht erhalten hat oder dass er den Rechtsinhaber trotz gehöriger Bemühungen nicht ausfindig machen konnte. Gleichzeitig mit dem Gesuch an den Rechtsinhaber hat der Antragsteller jedes in Absatz 2) bezeichnete nationale oder internationale Informationszentrum zu unterrichten.

2) Vermag der Antragsteller den Rechtsinhaber nicht ausfindig zu machen, so hat er eine Abschrift seines an die zuständige Behörde gerichteten Lizenzantrags mit eingeschriebener Luftpost dem Verleger, dessen Name auf dem Werk
angegeben ist, und jedem nationalen oder internationalen Informationszentrum zu senden, das gegebenenfalls von der Regierung des Landes, in dem der Verleger vermutlich den Mittelpunkt seiner Geschäftstätigkeit hat, in einer beim Generaldirektor hinterlegten Notifikation bezeichnet worden ist.

3) Der Name des Urhebers ist auf allen Werkstücken einer Übersetzung oder einer Vervielfältigung, die aufgrund einer nach Artikel II oder III erteilten Lizenz veröffentlicht wird, anzugeben. Der Titel des Werkes ist auf allen Werkstücken aufzuführen. Bei einer Übersetzung ist jedenfalls der Originaltitel auf allen Werkstücken anzugeben.

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Schutz von Werken der Literatur und Kunst 4) a) Eine nach Artikel II oder III erteilte Lizenz erstreckt sich nicht auf die Ausfuhr von Werkstücken und berechtigt je nachdem nur zur Veröffentlichung der Übersetzung oder der Vervielfältigung im Hoheitsgebiet des Landes, in dem die Lizenz beantragt worden ist.

b) Für die Anwendung des Buchstaben a) wird auch der Versand von Werkstücken von einem Gebiet nach dem Land, das für dieses Gebiet eine Erklärung nach Artikel l Absatz 5) abgegeben hat, als Ausfuhr angesehen.

c) Versendet eine staatliche oder andere öffentliche Stelle eines Landes, das nach Artikel II eine Lizenz zur Übersetzung in eine andere als die englische, französische oder spanische Sprache erteilt hat, Werkstücke der unter dieser Lizenz veröffentlichten Übersetzungen in ein anderes Land, so wird dieser Versand nicht als Ausfuhr im Sinn von Buchstabe a) angesehen, sofern alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: i) die Empfänger sind Einzelpersonen, die dem Land, dessen zuständige Behörde die Lizenz erteilt hat, angehören, oder Zusammenschlüsse solcher Einzelpersonen; ii) die Werkstücke sind nur für Unterrichts-, Studien- oder Forschungszwecke bestimmt; iii) der Versand der Werkstücke und ihre spätere Verteilung an die Empfänger dienen keinen Erwerbszwecken; iv) das Land, in das die Werkstücke gesandt werden, hat mit dem Land, dessen zuständige Behörde die Lizenz erteilt hat, eine Vereinbarung getroffen, die den Empfang, die Verteilung oder beides gestattet, und die Regierung dieses Landes hat dem Generaldirektor die Vereinbarung notifiziert.

5) Alle Werkstücke, die aufgrund einer nach Artikel II oder III erteilten Lizenz veröffentlicht werden, haben in der betreffenden Sprache einen Vermerk zu tragen, dass sie nur in dem Land oder Gebiet, auf das sich die Lizenz bezieht, in Verkehr gebracht werden dürfen.

6) a) Auf nationaler Ebene ist dafür zu sorgen, dass i) die Lizenz zugunsten des Inhabers des Übersetzungsrechts oder des Inhabers des Vervielfältigungsrechts eine angemessene Vergütung vorsieht, die der bei frei vereinbarten Lizenzen zwischen Personen in den beiden betreffenden Ländern üblichen Vergütung entspricht, und ii) Zahlung und Transfer der Vergütung sichergestellt werden; bestehen nationale Devisenbeschränkungen, so hat die zuständige Behörde unter Zuhilfenahme
internationaler Einrichtungen alles ihr Mögliche zu tun, um den Transfer der Vergütung in international konvertierbarer Währung oder gleichgestellten Zahlungsmitteln sicherzustellen.

b) Die innerstaatliche Gesetzgebung hat eine getreue Übersetzung des Werkes oder eine genaue Wiedergabe der Ausgabe zu gewährleisten.

672

Schutz von Werken der Literatur und Kunst

Artikel V 1) a) Jedes Land, das zu erklären berechtigt ist, es werde die in Artikel II vorgesehene Befugnis in Anspruch nehmen, kann stattdessen bei der Ratifikation oder beim Beitritt zu dieser Fassung, i) sofern es ein Land ist, auf das Artikel 30 Absatz 2) Buchstabe a) zutrifft, hinsichtlich des Übersetzungsrechts eine Erklärung nach dieser Bestimmung abgeben; ii) sofern es ein Land ist, auf das Artikel 30 Absatz 2) Buchstabe a) nicht zutrifft, und selbst wenn es sich nicht um ein verbandsfremdes Land handelt, die in Artikel 30 Absatz 2) Buchstabe b) erster Satz vorgesehene Erklärung abgeben.

b) Eine nach diesem Absatz abgegebene Erklärung bleibt für ein Land, das nicht länger als Entwicklungsland im Sinn von Artikel I Absatz 1) angesehen wird, bis zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem die nach Artikel I Absatz 3) massgebende Frist abläuft.

c) Ein Land, das eine Erklärung nach diesem Absatz abgegeben hat, kann die in Artikel II vorgesehene Befugnis nicht mehr in Anspruch nehmen, selbst wenn es die Erklärung zurückzieht.

2) Vorbehaltlich des Absatzes 3) kann ein Land, das die in Artikel II vorgesehene Befugnis in Anspruch genommen hat, keine Erklärung nach Absatz 1) mehr abgeben.

3) Ein Land, das nicht länger als Entwicklungsland im Sinn von Artikel I Absatz 1) angesehen wird, kann, obwohl es kein verbandsfremdes Land ist, bis zu zwei Jahren vor Ablauf der nach Artikel I Absatz 3) massgebenden Frist die in Artikel 30 Absatz 2) Buchstabe b) erster Satz vorgesehene Erklärung abgeben.

Diese Erklärung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem die nach Artikel I Absatz 3) massgebende Frist abläuft.

Artikel VI 1) Ein Verbandsland kann vom Zeitpunkt der Unterzeichnung dieser Fassung der Übereinkunft an jederzeit, bevor es durch die Artikel 1-21 und diesen Anhang gebunden ist.

i) erklären - sofern es berechtigt wäre, die in Artikel I Absatz 1) bezeichneten Befugnisse in Anspruch zu nehmen, wenn es durch die Artikel 1-21 und diesen Anhang gebunden wäre -, dass es die Artikel II oder III oder beide Artikel auf Werke anwenden wird, deren Ursprungsland ein Land ist, das gemäss Ziffer ii) die Anwendung dieser Artikel auf solche Werke zulässt oder das durch die Artikel 1-21 und diesen Anhang gebunden ist; die Erklärung kann sich statt auf Artikel II auf Artikel V beziehen; ii) erklären, dass es die Anwendung dieses Anhangs auf Werke, deren Ursprungsland es ist, durch die Länder zulässt, die eine Erklärung nach Ziffer i) abgegeben oder eine Notifikation nach Artikel I hinterlegt haben.

673

Schutz von Werken der Literatur und Kunst 2) Jede Erklärung nach Absatz 1) muss schriftlich abgefasst und beim Generaldirektor hinterlegt werden. Sie wird im Zeitpunkt ihrer Hinterlegung wirksam.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten diese Fassung der Übereinkunft unterschrieben.

Geschehen zu Paris am 24. Juli 1971.

Es folgen die Unterschriften

0037

674

Welturheberrechtsabkommen revidiert am 24. Juli 1971 in Paris1) Abgeschlossen in Paris am 24. Juli 1971

Die Vertragsstaaten von dem Wunsch geleitet, den Schutz des Urheberrechts an Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst in allen Ländern zu gewährleisten, in der Überzeugung, dass eine allen Nationen angemessene, in einem Weltabkommen niedergelegte Regelung des Schutzes des Urheberrechts, die die bereits in Kraft befindlichen zwischenstaatlichen Ordnungen, ohne sie zu beeinträchtigen, ergänzt, die Achtung der Menschenrechte sichern und die Entwicklung der Literatur, Wissenschaft und Kunst fördern wird, und in der Gewissheit, dass eine solche weltweite Regelung des Schutzes des Urheberrechts die Verbreitung der Geisteswerke erleichtern und zu einer besseren Verständigung unter den Nationen beitragen wird, haben beschlossen, das am 6. September 1952 in Genf unterzeichnete Welturheberrechtsabkommen (im folgenden als «Abkommen von 1952» bezeichnet) zu revidieren, und haben daher folgendes vereinbart: Artikel I Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, alle notwendigen Bestimmungen zu treffen, um einen ausreichenden und wirksamen Schutz der Rechte der Urheber und anderer Inhaber von Urheberrechten an den Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst, wie Schriftwerken, musikalischen und dramatischen Werken, Filmwerken sowie Werken der Malerei, Stichen und Werken der Bildhauerei, zu gewähren.

Artikel II 1. Veröffentlichte Werke der Angehörigen eines Vertragsstaats und die zum erstenmal im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats veröffentlichten Werke geniessen in jedem anderen Vertragsstaat den gleichen Schutz, den dieser andere Staat den zum erstenmal in seinem eigenen Hoheitsgebiet veröffentlichten Werken seiner Staatsangehörigen gewährt, sowie den durch dieses Abkommen besonders gewährten Schutz.

J

> Amtlicher deutscher Text, der vom Generaldirektor der Unesco, nach Konsultierung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs und der Schweiz, hergestellt worden ist

675

Urheberrecht 2. Unveröffentlichte Werke der Angehörigen eines Vertragsstaats geniessen in jedem anderen Vertragsstaat den gleichen Schutz, den dieser andere Staat den unveröffentlichten Werken seiner Staatsangehörigen gewährt, sowie den durch dieses Abkommen besonders gewährten Schutz.

3. Für die Anwendung dieses Abkommens kann jeder Vertragsstaat durch seine innerstaatliche Gesetzgebung seinen Staatsangehörigen die Personen gleichstellen, die ihren Wohnsitz in seinem Hoheitsgebiet haben.

Artikel III 1. Ein Vertragsstaat, dessen innerstaatliche Rechtsvorschriften als Voraussetzung für den Urheberrechtsschutz die Erfüllung von Förmlichkeiten, wie Hinterlegung, Registrierung, Vermerk, notarielle Beglaubigungen, Gebührenzahlung, Herstellung oder Veröffentlichung in seinem eigenen Hoheitsgebiet, fordern, hat diese Erfordernisse für jedes durch dieses Abkommen geschützte und zum erstenmal ausserhalb seines Hoheitsgebiets veröffentlichte Werk, dessen Urheber nicht Angehöriger dieses Staates ist, als erfüllt anzusehen, wenn alle Werkstücke, die mit Erlaubnis des Urhebers oder eines anderen Inhabers des Urheberrechts veröffentlicht worden sind, von der ersten Veröffentlichung des Werkes an das Kennzeichen © in Verbindung mit dem Namen des Inhabers des Urheberrechts und der Jahreszahl der ersten Veröffentlichung tragen; Kennzeichen, Name und Jahreszahl sind in einer Weise und an einer Stelle anzubringen, dass sie den Vorbehalt des Urheberrechts genügend zum Ausdruck bringen.

2. Absatz l hindert keinen Vertragsstaat, die Erfüllung von Förmlichkeiten oder anderen Voraussetzungen für den Erwerb und die Ausübung des Urheberrechts bei Werken, die zum erstenmal in seinem Hoheitsgebiet veröffentlicht worden sind, sowie, ohne Rücksicht auf den Ort der Veröffentlichung, bei Werken seiner Staatsangehörigen zu fordern.

3. Absatz l hindert keinen Vertragsstaat, von Personen, die ihre Rechte gerichtlich geltend machen, zu verlangen, dass sie in einem Rechtsstreit bestimmte Verfahrenserfordernisse, wie die Vertretung des Klägers durch einen inländischen Rechtsbeistand oder die Hinterlegung eines Werkstücks durch den Kläger bei dem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde oder bei beiden, erfüllen.

Jedoch wird der Bestand des Urheberrechts durch die Nichterfüllung dieser Erfordernisse nicht berührt. Die Erfüllung eines Erfordernisses, das der Staat, in dem der Schutz beansprucht wird, seinen Staatsangehörigen nicht auferlegt, darf von den Angehörigen eines anderen Vertragsstaats nicht verlangt werden.

4. Jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, den unveröffentlichten Werken der Angehörigen anderer Vertragsstaaten Rechtsschutz zu gewähren, ohne die Erfüllung von Förmlichkeiten zu verlangen.

5. Sieht ein Vertragsstaat für die Schutzdauer mehr als eine Frist vor und überschreitet die erste Frist eine der in Artikel IV vorgeschriebenen Mindestzeiten, 676

Urheberrecht so ist dieser Staat nicht verpflichtet. Absatz l auf die zweite und jede weitere Frist anzuwenden.

Artikel IV

1. Die Schutzdauer des Werkes wird durch das Recht des Vertragsstaats, in dem der Schutz beansprucht wird, gemäss diesem Artikel und Artikel II geregelt.

2. a) Bei den durch dieses Abkommen geschützten Werken umfasst die Schutzdauer mindestens die Lebenszeit des Urhebers und 25 Jahre nach seinem Tod. Jedoch kann ein Vertragsstaat, der in dem Zeitpunkt, in dem dieses Abkommen für ihn in Kraft tritt, für bestimmte Arten von Werken die Schutzdauer auf eine von der ersten Veröffentlichung an berechnete Frist beschränken, diese Ausnahmen aufrechterhalten und sie auf andere Arten von Werken erstrecken. Für alle diese Arten von Werken darf die Schutzdauer nicht weniger als 25 Jahre seit der ersten Veröffentlichung betragen.

b) Ein Vertragsstaat, der in dem Zeitpunkt, in dem dieses Abkommen für ihn in Kraft tritt, die Schutzdauer nicht auf der Grundlage der Lebenszeit des Urhebers berechnet, ist befugt, sie von der ersten Veröffentlichung des Werkes oder gegebenenfalls von der der Veröffentlichung vorausgegangenen Registrierung an zu berechnen; die Schutzdauer darf nicht weniger als 25 Jahre seit der ersten Veröffentlichung oder gegebenenfalls seit der ihr vorausgegangenen Registrierung betragen.

c) Sehen die innerstaatlichen Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats zwei oder mehr aufeinanderfolgende Schutzfristen vor, so darf die Dauer der ersten Frist nicht weniger als eine der in Buchstaben a und b bezeichneten Mindestzeiten betragen.

3. Absatz 2 ist auf Werke der Fotografie und der angewandten Kunst nicht anzuwenden. Jedoch darf in den Vertragsstaaten, die Werke der Fotografie schützen oder Werken der angewandten Kunst als Kunstwerken Schutz gewähren, die Schutzdauer für diese Werke nicht weniger als zehn Jahre betragen.

4. a) Kein Vertragsstaat ist verpflichtet, einem Werk einen längeren Schutz als den zu gewähren, der für Werke dieser Art in dem Vertragsstaat, in dem das Werk zum erstenmal veröffentlicht worden ist, oder, sofern es sich um ein unveröffentlichtes Werk handelt, in dem Vertragsstaat, dem der Urheber angehört, festgelegt ist.

b) Sehen die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats zwei oder mehr aufeinanderfolgende Schutzfristen vor, so wird für die Anwendung des Buchstaben a die Summe dieser Schutzfristen als die von diesem Staat gewährte Schutzdauer angesehen. Wird jedoch in diesem
Staat ein bestimmtes Werk, gleichviel aus welchem Grund, während der zweiten oder einer der folgenden Fristen nicht geschützt, so sind die anderen Vertragsstaaten nicht verpflichtet, dieses Werk während der zweiten Frist oder der folgenden Fristen zu schützen.

677

Urheberrecht 5. Für die Anwendung des Absatzes 4 wird das Werk des Angehörigen eines Vertragsstaats, das zum erstenmal in einem vertragsfremden Staat veröffentlicht worden ist, so angesehen, als sei es zum erstenmal in dem Vertragsstaat veröffentlicht worden, dem der Urheber angehört.

6. Bei gleichzeitiger Veröffentlichung in zwei oder mehr Vertragsstaaten gilt das Werk für die Anwendung des Absatzes 4 als zum erstenmal in dem Staat veröffentlicht, der die kürzeste Schutzdauer gewährt. Jedes Werk, das innerhalb von 30 Tagen seit seiner ersten Veröffentlichung in zwei oder mehr Vertragsstaaten erschienen ist, gilt als in diesen Staaten gleichzeitig veröffentlicht.

Artikel IVbis 1. Die in Artikel I bezeichneten Rechte umfassen die grundlegenden Rechte, die die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers schützen, insbesondere das ausschliessliche Recht, die Vervielfältigung, gleichviel in welchem Verfahren, die öffentliche Aufführung und die Rundfunksendung zu erlauben. Dieser Artikel ist auf die durch dieses Abkommen geschützten Werke sowohl in ihrer ursprünglichen Form als auch in einer erkennbar von dem ursprünglichen Werk abgeleiteten Form anzuwenden.

2. Jeder Vertragsstaat kann in seiner innerstaatlichen Gesetzgebung für,die in Absatz l bezeichneten Rechte Ausnahmen vorsehen, die dem Geist und den Bestimmungen dieses Abkommens nicht widersprechen. Jedoch muss ein Staat, der von dieser Befugnis Gebrauch macht, jedem der Rechte, für die er Ausnahmen vorsieht, ein angemessenes Mass an wirksamem Schutz gewähren.

Artikel V 1. Die in Artikel I bezeichneten Rechte umfassen das ausschliessliche Recht, die durch dieses Abkommen geschützten Werke zu übersetzen und die Übersetzung zu veröffentlichen, sowie das Recht, anderen die Übersetzung und die Veröffentlichung der Übersetzung zu erlauben.

2. Den Vertragsstaaten bleibt es jedoch vorbehalten, durch ihre innerstaatliche Gesetzgebung das Übersetzungsrecht an Schriftwerken einzuschränken, aber nur nach Massgabe der folgenden Bestimmungen: a) Ist vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis innerhalb von sieben Jahren seit der ersten Veröffentlichung eines Schriftwerks eine Übersetzung dieses Werkes in eine in einem Vertragsstaat allgemein gebräuchliche Sprache nicht veröffentlicht worden, so kann jeder Angehörige dieses Vertragsstaats
von der zuständigen Behörde des Staates eine nicht ausschliessliche Lizenz zur Übersetzung des Werkes in diese Sprache und zur Veröffentlichung der Übersetzung erhalten.

b) Die Lizenz darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller gemäss den Rechtsvorschriften des · Staates, in dem die Lizenz beantragt worden ist, nachweist, dass er um die Erlaubnis des Inhabers des Übersetzungsrechts 678

Urheberrecht zur Übersetzung des Werkes und zur Veröffentlichung der Übersetzung ersucht und diese nicht erhalten hat oder dass er den Rechtsinhaber trotz gehöriger Bemühungen nicht ausfindig machen konnte. Eine Lizenz kann unter denselben Bedingungen auch erteilt werden, wenn alle bisherigen Ausgaben einer Übersetzung in eine in einem Vertragsstaat allgemein gebräuchliche Sprache vergriffen sind.

c) Vermag der Antragsteller den Inhaber des Übersetzungsrechts nicht ausfindig zu machen, so hat er eine Abschrift seines Antrags dem Verleger zu senden, dessen Name auf dem Werk angegeben ist; eine weitere Abschrift hat er dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Staates, dessen Angehöriger der Inhaber des Übersetzungsrechts ist, oder einer gegebenenfalls von der Regierung dieses Staates bezeichneten Stelle zuzuleiten, sofern die Staatsangehörigkeit des Inhabers des Übersetzungsrechts bekannt ist. Die Lizenz darf nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach Absendung der Abschriften des Antrags erteilt werden.

d) Durch die innerstaatliche Gesetzgebung sind geeignete Vorschriften zu erlassen, die für den Inhaber des Übersetzungsrechts eine angemessene, internationalen Massstäben entsprechende Vergütung vorsehen und die Zahlung und den Transfer der Vergütung sowie eine getreue Übersetzung des Werkes gewährleisten.

e) Der Originaltitel des Werkes und der Name seines Urhebers sind auf allen Werkstücken der veröffentlichten Übersetzung im Druck anzugeben. Die Lizenz berechtigt nur zur Veröffentlichung der Übersetzung im Hoheitsgebiet des Vertragsstaats, in dem sie beantragt worden ist. Werkstücke der Übersetzung dürfen in einen anderen Vertragsstaat eingeführt und dort verkauft werden, wenn die Sprache, in die das Werk übersetzt wurde, in diesem Staat allgemein gebräuchlich ist und wenn dessen innerstaatliche Rechtsvorschriften entsprechende Lizenzen zulassen und die Einfuhr und den Verkauf der Werkstücke nicht untersagen. In einem Vertragsstaat, für den diese Voraussetzungen nicht zutreffen, sind für die Einfuhr und den Verkauf der Werkstücke die innerstaatlichen Rechtsvorschriften dieses Staates und die von ihm geschlossenen Verträge massgebend. Die Lizenz kann von dem Lizenznehmer nicht übertragen werden.

f) Eine Lizenz wird nicht erteilt, wenn der Urheber alle Werkstücke aus dem "Verkehr gezogen hat.

Artikel VMs

1. Jeder Vertragsstaat, der nach der bestehenden: Übung der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Entwicklungsland angesehen wird, kann durch eine bei der Ratifikation, der Annahme, dem Beitritt oder später beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (im folgenden als «der Generaldirektor» bezeichnet) hinterlegte Notifikation einzelne oder alle der in den Artikeln Ver und Vquater vorgesehenen Ausnahmen in Anspruch nehmen.

679

Urheberrecht 2. Jede Notifikation nach Absatz l ist während einer Frist von zehn Jahren seit Inkrafttreten dieses Abkommens oder während des nach der Hinterlegung der Notifikation noch verbleibenden Teiles dieser Zehnjahresfrist wirksam; sie kann ganz oder teilweise für jeweils weitere zehn Jahre erneuert werden, wenn der Vertragsstaat frühestens 15 und spätestens drei Monate vor Ende der laufenden Zehnjahresfrist beim Generaldirektor eine neue Notifikation hinterlegt.

Während der weiteren Zehnjahresfristen können auch erstmalige Notifikationen gemäss diesem Artikel hinterlegt werden.

3. Ungeachtet des Absatzes 2 ist ein Vertragsstaat, der nicht länger als Entwicklungsland im Sinn von Absatz l angesehen wird, nicht mehr berechtigt, seine nach Absatz l oder 2 hinterlegte Notifikation zu erneuern; gleichviel, ob dieser Staat seine Notifikation förmlich zurückzieht oder nicht, verliert er die Möglichkeit, die in den Artikeln Vter und Vquater vorgesehenen Ausnahmen in Anspruch zu nehmen, entweder nach Ablauf der laufenden Zehnjahresfrist oder drei Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Staat nicht mehr als Entwicklungsland angesehen wird, wobei die später endende Frist massgebend ist.

4. Nach Ablauf der Frist, für die Notifikationen nach diesem Artikel wirksam waren, dürfen Werkstücke, die aufgrund der Ausnahmen in den Artikeln Vter und Vquater bereits hergestellt worden sind, weiterhin in Verkehr gebracht werden, bis der Vorrat erschöpft ist.

5. Ein Vertragsstaat, der eine Notifikation gemäss Artikel XIII über die Anwendung dieses Abkommens auf ein bestimmtes Land oder Gebiet hinterlegt hat, dessen Lage als der Lage der in Absatz l bezeichneten Staaten analog erachtet werden kann, kann für dieses Land oder Gebiet auch Notifikationen gemäss diesem Artikel hinterlegen und erneuern. Solange eine solche Notifikation wirksam ist, dürfen die Artikel Vter und Vquater auf dieses Land oder Gebiet angewandt werden. Der Versand von Werkstücken aus diesem Land oder Gebiet in den Vertragsstaat wird als Ausfuhr im Sinn der Artikel Vter und Vquater angesehen.

Artikel Ver l. a) Ein Vertragsstaat, auf den Artikel Vbis Absatz l anwendbar ist, kann die in Artikel V Absatz! vorgesehene Frist von sieben Jahren durch eine Frist von drei Jahren oder durch eine längere, in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften
festgelegte Frist ersetzen. Für eine Übersetzung in eine Sprache, die nicht in einem oder mehreren der entwickelten Länder, die diesem Abkommen oder nur dem Abkommen von 1952 angehören, allgemein gebräuchlich ist, beträgt die Frist ein Jahr statt drei Jahre.

b) Ein Vertragsstaat, auf den Artikel Vbis Absatz l anwendbar ist, kann aufgrund einer einstimmigen Vereinbarung mit den entwickelten Ländern, die diesem Abkommen oder nur dem Abkommen von 1952 angehören und in denen dieselbe Sprache allgemein gebräuchlich ist, für Übersetzungen in diese Sprache die in Buchstabe a vorgesehene Frist von drei Jahren durch 680

Urheberrecht eine andere, in der Vereinbarung festgelegte Frist ersetzen, die aber nicht kürzer als ein Jahr sein darf. Der erste Satz ist jedoch auf Übersetzungen in die englische, französische oder spanische Sprache nicht anwendbar.

Jede derartige Vereinbarung wird dem Generaldirektor notifiziert.

c) Die Lizenz darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller gemäss den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Lizenz beantragt worden ist, nachweist, dass er um die Erlaubnis des Inhabers des Übersetzungsrechts ersucht und diese nicht erhalten hat oder dass er den Rechtsinhaber trotz gehöriger Bemühungen nicht ausfindig machen konnte. Gleichzeitig mit dem Gesuch an den Rechtsinhaber hat der Antragsteller entweder das von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur errichtete Internationale Informationszentrum für Urheberrecht oder jedes nationale oder regionale Informationszentrum zu unterrichten, das von der Regierung des Staates, in dem der Verleger vermutlich den Mittelpunkt seiner Geschäftstätigkeit hat, in einer beim Generaldirektor hinterlegten Notifikation bezeichnet worden ist.

d) Vermag der Antragsteller den Inhaber des Übersetzungsrechts nicht ausfindig zu machen, so hat er eine Abschrift seines Antrags mit eingeschriebener Luftpost dem Verleger, dessen Name auf dem Werk angegeben ist, und jedem in Buchstabe c bezeichneten nationalen oder regionalen Informationszentrum zu senden. Ist kein solches Zentrum notifiziert worden, so hat der Antragsteller auch dem von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur errichteten Internationalen Informationszentrum für Urheberrecht eine Abschrift zu senden.

2. a) Nach diesem Artikel darf eine nach drei Jahren erwirkbare Lizenz erst nach Ablauf einer weiteren Frist von sechs Monaten und eine nach einem Jahr erwirkbare Lizenz erst nach Ablauf einer weiteren Frist von neun Monaten erteilt werden. Die weitere Frist beginnt entweder in dem Zeitpunkt des in Absatz l Buchstabe c bezeichneten Gesuchs um Erlaubnis zur Übersetzung oder, sofern der Inhaber des Übersetzungsrechts oder seine Anschrift unbekannt ist, im Zeitpunkt der Absendung der in Absatz l Buchstabe d bezeichneten Abschriften des Lizenzantrags.

b) Eine Lizenz darf nicht erteilt werden, wenn eine Übersetzung innerhalb der
genannten Frist von sechs oder neun Monaten vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis veröffentlicht worden ist.

3. Eine Lizenz nach diesem Artikel darf nur für Unterrichts-, Studien- oder Forschungszwecke erteilt werden.

4. a) Eine nach diesem Artikel erteilte Lizenz erstreckt sich nicht auf die Ausfuhr von Werkstücken und berechtigt nur zur Veröffentlichung der Übersetzung im Hoheitsgebiet des Staates, in dem die Lizenz beantragt worden ist.

b) Alle Werkstücke, die gemäss einer nach diesem Artikel erteilten Lizenz veröffentlicht werden, haben in der betreffenden Sprache einen Vermerk zu tragen, dass sie nur in dem Vertragsstaat, der die Lizenz erteilt hat, in 681

Urheberrecht Verkehr gebracht werden dürfen. Trägt das Werk den in Artikel III Absatz l bezeichneten Vermerk, so haben die Werkstücke denselben Vermerk zu tragen.

c) Das in Buchstabe a vorgesehene Ausfuhrverbot gilt nicht, wenn eine staatliche oder andere öffentliche Stelle eines Staates, der nach diesem Artikel eine Lizenz zur Übersetzung eines Werkes in eine andere als die englische, französische oder spanische Sprache erteilt hat, Werkstücke der unter dieser Lizenz hergestellten Übersetzung in ein anderes Land versendet, sofern i) die Empfänger entweder Einzelpersonen, die dem Vertragsstaat, der die Lizenz erteilt hat, angehören, oder Zusammenschlüsse solcher Einzelpersonen sind; ii) die Werkstücke nur für Unterrichts-, Studien- oder Forschungszwecke bestimmt sind; iii) der Versand der Werkstücke und ihre spätere Verteilung an die Empfänger keinen Erwerbszwecken dienen und iv) das Land, in das die Werkstücke gesandt werden, mit dem Vertragsstaat eine Vereinbarung getroffen hat, die den Empfang, die Verteilung oder beides gestattet, und eine der beteiligten Regierungen die Vereinbarung dem Generaldirektor notifiziert hat.

5. Auf nationaler Ebene ist dafür zu sorgen, dass a) die Lizenz eine angemessene Vergütung vorsieht, die der bei frei vereinbarten Lizenzen zwischen Personen in den beiden betreffenden Ländern üblichen Vergütung entspricht, und b) Zahlung und Transfer der Vergütung bewirkt werden; bestehen nationale Devisenbeschränkungen, so hat die zuständige Behörde unter Zuhilfenahme internationaler Einrichtungen alles ihr Mögliche zu tun, um den Transfer der Vergütung in international konvertierbarer Währung oder gleichgestellten Zahlungsmitteln sicherzustellen.

6. Jede von einem Vertragsstaat nach diesem Artikel erteilte Lizenz erlischt, wenn vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis eine Übersetzung des Werkes in dieselbe Sprache und mit im wesentlichen gleichem Inhalt wie die aufgrund der Lizenz herausgegebene Übersetzung in diesem Staat zu einem Preis veröffentlicht wird, der dem für vergleichbare Werke in dem Staat üblichen Preis entspricht. Werkstücke, die bereits vor Erlöschen der Lizenz hergestellt worden sind, dürfen weiterhin in Verkehr gebracht werden, bis der Vorrät erschöpft ist.

7. Für Werke, die vorwiegend aus Abbildungen bestehen, darf eine Lizenz zur
Übersetzung des Textes und zur Vervielfältigung der Abbildungen nur erteilt werden, wenn auch die Voraussetzungen des Artikels Viuater erfüllt sind.

8. ojEine Lizenz zur Übersetzung eines nach diesem Abkommen geschützten Werkes, das im Druck oder in einer entsprechenden Vervielfältigungsform veröffentlicht worden ist, kann auch einem Sendeunternehmen, das seinen Sitz in einem Vertragsstaat hat, auf den Artikel Vbi!i Absatz l zutrifft, auf

682

Urheberrecht seinen in diesem Staat gestellten Antrag unter folgenden Bedingungen gewährt werden: i) die Übersetzung wird an Hand eines Werkstücks angefertigt, das in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats hergestellt und erworben wurde; ii) die Übersetzung ist nur für den Gebrauch in Rundfunksendungen bestimmt, die ausschliesslich dem Unterricht oder der Verbreitung wissenschaftlicher oder technischer Forschungsergebnisse an Sachverständige eines bestimmten Berufs dienen; iii) die Übersetzung wird ausschliesslich zu den unter Ziffer ii bezeichneten Zwecken in rechtmässig ausgestrahlten Rundfunksendungen benutzt, die für Empfänger im Hoheitsgebiet des Vertragsstaats bestimmt sind, einschliesslich der Rundfunksendungen, die mit Hilfe von rechtmässig und ausschliesslich für diese Sendungen hergestellten Aufnahmen auf Bild- oder Tonträger ausgestrahlt werden; iv) Bild- oder Tonträger der Übersetzung dürfen nur zwischen Sendeunternehmen ausgetauscht werden, die ihren Sitz in dem Vertragsstaat haben, der die Lizenz erteilt hat, und v) der Gebrauch der Übersetzung darf keinen Erwerbszwecken dienen.

b) Sofern alle in Buchstabe a aufgeführten Merkmale und Bedingungen erfüllt sind, kann einem Sendeunternehmen auch eine Lizenz zur Übersetzung des Textes einer audiovisuellen Festlegung erteilt werden, die selbst ausschliesslich für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht hergestellt und veröffentlicht worden ist.

c) Vorbehaltlich der Buchstaben a und b sind die anderen Bestimmungen dieses Artikels auf die Erteilung und die Ausübung der Lizenz anzuwenden.

9. Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Artikels unterliegt jede nach diesem Artikel erteilte Lizenz dem Artikel V; sie bleibt dem Artikel V und diesem Artikel auch nach Ablauf der in Artikel V Absatz 2 vorgesehenen Frist von sieben Jahren unterworfen. Jedoch kann der Lizenznehmer nach Ablauf dieser Frist verlangen, dass diese Lizenz durch eine Lizenz ersetzt wird, die ausschliesslich dem Artikel V unterliegt.

Artikel V""" 1. Ein Vertragsstaat, auf den Artikel Vbis Absatz l zutrifft, kann folgende Bestimmungen annehmen: a) Sind innerhalb i) der in Buchstabe c festgelegten und vom Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung einer bestimmten Ausgabe eines in Absatz 3 bezeichneten Werkes der Literatur, Wissenschaft oder Kunst an zu berechnenden Frist oder ii) einer längeren, in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Frist 683

Urheberrecht

b)

c)

d)

e)

684

in diesem Staat vom Inhaber des Vervielfältigungsrechts oder mit seiner Erlaubnis Werkstücke der Ausgabe zu einem Preis, der dem für vergleichbare Werke dort üblichen Preis entspricht, der Allgemeinheit oder für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht nicht zum Kauf angeboten worden, so kann jeder Angehörige dieses Staates von der zuständigen Behörde eine nicht ausschliessliche Lizenz erhalten, die Ausgabe zu diesem oder einem niedrigeren Preis für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht zu veröffentlichen. Die Lizenz darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller gemäss den Rechtsvorschriften dieses Staates nachweist, dass er um die Erlaubnis des Rechtsinhabers zur Veröffentlichung des Werkes ersucht und diese nicht erhalten hat oder dass er den Rechtsinhaber trotz gehöriger Bemühungen nicht ausfindig machen konnte. Gleichzeitig rrtit dem Gesuch an den Rechtsinhaber hat der Antragsteller entweder das von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur errichtete Internationale Informationszentrum für Urheberrecht oder jedes in Buchstabe d bezeichnete nationale oder regionale Informationszentrum zu unterrichten.

Eine Lizenz kann unter denselben Bedingungen auch erteilt werden, wenn mit Erlaubnis des Rechtsinhabers hergestellte Werkstücke der Ausgabe zu einem Preis, der dem für vergleichbare Werke in dem Staat üblichen Preis entspricht, sechs Monate lang für die Allgemeinheit oder für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht nicht mehr zum Verkauf standen.

Die in Buchstabe a bezeichnete Frist beträgt fünf Jahre ; dagegen beträgt sie i) drei Jahre für Werke aus den Bereichen der Naturwissenschaften, Mathematik und Technik und ii) sieben Jahre für Romane, Gedichte und Dramen sowie für musikalische Werke und Kunstbücher.

Vermag der Antragsteller den Inhaber des Vervielfältigungsrechts nicht ausfindig zu machen, so hat er eine Abschrift seines Lizenzantrags mit eingeschriebener Luftpost dem Verleger, dessen Name auf dem Werk angegeben ist, und jedem nationalen oder regionalen Informationszentrum zu senden, das von der Regierung des Staates, in dem der Verleger vermutlich den Mittelpunkt seiner Geschäftstätigkeit hat, in einer beim Generaldirektor hinterlegten Notifikation bezeichnet worden ist. Mangels einer
solchen Notifikation hat er eine Abschrift auch dem von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur errichteten Internationalen Informationszentrum für Urheberrecht zu senden. Die Lizenz darf nicht vor Ablauf von drei Monaten seit Absendung der Abschriften des Antrags erteilt werden.

Eine nach drei Jahren erwirkbare Lizenz darf nach diesem Artikel erst erteilt werden, i) wenn eine Frist von sechs Monaten seit dem Zeitpunkt des in Buchstabe a bezeichneten Gesuchs um Erlaubnis oder, sofern der Inhaber

Urheberrecht des Vervielfältigungsrechts oder seine Anschrift unbekannt ist, seit dem Zeitpunkt der in Buchstabe d vorgesehenen Versendung von Abschriften des Lizenzantrags abgelaufen ist, und ii) wenn innerhalb dieser Frist Werkstücke der Ausgabe nicht, wie in Buchstabe a erwähnt, in Verkehr gebracht worden sind.

f) Der Name des Urhebers und der Titel der Ausgabe sind auf allen Werkstücken der veröffentlichten Vervielfältigung im Druck anzugeben. Die Lizenz erstreckt sich nicht auf die Ausfuhr von Werkstücken und gilt nur für die Veröffentlichung im Hoheitsgebiet des Vertragsstaats, in dem die Lizenz beantragt worden ist. Die Lizenz kann vom Lizenznehmer nicht übertragen werden.

g) Die innerstaatliche Gesetzgebung hat eine genaue Wiedergabe der Ausgabe zu gewährleisten.

h) Eine Lizenz zur Vervielfältigung und Veröffentlichung der Übersetzung eines Werkes wird nach diesem Artikel nicht erteilt, i) wenn die Übersetzung nicht vom Inhaber des Übersetzungsrechts oder mit seiner Erlaubnis veröffentlicht worden ist, oder ii) wenn die Übersetzung nicht in einer Sprache abgefasst ist, die in dem Staat, der zur Erteilung der Lizenz befugt ist, allgemein gebräuchlich ist.

2. Ferner gelten für die in Absatz l vorgesehenen Ausnahmen die folgenden Bestimmungen: a) Alle Werkstücke, die gemäss einer nach diesem Artikel erteilten Lizenz veröffentlicht werden, haben in der betreffenden Sprache einen Vermerk zu tragen, dass sie nur in dem Vertragsstaat, auf den sich die Lizenz bezieht, in Verkehr gebracht werden dürfen. Trägt die Ausgabe den in Artikel III Absatz l bezeichneten Vermerk, so haben die Werkstücke denselben Vermerk zu tragen.

b) Auf nationaler Ebene ist dafür zu sorgen, dass i) die Lizenz eine angemessene Vergütung vorsieht, die der bei frei vereinbarten Lizenzen zwischen Personen in den beiden betreffenden Ländern üblichen Vergütung entspricht, und ii) Zahlung und Transfer der Vergütung bewirkt werden; bestehen nationale Devisenbeschränkungen, so hat die zuständige Behörde unter Zuhilfenahme internationaler Einrichtungen alles ihr Mögliche zu tun, um den Transfer der Vergütung in international konvertierbarer Währung oder gleichgestellten Zahlungsmitteln sicherzustellen.

c) Werden, vom Inhaber des Vervielfältigungsrechts oder mit seiner Erlaubnis Werkstücke der Ausgabe eines Werkes in dem
Vertragsstaat dem allgemeinen Publikum oder für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht zu einem Preis, der dem für vergleichbare Werke dort üblichen Preis entspricht, zum Kauf angeboten, so erlischt jede nach diesem Artikel erteilte Lizenz, sofern diese Ausgabe in derselben Sprache abgefasst ist und im wesentlichen den gleichen Inhalt hat wie die aufgrund 685

Urheberrecht der Lizenz veröffentlichte Ausgabe. Werkstücke, die bereits vor Erlöschen der Lizenz hergestellt worden sind, dürfen weiterhin in Verkehr gebracht werden, bis der Vorrat erschöpft ist.

d) Eine Lizenz wird nicht erteilt, wenn der Urheber alle Werkstücke der Ausgabe aus dem Verkehr gezogen hat.

3. a) Vorbehaltlich des Buchstaben b ist dieser Artikel nur auf Werke der Literatur, Wissenschaft oder Kunst anwendbar, die im Druck oder in einer entsprechenden Vervielfältigungsform veröffentlicht worden sind.

b) Dieser Artikel ist auch auf die audio-visuelle Vervielfältigung rechtmässig hergestellter audio-visueller Festlegungen, soweit sie selbst geschützte Werke sind oder geschützte Werke enthalten, und auf die Übersetzung des in ihnen enthaltenen Textes in eine Sprache anwendbar, die in dem Staat, der zur Erteilung der Lizenz befugt ist, allgemein gebräuchlich ist, immer vorausgesetzt, dass die betreffenden audio-visuellen Festlegungen ausschliesslich für den Gebrauch im Zusammenhang mit systematischem Unterricht hergestellt und veröffentlicht worden sind.

Artikel VI

Eine «Veröffentlichung» im Sinn dieses Abkommens liegt vor, wenn das Werk in einer körperlichen Form vervielfältigt und der Öffentlichkeit durch Werkstücke zugänglich gemacht wird, die es gestatten, das Werk zu lesen oder sonst mit dem Auge wahrzunehmen.

Artikel VII

Dieses Abkommen findet keine Anwendung auf Werke oder auf Rechte an Werken, die bei Inkrafttreten des Abkommens in dem Vertragsstaat, in dem der Schutz beansprucht wird, endgültig den Schutz verloren haben oder niemals geschützt waren.

Artikel VIII

.1. Dieses Abkommen, das das Datum vom 24. Juli 1971 trägt, wird beim Generaldirektor hinterlegt und liegt nach diesem Datum während eines Zeitraums von 120 Tagen zur Unterzeichnung durch alle Mitgliedstaaten des Abkommens von 1952 auf. Es bedarf der Ratifikation oder Annahme durch die Unterzeichnerstaaten.

2. Jeder Staat, der dieses Abkommen nicht unterzeichnet hat, kann ihm beitreten.

3. Ratifikation, Annahme oder Beitritt werden durch die Hinterlegung einer entsprechenden Urkunde beim Generaldirektor bewirkt.

686

Urheberrecht

Artikel IX 1. Dieses Abkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung von zwölf Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunden in Kraft.

2. Danach tritt dieses Abkommen für jeden Staat drei Monate nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

3. Für einen Staat, der dem Abkommen von 1952 nicht angehört, gilt der Beitritt zu diesem Abkommen zugleich als Beitritt zu dem Abkommen von 1952; hinterlegt jedoch ein Staat seine Beitrittsurkunde vor Inkrafttreten dieses Abkommens, so kann er seinen Beitritt zu dem Abkommen von 1952 von dem Inkrafttreten dieses Abkommens abhängig machen. Nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens kann kein Staat nur dem Abkommen von 1952 beitreten.

4. Die Beziehungen zwischen den Staaten, die diesem Abkommen, und den Staaten, die nur dem Abkommen von 1952 angehören, richten sich nach dem Abkommen von 1952. Jedoch kann jeder Staat, der nur dem Abkommen von 1952 angehört, durch eine beim Generaldirektor hinterlegte Notifikation erklären, dass er die Anwendung des Abkommens von 1971 auf Werke seiner Staatsangehörigen oder auf Werke, die zum erstenmal in seinem Hoheitsgebiet veröffentlicht worden sind, durch alle Staaten, die diesem Abkommen angehören, zulässt.

Artikel X 1. Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, gemäss seiner Verfassung die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Anwendung dieses Abkommens zu gewährleisten.

2. Es besteht Einverständnis darüber, dass jeder Staat in dem Zeitpunkt, in dem dieses Abkommen für ihn in Kraft tritt, nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften in der Lage sein muss, den Bestimmungen dieses Abkommens Wirkung zu verleihen.

Artikel XI 1. Es wird ein Ausschuss von Regierungsvertretern gebildet, dem folgende Aufgaben obliegen: a) Prüfung von Fragen, die sich auf die Anwendung und Ausführung dés Welturheberrechtsabkommens beziehen; b) Vorbereitung periodischer Revisionen dieses Abkommens ; c) Prüfung aller anderen den zwischenstaatlichen Urheberrechtsschutz betreffenden Fragen in Zusammenarbeit mit den verschiedenen interessierten zwischenstaatlichen Organisationen, insbesondere mit der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, mit dem Internationalen Verband zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst und mit der Organisation der Amerikanischen Staaten; d) Unterrichtung der Staaten, die dem Welturheberrechtsabkommen angehören, über seine Tätigkeit.

687

Urheberrecht 2. Der Ausschuss besteht aus Vertretern von 18 Staaten, die diesem Abkommen oder nur dem Abkommen von 1952 angehören.

3. Der Ausschuss wird unter gebührender Beachtung eines angemessenen Ausgleichs der nationalen Interessen auf der Grundlage der geographischen Lage, der Bevölkerung, der Sprachen und des Entwicklungsstadiums ausgewählt.

4. Der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, der Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum und der Generalsekretär der Organisation der Amerikanischen Staaten oder ihre Vertreter können an den Sitzungen des Ausschusses als Berater teilnehmen.

Artikel XII

Der Ausschuss der Regierungsvertreter beruft eine Revisionskonferenz ein, wenn er es für notwendig erachtet oder wenn mindestens zehn Staaten, die diesem Abkommen angehören, es verlangen.

Artikel XIII 1. Jeder Vertragsstaat kann bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde oder später durch eine an den Generaldirektor gerichtete Notifikation erklären, dass dieses Abkommen auf alle oder einzelne der Länder oder Gebiete anwendbar ist, deren auswärtige Beziehungen er wahrnimmt. Das Abkommen ist sodann auf die in der Notifikation bezeichneten Länder oder Gebiete nach Ablauf der in Artikel IX vorgesehenen Frist von drei Monaten anzuwenden. Mangels einer solchen Notifikation ist dieses Abkommen auf diese Länder und Gebiete nicht anwendbar.

2. Dieser Artikel darf jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass er für einen Vertragsstaat die Anerkennung oder stillschweigende Hinnahme der tatsächlichen Lage eines Landes oder Gebiets in sich schliesst, auf das dieses Abkommen durch einen anderen Vertragsstaat aufgrund dieses Artikels anwendbar gemacht wird.

Artikel XIV 1. Jeder Vertragsstaat kann dieses Abkommen im eigenen Namen oder im Namen aller oder einzelner der Länder oder Gebiete kündigen, für die er eine Notifikation gemäss Artikel XIII abgegeben hat. Die Kündigung erfolgt durch eine an den Generaldirektor gerichtete Notifikation. Diese Kündigung gilt auch als Kündigung des Abkommens von 1952.

2. Die Kündigung hat nur für den Staat oder für das Land oder Gebiet Wirkung, in dessen Namen sie abgegeben wird; sie wird erst zwölf Monate nach dem Tag des Eingangs der Notifikation wirksam.

Urheberrecht

Artikel XV

Jede Streitigkeit zwischen zwei oder mehr Vertragsstaaten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens, die nicht auf dem Verhandlungsweg beigelegt wird, ist dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, sofern die beteiligten Staaten keine andere Regelung vereinbaren.

Artikel XVI

1. Dieses Abkommen wird in englischer, französischer und spanischer Sprache abgefasst. Die drei Texte sind zu unterzeichnen und sind gleichermassen verbindlich.

2. Amtliche Texte werden vom Generaldirektor nach Konsultierung der beteiligten Regierungen in arabischer, deutscher, italienischer und portugiesischer Sprache hergestellt.

3. Jeder Vertragsstaat oder jede Gruppe von Vertragsstaaten ist berechtigt, im Einvernehmen mit dem Generaldirektor und durch ihn andere Texte in der Sprache ihrer Wahl herstellen zu lassen.

4. Alle diese Texte werden dem unterzeichneten Text dieses Abkommens beigefügt.

Artikel XVII 1. Dieses Abkommen berührt in keiner Weise die Bestimmungen der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst noch die Mitgliedschaft in dem durch diese Übereinkunft geschaffenen Verband.

2. Zur Ausführung des Absatzes l wird diesem Artikel eine Erklärung beigefügt. Diese Erklärung ist ein integrierender Bestandteil dieses Abkommens für die am I.Januar 1951 durch die Berner Übereinkunft gebundenen und für die ihr später beigetretenen oder beitretenden Staaten. Die Unterzeichnung dieses Abkommens durch solche Staaten gilt auch als Unterzeichnung der Erklärung; die Ratifikation oder Annahme dieses Abkommens oder der Beitritt hierzu durch solche Staaten gilt auch als Ratifikation oder Annahme dieser Erklärung oder Beitritt zu ihr.

Artikel XVIII Dieses Abkommen lässt die mehrseitigen oder zweiseitigen Verträge oder Vereinbarungen über das Urheberrecht unberührt, die ausschliesslich zwischen zwei oder mehr amerikanischen Republiken in Kraft sind oder in Kraft treten werden. Weichen die Bestimmungen solcher bereits bestehenden Verträge oder Vereinbarungen von den Bestimmungen dieses Abkommens ab oder weichen die Bestimmungen dieses Abkommens von den Bestimmungen eines neuen Vertrags oder einer neuen Vereinbarung ab, die nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens zwischen zwei oder mehr amerikanischen Republiken geschlossen 689

Urheberrecht werden, so hat der zuletzt geschlossene Vertrag oder die zuletzt geschlossene Vereinbarung unter den Mitgliedstaaten des Vertrags oder der Vereinbarung den Vorrang. Unberührt bleiben die Rechte an einem Werk, die in einem diesem Abkommen angehörenden Staat aufgrund bestehender Verträge oder Vereinbarungen erworben worden sind, bevor dieses Abkommen für diesen Staat in Kraft getreten ist.

Artikel XIX

Dieses Abkommen lässt die mehrseitigen oder zweiseitigen Verträge oder Vereinbarungen über das Urheberrecht unberührt, die zwischen zwei oder mehr diesem Abkommen angehörenden Staaten in Kraft sind. Weichen die Bestimmungen eines solchen Vertrags oder einer solchen Vereinbarung von den Bestimmungen dieses Abkommens ab, so haben die Bestimmungen dieses Abkommens den Vorrang. Unberührt bleiben die Rechte an einem Werk, die in einem diesem Abkommen angehörenden Staat aufgrund bestehender Verträge oder Vereinbarungen erworben worden sind, bevor dieses Abkommen für diesen Staat in Kraft getreten ist. Die Artikel XVII und XVIII dieses Abkommens werden durch diesen Artikel in keiner Weise berührt.

Artikel XX

Vorbehalte zu diesem Abkommen sind nicht zulässig.

Artikel XXI 1. Der Generaldirektor übermittelt gehörig beglaubigte Abschriften dieses Abkommens den interessierten Staaten und zum Zweck der Registrierung dem Generalsekretär der Vereinten Nationen.

2. Er unterrichtet ausserdem alle interessierten Staaten über die Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- und Beitrittsurkunden, über den Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens, über die aufgrund dieses Abkommens abgegebenen Notifikationen und über die Kündigungen gemäss Artikel XIV.

0037

690

Urheberrecht

Zusatzerklärung zu Artikel XVII Die Mitgliedstaaten des Internationalen Verbandes zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (im folgenden als «Berner Verband» bezeichnet), die diesem Abkommen angehören, in dem Wunsch, ihre gegenseitigen Beziehungen auf der Grundlage dieses Verbandes enger zu gestalten und jeden Konflikt zu vermeiden, der sich aus dem Nebeneinanderbestehen der Berner Übereinkunft und des Welturheberrechtsabkommens ergeben könnte, in Anerkennung des zeitweiligen Bedürfnisses einiger Staaten, den Umfang des Urheberrechtsschutzes dem Stand ihrer kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen, haben in allseitiger Übereinstimmung folgende Erklärung angenommen: a) Vorbehaltlich des Buchstaben b werden Werke, die als Ursprungsland im Sinn der Berner Übereinkunft ein Land haben, das nach dem I.Januar 1951 aus dem Berner Verband ausgetreten ist, in den Ländern des Berner Verbandes nicht durch das Welturheberrechtsabkommen geschützt.

b) Für einen Vertragsstaat, der nach der bestehenden Übung der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Entwicklungsland angesehen wird und der bei seinem Austritt aus dem Berner Verband beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur eine Notifikation hinterlegt hat, dass er sich als Entwicklungsland betrachtet, ist Buchstabe a nicht anwendbar, solange dieser Staat die in diesem Abkommen vorgesehenen Ausnahmen gemäss Artikel Vbis in Anspruch nehmen kann.

cj Das Welturheberrechtsabkommen ist in den Beziehungen zwischen den Ländern des Berner Verbandes auf den Schutz der Werke nicht anwendbar, die als Ursprungsland im Sinn der Berner Übereinkunft ein Land des Berner Verbandes haben.

0037

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Urheberrecht

Entschliessung zu Artikel XI Die Revisionskonferenz für das Welturheberrechtsabkommen, nach Erwägung der Fragen, die den Ausschuss der Regierungsvertreter betreffen, der in Artikel XI dieses Abkommens, dem diese Entschliessung beigefügt wird, vorgesehen ist beschliesst folgendes: 1. Der Ausschuss besteht am Anfang aus Vertretern der zwölf Staaten, die Mitglieder des nach Artikel XI des Abkommens von 1952 und der ihm beigefügten Entschliessung gebildeten Ausschusses der Regierungsvertreter sind und ausserdem aus Vertretern der folgenden Staaten: Algerien, Australien, Japan, Jugoslawien, Mexiko und Senegal.

2. Die Staaten, die dem Abkommen von 1952 nicht angehören und diesem Abkommen nicht vor der ersten ordentlichen Sitzung des Ausschusses nach Inkrafttreten dieses Abkommens beigetreten sind, werden durch andere Staaten ersetzt, die der Ausschuss in seiner ersten ordentlichen Sitzung gemäss Artikel XI Absatz 2 und 3 bestimmt.

3. Mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens gilt der in Absatz l vorgesehene Ausschuss als gemäss Artikel XI dieses Abkommens gebildet.

4. Innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten dieses Abkommens hält der Ausschuss seine erste Sitzung ab ; danach tritt er mindestens alle zwei Jahre einmal zu einer ordentlichen Sitzung zusammen.

5. Der Ausschuss wählt einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten. Er gibt sich seine Geschäftsordnung nach den folgenden Grundsätzen: a) Die gewöhnliche Dauer des Mandats der Ausschussmitglieder beträgt sechs Jahre; alle zwei Jahre wird der Ausschuss zu einem Drittel erneuert, wobei jedoch Einverständnis darüber besteht, dass von den ersten Mandaten ein Drittel am Ende der zweiten ordentlichen Sitzung des Ausschusses nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens, ein weiteres Drittel am Ende der dritten ordentlichen Sitzung und das verbleibende Drittel am Ende der vierten ordentlichen Sitzung erlischt.

b) Die Regeln für das Verfahren, nach dem der Ausschuss neue Mitglieder beruft, die Reihenfolge, in der die Mandate erlöschen, die Regeln für die Wiederwahl und das Wahlverfahren sollen sowohl einen Ausgleich zwischen der notwendigen Kontinuität der Mitgliedschaft und dem erforderlichen Wechsel in der Vertretung anstreben als auch den in Artikel XI Absatz 3 erwähnten Gesichtspunkten Rechnung tragen.

Wünscht, die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur möge das Sekretariat des Ausschusses stellen.

692

Urheberrecht Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten nach Hinterlegung ihrer Vollmachten dieses Abkommen unterschrieben.

Geschehen zu Paris am 24. Juli 1971 in einer einzigen Ausfertigung.

Es folgen die Unterschriften

0037

693

Urheberrecht

Zusatzprotokoll l zum Welturheberrechtsabkommen in der am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Fassung über die Anwendung dieses Abkommens auf Werke von Staatenlosen und Flüchtlingen Die diesem Protokoll angehörenden Staaten, die zugleich Vertragsstaaten des am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Welturheberrechtsabkommens (im folgenden als «Abkommen von 1971» bezeichnet) sind, haben folgendes vereinbart: 1. Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, werden für die Anwendung des Abkommens von 1971 den Angehörigen dieses Staates gleichgestellt.

2. a) Dieses Protokoll ist zu unterzeichnen, bedarf der Ratifikation oder Annahme durch die Unterzeichnerstaaten und steht zum Beitritt offen; Artikel VIII des Abkommens von 1971 ist zu beachten.

b) Dieses Protokoll tritt für jeden Staat am Tag der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde oder an dem Tag in Kraft, an dem das Abkommen von 1971 für diesen Staat in Kraft tritt, sofern dieser Tag später liegt.

c) Für einen Staat, der dem Zusatzprotokoll I zum Abkommen von 1952 nicht angehört, gilt das genannte Zusatzprotokoll mit Inkrafttreten dieses Protokolls für diesen Staat als in Kraft getreten.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Paris am 24. Juli 1971 in einer einzigen Ausfertigung in englischer, französischer und spanischer Sprache, wobei jeder Text gleichermassen verbindlich ist; diese Ausfertigung wird beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt. Der Generaldirektor übermittelt beglaubigte Abschriften den Unterzeichnerstaaten und zum Zweck der Registrierung dem Generalsekretär der Vereinten Natio-

Es folgen die Unterschriften

0037

694

Urheberrecht

Zusatzprotokoll 2 zum Welturheberrechtsabkommen in der am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Fassung über die Anwendung dieses Abkommens auf Werke bestimmter internationaler Organisationen Die diesem Protokoll angehörenden Staaten, die zugleich Vertrags Staaten des am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Welturheberrechtsabkommens (im folgenden als «Abkommen von 1971» bezeichnet) sind, haben folgendes vereinbart: l.aJDer in Artikel II Absatz l des Abkommens von 1971 vorgesehene Schutz wird Werken gewährt, die zum erstenmal durch die Organisation der Vereinten Nationen, durch die mit ihr verbundenen Sonderorganisationen oder durch die Organisation der Amerikanischen Staaten veröffentlicht worden sind.

b) Ebenso ist Artikel II Absatz 2 des Abkommens von 1971 zugunsten dieser Organisationen anzuwenden.

2. a) Dieses Protokoll ist zu unterzeichnen, bedarf der Ratifikation oder Annahme durch die Unterzeichnerstaaten und steht zum Beitritt offen; Artikel VIII des Abkommens von 1971 ist zu beachten.

b) Dieses Protokoll tritt für jeden Staat am Tag der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde oder an dem Tag in Rraft, an dem das Abkommen von 1971 für diesen Staat in Kraft tritt, sofern dieser Tag später liegt.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Paris am 24. Juli 1971 in einer einzigen Ausfertigung in englischer, französischer und spanischer Sprache, wobei jeder Text gleichermassen verbindlich ist; diese Ausfertigung wird beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt. Der Generaldirektor übermittelt beglaubigte Abschriften den Unterzeichnerstaaten und zum Zweck der Registrierung dem Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Es folgen die Unterschriften 0037

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Offizieller deutscher Text gemäss Artikel 33 Ziffer 2

Internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen Abgeschlossen in Rom-am 26. Oktober 1961

Die vertragschliessenden Staaten, von dem Wunsche geleitet, die Rechte der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen zu schützen, haben folgendes vereinbart: Artikel l Der durch dieses Abkommen vorgesehene Schutz lässt den Schutz der Urheberrechte an Werken der Literatur und der Kunst unberührt und beeinträchtigt ihn in keiner Weise. Daher kann keine Bestimmung dieses Abkommens in einer Weise ausgelegt werden, die diesem Schutz Abbruch tut.

Artikel 2 1. Für die Zwecke dieses Abkommens ist unter Inländerbehandlung die Behandlung zu verstehen, die der vertragschliessende Staat, in dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird, auf Grund seiner nationalen Gesetzgebung gewährt: a) den ausübenden Künstlern, die seine Staatsangehörigen sind, /für die Darbietungen, die in seinem Gebiet stattfinden, gesendet oder erstmals festgelegt werden; b) den Herstellern von Tonträgern, die seine Staatsangehörigen sind, für die Tonträger, die in seinem Gebiet erstmals festgelegt oder erstmals veröffentlicht werden; c) den Sendeunternehmen, die ihren Sitz in seinem Gebiet haben, für die Funksendungen, die von Sendern ausgestrahlt werden, die in seinem Gebiet gelegen sind.

2. Die Inländerbehandlung wird nach Massgabe des in diesem Abkommen ausdrücklich gewährleisteten Schutzes und der darin ausdrücklich vorgesehenen Einschränkungen gewährt.

Artikel 3 Für die Zwecke dieses Abkommens versteht man unter

696

Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

a) «ausübenden Künstlern» die Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer und anderen Personen, die Werke der Literatur oder der Kunst aufführen, singen, vortragen, vorlesen, spielen oder auf irgendeine andere Weise darbieten; b) «Tonträger» jede ausschliesslich auf den Ton beschränkte Festlegung der Töne einer Darbietung oder anderer Töne; c) «Hersteller von Tonträgern» die natürliche oder juristische Person, die erstmals die Töne einer Darbietung oder andere Töne festlegt; d) «Veröffentlichung» das Angebot einer genügenden Anzahl von Vervielfältigungsstücken eines Tonträgers an die Öffentlichkeit; e) «Vervielfältigung» die Herstellung eines Vervielfältigungsstücks oder mehrere Vervielfältigungsstücke einer Festlegung; f) «Funksendung» die Ausstrahlung von Tönen oder von Bildern und Tönen mittels radioelektrischer Wellen zum Zwecke des Empfangs durch die Öffentlichkeit; g) «Weitersendung» die gleichzeitige Ausstrahlung der Sendung eines Sendeunternehmens durch ein anderes Sendeunternehmen.

Artikel 4 Jeder vertragschliessende Staat gewährt den ausübenden Künstlern Inländerbehandlung, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt: a) Die Darbietung findet in einem anderen vertragschliessenden Staat statt; b) die Darbietung wird auf einem nach Artikel 5 geschützten Tonträger festgelegt; c) die nicht auf einem Tonträger festgelegte Darbietung wird durch eine nach Artikel 6 geschützte Sendung ausgestrahlt.

Artikel 5 1. Jeder vertragschliessende Staat gewährt den Herstellern von Tonträgern Inländerbehandlung, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt: a) Der Hersteller von Tonträgern ist Angehöriger eines anderen vertragschliessenden Staates (Merkmal der Staatsangehörigkeit); b) die erste Festlegung des Tons ist in einem anderen vertragschliessenden Staat vorgenommen worden (Merkmal der Festlegung); c) der Tonträger ist erstmals in einem anderen vertragschliessenden Staat veröffentlicht worden (Merkmal der Veröffentlichung).

2. Wenn die erste Veröffentlichung in keinem vertragschliessenden Staat stattgefunden hat, der Tonträger jedoch innerhalb von dreissig Tagen seit der ersten Veröffentlichung auch in einem vertragschliessenden Staat veröffentlicht worden ist (gleichzeitige Veröffentlichung), gilt dieser Tonträger als erstmals in dem vertragschliessenden Staat veröffentlicht.

3. Jeder vertragschliessende Staat kann durch eine beim Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen hinterlegte Mitteilung erklären, dass er 697

Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

entweder das Merkmal der Veröffentlichung oder das Merkmal'der Festlegung nicht anwenden wird. Diese Mitteilung kann bei der Ratifikation, der Annahme oder dem Beitritt oder in jedem späteren Zeitpunkt hinterlegt werden; im letzten Fall wird sie erst sechs Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.

Artikel 6 1. Jeder vertragschliessende Staat gewährt den Sendeunternehmen Inländerbehandlung, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt: a) der Sitz des Sendeunternehmens liegt in einem anderen vertragschliessenden Staat; b) die Sendung ist von einem im Gebiet eines anderen vertragschliessenden Staates gelegenen Sender ausgestrahlt worden.

2. Jeder vertragschliessende Staat kann durch eine beim Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen hinterlegte Mitteilung erklären, dass er Sendungen nur Schutz gewähren wird, wenn der Sitz des Sendeunternehmens in einem anderen vertragschliessenden Staat liegt und die Sendung von einem im Gebiet desselben vertragschliessenden Staates gelegenen Sender ausgestrahlt worden ist. Diese Mitteilung kann bei der Ratifikation, der Annahme oder dem Beitritt oder in jedem späteren Zeitpunkt vorgenommen werden; im letzten Fall wird sie erst sechs Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.

Artikel 7 1. Der in diesem Abkommen zugunsten der ausübenden Künstler vorgesehene Schutz muss die Möglichkeit geben zu untersagen: a) die Sendung und die öffentliche Wiedergabe ihrer Darbietung ohne ihre Zustimmung, es sei denn, dass für die Sendung oder für die öffentliche Wiedergabe eine bereits gesendete Darbietung oder die Festlegung einer Darbietung verwendet wird; b) die Festlegung ihrer nicht festgelegten Darbietung ohne ihre Zustimmung; c) die Vervielfältigung einer Festlegung ihrer Darbietung ohne ihre Zustimmung : (i) wenn die erste Festlegung selbst ohne ihre Zustimmung vorgenommen worden ist; (ii) wenn die Vervielfältigung zu anderen Zwecken als denjenigen vorgenommen wird, zu denen sie ihre Zustimmung gegeben haben; (iii) wenn die erste Festlegung auf Grund der Bestimmungen des Artikels 15 vorgenommen worden ist und zu anderen Zwecken vervielfältigt wird, als denjenigen, die in diesen Bestimmungen genannt sind.

2. (1) Hat der ausübende Künstler der Sendung zugestimmt, so bestimmt sich der Schutz gegen die Weitersendung, gegen die Festlegung für Zwecke der Sendung und gegen die Vervielfältigung einer solchen Festlegung für Zwecke der 698

Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

Sendung nach der nationalen Gesetzgebung des vertragschliessenden Staates, in dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird.

(2) Die Voraussetzungen, unter denen Sendeunternehmen für Zwecke von Sendungen vorgenommene Festlegungen benützen dürfen, werden von der nationalen Gesetzgebung des vertragschliessenden Staates geregelt, in dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird.

(3) Die nationale Gesetzgebung darf jedoch in den Fällen der Unterabsätze (1) und (2) dieses Absatzes nicht zur Folge haben, dass den ausübenden Künstlern die Befugnis entzogen wird, ihre Beziehungen zu den Sendeunternehmen vertraglich zu regeln.

Artikel 8 Jeder vertragschliessende Staat kann durch seine nationale Gesetzgebung bestimmen, wie die ausübenden Künstler bei der Ausübung ihrer Rechte vertreten werden, wenn mehrere von ihnen an der gleichen Darbietung mitwirken.

Artikel 9 Jeder vertragschliessende Staat kann durch seine nationale Gesetzgebung den in diesem Abkommen vorgesehenen Schutz auf Künstler ausdehnen, die keine Werke der Literatur oder der Kunst darbieten.

Artikel 10 Die Hersteller von Tonträgern gemessen das Recht, die unmittelbare oder mittelbare Vervielfältigung ihrer Tonträger zu erlauben oder zu verbieten.

Artikel 11 Wenn ein vertragschliessender Staat in seiner nationalen Gesetzgebung als Vor-, aussetzung für den Schutz der Rechte der Hersteller von Tonträgern oder der ausübenden Künstler oder beider mit Bezug auf Tonträger die Erfüllung von Förmlichkeiten fordert, sind diese Erfordernisse als erfüllt anzusehen, wenn alle im Handel befindlichen Vervielfältigungsstücke des veröffentlichten Tonträgers oder ihre Umhüllungen einen Vermerk tragen, der aus dem Kennzeichen ® in Verbindung mit der Angabe des Jahres der ersten Veröffentlichung besteht und in einer Weise angebracht ist. die klar erkennen lässt, dass der Schutz vorbehalten wird. Wenn die Vervielfältigungsstücke oder ihre Umhüllungen den Hersteller des Tonträgers oder den Inhaber des vom Hersteller eingeräumten Nutzungsrechts nicht - mit Hilfe des Namens, der Marke oder jeder anderen geeigneten Bezeichnung - erkennen lassen, muss der Vermerk ausserdem auch den Namen des Inhabers der Rechte des Herstellers des Tonträgers enthalten. Wenn schliesslich die Vervielfältigungsstücke oder ihre Umhüllungen die Hauptpersonen unter den ausübenden Künstlern nicht erkennen lassen, muss der Vermerk

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Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

auch den Namen der Person enthalten, die in dem Land, in dem die Festlegung stattgefunden hat, die Rechte dieser Künstler innehat.

Artikel 12 Wird ein zu Handelszwecken veröffentlichter Tonträger oder ein Vervielfältigungsstück eines solchen Tonträgers für die Funksendung oder für irgendeine öffentliche Wiedergabe unmittelbar benützt, so hat der Benutzer den ausübenden Künstlern, den Herstellern von Tonträgern oder beiden eine einzige angemessene Vergütung zu zahlen. Für den Fall, dass die Beteiligten sich nicht einigen, kann die nationale Gesetzgebung die Aufteilung dieser Vergütung regeln.

Artikel 13 Die Sendeunternehmen gemessen das Recht zu erlauben oder zu verbieten: a) die Weitersendung ihrer Sendungen; b) die Festlegung ihrer Sendungen; c) die Vervielfältigung (i) der ohne ihre Zustimmung vorgenommenen Festlegungen ihrer Sendungen; (ii) der auf Grund der Bestimmungen des Artikels 15 vorgenommenen Festlegungen ihrer Sendungen, wenn die Vervielfältigung zu anderen als den in diesen Bestimmungen genannten Zwecken vorgenommen wird; d) die öffentliche Wiedergabe ihrer Fernsehsendungen, wenn sie an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind; es obliegt der nationalen Gesetzgebung des Staates, in dem der Schutz dieses Rechtes beansprucht wird, die Bedingungen für die Ausübung dieses Rechtes zu regeln.

Artikel 14 Die Dauer des nach diesem Abkommen zu gewährenden Schutzes darf nicht kürzer als zwanzig Jahre sein, gerechnet: a) vom Ende des Jahres der Festlegung bei Tonträgern und bei Darbietungen, die auf Tonträgern festgelegt sind ; b) vom Ende des Jahres, in dem die Darbietung stattgefunden hat, bei Darbietungen, die nicht auf Tonträgern festgelegt sind ; c) vom Ende des Jahres, in dem die Sendung stattgefunden hat, bei Funksendungen.

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Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

Artikel 15 1. Jeder vertragschliessende Staat kann in seiner nationalen Gesetzgebung Ausnahmen von dem mit diesem Abkommen gewährleisteten Schutz in den folgenden Fällen vorsehen: a) für eine private Benützung; b) für eine Benützung kurzer Bruchstücke anlässlich der Berichterstattung über Tagesereignisse; c) für eine ephemere Festlegung, die von einem Sendeunternehmen mit seinen eigenen Mitteln und für seine eigenen Sendungen vorgenommen wird; d) für eine Benützung, die ausschliesslich Zwecken des Unterrichts oder der wissenschaftlichen Forschung dient.

2. Unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes l kann jeder vertragschliessende Staat für den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen in seiner nationalen Gesetzgebung Beschränkungen gleicher Art vorsehen, wie sie in dieser Gesetzgebung für den Schutz des Urheberrechts an Werken der Literatur und der Kunst vorgesehen sind.

Zwangslizenzen können jedoch nur insoweit vorgesehen werden, als sie mit den Bestimmungen dieses Abkommens vereinbar sind.

Artikel 16 1. Ein Staat, der Mitglied dieses Abkommens wird, übernimmt damit alle Verpflichtungen und geniesst alle Vorteile, die darin vorgesehen sind. Jedoch kann ein Staat jederzeit durch eine beim Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen hinterlegte Mitteilung erklären: a) hinsichtlich des Artikels 12: (i) dass er keine Bestimmung dieses Artikels anwenden wird; (ii) dass er die Bestimmungen dieses Artikels für bestimmte Benützungen nicht anwenden wird; (iii) dass er die Bestimmungen dieses Artikels für Tonträger nicht anwenden wird, deren Hersteller nicht Angehöriger eines vertragschliessenden Staates ist; (iv) dass er für die Tonträger, deren Hersteller Angehöriger eines anderen vertragschliessenden Staates ist, den Umfang und die Dauer des in diesem Artikel vorgesehenen Schutzes auf den Umfang und die Dauer des Schutzes beschränken wird, den dieser vertragschliessende Staat den Tonträgern gewährt, die erstmals von einem Angehörigen des Staates, der die Erklärung abgegeben hat, festgelegt worden sind; wenn jedoch der vertragschliessende Staat, dem der Hersteller angehört, den Schutz nicht dem oder den gleichen Begünstigten gewährt wie der vertragschliessende Staat, der die Erklärung abgegeben hat, so gilt dies nicht als Unterschied im Umfang
des Schutzes; b) hinsichtlich des Artikels 13. dass er die Bestimmungen des Buchstabens d) dieses Artikels nicht anwenden wird; gibt ein vertragschliessender Staat 26 Bundesblau. 141.Jahrgang. Bd.III

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Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

eine solche Erklärung ab, so sind die anderen vertragschliessenden Staaten nicht verpflichtet, den Sendeunternehmen, die ihren Sitz im Gebiet dieses Staates haben, das in Artikel 13 Buchstabe d) vorgesehene Recht zu gewähren.

2. Wird die in Absatz l vorgesehene Mitteilung zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde hinterlegt, so wird sie erst sechs Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.

Artikel 17

Jeder Staat, dessen nationale Gesetzgebung am 26. Oktober 1961 den Herstellern von Tonträgern einen Schutz gewährt, der ausschliesslich auf dem Merkmal der Festlegung beruht, kann durch eine gleichzeitig mit seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen hinterlegte Mitteilung erklären, dass er hinsichtlich des Artikels 5 nur dieses Merkmal der Festlegung und hinsichtlich des Artikels 16 Absatz l Buchstabe a) (iii) und (iv) das gleiche Merkmal der Festlegung an Stelle des Merkmals der Staatsangehörigkeit des Herstellers anwenden wird.

Artikel 18

Jeder Staat, der eine der in Artikel 5 Absatz 3, in Artikel 6 Absatz 2, in Artikel 16 Absatz l oder in Artikel 17 vorgesehenen Erklärungen abgegeben hat, kann durch eine neue, an den Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen gerichtete Mitteilung ihre Tragweite einschränken oder sie zurückziehen.

Artikel 19

Unbeschadet aller anderen Bestimmungen dieses Abkommens ist Artikel 7 nicht mehr anwendbar, sobald ein ausübender Künstler seine Zustimmung dazu erteilt hat, dass seine Darbietung einem Bildträger oder einem Bild- und Tonträger eingefügt wird.

Artikel 20 1. Dieses Abkommen lässt die Rechte unberührt, die in einem der vertragschliessenden Staaten erworben worden sind, bevor dieses Abkommen für diesen Staat in Kraft getreten ist.

2. Kein vertragschliessender Staat ist verpflichtet, die Bestimmungen dieses Abkommens auf Darbietungen oder Funksendungen anzuwenden, die stattgefunden haben, bevor dieses Abkommen für diesen Staat in Kraft getreten ist, oder auf Tonträger, die vor diesem Zeitpunkt festgelegt worden sind.

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Schutz der ausübenden Künstler

·

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AS 1989

Artikel 21 Der in diesem Abkommen vorgesehene Schutz lässt den Schutz unberührt, den die ausübenden Künstler, die Hersteller von Tonträgern und die Sendeunternehmen etwa aus anderen Rechtsgründen geniessen.

Artikel 22 Die vertragschliessenden Staaten behalten sich das Recht vor, untereinander besondere Vereinbarungen zu treffen, soweit diese den ausübenden Künstlern, den Herstellern von Tonträgern oder den Sendeunternehmen weitergehende Rechte verschaffen als diejenigen, die durch dieses Abkommen gewährt werden, oder soweit sie andere Bestimmungen enthalten, die nicht im Widerspruch zu diesem Abkommen stehen.

Artikel 23 Dieses Abkommen wird beim Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen hinterlegt. Es steht bis zum 30. Juni 1962 den Staaten zur Unterzeichnung offen, die zur Diplomatischen Konferenz über den internationalen Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen eingeladen worden sind und die dem Welturheberrechtsabkommen angehören oder Mitglieder des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst sind.

Artikel 24 1. Dieses Abkommen soll durch die Unterzeichnerstaaten ratifiziert oder angenommen werden.

2. Dieses Abkommen steht für die Staaten, die zu der in Artikel 23 bezeichneten Konferenz eingeladen worden sind, sowie für jeden Mitgliedstaat der Organisation der Vereinten Nationen zum Beitritt offen, vorausgesetzt, dass der beitretende Staat dem Welturheberrechtsabkommen angehört oder Mitglied des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst ist.

3. Die Ratifikation, die Annahme oder der Beitritt geschieht durch Hinterlegung einer entsprechenden Urkunde beim Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen.

Artikel 25 1. Dieses Abkommen tritt drei Monate nach der Hinterlegung der sechsten Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

2. In der Folge tritt dieses Abkommen für jeden Staat drei Monate nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

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Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

Artikel 26 1. Jeder vertragschliessende Staat verpflichtet sich, im Einklang mit seiner Verfassung die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Anwendung dieses Abkommens zu gewährleisten.

2. Im Zeitpunkt der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde muss jeder Staat nach seiner nationalen Gesetzgebung in der Lage sein, die Bestimmungen dieses Abkommens anzuwenden.

Artikel 27 1. Jeder Staat kann im Zeitpunkt der Ratifikation, der Annahme oder des Beitritts oder in jedem späteren Zeitpunkt durch eine an den Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen gerichtete Mitteilung erklären, dass dieses Abkommen sich auf alle oder einen Teil der Gebiete erstreckt, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, vorausgesetzt, dass das Welturheberrechtsabkommen oder die Internationale Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst auf die betreffenden Gebiete anwendbar ist. Diese Mitteilung wird drei Monate nach ihrem Empfang wirksam.

2. Die in Artikel 5 Absatz 3, in Artikel 6 Absatz 2, in Artikel 16 Absatz l, in Artikel 17 oder in Artikel 18 genannten Erklärungen und Mitteilungen können auf alle oder einen Teil der in Absatz l genannten Gebiete erstreckt werden.

Artikel 28 1. Jeder vertragschliessende Staat kann dieses Abkommen in seinem eigenen Namen oder im Namen aller oder eines Teiles der in Artikel 27 genannten Gebiete kündigen.

2. Die Kündigung geschieht durch eine an den Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen gerichtete Mitteilung und wird zwölf Monate nach dem Empfang der Mitteilung wirksam.

3. Von der in diesem Artikel vorgesehenen Möglichkeit der Kündigung kann ein vertragschliessender Staat nicht vor Ablauf von fünf Jahren von dem Zeitpunkt an Gebrauch machen, in dem das Abkommen für diesen Staat in Kraft getreten ist.

4. Jeder vertragschliessende Staat hört in dem Zeitpunkt auf, Mitglied dieses Abkommens zu sein, in dem er nicht mehr dem Welturheberrechtsabkommen angehört und nicht mehr Mitglied des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst ist.

5. Dieses Abkommen hört in dem Zeitpunkt auf, auf eines der in Artikel 27 genannten Gebiete anwendbar zu sein, in dem auf dieses Gebiet weder das Welturheberrechtsabkommen noch die Internationale Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst weiterhin anwendbar ist.

704

Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

Artikel 29 1. Nachdem dieses Abkommen fünf Jahre lang in Kraft gewesen ist, kann jeder vertragschliessende Staat durch eine an den Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen gerichtete Mitteilung die Einberufung einer Konferenz zur Revision dieses Abkommens beantragen. Der Generalsekretär teilt diesen Antrag allen vertragschliessenden Staaten mit. Wenn innerhalb von sechs Monaten seit der Mitteilung des Generalsekretärs der Organisation der Vereinten Nationen mindestens die Hälfte der vertragschliessenden Staaten ihm ihre Zustimmung zu diesem Antrag bekanntgegeben hat, unterrichtet der Generalsekretär den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes, den Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und den Direktor des Büros des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst, die in Zusammenarbeit mit dem in Artikel 32 vorgesehenen Ausschuss von Regierungsvertretern eine Revisionskonferenz einberufen.

2. Jede Revision dieses Abkommens muss mit Zweidrittelmehrheit der bei der Revisionskonferenz anwesenden Staaten angenommen werden, vorausgesetzt, dass diese Mehrheit zwei Drittel der Staaten umfasst, die im Zeitpunkt der Revisionskonferenz Mitglieder dieses Abkommens sind.

3. Falls ein neues Abkommen angenommen wird, das dieses Abkommen ganz oder teilweise ändert, und sofern das neue Abkommen nichts anderes bestimmt, a) steht dieses Abkommen vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen, revidierten Abkommens an nicht mehr zur Ratifikation, zur Annahme oder zum Beitritt offen, b) bleibt dieses Abkommen hinsichtlich der Beziehungen zwischen den vertragschliessenden Staaten in Kraft, die nicht Mitglieder des neuen Abkommens werden.

Artikel 30 Jede Streitfrage zwischen zwei oder mehreren vertragschliessenden Staaten über die Auslegung oder die Anwendung dieses Abkommens, die nicht auf dem Verhandlungswege geregelt wird, soll auf Antrag einer der streitenden Parteien zur Entscheidung vor den Internationalen Gerichtshof gebracht werden, sofern die beteiligten Staaten nicht eine andere Art der Regelung vereinbaren.

Artikel 31 Unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 5 Absatz 3. des Artikels 6 Absatz 2, des Artikels 16 Absatz l und des Artikels 17 ist kein Vorbehalt zu diesem Abkommen zulässig.

705

Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

Artikel 32 1. Es wird ein Ausschuss von Regierungsvertretern eingesetzt, der folgende Aufgaben hat: a) die Fragen zu prüfen, die sich auf die Anwendung und Durchführung dieses Abkommens beziehen; b) die Vorschläge zu sammeln und die Unterlagen vorzubereiten, die sich auf etwaige Revisionen dieses Abkommens beziehen.

2. Der Ausschuss setzt sich aus Vertretern der vertragschliessenden Staaten zusammen, die unter Berücksichtigung einer angemessenen geographischen Verteilung ausgewählt werden. Die Zahl der Mitglieder des Ausschusses beträgt sechs, wenn die Zahl der vertragschliessenden Staaten zwölf oder weniger beträgt, neun, wenn die Zahl der vertragschliessenden Staaten dreizehn bis achtzehn beträgt, und zwölf, wenn die Zahl der vertragschliessenden Staaten achtzehn übersteigt.

3. Der Ausschuss wird zwölf Monate nach Inkrafttreten dieses Abkommens auf Grund einer Abstimmung gebildet, die unter den vertragschliessenden Staaten von denen jeder über eine Stimme verfügt - von dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes, dem Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und dem Direktor des Büros des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst nach den Regeln durchgeführt wird, die vorher von der absoluten Mehrheit der vertragschliessenden Staaten genehmigt worden sind.

4. Der Ausschuss wählt seinen Vorsitzenden und sein Büro. Er stellt seine Geschäftsordnung auf, die sich insbesondere auf seine künftige Arbeitsweise und die Art seiner Erneuerung bezieht; diese Geschäftsordnung müss namentlich einen Wechsel unter den verschiedenen vertragschliessenden Staaten sicherstellen.

5. Das Sekretariat des Ausschusses setzt sich zusammen aus Angehörigen des Internationalen Arbeitsamtes, der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und des Büros des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst, die von den Generaldirektoren und dem Direktor der drei beteiligten Organisationen bestimmt werden.

6. Die Sitzungen des Ausschusses, der einberufen wird, sobald die Mehrheit seiner Mitglieder es für zweckmässig hält, werden abwechselnd am Sitz des Internationalen Arbeitsamtes, der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und des
Büros des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst abgehalten.

7. Die Auslagen der Mitglieder des Ausschusses werden von ihren Regierungen getragen.

706

Schutz der ausübenden Künstler

AS 1989

Artikel 33 1. Dieses Abkommen wird in englischer, französischer und spanischer Sprache abgefasst; diese drei Texte sind in gleicher Weise massgebend.

2. Ausserdem werden offizielle Texte dieses Abkommens in deutscher, italienischer und portugiesischer Sprache abgefasst.

Artikel 34 1. Der Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen unterrichtet die Staaten, die zu der in Artikel 23 genannten Konferenz eingeladen worden sind, und jeden Mitgliedstaat der Organisation der Vereinten Nationen sowie den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes, den Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und den Direktor des Büros des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst: a) über die Hinterlegung jeder Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde; b) über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens; c) über die in diesem Abkommen vorgesehenen Mitteilungen, Erklärungen und sonstigen Anzeigen; d) über den Eintritt eines in Artikel 28 Absatz 4 oder Absatz 5 genannten Sachverhalts.

2. Der Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen unterrichtet ferner den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes, den Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und den Direktor des Büros des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst über die Anträge, die nach Artikel 29 an ihn gerichtet werden, sowie über jede Mitteilung, die er hinsichtlich der Revision dieses Abkommens von den vertraeschliessenden Staaten erhält.

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten, die hierzu in gehöriger Weise ermächtigt sind, dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Rom am 26. Oktober 1961 in einem einzigen Exemplar in englischer, französischer und spanischer Sprache. Beglaubigte Abschriften übersendet der Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen an alle Staaten, die zu der in Artikel 23 genannten Konferenz eingeladen worden sind, und an jeden Mitgliedstaat der Organisation der Vereinten Nationen sowie an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes, an den Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und an den Direktor des Büros des Internationalen Verbandes zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst.

Es folgen die Unterschriften 3347

707

Amtlicher deutscher Text gemäss Artikel 13 Absatz 2

Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger Abgeschlossen am 29. Oktober 1971

Die Vertragsstaaten, in Sorge über die weitverbreitete und zunehmende unerlaubte Vervielfältigung von Tonträgern und über den Schaden, der dadurch den Interessen der Urheber, ausübenden Künstler und Hersteller von Tonträgern zugefügt wird, in der Überzeugung, dass der Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen solche Handlungen auch den ausübenden Künstlern und Urhebern zugute kommen wird, deren Darbietungen und Werke auf diese Tonträger aufgenommen worden sind, in Anerkennung der wertvollen Arbeit, die die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und die Weltorganisation für geistiges Eigentum auf diesem Gebiet geleistet haben, in dem Bestreben, bereits in Kraft befindliche internationale Verträge in keiner Weise zu beeinträchtigen und insbesondere die weitere Annahme des Abkommens von Rom vom 26. Oktober 1961, das den ausübenden Künstlern und Sendeunternehmen ebenso wie den Herstellern von Tonträgern Schutz gewährt, in keiner Weise zu behindern, haben folgendes vereinbart: Artikel l Für die Zwecke dieses Übereinkommens versteht man unter a) «Tonträger» jede ausschliesslich auf den Ton beschränkte Festlegung der Töne einer Darbietung oder anderer Töne; b) «Hersteller von Tonträgern» die natürliche oder juristische Person, die zum ersten Mal die Töne einer Darbietung oder andere Töne festlegt; c) «Vervielfältigungsstück» einen Gegenstand, der einem Tonträger unmittelbar oder mittelbar entnommene Töne enthält und der alle oder einen wesentlichen Teil der in dem Tonträger festgelegten Töne verkörpert; d) «Verbreitung an die Öffentlichkeit» jede Handlung, durch die Vervielfältigungsstücke eines Tonträgers der Allgemeinheit oder einem Teil der Allgemeinheit unmittelbar oder mittelbar angeboten werden.

708

Schutz der Hersteller von Tonträgern

Artikel 2

Jeder Vertragsstaat schützt die Hersteller von Tonträgern, die Angehörige anderer Vertragsstaaten sind, gegen die Herstellung von Vervielfältigungsstücken ohne Zustimmung des Herstellers des Tonträgers und gegen die Einfuhr solcher Vervielfältigungsstücke, sofern die Herstellung oder die Einfuhr zum Zweck der Verbreitung an die Öffentlichkeit erfolgt., und auch gegen die Verbreitung solcher Vervielfältigungsstücke an die Öffentlichkeit.

Artikel 3

Die Mittel zur Ausführung dieses Übereinkommens sind Sache der innerstaatlichen Gesetzgebung jedes Vertragsstaats; sie müssen eine oder mehrere der folgenden Regelungen umfassen: Schutz durch Gewährung eines Urheberrechts oder eines anderen besonderen Rechtes ; Schutz durch Rechtsvorschriften über den unlauteren Wettbewerb; Schutz durch Strafbestimmungen.

Artikel 4 Die Dauer des Schutzes ist Sache der innerstaatlichen Gesetzgebung jedes Vertragsstaats. Sofern die innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine bestimmte Schutzdauer vorsehen, darf sie jedoch nicht kürzer sein als zwanzig Jahre seit Ende entweder desjenigen Jahres, in dem die Töne, die der Tonträger verkörpert, zum ersten Mal festgelegt worden sind, oder desjenigen Jahres, in dem der Tonträger zum ersten Mal veröffentlicht worden ist.

Artikel 5 Fordert ein Vertragsstaat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften als Voraussetzung für den Schutz der Hersteller von Tonträgern die Erfüllung von Förmlichkeiten, so sind diese Erfordernisse als erfüllt anzusehen, wenn alle erlaubten Vervielfältigungsstücke des Tonträgers, die an die Öffentlichkeit verbreitet werden, oder ihre Umhüllungen einen Vermerk tragen, der aus dem Kennzeichen © in Verbindung mit der Angabe des Jahres der ersten Veröffentlichung besteht und in einer Weise angebracht ist. die klar erkennen lässt, dass der Schutz beansprucht wird; lassen die Vervielfältigungsstücke oder ihre Umhüllungen den Hersteller, seinen Rechtsnachfolger oder den Inhaber einer ausschliesslichen Lizenz nicht (durch den Namen, die Marke oder eine andere geeignete Bezeichnung) erkennen, so muss der Vermerk ausserdem den Namen des Herstellers, seines Rechtsnachfolgers oder des Inhabers der ausschliesslichen Lizenz enthalten.

Artikel 6 Jeder Vertragsstaat, der den Schutz durch ein Urheberrecht oder ein anderes besonderes Recht oder durch Strafbestimmungen gewährt, kann in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften den Schutz der Hersteller von Tonträgern gleichartigen Beschränkungen unterwerfen, wie sie für den Schutz der Urheber 709

Schutz der Hersteller von Tonträgern

von Werken der Literatur und Kunst zulässig sind. Jedoch darf eine Zwangslizenz nur vorgesehen werden, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind: a) die Vervielfältigung ist ausschliesslich für den Gebrauch im Unterricht oder in der wissenschaftlichen Forschung bestimmt; b) die Lizenz ist nur für die Vervielfältigung im Hoheitsgebiet des Vertragsstaats, dessen zuständige Behörde die Lizenz erteilt hat, gültig und erstreckt sich nicht auf die Ausfuhr von Vervielfältigungsstücken ; c) die Vervielfältigung aufgrund der Lizenz begründet einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die von der zuständigen Behörde unter anderem unter Berücksichtigung der Anzahl.derjenigen Vervielfältigungsstücke festgesetzt wird, die unter der Lizenz hergestellt werden sollen.

Artikel 7 (1) Dieses Übereinkommen darf in keiner Weise als Beschränkung oder Beeinträchtigung des Schutzes ausgelegt werden, der den Urhebern, ausübenden Künstlern, Herstellern von Tonträgern oder Sendeunternehmen durch innerstaatliche Rechtsvorschriften oder durch internationale Verträge gewährt wird.

(2) Es ist Sache der innerstaatlichen Gesetzgebung jedes Vertragsstaats, den Umfang des Schutzes zu bestimmen, der den ausübenden Künstlern, deren Darbietungen auf einem Tonträger festgelegt sind, gegebenenfalls gewährt wird, sowie die Bedingungen, zu denen sie einen solchen Schutz geniessen.

(3) Kein Vertragsstaat ist verpflichtet, die Bestimmungen dieses Übereinkommens auf Tonträger anzuwenden, die vor dem Zeitpunkt festgelegt worden sind, in dem dieses Übereinkommen für den betreffenden Staat in Kraft tritt.

(4) Jeder Vertragsstaat, dessen innerstaatliche Rechtsvorschriften am 29. Oktober 1971 den Herstellern von Tonträgern einen ausschliesslich auf dem Merkmal des Ortes der ersten Festlegung beruhenden Schutz gewähren, kann durch eine beim Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum hinterlegte Notifikation erklären, dass er dieses Merkmal anstelle des Merkmals der Staatsangehörigkeit des Herstellers anwenden wird.

Artikel 8 (1) Das Internationale Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum sammelt und veröffentlicht Informationen über den Schutz von Tonträgern. Jeder Vertragsstaat teilt dem Internationalen Büro so bald wie möglich alle neuen Gesetze und anderen amtlichen Texte auf diesem Gebiet mit.

(2) Das
Internationale Büro erteilt jedem Vertragsstaat auf Verlangen Auskünfte über Fragen, die dieses Übereinkommen betreffen; es unternimmt Untersuchungen und leistet Dienste zur Erleichterung des in diesem Übereinkommen vorgesehenen Schutzes.

(3) Das Internationale Büro nimmt die in den Absätzen (1) und (2) bezeichneten Aufgaben, soweit es sich um Fragen handelt, die den Zuständigkeitsbereich 710

Schutz der Hersteller von Tonträgern

der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur oder der Internationalen Arbeitsorganisation berühren, in Zusammenarbeit mit der jeweils betroffenen Organisation wahr.

Artikel 9 (1) Dieses Übereinkommen wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt. Es liegt bis 30. April 1972 für jeden Staat zur Unterzeichnung auf, der Mitglied der Vereinten Nationen, einer der mit den Vereinten Nationen verbundenen SpezialOrganisationen oder der Internationalen Atomenergie-Organisation ist oder das Statut des Internationalen Gerichtshofs angenommen hat.

(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation oder Annahme durch die Unterzeichnerstaaten. Es steht jedem der in Absatz (1) bezeichneten Staaten zum Beitritt offen.

(3) Die Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunden werden beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.

(4) Es besteht Einverständnis darüber, dass jeder Staat in dem Zeitpunkt, in dem er durch dieses Übereinkommen gebunden wird, nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften in der Lage sein muss, den Bestimmungen dieses Übereinkommens Wirkung zu verleihen.

Artikel 10 Vorbehalte zu diesem Übereinkommen sind nicht zulässig.

Artikel 11 (1) Dieses Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde in .Kraft.

(2) Für jeden Staat, der dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde ratifiziert, annimmt oder ihm beitritt, tritt das Übereinkommen drei Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Generaldirektor der Weltorganisation für, geistiges Eigentum die Staaten gemäss Artikel 13 Absatz (4) über die Hinterlegung der Urkunde dieses Staates unterrichtet.

(3) Jeder Staat kann bei der Ratifikation, der Annahme oder dem Beitritt oder zu jedem späteren Zeitpunkt durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete Notifikation erklären, dass dieses Übereinkommen auf alle oder einzelne der Gebiete anwendbar ist, für deren auswärtige Beziehungen er verantwortlich ist. Diese Notifikation wird drei Monate nach ihrem Eingang wirksam.

(4) Absatz (3) darf jedoch keinesfalls dahin ausgelegt werden, dass er für einen Vertragsstaat die Anerkennung oder stillschweigende Hinnahme der tatsächli711

Schutz der Hersteller von Tonträgern

chen Lage eines Gebiets in sich schliesst, auf das dieses Übereinkommen durch einen anderen Vertragsstaat aufgrund von Absatz (3) anwendbar gemacht wird.

Artikel 12 (1) Jeder Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete schriftliche Notifikation im eigenen Namen oder im Namen einzelner oder aller der in Artikel 11 Absatz (3) bezeichneten Gebiete kündigen.

(2) Die Kündigung wird zwölf Monate nach dem Tag wirksam, an dem die Notifikation beim Generalsekretär der Vereinten Nationen eingegangen ist.

Artikel 13 (1) Dieses Übereinkommen wird in einer einzigen Ausfertigung in englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache unterzeichnet; die vier Texte sind gleichermassen verbindlich.

(2) Amtliche Texte werden vom Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum nach Konsultierung der beteiligten Regierungen in arabischer, deutscher, italienischer, niederländischer und portugiesischer Sprache hergestellt.

(3) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen notifiziert dem Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum, dem Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur sowie dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamts a) die Unterzeichnungen dieses Übereinkommens; b) die Hinterlegung von Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunden; c) den Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens; d) jede Erklärung, die gemäss Artikel 11 Absatz (3) notifiziert worden ist, und e) den Eingang der Notifikationen von Kündigungen.

(4) Der Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum unterrichtet die in Artikel 9 Absatz (1) bezeichneten Staaten über die Notifikationen, die bei ihm gemäss Absatz (3) eingegangen sind, und über alle gemäss Artikel 7 Absatz (4) abgegebenen Erklärungen. Er notifiziert diese Erklärungen auch dem Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur sowie dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamts.

(5) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt den in Artikel 9 Absatz (1) bezeichneten Staaten zwei beglaubigte Abschriften dieses Übereinkommens.

712

Schutz der Hersteller von Tonträgern

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Genf am 29. Oktober 1971.

Es folgen die Unterschriften

3347

713

Amtlicher deutscher Text nach Artikel 12 Absatz 2

Übereinkommen über die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale Abgeschlossen am 21. Mai 1974

Die Vertragsstaaten, im Bewusstsein, dass die Verwendung von Satelliten für die Verbreitung programmtragender Signale sowohl im Umfang als auch in der geographischen Reichweite rasch zunimmt; in Besorgnis darüber, dass es kein weltweites System gibt, um die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale durch Verbreiter zu verhindern, für die sie nicht bestimmt sind, und dass dieser Mangel die Verwendung von Satellitenverbindungen beeinträchtigen kann; in Anerkennung der diesbezüglichen Bedeutung der Interessen der Urheber, der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen; in der Überzeugung, dass ein internationales System errichtet werden soll, das Massnahmen vorsieht, um die Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale durch Verbreiter zu verhindern, für die sie nicht bestimmt sind; eingedenk der Notwendigkeit, bereits in Kraft befindliche internationale Übereinkünfte, einschliesslich des Internationalen Fernmeldevertrags und der zugehörigen Vollzugsordnung für den Funkdienst, in keiner Weise zu beeinträchtigen und insbesondere die weitere Annahme des Abkommens von Rom vom 26. Oktober 1961, das den ausübenden Künstlern, den Herstellern von Tonträgern und den Sendeunternehmen Schutz gewährt, in keiner Weise zu behindern, haben folgendes vereinbart:

Artikel l Für die Zwecke dieses Übereinkommens bedeutet i) «Signal» einen elektronisch erzeugten, zur Übertragung von Programmen geeigneten Träger; ii) «Programm» eine aufgenommene oder nicht aufgenommene Gesamtheit von Bildern, Tönen oder beiden, die in den letztlich zum Zweck der Verbreitung ausgestrahlten Signalen enthalten ist; iii) «Satellit» jede zur Übertragung von Signalen geeignete Vorrichtung im ausserirdischen Raum;

714

Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale

iv) «ausgestrahltes Signal» jedes an oder über einen Satelliten geleitete programmtragende Signal; v) «abgeleitetes Signal» ein Signal, das durch Änderung der technischen Merkmale des ausgestrahlten Signals gewonnen wird, gleichviel ob inzwischen eine oder mehrere Festlegungen vorgenommen worden sind; vi) «Ursprungsunternehmen» die natürliche oder juristische Person, die darüber entscheidet, welches Programm die ausgestrahlten Signale tragen werden; vii) «Verbreiter» die natürliche oder juristische Person, die über die Übertragung der abgeleiteten Signale an die Allgemeinheit oder einen Teil der Allgemeinheit entscheidet; viii) «Verbreitung» die Tätigkeit, durch die ein Verbreiter abgeleitete Signale an die Allgemeinheit oder einen Teil der Allgemeinheit überträgt.

Artikel 2 (1) Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, angemessene Massnahmen zu treffen, um die Verbreitung von programmtragenden Signalen in seinem Hoheitsgebiet oder von seinem Hoheitsgebiet aus durch einen Verbreiter zu verhindern, für den die an den Satelliten ausgestrahlten oder darüber geleiteten Signale nicht bestimmt sind. Diese Verpflichtung gilt für den Fall, dass das Ursprungsunternehmen Staatsangehöriger eines anderen Vertragsstaats ist und die verbreiteten Signale abgeleitete Signale sind.

(2) In jedem Vertragsstaat, in dem die Anwendung der in Absatz l vorgesehenen Massnahmen zeitlich begrenzt ist, wird deren Dauer durch innerstaatliche Rechtsvorschriften festgelegt. Diese Dauer wird dem Generalsekretär der Vereinten Nationen bei der Ratifikation, der Annahme oder dem Beitritt oder, wenn die diesbezüglichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften später in Kraft treten oder geändert werden, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Rechtsvorschriften oder ihrer Änderung schriftlich notifiziert.

(3) Die in Absatz l vorgesehene Verpflichtung gilt nicht für die Verbreitung von abgeleiteten Signalen, die von Signalen stammen, die bereits durch einen Verbreiter, für den die ausgestrahlten Signale bestimmt waren, verbreitet worden sind.

Artikel 3 Dieses Übereinkommen ist nicht anzuwenden, wenn die von dem Ursprungsunternehmen oder für dieses ausgestrahlten Signale dazu bestimmt sind, von der Allgemeinheit unmittelbar vom Satelliten empfangen zu werden.

Artikel 4 Kein Vertragsstaat ist verpflichtet, die in Artikel 2 Absatz
l vorgesehenen Massnahmen anzuwenden, wenn die in seinem Hoheitsgebiet durch einen Verbreiter, für den die ausgestrahlten Signale nicht bestimmt sind, verbreiteten Signale

715

Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragendeu Signale

i) kurze, aus Berichten über Tagesereignisse bestehende Auszüge aus dem von den ausgestrahlten Signalen getragenen Programm tragen, jedoch nur in dem durch den Informationszweck der Auszüge gerechtfertigten Ausmass, oder ii) als Zitate kurze Auszüge aus dem von den ausgestrahlten Signalen getragenen Programm tragen, vorausgesetzt, dass die Zitate anständigen Gepflogenheiten entsprechen und durch ihren Informationszweck gerechtfertigt sind, oder, iii) falls es sich um das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats handelt, der nach der bestehenden Übung der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Entwicklungsland angesehen wird, ein von den ausgestrahlten Signalen getragenes Programm tragen, vorausgesetzt, dass die Verbreitung ausschliesslich zu Zwecken des Unterrichts, einschliesslich der Erwachsenenbildung, oder der wissenschaftlichen Forschung geschieht.

Artikel 5

Kein Vertragsstaat ist verpflichtet, dieses Übereinkommen auf Signale anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat ausgestrahlt worden sind.

Artikel 6

Dieses, Übereinkommen darf in keiner Weise als Beschränkung oder Beeinträchtigung des Schutzes ausgelegt werden, der den Urhebern, ausübenden Künstlern, Herstellern von Tonträgern oder Sendeunternehmen durch innerstaatliche Rechtsvorschriften oder internationale Übereinkünfte gewährt wird.

Artikel 7

Dieses Übereinkommen darf in keiner Weise als Beschränkung des Rechtes eines Vertragsstaats auf Anwendung seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Verhinderung von Monopolrnissbräuchen ausgelegt werden.

Artikel 8 (1) Mit Ausnahme der Absätze 2 und 3 sind keine Vorbehalte zu diesem Übereinkommen zulässig.

(2) Jeder Vertragsstaat, dessen innerstaatliche Rechtsvorschriften dies am 21. Mai 1974 vorsehen, kann durch eine beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegende schriftliche Notifikation erklären, dass für seine Zwecke die in Artikel 2 Absatz l enthaltenen Worte «für den Fall, dass das Ursprungsunternehmen Staatsangehöriger eines anderen Vertragsstaats ist» als durch die Worte «für den Fall, dass die Signale vom Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats aus ausgestrahlt werden» ersetzt angesehen werden.

716

Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale

(3) a) Jeder Vertragsstaat, der am 21. Mai 1974 den Schutz hinsichtlich der Verbreitung von programmtragenden Signalen durch Draht, Kabel oder andere ähnliche Verbindungsmittel an einen öffentlichen Abonnentenkreis beschränkt oder ausschliesst. kann durch eine beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegende schriftliche Notifikation erklären, dass er, soweit und solange seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften den Schutz beschränken oder ausschliessen, dieses Übereinkommen auf solche Verbreitungen nicht anwenden wird.

b) Jeder Staat, der eine Notifikation nach Buchstabe a hinterlegt hat, hat dem Generalsekretär der Vereinten Nationen jede Änderung seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften, durch die der Vorbehalt nach dem genannten Buchstaben unanwendbar oder in seiner Tragweite eingeschränkt wird, innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Inkrafttreten schriftlich zu notifizieren.

Artikel 9

(1) Dieses Übereinkommen wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt. Es liegt bis zum 31. März 1975 für jeden Staat zur Unterzeichnung auf, der Mitglied der Vereinten Nationen, einer der mit den Vereinten Nationen in Beziehung gebrachten Sonderorganisationen oder der Internationalen Atomenergie-Organisation oder Vertragspartei des Statuts des Internationalen Gerichtshofs ist.

(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation oder Annahme durch die Unterzeichnerstaaten. Es steht jedem der in Absatz l bezeichneten Staaten zum Beitritt offen.

(3) Die Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunden werden beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.

(4) Es besteht Einverständnis darüber, dass jeder Staat in dem Zeitpunkt, in dem er durch dieses Übereinkommen gebunden wird, nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften in der Lage sein muss, den Bestimmungen dieses Übereinkommens Wirkung zu verleihen.

Artikel 10

(1) Dieses Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

(2) Für jeden Staat, der dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der fünften Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde ratifiziert, annimmt oder ihm beitritt, tritt das Übereinkommen drei Monate nach Hinterlegung seiner Urkunde in Kraft.

717

Verbreitung der durch Satelliten übertragenen programmtragenden Signale

Artikel 11 (1) Jeder Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen durch eine beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegende schriftliche Notifikation kündigen.

(2) Die Kündigung wird zwölf Monate nach dem Tag des Eingangs der in Absatz l vorgesehenen Notifikation wirksam.

Artikel 12 (1) Dieses Übereinkommen wird in einer Urschrift in englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache unterzeichnet, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

(2) Amtliche Texte werden vom Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und vom Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum nach Konsultierung der beteiligten Regierungen in arabischer, deutscher, italienischer, niederländischer und portugiesischer Sprache hergestellt.

(3) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen notifiziert den in Artikel 9 Absatz l bezeichneten Staaten sowie dem Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, dem Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum, dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamts und dem Generalsekretär der Internationalen Fernmelde-Union i) die Unterzeichnungen dieses Übereinkommens; ii) die Hinterlegung von Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunden; iii) den Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach Artikel 10 Absatz l ; iv) die Hinterlegung jeder Notifikation nach Artikel 2 Absatz 2 oder nach Artikel 8 Absatz 2 oder 3 sowie ihren Wortlaut; v) den Eingang der Notifikationen von Kündigungen.

(4) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt allen in Artikel 9 Absatz l bezeichneten Staaten zwei beglaubigte Abschriften dieses Übereinkommens.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Brüssel am 21. Mai 1974.

Es folgen die Unterschriften 3347

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zu einem Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG), zu einem Bundesgesetz über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen (Topographiengesetz, ToG) sowie zu einem Bundesbeschluss ...

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39

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