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Konsularvertrag zwischen

der Schweiz und Rumänien.

(Vom 14. Februar 1880.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine Königl Hoheit der Fürst von Rumänien, in der Absicht, die zwischen den beiden Staaten bereits bestehenden Beziehungen noch mehr zu erleichtern und zu fördern, haben beschlossen, zu diesem Zweke einen Konsularvertrag abzuschließen, und zu ihren diesfälligen Bevollmächtigten ernannt : Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft: Herrn Johann Jakob von T s chu di, Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Sr. k. u. k. apostolischen Majestät; und Seine Königl. Hoheit der Fürst von Rumänien: Herrn Jean de B a l a t c h a n o , Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Sr. k. u. k. apostolischen Majestät; welche, nach gegenseitiger Mittheilung ihrer -- gehörig befundenen ene -- Vollmachten die nachfolgenden Artikel vereinbart haben.

Artikel I.

Jede der hohen Vertragsparteien ist berechtigt, einen Generalkonsul, Konsuln und Vicekonsuln in den Städten, Häfen und Ortschaften des Gebietes der andern Partei aufzustellen.

Die genannten Agenten sind gegenseitig zuzulassen und anzuerkennen, nachdem sie ihre Ernennungsurkunden gemäß den Vorschriften und Formalitäten, wie sie in den respektiven Ländern festgesetzt sind, vorgelegt haben. Das zur freien Ausübung ihrer

265 Funktionen erforderliche Exequatur ist ihnen kostenfrei zu ertheilen, und es soll auf Vorweis desselben die Oberbehörde ihres Residenzortes sofort die nothwendigen Verfügungen treffen, damit sie die Pflichten ihres Amtes erfüllen und in den Genuß der mit demselben verbundenen Befreiungen, Vergünstigungen, Immunitäten, Ehren und Vorrechte treten können.

Die beiden hohen Vertragsparteien behalten sich aber das Recht vor, die Orte zu bezeichnen, wo sie keine Konsularbeamten zulassen wollen; wobei jedoch die beiden Regierungen gegen einander keine Beschränkung werden eintreten lassen, die in ihrem Lande nicht auch für alle andern Nationen gemeinsam gilt.

Die Regierung, welche das Exequatur ertheilt hat, kann dasselbe zurükziehen, unter Angabe ihrer Gründe hiefür.

Artikel II.

Wenn ein Konsularbeamter Handel oder Industrie betreibt, so unterliegt er in dieser Hinsicht den Gesezen und Uebungen, wie sie am gleichen Orte für die eigenen Angehörigen in Bezug auf Handel und Industrie, oder zutreffendenfalls für die handeltreibenden Konsuln der meistbegünstigten Nation gelten.

Und wenn eine der hohen Vertragsparteien zu ihrem Generalkonsul, Konsul oder Vicekonsul in einer Stadt, einem Hafen oder einer Ortschaft der andern Partei einen Angehörigen der leztern ernennt, so wird derselbe auch ferner als Angehöriger des Staates, dem er angehört, angesehen, und unterliegt er demnach den Gesezen und Verordnungen, welche am Orte, wo er rcsidirt, für die Landesangehörigen gelten, ohne daß indeß diese Verpflichtung irgendwie die Ausübung seiner Funktionen hemmen oder die Unverlezlichkeit des Konsulatsarchivs beeinträchtigen dürfte.

Artikel III.

Der Generalkonsul und die Konsuln und Vicekonsuln der schweizerischen Eidgenossenschaft in Rumänien, sowie anderseits der Generalkonsul und die Konsuln und Vicekonsuln von Rumänien in der Schweiz dürfen über der äußern Thüre des Generalkonsulats, Konsulats oder Vicekonsulats einen Schild mit ihrem Nationalwappen und der Inschrift: Generalkonsulat, Konsulat oder VicekoQsulat von . . . anbringen.

Ebenso dürfen sie an Tagen öffentlicher Festlichkeiten oder anderer Gebräuche auf dem Konsulatsgebäude ihre Nationalfahne aufpflanzen.

266 Diese äußern Zeichen können niemals als ein Asylrecht begründend angesehen werden, sondern sie sollen vor Allem dazu dienen, den Landesangehörigen die Konsulatswohnung kenntlich zu machen.

Artikel IV.

Die Konsularbeamten, welche dem Lande, wo sie residiren, nicht angehören, können nicht aufgefordert werden, als Zeugen vor Gericht zu erscheinen.

Wenn die örtliche Gerichtsbehörde von ihnen irgend welche gerichtliche Depositionen bedarf, so hat sie sich behufs mündlicher Einvernahme in ihre Wohnung zu begeben, oder zu diesem Zweke einen kompetenten Beamten abzuordnen, oder auch die Deposition schriftlich zu verlangen.

Artikel V.

Das Konsulatsarchiv ist unverlezlich und es dürfen die Ortsbehörden unter keinem Verwände und in keinem Falle dasselbe durchsuchen oder die dazu gehörigen Papiere mit Beschlag belegen.

Diese Papiere müssen stets von den Büchern und Papieren betreffend die vom Generalkonsul, von den Konsuln oder Vicekonsuln allfällig betriebenen Handels- oder Industriegeschäfte ganz ausgeschieden sein.

Artikel VI.

Stirbt ein Konsularbeamter, ohne an seinem Plaze einen bezeichneten Stellvertreter zu hinterlassen, so wird die Ortsbehörde sofort, im Beisein eines Konsularagenten einer befreundeten Nation und zweier Angehöriger des Landes des verstorbenen Konsuls, oder, in Ermanglung der leztern, zweier angesehener Persönlichkeiten des Ortes, zur Versiegelung des Archives schreiten.

Hierüber ist ein Protokoll in zwei Doppeln aufzunehmen und das eine Exemplar dem Generalkonsul der Nation des Verstorbenen, oder in Ermangelung eines solchen dem nächsten Konsularbeamten zu übermitteln.

Zur Uebergabe des Archivs an den neuen Konsularbeamten wird die Entsiegelung im Beisein der Ortsbehörde und der noch am Orte anwesenden, früher bei der Versiegelung zugegen gewesenen Personen stattfinden.

267 Artikel VII.

Die Konsularbeamten der beiden Länder sind berechtigt, auf ihren Kanzleien und in der Wohnung der betheiligten Parteien Erklärungen und andere Urkunden freiwilliger Gerichtsbarkeit, welche Kaufleute oder andere Angehörige ihres Staates daselbst zur Verschreibung bringen wollen, aufzunehmen.

Ebenso sind sie berechtigt, in der Eigenschaft als Notare Testamentsverfügungen ihrer Landesangehörigen zu fertigen.

Im Weitern haben sie in der gleichen Eigenschaft die. Befugniß, auf ihrer Kanzlei Kontrakte jeder Art zwischen eigenen Landsleuten oder zwischen solchen und andern Personen des Landes, wo sie residiren, sowie auch Kontrakte betreffend Angehörige dieses leztern Landes allein, zu fertigen, insofern sie Bezug haben auf Vermögensobjekte oder auf Geschäfte, welche auf dem Gebiete der Nation, die der intervenirende Konsularbeamte vertritt, sich befinden, beziehungsweise zu behandeln sind.

Die von den genannten Beamten gehörig legalisirten und mit dem Konsularsiegel versehenen Abschriften oder Auszüge von solchen Urkunden haben in der Schweiz und in Rumänien sowohl vor den Gerichten als außerhalb derselben gleiche Beweiskraft wie die Originalverschreibungen selbst, und es kommt ihnen die nämliche Gültigkeit zu, wie wenn sie vor einem Notar oder einem andern öffentlichen Beamten des einen oder andern Landes gefertigt worden wären, sofern diese Urkunden in denjenigen Formen, wie sie die Geseze des Staates, dem die Konsularbeamten angehören, vorschreiben, verfaßt und sodann dem Stempel und der Einschreibung, sowie allen andern Formalitäten unterworfen worden sind, welche in dem Lande, wo das Aktenstük seine Vollziehung erhalten soll, in solchen Materien gelten.

Die beiderseitigen Konsularbeamten können die von Behörden oder Beamten ihres Landes ausgehenden Dokumente aller Art übersezen und beglaubigen, und es haben diese Uebersezungen in dem Lande, wo sie residiren, die gleiche Kraft und Gültigkeit, wie wenn sie von beeidigten Dolmetschern besorgt worden wären.

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Artikel VIII.

Wenn ein Rumäne in der Schweiz stirbt, ohne bekannte Erben oder Testamentsvollstreker zu hinterlassen, so werden die schweizerischen Behörden dieß dem rumänischen Konsularbeamten, in dessen Bezirk der Tod stattgefunden hat, anzeigen, damit er den Betheiligten die nöthige Auskunft zukommen lasse.

268 Eine gleiche Anzeige ist von den zuständigen rumänischen Behörden an die schweizerischen Konsularbeamten zu richten, wenn ein Schweizer in Rumänien stirbt, ohne bekannte Erben oder Testamentsvollstreker zu hinterlassen.

Die zuständigen Behörden des Ortes, wo der Todesfall stattgefunden hat, sind gehalten, in Bezug auf das bewegliche oder unbewegliche Vermögen des Verstorbenen alle sichernden Verfügungen zu treffen, welche die Landesgesezgebung für die Nachlassenschaften der Landesangehörigen vorschreibt.

Artikel IX.

Die schweizerischen Konsularbeamten in Rumänien und die rumänischen Konsularbeamten in der Schweiz genießen, Gegenseitigkeit vorbehalten, alle Vollmachten, Befugnisse, Vorrechte, Befreiungen und Immunitäten, die den Konsularbeamten gleichen Grades der meistbegünstigten Nation eingeräumt sind oder künftig eingeräumt werden.

Artikel X.

Bei Abhaltung, Abwesenheit oder Ableben des Generalkonsuls, der Konsuln oder Vizekonsuln sind die Kanzler oder Sekretäre, die den betreffenden Behörden seiner Zeit in ihrer genannten Eigenschaft präsentirt worden sind, berechtigt, interimistisch die Konsularfunktionen auszuüben, und genießen sie während dieser Zeit die Befreiungen und Vorrechte, die der gegenwärtige Vertrag daran knüpft.

Artikel XI.

Der Generalkonsul, die Konsuln und die Vizekonsuln der beiden Länder können bei Ausübung der ihnen zugeschriebenen Vollmachten sich an die Behörden ihrer Bezirke wenden, um gegen jede Verlezung der Verträge oder Uebereinkünfte, welche zwischen den beiden Staaten bestehen, oder gegen allfällige Mißbräuche, über die ihre Landesangehörigen sich zu beschweren hätten, Einsprache zu erheben.

In Ermanglung eines diplomatischen Agenten ihres Landes können sie sich selbst an die Regierung des Staates, in welchem sie residireu, wenden.

26£

Artikel XII.

Gegenwärtiger Vertrag ist zu ratifiziren und die Ratifikationen sind binnen acht Monaten oder wenn thunlich früher in Wien auszutauschen.

Er bleibt zehn Jahre in Kraft, vom Tage des Austausches der Ratifikationen an gerechnet. Wenn keine der hohen Vertragsparteien ein Jahr vor Ablauf der genannten Zeitfrist von zehn Jahren den Rüktritt vom Vertrage anzeigt, so bleibt derselbe weiter gültig bis zum Ablaufe eines Jahres vom Tage an, wo eine der beiden Parteien ihn aufkündet.

Zur Urkunde dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und demselben ihr Wappensiegel beigedrükt.

Gefertigt in Wien, in Doppeln, den vierzehnten Februar eintausend achthundert und achtzig.

T. Tschudi.

J. de Balatchano.

(L. S.)

(L. S.)

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Konsularvertrag zwischen der Schweiz und Rumänien. (Vom 14. Februar 1880.)

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