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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Erweiterung des Exerzir- und Schießplazes in Frauenfeld.

(Vom 16. November 1880.)

Tit.

Bis zum Jahre 1860 war es der Artillerie im Osten der Schweiz einzig auf dem Exerzirplaz in Zürich möglich, mit glatten Geschüzen bis auf 1000 Schritte zu schießen; andere Pläze, St. Gallen, Aarau und Luzern, boten nicht einmal diese Schußweite. Mit der Einführung der gezogenen Vorderlader genügten derartige Distanzen jedoch nicht mehr, und es war deßhalb eine Verlängerung der Schußweiten absolut unumgänglich. Da auf dem bisherigen Waffenplaze hiezu nicht Hand geboten werden konnte, mußte die Gewinnung eines größern Artilleriewaffenplazes für die Ostschweiz immer mehr ins Auge gefaßt werden, und es ward um so dringender, als eine stärkere Belastung des Waffenplazes Thun nicht anging, überdies eine solche Kombination nur große Reisekosten für Rekrutenund Wiederholungskurse für die Korps der Artillerie der Ostschweiz verursacht hätte.

Die Offerte der Bürgergemeinde Frauenfeld, unter Umständen einen Theil des Vermögens der Gemeinde zur Erstellung eines neuen Waffenplazes zu verwenden, welcher nach damaligen Anschauungen den Bedürfnissen der Artillerie entsprach, wurde von

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den eidgenössischen Militärbehörden gerne entgegen genommen, und es gelang denselben, hiedurch auf dem Vertragswege der Artillerie neben den bestehenden Waffenpläzen zu Thun und Bière einen durchaus unentbehrlichen dritten Plaz im Osten der Schweiz anzuweisen. Nach einläßlichen Verhandlungen kam unterm 14. Mai und 30. August 1862 zwischen der Bürgergemeinde Frauenfeld und dem schweizerischen Militärdepartement ein Vertrag zu Staude, nach welchem erstere sich zur Erstellung einer Kaserne für 700 Mann, 2 Reitbahnen und Stallungen für 224 Pferde nebst den nöthigen Munitions- und Fouragcmagazinen verpflichtete und ein Exerzirfeld auf dem linken Thurufer zur Verfügung stellte, welches vom Ziel ab auf die Länge von 1100 Metern eine Frontbreite von 200 Metern bot, sich von da hinweg bis auf eine Distanz von 1900 Metern auf 400 Meter erweiterte und in der Verlängerung bis auf 2400 Meter dagegen nur noch 100 Meter breit war. Die diesfalls zur Disposition gestellte Fläche hatte einen Inhalt von 134 Jucharten. Die Gemeinde Frauenfeld übernahm dabei die vollständige Möblirung der 'Ö Kaserne und den Unterhalt, sowie denjenigen der sämmtlichen Gebäude und die Entschädigungen für durch Schießübungen entstehenden Landschaden ; der Bund dagegen verpflichtete sich zur Zahlung einer jährlichen Miethe von Fr. 13,500 auf eine Vertragsdauer von 15 Jahren, und überließ der Gemeinde den Pachtzins der Kantine und die Verwerthung des abfallenden Düngers u. s. w.

Die Kaserne wurde im Jahre 1864 bezogen. Bald nachher zeigte sich als unumgänglich nöthig : a. die Beschaffung eines, wenn auch kleinen Exerzirplazes bei der Kaserne; b. die Erwerbung des Landes zu einer seitwärts dem Exerzirfeld gewählten Stellung für Positionsartillerie ; c. die Erstellung eines größern Zeughauses zur Unterbringung des für den Waffenplaz nöthigen und bestimmten Schulmaterials.

Allen diesen Forderungen kam die Bürgergemeinde Frauenfeld in bereitwilliger Weise nach. Die daherigen Vereinbarungen wurden Ö O O jeweilen vertragsmäßig festgestellt und die sämmtlichen bisherigen Verträge sodann unterm 28. Juni 1868 in einen Hauptvertrag zusammengefaßt, wonach die Pachtzeit bis Ende des Jahres 1888 verlängert, der jährliche Pachtzins mit Einschluß der Jahresentschädigung für die auf 221/2 Jucharten erweiterte, sehr bequem und nahe an der Kaserne liegende Alimenti bei Kurzdorf auf Fr. 20,800 festgesezt wurde.

Bundesblatt. 32. Jahrg. Bd. IV.

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Bei dieser Neuordnung der Waffenplazverhältnisse wollte sich aber Frauenfeld gegenüber neuen Anforderungen sicher stellen und bewirkte, daß im Art. VIII des fraglichen Vertrages folgende Bestimmung beidseitig acceptirt wurde : ,,Sofern die Eidgenossenschaft, die Ausdehnung des Manövrir- und Schießplazes verlangt, so hat die Bürgergemeinde Frauenfeld mit Zustimmung der eidg. Behörde die benöthigten Landerwerbungen auszuführen, in welchem Falle ihr die Vergütung des Kaufpreises zugesichert wird.a Wenn auch damals schon die Wünschbarkeit einer größern Breitenausdelmung des Exerzirfeldes lebhaft empfunden wurde, so waren gegenüber der Gemeinde Frauenfeld größere Opfer nicht zu erzielen. Zudem war die Schußlinie für die damaligen Vorderlader vollständig genügend, auch hatten die Schulen zur Zeit einen wesentlich geringem Mannschaftsbestand als jezt, und man konnte sich, wenn auch etwas beengt, mit dem breitern Mittelstük der Allmend für das eigentliche Manövriren behelfen.

Auch heute besizt dieser Plaz in mancher Beziehung noch seine großen Vortheile, und wir erlauben uns diesfalls lediglich, auf die günstige Lage für die Artillerie der Ostschweiz, die billigen Lebensmittel und Fourage und die leichte Beschaffung der Pferde zu annehmbaren Miethpreisen hinzuweisen. Allein in den 17 Jahren seines Bestandes haben sich die Verhältnisse vielfach geändert, und es steigerten sich auch die Anforderungen in erheblichem Maße.

In der ersten Zeit seines Bestandes bot der sorgfältig hergestellte Exerzirplaz in seiner ganzen Ausdehnung eine schöne Rasenfläche dar; nach und nach änderte sich jedoch dieser Zustand.

Durch die vielen Fahrübungen infolge vermehrter Frequenz entstanden rasenlose Stellen und Vertiefungen, in welchen sich das Wasser ansammelte und der Exerzirplaz dadurch nach länger andauernder nasser Witterung mehr und mehr bodenlos wurde. Zwar hatte die Gemeinde Frauenfeld wiederholt durch geeignete Mittel diesem Uebelstande zu steuern gesucht, jedoch ohne Erfolg, da der Rasen von einem Jahr zum andern nicht genügend erstarken konnte.

Diese Verhältnisse wurden durch den wiederholten Austrift der Thur oberhalb des Exerzirfeldes noch mehr verschlimmert. Was aber außer diesen Elementarereignissen hauptsächlich die Uubrauchbarkeit des Exerzirplazes von Jahr zu Jahr noch vergrößert, ist der Umstand, daß
der Waffenplaz Frauenfeld seit dem Inkrafttreten der neuen Militärorganisation jährlich vom Monat März hinweg bis Mitte November mit Rekrutenschulen und Wicderholungskursen der Artillerie belegt werden muß, welche stärker besucht sind und eine längere Dauer haben als früher, daß sodann häufiger und rascher manövrirt wird als im vorigen Jahrzehnt, und daß demzufolge das

385 Terrain in größerem Maße in Anspruch genommen wird. Kommt hiezu noch häufiges Regenwetter, so wird, wie im Laufe dieses Jahres, der Exerzirplaz zu einem wahren Sumpf, und es kann, wie bei den Uebungeri im August d. J., der Fall vorkommen, daß ein Pferd derart steken geblieben und stürzte, daß es dabei einen Beinbruch erlitt und abgestochen werden mußte.

Was unter solchen Umständen jährlich an Material zu Grunde geht und von welch' schädlichen Einflüssen solche Verhältnisse auf die Gesundheit von Mannschaft und Pferden sind, braucht wohl nicht weiter auseinandergesezt zu werden. Zu allem diesem kommt noch, daß der jezige Exerzirplaz mit Rüksicht auf seine abnorme Konfiguration, wegen der ihn durchschneidenden Wassergräben und seiner nur für eine Batterie Plaz bietenden Breite auf die wichtigsten größern Distanzen ein richtiges Manövriren von zwei Batterien nur in ungenügender Weise gestattet. Es erfolgt hieraus, daß die daselbst instruirten Truppen unmöglich denjenigen Grad von Manövrirfähigkeit erlangen können, welcher heute von unsern fahrenden Batterien verlangt werden muß und der auf dem Waffenplaze Thun und theilweise auch in Bière erzielt werden kann.

Eine wesentliche Erweiterung des Exerzirplazes Frauenfeld wird daher auch aus rein militärischen Gründen zum dringenden Bedürfhiß; sodann bietet eine solche das einzige Mittel, um den bisherigen Plaz wieder in Ordnung zu bringen und hierdurch die weitere Ausnuzuog desselben , auf welchen man nun einmal angewiesen ist, zu ermöglichen.

Die Bürgergemeinde Frauenfeld lehnt diesfalls entschieden ab, weitere Opfer zu bringen, und stüzt sich auf die bereits angeführte Bestimmung des bestehenden MiethVertrages, nach der sie nur gehalten ist, der Eidgenossenschaft bei allfällig nothwendigen Landerwerbungen in näher bezeichneter Weise an die Hand zu gehen.

Eine seinerzeit von unserm Militärdopartement niedergesezte Kommission für Prüfung verschiedener, die Artilleriewaffenpläze betreffenden Fragen kommt in ihrem Berichte, indem sie die hievor geschilderten Verhältnisse bestätigt, zu dem Schlüsse, es sei die Frauenfelder Allmend zu vergrößern durch Hinzufügen eines Komplexes auf der Südgrenze in der Länge von zirka 1200 Metern und in einer ungefähren Breite von 400 Metern. Die Kommission bemerkt dabei, es müsse diese Forderung als das Minimum
bezeichnet werden, wodurch unter obwaltenden Verhältnissen Abhilfe der jezigen Mißstände zu erwarten sei.

Wie wir bereits Eingangs näher ausgeführt haben, ist es unmöglich, die Artilleriekurse so zusammen zu drängen, daß dieselben

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in Thun und Bière Plaz finden. Die Beibehaltung eines ostsehweizerischen Waffenplazes dieser Art ist daher unausweichlich und duröh den Wegfall kostspieliger Militärtransporte auch im finanziellen Interesse des Bundes.

Nach Zürich, wo inzwischen ähnliche Schußweiten erstellt wurden, können Artilleriekurse nur bedingt verlegt werden, weil jene Anlagen in erster Linie für die Infanterie der VI. Division bestimmt sind und diesen Uebungen der Vortritt gehört und länger dauernde Feldartilleriekurse neben diesen ohne beidseitige Beeinträchtigung der Instruktion unzuläßig sind.

Bei dieser Sachlage bleibt nichts Anderes übrig, als die Verhältnisse in Frauenfeld in der von der Kommission vorgeschlagenen Art umzugestalten und auf eine angemessene Erweiterung des dortigen Exerzirfeldes Bedacht zu nehmen, um einerseits das gegenwärtige Terrain zu entlasten und wieder zu berasen, andererseits um die nothwendige dienstliche Ausbildung der Truppen zu ermöglichen. Verhandlungen, welche in dieser Richtung stattfanden, führten unterm 16. Oktober 1880 zu einem vorläufigen Vertrag zwischen unserm Militärdepartement und der Bürgergemeinde Frauenfeld. Nach demselben verpflichtet sich die loztere, bei den betreffenden Grundeigentümern diejenigen Schritte einzuleiten, um die auf der südöstlichen Langseite des jezigen Exerzirf'eldes in Aussicht genommene Erweiterung durchzuführen. Bei diesen Erwerbungen sollen als Werthmesser die in den lezteu Jahren in den verschiedenen örtlichen Lagen erfolgten Handänderungen zur Grundlage dienen, und es sollen ferner die auf dieser Grundlage erfolgenden Ankäufe unter dein Vorbehalte abgeschlossen werden, daß der Eigenthumsantritt erst auf nächsten Monat Januar stattfinde und den Bundesbehörden überdies die Genehmigung der Verträge vorbehalten bleibe.

Im Fernern verpflichtet sich die Gemeinde, nach diesem Vertrage die nothwendig werdende Versezung eines Blokhauses, sowie die Korrektion des Katzenbaches, beziehungsweise die Ableitung aller bestehenden Wasserrinnen ostwärts in die Thur und die damit zusammenhängenden Terrainausebnungen in eigenen Kosten zu übernehmen oder sich an deren Ausführung auf Rechnung der Eidgenossenschaft mit einer Baarleistung von Fr. 10,000 zu betheiligen.

Ueber die zu dieser Erweiterung nöthige Fläche wurde ein Katasterplan aufgenommen, in den
Handänderungsprotokollen die in den lezten Jahren maßgebenden Güterpreise ermittelt und sodann die unerläßlichen Bach- und Wegkorrektionen möglichst genau devisirt, überhaupt über die diesfalls für den Bund entstehenden Kosten eine möglichst genaue Grundlage zu schaffen gesucht, deren Ergebniß sich wie folgt beziffert:

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Landerwerb einer 100 Jucharten großen Fläehe, inkl. Minderwerthsvergütungen Fr. 90,500 Entwässerungs- und Kanalbauten ,, 10,428 Weg- und Brükenbauten Anpflanzungen .

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,, 10,919 .

4,440 Fr. 116,287

Hievon ab : Abbruchswerth eines Gebäudes und Erlös aus einer Anzahl Obstbäumen

,,

2,920

Fr. 113,367 welche Summe um den Betrag des Unvorhergesehenen zu vermehren , dagegen um einen Theil des von der Gemeinde Frauenfeld zugesagten Beitrages zu reduziren wäre.

Um über die finanzielle Tragweite der Angelegenheit sichere Grundlagen zu schaffen, sind in unserm Auftrage durch den Vorstand der Gemeinde Frauenfeld bereits eventuelle Verkaufsabschlüsse über eine Gesammtfläche von rund Ü6 Jucharten gemacht worden, welche gegenüber dem Kostenvoranschlage ein Plus von nur zirka Fr. 3000 ergeben.

Mit Rüksicht hierauf, sowie auf den Umstand, daß in einzelnnen Lagen gar keine unserer Angebote, weil zu niedrig, acceptirt wurden, glauben wir die Gesammtkosteu der Erweiterung des Waffenplazes auf Fr. 120,000 veranschlagen zu sollen, und halten dafür, daß dieser Betrag von der Bundeskasse vorzuschießen und inner acht Jahren, also während der Dauer des Waffenplazvertrages Frauenfeld mit jährlich Fr. 15,000 zu amortisiren sei.

Gestüzt auf diese Ausein and ersezungen empfehlen wir Ihnen nachstehenden Beschlußentwurf zur gefälligen Annahme, und benuzen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. November 1880.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß.

388 (Entwurf)

Bundes!)escili uP> betreffend

Erweiterung des Artillerie-Exerzir- und Schießplazes in Frauenfeld.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenoßenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 16. Wintermonat 1880, beschließt: 1. Dem Bundesrathe wird für die Erweiterung des Artillerie-Exerzir- und Schießplazes in Frauenfeld ein Kredit bis auf Fr. 120,000 bewilligt.

2. Diese Summe ist in acht jährlichen Raten von je Fr. 15,000 auf das ordentliche Jahresbüdget zu nehmen, der Bundesrath jedoch ermächtigt, den ganzen Betrag behufs Abzahlung der angekauften Liegenschaften und der übrigen aus dieser Erweiterung entstandenen Kosten vorschußweise aus der Bundeskasse zu bezahlen.

3. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Erweiterung des Exerzir- und Schießplazes in Frauenfeld. (Vom 16. November 1880.)

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27.11.1880

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