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Schweizerisches Bundesblatt.

32. Jahrgang. II.

Nr. 21.

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15. Mai 1880.

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Sicherstellung der Vergütungen aus dem direkten Verkehr der Eisenbahnen und aus der Mitbenuzung von Bahnhöfen und Bahnstreken.

(Vom 4. Mai 1880.)

Tit.!

Auf das anläßlich der Berathung des bundesräthlichen Geschäftsberichts pro 1878 von der hohen Bundesversammlung angenommene Postulat : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, zu untersuchen und ,,Bericht zu erstatten, ob nicht die Vergütungen aus dem ,,direkten Verkehr und aus der Mitbenuzung von Bahnst rekeu ,,und Bahnhöfen für die betheiligten Gesellschaften sicher ,,gestellt werden können", sind, um das zur Beantwortung dieser Frage unbedingt nöthige Material zu erlangen, zunächst die Bahngesellschaften zum Bericht darüber eingeladen worden, ob und welche Anstände, Gefahren und wirkliche Verluste aus dem Maugel einer solchen Sicherstellung bisher erwachsen, und welches die Beträge seien, um deren Dekung es sich überhaupt handeln könne. Ferner wurde denselben Gelegenheit gegeben, sich darüber zu äußern, ob sie selbst auf ein gesezgeberisches Vorgehen im Sinne des Postulats Werth sezen und in welcher Form sie eventuell die Sicherstellung sich vorstellen.

Aus den hierüber eingegangenen Mittheilungen ergibt sich: Bundesblatt. 32. Jahrg. Bd. II.

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772 I. Die Frage über Sicherstellung von V e r g ü t u n g e n für die Benuzung von Bahnhofen, S t a t i o n e n und Bahns t r e k e n hat bisher zu Anstanden gefuhrt zwischen der Nordostbahn einerseits und der Nationalbahn, sowie der Toßthalbahn andererseits, und ferner zwischen der Central bahn als Eigenthümerin der Stationen Lenzburg und Zofingen und der badischen Bahn, als Besizerin, der Bahnhofe in Singen und Konstanz auf der einen und der Nationalbahn auf der andern Seite. Was die Toßthalbahn, die als Mitbenuzerin des Bahnhofs Winterthur mit erheblichen Leistungen aus Kapitalzins und Betriebskosten im Verzug war, anbetrifft, so ist die Angelegenheit durch Gestundung und Einräumung von langern Verfallsterminen regulirt worden. In der Liquidation der Nationalbahn aber kommen die Nordostbahn mit mehr als Fr. 100.000, die badische Bahn mit einer uns nicht genau bekannten, aber jedenfalls Fr. 50,000 übersteigenden Forderung und die Centralbahn mit einer Summe von nahezu Fr. 5000 zu Verlust.

Zahlreicher sind die Anstände, welche aus dem Kreise der schweizerischen Eisenbahnen oder, den mit denselben in unmittelbarem Verkehr stehenden fremden Verwaltungen wegen Aufnahme neuer Unternehmungen in den d i r e k t e n V e r k e h r und wegen der damit verbundenen Kreditgewährung sich erhoben haben. So hat die Konferenz der schweizerischen Eisenbahnverwaltungen im Verlauf der Zeit di« Aufnahme, resp. die Belassung folgender Linien in den direkten Verkehr beanstandet, so lange dieselben nicht für die ihnen aus diesem Verkehr zu kreditirenden Summen Kaution bestellt hatten: 1} des Jura Industriel, / ) 2) der Sequesterverwaltung der Ligne d'Italie wahrend des Konkurses der lezteren, 3) der neuen Compagnie internationale de la Ligne d Italie, 4) der Gesellschaft Jougne-Eclépens, 5) der Bödelibahn, 6) der Appenzellerbahn, < ' 7) der Rorschach-Heiden-Bergbahn, 83 der Nationalbahn in Liquidation.

Die Appenzellerbahn leistete die von ihr geforderte Kaution (Fr. 60,000);die Masseverwaltung der Nationalbahn versprach unter eigener Verantwortlichkeit die Zahlung der -auf sie entstehenden Guthaben, indem sie dieselben unter Conto ,,Liquidationskosten" aufnahm; für die Bod eli bahn trat die Jura-Bern-Luzern-Bahn ein, und mit· der Rorschach-Heiden-Bahn ist ein modus vivendi zu Stande ^

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gekommen, über dessen Inhalt wir nicht genauer unterrichtet sind.

Die übrigen beanstandeten Linien scheinen sich in der That ohne Organisation des direkten Verkehrs beholfen zu haben, bis andere Verumständungen die erhobenen Anstände an sich hinfällig machten.

Ferner gab die Krisis, die vor einigen Jahren über die schweizerischen Bahngesellschaften hereingebrochen ist, zu bezüglichen Verhandlungen zwischen einzelnen Verwaltungen Anlaß. Die Nordostbahn drohte wiederholt der Toßthalbahn mit dem Abbruch des direkten Verkehrs, wenn diese ihre Leistungen nicht pünktlicher mache, ohne daß es indessen zur Ausführung der Drohung gekommen ist; und die erstere selbst hat, um die direkten Verkehre mit den österreichischen, den bayerischen, den badischen und den Elsaß-Lothringischen Bahnen nicht aufgeben zu müssen, sich einigen dieser Verwaltungen gegenüber zu Verpflichtungen herbeilassen müssen, welche gegenüber den sonst üblichen -- und später zu besprechenden -- drei- bis viermonatlichen Zahlungsterminen nicht viel weniger als Baarzahlung der erlaufenden Vorfrachten bedeuten.

Auch wollen wir nicht unterlassen, einer Mittheilung der Nordostbahn hier Raum zu geben, welche dahin geht, daß ihr im Jahr 1877 in Folge der Zahlungssäumnisse der Toßthalbahn von mehreren auswärtigen Verwaltungen erklärt worden sei, diese würden, wenn die Verkehrsguthaben an die Toßthalbahn uneinbringlich wären, sich die Belastung der für sie durch Vermittlung der Nordostbahn von der Toßthalbahneinzukassirendenn Beträge nicht gefallen lassen.

An Guthaben aus dem direkten Verkehr sind im Laufe der Zeit zu Verlust gekommen : 1) der Franco-Suisse mit ca. Fr. 3500 am Jura Industriel, 2) die Emmenthalbahn mit Fr. 382, und ferner die Nordost- und die badische Bahn, die leztern beiden mit uns nicht genau bekannten Beträgen an der Nationalbahn.

II. Die S u m m e n , d e r e n S i c h e r s t e l l u n g das Postulat im Auge hat, sind nach den Angaben der einzelnen Bahn Verwaltungen unter den gegenwärtigen Verhältnissen d u r c h s c h n i t t l i c h : a. Summen, welche die schweizerischen Verwaltungen schuldig werden: , aus K a p i t a l z i n s e n auf mitbenuzten Bahnhöfen und Bahnstreken . . ' . ' Fr.

439,152 aus B e t r i e b s k o s t e n auf solchen * > · Objekten . . ,,. . , , ,. ,, 613,644 6. Summen, welche dieselben kreditiren ; ; > '

aus K a pi t al z ins en . .

.- /}, ' aus B e t r i e b s k o s t e n . . . . > . ' ,, C

"

,,

404,192 795,048 -

--·-

Summa" Fr. 2,252,036

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c. Beträge, welche die schweizerischen Eisenbahnen aus V o r f r a c h t en schuldig werden: im -Verkehr mit schweizerischen Bahnen Fr. 2,327,728 ,, ,, ,, fremden ,, ,, 5,939,940 d. Betrage, welche dieselben aus V o r f r a c h t e n kreditiren : im Verkehr mit schweizerischen Bahnen ,, 2,281.392 ,, ,, ,, fremden ,, ,, 6,722 Summa Fr. 10,555,782 Ueber das Verhältniß, in dem sich diese Summen auf die einzelnen unserer Bahn Verwaltungen repartiren, verweisen wir auf die der Botschaft angefügten Tabellen, zu denen noch folgende besondere Bemerkungen zu machen sind : 1. Die Kapitalzinse und Betriebskosten sind von den meisten Bahnen brutto gerechnet, d. h. sie zeigen die Verbindlichkeiten und Guthaben der einzelnen Bahnverwaltungen nach beiden Richtungen vollständig.

2. Bei der Zusammenstellung der Schulden und Guthaben aus Vorfrachten dagegen haben die Bahnverwaltungen, mit einer einzigen Ausnahme, nur die Schlußsummen aus dem Verkehr mit jeder derjenigen Verwaltungen angegeben, mit denen sie in Verbindung stehen.

.

3. Die Ermittlung der durchschnittlichen Schulden und Guthaben beruht theils auf den eigenen Ausrechnungen der Bahnverwaltungen, , und soweit -dies nicht der Fall ist, auf den von denselbengegebenen Zahlen über die wiederum durchschnittlichen Monatsabschlüsse. Als ausstehend haben wir im lezteren Fall überall das Vierfache des Monatssaldo im schweizerischen und das Dreifache des Monatssaldo im Verkehr mit auswärtigen Bahnen angenommen, und dabei also die ausnahmsweisen Vereinbarungen nicht berüksichtigt, welche vorübergehend hinsichtlich der Saldirung der Vorfrachten mit einigen Anschlußbahnen vereinbart worden sind und die über kurz oder lang dor allgemeinen Hebung wieder Plaz machen werden, welche ein gegenseitiges Kreditiren der Vorfrachten bis auf 3--4 Monate voraussezt. Daß die Abrechnungen im Verkehr der schweizerischen Bahnen unter sich, und damit selbstverständlich auch das Kreditiren der Saldi etwaä; länger geht, als im Verkehr mit den auswärtigen Bahnen, hat seinen Grund darin, daß eben; die leztern Beziehungen jeweilen zuerstausgerechnet und festgestellt werden müssen, ehe man die zum großen Theil darauf ruhenden internen Abrechnungen aufstellen kann.

775 Als Betrag der jeweilen kreditirten und schuldigen Mi e the n f ü r R o l l m a t e r i a l ergeben sich, ebenfalls mit viermonatlichen Abrechnungsterminen verslanden, nach den vorhandenen statistischen Aufzeichnungen brutto etwa 600,000 Franken.

III. Mit einziger Ausnahme der Appenzellerbahn, welche findet, daß eine prompte Abrechnung unter den Bahnen alier gesezlichen Sicherstellung der in Rede stehenden Guthaben vorzuziehen wäre, und daß eine solche Sicherste!hing nur zur Verschleppung dieser Abrechnungen führen werde, haben sich die sämmtlichen schweizerischen Bahnverwaltungen dahin ausgesprochen, daß dem Postulat auf dem Wege der Gesezgebung Folge gegeben werden sollte. Von den außer der Schweiz domizilirten Bahn Verwaltungen, deren Réseau schweizerisches Terrain berührt, hat sich die Vorarlbergerbahn speziell über die Frage des Bedürfnisses nicht ausgesprochen ; die Generaldirektion der badischen Staatsbahnen und das Comité genevois der Paris-Lyon-Méditerranée-Bahn hielten es für zwekmäßig, wenn dem Postulat Folge gegeben würde; nicht dagegen die Verwaltung der Elsaß-Lothringen-Bahn, welche findet, daß man im Bedürfnißfall durch Kautionsforderung und Vorschußzahlungen, beziehentlich durch Abrechnung auf den Uebergangsstationen, helfenkönne..

Dagegen sind die schweizerischen Bahnen unter sich nicht e i n i g ü b e r den Weg, auf dem der Gesezgeber helfen sollte. ,Die meisten derselben stellen darauf ab, daß sowohl für ausstehende Zinsen und Betriebskosten als für unbezahlte Vorfrachten ein Konkursprivilegium geschaffen werden sollte, und sie weichen hur soweit von einander ab, als die einen wünschen, es-möchte den bezüglichen Forderungen für den Fall der Liquidation einer Bahn überhaupt ein R a n g vor den Obligationsgläubigern (Art. 88, Ziffer 6 des Verpfändungsgesezes vom 24. Juni 1874) eingeräumt werden, während andere die Einreihung derselben unter die Liquidationskosten (Ziffer l daselbst) beanspruchen. Die Motivirung geht durchgängig dahin, daß der Staat diese Forderungen auf dem Weg des Gesezes schüzen müsse, weil er den Bahnen die Verpflichtungen, welche nothwendig zur Kreditgewährung führen>, ebenso auferlegt habe. Auch handle es sich überall um Ausgaben, resp. Schulden, welche lediglich im Interesse des Betriebes, also recht eigentlich zum Schuz des in den Bahnen stehendenKapitals
kontrahirt werden.

Ferner sind diese Verwaltungen alle damit einverstanden, daß das Privilegium zeitlich (die Vorschläge variiren von 2 1/2 Monaten bis zu einem Jahr) beschränkt werden müsse, d. h. daß "es nur den Forderungen zukommen dürfe,welcheeinner' einer zu bestimmenden Periode vor dem Konkursausbruch entstanden seien,

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Andere, es sind dies speziell die Nordostbahn und die Simplonbahn, perhorresciren das Konkursprivilegium Die Direktion der leztern meint, man konnte am besten helfen, wenn jede Gesellschaft verpflichtet würde, für den zu ermittelnden normalen Betrag ihrer netto aussiehenden Verbindlichkeiten aus den in Redo stehenden Beziehungen bei einer zentralen Stelle, z. B. beim Bundesrath, eine einheitliche Kaution niederzulegen ·, bei den einzelnen Bahngesellschaften könne man die Verhandlungen nicht lassen. Eine andere Sicherste 11 ung, als die auf dem Woge der Kautionsleistung, sei nicht zu empfohlen. Der leztern Meinung ist mit aller Entschiedenheit auch die Nordostbahn; sie wurde aber die Verhandlungen von Bahn zu Bahn freigeben. Diesen müsse es freistehen, ob und welche Kautionen sie verlangen wollen in Hinsicht auf das Kreditiren im direkten Verkehr. Ferner müsse durch eine authentische Interpretation von Art. 30 und 33 des Eisenbahngesezes die Befugniß der Bahnverwaltungen anerkannt werden, die Einrichtung direkter Verkehre und die Zulassung anderer Bahnen zur Mitbenuzung vorhandener Linien und Bahnstreken ganz abzulehnen, so lang jene, im Streitfall vom Bundesgericht, zu bestimmende Kaution nicht wirklich,, geleistet sei. Auch müsse der in Vorschuß kommenden Verwaltung vorbehalten werden, eine vermehrte Kautionsleistung begehren zu können, wenn die anfänglich angenommene Summe sich im Laufe der Zeit als ungenügend herausstellen sollte., ;', , Uebergehend zur Darlegung unserer ' Ansichten, wollen wir vor Allem aus die in den Belichten der Bahnverwaltungen sich findende Auffassung, als schließe der im Postulat der h. Bundesversammlung enthaltene Ausdruk ,,Vergütungen aus dem direkten Verkehr") nur die unter der üblichen Bezeichnung ,,Vorf achten"verstandenen Verbindlichkeiten in sich, berichtigen. Darunter wollen ganz offenbar nicht bloß die Vorfrachten sondern auch die Miethgelder für fremdes Rollmaterial Verstanden werden. Denn die Schulden aus Wagenmiethe haben keine andere rechtliche Grundlage alsdie übrigen zu sichernden Forderungen, und es erschöpft sich zudem, ' wenn man dieselbenmit in Behandlung zieht, die Aufzahlung der gesezlich gebotenen Verkehrsbeziehungen, die zu Kreditertheilungen unter den Bahnen Anlaß geben können ; auch mag sich die hievon abweichende Auffassung der Bahnverwaltungen
aus dem Wortlaut unseres Zirkulars erklären, mit dem wir sie um ihre Vernehmlassungen ersucht haben, und das allerdings zur Annahme Anlaß geben konnte, als. wollten auch wir die Wagenmiethegebühren überall ausserAcht lassen. ' Eine weitere Vorbemerkung muß dahin gemacht werden, daß diejenigen" Bahn verwaltungen, "welche bei ihren Berichterstattungen

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davon ausgegangen sind, daß es sich im Verfolg des Postulats nur um den Schuz der schweizerischen Bahnen vor allfälligen Verlusten handeln könne, im Irrthum sind. Es handelt sich eben so sehr, wie um diesem Schuz, um die Aufrechterhaltung, beziehungsweise Wiederaufstellung des Kredits der schweizerischen Eisenbahnen, und dies schon sezt voraus, daß man die zu erlassenden Anordnungen auch den auswärtigen Bahuunternehmungen, die mit den schweizerischen Bahnen im Verkehr stehen, muß zukommen lassen, wie dieselben sich andererseits gefallen lassen müssen, daß jene Anordnungen, soweit unsere Rechtssphäre reicht, auch ihnen gegenüber geltend gemacht werden. Ueberdies ist es bei dem internationalen Charakter der meisten Eisenbahnunternehmungen geradezu nicht möglich, dieselben hier nach Nationalitäten auszuscheiden und zu behandeln.

In der Sache selber wiederholen wir, daß die schweizerischen Eisenbahnen zur Unterhaltung der Verkehrsbeziehungen, aus denen sich die in Rede stehenden Schuld Verhältnisse entwikeln, gesezlich verpflichtet sind. Die betreffenden Bestimmungen sind folgende: Art. 30 des Eisenbahngesezes vom23. Dezember 1872 sagt: ,,Jede Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet, den technischen und Betriebsanschluß anderer schweizerischer Eisenbahnunternehmungen an die ihrige ohne Zuschlagsfaxe oder Reexpeditionsgebühr und ohne Erschwerung des durchgehenden Verkehrs in schiklicher Weise zu gestatten. Ueber allfällige .Anstände entscheidet der Bundesrath.

Soweit dabei die Mitbenuzung ,bestehender Bahnhofanlagen und Bahnstreken bis zur Einmündungsstation erforderlich wird, ist dafür angemessene Entschädigung zu leisten, welche in Ermanglung einer Verständigung unter den Betheiligten, vom Bundesgericht bestimmt wird."

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-. ·· ' Art. 33 daselbst : ,,Die Eisenbahnverwalkingen sind verpflichtet, die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinandergreifender Fahrtenpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit einzuführen ; auch direkte Expeditionen im Personen- und Güterverkehr, unter Gestaltung des Uebergangs der Güter- und Viehwagen von einer Bahn auf die andere gegen die übliche Vergütung einzurichten. Heber alle diesfälligen Anstände entscheidet der Bundesrath. Wenn im Interesse des durchgehenden Verkehrs besondere Leistungen einer. Bahn Verwaltung noth
wendig werden, welche ihr billigerweise nicht allein zugemuthet werden dürfen, so kann im Falle der Nichtverständigung der Entscheid des Bundesgerichts über die Frage der zu leistenden Entschädigungen angerufen werden. Das Bundesgericht entscheidet in solchen Fällen,

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ob und in welchem Maße Dritte an die bezüglichen Mehrausgaben beizutragen haben.a Art. 2 des Bundesgesezes über den Transport auf Eisenbahnen, vom 20. März 1875: ,,Die Eisenbahnen sind verpflichtet, innerhalb der Schweiz für die Beförderung von Personen und Gütern einen durchgehenden Verkehr zu errichten und hiebei auf Verlangen des Bundesrathcs ein gegenseitiges Durchgehen der Transportmittel gegen die übliche, nöthigenfalls vom Bundesrathe festzusetzende Vergütung zu bewilligen.

,,Sie können vom Bundesiathe auch angehalten werden, mit ausländischen Bahnverwaltungen bezüglich Beförderung von Personen und Gütern in direkten Verkehr zu treteh und sich dabei durchgehender Transportmittel zu bedienen.

,,Die Errichtung eines direkten Verkehrs mit ausländischen Eisenbahnen kann nur verlangt werden unter der Voraussezung, daß diese dazu bereitwillig oder gesezlich dazu verpflichtet «ind.a Die?'Folgerung nun, daß der Staat gehalten sei, für Abwendung der Gefahren zu sorgen, denen die Bahnen aus der Befolgung dieser Vorschriften ausgesezt sind, ist eine durchaus logische. Es ändert daran die begründete Vermuthung nichts, daß auch ohne gesezlichen Zwang die Verkehrsbeziehungen der Bahnen unter sieh ich kaum anders gestaltet hätten, als es thatsächlich der Fall gewesen ist, und daß manche dieser Beziehungen, so namentlich die direkten Tarife und der Austausch des Rollmaterials, einen größern Umfang angenommen haben mögen, als man bei Erlaß des Gesezes vielleicht vorausgesezt hat. Die Bedürfnisse des Verkehrs und die bestehende Konkurrenz der Transportanstalten treiben unwiderstehlich · auf di'esöm Wege vorwärts. Dagegen würden bei unbeschränkter 'Freiheit der Verwaltungen zweifellos Jüngern und konkui'rirenden Unternehmungen Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden sein, die denselben nun erspart sind ; und eben diese Betrachtung führt wieder zurük zur vollen Würdigung der bestehenden Vorschriften des Gesezes. Man wird also nicht davon sprechen dürfen, um der aufgestellten Folgerung auszuweichen, auf diese Vorschriften zu verzichten. ; Ein .Vorgehen im 'Sinne des Postulats ist aber nicht bloß logisch, sondern, wie die Zeiten sich gestaltet haben, nothwendig.

Mit der vollen ,Forterhaltung des( direkten Verkehrs sind so viele Interessen verknüpft, daß man*, nicht zugeben darf, daß aus Grund erschütterten,
Kredits einer Eisenbahngesellschaft auf die Transporte von Bahn zu Bahn zurükgegangen- werden müßte. Für den Verkehr iinte^- den, inlandischen Bahnen besteht allerdings bei strenger

779' Anwendung der bestehenden Vorschriften eine solche Gefahr nicht; aber aus den Mittheilungen, die über die Beziehungen wenigstens e i n i g e r schweizerischer Bahnen zu auswärtigen Unternehmungen bereits gemacht worden sind, geht hervor, daß dieselbe existirt für die Verbindungen mit dem Auslande.

Wir sind also ganz der Meinung, daß auf dem Wege des Gesezes für Sicherstellung der Vergütungen aus dem direkten Verkehr und aus der Mitbeuuzung von Bahnstreken und Bahnhöfen gesorgt werden müsse, und zwar so, daß alle diese Vergütungen nach den gleichen Grundsäzen behandelt werden. Di& von einer Seite geäußerte Ansicht, daß die Forderungen aus Vorfrachten grundsäzlich ausgeschieden werden sollten von den andern Vergütungen, weil jene aus Inkassomandat entstehen und diese aus Pacht- und Miethvertrag u. d. gl. herfließen, halten wir nicht für zutreffend. Denn wenn der Inkassomandatar das eingenommene Geld nicht' genau und sofort, wie es eingegangen ist, an den Eigenthümer abliefert, so wird er eben einfacher Schuldner dafür. Da aber im Eisenbahnverkehr jene einfache und' prompte Ablieferung geradezu unmöglich ist, so wird sich in allen Fällen aus dem Inkassoroandat eine gewöhnliche Schuldverpflichtung entwikeln, wie aus dem Pacht- und aus dem Miethvertrag.

Es bleibt daher nur die Art der Sicherstellung und deren Umfang zu behandeln. Hier kann nach unserer Ansicht, was die Art der Sicherstellung anbetrifft, nur in Frage kommen, ob diese in Form von Kautionen gefordert werden soll oder durch Einräumung eines Vorzugsrechts ini Konkurs gegeben/werden kann.

Wenn von der Sicherstellung auf dem Wege der Kautionsleistuug gesprochen werden will, so ist es wohl nöthigj daran zu erinnern, daß die vorhandenen gesezlichen Bestimmungen über die Einrichtungen des direkten Verkehrs und den technischen Betriebsanschluß der Eisenbahnen unter sich ganz offenbar davon ausgehen, daß es nicht im Belieben, der Bahnvervvaltungen liegen soll, weder diesen Anschluß noch die Anknüpfung jenes Verkehrs willkürlich zu gewähren oder zu erschweren. Es ist als eine Sache öffentlichen Rechts allen denen, welche Eisenbahnen, bauen und betreiben wollen, gesagt, daß sie hier keine Gewalt haben sollen, nach i h r e m B e l i e b e n zu verfahren. Sie müssen sich den Interessen des Verkehrs unterordnen, die einen durchaus ungehemmten
Uebergang aller Transporte von einer Bahn auf die andere erheischen. Damit ist sofort jeder Gedanke daran beseitigt., Bahnanschlüsse und die Einrichtungen des direkten Verkehrs davon abhängig zu machen, daß die besizenden Bahnen sich vorher zufrieden erklären mit den ihnen von den mitbenuzenden und an-

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schließenden Unternehmungen zu leistenden und je von Bahn zu Bahn zu vereinbarenden Garantien.

Wenn man die Zulassung zum direkten Verkehr und zur Mitbenuzung bestehender Anlagen von der vorherigen Kautionsleistung abhängig machen wollte, so könnte dies kaum anders geschehen, als es von der Direktion der Simplonbahn angeregt wird, daß nämlich eine zentrale Stelle die Kautionen ausmessen und alle Bahnen ohne Unterschied anhalten würde, dieselben an unparteiischem Orte zu leisten. Der Ausführung dieses Vorschlages stehen -aber manche praktische Bedenken entgegen. Welche Behörde soll sich der Aufgabe, die Kautionen zu bestimmen, und welche der Verantwortlichkeit der Ueberwachung und Aufbewahrung derselben unterziehen ? Werden nicht die so festzustellenden Kautionen für einige Bahnen unerschwinglich sein, wenn man sie unter Beachtung aller Eventualitäten bestimmen will, oder ungenügend, wenn man der Leistungsfähigkeit Rechnung trägt? Und würde nicht allein die faktische Unmöglichkeit, auswärtige Verwaltungen auf diesem Wege zur Sicherstellung herbeizuziehen, die ganze Sache in eine schiefe Stellung bringen müssen ?

Sodann müßte man, wenn, wie es im Vorschlag der Simplonbahn liegt, nur die aus allen V e r k e h r e n g e z o g e n e N e t t o schuld gesichert werden wollte, zum Voraus die Sonderung der Forderungen .und .Schulden aus den direkten Verkehren etc. für den FalldesS Konkurses einer Bahn in eine besondere Masse vorsehen,da' sonstoffenbart die Kaution um so viel zu gering wäre, a l s d i e Guthaben derliquidirendenn Gesellschaft a u s d e n Endlich jet es auch klar, daß die große Mehrzahl der geleisteten Kautionen einen praktischen Zwek überhaupt nicht haben wird, denn zu der Hoffnung dürfen wir doch berechtigt sein, daß weder alle noch die Mehrzahl der schweizerischen Bisenbahnen vor der Zwangsliquidation stehen., Einen wirklichen Werth hat ja jede Sicherstellung nur für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des- Schuldners. Es will uns nun scheinen, daß diese Sicherstellung sich am einfachsten und am zuverläßigsten auf dem Wege der Einräumung eines Konkursprivilegiums · bewerkstelligen ließe. Damit bleibt der einmal ins Gesez niedergelegte Gedanke der freien Entwikelung der Transportverhältnisse aufrecht, und man legt den Eisenbahnen nicht vor ihrem Eintritt: ins LebenLasten auf, die ' sie nach den Umständen gar nicht oder nur unter besondern Opfern zu tragen vermögen, und unter- denen also auch der Verkehr au sich leiden kann. Es

781 fragt sich bloß, ob die Einräumung eines Konkursprivilegiums sich aufrecht erhalten läßt den Einwendungen gegenüber, welche dagegen bereits schon erhoben worden sind : 1) Die juristische Unzuläßigkeit. Es ist richtig, daß die moderne Jurisprudenz die Privilegien im Konkurs zu vermindern trachtet.

Aber Oganz abgesehen davon,t ob eine Durchführungo dieser Absicht O von dem erwarteten Nuzen sein, wird, und daß es schon vorgekommen ist, daß an die schönstgedachten Systeme die Axt hat gelegt werden müssen, ist es nur das Gebiet des reinen Privatrechts, auf dem die Konkursprivilegien bis jezt bekämpft wurden. Die halböffentliche Institution unserer Eisenbahngesellschaften gestattet ohne Zweifel eine andere Behandlung; und die ganz öffentliche Rechnungsführung derselben schüzt vor Benachteiligungen, wie sie hie und da ein Pfandgläubiger Seitens eines der Insolvenz zutreibenden Privaten erfahren mag. Zudem kann und muß man das zu schaffende Privilegium, so umschreiben und einschränken, daß der dadurch gedekte Betrag niemals für die Inhaber von Pfandtiteln empfindlicher wird, als ihnen die Einstellung der direkten Verkehre und die Ausweisung- aus der Mitbenuzung fremder Anlagen werden könnte.

2) Die praktische Unzulänglichkeit. Es ist-denkbar, daß unter besonders ungünstigen Verhältnissen ein Konkursprivilegium nicht vor Verlust schüzt, und .daß. eine vorhandene Kaution bessere Dienste leisten würde. .-,Aber wahrscheinlich ist dies...'.unter den bestehenden Verhältnissen nicht, mag man- nun die Forderungen für Vorfrachten u. s. w. den Liquidationskosten, gleich;, oder hinter dieselben stellen, wenn sie nur den Obligationen .vorgehen, Wir kennen noch kein Beispiel, wo die im Sinn des Art. 38 unseres Liquidationsgesezes privilegirten Forderungen zu Verlust "gekommen wären.

:- · · Eine dritte Art der Sicherung, die von der Generaldirektion der deutschen Reichseisenbahnen berührt wurde und die dermalen zum Theil wenigstens im Verkehr zwischen der Nordostbahn und den bayerischen Bahnen zu bestehen- scheint, - die, monatliche vorschußweise Zahlung der approximativen Schuldbeträge, scheint den Bahn Verwaltungen nicht au konveniren, Sie. würde auch .der Idee einer vollständigen Sicherung", nicht entsprechen, da die wirkliche Zahlung doch erst während und nach der Entstehung der Schuld erfolgt, und wenn
dieselbe troz Verabredung, unterbleiben sollte, doch einige Monatsbeträge in Gefahr géra then, selbst wenn .auf die Unterlassung der Zahlung, sofortiger Ab bru eh.des Verkehrs erfolgen darf, was wir, wie schon oben gesagt ist, mit Rüksicht auf die Verkehrsinteressen im Allgemeinen nicht wünschen können.

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Noch wenigei sind tagliche Abrechnungen auf den Uebergangsstationen zwekmäßig, welche als, Nothbehelf benuzt werden mögen,, aber als Regel zur steten Verzögerung der Transporte fuhren wurden.

W äs nun den Umfang des einzuraumenden Privilegiums anbetrifft, so haben wir darauf aufmerksam zu machen, daß unter normalen Verhältnissen die Rechnungen über die von einer Bahn au andere Bahnunternehmungen über Baukapitelzinse und Betriebskosten auf mitbenuzten Bahnanlagen gestellten Forderungen und über die Guthaben aus dem direkten Verkehr nicht vor Umfluß von drei Monaten, von der Entstehung der Schuld an gerechnet, zur Erledigung kommen. Wenn also die gewünschte Sicherstellung ohne eine Aenderung in dem durch die darf man daPrivilegiumin auf nicht weniger als die resp. Ergebnisse der der Eröffnung einer Zangsliquidationon nächst vorausgegangenen, vier Monate beschranken, wobei der älteste dieser vier Monaimmere}' voll zu rechnen ist, da auch die Abrechnungen ganz ohne Ausnahme mit dem ersten jeden Monats beginnen. Inner diesen vier M o n a t a b e r e i ' soll nun auch Zahlung geleistet oder die im Verzug befindliche Verwaltung gerichtlich dazu aufgefordert (betrieben) oder, wenn dForderiungimg a i r g e n d c n d einem Grunde streitig g e r t f a c w e r d e n d e u wollte, dForderungsprozeßueß eingeleitet w e r d e I n dieseme,m Falle soll sich das Privilegium über die laufend e n vier Monate hinaus auch auf d i e i n Exekution oder i n u n d Prozeß ' ohne v o n d e m Ansprechveranlasstenten d e n W e g z u r willkürliErweiterungerung d e s Privilegiums Bevor man der kredithenden Bahngesellschaft so genaue Fristen vorschreibt, könnte man sich allerdings fingen, ob nicht ein anderer Weg noch sicherer zum Ziel fuhren mochte, die Verpflichtung der Bahngesellschaft nämlich, Welche mit ihren Leistungen aus dem direkten Verkehr u. s. w. in Rukstand kommt, ihre Insolvenz zu erklären, und das Recht des Gläubigers, unter derselben Voraussezung die sofortige Eröffnung der Zwangsliquidation zu verlangen.

Es wurde dieß aber der ganzen Richtung., in der das Gesez vom 24. Juni 1874 sich bewegt, widersprechen. Dies veranlaßt uns, den angeregten Gedanken als einen solchen, der bei einer durchgangigen Revision des ganzen Gesezes seine Beruksichtigung finden mag, dermalen nicht weiter zu- verfolgen.

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Gegen eine weitere als die vorgeschlagene AusdehnungD des O o O Betrags, für den das Privilegium gelten soll, müßten wir uns bestimmt aussprechen. Die vier Monate genügen vollständig zur Aufstellung und Prüfung der Abrechnungen und zur Zahlungsaufforderung, und es unterliegt keinem Zweifel, daß bei Anwesenheit irgend eines Zwanges auch eine noch kürzere Frist hinreichen dürfte.

Mit Bezug auf den Rang, welcher den in Rede stehenden Forderungen eingeräumt werden soll, sind verschiedene Ansichten möglich. Indessen dürften diese darin zusammentreffen, daß diese Forderungen nicht neben die Liquidationskosten (Art. 38, Ziffer l des G-esezes vom 24. Juni 1874) gesezt werden können, und daß sie zwischen diese Klasse I und die Obligationsgläubiger mit Pfandrecht zu stellen sind. Am meisten Achnlichkeit haben sie wohl mit ebenfalls privilegirten Forderungen aus Feuerversicherungsbeiträgen oder aus Rükläßen der Bauunternehmer. Wir schlagen vor, sie genau in den gleichen Rang mit den leztern einzustellen. Es wäre nicht billig, sie vor diesen Forderungen her zu rangiren und nicht begründet, sie denselben nachgehen zu lassen.

Damit dürfte auch den Voraussezungen des im Art 2 des im Mai vorigen Jahres in Bern vereinbarten Entwurfs eines Vertrags betreffend die Einsezung einer internationalen Kommission zur Ueberwachung des Eisenbabnfrachtrechts ein Genüge geleistet sein, welcher vorschreibt, daß eine Verpflichtung zur Eingehung internationaler Frachtverträge nur bestehe, wenn der Betrieb einer Eisenbahn diejenigen Bürgschaften biete, welche unerläßlich seien, wenn der internationale Verkehr mit derselben den übrigen Eisenbahnen auferlegt werden solle. Die hierüber vorhandenen Protokolle zeigen, daß diese Voraussezungen ihrem wesentlichen Inhalt nach finanzieller Natur sind und die Sicherung der aus dem gegenseitigen Verkehr erwachsenden Guthaben vor Allem im Auge haben.

Indem wir so dazu kommen, den nachstehenden Gesezentwurf zur Annahme zu empfehlen, haben wir noch auf einen Einwand einzutreten, den nämlich, daß man vielleicht mit jeder Beschlußfassung warten könnte, bis die ohnehin von verschiedenen Seiten verlangte Revision des Eisenbahn-Verpfändungs- und Licmidationsgesezes an Hand genommen werde. Es scheint uns aber, daß eine solche Revision noch nicht reif ist, und daß es noch längere Zeit anstehen dürfte,
bevor dieselbe mit Aussicht auf Erfolg an Hand genommen werden kann. Bisdahin eine Spezialanordnung zu unterlassen, die dermalen als dringlich bezeichnet und anerkannt ist, würde sich kaum rechtfertigen.

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Das Bundesgericht, das wir unter Mittheilung der Akten um seine Ansicht angefragt haben, indem wir davon ausgingen, dass dasselbe als Konkursbehörde bei Eisenbahnliquidationen am beste» in der Lage sein dürfte, mit Sachkunde sich auszusprechen, schließt sich vor Allem der AnerkennungO der Dringlichkeit einer Regelung O O der Angelegenheit an, indem es beispielsweise darauf verweist, dass der Mangel eines besondern Rechtsschuzes für die in Rede stehenden Forderungen anläßlich der Liquidation der Nationalbahn zu Anständen geführt habe, die nur durch weitgehende Konzessionen des Masseverwalters haben gehoben werden können ; auch verweist dasselbe darauf, daß bekanntlich auch andere Staaten (Oesterreich und Deutschland) sich mit der Sicherstellung der Guthaben aus den Verkehrsbeziehungen der Bahnen unter sich beschäftigt haben, resp. dermalen beschäftigen.

In der Sache, selbst tritt das Bundesgericht theils einmüthig, theils mit Stimmenmehrheit unsern Vorschlägen und deren Motivirung bei. Wir unterlassen es, die diesfälligen besondern Ausführungen desselben hier zu wiederholen, indem wir lediglich auf seine den Akten beigefügte Vernehmlassung verweisen.

Nur über die Frage, ob das Konkursprivilegium nicht beschränkt werden sollte auf die Guthaben aus Vorfrachten und Wagenmiethe, standen sich die Ansichten im Bundesgericht mit Stimmengleichheit gegenüber. Die eine Hälfte sprach sich für unsern weitergehenden Vorschlag, die andere dagegen aus. Bei den Miethzinsen und Betriebskosten wurde von der lezteren Seite betont, handle es sich um fixe Summen, die zum voraus genau -bekannt seien und bezüglich deren rechtlicher Natur kein Unterschied bestehe gegenüber Miethzinsen, welche die Bahnen an Private schuldig werden können und für die im Konkurs, auch kein Vorzugsrecht gewährtwerde ; auch sei das Interesse der Pfandgläubiger gegen die Bevorrechtung der Miethzinse in Betracht zu ziehen. Diese Betrachtungen können uns nicht veranlaßen, von unsern Ansichten und Vorschlägen abzugehen ; denn eine unbillige Schädigung von Ffandgläu bigern auf einer Bahn liegt doch in der Voranstellung der Miethzinse für Anlagen nicht, deren Mitbenuzung in den meisten Fällen Lebensbedingung der schuldnerischen Unternehmung ist Auch erkennen wir, und mit uns die andere Hälfte des Bundesgerichts, das Kriterium, picht darin, daß man
ein Vorrecht gewähre, weil die Leistungen, denen dasselbe zukomme, nicht zum Voraus zu schäzen und mehr oder weniger genau zu bestimmen seien, sondern darin, dasstheils gesezliche Vorschriften und theils die ausgesprochenen Bedürfnisse des internationalen Verkehrs die» water allen Umständen .ungestörte Fortdauer bestehender Verbindungen und Verträge über die Mitbenuzung fremder Anlagen verlangen.

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Die Anregung des Bundesgerichts, betreffend eine etwelche Aenderung im Wortlaut de» ursprünglichen Gesezvorschlags haben wir für begründet gefunden und in der heutigen Vorlage beruksichtigt.

Indem wir im Uebrigen wiederholt auf den bei den Akten liegenden Bericht des Bundesgerichtes verweisen und den Antrag auf Eintreten in unsern Vorschlag wiederholen, beehren wir uns, Sie,, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 4. Mai 1880.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes, Der V i z e p r a s i d e n t : Anderwert.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schieß.

(Entwurf)

Bundesgesez betreffend

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die Sicherstellung der Vergütungen aus dem direkten Verkehr der Eisenbahnen und aus der Mitbenuzung von Bahnhöfen und Bahnstreken.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 4. Mai 1880, beschließt: 1. Im Fall der Zwangsliquidation einer Eisenbahngesellschaft treten in denselben bevorzugten Rang, der Bach Art. 38, Ziffer 4

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des Bundesgesezes betreffend die Verpfandung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 24 Juni 1874 (Amtl. Samml. n. F. I, 121), den Guthaben zukommt, w eiche vertragsgemäß von Bauunternehmern als Kaution bei der Eisenbahngesellschaft geblieben bind: Die Guthaben anderer Transportunternehmungen aus dem direkten Verkehr und aus der Mitbenuzung von Bahnhofen und Bahnstreken.

Diese Guthaben genießen indessen dieses Vorzugsrecht nur soweit, a. als sie im Monat del- Eröffnung der Zwangsliquidation und in den demselben nachstvorhergegangenen vier Monaten aufgelaufen und b. sofern sie älter als vierMonate sind, wenn sie inner vier Monaten nach ihrer Entstehung gerichtlich eingefordert wurden, und das daruber eingeleiteteExekutions-- oder Prozeßverfahrenununterbriochenfortgeseztt worden ist, ohne d a ß 2. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlusse, die Bekanntmachung dieses Gesezes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzustellen. -

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Genehmigung eines Vertrags zwischen der Arther Rigibahngesellschaft und der Gemeinde Arth über den Betrieb der Bahnstreke Arth-Goldau und die daraus für die genannte Bahnunternehmung hervorgehenden Konzessionsänderungen.

(Vom 7. Mai 1880.)

Tit.

In der Konzession des Standes Schwyz für eine Eisenbahn von der luzernisch-schwyzerischen Kantonsgrenze oberhalb Kaltbad über Rigikulm und von da auf "der Nordseite der Rigi in die Thalsohle Goldau-Arth, zum Anschluß an die projektirte Gott hard bahn, vom 23. Juni 1870 (Eisenbahnaktensammlung VI, S. 412), vom Bund genehmigt am 2. Dezember 1870 (ibid. S. 422) , ist unter Anderem vorgesehen, daß die Verpflichtung des Bahnbetriebes sich nur auf die Monate der Bergtouristensaison erstreke (Art. 8), und wurde das Minimum der während dieser Saison abzulassenden Züge auf je Einen in jeder Richtung bestimmt (Art. 18). Die Taxen (Art. 19 und 20) wurden in der für Berg- und Luxusbahnen üblichen Maximalhohe vorgesehen.

Man ging damals von der Ansicht aus, daß die genannte Bahn, welche seither an die Arther Rigibahngesellschaft übergegangen ist Bundesblatt. 32. Jahrg. Bd. II.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Sicherstellung der Vergütungen aus dem direkten Verkehr der Eisenbahnen und aus der Mitbenuzung von Bahnhöfen und Bahnstreken. (Vom 4. Mai 1880.)

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Bundesblatt

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In

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Jahr

1880

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

21

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.05.1880

Date Data Seite

771-787

Page Pagina Ref. No

10 010 673

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