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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über ein Begnadigungsgesuch von Job. "Weber, von Brüttelen.

(Bern), gew. Korporal im Schüzenbataillon Nr. 3.

(Vom 9. Juni 1880.)

Tit.

Job. Weber, von Brüttelen, geb. 1859, gewesener Korporal im Schüzenbataillon Nr. 3, wurde unterm 13. Oktober 1879 vom Kriegsgericht der IV. Division wegen Unterschlagung zu einer Zuchthausstrafe von 18 Monaten verurtheilt, für fünf Jahre in seinem - Aktivbürgerrecht eingestellt, seines Grades als Korporal verlustig und überdies unfähig erklärt, inskünftig für das Vaterland die Waffen zu tragen.

Weber wurde im Sommer 1879 auf seinen Wunsch in die Lehrerrekrutenschule nach Luzern berufen und daselbst provisorisch als Kompagniefourier verwendet. In dieser Stellung unterschlug er fünf verschiedene, ihm von der Post zur Ablieferung an die Adressaten ausbezahlten Summen, zusammen im Betrag von Fr. 103.

In der Untersuchung legte Weber sogleich ein reumüthiges Geständniß ab und führte zu seiner Entschuldignng an, er habe schon im fünften Altersjahre seine Mutter verloren und sei dann unter eine Stiefmutter gekommen, mit welcher sein Vater in unglüklicher Ehe gelebt habe. Nach vollendetem 15. Altersjahre sei er der Schule entlassen worden, um sich sein Brod selbst zu verdienen.

An verschiedenen Orten habe er als Laufbursche, Commis oder Schreiber gedient, aber nirgends auf einen grünen Zweig kommen können, so daß er sich im Jahre 1877 genöthigt gesehen habe, sich nach Algier anwerben zu lassen. Daselbst sei er am gelben Fieber erkrankt und nach einem Jahr auf Reklamation seines Vaters.

311 wieder entlassen worden. In die Heimat zurükgekehrt, sei es ihm nicht besser gegangen als vorher. Ohne Anstellung und Verdienst sei ihm im Frühling 1879 seine Rekrutirung sehr angenehm gewesen, und nach Ernennung zum Unteroffizier habe er sich zum zweiten und dritten Kurs gemeldet. In diesem dritten Kurs, in welchem er als Fourier verwendet worden, sei er seiner finanziellen Verlegenheit, sowie der an ihn herangetretenen Versuchung zum Opfer gefallen, indem er zuerst ein Postmandat von Fr. 50 und dann noch drei andere unterschlagen habe, um je eines mit dem andern zu deken.

In einem vom 3. dies datirten Gesuche bittet nun Weber die hohe Bundesvessammlung, es möchte ihm dieselbe einen Theil seiner Strafe in Gnaden erlassen.

Das Begnadigungsgesuch wird vom Kreisinstruktor der IV. Division, Herrn Oberst Bindschedler, und von dem Verwalter der Strafanstalt des Kantons Bern, in welche Petent unterm 13. Oktober 1879 eingetreten ist, angelegentlichst empfohlen. Jener nimmt an, der jugendliche Leichtsinn, welchem der intelligente junge Mann zum Opfer gefallen, sei auf eine mangelhafte Erziehung zurükzuführen, und der Reumüthigkeit und den guten Vorsäzen Webers dürfe Glauben geschenkt werden. Und dieser bezeugt, daß sich Weber seit seinem Eintritt in die Strafanstalt durch Gehorsam, stilles Betragen und Fleiß die volle Zufriedenheit der Meisterschaft erworben habe.

Gestüzt darauf, daß Petent wirklich eine sehr mangelhafte Erziehung erhalten zu haben scheint, daß er in der Untersuchung sofort ein reumüthiges Geständniß abgelegt und sich in der Strafanstalt gut betragen hat und vorher auch noch nie bestraft worden ist, wird beantragt: Es möchte dem Petenten der lezte Drittheil der Strafe in Gnaden erlassen werden.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 9. Juni 1880.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Beschränkung der Portofreiheit auf den Verkehr der Behörden unter sich, mit Ausschluss desjenigen zwischen Behörden und Privaten.

(Vom 14. Juni 1880.)

Tit.

Die auch in neuester Zeit gemachten Erfahrungen macheu es uns zur Pflicht, neuerdings eine Abänderung der gesezlichen Bestimmungen betreffend die Portofreiheit zu beantragen.

Nach der ablehnenden Haltung, welche die hohe Bundesversammlung bis jezt gegenüber einer durchgreifenden Revision der fraglichen Bestimmungen eingenommen hat, beschränken wir unsere Anträge auf einen Punkt, nämlich auf den Verkehr zwischen Behörden und P r i v a t e n , und auch da wollen wir den portofreien Verkehr in A r m e n s a c h e n , wie er gegenwärtig geregelt ist, nicht in Frage stellen.

Unsere Anregung ist so wenig reformatorisch, daß sie lediglich das Zurükgehen auf das e r s t e seit der Centralisation der eidgenössischen Posten erlassene Posttaxengesez(vom 4. Juni 1849, A. S. 1,110) bezwekt. Es ist eine auffallende Erscheinung, daß die Schweiz im Jahre 1880, sechs Jahre nachdem gemäß der bestehenden Bundes-

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über ein Begnadigungsgesuch von Joh. Weber, von Brüttelen (Bern), gew. Korporal im Schüzenbataillon Nr. 3. (Vom 9. Juni 1880.)

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27

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19.06.1880

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310-312

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10 010 722

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