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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über das Begnadigungsgesuch des wegen Werbung verurtheilten Rudolph Mathys in Bern.

(Vom 18. Dezember 1880.)

Tit.

Im November 1879 wurde in Bern auf die Klage eines Angeworbenen eine Untersuchung gegen zwei Werber eröffnet, wobei R u d o l p h M a t h y s von Niederhünigen (Bern), geb. 1855, ledig, Schlosser, überwiesen wurde, sich der Werbung schuldig gemacht, und speziell im November vorigen Jahres 4 junge Männer für den holländisch-indischen Militärdienst angeworben und sie selbst in das Depot nach Harderwyk (Holland) begleitet zu haben. Er hat auch selbst dieses Gewerbe eingestanden.

Mathys machte sich auch noch einer Unterschlagung schuldig, indem er den von einem Angeworbenen in Harderwyk erhaltenen Betrag von 40 holländischen Gulden nicht an die ihm aufgegebene Adresse ablieferte.

Wegen dieser beiden Handlungen wurde Mathys von der Polizeikammer des Appellations- und Kassationshofes des Kantons Bern am 28. April 1880 zu 4 Monateu Korrektionshausstrafe, 100 Franken Buße und 5 Jahren Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit verurtheilt, ohne daß ein bestimmter Antheil der Strafe für die Unterschlagung besonders herausgehoben worden wäre.

714 Kaum zwei Tage nach dieser Verurtheilung, nämlich am 30. April 1880, machte Mathys sich einer neuen Werbung schuldig, für welche er am 29. Juli von dem korrcktionellen Gerichte des Kantons Bern zu drei Monaten Gefangenschaft, 100 Franken Buße und ein Jahr Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit vorurtheilt wurde.

Mathys befindet sich seit dem 7. September 1880 zur Abbüßung der in diesen beiden Urtheilen ausgesprochenen Gefängnißstrafen in der Strafanstalt zu Thorberg. Die Bußen von 200 Franken konnte er nicht bezahlen; sie sind deßhalb gemäß Artikel 8 des Bundesstrafgesezes vom 4. Februar 1853 in weitere 40 Tage Gefängniß umzuwandeln, so daß die ganze Strafzeit desselben 8 Monate und 10 Tage beträgt.

Mit einer Eingabe vom 22. November 1880 petitionirt Mathys dahin, daß ihm der Rest oder doch ein Theil der Gefängnißstrafe in Gnaden erlassen werden möchte. Er sei zur Werbung verfuhrt worden, und habe damit bei der gegenwärtigen verdienstlosen Zeit mehr zu gewinnen gesucht, um seinen alten arbeitsunfähigen Vater unterstüzen zu können. Er sei sonst noch nie bestraft worden.

Mathys verspricht, in Zukunft durch ehrliche Arbeit seinen Unterhalt zu verdienen, und bittet, ihn in diesem Bestreben zu ermuthigen.

Dieses Gesuch ist auch von dem Vater des Petenten unterzeichnet, und von dem Verwalter der Strafanstalt in Thorberg zur Berüksichtigung empfohlen. Der leztere spricht sich dahin aus, daß man mit dem Botragen des Mathys zufrieden sei, und daß derselbe fleißig arbeite.

Die Regierung des Kantons Bern erklärte dagegen, daß sie dieser Empfehlung sich nicht anschließen könne. Mathys scheine, abgesehen von den erwähnten zwei Urtheilen, allerdings noch niemals bestraft worden zu sein. Es werde ihm aber in den Berichten der Ortspolizeibehörde vorgehalten, daß er arbeitsscheu sei und in Gesellschaft von Werbern und schlecht beleumdeten Personen sich herumtreibe. Es sei nicht anzunehmen, daß die Werbungen, deren er überführt worden, die einzigen seien, die er vorgenommen. Auch spreche nicht zu seinen Gunsten, daß er während der Untersuchung fortwährend hartuäkig geleugnet habe. Endlich komme in Betracht, daß er die Werbung fortgesezt habe, während noch die erste Untersuchung gegen ihn im Gange gewesen.

Auch wir können die Petition des Rudolph Mathys ebenfalls nicht unterstüzen und müssen um so mehr auf eine strenge Vollziehung des Bundesgesezes betreffend das Verbot der Werbung

715 halten, als damit verschiedene andere soziale Uobelstände, z. B.

Fälschung der Legitimationspapiere, Hang zum Herumziehen u. dgl.

verbunden sind. Wir schließen uns daher der Ansicht der Regierung von Bern an und stellen den Antrag, es sei in die Petition des Rudolph Mathys nicht einzutreten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 18. Dezember 1880.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schieß.

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über das Begnadigungsgesuch des wegen Werbung verurtheilten Rudolph Mathys in Bern. (Vom 18. Dezember 1880.)

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1880

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55

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24.12.1880

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713-715

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