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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über den Rekurs J. M. Bläsi & Consorten aus dem Kanton Graubünden, betreffend Ausübung der thierärztlichen Praxis durch Laien.

(Vom 13. Dezember 1880.)

Tit.

Mit Auszug aus dem Protokoll des Nationalrathes vom 3. 1. Mts.

haben Sie uns einen Rekurs von Thierarzt J. M. Bläsi & Consorten, d. d. Klosters, 30. November 1880, gegen unsern Beschluß vom 2. Juli abbin, betreffend Ausübung der thierärztlichen Praxis durch Laien, zur Berichterstattung überwiesen.

Indem wir uns beehren, Ihnen die sämmtlichen Vorakten, sowie unsern Beschluß vom 2. Juli 1880 (siehe Seite 3 hienach) zu übermachen, haben wir dem leztern nur noch folgende zwei Bemerkungen beizufügen : 1. Artikel 33, den die Rekurrenten anrufen, lautet im ersten Alinea folgendermaßen : ,,Den Kantonen bleibt es anheimgestellt, die Ausübung der ,,wissenschaftlichen Berufsarten von einem Ausweise der Befähigung ,,abhängig zu machen."

Der Kanton Graubünden verlangt nun allerdings von Thierärzten einen solchen Ausweis und kann somit allen den Personen, die einen solchen Ausweis nicht besizen, verbieten, die Thierheilkund

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auf seinem Gebiete auszuüben. Ganz anders aber verhält es sieh mit dem Verlangen, welches die Bundesbehörde in Gemäßheit des Bundesgesezes vom 8. Februar 1872 über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen aufstellen kann. Dieses Verlangen ist einerseits kategorischer als Artikel 33 der Bundesverfassung, geht aber andererseits nicht so weit, als das der Kantone gehen kann. Nach dem zitirten Bundesgeseze kann nämlich auch da, wo ein Kanton von dem ihm laut Artikel 33 der Bundesverfassung zustehenden Rechte keinen Gebrauch gemacht hat, d. h. die Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten, in casu des thierärztlichen, von einem Ausweise der Befähigung nicht abhängig macht, verlangt werden, daß diejenigen Funktionen, welche jenes Gesez ausdrüklich Thierärzteu überträgt, ausschließlich von p a t e n t i r t e n Thierärzten ausgeübt werden ; andererseits können die Kantone verlangen, daß sämmtliche zur Heilung und Vorbeugung von Thierkrankheiten, Fleischinspektion etc.

gehörigen Funktionen nur durch patentirte Thierärzte ausgeübt werden ; das Bundesgesez vom 8. Februar l872 verlangt dagegen nur, daß diejenigen Funktionen, welche jenes Gesez und die auf demselben beruhenden eidgenössischen Réglemente ausschließlich Thierärzten übertragen, von keinen andern Personen als Thierärzten ausgeübt werden. Mit Dispositiv 1 unserer Schlußnahme vom 2. Juli 1880 haben wir die Regierung des Kantons Graubünden eingeladen, dahin zu wirken, daß die leztern Funktionen im Kanton Graubünden, wo immer möglich, durch Thierärzte ausgeübt werden. Weiter zu gehen und vorzuschreiben, daß auch die übrigen Funktionen, welche zur Ausübung der Thierheilkunde gehören, ausschließlich von Thierärzten ausgeübt werden, liegt nicht in der Kompetenz der Bundesbehörde.

2. Während die Rekurrenten es unterlassen haben, in ihrer Eingabe vom 3. Juni 1879 spezielle Fälle, in denen gewerbsmäßige Ausübung thierärztlicher Praxis seitens hiezu unbefugter Personen stattgefunden hat, anzugeben, verzeigen sie in ihrer neuesten Eingabe vom 30. November abhin an die h. Bundesversammlung eine Anzahl solcher Fälle. Mit Rüksicht hierauf und da der Kleine Rath des Kantons Graubünden in seiner Vernehmlassung vom 5. November 1879 sich bereit erklärt hat, die betreffenden Personen zu verfolgen, b e a n t r a g e n wir Ihnen : Sie möchten, unter Aufrechthaltung
unseres Beschlusses vom 2. Juli 1. Js., die Rekursbeschwerde, d. d. 30. November, dem Bundesrathe überweisen, damit derselbe eine Untersuchung über die thatsächliche Richtigkeit der darin gemachten und in der ursprünglichen Rekurseingabe nicht enthaltenen Angaben veranstalte, und

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zutreffendenfalls dahin wirke, daß die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesezes über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen strikte Anwendung finden.

Wir benuzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 13. Dezember 1880.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schieß.

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Bundesrathsbeschluss in

Sachen J. M. Bläsi, Thierarzt, in Klosters (Graubünden), betreffend Ausübung der thierärztlichen Praxis durch Laien.

(Vom 2. Juli 1880.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s rat h hat in Sachen des Hrn. J. M. Bläsi, Thierarzt in Klosters, Kantons Graubünden, betreffend die Ausübung der thierärztlichen Praxis im Kanton Graubünden; nach angehörtem Bericht des eidgen. Handels- und Landwirthschaftsdepartements und nach Einsicht der Akten , woraus sich ergeben : Mit Eingabe vom 3. Juni 1879, dem Handels- und Landwirthsschaftsdepartement vom eidgen. Departement des Innern am 24. No-

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über den Rekurs J. M. Bläsi & Consorten aus dem Kanton Graubünden, betreffend Ausübung der thierärztlichen Praxis durch Laien. (Vom 13. Dezember 1880.)

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24.12.1880

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704-706

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