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Weltpostverein.

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Vertrag betreffend

die Auswechslung von Poststüken ohne Werthangabe, abgeschlossen zwischen

Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Egypten, Spanien, Frankreich, Großbritannien und Irland, Britisch Indien, Italien, Luxemburg, Montenegro, Niederland, Persico, Portugal, Rumänien, Serbien, Schweden und Norwegen, der Schweiz und der Türkei.

Nachdem die Regierungen von Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Egypten, Spanien, Frankreich, Großbritannien und Irland, Britisch Indien, Italien, Luxemburg. Montenegro, Niederland, Persien, Portugal, Rumänien, Serbien, Schweden und Norwegen, der Schweiz und der Türkei die Absicht kund gegeben, die Handelsbeziehungen zwischen ihren Ländern durch den Austausch von Stüken ohne Werthdeklaration .vermittelst der Post zu erleichtern, haben die Unterzeichneten, zu diesem Zweke mit in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten versehen, folgende Bestimmungen vereinbart:

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Artikel 1.

1) Es können von einem der obgenannten Länder nach einem andern dieser Länder, unter der Benennung P o s t s t ü k e , Gegenstände ohne Werthangabe bis zum Gewicht von 3 Kilogramm versandt werden.

2) Das Ausführungsreglement sezt die übrigen Bedingungen fest, unter welchen die Stüke zur Beförderung angenommen werden.

Artikel 2.

1) Die Transitfreiheit ist auf dem Gebiete jedes der beitretenden Länder gewährleistet, und es übernehmen die bei dem Transport mitwirkenden Postanstalten die Verantwortlichkeit inner der durch Art. 11 hienach festgesezten Grenzen.

2) Wenn die betheiligten Post Verwaltungen nicht andere Verabredungen treffen, so werden die Poststüke zwischen nicht angrenzenden Ländern einzeln befördert.

Artikel 3.

1) Die Verwaltung des Ursprungslandes entrichtet jeder Verwaltung, welche den Landtransit besorgt, eine Gebühr von 50 Centimen für jedes Stük.

2) Wenn die Beförderung zur See stattfindet, so entrichtet die Verwaltung des Ursprungslandes überdies jeder Verwaltung, deren Kurse bei dem Transport zur See mitwirken, eine Gebühr, deren Betrag für jedes Stük festgesezt wird wie folgt: Auf 25 Centimen für jede Streke bis 500 Seemeilen ; auf 50 Ct. für jede Streke über 500 bis 1000 Seemeilen; ,, l Fr. ,, ,, ,, ,, 1000 ,, 3000 ,, 2 ,, ,, ,, ,, ,, 3000 ,, 6000 ,, 3 ,, ,, ,, ,, ,, 6000 Seemeilen.

Diese Streken werden vorkommendenfalls nach der Durchschnitts-Entfernung zwischen den betreffenden Häfen der beiden mit einander verkehrenden Länder bemessen.

Artikel 4.

Die Frankirung der Poststüke ist obligatorisch.

668 Artikel 5.

V) Die Taxe jedes Poststükes beläuft sich auf so viel Mal 50 Centimen, oder den entsprechenden Betrag in der betreffenden Laudeswährung, als Postverwaltungen bei dem Landtransport mitwirken, wobei vorkommendenfalls die im Art. 3, Ziffer 2 vorgesehene Seetransitgebühr beigefügt wird. Die in anderer als der Frankeuwähruug zu beziehenden Beträge werden durch das Ausführungsreglemeut festgesezt.

2) Als Uebergangsmaßregel wird jedem der kontrahireuden Länder die Befugniß eingeräumt, die Poststüke von und nach seinen Bureaux einer Zuschlagtaxe von je 25 Centimen zu unterwerfen.

Diese Zuschlagtaxe wird ausnahmsweise für Großbritannien und Irland auf 50 Centimen, für Britisch Indien und Persien auf 75 Centimen und für Schweden auf l Franken von jedem Stük erhöht.

3) Die zwischen dem Kontinent von Frankreich einerseits, Algerien und Corsica andererseits, sowie zwischen dem Kontinent von Italien und den Inseln Sizilien und Sardinien beförderten Stüke unterliegen ebenfalls einer Zuschlagtaxe von 25 Centimen.

Artikel 6.

Die versendende Verwaltung vergütet für jedes Stük : a. der Bestimmungspostanstalt 50 Centimen, vorkommendenfalls mit Beifügung der im Art. 5, Ziffer 2 und 3 vorgesehenen Zuschlagtaxen ; b. eventuell der Verwaltung jedes Transitlandes die durch Art. 3 festgesezten Gebühren.

Artikel 7.

Dem Bestimmungsland steht frei, vom Adressaten für die Bestellung und die Besorgung der Zollformalitäten eine Gebühr zu beziehen, deren Gesammtbetrag 25 Cent, für jedes Stük nicht übersteigen darf.

Artikel 8.

Die durch gegenwärtigen Vertrag berührten Stüke dürfen mit keinen andern postalischen Gebühren belastet werden als denjenigen, die in den Artikeln 3, 5, 7 und 9 vorgesehen sind.

669 Artikel 9.

Poststüke, welche wegen Aufenthaltsveränderung des Adressaten von einem Land in das andere weiter spedirt oder welche als unbestellbar an den Aufgabeort zurükgesandt werden, unterliegen neuerdings den durch Art. 5 festgesezten Taxen zu Lasten der Adressaten, beziehungsweise der Aufgeber, unbeschadet der Vergütung der entrichteten Zollgebühren.

Artikel 10.

Es ist untersagt, mit der Post Sendungen zu befördern, welche, seien es Briefe oder den Charakter einer Korrespondenz tragende Notizen, seien es Gegenstände, welche nach den zollamtlichen oder andern Gesezen und Reglementen unzuläßig sind, enthalten.

Artikel 11.

\. Bei Verlust oder Beschädigung von Poststüken hat der Versender oder, auf sein Begehren, der Adressat, den Fall höherer Gewalt ausgenommen, Anspruch auf eine dem wirklichen Verlust oder Schaden entsprechende Vergütung, wobei jedoch leztere Fr. 15 nicht übersteigen darf.

2. Die Verpflichtung zur Entschädigunssleistung liegt der Verwaltung, welcher das Aufgabobüreau angehört, ob. Dieser Verwaltung ist der Regreß gegen diejenige Verwaltung vorbehalten, auf deren Gebiet oder in deren Dienst der Verlust oder die Beschädigung stattgefunden hat.

3. Bis zur Leistung des Gegenbeweises fällt die Verantwortlichkeit derjenigen Verwaltung zu, welche den Gegenstand ohne Bemerkung übernommen hat, aber die Abgabe desselben an den Adressaten oder vorkommendenfalls die regelmäßige Ueberlieferung an die folgende Verwaltung nicht nachweisen kann.

4. Die Bezahlung der Entschädigung durch die AufgabePostanstalt hat mit möglichster Beförderung und spätestens inner einem Jahr vom Tage der Reklamation an stattzufinden. Die verantwortliche Verwaltung hat der versendenden Postanstalt unverzüglich den von lezterer bezahlten Betrag zurükzuerstatten.

5. Es bleibt verstanden, daß die Reklamation nur inner der Frist eines Jahres, von der Aufgabe des Stükes an, nuläßig ist.

Nach Ablauf dieser Frist ist der Reklamant zu keiner Entschädigungsforderung mehr berechtigt.

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6. Wenn der Verlust oder die Beschädigung auf dem Transport, zwischen den Auswechlungsbüreaux zweier angrenzenden Länder stattgefunden hat und es nicht möglich ist, festzustellen, auf welchem der beiden Gebiete der Vorfall sich ereignete, so tragen die beiden betheiligten Verwaltungen den Verlust je zur Hälfte.

7. Die Verwaltungen sind jeder Verantwortlichkeit enthoben für diejenigen Poststüke, welche die Berechtigten in Empfang genommen haben.

Artikel 12.

Die innere Gesezgebung jedes der kontrahirenden Länder bleibt maßgebend in allen durch die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages nicht vorgesehenen Punkten.

Artikel 13.

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages beschränken nicht die Befugniß der vertragschließenden Theile, Uebereinkommen unter sich bestehen zu lassen und neu zu sehließen, sowie engere Vereine aufrecht zu erhalten oder neu zu gründen zur Verbesserung des Dienstes betreffend die Pcststüke.

Artikel 14.

1. Den Vereinsländern, welche am Abschlüsse des gegenwärtigen Vertrages nicht theilgenommen haben, ist auf ihr Verlangen gestattet, demselben beizutreten, und zwar in der durch Art. 18 des Vertrages vom 1. Juni 1878, betreffend die Aufnahme in den Weltpostverein, vorgesehenen Form.

2. Wenn jedoch das den Beitritt begehrende Land die Befuguiß beansprucht, eine höhere Zuschlagtaxe als 25 Cent, für jedes Stük zu erheben, so legt die Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft, das Beitrittsbegehren allen kontrahirenden Ländern vor. Dem Begehren ist entsprochen, wenn inner vier Monaten keine gegenteilige Stimmabgabe erfolgt ist.

Artikel 15.

Die Postverwaltungen der kontrahirenden Länder bezeichnen die Bureaux oder Ortschaften, welche sie zum internationalen

671 Verkehr mit Poststüken zulassen; sie ordnen die Form und den Ueberleiferungsmodus der Poststüke und treffen überhaupt alle für die Vollziehung des gegenwärtigen Vertrages nothwendige Maßregeln..

Artikel 16.

Der gegenwärtige Vertrag kann unter den durch Art. 19 des Weltpostvertrages vom 1. Juni 1878 vorgesehenen Bedingungen revidirt werden.

Artikel 17.

1. Die Postverwaltung jedes der vertragschließenden Länder hat das Recht, den andern betheiligten Verwaltungen durch Vermittlung des internationalen Postbureau Anträge betreffend den Dienst der Poststüke zu unterbreiten.

2. Um zum Beschlüsse erhoben zu werden, müssen diese Anträge auf sich vereinigen : a. Einstimmigkeit, wenn es sich um Abänderung der Artikel l, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 16, 17 und 18 des gegenwärtigen Vertrages handelt; b. zwei Dritttheile der Stimmen, wenn es sich um die Abänderung anderer Bestimmungen als derjenigen der vorgenannten Artikel handelt ; c. einfache Stimmenmehrheit bei Fragen über Auslegung der Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages.

3. Die gültigen Beschlüsse werden festgestellt: in den ersten zwei Fällen durch eine diplomatische Erklärung, im dritten Falle durch eine administrative Kundgebung, in der durch das lezte Alinea vorn Art. 20 des Weltpostvertrages vom 1. Juni 1878 angegebenen Form.

Artikel 18.

1. Gegenwärtiger Vertrag tritt mit dem 1. Oktober 1881 in Kraft.

2. Derselbe ist so bald als möglich, spätestens bis 1. Juli 1881, zu ratifiziren und dauert unbestimmte Zeit; aber jeder vertragschließende Theil hat das Recht, von diesem Vertrag zurük-

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zutreten auf eine, ein Jahr zum voraus durch seine Regierung der Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft abgegebene Erklärung.

3. Vom Tage der Vollziehung des gegenwärtigen Vertrages an treten alle früher zwischen den verschiedenen Regierungen oder Verwaltungen der kontrahirenden Theile vereinbarten Bestimmungen außer Kraft, insoweit sie unvereinbar sind mit dem Wortlaute des gegenwärtigen Vertrages, Alles unbeschadet der durch die Artikel 12 und 13 vorbehaltenen Rechte.

Kraft dessen haben die betreffenden Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet in P a r i s den dritten November eintausend acht hundert und achtzig.

Für die Schweiz: Ed. Höhn.

'Für Deutschland : W. Günther.

L Mießner.

Für Oesterreich : A. Varges.

Für Ungarn : P. Heim.

Für Belgien: F. Gife.

A. Dubois.

Für Bulgarien : N. S. Stoitchoff.

P. Travers.

Für Dänemark : Schou.

Für Egypten: V. Chiotti.

Für Spanien:

G. Cruzada Villaamil.

Für Frankreich: Ad. Cochery.

Für Großbritannien und Irland :

Für Britisch Indien: Für Italien: A. Capecelatro.

Für Luxemburg: V. de Roebe.

Für Montenegro : A. Varges.

Für Niederland : Für Persien: Für Portugal : G. A. de Barros.

Für Rumänien: C. F. Robesco.

Für Serbien: Mladen F. Radoycovitch.

Für Schweden : W. Roos.

Für Norwegen: Chr. Hefty.

Für die Türkei: Y. Macridi.

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Weltpostverein.

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V ertrag"Betreffend

den Austausch von Poststüken ohne Werthangabe.

Schlußprotokoll.

Bei Unterzeichnung des heutigen Vertrages, betreffend den Austausch von Poststüken ohne Werthangabe. haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende Bestimmungen vereinbart: I, Jedes dem obgenannten Vertrage beitretende Land, in welchem die Post dermalen mit der Beförderung der kleinen Pakete sich nicht befaßt, hat das Recht, die Bestimmungen dieses Vertrags durch die Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen vollziehen zu lassen, auch den fraglichen Dienst auf die von diesen Transportanstalten bedienten Ortschaften zu beschränken.

Die Postverwaltung eines solchen Landes hat sich mit den Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen zu verständigen, um die vollständige Ausführung sämmtlicher Bestimmungen des obgenannten Vertrages durch diese Unternehmungen zu sichern, und namentlich um den Uebergabsdiens an der Grenze einzurichten.

Die Postverwaltung hat als Vermittlung zu dienen für den gesammten Verkehr mit den Postverwaltungen dor andern kontrahirenden Länder und mit dem internationalen Bureau.

Bundesblatt. 32. Jabrg. Bd. IV.

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Vertrag betreffend die Auswechslung von Poststüken ohne Werthangabe, abgeschlossen zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Egypten, Spanien, Frankreich, Großbritannien und Irland, Britisch Indien, Italien, Luxemburg, M...

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Jahr

1880

Année Anno Band

4

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54

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.12.1880

Date Data Seite

666-673

Page Pagina Ref. No

10 010 928

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