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Schweizerisches Bundesblatt.

32. Jahrgang. I.

Nr. 7.

14. Februar 1880.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Pranken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrnkerei in Bern.

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Vollziehungsreglement betreffend

Vorkehrungen gegen die Reblaus.

(Vom

6. Hornung 1880.)

Der schweizerische

Bundesrath,

in Vollziehung der internationalen Convention d. d. Bern, 17. Herbstmonat 1878 und des Bundesbeschlusses vom 21. Hornung 1878*}; auf den Antrag des eidg. Handels- und Landwirthschaftsdepartements, beschließt: Art. 1. Zum Zweke geeigneter Vorkehrungen gegen die Reblaus wird dem eidg. Handels- und Landwirthschaftsdepartement eine eidg. Expertenkommission beigegeben.

Art. 2. Die Kantone sind beauftragt, die Ueberwachung ihrer Weinberge, Gärten, Baumschulen, Treibhäuser und Orangerien zu organisiren, sowie für die zur Auffindung der Reblaus erforderlichen Untersuchungen und Ermittlungen, gemäß den Anleitungen des eidg. Landwirthschaftsdepartements, zu sorgen.

Sie sollen insbesondere darüber wachen, daß in den Weinbergen oder deren Nähe keine Anpflanzung von Sez*) Siehe Amtliche Sammlung n. F., Band III, Seite 337.

Bundesblatt. 32. Jahrg. Bd. I.

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lingen irgendwelcher Art, welche für gefahrlich oder verdächtig gehalten werden, stattfinde, ohne daß diese Sezlinge vorher von Experten untersucht worden sind.

Art. 3. Beim Auftreten der Reblaus wird der Bundesrath, im Einvernehmen mit den Kantonen und nach Anleitung der eidgenössischen und kantonalen Experten, die zur Bekämpfung des Uebels erforderlichen Maßnahmen anordnen.

Art. 4. Es ist untersagt: a. Wurzelreben, Rebholz, Wurzelstöke, Rebblätter und Rebenabgänge, gekelterte oder nicht gekelterte Weinlesetrauben und Trester, gebrauchte Schuzpfähle und Rebsteken, Dünger und Düngererde in die Schweiz einzuführen ; b. diese nämlichen Gegenstände aus den anerkannt angestekten Zonen der Schweiz auszuführen. Den Umfang dieser Zonen wird der Bundesrath, nach Anhörung der betreffenden kantonalen Regierung oder Regierungen, feststellen.

Ausnahmsweise kann jedoch das eidg. Landwirthschaftsdepartement, wenn ihm die Gefahrlosigkeit davon nachgewiesen wird, Bewilligungen ertheilen, welche von diesem Verbote theilweise abgehen.

Dieses Departement wird die für die Abgrenzung der von der Reblaus heimgesuchten Zonen zu erstellenden Karten veröffentlichen.

Art. 5. Der Wein, die Tafeltrauben ohne Blätter und ohne Rebholz, getroknete Trauben, Traubenkerne, abgeschnittene Blüthen, Gemüseprodukte, Samenkörner aller Art und Früchte dürfen von den Kantonen keinem Einfuhrverbote unterworfen werden. Dem Landwirthschaftsdepartement ist jedoch vorbehalten, die Ausfuhr derjenigen dieser Erzeugnisse, welche für gefährlich befunden würden, aus den angestekten Zonen zu verbieten.

339 Die Tafeltrauben dürfen nur dann an den Grenzen der Schweiz angenommen werden und im Innern der Schweiz zirkuliren, wenn sie in wohl verschlossenen, aber dennoch leicht zu untersuchenden Kisten, Schachteln oder Körben verpakt sind. Das Gewicht einer gefüllten Kiste, Schachtel oder eines gefüllten Korbes darf 10 Kilos nicht überschreiten.

Art. 6. Die Weinfechser, Wurzelschößlinge und Rebhölzer, welche im Innern der Schweiz zirkuliren, müssen mit einem Ursprungszeugniß versehen und in vollständig, und zwar mit Schrauben verschlossenen und trozdem leicht zu untersuchenden und wieder zu verschließenden hölzernen Kisten verpakt sein.

Die schon gebrauchten Schuzpfähle und Rebsteken, Dünger und Düngererde, welche in der Schweiz zirkuliren, müssen ebenfalls von einem Ursprungszeugniß begleitet sein.

Die Obstbäume, Gesträuche und verschiedeneu Erzeugnisse der Baumschulen, Gärten, Treibhäuser und Orangerien müssen, gemäß der Berner Convention, von einer Bescheinigung der Behörde des Landes, aus dem sie herkommen, begleitet sein, welche enthalten soll: a. daß sie aus einem von der Reblaus nicht heimgesuchten Gebiete kommen, welches auch als solches auf der von dem betreffenden Staate erstellten und auf dem Laufenden gehaltenen Spezialkarte sich ausweisen muß; b. daß sie nicht erst neulich dorthin eingeführt worden sind. Diese Gegenstände sollen fest verpakt, die Wurzeln vollständig von der Erde gereinigt sein; es können die leztern mit Moos umgeben werden, müssen aber jedenfalls mit einem Paktuch so eingewikelt sein, daß kein einziges Theilchen entweichen kann, daß aber auch die Vornahme der erforderlichen Konstatirung dadurch nicht gehindert wird.

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Die kantonale Polizei soll jedesmal, wenn sie es für nöthig erachtet, die in diesem Artikel aufgezählten Gegenstände durch amtliche Experten untersuchen lassen, welche für den Fall, daß sie das Vorhandensein der Reblaus konstatiren sollten, darüber ein Protokoll aufzunehmen haben.

Dieses Protokoll soll wem Rechtens übermittelt werden, damit die Uebertreter zur Verantwortung gezogen werden können.

Art. 7. Keine Sendung von Gegenständen, deren Zirkulation im Innern gestattet ist, darf Weinblätter enthalten.

Art. 8. Die im Innern der Schweiz deßhalb mit Beschlag belegten Gegenstäode, weil sie mit der gegenwärtigen Verordnung im Widerspruch stehen, sollen konfiszirt werden.

Ueber die konfiszirten Gegenstände hat der Kanton zu verfügen. Wenn das Vorhandensein der Reblaus konstatirt wird, so sollen dieselben sofort und an Ort und Stelle sammt ihrer Verpakung durch Verbrennung zerstört werden.

Die Beförderungsmittel, durch welche diese Gegenstände transportai wurden, sind nach dem von dem Landwirthschaftsdepartement vorzuschreibenden Verfahren zu desinfiziren.

Art. 9. Der internationale Verkehr der oben aufgezählten Gegenstände wird durch die Bestimmungen der Berner Convention vom 17. Herbstmonat 1878 geregelt.

Die Obstbäume, Gesträuche und verschiedenen Erzeugnisse der Baumschulen, Gärten, Treibhäuser und Orangerien, welche aus Staaten kommen, die dieser Convention nicht beigetreten sind, dürfen nur in Folge Bewilligung des Landwirthschaftsdepartements eingeführt werden.

Der Bundesrath behält sich überdies vor, dieses Einfuhrverbot gegenüber den Staaten, welche durch besagte Convention nicht gebunden sind, auch noch auf andere Gegenstände auszudehnen.

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Art. 10. Die Transportunternehmungen sind gehalten, die Beförderung von Gegenständen, die den von der Berner Convention und dem gegenwärtigen Réglemente vorgeschriebenen Bedingungen nicht entsprechen, zu verweigern. Wenn sich diese Gegenstände bereits im Verkehr befinden, so haben jene Unternehmungen die Zuwiderhandlungen der zuständigen Polizeibehörde anzuzeigen.

Die Desinfektion der Beförderungsmittel, durch welche Gegenstände, auf welchen das Vorhandensein der Reblaus konstatirt worden ist, transportirt wurden (Art. 8, Alinea 2).

hat durch die Transportanstalt und unter Aufsicht der kantonalen Behörde zu geschehen, gegen eine Gebühr, welche vom Landwirthschaftsdepartement genehmigt sein muß und von der kantonalen Polizei zu entrichten ist.

Art. 11. Das Zolldepartement wird in Verbindung mit dem Landwirthschaftsdepartement die Instruktionen für die Beamten der Zollbüreaux aufstellen.

Art. 12. Zuwiderhandlungen gegen die Artikel 4, 5, 6 und 7 hievor, sowie gegen die Bestimmungen der Berner Convention vom 17. Herbstmonat 1878 sollen, soweit leztere in den Bereich schweizerischer Gerichtsbarkeit fallen, mit einer Buße von 50 bis 500 Franken belegt werden.

Wer einen der in jenen Artikeln und in genannter Convention aufgeführten Gegenstände vermittelst eines falschen Ursprungszeugnisses oder Frachtbriefes oder auf jede andere betrügerische Weise eingeführt oder in Verkehr gebracht hat, soll mit Gefängniß von 8 Tagen bis 6 Wochen bestraft und mit einer Buße von Fr. 100 bis Fr. 1000 belegt werden.

Ein Drittel der Buße fällt dem Beamten oder Angestellten zu, der die Zuwiderhandlung zur Anzeige bringt, die zwei übrigen Drittel dem Kanton.

Für nicht bezahlte Bußen gelten die Bestimmungen des Bundesgesezes vom 30. Brachmonat 1849, betreffend das

342 Verfahren bei Uebertretungen fiskalischer und polizeilicher Bundesgeseze. *) Art. 13. Das Landwirthschafts-, Zoll-, Post- und Eisenbahndepartement sind mit der Vollziehung des gegenwärtigen Reglements beauftragt, ein jedes, soweit es seinen Geschäftskreis betrifft.

Art. 14. Das Reglement vom 18. April 1878 **), sowie die Bestimmungen der kantonalen G-eseze und Verordnungen, welche mit gegenwärtigem Réglemente in Widerspruch stehen, sind aufgehoben.

B e r n , den 6. Hornung 1880.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

*) Siehe amtliche Sammlung, Band I, Seite 87, Kap. 6, Strafumwandlung, Art. 28: ,,In allen Fällen, in welchen die Geldbuße nur zum Theil oder gar nicht erhältlich ist, wird der Best derselben in Gefangenschaft oder öffentliche Arbeit ohne Haft verwandelt, und zwar soll je ein Tag Gefangenschaft oder öffentliche Arbeit vier Pranken Buße gleich kommen. Die Dauer dieser Gefangenschaft oder öffentlichen Arbeiten darf jedoch ein Jahr nicht überschreiten."

**) Siehe eidg. Gesezsammlung n. P., Band III, Seite 433.

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Circular-Verordnung des

königlich ungarischen Ministers des Innern zur Verhütung der Weinfälschungen.

(Vom 19. Januar 1880.)

Zur möglichsten Verhütung der Weinfälschungen erachte ich es für nothwendig, daß außer den im Circularerlasse d. d. 2. Jänner laufenden Jahres (Nr. 57,333) angeordneten Maßregeln die chemische Analyse von Roth- und Weißweinen in systematischer Weise stattfinde.

Ich verordne demnach Folgendes : Sobald die Behörde Verdacht schöpft, oder sobald irgend eine Anzeige erfolgt, daß bei einem Weinhändler, Produzenten, Grastwirthe oder Wirthshausbesitzer, oder wo immer, wo Weine verkauft oder ausgeschenkt werden, gefälschte Weine sich vorfinden, ja selbst in dem Falle, wenn die Behörde sich im Allgemeinen von der Unverfälschtheit der Weinvorräthe überzeugen will, ist die Behörde berufen, von den Weinen Muster zu nehmen und dieselben der chemischen Analyse zu unterziehen.

Zum Abziehen der Muster sind v o l l k o m m e n r e i n e , wenigs t e n s 3 d e z i l i t e r h a l t i g e Glasgefäße zu gebrauchen, welche gut versiegelt und mit den korrespondirenden Zeichen der betreffenden Fässer versehen dem Chemiker zu übermitteln sind.

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Vollziehungsreglement betreffend Vorkehrungen gegen die Reblaus. (Vom 6. Hornung 1880.)

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14.02.1880

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337-343

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