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Bericht über

die bisherige Thätigkeit und künftige Aufgabe der Schweiz, meteorologischen Centralanstalt.

(Vom 24. Juli 1880.)

Wir glauben dem uns gestellten Auftrag der Begründung einer neuen ,,Organisation der schweizerischen meteorologischen Arbeiten" am besten dadurch zu genügen, daß wir derselben einen kurzen kritischen Ueberblick über die Entstehung und bisherige Thätigkeit des seit 1863 vom Bunde subventionirten Systems meteorologischer Beobachtungen vorausgehen lassen.

Mit Bezug auf das, was vor dieser Zeit auf dem Gebiete der Meteorologie in der Schweiz geleistet wurde, erlauben wir uns auf den in Beilage I enthaltenen B e r i c h t der m e t e o r o l o g i s c h e n C o m m i s s i o n vom A u g u s t 1864, pag. 4--8, zu verweisen und glauben hiebei nur noch hervorheben zu müssen, daß die Ursache, warum die frühern meteorologischen Unternehmungen verhältnißmäßig nur zu wenigen Resultaten führten, stets in dem Mangel einer central en, einheitlichen Leitung der Stationen lag, für welche die finanziellen Mittel fehlten, und welcher Mangel natürlich ein wirklich streng vergleichbares, homogenes Beobachtungsmaterial nicht zu Stande kommen ließ. Auf der Vergleichbarkeit aber beruht in erster Linie (neben der Genauigkeit natürlich) der Hauptwerth der meteorologischen Beobachtungen ; ja der ganze große Aufschwung, den die Meteorologie in neuerer Zeit gewonnen hat, ist dem Umstände zu verdanken, daß an Stelle der frühern Planlosigkeit im Beobachten Methode und übereinstimmende Grundsatz«

396 getreten sind. Letztere zu präzisiren, ist jetzt noch eine der Hauptaufgaben der internationalen Meteorologenkongresse.

Es war daher sehr zu begrüßen, als auf Anregung des Herrn Bundesrath Pioda das Projekt eines S y s t e m s m e t e o r o l o g i s c h e r B e o b a c h t u n g s s t a t i o n e n in der Schweiz Anfangs der sechsziger Jahre i m S c h o o ß e d e r s c h w e i z e r i s c h e n n a t u r f o r s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t r e i f l i c h besprochen u n d nachher dessen Ausführung durch eine eigens hiefür bestellte Commission, die meteorologische Commission, an die Hand genommen wurde.

Das Unternehmen hätte nicht leicht so erfolgreich in Gang gebracht werden können, wie dieß unter dem Patronat der naturforschenden Gesellschaft der Fall war; denn da dasselbe von den einzelnen Beobachtern persönliche Opfer im Interesse der Wissenschaft erheischte, so mußte der Appell an die Personen, von welchen dieselben zu erwarten standen, erfolgreicher von einer vaterländischen Gesellschaft ausgehen, -- die bereits das Verdienst hatte, Manches von sich aus angeregt und durchgeführt zu haben, -- als direkt vom Staate, der bis dahin, außer für Unterrichtszwecke, noch wenig für die reine Wissenschaft hatte thun können. Diesem gegenüber hätten auch die einzelnen Beobachter sich vennuthlich nicht so leicht zu ihren freiwilligen Leistungen verstehen können, wie es dem Aufruf der naturforschenden Gesellschaft zufolge geschah.

Die Art und Weise, wie die meteorologische Commission ihre erste Aufgabe, die Organisation des Beobachtungsnetzes, erfüllte, ließ auch kaum etwas zu wünschen übrig. Die große Zahl von über 80 Stationen wurden mit guten und ganz gleichartigen Instrumenten ausgerüstet, die Beobachter überhaupt in jeder Art auf das Genaueste instruirt. Die Instrumente sowohl als die Beobachtungsmethode, sowie Art und Weise der Publikation der Beobachtungen standen damals vollkommen auf der Höhe der Zeit. Wenn seither in Bezug auf einige Details, wie z. B. bei der Aufstellung der Instrumente, Gesichtspunkte zur Geltung gekommen sind, die damals noch nicht beachtet worden waren, so kann dieß der Commission gegenüber nicht im mindesten zum Tadel gereichen; denn es sind eben die genauem Untersuchungen und Beobachtungsmethoden der letzten Zeit, welche jene erst ventnlaßten, und es ist
jetzt Aufgabe der Kongresse, solchen Verbesserungen allmälig Eingang zu verschaffen.

Die meteorologische Commission hat ihre wichtige Aufgabe der Organisation eines Beobachtungsnetzes mit großer Ausdauer, dem besten Erfolg und dabei mit den geringst möglichen finanziellen

397 Mitteln, die bekanntlich der Bund gespendet, glücklich gelöst. Mit Aufnahme der Beobachtungen an den einzelnen Stationen des Netzes begann auch d i e T h ä t i g k e i t d e r m e t e o r o l o g i s c h e n C e n t r a l a n s t a l t , welcher vom schweizerischen Schulrathe auf der eidgenössischen Sternwarte Raum angewiesen, und für welche Seitens der meteorologischen Commission ein provisorisches Reglement aufgestellt wurde (vide Beigabe M auf pag. 105 des erwähnten Berichtes).

Es ergibt sich aus dem Folgenden, wie die thatsächlichen Verhältnisse es mit sich brachten, daß die innere Organisation der Centralanstalt sowohl sich nach und nach anders gestalten mußte, als namentlich auch der Umfang ihrer Thätigkeit ein viel größerer wurde, als dieß in dem provisorischen Reglement vorausgesehen wurde.

Zufolge dieses letztern wurde als Hauptaufgabe lediglich die S a m m l u n g und P u b l i k a t i o n der an den Stationen angestellten Beobachtungen hingestellt. Der naturforschenden Gesellschaft mußte natürlich in erster Linie daran liegen, die Gewinnung, eines möglichst umfangreichen und zuverlässigen Beobachtungsmaterials zu ermöglichen; die, Frage der praktischen und wissenschaftlichen Verwerthung desselben konnte für sie noch eine offene bleiben.

War es doch gedenkbar, daß die wissenschaftliche Verarbeitung der meteorologischen Daten durch Privatgelehrte unternommen und so dem Bunde die Kosten hiefür erspart würden. Einzelne Untersuchungen können in der That leicht auf diese Weise ausgeführt werden, und die meteorologische Literatur weist eine große Reihe solcher Arbeiten auf. Im Uebrigen aber hat die Erfahrung fast allgemein gezeigt, daß die großen k l i m a t o l o g i s c h e n Arb e i t e n , welche die Benutzung des g e s a m m t e n B e o b a c h t u n g s m a t e r i a l s erheischen, nur durch die C e n t r a l i n s t i t u t e selbst unternommen werden können. Fürs erste erlauben es die die großen Druckkosten nicht, sämmtliche Daten zu publiziren ; viele bleiben als Manuskripte im Archiv der Centralstelle und können somit nicht wohl Jedermann zugänglich gemacht werden.

Sodann erheischt eine richtige Verwerthung der Daten in hohem Maße eine g e n a u e K e n n t n i ß d e r t o p o g r a p h i s c h e n und aller übrigen, den betreffenden S t a t i o n e n eigenthüml i e h e n V
e r h ä l t n i s s e (Eigenthümlichkeit d e r Instrumente, Zuverlässigkeit des Beobachters etc. etc.), eine Kenntniß, welche in ausreichendem Maße wieder nur das Personal des meteorologischen Instituts haben kann.

:398 Es ist deßhalb auf den meteorologischen Centralanstalten des .Auslandes bei Aufstellung ihres Etats darauf Bedacht genommen, daß diese Arbeiten wirklich von denselben ausgeführt werden können. In keinem Lande, wo überhaupt ein System meteorologischer Beobachtungen organisirt ist, findet man auch nur annähernd die Z a h l der A r b e i t s k r ä f t e auf der Centrais!elle gegenüber d e r A n z a h l d e r r a p p o r t i r e n d e n S t a t i o n e n so klein, wie dieß bei uns vor ganz kurzer Zeit noch der Fall war. Wenn daher bis jetzt von der schweizerischen Centralanstalt die Bearbeitung des Beobachtungsmaterials zu einer übersichtlichen und vollständigen Klimatologie der Schweiz noch nicht an die Hand genommen wurde, so kann ihr deßhalb unmöglich ein Vorwurf gemacht werden, weil ihr von der naturforschenden Gesellschaft diese Aufgabe weder gestellt, noch auch die hiezu nöthige Arbeitskraft angewiesen wurde, zumal nichts desto weniger, wie ein später aufzuführendes Verzeichniß zeigt, eine Anzahl wissenschaftlicher Arbeiten durch die Centralanstalt publizirt wurden und der Chef des meteorologischen Bureaus in dem Hauptorgan für Meteorologie der deutschen Literatur, der ,,Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie1-', seit 1872 jährlich eine oder mehrere kleinere wissenschaftliche Abhandlungen veröffentlichte und so der Schweiz wenigstens eine Vertretung gab.

Wenn man aber auch wirklich nur die Sammlung und Publi.kation des Beobachtungsmaterials als die wesentliche Aufgabe der Centralanstalt betrachtet, so stellte sich auch diese nach kurzer Zeit weit umfangreicher heraus, als man sich Anfangs gedacht hatte. Es wurde nämlich (vide pag. 44 des Berichtes) ursprünglich angenommen , daß die einzelnen Commissionsmitglieder in fortwährendem Rapport zu den Stationen ihrer resp. Kreise bleiben und so die besten Vermittler zwischen diesen und der Centralanstalt, welche die eingehenden Monatstabellen einer strengen Kritik unterziehen sollte, bilden würden.

Allein das war eine Idee, die eine gewisse Berechtigung hatte, jedoch schlechterdings nicht durchzuführen war. Es ging nicht an, die Commissionsmitglieder mit fortwährenden Reklamationen betreffs mangelhafter Eintragung oder Reduktion der Daten, oder mangelhafter Beobachtungen, die sie dann ihrerseits wieder den Beobachtern
mitzutheilen hatten, zu belästigen, zumal sie für diese zeitraubenden Geschäfte keine Entschädigung hatten. So kam es dann, daß in kurzer Zeit der Verkehr der Stationen mit der Centralanstalt direkt, d. h. ohne Vermittlung der Commissionsmitglieder geschah. Es war dieß um so notwendiger, als es ohnehin äußerst schwierig ist, ein einigermaßen homogenes Beobachtungsmaterial zu

399 erhalten, da. auch bei den genauesten Instruktionen die Individualität in der Methode der Beobachtung und namentlich bei der Witterungsaufzeichnung nie ganz ausgeschlossen werden kann. Diesem Uebelstand kann nur durch eine e i n h e i t l i c h e , c e n t r a l e L e i t u n g entgegen getreten werden ; beruht doch, wie bereits oben angedeutet, der relativ geringe Werth aller frühern Beobachtungen allgemein gerade auf dem Mangel einer solchen.

Die eigentliche Leitung des ganzen Beobachtungsnetzes gieng also ganz naturgemäß von der meteorologischen Commission auf die Centralanstalt über; die Thätigkeit der ersteren beschränkte sich darauf, in wichtigen organisatorischen Fragen Beschlüsse zu fassen. Es war nun selbstverständlich, daß der Präsident der Commission, Herr Prof. Wolf, welcher die Leitung der Anstalt übernommen hatte, nicht die gesammte Korrespondenz und Geschäftsführung besorgen konnte, sondern daß ein großer Theil derselben dem ursprünglich nur zu Rechnungen engagirten Personal der Anstalt übertragen werden mußte. Der bisherige unmittelbare Leiter der Centralanstalt, Herr Prof. Wolf, sah sich denn auch veranlaßt, im Jahre 1874 Herrn Billwiller, der damals bereits einige Jahre an der Centralanstalt beschäftigt war, die Funktionen eines sog.

Büreauchefs formell zu übergeben. Derselbe ließ es sich angelegen sein, die Beziehungen der Centralstelle zu den einzelnen Stationen etwas fester zu knüpfen, und erreichte es in der That, daß diese Bande, welche manchenorts etwas locker zu werden drohten, sich wieder enger schlössen. Es zeigt sich seit jener Zeit eine entschiedene Besserung in der Führung mancher Station, welche nur dem Umstände zuzuschreiben ist, daß die Centralanstalt mehr als früher es sich angelegen sein ließ, die Beobachter in geeigneter Weise auf diese oder jene Mängel in ihren Aufzeichnungen aufmerksam zu machen, auch fortwährend die große wissenschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit betonte und auf diese Weise das Interesse an derselben weckte, worauf ja hier so zu sagen Alles ankommt.

Die zahlreiche vorliegende Korrespondenz beweist denn auch, daß die etwas delikate Aufgabe der Instruktion der Beobachter und der Aufdeckung und Hebung bestehender Mängel, mit Sorgfalt und der nöthigen Rücksicht auf die Persönlichkeit der Beobachter, zumal die meisten derselben eine völlig
freiwillige Arbeit übernommen hatten, gelöst wurde.

Das Verhältniß der Beobachter zur Centralstelle war stets ein f r e u n d l i c h e s , auf gegenseitiger Achtung beruhendes, und nur sehr selten hat sich hie und da etwa ein Mißton eingeschlichen.

Es bedarf dieser Punkt ausdrücklicher Erwähnung; denn es könnte den wissenschaftlichen Bestrebungen nur zu großem Schaden geBundesblatt. 32. Jahrg. Bd. IV.

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reichen, wenn hierin irgend ein a n d e r e s , etwa gar ein m e h r b ü r e a u k r a t i s c h e s System eingeführt werden sollte.

Wenn es sich nun auch für die Zukunft nur um die Fortführung der meteorologischen Beobachtungen handelte, so läge hierin noch kein Grund, eine durchgreifende Aenderung in der Organisation unserer meteorologischen Institution herbeizuführen. Bei vermehrten Mitteln und Arbeitskräften ließe sich auch wohl die Bearbeitung des Materials, d. h. die Aufarbeitung einer möglichst erschöpfenden Klimatologie durch die naturforschende Gesellschaft, resp. die jetzt bestehende meteorologische Commission erreichen, v o r a u s g e s e t z t , d a ß mit S i c h e r h e i t auf die jährlich durch die Bundesversammlung hiefür zu bewilligende Subvention gerechnet werden könnte. Es ist nun aber dies letztere bis jetzt leider nicht der Fall und es ist deßhalb leicht erklärlich, daß dadurch die Stellung des Arbeitspersonals einen sehr prekären Charakter trägt. Es muß durchaus dafür gesorgt werden, daß dem Personal der Anstalt von G e setzes wegen seine Stellung insoweit gesichert w i r d , als es die Schwierigkeit und der wissenschaftliche Charakter seiner Aufgabe schlechthin verlangen. Es kann seine Kräfte und sein volles Interesse dieser letztern nur dann zuwenden, wenn es sieht, daß seiner Thätigkeit volle Würdigung zu Theil wird.

Aber auch ganz abgesehen hievon, hat sich im Laufe der Jahre auf mannigfache Weise die Notwendigkeit herausgestellt, der meteorologischen Centralanstalt ein mehr ö f f e n t l i c h e s G e p r ä g e zu verleihen. Die Sammlung meteorologischer Daten oder, wie man sie auch nennen könnte, die klimatische Landesaufnahme hat neben den wissenschaftlichen noch wesentlich praktische Seiten. Ist ja doch jedem Lande ein gewisses Maß von Wärme und eine gewisse Menge atmosphärischer Niederschläge zugetheilt, die (neben andern Faktoren freilich) ein bestimmtes Maß von Leistungen für den Nationalwohlstand ermöglichen. Jeder Versuch, dasselbe zu steigern, kann rationeller Weise nur mit Hülfe der K e n n t n i ß der v o r h a n d e n e n K r ä f t e unternommen werden, und hiebei sind vor Allem die lokalen klimatischen Verhältnisse maßgebend. Es sei z. B.

erwähnt, daß über England und Schottland zirka 2000 Regenmeßstationen vertheilt sind, welche zum größten Theil aus
Privatinitiative hervorgegangen, also ohne Zweifel gewissen Landesbedürfnissen entgegenkommen.

Es ist wahr, daß speziell unsere Laudwirthschaft von klimatischen Daten noch wenig Notiz genommen hat; um so mehr hat man danach zu trachten, daß dies in Zukunft geschieht, und es muß daher auch ferner der detaillirten klimatischen Landesaufnahme Aufmerksamkeit geschenkt werden, wenn diese auch freilich zunächst

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praktischen Bedürfnissen dient, während die Wissenschaft nur durch deren allgemeinere Ergebnisse gefördert wird.

Wenn nicht landwirtschaftliche, so haben aber d o c h a n d e r e p r a k t i s c h e Interessen bereits vielfach von den Ergebnissen unserer meteorologischen Beobachtungen Anwendung gemacht. Namentlich über Niederschlagsverhältnisse wurde die Centralanstalt zumeist von Wasserbautechnikern sehr häufig um bezügliche Auskunft gebeten, und es hat sich zu keiner Zeit irgend Jemand dahin ausgesprochen, daß das gebotene Material überflüssig groß sei ; vielmehr wären in manchen Fällen längere Beobachtungsreihen oder eine größere Zahl von Beobachtungsposten sehr erwünscht gewesen.

Seitdem in den letzten Jahren der Klimatologie von Seite der Aerzte eine eingehendere und sorgfältigere Beachtung zu Theil wird, hat man auch den k l i m a t o l o g i s c h e n D a t e n u n s e r e r s c h w e i z e r i s c h e n K u r o r t e eine b e s o n d e r e A u f m e r k s a m k e i t g e s c h e n k t , und es wurde die Centralanstalt nach dieser Richtung hin sehr oft um Zusammenstellungen und Auszüge von Beobachtungsresultaten angegangen. Wir verweisen hiebei beispielsweise auf die Schriften von Dr. Peters : ,,Die klimatischen Winterkurorte Centraleuropas", Dr. Ludwigs ,,Oberengadin", Steffens' ,,Klimatische Schrift über Davosa etc. etc.

Kurz, die Beobachtungsresultate, welche ursprünglich die naturfovschende Gesellschaft in rein wissenschaftlichem Interesse durch die Organisation des meteorologischen Stationsnetzes zu gewinnen trachtete, erwiesen sich immer mehr auch als solche von nicht geringer praktischer Bedeutung. Sogar in manchen Civil- und Strafprozessen hat die Ermöglichung der Ermittlung der Thatbestände punkto WitterungsVerhältnisse zu einer bestimmten Zeit an der Hand unserer Beobachtungsregister schon oft sehr gute Dienste geleistet.

Selbstverständlich hat die Centralanstalt in allen Fällen, wo und so weit es ihr möglich war, die an sie gestellten Fragen beantwortet, selbst wo die Beantwortung derselben eine eigenartige und für ihre eigenen Zwecke nicht nothwendige Zusammenstellung der Daten erforderte und deßhalb oft zeitraubend war. Es geschah dies namentlich mit Rücksicht darauf, daß der Bund die Kosten der meteorologischen Beobachtungen und der Centralanstalt bestreitet und daher mit
Recht verlangen kann, daß damit auch praktischen, öffentlichen Interessen gedient werde, ·wenn schon eigentlich formell die Subvention an die naturforschende Gesellschaft für wissenschaftliche Zwecke bestimmt war.

Es liegt nun aber eben gerade darin der Hauptgrund, der Centralanstalt eine von der naturforschenden Gesellschaft unab-

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hängige Stellung und einen m e h r ö f f e n t l i c h e n C h a r a k t e r zu verleihen. Unter das Patronat der naturforschenden Gesellschaft konnte nur die rein w i s s e n s c h a f t l i c h e Thätigkeit derselben gestellt werden; sobald auch die Thätigkeit derselben nach der praktischen Seite hin an Bedeutung gewann, mußte man daran denken, dieser sowohl in ihrer innern wie äußern Organisation Rücksicht zu tragen. Wenn nun schon zu der Zeit, wo die meteorologischen Beobachtungen von der naturforschenden Gesellschaft lediglich zu wissenschaftlichen Zwecken veranstaltet und deßhalb auch in einer für das größere Publikum weniger zugänglichen Form publizirt wurden, dieselben eine praktische Verwerthung fanden, so muß nothwendig die praktische Bedeutung der meteorologischen Centralstelle, sobald sie einen öffentlicher Charakter trägt, eine noch viel größere werden. Es ist deßhalb das e i n z i g Richtige, w e n n der Staat, der allein für die wissenschaftlichen wie für die praktischen Interessen, die sich an die meteorologischen Beobachtungen knüpfen, in gleicher Weise Sorge tragen kann, das meteorologische Institut unter s e i n e O b h u t n i m m t , wie dies auch so zu sagen in allen Ländern wirklich der Fall ist.

Die unmittelbare Aufsicht über dasselbe kann der Staat gleichwohl einer Anzahl von Fachmännern übertragen, und wir erlauben uns hiefür eine von der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft zu bezeichnende, vom Bundesrath zu bestätigende Commissioa vorzuschlagen.

Wir haben bis jetzt der Aufgabe, welche in allen civilisirten Ländern seit einer Reihe von Jahren, bei uns aber erst vor ganz kurzer Zeit (seit Mai 1879), durch die Centralanstalt besorgt wird, nämlich der V e r ö f f e n t l i c h u n g t ä g l i c h e r W i t t e r u n g s b e r i c h t e vermittelst eines Systems telegraphisch-meteorologischer Rapporte des In- und Auslandes, noch gar nicht gedacht. Wir sehen hiebei ausdrüklich von den eigentlichen Witterungsprognosen ab, über deren Werth unsere jetzige meteorologische Commission noch getheilter Ansicht ist, und über welche ein maßgebendes Urtheil zu fällen, erst nach einiger Zeit am Platze sein wird.

Schon die Witterungsberichte, welche die bloßen Thatbestände der täglichen Witterungsverhältnisse enthalten, sind von nicht zu unterschätzendem öffentlichem Interesse,
theils durch die Kenntniß jener Thatbestände an sich, theils auch dadurch, daß dem Publikum ein Einblick in den Verlauf der Witterungserscheinungen ermöglicht wird, der allein im Stande ist, die auf diesem Gebiete ganz besonders üppigen abergläubischen Anschauungen allmälig zu verdrängen.

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Unser tägliches Leben mit all' seinen Geschäften, unser körperliches Wohlbefinden ist so sehr von den wechselnden Witterungsverhältnissen beeinflußt, daß die Ermittlung derselben, sowohl im Inlande als auch in einem weitern Umkreis desselben, nur ein allgemeines Bedürfnis befriedigt. -- Ueber die allgemeine Witterungssituation könnte man allenfalls durch Telegramme einer ausländischen Centralstelle unterrichtet werden; die uns am nächsten liegenden meteorologischen Thatbestände im e i g e n e n L a n d e aber können nur durch ein b e s o n d e r e s i n l ä n d i s c h e s meteorol o g i s c h e s I n s t i t u t ermittelt werden, und es liegtauf der Hand, daß dieser öffentlichen Thätigkeitauch ein o f f i c i e l l e r C h a r a k t e r des I n s t i t u t e s am besten entspricht. Die Idee einer völligen Trennung der praktischen Thätigkeit desselben von der rein theoretischwissenschaftlichen etwa durch Errichtung zweier von einander unabhängiger Abtheilungen, wie man sie auch etwa ausgesprochen findet, ist unzweckmäßig, weil die eine durch die andere sehr gefördert wird und deshalb am besten beide von demselben Arbeitspersonal besorgt werden. Eine tägliche synoptische Uebersicht über die Thatbestände erleichtert ungemein das S t u d i u m der k l i m a t o l o g i s c h e n E i g e n t ü m l i c h k e i t e n unseres Landes und zwar sowohl derjenigen, welche das allgemeine Resultat des Einflusses der Massenerhebung unserer Alpen auf die meteorologischen Vorgänge sind, als auch der mehr lokalen, in denen die geographischen Faktoren, die topographische Beschaffenheit der einzelnen Regionen, sich Geltung verschaffen. Manche der l o k a l e n m e t e o r o l o g i s c h e n P h ä n o m e n e , wie z. B. der Föhn, die Richtung der Gewitterzüge, die Vertheilung der Niederschläge in gewissen Fällen etc., können nur erklärt werden auf G r u n d l a g e von s y n o p t i s c h e n U e b e r s i c h t e n , weil nur diese Aufschluß über die wesentlichen Bedingungen ihres Auftretens geben. Es ist nicht möglich, bei Bearbeitung einer Klimatologie, welche doch die Thatsachen nicht bloß als nackte Daten hinstellen, sondern auch erklären soll, die a l l g e m e i n e M e t e o r o l o g i e a u ß e r A c h t zu l a s s e n , und es kann sich daher ein meteorologisches Institut auch nicht auf die bloße Sammlung
von Beobachtungsmaterial beschränken. Sobald man, wie gewiß nur billig, auch die Bearbeitung desselben verlangt, tritt die Notwendigkeit hervor, daß dasselbe auch an dem a l l g e m e i n e n A u f b a u der W i s s e n s c h a f t t h e i l n i m m t . Und nie könnte sich die Schweiz einer solchen Aufgabe entziehen, da die topographische Beschaffenheit uns g e r a d e z u h e r a u s f o r d e r t , gewisse Probleme einer Lösung näher zu führen.

Unser Land ist sozusagen ein natürliches physikalisches Cabinet, wo sich die Experimente in großem Maßslab von selbst einstellen, und man hat alle Sorgfalt nur auf die möglichst günstige Beobachtung und Interpretation zu verwenden.

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Nicht einmal eine r a t i o n e l l e S a m m l u n g von meteorologischem Beobachtungsmaterial ist ohne die wissenschaftliche Verarbeitung desselben möglich ; denn erst aus der letztern ergeben sich die noch vorhandenen Lücken und die Nothwendigkeit, jenes nach einzelnen Richtungen hin zu ergänzen. Kurz, der Moment dürfte gekommen sein, wo auch unser Land berufen ist, mehr als bisher an dem großen Aufschwung, welchen die Meteorologie in den letzten Jahren genommen hat, theilzunehmen. Dies aber kann nur durch eine E r w e i t e r u n g des P r o g r a m m s der T h ä t i g k e i t und durch die gesetzliche Begründung der meteorologischen Centralanstalt geschehen. Der e r s t e M e t e o r o l o g e n k o n g r e ß hat die Existenz einer solchen Centralanstalt nicht bloß im Sinne einer Centralstelle, wo die Beobachtungen gesammelt und publicirt würden, worauf die unsrige bis jetzt im Wesentlichen, Mangels weiter reichender finanzieller Mittel, sich beschränken mußte, sondern auch als s e l b s t s t ä n d i g e w i s s e n s c h a f t l i c h e A n s t a l t für j e d e s L a n d als eine der ersten B e d i n g u n g e n zur F ö r d e r u n g der M e t e o r o l o g i e erklärt.

Für das Gedeihen einer solchen Anstalt ist nun aber eines der ersten Erfordernisse: ein b l e i b e n d e s D o m i c i 1. Das bisherige provisorische Lokal, welches unserer Centralanstalt auf der eidgen.

Sternwarte eingeräumt wurde, mußte bereits dieses Frühjahr wegen Platzmangels verlassen und für die Zwecke des meteorologischen Bureaus ein Privatlogis bezogen werden, -- nur Instrumente und Archiv wurden auf der eidg. Sternwarte belassen. Die meteorologische Commission legt nun aber großes Gewicht darauf, daß der S i t z der C e n t r a l a n s t a l t in Z ü r i c h verbleibe. Fürs Erste liegt kein Grund vor, der für eine Verlegung sprechen könnte; denn der Umstand, daß Bern eine vollständige meteorologische Station erster Ordnung hat, ist keineswegs m a ß g e b e n d . Die Besorgung der Registrirapparate und die Reduktion der mittelst derselben gewonnenen Daten erfordert ein eigenes Personal, das nicht wohl gleichzeitig zur Verarbeitung des gesammelten, auf der Centralanstalt einlaufenden Materials verwendet werden könnte. Bei einem kleinen Personal müßte schlechterdings die eine oder die andere Arbeit darunter
leiden. Nur ganz große Anstalten, wie z. B. Wien, die über ein großes Personal, das sich in die Arbeit theilen kann, verfügen, v e r e i n i g e n b e i d e Z w e c k e .

In Paris und London finden wir nur m e t e o r o l o g i s c h e C e n t r a l s t e l l e n ; die eigentlichen Observatorien sind davon getrennt. In Petersburg hat man diese Trennung vor wenigen Jahren ebenfalls für nothwendig befunden und das Observatorium nach Paulowsk verlegt. Auch in Wien haben sich Uebelstände heraus-

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gestellt, welche sich aus der Vereinigung beider Zwecke ergaben.

Es ist jedenfalls weit rationeller, dem Berner Observatorium die ihm bei seiner Gründung zugewiesene Bestimmung als Beobachtungsstelle für alle tellurischen Erscheinungen zu belassen. Das Arbeitsfeld ist so weit und so groß, daß die Erweiterung desselben durch die Hereinziehung eines neuen Zweiges dem ursprünglichen Zweck nur hinderlich sein könnte Auch können wir uns nicht denken, wie bei dem Umstand,-daß das Berner Observatorium, welches eine k a n t o n a l e Anstalt ist, dasselbe zugleich das Domicil einer no thwendiger Weise ei dge n ossifi c h e n l n s t i tu t i o n werden soll. Die Beamten müssen dadurch nothwendig die doppelte Eigenschaft als kantonale und als eidgenössische erhalten. Es müßte dies schlechterdings zu endlosen V e r w i c k l u n g e n und K o m p e t e n z s t r e i t i g k e i t e n führen, und eine rationelle einheitliche Leitung wäre geradezu unmöglich. Die Komplikationen, die daraus mit innerer Notwendigkeit erfolgen müßten, könnten nicht anders geschlichtet werden, als dadurch, daß die Thätigkeit der Anstalt als eidgenössische Institution vollständig von derjenigen als kantonalen Anstalt getrennt würde. Dadurch würde · auch eine Ausscheidung des Personals in eidgenössische und kantonale Beamte nothwendig werden, und die Sache würde sich schließlich einfach so stellen, daß die Eidgenossenschaft sich in dem kantonalen Gebäude einmiethen müßte.

Im Uebrigen besitzt auch die Centralanstalt bereits sowohl Registrirapparate, als auch mehrjährige Aufzeichnungen eines Theiles derselben, die nur der Publikationskosten wegen nicht gedruckt wurden. Es könnte also, wenn dieß irgendwie zweckmäßig erschiene, auch in Zürich jederzeit eine Station erster Ordnung eingerichtet werden, und es fällt somit dieser angebliche Vortheil Berns weg. Für die Beibehaltung der Anstalt in Zürich spricht aber sehr dessen Eigenschaft als S i t z des P o l y t e c h n i k u m s . Die Zentralstelle als gleichzeitig wissenschaftliche Anstalt steht am besten, wenn auch nicht in innerem organischem, so doch in äußerem Kontakte mit dieser eidgenössischen Stätte für die Pflege der Wissenschaft.

Man betrachtet es als selbstverständlich, daß die projektirte Centralstation f ü r f o r s t l i c h e m e t e o r o l o g i s c h e B e o b a c h
t u n g e n nach Zürich kommt, und es ist deßhalb bei den vielfältigen Beziehungen, in welche die meteorologische Centralanstalt mit letzterer zu stehen kommen wird, nur rationell, wenn sie a m s e l b e n O r t e domizilirt sind.

Es ist auch nii'ht zu übersehen, daß die meteorologische Centralanstalt f ü r d i e Z w e c k e d e s P o l y t e c h n i k u m s selbst v o n großer Bedeutung werden kann-, die Resultate ihrer Arbeiten, be-

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ziehungsweise der Klimatologie, werden ohne Zweifel in der l a n d undforstwirthschaftlichen Schule ihre Verwerthung finden, und auch dio allgemeine Meteorologie als Unterrichtsdisziplin wird am besten durch die mit dem Polytechnikum in Kontakt stehende Centralanstalt gefördert.

Es handelt sich in dieser Frage nicht um Zürich oder Bern, sondern u m d e n S i t z d e r e i d g e n ö s s i s c h e n p o l y t e c h n i s c h e n S c h u l e . Die Meteorologie steht in enger Beziehung zu einer Anzahl von Hülfswissenschaften, die an jener Schule eine spezielle Pflege genießen, und es ist auch für diese nicht gleichgültig, ob die Pflege der Meteorologie, an welcher sie ebenfalls ein Interesse haben muß, da oder dort ihre Stätte findet : denn es hängt hievon natürlich die Möglichkeit einer gegenseitigen Beziehung und Förderung ab. Nach unserer Ansicht wäre es wohl am zweckmäßigsten und für den Bund mit weitaus den geringsten Kosten verbunden, der Centralanstalt in d e m p r o j e k t i r t e n e i d g e n ö s s i s c h e n G e b ä u d e f ü r P h y s i k d e n nothwendigen Raum anzuweisen, und es ließe sich wohl leicht mit dem eidgenössischen Schulrath ein bezügliches Abkommen treffen.

Es liegt im fernem Interesse einer gedeihlichen Thätigkeit der Centralanstalt, daß deren Direktor kein a n d e r e s Amt b e s o r g t ; denn es ist durchaus nothwendig, daß derselbe unmittelbare Einsicht in alle Details der Thätigkeit derselben hat und mit allen V e r h ä l t n i s s e n d e r e i n z e l n e n S t a t i o n e n ( i n Betreff Beobachter und Führung der Beobachtung, topographische Beschaffenheit der Stationen, Instrumente etc.) genau vertraut ist und vertraut bleibt. Alle Anordnungen in Betreff dieser Verhältnisse müssen sorgfältig erwogen und alle besondern Umstände berücksichtigt werden.

Es ist deßhalb in allen Ländern die Notwendigkeit erkannt worden, daß die Leitung der meteorologischen Centralanstalten nicht als accidentelles Amt i r g e n d einem Lehrer der H o c h s c h u l e übergeben werden könne, sondern daß dieselbe einen Mann vollauf in Anspruch nehme. Allenfalls geht es au, daß, wie dies z. B. in Wien der Fall ist, der Leiter der Centralanstalt einige Vorlesungen an der Hochschule, natürlich nur über Meteorologie selbst, hält; aber er kann hierauf nicht das Hauptgewicht seiner Thätigkeit
legen. Es ist für die Meteorologie in erster Linie wünschenswerth,, daß sie selbst durch Untersuchungen und Bearbeitung des vorhandenen Materials gefördert wird ; als U n t e r r i c h t s d i s c i p l i n hat sie deßhalb noch keine so hervorragende Bedeutung wie andere Gebiete der Naturwissenschaften, weil d e r p o s i t i v f e s t s t e h e n d e n T h a t s a c h e n b i s jetzt

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im Vergleich zu der großen Zahl noch ungelöster Fragen n o c h w e n i g e sind. Haben sich gewisse Hauptprobleme und Theorien einmal abgeklärt, so wird die Zeit bald da sein, wo die jetzt noch junge Wissenschaft unter den Lehrfächern eine hervorragende Stelle einnehmen wird. Für einstweilen muß es zweckmäßiger erscheinen, die W i s s e n s c h a f t s e l b e r n a c h K r ä f t e n z u fördern.

Im Folgenden erlauben wir uns nun, das P r o g r a m m für die T h ä t i g k e i t der gesetzlich zu gründenden Centralanstalt einigermaßen zu skizziren: Eine erste Aufgabe derselben bildet die S a m m l u n g der auf dem gegenwärtig aus circa 80 Stationen bestehenden Beobachtungsnetze g e w o n n e n e n D a t e n in bisheriger Weise.

Die Beobachter senden ihre täglich dreimaligen Aufzeichnungen, für welche seiner Zeit die meteorologische Commission detaillirte Instruktionen ertheilt hat, auf eigens hiezu bestimmten Formularen an die Centralstelle ein. Dieselben werden einer kurzen Contrôle unterworfen und etwaige Rechenfehler oder Mängel in den Aufzeichnungen, soweit sie nicht durch die besondern Verhältnisse der Stationen bedingt und schwer zu vermeiden sind, den respektiven Beobachtern zur Renntniß gebracht, jeweilig mit einer einläßlichen Anleitung, wie dieselben zu heben.

Die Centralstelle hat dafür Sorge zu tragen, daß die jeweilig von den Meteorologenkongressen aufgestellten, als dringend erachteten und allgemein empfohlenen speziellen Vorschriften über Beobachtungsmethoden und Aufstellung der Instrumente, soweit sie bei uns durchführbar sind, auch auf unserm Netze Eingang finden.

Die Centralstelle ordnet von sich aus die nothwendigen z e i t w e i l i g e n I n s p e k t i o n e n d e r S t a t i o n e n a n , welche i n nicht zu langen Zeitintervallen sich auf alle Stationen erstrecken sollen. (Der Kongreß empfiehlt, die Stationen mindestens alle zwei Jahre zu besuchen.)

Die Inspektion erfolgt nach einem bestimmten Plan, worin namentlich die verschiedenen Desideraten bezüglich der Führung der respektiven Stationen genau bezeichnet, und welche mit den Beobachtern dann einläßlich zu besprechen sind. Außerdem sind in der Regel die Instrumente zu kontroliren.

Auch d i e P u b l i k a t i o n d e r B e o b a c h t u n g e n g e schieht in der bisherigen, in den Hauptzügen vom Kongreß adoptirten Weise, wobei natürlich allen neuen Beschlüssen desselben nach Möglichkeit Rücksicht getragen werden soll.

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Es ist hiebei zu bemerken, daß dieser Publikation eine große, von der Centralanstalt zu leistende Arbeit vorausgeht, nämlich die Reduktion und Berechnung einer großen Anzahl von Stationstabellen.

Etwa die Hälfte aller Stationen schickt nur die Originalaufzeichnungen ein, die also ganz zu bearbeiten sind ; bei einem großen Theil der übrigen muß die Berechnung der Monatsmittel genau geprüft und sehr oft verbessert werden. Die Wiedergabe der Witterungsaufzeichnungen durch die internationalen Symbole, sowie die Herstellung und Berechnung der Jahresübersichten fällt ganz der Centralanstalt zu.

Es sollen ferner die älteren, vor der Bundesbetheiligung gemachten Serien von Beobachtungen verwerthet und wenigstens die Hauptresultate publizirt werden. Dieselben in extenso zu drucken, gienge der großen Kosten wegen nicht an. Es scheint zweckmäßiger, ein Theil der finanziellen Mittel zu deren Verarbeitung zu verwenden und sich in der Publikation auf das wirklich Werthvolle zu beschränken. -- Die schon öfters gewünschte und als Grundlage für manche andere naturwissenschaftliche Studien dienende Arbeit, nämlich d i e B e a r b e i t u n g d e s v o r h a n d e n e n M a t e r i a l s zu einer K l i m a t o l o g i e der S c h w e i z , kann, wie schon im Vorbericht erwähnt, in erschöpfender Weise nur durch die Centralanstalt ausgeführt werden. Es mögen hier einige Andeutungen über den Inhalt einer solchen Arbeit folgen. Dieselbe soll umfassen : Monatsmittel, Jahresmittel, Extreme der Temperatur (alle Daten müssen streng unter sich vergleichbar, d. h. auf denselben Zeitraum bezogen werden, was bei den zahlreiche Lücken aufweisenden Stationen durch vielfaches, allerdings auch sehr mühsames Interpoliren zu geschehen hat). Soweit thunlich, d. h. bei nur dreimaligem Beobachten möglich ist, soll auch der tägliche Gang der Temperatur untersucht werden.

Im Weitern : Jährlicher und täglicher Gang des Luftdrucks, extreme Feuchtigkeitsverhältnisse; Vertheilung der Niederschläge, räumlich und zeitlich; Windverhältnisse; Begründung der Föhntheorie.

Bei allen diesen Untersuchungen sind hauptsächlich folgende Gesichtspunkte zur Erörterung zu bringen: a . E i n f l u ß d e r A l p e n a l s einheitlicher k l i m a t i s c h e r M o d i f i k a t o r , sowohl für die Nord- als die Südseite; Einfluß derselben auf die allgemeinen atmosphärischen Bewegungen ;

409 b. E i n f l u ß der l o k a l e n t o p o g r a p h i s c h e n Beschaffenheit kleinerer klimatischer Bez i r k e ; Klima des Flachlandes, der Seeufer, der Thäler (welche wieder zu unterscheiden sind nach Höhe, Tiefe, Richtung und Längenausdehnung), Pässe und Berggipfel.

Die Ermittlung dieser Lokaleinflüsse ist eine der Aufgaben, welche unserem Institut vermöge der topographischen Beschaffenheit unseres Landes ganz speziell zufallen. Soll dieselbe aber nur annähernd vollständig gelöst werden, so darf keine Verminderung der Stationszahl eintreten ; im Gegentheil wird das Bestreben dahin gehen müssen, auf Grundlage einer vorläufigen., als Uebersicht dienenden klimatologischen Darstellung die Beobachtungsdaten zu vervollständigen und allfällig sich bemerkbar machende Lücken durch Errichtung neuer, wenn auch nur sekundärer, d. h. nicht alle meteorologischen Elemente berücksichtigenden Stationen, später auszufüllen. Die topographische Beschaffenheit unseres Landes ist so mannigfaltig, daß eine erschöpfenden Ermittlung der Lokaleinflüsse ein sehr dichtes (wenn nicht das allerdichteste des Continents) Stationsnetz verlangt.

Ueber die Frage, ob in den Umfang einer solchen Klimatologie auch die sogenannten phänomenologischen Daten mit einzuziehen sind, d. h. ob die Ermittlung derselben als Aufgabe der meteorologischen Institute betrachtet werden müsse, wird die im September 1880 zu Wien stattfindende Conferenz für Agrarmeteorologie sich prinzipiell aussprechen.

Wir erlauben uns hier noch darauf aufmerksam zu machen, daß eine Anzahl A r b e i t e n k l i m a t o l o g i s c h e n I n h a l t s bereits in den v e r s c h i e d e n e n J a h r e s b ä n d e n unserer meteorologischen Annalen publizirt worden sind. Als solche führen wir an: ,,Die Temperaturabnahme mit der Höhe in der Schweiz"1, von A. Hirsch.

,,Die atmosphärischen Niederschläge in den sieben Hauptflußgebieten der Schweiz", von Alb. Benteli.

,,Ueber die Wärmevertheilung in der Schweiz"1, von A. Weilenmann.

,,Die stündliche Vertheilung des atmosphärischen Niederschlags zu Bern", von A. Forster.

,,Ueber den täglichen Gang der Temperatur in Bern", von A. Weilenmann.

,,Die Wind- und Niederschlagsverhältnisse von Bern a , von A. Benteli.

410

,,Fünftägige Temperaturmittel und Normaltemperaturen von 14 schweizerischen meteorologischen Stationen erster Ordnung", von R. BUI willer.

,,Die Niederschläge im Juni 1876a, von R. Billwiller.

,,Studien über die Beziehung zwischen Wind und Niederschlag"1, von R. Wolf.

,,Zwölfjährige Monatsmittel von 1864--1875 der schweizerischen Normalstationen11, von R. Billwiller.

Die eingehendste klimatologische Studie, welche wohl die gesammte Literatur aufzuweisen hat, ist diejenige des Herrn Prof.

P l a n t a m o u r («Etat sur le climat de Genève»/, in der die 50jährigen Genferbeobachtungen (seit 1836 wurden dort täglich 9malige Aufzeichnungen gemacht} in erschöpfendster Weise verarbeitet wurden.

Bine vollständige Lösung der oben dargestellten Aufgabe einer schweizerischen Klimatologie wird auch für die Erklärung s p e z i e l l e r k l i m a t o l o g i s c h e r F r a g e n , namentlich hinsichtlich lokaler Wind- und Temperaturverhältnisse, die Veranstaltung von k ü r z e r e n , aber sehr g e n a u e n B e o b a c h t u n g s s e r i e n erheischen. Es gibt Probleme, die durch zweckmäßig angestellte Beobachtungen an wenigen geeigneten Tagen gelöst werden können, während sie durch die gewöhnlichen dreimaligen Aufzeichnungen in langen Jahren nicht klar gelegt werden. Solche Beobachtungsreihen, die natürlich am besten durch die Centralanstalt veranstaltet werden, ersetzen in der Meteorologie das Experiment, und so wenig es der Physiker als nothwendig erachtet, ein solches in inflnitum zu wiederholen, ebenso wenig wird es nothwendig sein, jene Beobachtungen lange Zeit fortzusetzen.

Solche Beobachtungsserien zu bestimmten Zwecken sind ferner am ehesten geeignet, die allgemeine Meteorologie zu fördern, und wenn unsere Centralstelle, wie es nur billig erscheint, auch an ihrem Aufbau sich in direkter Weise betheiligen soll, so sind solche S p e z i a l U n t e r s u c h u n g e n unerläßlich.

lieber die Ausgabe von W i t t e r u n g s b e r i c h t e n haben wir uns oben einläßlich verbreitet und es sei nur noch bemerkt, daß die Wetterberichte als zeitgemäßes Institut auch für unser Land, am besten dadurch charakterisirt werden, daß in dem Referat des Herrn Scott (Meteorological Office in London) an den Congreß die Schweiz außer Griechenland als das einzige Land des Continentes bezeichnet werden mußte, welches damals (1878) noch keine Organisation eines solchen Wetterberichtdienstes hatte. Seither

411

ist derselbe bekanntlich bei uns provisorisch eingeführt worden, und es besteht gegenwärtig ein Austausch meteorologischer Daten mit den Centralstellen in Paris, Hamburg, Wien und Florenz. Auch die Ausgabe eines täglichen Witterungsbülletins (unabhängig von den Zeitungsberichten) ist seit Juli 1880 an die Hand genommen worden.

Ueber die Frage, ob die W i t t e r u n g s p r o g n o s e n zu Gunsten der Landwirtschaft ebenfalls in das Programm der Centralanstalt aufzunehmen sind, wird sich die bereits erwähnte i n t e r n a t i o n a l e C o n f e r e n z für A g r a r m e t e o r o l o g i e prinzipiell aussprechen.

Eine weitere Aufgabe der Centralanstalt besteht endlich in der B e a n t w o r t u n g der seitens des P u b l i k u m s und von B e h ö r d e n an dieselbe g e s t e l l t e n F r a g e n und die Abgabe von G u t a c h t e n über meteorologische Gegenstände. Wir fügen dem im Vorbericht hierüber Gesagten nur noch hinzu, daß es sich empfehlen wird, ein besonderes R e g l e m e n t für Auskunftertheilungen seitens der Centralanstalt aufzustellen, damit nicht durch allfällige übermäßige Inanspruchnahme derselben seitens des Publikums die Interessen der ersteren gefährdet werden.

Voranschlag für die jährlichen Betriebskosten der meteorologischen Centralanstalt.

Bis zur Verlegung der Centralanstalt in ein der Eidgenossenschaft zugehöriges Gebäude erwachsen dem Bunde noch keine Einrichtungskosten für dieselbe. Wir haben bereits oben betont, daß es wohl am zweckmäßigsten wäre, das projektirte Gebäude für Physik zum Sitz der Anstalt zu machen, und es könnten dann wohl die Einrichtungskosten auf den Baukonto des erstem genommen werden. Es sei hier nur noch angedeutet, daß die Centralanstalt e t w a v i e r R ä u m l i c h k e i t e n b e d a r f , wovon drei etwas geräumig sein sollten: Bureau, Bibliothek und Archiv, Zimmer für Aufstellung und Prüfung der Instrumente, Zimmer für den Direktor.

Laufende jährliche Kosten.

Besoldungen : Direktor Hülfspersonal

Fr.

,,

4,500 6,000

Fr. 10,500 A n m e r k. Hiezu käme noch ein Posten von circa Fr. 500 für die Besorgung des Telegraphendienstes auf der Centralanstalt

412 für den Fall, daß die Telegraphenverwaltung sich nicht vertraglich verpflichtet, diese Kosten, wie bisher, auf ihre Rechnung zu nehmen.

Commissionssitzungen (Reiseentschädigung und Taggelder) Fr. 500 Inspektion der Stationen (jährlich zirka ein Drittel der700 selben, Fr. 25 pro Station und Tag) .

11 Gratifikation an zirka 12 Beobachter*) 11 1,200 Fr. 2,400

Druckkosten.

Fr. 5,000 Druck der fortlaufenden Beobachtungen 300 ,, d e r altern Beobachtungsreihen .

.

.

. 11 ,, der wissenschaftlichen Abhandlungen , hervorgehend aus der Verarbeitung des Materials ·n 1,000 Broschiren der acht einzelnen Jahreshefte und Einbände 300 ganzer Jahrgänge .

.

.

.

.

. ·n Druck von Beobachtungs- und andern Formularen, Cir400 kularen .

.

.

.

.

.

.

. 11 Fr. 7,000

Instrumente.

Einrichtung neuer Stationen und Ersatz abgehender Instrumente .

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.

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.

. Fr. 1,200 Bü r B a u k o s t e n .

Miethe (bis zum Bezug eines Lokals in einem eidg.

Gebäude) .

.

.

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.

.

.

. Fr.

Heizung u n d Beleuchtung .

.

.

.

.

. 11 Schreibmaterialien .

.

.

.

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.

. n Porto 11 Anschaffung v o n Literatur**) .

.

.

.

.n Buchbinder (Einbände der zahlreichen als Tauschexemplare eingehenden ausländischen Annalen und anderer Publikationen) .

.

.

.

. n

500 150 70 250 100 130

Fr. 1,200 *) Auf allen übrigen Stationen wird entweder die Arbeit völlig freiwillig geleistet oder dieselben werden durch die Kantone oder Gemeinden unterstützt. In Bern, Basel, Genf und Neuenburg sind es kantonale Institute, welche die meteorologischen Aufzeichnungen besorgen.

**) Dieser Posten ist deßhalb so gering, weil die meteorologische Centralanstalt sehr Vieles durch den Tauschverkehr erhält. Es rechtfertigt sich dadurch auch der oben angeführte große Posten für den Druck unserer Publikationen.

413 Unvorhergesehenes

.

.

.

.

. Fr. 600

Die Totalsumme beläuft sich also je nach dem Ansatz für die Besoldungen auf circa Fr. 23,000, wovon jedoch an E i n n a h m e n a bgeht: An Abonnements tungen

auf die meteorologischen Beobach-

An sonstigen Einnahmen (Sportein) des Bureau .

Fr. 1,000 .

,,

400

Fr. 1,400 In den nächsten Jahren wird somit die Commission sich mit einem jährlichen Kredit von circa Fr. 22,000 begnügen können, wobei allerdings für die projektirte Bergstation auf dem Säntis noch nichts vorgesehen ist. Da diese aber vermuthlich zu Stande kommt und vielleicht in Bälde noch andere kleine Ausgabeposten sich als unabweislich einstellen, so halten wir es für das Zweckmäßigste, den durch das Gesetz zu bestimmenden Kredit als M a x i m u m auf Fr. 2 5 , 0 0 0 anzusetzen , was auf geraume Zeit ausreichen und alle Extrakredite unnöthig machen wird.

Wir haben dabei immer noch die Ueberzeugung, uns auf eine möglichst e i n f a c h e , u n s e r n r e p u b l i k a n i s c h e n V e r h ä l t n i s s e n e n t s p r e c h e n d e Organisation des meteorologischen Dienstes eingeschränkt zu haben. Beispielsweise erwähnen wir, daß die neue bayerische meteorologische Centralanstalt, deren Netz mit nur 34 Stationen (wovon 20 dritter Ordnung, d. h. ohne Barometer- und Feuchtigkeitsbeobachtungen) an wissenschaftlicher Bedeutung dem unsrigen nicht gleichkommen kann, über einen jährlichen Kredit von 23,400 Mark verfügt.

Man fordert mit Recht von unserer schweizerischen meteorologischen Organisation d a s s e l b e in theoretischer sowohl als in praktischer Hinsicht, wie von den a u s l ä n d i s c h e n . Daraus ergibt sich aber mit Notwendigkeit, daß wir, wenn nicht dieselben großen Summen, wie das Ausland, so doch e r h e b l i c h m e h r als b i s h e r für dieselbe verwenden müssen.

Schließlich erlauben wir uns, auf Beilage II aufmerksam zu machen, welche das Resultat; einer Enquete über die meteorologischen Institutionen in den verschiedenen Ländern Europas enthält, wovon jedoch der erste Theil für uns nicht mehr als Separatabdruck erhältlich war (derselbe findet sich aber in der Zeitschrift

414

des königl. preußischen statistischen Bureau, 1878, Seite 427) und der abschließende dritte Theil noch nicht erschienen ist.

Z ü r i c h , den 24. Juli 1880.

Für die Schweiz, meteorologische Centralanstalt, Der D i r e k t o r :

Rud. Wolf.

Der Büreauchef: Rob. Billwiller.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über die bisherige Thätigkeit und künftige Aufgabe der schweiz. meteorologischen Centralanstalt. (Vom 24. Juli 1880.)

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Bundesblatt

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1880

Année Anno Band

4

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50

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.11.1880

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395-414

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10 010 892

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